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Der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 26.8.2009 sowie die dazugehörige Einspruchsentscheidung werden dahingehend geändert, dass beim Kläger aus der Veräußerung der Anteile an der „Z GmbH“ ein Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG in Höhe von … Euro berücksichtigt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Dem Beklagten wird die Neuberechnung der Einkommensteuer übertragen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung eines Verlusts im Streitjahr 2006 und eines Gewinns im Streitjahr 2007 aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft.
3Der von seiner Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger (im Folgenden auch: B) wurde in den Streitjahren 2006 und 2007 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte in den Streitjahren unter anderem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Geschäftsführer der „Z GmbH“ (im Folgenden: Z).
4I. Gesellschaftsanteile an der Z
5Die Gesellschafterstruktur der Z stellte sich gemäß der in den Steuerakten des Beklagten vorhandenen Notarverträge und sonstigen „Vereinbarungen“, auf die für weitere Einzelheiten Bezug genommen wird, wie folgt dar:
6Mit notariellem Vertrag vom 00.00.1997 hatte der Kläger die Gesellschaftsanteile (Stammkapital 50.000 DM) der Z von der „Y GmbH“ (Y) zu einem Preis von … DM erworben. Die Finanzierung des Kaufpreises erfolgte durch ein Darlehen über … DM, das zunächst die X (Vertrag vom 00.00.1997, Vorhefter Einkommensteuerakte 2007) und später die W AG dem Kläger gewährt hatte. Eine Darlehnsforderung der Z gegenüber dem Kläger (Forderungen gegenüber Gesellschaftern) bestand bis ins Jahr 2007 fort.
7Mit Notarvertrag vom 10.12.1997 wurde der Gesellschaftsanteil des Klägers in einen Anteil von … DM und einen Anteil von … DM aufgeteilt. Der Anteil von … DM wurde vom Kläger zu einem Preis von … DM an Herrn V (geb. ), einem bei der Y angestellten …, übertragen.
8Bereits zuvor hatte der Kläger einen „Anteil von … DM“ an der Z mit schuldrechtlicher und nicht notariell beurkundeter Vereinbarung vom 30.07..1997 (vgl. Beiheft 9/ Anmerkung: Beihefte zum Fahndungsbericht des Finanzamts U, Az: …) an Herrn V „unentgeltlich für die Laufzeit der noch folgenden Mitarbeit“ abgetreten. Verkauf und die Verpfändung des Anteils durch Herrn V waren untersagt. Nach Beendigung seiner Dienstzeit war Herr V zur Rückübertragung des Anteils auf den Kläger verpflichtet. Herrn V stand eine 25%ige Beteiligung an den Gewinnausschüttungen der Z für einen Zeitraum von drei weiteren Jahren zu.
9Aufgrund … erfolgte die Rückübertragung des Anteils mit notarieller Vereinbarung vom 9.7.2003 auf den Kläger zu einem Preis von 1 Euro. Zwischen dem Kläger und Herrn V wurde darüber hinaus in einem als „Anlage 2 Ergänzung zum heutigen Notarakt“ bezeichneten Schriftstück vom 9.7.2003 unter anderem folgendes vereinbart: „Seitens der Gesellschaft gibt es keinerlei Forderungen oder Ansprüche an Herrn V“ (vgl. Beiheft 2, S. 57).
10Bei einer im Rahmen von Ermittlungen in dem Besteuerungsverfahren der Z erfolgten Befragung sagte Herr V am 00.00.2008 aus, dass er einen Namen S oder ähnlich noch nie gehört habe und er in diesem Zusammenhang keine „Verbindung“ zum Kläger oder zur Z herstellen könne. Ihm sei unerklärlich, dass gegen ihn noch Forderungen der Z oder eines Dritten in Höhe von … Euro existieren sollen. Er sei damals davon ausgegangen, dass mit der Vereinbarung vom 9.7.2003 alle Ansprüche gegen ihn erloschen seien (Beiheft 2, Bl. 51 ff.). Bei einer im Rahmen von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger (siehe dazu unten) erfolgten Befragung sagte Herr V am 00.00.2010 als Zeuge aus, dass ihm die Firma S nicht bekannt sei und er auch keine Geschäftskontakte – etwa in Form eines Darlehens – zu einer solchen Firma habe. Zudem habe er gegenüber dem Kläger keine Verbindlichkeiten (vgl. Beiheft 9 a.E.).
11Die Kläger und der Beklagte verständigten sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 26.4.2024 dahingehend, dass der Kläger im Rahmen des Rückerwerbs der Anteile am 9.7..2003 die Darlehensverbindlichkeit des Herrn V in Höhe eines mittleren sechsstelligen Betrags übernommen hatte und dass dem Kläger in dieser Höhe (… Euro) Anschaffungskosten für den Rückerwerb der Anteile entstanden waren (siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.4.2024 und Schriftsatz der Kläger vom 16.4.2024, Bl. 371 f. d.A.).
12Mit Notarvertrag vom 10.12.2003 (Notariat T, UR …) übertrug der Kläger sämtliche Anteile an der Z zu einem Preis von … Euro (Anm.: mittlerer fünfstelliger Betrag) auf A (geb. 00.00.; damals wohnhaft in …).
13Darüber hinaus existierte eine nicht notariell beglaubigte „Treuhandvereinbarung“ vom 10.12.2003, die im Rahmen von einer Steuerfahndungsmaßnahme beim Kläger aufgefunden worden war und auf die für weitere Einzelheiten Bezug genommen wird (Beiheft 1, Bl. 40). Der Kläger und Herr A vereinbarten darin die treuhänderische Übernahme und Verwaltung der Anteile an der Z durch Herrn A für den Kläger. Rechte und Pflichten betreffend die Gesellschaft sollten für den Treunehmer (Herrn A) nicht entstehen. Dem Kläger solle die alleinige Handlungsvollmacht in Bezug auf die Z zustehen; er war (mit Zustimmung des Treuhänders) zur Veräußerung der Anteile an der Z berechtigt. Der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile stehe ausschließlich dem Kläger bzw. einer von ihm benannten Person/Gesellschaft zu.
14Die Übertragung der Gesellschaftsanteile wurde dem zuständigen Wohnsitzfinanzamt durch das Notariat angezeigt. Im Rahmen des Veranlagungsverfahrens für das Jahr 2003 wurde das „Treuhandverhältnis“ durch den Kläger nicht gegenüber dem Finanzamt aufgedeckt, so dass lediglich die Anteilsübertragung der Besteuerung zu Grunde gelegt wurde und zunächst erklärungsgemäß ein Verlust aus der Veräußerung der Anteile an der Z nach § 17 EStG im Bescheid vom 00.00.2005 berücksichtigt wurde.
15Das Treuhandverhältnis wurde später im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gegen den Kläger aufgedeckt/aufgefunden. Dies führte zu einer Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2003 durch Bescheid vom 00.00.2007 und der Nichtberücksichtigung des Veräußerungsverlusts. Der Änderungsbescheid vom 00.00.2007 wurde vom Kläger nicht angefochten.
16Bei einer im Rahmen von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger (siehe dazu unten) erfolgten Befragung sagte Herr A am 00.00.2009 als Zeuge unter anderem folgendes aus (Beiheft 9, Bl. 15 ff.):
17„Herr B [Anm.: der Kläger] blieb nach dem Kauf der Geschäftsanteile durch mich Geschäftsführer der Z. Die Z hatte zu diesem Zeitpunkt Liquiditätsprobleme und ich war nicht bereit, die damit verbundenen Risiken zu übernehmen.
18Herr B wollte durch diesen Treuhandvertrag absichern, dass ich die Risiken nicht bei ihm allein belasse und nicht die Möglichkeit habe, das Anlagevermögen zu verkaufen. Ich wollte den Namen der Fa. Z nutzen und gleichzeitig meine Ideen in die Firma einbringen. Der Treuhandvertrag wurde im gegenseitigen Einverständnis geschlossen.“
19Mit notariellem Vertrag vom 11.9.2006 (Notariat H, UR…) veräußerte A ohne Offenlegung eines Treuhandverhältnisses nach vorheriger Umstellung und geringfügiger Kapitalerhöhung des Stammkapitals auf … Euro sämtliche Gesellschaftsanteile an der Z zu einem Preis von … Euro (Anm: mittlerer fünfstelliger Betrag) an die in Dubai ansässige S, die von J aus Dubai als alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer vertreten wurde.
20Nach den Feststellungen des Finanzamts U handelte es sich bei der S um eine kurze Zeit zuvor am 15.8.2006 gegründete Freihandelszonengesellschaft (vgl. für nähere Einzelheiten die Unterlagen in Beiheft 2). Der Gesellschaftsvertrag bestimmte in § 2 den „Gegenstand des Unternehmens“ wie folgt: „Gegenstand des Unternehmens ist die Durchführung von Geschäftstätigkeiten, die in der Gewerbelizenz der Verwaltungsbehörde der Freizone R genau beschrieben und geregelt sind“. In der Gewerbelizenz war die Geschäftstätigkeit der S wie folgt beschrieben: „Import/Export/Handel mit … , “. Kopien der Gründungsunterlagen wurden beim Kläger im Rahmen einer steuerstrafrechtlichen Ermittlungsmaßnahme sichergestellt. Die Gesellschafter und der Geschäftsführer wurden laut der eingeholten Wirtschaftsauskunft nicht ausgewiesen und Mitarbeiter konnten nicht benannt werden. Zum Zeitpunkt der Ermittlungen durch das Bundeszentralamt für Steuern (zwischen November 2007 und April 2008) konnte durch einen lokalen Agenten kein Kontakt zur S hergestellt werden. Anhand angegebener Kommunikationsmittel sei davon auszugehen, dass zu diesen Zeitpunkten eine Aktivität in jedem Fall auszuschließen sei. Auch für frühere Zeiträume sei keine wirtschaftliche Aktivität festzustellen, so dass der Beklagte von einer Briefkastengesellschaft ohne eigenen eingerichteten Geschäftsbetrieb ausging.
21Mit Datum vom 21.4.2007 erteilte die S Herrn P eine „Vollmacht“, in der sie Herrn P zu „Verkauf und Übertragung sämtlicher vom Vollmachtgeber gehaltenen Geschäftsanteile an der Z GmbH … an die FF GmbH“ bevollmächtigte und beauftragte (Beiheft 9, Bl. 49 ff.).
22Herr J war nach den Ermittlungen des Bundeszentralamtes für Steuern zudem Gesellschafter der Q LLC, einer in Dubai wirtschaftlich aktiven Kapitalgesellschaft auf dem Gebiet des Importes und Handels mit … für den Bereich der … .
23Die Freihandelszone S wurde 1995 durch Erlass des Emirates begründet. Als investorenorientierte Freihandelszone garantiert sie völlige Steuerfreiheit, volle Gesellschaftsrechte und den vollumfänglichen Verbleib eingebrachter Kapitalien bei den Eignern. Es existieren darüber hinaus keine Unternehmens- oder Personensteuern, keine Umsatz-, Erbschafts- oder Vermögensteuern. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Emiraten aus dem Jahr 1995 wird das Besteuerungsrecht für Gewinne aus einer in den Emiraten belegenen Betriebsstätte ausschließlich den Emiraten zugewiesen.
24Der Kläger blieb auch nach der Übertragung der Gesellschaftsanteile an der Z auf die S weiterhin Geschäftsführer der Z. Wie bereits in den Vorjahren war er zudem maßgeblicher Verhandlungsführer im Zusammenhang mit einer zumindest seit dem Jahr 2003 angedachten Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der Z an Dritte. Verhandlungen zur Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der Z wurden ausweislich der in den Steuerakten des Beklagten befindlichen Unterlagen (vgl. Beiheft 13 „E-Mailverkehr Verkaufsverhandlungen“ und Beiheft 4) zumindest ab dem Jahr 2004 mit potentiellen Kaufinteressenten geführt.
25Mit Notarvertrag vom 10.9.2007 (Notariat O UR .../2007, Beiheft 1 Reiter „Vertrag vom 10.9.2007) erwarb die zum … M gehörende M1 GmbH (im Folgenden: M1) sämtliche Anteile an der Z zu einem Preis in Höhe von … Euro (Anm.: niedriger achtstelliger Betrag).
26Die Zahlungsbedingungen wurden im Kaufvertrag wie folgt vereinbart:
27• Vorab verkaufte die Z ihre Darlehensforderungen gegenüber dem Kläger (… Euro) und dem ehemaligen Gesellschafter V (… Euro) an die S (insgesamt … Euro). Hierfür reichte die S einen Betrag aus dem Kaufpreis in gleicher Höhe (… Euro) an die Z weiter.
28• … Euro sollten direkt an die S auf ein Konto in den VAE gezahlt werden.
29• Der Restkaufpreis in Höhe von … Euro verblieb als Einbehalt für Schadens- und Kostenersatzansprüche bis zum Ablauf der Gewährleistung bei der Käuferin.
30Der Gesamtkaufpreis sollte sich um … Euro (Anm.: niedriger siebenstelliger Betrag) erhöhen, wenn es innerhalb von 8 Monaten ab der Beurkundung des Vertrags gelingen sollte, eine Verlängerung der Laufzeit des …-vertrages zwischen der Z und der „N GmbH“ (im Folgenden: N-GmbH) vom 00.00./00.00.2004 mit Nachtrag vom 00.00.2007 bis mindestens 31.12.2019 zu gleichen Konditionen herbeizuführen.
31Im Notartermin vom 10.9..2007 wurde die S von Herrn P vertreten. Herr P wurde den Vertretern der M1 als Erwerberin der Anteile – Herrn L und Herrn K – erstmals im Notartermin am 10.9.2007 bekannt (Protokoll der mündlichen Verhandlung im Schiedsklageverfahren vom 00.00.2009, Beiheft 9, Bl. 134). Der Kläger handelte im Notartermin ausweislich des beurkundeten Vertrags für sich persönlich, als Generalbevollmächtigter für seine Ehefrau und für die Z GmbH als deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer.
32Der am 10.9.2007 beurkundete Notarvertrag war bereits am 7.9.2007 endverhandelt worden. An den Vertragsverhandlungen vom 7.9.2007 nahm der Kläger teil und stimmte unter anderem die in § 3 Ziffer 5 des Vertrags enthaltene Option für die Kaufpreiserhöhung („Verlängerungsvereinbarung“) mit seinem Anwalt ab (Protokoll der mündlichen Verhandlung im Schiedsklageverfahren vom 00.00.2009, Beiheft 9, Bl. 135).
33Ausweislich der durch die M als … der M1 zur Vorbereitung des Erwerbs in Auftrag gegebenen Unternehmensbewertung belief sich der Wert der Z zum 1.1.2007 auf … Euro (Anm: niedriger achtstelliger Betrag). Als maximal zu zahlender Kaufpreis wurden … Euro (Anm: niedriger achtstelliger Betrag) vorgeschlagen. In der Bewertung wurde unter anderem ausgeführt, dass die Gesamtleistung der Z im Zeitraum 2004 bis 2007 aufgrund von Marktverschiebungen zu Lasten der … „außergewöhnlich gestiegen“ seien. Der durchschnittliche Cash-Flow habe in 2004/05 bei ca. 1.1 Millionen Euro und im Geschäftsjahr bei 1.6 Millionen Euro gelegen und könne im Geschäftsjahr 2007 den Betrag von 2 Millionen Euro überschreiten. Der Investitionsbedarf für eine … Z 2 wurde auf … Euro geschätzt. Für nähere Einzelheiten wird auf die Bewertung und das Kurzmemo „M“ vom 00.00.2007 Bezug genommen (Beiheft 3 Bl. 11 ff.).
34Unmittelbar nach dem Verkauf der Anteile widerrief die Z im Rahmen einer am 00.00.2007 einberufenen Gesellschafterversammlung die Bestellung des Klägers zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer. Als Geschäftsführer wurde neben dem Kläger nunmehr eine weitere Person (Herr L) bestellt.
35Innerhalb weniger Tage nach Unterzeichnung des Kaufvertrags vom 10.9.2007 kam es zum Abschluss der Verlängerungsvereinbarung am 00./00.00.2007, an deren Zustandekommen der Kläger maßgeblich beteiligt war (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.4.2024, Bl. 384 d.A., Protokoll der mündlichen Verhandlung im Schiedsklageverfahren vom 00.00.2009, Beiheft 9, Bl. 117 f.). Über den Inhalt und die Auswirkungen der Verlängerungsvereinbarung auf die im Notarvertrag vom 10.9.2007 vereinbarte Kaufpreiserhöhung (dort § 3 Ziffer 5 des Vertrags) kam es in der Folgezeit zu einem Schiedsklageverfahren zwischen der S als Klägerin und der M1 als Beklagte. Noch im Kalenderjahr 2009 vertrat der Kläger die S vor der Schiedsstelle der internationalen Handelskammer im Hinblick auf die Erhöhung des ausgehandelten Kaufpreises um … Euro vor dem Hintergrund der erreichten Verlängerung des …-vertrages mit der N-GmbH bis zum Jahr 2019 (vgl. Beiheft 9, S. 125). Der Kläger führte im Schiedsklageverfahren im Zusammenhang mit dem seinerzeitigen Aushandeln und dem Abschluss der Verlängerungsvereinbarung folgendes aus: „Man hat mich auf das Risiko hingewiesen, dass ich diesen Nachtrag als B in Person als Bevollmächtigter der Verkäuferin erwirken muss und nicht als B als noch Geschäftsführer der Z“ sowie „Auch die Verlängerungsvereinbarung wurde mir bereits an meine Privatadresse geschickt“ (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung im Schiedsklageverfahren vom 00.00.2009, Beiheft 9, Bl. 125). Die von der S angestrengte Schiedsklage war nicht erfolgreich (vgl. Bl. 352 ff. d.A.). Die weiteren (Options)Zahlungen in Höhe von … Euro (Einbehalt laut Notarvertrag) und von … Euro wurden von der Käuferin (M1) daher nicht geleistet (vgl. Bl. 350 d.A.).
36II. Tätigkeitsfeld der Z
37Die Z war in den Streitjahren – wie auch in den Vorjahren – auf dem Gebiet … tätig. Wesentliche Bedeutung kam dabei der unmittelbar durch die Z bestehenden …-möglichkeit zu. Im Kern bestand die Tätigkeit der Z in … . Die Produkte wurden durch die Z bzw. nachgeordnete Unternehmen aufgenommen und zum Gelände der Z (sogenannte „Z 1“) verbracht, wo sie mithilfe … verarbeitet wurden. Zwar bestand grundsätzlich auch die Möglichkeit zur … . Allerdings hatte der EuGH mit seiner Rechtsprechung aus den Jahren 2002 und 2003 … hierfür erhöhte Anforderungen auferlegt. Dies hatte letztlich zu einer Steigerung der … [Anm: Verbesserung der wirtschaftlichen Ausgangslage der Z] geführt.
38Von grundlegender Bedeutung für den auf … ausgerichteten Geschäftsbetrieb der Z war – neben der … – der zwischen der Z und der N-GmbH im Jahr 2004 abgeschlossene …-vertrag. Im Rahmen der Verkaufsverhandlungen mit der M1 kam dem Vertrag mit der N-GmbH als „wesentlichem Asset" erhebliche Bedeutung zu (vgl. auch Beiheft 9, S 117).
39In § 8 Abs. 2 des …-vertrags (Beiheft 1) war folgendes geregelt:
40„N [Anm.: N-GmbH] ist berechtigt, den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen, wenn die Zusammensetzung der Gesellschafter der Z sich verändert, insbesondere, wenn ein neuer Gesellschafter aufgenommen wird oder dieser die Gesellschaft vollständig übernimmt, es sei denn, N [Anm.: N-GmbH] hat der Veränderung vorher ausdrücklich und schriftlich zugestimmt. Das gleiche gilt für den Fall, dass natürlichen oder juristischen Personen, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Vertrags nicht Gesellschafter sind, das Recht eingeräumt wird, direkt oder indirekt maßgeblichen Einfluss auf die Z auszuüben.“
41Nach einem zeitlichen Vorlauf stand eine Verlängerung des …-vertrages mit der N-GmbH um einen fünfjährigen Zeitraum bis 2019 (Ende der Laufzeit erster Vertrag: 2014, siehe oben) im Raum, der letztlich im September 2007 unter maßgeblicher Beteiligung des Klägers zu Stande kam (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.4.2024, Bl. 384 d.A., Protokoll der mündlichen Verhandlung im Schiedsklageverfahren vom 25.3.2009, Beiheft 9, Bl. 117 f.). Die Vertragsverlängerung war im Rahmen des mit der M1 ausgehandelten Verkaufspreises berücksichtigt worden und hätte zu einer (nachträglichen) Kaufpreiserhöhung um … Euro (… Euro pro Jahr der Verlängerung) geführt. Hierüber kam es zwischen den Vertragsparteien zum Streit, der vor dem Schiedsgericht in E am 00.00.2009 verhandelt wurde. Die von der S angestrengte Schiedsklage hatte keinen Erfolg (vgl. Bl. 352 ff. d.A.).
42III. Verkaufsverhandlungen über die Anteile an der Z
43Unmittelbar nach dem Abschluss des …-vertrages mit der N-GmbH im Juni 2004 kam es zu konkreten Verkaufsverhandlungen des Klägers mit der D GmbH. Ausweislich des E-Mailverkehrs zwischen dem Kläger und D (C, damals Geschäftsführer D U) vom 00./00.00.2004 war D am Erwerb einer Beteiligung von 25,1% der Gesellschaftsanteile an der Z zu einem Kaufpreis von … Euro (Anm.: niedriger siebenstelliger Betrag) interessiert. Die Verhandlungen führten nicht zum Erfolg, da der Kläger mit Blick auf die von D vorgeschlagenen Rahmenbedingungen eine höhere Preisvorstellung (… Euro) für den Anteil von 25,1% an der Z hatte (vgl. Mailverkehr in Beiheft 13, Mail des Klägers: „Mein Angebot zu den von Ihnen vorgeschlagenen Rahmenbedingungen lautete … Mio. Euro. Andere Vorschläge sind für mich wirtschaftlich uninteressant.“).
44Die Verhandlungen über eine Veräußerung der Anteile an der Z wurden in der Folgezeit maßgeblich von P – einem guten Bekannten des Klägers und vormaligen Geschäftsführer der Z bzw. der Y – geführt und begleitet.
45Durch Vermittlung von Herrn P kam es im Februar 2005 zunächst zu Verhandlungen über den Anteilsverkauf an die AA' (im Folgenden: AA), einem … Interessenten. Der Kläger wurde bei den Verkaufsverhandlungen ausweislich des Mailverkehrs in Beiheft 13, auf das für nähere Einzelheiten Bezug genommen wird, maßgeblich von Herrn P beraten.
46In E-Mails von Herrn P an den Verhandlungsführer der AA (BB) vom 00.00.2005 und vom 00.00.2005 wird der Kläger als „Hauptgesellschafter der Z“ bezeichnet (Beiheft 13, Bl. 12). In einer weiteren E-Mail von Herrn P an den Kläger vom 14.3.2005 (Beiheft 13, Bl. 15) heißt es: „…Außerdem solltest Du Dir im Klaren darüber sein, ob und wie sich eine interessierte Firma AA an Deinem Unternehmen beteiligen könnte – mit einem % Satz X, mit einer Majorität oder mit einer Option auf 100%-Anteile. Hier wäre zu berücksichtigen, … welche Rolle Du für Dich in einer solchen Konstellation sehen würdest …“. In einer weiteren E-Mail vom 21.3.2005 (Beiheft 13, Bl. 16) teilte Herr P den Ansprechpartnern der AA folgendes mit: „… Furthermore you got the idea of the Z owner, Mr. B, to look for an strategic partner for his company for the next years. He is quite open for selling shares or the complete company. …“. Im August (vgl. Beiheft 13; Mail vom 00.00.2005) mahnte der Kläger in diesem Zusammenhang eine „schnelle Entscheidung“ durch AA an, die zunächst für September-Oktober 2005 avisiert wurde, zumal zwischenzeitlich zwei … Unternehmen, die CC und eine DD-Tochter, sowie zwei deutsche Unternehmen und eine … Beteiligungsfirma ebenfalls Interesse an der Z zeigten (vgl. Beiheft 13, Mail vom 18.8.2005). In diesem Zusammenhang standen Angebote für den Verkauf der Anteile an der Z zwischen … und … Euro (Anm.: höherer siebenstelliger bis niedriger achtstelliger Betrag) im Raum, wobei der Wert nach den Ausführungen von Herrn P „natürlich durch die neuen baulichen Maßnahmen (neues … ) und die aktuelle Ergebnissituation stabilisiert“ worden sei. Angeboten wurde eine Beteiligung an der Z „von bis zu 75%“, da N-GmbH den Kläger mit „25% noch gerne zwei bis drei Jahre in der Geschäftsführung als Kontaktperson zum neuen Partner“ behalten wollte (vgl. Beiheft 13, S. 80, Mail vom 20.10.2005).
47Die Vertragsverhandlungen mit der AA scheiterten im November 2005 (vgl. Beiheft 13, Mail vom 4.11.2005, S. 84), so dass der Kläger ab März 2006 Verkaufsverhandlungen mit der …-gesellschaft EE (im Folgenden: EE) führte (vgl. Mailverkehr, Beiheft 13, S. 95 ff.). Erwerben sollte die Anteile die FF GmbH, eine Tochterfirma der EE.
48Mit Schreiben vom 7.9.2006 (gerichtet „persönlich/vertraulich“ an Herrn GG, N GmbH) bat der Kläger um Zustimmung zur Anteilsveräußerung an die EE. Darin führte er unter anderem aus: „Im Rahmen der Neuinvestitionen und verschiedener Finanzierungsfragen wurde die … EE auf uns aufmerksam und hat das Interesse bekundet, 89% unserer Gesellschaft zu übernehmen. Bei den Sondierungsgesprächen stellte sich für beide Seiten ein positiver Ansatz heraus, diese Aktivitäten weiter zu verfolgen. Mittlerweile sind wir an einem Punkt angelangt, bei denen (sic!) die wesentlichen Grundlagen festgelegt wurden; was zum einen bedeutet, dass EE nicht in die operativen Geschäfte eingreifen wird und, für uns wichtig, ich die Geschäfte bei einer evtl. Übernahme weiterführen werde. Aus meiner Sicht … wäre eine Veräußerung der Geschäftsanteile für mich und uns sehr sinnvoll. Der guten Ordnung halber bitten wir Sie um Zustimmung (sic!) solch einer Transaktion, die eine für beide Seiten gute Ausgangsposition dem Markt entsprechend nach sich ziehen wird…“. Für nähere Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 7.9.2006 Bezug genommen (Ordner Zeugenvernehmung GG, Reiter Vernehmung GG).
49Im Rahmen der Verkaufsverhandlungen teilte der potentielle Erwerber (FF) in einem Schreiben vom 21.9.2006 (Bl. 148 d.A.) an Herrn P mit, dass anhand der von der Z im Hinblick auf eine „due diligence“-Prüfung übersandten Unterlagen ein „Unternehmenswert für die Z auf Basis einer „cash and debt free-Bewertung“ in einer „Bandbreite“ von … Euro (Anm: höherer siebenstelliger bis niedriger achtstelliger Betrag) „vorstellbar“ sei.
50Wenige Tage zuvor hatte A am 11.9.2006 sämtliche Gesellschaftsanteile der Z an die S mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten zu einem Preis von … Euro veräußert. Dieser Vorgang wurde der EE oder der FF zunächst nicht mitgeteilt (vgl. z.B. Mail vom 16.10.2006, Beiheft 13, S. 112: „ausstehend ist noch die schriftliche Bestätigung der W zum Verkauf der Anteile an der Z“). Für die Veräußerung an die erst am 15.8.2006 gegründete S war zuvor – anders als bei den übrigen potentiellen Kaufinteressenten (EE bzw. AA) und dem letztlichen Erwerber M1 (vgl. z.B. Anfrage wegen EE vom 7.9.2006 mit Hinweis auf im Jahr zuvor erteilte Zustimmung AA, Zustimmung vom 8.11.2006, 23.4.2007 und 7.5.2007 bezüglich EE und vom 26.9.2007 bezüglich M1, Ordner Vernehmung GG) – keine Zustimmung durch die N-GmbH nach § 8 Abs. 2 des …-vertrags eingeholt worden.
51Ungeachtet des Anteilsüberganges auf die S liefen die Verhandlungen mit der EE “ in der Folgezeit weiter. Aufgrund der Thematisierung einer Steuerproblematik durch den Erwerber und der bestehenden (Darlehens)Forderung gegenüber dem „Gesellschafter“ lag das Zwischenergebnis der Verhandlungen bei einer Erstzahlung in Höhe von … Euro und abhängig von den Ergebnissen 2008 und 2009 jeweils … Euro mehr „bei den nächsten Zahlungen … wenn die Ergebnisse erreicht werden und weiteren Zahlungen wie besprochen“ (vgl. Beiheft 13, S. 117, Mail vom 11.2.2007).
52Im März 2007 (vgl. Beiheft 13, S. 125, Mail vom 14.3.2007 und S. 129 Mail vom 16.3.2007, S. 130 Mail vom 18.3.2007) wurde der Kaufpreis für die Anteile an der Z auf … Euro (Anm.: höherer siebenstelliger bis niedriger achtstelliger Betrag) taxiert. Thematisiert wurde zu diesem Zeitpunkt bereits eine mit Blick auf eine Verlängerung des …-vertrags mit der N-GmbH mögliche Erhöhung des Kaufpreises um … Euro, ohne dies allerdings näher zu konkretisieren. Darüber hinaus bestand weiterhin Klärungsbedarf hinsichtlich der offenen Gesellschafterdarlehen. Zu einem Vertragsabschluss kam es im Ergebnis nicht (vgl. z.B. Beiheft 13, Mail vom 6.7.2007, S. 174).
53Im Sommer 2007 begann der Kläger Verhandlungen mit der M1, mit der am 10.9.2007 nach einer zügig vorgenommenen „Due-Diligence“-Prüfung schließlich die Übertragung sämtlicher Anteile an der Z für … Euro (Anm.: niedriger achtstelliger Betrag) vereinbart wurde.
54Bei einer im Rahmen von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger erfolgten Befragung sagte Herr L (damals Geschäftsführer der M1) am 14.9.2009 als Zeuge aus, dass die gesamten Verkaufsverhandlungen über den Kläger gelaufen seien und der Kläger zunächst als Eigentümer der Z aufgetreten sei. Erst nach Einsicht in die Handelsregisterunterlagen habe man auf Erwerberseite (M1) festgestellt, dass nicht der Kläger, sondern die S als Eigentümerin der Z eingetragen sei. Daraufhin habe der Kläger erklärt, dass er seine Anteile an die S veräußert habe und er eine Generalvollmacht der S besäße. Nachdem die M1 einen Kaufvertrag mit dem Kläger als Generalbevollmächtigten entworfen und diesem vorgelegt habe, habe der Kläger mitgeteilt, dass nicht er, sondern ein Herr P der Bevollmächtigte der S sei. Im nachfolgenden Schiedsverfahren sei auf Verkäuferseite sodann ausschließlich der Kläger als Bevollmächtigter der S aufgetreten (Beiheft 9, Bl. 110 f.).
55IV. Besteuerungsverfahren
561. 2006
57Die Einkommensteuererklärung des Klägers und seiner Ehefrau für 2006 ging am ..2007 beim Beklagten ein. Der Kläger machte darin einen Verlust aus der Veräußerung einer Beteiligung an Z in Höhe von … Euro geltend.
58In dem vom Beklagten für 2006 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Einkommensteuerbescheid vom 6.12.2007 blieb der Verlust unter Hinweis auf noch nicht abgeschlossene steuerstrafrechtliche Ermittlungen unberücksichtigt.
59Zwischen August 2005 und April 2008 war die Z Gegenstand einer Betriebsprüfung (BP) durch das Finanzamt für Gewerbliche Großbetriebsprüfung U für den Zeitraum 1999 bis einschließlich 2003. Während der laufenden Betriebsprüfung erfolgte am 9.3.2007 die Einleitung des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegenüber dem Kläger mit Durchsuchungsmaßnahmen und Beschlagnahmungen am 17.4.2007. Die Prüfung bei der Z führte unter anderem zur Feststellung, dass beim Kläger als Gesellschafter der Z in den Prüfungsjahren 1999 bis 2003 verdeckte Gewinnausschüttungen zu berücksichtigen waren, die sich teilweise wegen Fortbestehens des Sachverhalts auch auf die Folgejahre 2004 bis 2006 erstreckten und dort umgesetzt wurden (vgl. BP-Bericht vom 24.4.2008, Bl. 93 ff. d.A.).
60Gestützt auf die Feststellungen des Finanzamtes für Gewerbliche Großbetriebsprüfung U (Kontrollmitteilung vom 24.4.2008 und Prüfungsbericht vom 24.4.2008) erließ der Beklagte durch Bescheid vom 17.8.2009 eine weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Änderungsfestsetzung der Einkommensteuer 2006. Hierbei berücksichtigte er die durch das Prüfungsfinanzamt festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, die Verringerung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie die Korrektur der Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und ließ den erklärten Veräußerungsverlust nach § 17 EStG weiterhin außer Ansatz.
61Die Versagung der Berücksichtigung des Veräußerungsverlustes nach § 17 EStG im Veranlagungszeitraum 2006 stützte der Beklagte auf das vorläufige Ermittlungsergebnis der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts U vom 25.6.2009. Hiernach sei der Kläger auch nach Veräußerung der Anteile an der Z an die S wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile bis zur Veräußerung vom 10.9.2007 an die M1 geblieben.
62Gegen den Bescheid vom 17.8.2009 legten der Kläger und seine Ehefrau Einspruch ein und begehrten die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts aus § 17 EStG in Höhe von … Euro aus der Veräußerung der Anteile an der Z.
63In einem während des Einspruchsverfahren ergangenen und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Änderungsbescheid vom 9.2.2010 wurde der vom Kläger geltend gemachte Verlust aus § 17 EStG weiterhin nicht berücksichtigt.
642. 2007
65In Anlehnung an die beim Kläger und seiner Ehefrau im Rahmen von steuerstrafrechtlichen Durchsuchungsmaßnahmen vorgefundene, jedoch nicht unterschriebene Einkommensteuererklärung für 2007 schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Einkommensteuer 2007 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch Bescheid vom 26.8.2009 fest. Dabei berücksichtigte er im Rahmen des § 17 EStG einen Veräußerungsgewinn in Höhe von … Euro aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der Z durch die S an die M1 mit der Begründung, dass dieser Vorgang dem Kläger wirtschaftlich zuzurechnen sei. Den Veräußerungsgewinn ermittelte er wie folgt:
66Verkauf der Gesellschaftsanteile an die M1
67• Ablösung Gesellschafterdarlehen B und V … Euro
68- Kläger (… Euro) und V (… Euro)
69• Zahlung vom 16.10.2007 … Euro
70Anschaffungskosten der Anteile
71• Kaufpreis bei Erwerb am 16.7.1997 durch Kläger … Euro
72• Abtretung eines Anteils (25%) an Herrn V zu … DM = … Euro
73• Abzüglich EK 04/Anteils(rück)abtretung durch Herrn V … Euro
74Die Beträge „EK 04“ resultierten aus Korrekturen des EK 04 bei der Z aufgrund einer dort durchgeführten Betriebsprüfung (u.a. verdeckte Gewinnausschüttungen) für folgende Jahre (Summe: … Euro):
75 1999: … Euro (umgerechnet)
76 2000: … Euro (umgerechnet)
77 2001: … Euro
78 2002: … Euro
79 2003: … Euro
80 2004: … Euro
81Unter Berücksichtigung des steuerlichen Halbeinkünfteverfahrens anzusetzen
82Veräußerungspreis … Euro
83Verbleibende Anschaffungskosten … Euro
84Veräußerungsgewinn … Euro
85Ansatz nach Halbeinkünfteverfahren … Euro
86Das Zahlenwerk als solches ist hinsichtlich der Höhe der einzelnen Beträge in Bezug auf die Anschaffungskosten und die Zahlungen des Veräußerungspreises zwischen den Beteiligten unstreitig. Für nähere Einzelheiten wird auf die Anlage zum Einkommensteuerbescheid für 2007 sowie das Schreiben der Prozessbevollmächtigten zur Einspruchsbegründung vom 20.11.2009 für das Jahr 2006 Bezug genommen.
87Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, dass ihm kein Veräußerungsgewinn zuzurechnen sei. Er sei im Jahr 2007 weder Gesellschafter der Z gewesen und noch sei ihm eine Veräußerung der Anteile durch S an die M1 zuzurechnen.
883. Einspruchsentscheidung
89Die vorgenannten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 19.3.2013 zurückgewiesen. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde nicht aufgehoben.
904. Steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren
91Während einer bei der Z für die Jahre 1999 bis 2003 von August 2005 bis April 2008 durchgeführten Betriebsprüfung ergaben sich Anhaltspunkte für eine durch den Kläger begangene Steuerstraftat. Gegen den Kläger wurde daher mit Datum vom 9.3.2007 ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Einkommensteuer 2000, 2003 und 2003 eingeleitet. Im Rahmen dieses Verfahrens erfolgte am 17.4.2007 eine umfangreiche Durchsuchung unter anderem des Wohnhauses des Klägers mit einer umfangreichen Sicherstellung von Beweismaterial, unter anderem der Treuhandabrede des Klägers mit A sowie Kopien der Gründungsunterlagen der S. Am 26.4.2007 fand im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eine Besprechung mit dem Kläger und seiner Prozessbevollmächtigten statt. Gegenstand war unter anderem der Sachverhalt hinsichtlich der Übertragung der Gesellschaftsanteile an A. Ausweislich des Vermerks über die Besprechung wurde Einigkeit dahingehend erzielt, dass ein Verlust aus der Veräußerung der Anteile im Jahr 2003 nicht zu berücksichtigen sei. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger mindestens bis zum 11.9.2006 weiterhin als Eigentümer der Gesellschaftsanteile anzusehen sei. Dieser Umstand sei unter anderem bei den Einkommensteuerfestsetzungen für 2002 und 2003 zu berücksichtigen. Für nähere Einzelheiten wird auf den Aktenvermerk vom 7.5.2007 (Bl. 78 ff. d.A.) Bezug genommen.
92Das erste Strafverfahren wurde Mitte Dezember 2007 nach § 153a StPO eingestellt.
93Gegen den Kläger wurde am 21.10.2008 ein weiteres steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der versuchten Einkommensteuerhinterziehung zu seinen Gunsten für das Jahr 2006 durch die ungerechtfertigte Geltendmachung des Veräußerungsverlustes nach § 17 EStG, aufgrund des Verkaufs der Anteile an die S für … Euro und wegen des Verdachts der versuchten Einkommensteuerhinterziehung für das Jahr 2007 durch Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung zum Abgabetermin eingeleitet.
94Am 19.3.2009 fanden weitere Durchsuchungsmaßnahmen zur Sicherstellung von beweiserheblichen Unterlagen statt. Die aus der Sichtung der Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse führten zu folgenden Feststellungen (vgl. Aktenvermerk in den Steuerakten vom 25.6.2009):
95a)
96Im Zusammenhang mit dem Verkauf der Geschäftsanteile der Z an die M1 war ein Schiedsklageverfahren am Schiedshof der internationalen Handelskammer anhängig. Der Rechtsstreit hatte die bis dahin nicht gezahlten … Euro aus der erreichten Verlängerung des Entsorgungsvertrages mit der N-GmbH bis zum Jahre 2019 (vgl. Beiheft 9, S. 195) zum Gegenstand. In diesem Verfahren trat der Kläger als Generalbevollmächtigter der S auf (Datum der Schiedsklage 6.5.2008). Die Schiedsklage war nicht erfolgreich (siehe oben).
97b)
98Auf dem Konto des Klägers und seiner Ehefrau (KtNr. …, siehe die Kontoauszüge in der ESt-Akte für 2007) gingen in der Zeit vom 22.10.2007 bis zum 7.4.2009 insgesamt … Euro (Anm.: niedriger siebenstelliger Betrag) in Einzelbeträgen zwischen … Euro und … Euro ein mit den Verwendungszwecken „S Co ... " (S), ,,J1 ... " (J1) oder „J ... " (J). Hierbei handelte es sich um folgende Beträge (alle S, bis auf J1/J): … Euro (22.10.2007), … Euro (18.1.2008), … Euro (14.3.2008), … Euro (17.3.2008), … Euro (25.3.2008), … Euro (2.5.2008), … (9.6.2008), … Euro (9.6.2008, J1 und J), … Euro (9.6.2008), … Euro (10.9.2008), … Euro (9.10.2008), … Euro (30.10.2008), … Euro (5.12.2008), … Euro (11.2.2009) und … Euro (7.4.2009).
99c)
100Bei allen Verkaufsverhandlungen mit den Verantwortlichen der damaligen potentiellen Käufer (AA, EE/FF) und des tatsächlichen Käufers der Geschäftsanteile (M1) war der Kläger Verhandlungsführer.
101Die Steuerfahndung des Finanzamts U kam aufgrund der getroffenen Feststellungen zu dem Ergebnis, dass es sich um einen Fall des § 42 Abs. 1 AO handele, da bei wirtschaftlicher Betrachtung der Vorgänge eine Veräußerung der Geschäftsanteile der Z durch den Kläger an die M1 stattgefunden habe. Durch die notariell beurkundete Veräußerung der Geschäftsanteile an A (10.12.2003) und an die S (11.9.2006) für … Euro bzw. … Euro und den Weiterverkauf an die M1 (10.9.2007) für … Euro, optional für … Euro, sei eine rechtliche Gestaltung gewählt worden, die den wirtschaftlichen Vorgängen völlig unangemessen sei und die nur für die Zwecke der missbräuchlichen Steuervermeidung konzipiert worden sei.
102In einer Besprechung am .2010 gab der Kläger hinsichtlich der aus den VAE vorgenommenen Überweisungen der S und des Herrn J etc. auf sein Privatkonto an, es handele sich bei dem Geldeingang von … Euro (Anm.: mittlerer sechsstelliger Betrag) um seine Provision für die Vermittlung des Verkaufs der Z an die M1. Diese Provision dürfe nicht zusätzlich zum Veräußerungsgewinn der Gesellschaftsanteile an der Z berücksichtigt werden. Bei den übrigen Beträgen handele es sich um Überweisungen, die die S an ihn für Herrn J getätigt habe. Er habe diese Beträge bar abgehoben und Herrn J - ebenfalls bar - zur Bestreitung von Reisekosten übergeben. Für nähere Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 18.1.2010 Bezug genommen (Rb-Akte Band IV).
103In seiner am 31.3.2011 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung für 2008 erklärte der Kläger Zahlungseingänge aus den Vereinigten Arabischen Emiraten in Höhe von … Euro als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die dem Progressionsvorbehalt unterlägen und fügte als Nachweis einen auf den 28.112007 datierten Beratervertrag mit der S sowie eine auf den 8.1.2009 datierte „Schlussrechnung“ zu diesem Vertrag bei (Bl. 228 ff. d.A.).
104Nachdem der Beklagte den Kläger darauf hingewiesen hatte, dass das Besteuerungsrecht für derartige gewerbliche Einkünfte in Deutschland liege bzw. nur die sog. Anrechnungsmethode und keine Freistellung zur Anwendung komme (Bl. 232 f. d.A.), deklarierte der Kläger die Einkünfte im weiteren Verlauf des Veranlagungsverfahrens für 2008 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zur Begründung führte er aus, dass die Vertragsparteien zum Vertrag vom 28.11..2007 tatsächlich eine – nicht datierte – „Ergänzungsvereinbarung“ abgeschlossen hätten, in der sie die „Tätigkeitsbasis“ vollständig in den „Geschäftsbetrieb“ der S einbezogen hätten (Bl. 234 ff. d.A.). Die Schlussrechnung vom 8.1.2009 wurde allerdings nicht geändert.
105Der Kläger reichte zudem die Kopie eines in englischer und arabischer Sprache verfassten Schriftstücks mit der Bezeichnung „Finance Agreement“ ein. Als Vertragspartner sind S und der Kläger genannt. Als Datum der Vereinbarung ist der 21.10.2007 genannt. Die S tritt als Darlehnsgeber über einen ziffernmäßig genannten Betrag von … Euro und der Kläger als Darlehnsnehmer auf. In Klammern hinter den Ziffern … Euro ist der Betrag ausgeschrieben mit „nur … Euro (Euro … only)“ beschrieben. Das Darlehen setzt sich zusammen aus … Euro „Mr. V“ und … Euro „Mr. B“; eine Rückzahlung soll ab Januar 2011 mit monatlich … Euro (ausgeschrieben: Euro …) erfolgen. Der Kläger garantierte sinngemäß das persönliche Einstehen für die Darlehensverbindlichkeiten einschließlich der Zinsen mit seinem Eigentum in Deutschland. Die Vereinbarung ist von zwei Personen unterzeichnet, die Eintragungen unter „1st witness“ und „2nd witness“ sind nicht ausgefüllt. Für weitere Einzelheiten wird auf die Kopie Bezug genommen (Bl. 253 f. d.A.). Nachweise über eine Rückzahlung des Darlehens sind nicht vorhanden.
106Bei einer Befragung im Rahmen des gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahrens sagte der damalige Geschäftsführer der Z – HH – am 00.00.2009 gemäß einem entsprechenden Aktenvermerk aus (Bl. 153 ff. d.A.), dass bei der Z von 2004 bis einschließlich 2008 „nachhaltig“ Überschüsse erwirtschaftet worden seien. Dem … sei durch das EuGH-Urteil vom .2002 eine wesentlich höhere Bedeutung zugekommen, die sich auf die Marktsituation der Z positiv ausgewirkt habe. Das Urteil sei wegweisend gewesen und habe zu besseren wirtschaftlichen Ergebnissen bei der Z geführt. Auch habe die in 2005 erfolgte Fertigstellung der… „Z 2“ zu einer Umsatzsteigerung im Jahr 2006 beigetragen. Diese Umstände seien allesamt im Jahr 2006 bekannt gewesen.
107Das zweite Strafverfahren wurde mit Datum vom 00.00.2016 nach § 153a StPO zunächst vorläufig und nach Erfüllung der Auflagen endgültig eingestellt (Bl. 208 d.A.).
108Aus den vom damaligen steuerlichen Berater der Kläger vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnungen der Z gehen Jahresüberschüsse für 2005 von … Euro und für 2006 von … Euro (vorläufig) bzw. … Euro (endgültig) hervor. Die Bilanzgewinne für 2006 beliefen sich auf … Euro und zum 31.7.2007 auf … Euro. Der Gewinnvortrag belief sich zum 31.12.2006 auf … Euro. Die Jahresüberschüsse in den Jahren ab 1999 beliefen sich auf -… DM in 1999, auf -… DM in 2000, auf … DM in 2001 auf -… Euro in 2002, auf -… Euro in 2003 und auf … Euro in 2004. Die Gewinnvorträge betrugen … DM zum 31.12.1999, … DM zum 31.12.2000, … DM zum 31.12.2001, … Euro zum 31.12.2002 und … Euro zum 31.12.2003. Einzelheiten ergeben sich aus den Einkommensteuerakten des Beklagten für 2006 und 2007 sowie den Unterlagen zur Z im Ordner „Zeugenvernehmung GG“ (dort Reiter „Unternehmensbewertung Z“).
1095. Übrige Besteuerungszeiträume
110Gestützt auf die Feststellungen des Finanzamtes für Gewerbliche Großbetriebsprüfung U über die bei der Z durchgeführte Betriebsprüfung erließ der Beklagte unter anderem für die Jahre 2002 bis 2005 geänderte Einkommensteuerbescheide gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau, in denen er unter anderem die aus den im Rahmen der Außenprüfung festgestellten und zugunsten des Klägers als Gesellschafter erfolgten verdeckten Gewinnausschüttungen durch die Z berücksichtigte (vgl. Bl. 118 ff., Bl. 121 und 122, dort Tz. 10 und 12). Die vor diesem Hintergrund geänderten Einkommensteuerbescheide für 2002 und 2003 vom 20.7.2007 blieben unangefochten und führten zu einer am 6.8.2007 beglichenen höheren Steuerschuld. Die geänderten Steuerbescheide für 2004 und 2005 wurden ebenfalls bestandskräftig.
111V. Vorliegendes Klageverfahren wegen Einkommensteuer 2006 und 2007
112Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter und machen geltend, dass im Jahr 2006 ein Verlust aus der Veräußerung der Anteile an der Z zu berücksichtigen sei. Im Jahr 2007 seien bei ihm – dem Kläger – aus der Veräußerung der Anteile an der Z durch die S an die M1 keine steuerlichen Folgen zu ziehen, da er im Jahr 2007 weder Gesellschafter der Z gewesen noch ihm ein etwaiger Veräußerungsgewinn aus dem Verhältnis S – M1 zuzurechnen sei.
113Er – der Kläger – habe bereits im Jahr 2003 einen Verlust aus der Veräußerung seiner Anteile an der Z an A in seiner Einkommensteuererklärung geltend gemacht. Dieser Verlust sei vom Beklagten nicht berücksichtigt worden. Im Rahmen steuerstrafrechtlicher Ermittlungen sei ihm – dem Kläger – dann mit Blick auf die „Treuhandabrede“ zwischen ihm und A in Aussicht gestellt worden, dass ggf. eine Verlustberücksichtigung im Jahr 2006 in Betracht kommen könne. Diese Erörterungen hätten im Rahmen eines gegen ihn geführten Steuerstrafverfahrens im Jahr 2007 in zeitlicher Nähe zum Verkauf der Anteile an der Z durch S an M1 und einer bei der Z durchgeführten Betriebsprüfung stattgefunden. Er – der Kläger – sei durch den Eigentümer der Anteile angehalten worden, eine möglichst schnelle und umfassende Beendigung der Betriebsprüfung bei der Z herbeizuführen. Vor diesem Hintergrund habe er – der Kläger – einer wirtschaftlichen Zurechnung der Geschäftsanteile für die Jahre 2003 bis 2006 entgegen der rechtlichen Dokumentation im Notarvertrag zugestimmt, um die Betriebsprüfung abzuschließen. Ihm – dem Kläger – sei es auf den Abschluss des Strafverfahrens angekommen. Der Veräußerungsvorgang der Geschäftsanteile an A / S habe in 2006 erfasst werden sollen. Die Nachweise der wirtschaftlichen Tätigkeit der S seien erbracht worden. Dass die Ergebnisse der bei der Z durchgeführten Betriebsprüfung in die Verkaufsverhandlungen mit eingeflossen seien, sei nicht überraschend. Bei einer „due Diligence“ seien offene Steuerthemen zu klären und Ergebnisse einer Betriebsprüfung zu berücksichtigen. Auch aus diesem Grund sei allen Beteiligten an dem Abschluss des Betriebsprüfungsverfahrens und der damit verbundenen strafrechtlichen Themen gelegen gewesen. Die Veräußerung der Geschäftsanteile an die M1 sei am 10.9.2007 erfolgt. Die wesentlichen zu berücksichtigenden und zu berechnenden Punkte hätten schon im Mai 2007 festgestanden. A sei ein in der gleichen Branche tätiger Unternehmer, der aus eigenem Interesse die Anteile an der Z für seine Unternehmensgruppe habe erwerben wollen. Aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten, der vorhandenen Lizenzen und Aufträge sowie der Liquiditätslage der Beteiligten, habe er – der Kläger – sich nicht in einer Position befunden, um sich Vorteile durch eine Veräußerung mit Treuhandvertrag gegenüber Herrn A zu sichern. Dies sei aber nicht erheblich. Denn vorliegend gehe es um die Veräußerungen in 2006 und 2007. Die Veräußerung in 2006 sei von A an die S erfolgt. Der Inhaber der S sei Herrn A aufgrund seiner eigenen Auslandstätigkeit bekannt gewesen. Er – der Kläger – sei weiterhin Geschäftsführer der Z gewesen. Daher sei es nachvollziehbar und nahezu selbstverständlich, dass er in die Verkaufsverhandlungen maßgeblich eingeschaltet worden sei. Hieraus könne eine wirtschaftliche Zurechnung nicht abgeleitet werden. Soweit der Beklagte meine, er – der Kläger – sei Verhandlungsführer auch bei der Veräußerung an die M1 gewesen, sei dies eine nicht nachgewiesene Behauptung, auf die es aber auch nicht ankomme. Denn er – der Kläger – sei selbstverständlich auch insoweit als Geschäftsführer der Z aufgetreten und sei aus diesem Grund an einem „guten Verkauf“ und einem hohen Kaufpreis interessiert gewesen. Aus diesem Umstand ergebe sich jedoch kein „wirtschaftliches Eigentum“. Nicht jedes wirtschaftliche Interesse an einer Veräußerung durch den Geschäftsführer der Gesellschaft führe zur Zurechnung des gesamten Kaufpreises.
114Er – der Kläger – habe auch nach Übernahme der Anteile für den neuen Eigentümer als Geschäftsführer der Z tätig sein wollen. Das gegen ihn betriebene Steuerstrafverfahren sei hierfür nicht förderlich gewesen. Vor diesem Hintergrund habe er eine Verständigung hinsichtlich des Veräußerungsvorganges vom 10.12.2003 (A) angestrebt. Dies sei damals deutlich kommuniziert worden. Der Streit habe sich daher im Ergebnis darauf konzentriert, ob die S als „Briefkastenfirma“ steuerlich unbeachtlich sei oder ob ein Veräußerungsvorgang wie unter fremden Dritten vorliege, der für 2006 und 2007 beachtlich sei. Es sei zu beachten, dass Herr J aufgrund der Besonderheiten der Geschäftstätigkeit der Z sein strategisches Ziel sehr schnell aufgegeben habe. Er habe erkannt, dass die Z in einem sehr stark strukturierten Markt tätig gewesen sei, in dem ausschließlich wenige große Firmengruppen agierten. Da sich die Geschäftstätigkeit der Z auf die Bearbeitung von … erstreckte, hätten kontinuierlich Warenströme organisiert werden müssen, um die … – den Vorteil der Z – tatsächlich nutzen zu können. Diese …-zufuhr sei für eine große Firmengruppe „unproblematisch möglich“; für die Z als „Kleinst-Unternehmen" im Markgeschehen jedoch ausgesprochen problematisch. Für eine erfolgreiche Behauptung der Marktposition der Z hätte es erheblicher Investitionen bedurft. Diese Investitionen habe A nicht vornehmen können. Deshalb sei zunächst Herr J als Investor gewonnen worden. Dieser habe zunächst parallel zu der Prüfung der Investition auch die Suche nach einem strategischen Partner zur Übernahme der Z fortgeführt, was letztlich zur M1 geführt habe. Herr J habe daher dem Risiko der Eigeninvestition den Verkauf an einen strategischen Partner vorgezogen. Dass für die Veräußerung im Jahr 2006 durch Herrn A an S keine schriftlichen Vereinbarungen oder sonstige Kommunikation vorliege, sei dem Umstand geschuldet, dass Herr A sich zum Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile bereits in langjährigem Geschäftskontakt mit dem Mehrheitsgesellschafter der S (Herrn J) befunden habe. Herr A sei über seine Firmengruppe II unmittelbarer Geschäftspartner des Herrn J gewesen, da Herr J Mitgesellschafter einiger Firmen der Firmengruppe des Herrn A gewesen sei. Daher habe die Kommunikation „unmittelbar“ am Firmensitz der S stattgefunden, in die er – der Kläger – nur insofern eingebunden gewesen sei, als wirtschaftliche Daten der zu veräußernden Gesellschaftsanteile zur Diskussion gestanden hätten. Im Jahr 2007 habe eine Abstimmung zwischen Herrn J und ihm – dem Kläger – „unmittelbar“ stattgefunden. Die Kommunikation sei im Wesentlichen mündlich erfolgt, zumal er – der Kläger – sich vielfach am Geschäftssitz der S in Dubai aufgehalten habe.
115Zusammenfassend sei Folgendes zu berücksichtigen:
116Die S sei eine ausländische Kapitalgesellschaft, die im alleinigen Eigentum der Eheleute J stehe. Herr J sei im …--markt tätig und habe einen umfangreichen Geschäftsbetrieb, an dessen wirtschaftlicher Aktivität keine Zweifel bestünden. Der Umstand, dass ein Geschäftsmann in den Vereinigten Arabischen Emiraten umfangreiche Geschäftsbeziehungen verteilt auf verschiedene Gesellschaften unterhalte, darunter eine Gesellschaft, mit der er Auslandsgeschäfte tätige, sei objektiv gesehen nicht verwunderlich. Dass die S als reine Auslandsbeteiligungsgesellschaft für ihre europäischen Tätigkeiten in den Arabischen Emiraten keiner eigenen Mitarbeiter, Räumlichkeiten etc. bedürfe, sei offenkundig und führe nicht dazu, dass ihr die wirtschaftliche Aktivität abzuerkennen sei. Für das Halten der Beteiligung an der Z habe die S keine eigenen Mitarbeiter und keine eigenen Büroräume benötigt. Herr J habe dies mit den Mitteln seiner üblichen Bürotätigkeit und Beteiligungsverwaltung in den Arabischen Emiraten entsprechend der umfangreichen Aktivitäten seiner JJ in jeder Weise erledigen können. Im Übrigen seien Auskünfte über S sowohl durch die EE als auch die M1 eingeholt worden. Kein Erwerber habe Bedenken gehabt, die S als Verkäufer zu akzeptieren. Es sei nie von einer „Scheinfirma“ gesprochen worden. Soweit er – der Kläger – im Zusammenhang mit der Veräußerung der Anteile der Z Einnahmen erzielt habe, habe er diese ordnungsgemäß angezeigt. Im Übrigen spreche gegen einen Rechtsmissbrauch, dass mit den Herren A und J zwei eigenständige Kaufleute mit entsprechenden Marktkenntnissen in den Sachverhalt eingebunden gewesen seien. Er – der Kläger – habe keinen Einfluss auf die Ausgestaltung des Geschäftsgegenstandes bei der S gehabt. Bei einer entsprechend abgestimmten Steuervermeidungshandlung wäre es „sicher leicht gewesen“, die Gesellschaft mit dem richtigen Unternehmensgegenstand und einem entsprechendem Tätigkeitsgebiet auszustatten. Im Übrigen stehe es dem Unternehmer J frei, mit seinen Gesellschaften nach seinen Vorstellungen zu verfahren. Soweit der Beklagte behauptet, unternehmerische strategische Entscheidungen der S in Bezug auf die Z seien nicht erkennbar, gehe dies fehl. Denn immerhin habe die S die Z veräußert und zwar zu einem günstigen Zeitpunkt und zu einem günstigen Preis. Hierzu habe sie entsprechende Maßnahmen unternommen und über Dritte, unter anderem den Kläger, Herrn A, Herrn P und über Notariate in Deutschland gehandelt. Herr J sei mehrfach in Deutschland bei Notarterminen gewesen. Er – der Kläger – sei als Geschäftsführer in die Verhandlungen zur Veräußerung eingebunden gewesen, weil er die beste Sachkenntnis habe. Dies entspreche dem üblichen Vorgehen. Auch habe die kurzfristig erfolgte Wertsteigerung der Geschäftsanteile einen wirtschaftlichen Hintergrund. Der …--markt sei hart umkämpft. Die Z sei für die M1 deshalb so interessant gewesen, weil sie … habe verwerten können und durch den Vertrag mit N-GmbH entsprechende Zuflüsse garantiert gewesen seien. Diese Zusammenballung habe bei den übrigen Interessenten nicht vorgelegen. Soweit der Beklagte darauf hinweise, dass es zu den Verkaufsverhandlungen mit S keinen bei den Durchsuchungen aufgefundenen Mailverkehr gebe, sei dies verständlich. Wenn A als tatsächlicher Inhaber der Anteile diese an seinen langjährigen Geschäftspartner J verkaufe und die Parteien sich überwiegend bei anderen geschäftlichen und gemeinsam unternommenen Aktivitäten in den Vereinigten Arabischen Emiraten abstimmten, sei es geradezu zwingend, dass deswegen entsprechende Unterlagen gerade nicht im Rahmen einer Durchsuchung bei der Z oder ihm – dem Kläger – aufgefunden würden. Auch der Hinweis, dass eine Beteiligung des Klägers bei der Veräußerung der Anteile von A an die S nicht vereinbart worden sei, sei wenig nachvollziehbar. Es habe keinen Anlass für eine Partizipation des Klägers bei der Veräußerung durch A an die S gegeben, zumal A ihn – den Kläger – für dieses Geschäft nicht als Vermittler benötigt habe. Dass er – der Kläger – sich in Verkaufsverhandlungen möglicherweise wie ein Eigentümer verhalten habe, führe nicht dazu, dass er steuerrechtlich als Eigentümer zu behandeln sei. Dass die Darlehensforderungen der Z gegenüber ihren Gesellschaftern beim Verkauf der Anteile an die S weder thematisiert noch geregelt worden seien, verdeutliche, dass der Veräußerungsvorgang nicht von einem „international handelnden Konzern mit Anwälten von der ersten Minute an“ begleitet worden sei, sondern lediglich von „Kaufleuten, die sich persönlich“ gekannt hätten. Es seien mündliche Absprachen hinsichtlich der Darlehnsforderungen getroffen worden, was die Vertragsparteien für ausreichend gehalten hätten. Im Schiedsklageverfahren sei er – der Kläger – wegen seiner umfassenden Kenntnis als Bevollmächtigter aufgetreten und hierfür auch vergütet worden. Hinsichtlich der vom Beklagten vorgenommenen Ermittlung des Veräußerungsgewinns sei zu berücksichtigen, dass für den Rückerwerb der Anteile an der Z von Herrn V seinerzeit im notariellen Vertrag als Kaufpreis zwar lediglich „ein Euro“ vereinbart worden sei. Er – der Kläger – habe aber zusätzlich – was allerdings nicht in den Notarvertrag aufgenommen worden sei – in einer „Nebenabrede“ die Verbindlichkeiten des Herrn V gegenüber der Z übernommen und Herrn V insoweit „freigestellt“. Dies sei bei den Anschaffungskosten für den Rückerwerb der Beteiligung zu berücksichtigen.
117Die Kläger beantragen,
118den Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 9.2.2010 sowie die dazugehörige Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass beim Kläger ein Veräußerungsverlust aus § 17 EStG in Höhe von … Euro aus der Veräußerung der Anteile an der „Z GmbH“ berücksichtigt wird,
den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 26.8.2009 sowie die dazugehörige Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
122den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 26.8.2009 sowie die dazugehörige Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass beim Kläger ein Veräußerungsgewinn aus § 17 EStG in Höhe von … Euro aus der Veräußerung der Anteile an der „Z GmbH“ berücksichtigt wird und die Klage im Übrigen abzuweisen.
123Zur Begründung verweist er auch seine Einspruchsentscheidung und führt ergänzend Folgendes aus:
124Es bestehe Einigkeit darüber, dass der zwischen dem Kläger und A geschlossene Treuhandvertrag zivilrechtlich nicht wirksam sei. Im Anschluss an die Durchsuchungsmaßnahmen vom 17.4.2007 habe am 26.04.2007 eine Besprechung über die im Ermittlungsverfahren erhobenen Vorwürfe stattgefunden. Der Inhalt und die Vereinbarungen der Besprechung ergäben sich aus dem Aktenvermerk der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts U vom 7.5.2007. Im Ergebnis hätten sich die Beteiligten darauf geeinigt, dass dem Kläger die Anteile an der Z weiterhin bis zum 11.9.2006 wirtschaftlich zuzurechnen seien und ein Verlust aus der Anteilveräußerung frühesten in der zu diesem Zeitpunkt noch ausstehenden Einkommensteuererklärung für 2006 geltend gemacht werden könne. Dies habe unter dem Vorbehalt gestanden, dass hinsichtlich der S Nachweise über Eigentümer, Ansässigkeit in den Vereinigten Arabischen Emirate und Schriftverkehr etc. über die Geschäftsanbahnung beigebracht würden. Mit Schreiben vom 11.5.2007 habe die Prozessbevollmächtigte den Feststellungen, soweit sich diese auf den Veräußerungsvorgang B/Schnei-der bezogen, zugestimmt. Diese Feststellungen seien sodann auch in den Bericht der gewerblichen Großbetriebsprüfung des Finanzamts U (Z) unter Tz. 13 aufgenommen worden. Die Schlussbesprechung zur Betriebsprüfung bei der Z habe am 15.4.2008 stattgefunden und die Prüfung sei mit Bericht vom 24.4.2008 abgeschlossen worden. Die in Bezug auf die S geforderten Nachweise seien bis zum Abschluss der Betriebsprüfung nicht erbracht worden. Eine Prüfung des Vorgangs habe daher nicht erfolgen können. Nach dem sichergestellten E-Mailverkehr sei die Steuerbelastung aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Betriebsprüfung zwar ein Thema während der Verkaufsverhandlungen mit der M1 gewesen. Allerdings seien die Geschäftsanteile an der Z am 10.9.2007 und damit noch vor Abschluss des Strafverfahrens am .2007 und vor Beendigung der Betriebsprüfung am .2008 an die M1 veräußert worden. Zusammenfassend sei der Kläger wirtschaftlicher Eigentümer der Gesellschaftsanteile im Zeitraum 2003 bis 2006 gewesen. Einzige Hinweise auf wirtschaftliche Aktivitäten der S seien die Gutschriften auf dem Konto … (Kontoinhaber B) mit dem Auszugstext/ Verwendungszweck: "S Co ... " i. H. v. … Euro. Der im Zusammenhang mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung 2008 eingereichte Vertrag vom 28.11.2007 zwischen dem Kläger und der S sowie die Honorarabrechnung vom 8.1.2009 über … Euro widerlegten die Zurechnung des Veräußerungsgewinns zum Kläger im Jahr 2007 nicht. Das Arbeitsverhältnis des Klägers als angestellter Geschäftsführer bei der Z habe im April 2008 geendet. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er aber bereits Zahlungen von … Euro (18.1.2008); … Euro (14.3.2008) und … Euro (17.3.2008) erhalten. Welche Leistung erbracht worden sein soll, ergebe sich weder aus dem allgemein formulierten Vertrag noch aus der Abrechnung. Der Zahlungseingang i. H. v. … Euro auf dem Konto … (Kontoinhaber B) mit dem Auszugstext/ Verwendungszweck: "S Co ... " sei nicht im Abrechnungspapier (auch nicht durch Aufaddieren von Beträgen) enthalten. In dem eingereichten Vertrag sei die Höhe des Honorars nicht definiert, sondern nur in "% of the order sum" dargestellt. Weiterhin sei anzumerken, dass die S ausweislich des notariellen Vertrags vom 10.9.2007 … Euro an ungesicherten Darlehnsforderungen gegenüber dem Kläger übernommen habe. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die S diese Forderungen übernommen habe und weshalb sie nicht wenigstens einen Teilbetrag mit den ungesicherten Forderungen gegenüber dem Kläger verrechnet habe.
125Soweit der Kläger behaupte, dass er auf Weisung des Alleingesellschafters alles Erdenkliche habe tun müssen, um die Betriebsprüfung und die damit zusammenhängen Themen so schnell wie möglich zu erledigen, sei dies nicht nachvollziehbar. Denn bereits im März 2006 sei mit der EE ein neuer Kaufinteressent in die Verhandlungen eingetreten. In diesem Zusammenhang sei am 00.00.2006 eine Vertraulichkeitserklärung der EE unterzeichnet worden (Beiheft 4, BI. 95-97). Hiernach unterlägen alle Dokumente (u. a. Finanzdaten, Arbeitsabläufe, Dienstleistungen, Geschäftstätigkeit) der Geheimhaltung. Am 8.9.2006 habe der potentielle Erwerber mitgeteilt, dass Unterlagen zur nachhaltigen Bewertung des Unternehmens angekommen seien. Im Schreiben an Herrn P vom 21.9.2006 teilte der Geschäftsführer der FF GmbH mit, dass als Unternehmenswert für die Z auf der Basis einer „Cash an debt free-Bewertung“ „eine Bandbreite von … Euro bis … Euro (Anm.: höherer sieben- bis niedriger achtstelliger Betrag) vorstellbar“ sei (Bl. 148 f. d.A.). Dies sei zehn Tage nach dem Verkauf der Anteile an die S für … Euro (Anm.: mittlerer fünfstelliger Betrag) geschehen. Zudem habe die S im Zeitpunkt der Unterzeichnung der vorgenannten Vertraulichkeitserklärung noch nicht existiert. Weiterhin verdeutliche der Inhalt des Begleitschreibens der P GmbH vom 28.6.2006 (persönlich und vertraulich übersandt an B unter der Firmenanschrift.), dass nur für den Kläger der Verkaufsprozess erfolgreich angelaufen sei (Beiheft 4, BI. 93 und 94). Soweit der Kläger vortrage, dass die Aufrechterhaltung der Marktposition der Z erhebliche Investitionen bedurft habe und deshalb Herr J als Investor habe gewonnen werden müssen, sei dem die Auskunft von HH (ehemaliger Geschäftsführer der Z) entgegenzuhalten. Herr HH habe ausgeführt, dass bei der Z bis Ende 2009 keine grundlegenden Investitionen am Produktionsablauf vorgenommen worden seien (im Jahr 2007 keine erheblichen Investitionen, im Jahr 2008 ca. … Euro und im Jahr 2009 ca. … Mio. Euro) und dass die Z von 2004 bis 2008 nachhaltig Überschüsse erwirtschaftet habe (Beiheft 8, BI. 65 bis 69). Falls es einen Investitionsstau gegeben habe, wäre dieser auch beim Verkauf der Anteile an die M1 vorhanden gewesen, so dass eine erhebliche Vervielfachung des Kaufpreises damit nicht begründet werden könne. Soweit der Kläger behaupte, dass die S lediglich gegründet worden sei, um Beteiligungen zu halten und es hierzu weder eigener Büroräume noch eigener Mitarbeiter bedurft habe, stehe dies im Widerspruch zu den vom Kläger mit der Einkommensteuererklärung 2008 vorgelegten Unterlagen. In der Anlage AUS habe der Kläger für 2008 Einkünfte aus einer Betriebsstätte in den VAE i.H.v. … Euro erklärt, die seiner Auffassung gemäß Artikel 7 DBA-VAE in den VAE steuerpflichtig seien und in Deutschland dem Progressionsvorbehalt unterlägen. Beigefügt gewesen sei die Kopie eines Vertrages zwischen der S und dem Kläger vom 28.11.2007, der – was zutrifft – zusammengefasst folgendes beinhaltet: Der Kläger wird als Berater tätig und unterstützt die S bei der Suche nach geeigneten Projekten in Bereich der Entsorgung und Sanierung. Die Beratungsleistung wird projektabhängig vergütet. Das Honorar ist nach Auftragserteilung durch die Gesellschaft, einer Tochterfirma oder der Holding fällig. Auf Grundlage dieses Vertrags habe der Kläger für die Bearbeitung und den Vertrieb eines …-projektes insgesamt über … Euro (Anm.: niedriger siebenstelliger Betrag) erhalten. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer nach den Ausführungen des Klägers nur Beteiligungen haltenden S sei nicht erkennbar. Insgesamt sei weiterhin davon auszugehen, dass auf diese Weise nur ein bis dahin nicht vollständiger Transfer des gezahlten Kaufpreises für die Anteile an der Z an den Kläger erfolgt sei. Im Rahmen der Verkaufsverhandlungen hätten sich die M1 und die FF (EE) auf Grund der besonderen Gesellschafterkonstellation vergewissern müssen, dass die S eine rechtliche existente Gesellschaft sei, die rechtswirksam einen notariellen Kauf über Bevollmächtigte habe abschließen können. Durch die vorgenommene Prüfung hätten die Erwerber verhindern wollen, dass ein Teil des Kaufpreises auf ein Konto in den VAE fließe, ohne die Sicherheit eines nichtanfechtbaren notariellen Kaufvertrages mit Blick auf den Eigentümerstatus des Veräußerers zu haben.
126Es liege ein Rechtsmissbrauch nach den allgemeinen Grundsätzen durch die Zwischenschaltung der S als Basisgesellschaft vor. Die S sei lediglich formal in den Verkauf der Anteile der Z an die M1 einbezogen worden. Der Verkaufserlös sei letztlich dem Kläger zugutegekommen. Dies ergebe sich – neben den bereits angeführten Umständen – insbesondere aus den folgenden Tatsachen:
127Der Kläger habe bereits im Jahr 1999 über seinen damaligen Steuerberater KK Überlegungen anstellen lassen, wie ein Verkauf der Geschäftsanteile ohne oder mit minimaler Steuerbelastung abzuwickeln wäre. Zudem sei es äußerst unüblich, dass beim Kläger, der nach eigener Darstellung keinen gesellschaftsrechtlichen Bezug zur S habe, in seinem Privathaus im Rahmen einer ersten Durchsuchung am 17.4.2007 Kopien der Gründungsunterlagen der S gefunden worden seien. Darüber sei der zeitliche Zusammenhang zwischen der Gründung der S am 15.8.2006 und dem Verkauf der Anteile der Z am 11.9.2006 an die S ein Indiz dafür, dass die S lediglich für die Abwicklung des Verkaufs der Anteile der Z gegründet worden sei. Hierfür sprächen auch die nachfolgenden Verkaufsverhandlungen, insbesondere mit der FF (EE). Dass Herr J Gesellschafter der Q LLC, einer wirtschaftlich aktiven Kapitalgesellschaft gewesen sei, sage nichts über die wirtschaftliche Aktivität der S. Ein Auftreten der S am Markt sei nicht erkennbar. Offensichtlich sei auch für potentielle Erwerber der Anteile der Z eine wirtschaftliche Tätigkeit der S nicht erkennbar gewesen. Aus diesem Grund sei die rein rechtliche Existenz überprüft worden (Beiheft 9, BI. 36 ff.). Eine Anmeldung der S bei der Verwaltungsbehörde der Freizone R sei weder ausschlaggebend noch gleichbedeutend mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Soweit der Kläger argumentiere, die S sei als Holding tätig geworden, stimme dies nicht mit den behördlichen Unterlagen überein. Laut Gewerbelizenz der Verwaltungsbehörde der Freihandelszone S (Beiheft 2) sei als Gegenstand des Unternehmens folgendes genannt: "Import/Export/Handel mit …". Die Lizenz sei zudem nur gültig für Geschäftstätigkeiten in der Freizone R unter Beachtung der allgemeinen Geschäftsbedingungen dieser Zone. Hierauf nehme auch der Gesellschaftsvertrag vom 12.9.2006 Bezug, in dem Folgendes ausgeführt sei: „Gegenstand des Unternehmens ist die Durchführung von Geschäftstätigkeiten, die in der Gewerbelizenz der Verwaltungsbehörde der Freihandelszone R genau beschrieben und geregelt sind. ". Zudem habe die S lediglich Anteile der Z gehalten. Es sei weder nachgewiesen, dass sie darüber hinaus weitere Anteile gehalten habe, noch dass sie in irgendeiner Form in die Struktur der übrigen Unternehmen des Herr J eingebunden gewesen sei. Die S sei nach lediglich beim An- und Verkauf der Anteile der Z in Erscheinung getreten und habe in keiner Form Einfluss auf die laufende Geschäftstätigkeit der Z genommen. Auch seien keine unternehmerischen/strategischen Entscheidungen der S in Bezug auf die Z als Unternehmen erkennbar. Der Kläger sei im Zeitraum 2003 bis 10.9.2007 alleiniger Geschäftsführer der Z gewesen. Ihm hätten alle Informationen über das Unternehmen und dessen Bewertung zur Verfügung gestanden. Er habe bereits seit Mitte 2004 Verhandlungen mit verschieden Unternehmen zum Verkauf der Anteile an der Z geführt. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger genau im Zeitpunkt von offensichtlich erfolgversprechenden Verhandlungen mit den anderen Interessenten, bei denen Millionenbeträge im Raum standen, die Anteile an der Z zu einem Preis von … Euro (Anm.: mittlerer fünfstelliger Betrag) an eine Gesellschaft veräußern sollte, auf die er nach eigenen Angaben keinerlei Zugriffsrechte habe. Die Tatsache, dass der Kläger genauestens über die Wertverhältnisse der Z informiert gewesen sei, spreche gegen eine Veräußerung zum Preis von … Euro (Anm.: mittlerer fünfstelliger Betrag) an einen „fremden Dritten". Für die Wertsteigerung der Gesellschaftsanteile der Z innerhalb eines Jahres von … Euro (Anm.: mittlerer fünfstelliger Betrag) auf … Euro (niedriger achtstelliger Betrag) gebe es keinen erkennbaren wirtschaftlichen Hintergrund. Es seien keine Ereignisse im Geschäftsbereich der Z bzw. am …-markt eingetreten, die solch eine Wertsteigerung hätten begründen können. Gemäß …-vertrag vom 00.00.2004 zwischen der Z und der N-GmbH sei die Z verpflichtet gewesen, das Einverständnis der N-GmbH im Fall eines Gesellschafterwechsels einzuholen, da die N-GmbH andernfalls berechtigt gewesen wäre, den Vertrag, der für den Geschäftsbetrieb der Z von elementarer Bedeutung gewesen sei, fristlos zu kündigen. Dieses Einverständnis sei sowohl bei der Anteilsveräußerung an die M1, als auch im Rahmen der vorhergehenden Vertragsverhandlungen mit sämtlichen ernsthaften Investoren vorab eingeholt worden. Im Zusammenhang mit dem Gesellschafterwechsel der S sei dies dagegen unterblieben. Zudem spreche der Umstand, dass der Vertrag über die Veräußerung der Anteile an die S keine Klausel über die Partizipation des Klägers an einem Mehrerlös im Fall einer Weiterveräußerung innerhalb eines gewissen Zeitrahmens enthalte, für die Annahme gesellschaftsrechtlicher Verbindungen zwischen dem Kläger und S. Im Übrigen sei das Führen von Verkaufsverhandlungen regelmäßig nicht Sache des Geschäftsführers des zum Verkauf stehenden Unternehmens, sondern des Anteilseigners. Es existiere kein Schriftstück, keine Email o. Ä., aus dem hervorgehe, dass Herr J in die Vertragsverhandlungen mit der M1 eingebunden gewesen sei, dass er vom Kläger über den Lauf der Verhandlungen informiert worden sei, dass Abstimmungen stattgefunden hätten oder dass er den Abschluss des Vertrages letztendlich ausdrücklich autorisiert hätte. In den Verkaufsverhandlungen mit der FF (EE), die mindesten bis zum 23.3.2007 stattgefunden hätten, sei der Kläger als Verkäufer der Anteile angesehen worden. Entsprechendes gelte für die Verkaufsverhandlungen mit der M1 (Aussage L, Beiheft 9, Seite 109 ff). Zudem seien die Darlehensforderungen der Z gegenüber ihren Gesellschaftern beim Verkauf der Anteile an die S weder thematisiert noch insoweit Regelungen getroffen worden. Letztlich seien die Darlehensforderungen gegen den Kläger i.H.v. … € und gegen V i.H.v. … € durch die Z mit notariellen Vertrag vom 10.9.2007 an die S verkauft worden. Die Darlehen seien ungesichert und es habe keine Rückzahlungsvereinbarung gegeben. V habe am 00.00.2008 erklärt, dass er die S nicht kenne und gegenüber der Z keine persönlichen Verbindlichkeiten bestanden hätten. Es sei völlig unwahrscheinlich, dass ein fremder Dritter diese Darlehen mit einem derartigen Risiko erworben hätte. Auch sei der Kläger im Schiedsgerichtsverfahren als Generalbevollmächtigter der S aufgetreten. Ein Tätigwerden des Herrn J in diesem Verfahren sei nicht erkennbar gewesen. Die im Zeitraum vom 00.00.2007 bis zum 00.00.2009 auf dem Konto des Klägers und seiner Ehefrau mit dem Verwendungszweck S eingegangenen Zahlungen hätten am 00.00.2009 geendet. Hier sei ein unmittelbarer Zusammenhang mit der zweiten Durchsuchung durch die Steuerfahndung am 19.3.2009 offensichtlich. Nach dem Durchsuchungstermin sei nur noch eine Überweisung erfolgt. Die mehrfach geänderten Erklärungen des Klägers zur Herkunft und dem Rechtsgrund der Zahlungen seien nicht nachvollziehbar. Abweichend vom bisherigen Vortrag des Klägers, wonach die S lediglich als Holding fungiere, bestätige der Kläger mit seinen Ausführungen erstmals, dass die S im Bereich der … (operativ) tätig geworden und ihr bereits bei Abschluss der Vereinbarung vom 28.11.2007 ein umfangreicher Auftrag erteilt worden sei, zu dessen Abwicklung der Kläger (nach der Ergänzungsvereinbarung zur Vereinbarung vom 00.00.2007) als Arbeitnehmer eingestellt und mit einem Betrag von … Euro entlohnt worden sei. Diese Darstellung weiche nicht nur vom bisherigen Vortrag des Klägers ab, sondern widerspreche auch den Ermittlungen des Bundeszentralamts für Steuern, wonach zwischen November 2007 und April 2008 auch durch einen lokalen Agenten kein Kontakt zur S habe hergestellt werden können. Dies erscheine bei einem Unternehmen, das am Markt Großaufträge akquiriere und ausführe, kaum vorstellbar. Zudem gebe es außer den vorliegenden Verträgen keinen Nachweis über die Tätigkeit der S auf diesem Gebiet. Zu den behaupteten Leistungen des Klägers fehlten ebenfalls Nachweise. Nach dem Gesamtbild handele es sich bei den Zahlungen an den Kläger um Rückflüsse des Kaufpreises aus dem Anteilsverkauf der Z. Auch stehe der Nachweis aus, was letztlich mit den von der S erworbenen Darlehensforderungen i.H.v … Euro geschehen sei. Der Erwerb der Forderungen, ohne hieraus die Konsequenz einer zeitnahen Tilgung und Verzinsung zu ziehen, sei ein weiteres entscheidendes Indiz für eine beherrschende Stellung des Klägers als Hauptdarlehensnehmer. Mit Blick auf die bestehende Darlehensforderung stelle sich darüber hinaus die Frage, warum die S die behaupteten Forderungen des Klägers (Provisionen/Gewerbebetrieb/Arbeitslohn) nicht mit ihren eigenen Ansprüchen aus den Darlehen verrechnet habe. Offenkundig sei auch der am 23.2.2010 beim Beklagten eingereichte Darlehensvertrag vom 00.00.2007 zwischen der S und dem Kläger, in dem die Rückzahlung des Darlehens mit … Euro monatlich, beginnend am 1.1.2011, vereinbart worden sei, tatsächlich nicht durchgeführt worden. Die Steuererklärungen des Klägers für die Jahre 2011 bis 2013 wiesen keine Einkünfte aus, aus denen der Kläger die Darlehensverpflichtungen hätte erfüllen können (Summe der Einkünfte 2011: -… Euro, 2012: -… Euro, 2013: … Euro). Zudem sei der Darlehensvertrag ebenso wenig wie Unterlagen zu einem Anstellungsverhältnis bei den Hausdurchsuchungen aufgefunden. Nach Aktenlage sei die Erfüllung der Darlehensverpflichtung des Klägers gegenüber der S nicht möglich gewesen. Dem Kläger seien daher … Euro des Verkaufspreises der Anteile der Z an die M1 faktisch durch den Verzicht der S auf Durchsetzung ihrer Darlehensforderungen zugeflossen.
128Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat während des Klageverfahren umfassend Akteneinsicht in die Akten des Beklagten und die Gerichtsakte genommen.
129Mit Verfügung vom 16.1.2023 hat das Gericht die Beteiligten darauf hingewiesen, dass in rechtlicher Sicht insbesondere die §§ 39, 41 und 42 AO von Bedeutung sein könnten.
130Das Gericht hat am 26.4.2024 und am 31.10.2024 mündlich verhandelt.
131Das Gericht hat zudem Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen A. Für nähere Einzelheiten wird auf den Beweisbeschluss vom 10.9.2024 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2024 Bezug genommen.
132Entscheidungsgründe:
1331.
134Die Klage ist lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.
135a)
136Der Einkommensteuerbescheid 2006 vom 9.2.2010 und die dazugehörige Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (dazu unter 2.).
137b)
138Der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 26.8.2009 und die dazugehörige Einspruchsentscheidung sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten als dort beim Kläger ein höherer Veräußerungsgewinn aus § 17 EStG aus der Veräußerung der Anteile an der „Z GmbH“ als … Euro berücksichtigt ist (dazu unter 3.).
1392.
140Der Beklagte hat beim Kläger im Jahr 2006 zu Recht keinen Verlust aus der Veräußerung der Anteile an der „Z GmbH“ berücksichtigt.
141Dem Kläger ist im Jahr 2006 keine Veräußerung von Anteilen an der „Z GmbH“ und damit auch kein aus einer solchen Veräußerung resultierender Veräußerungsverlust im Sinne des § 17 EStG zuzurechnen.
142a)
143Der Kläger war nach dem im Juli 2003 erfolgten Rückerwerb des von ihm zuvor an Herrn V übertragenen Gesellschaftsanteils von 25% – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – (wieder) Alleingesellschafter der Z GmbH.
144b)
145Dem Kläger waren die Gesellschaftsanteile an der Z GmbH auch nach dem 10.12.2003 weiterhin zuzurechnen.
146aa)
147Nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO sind Scheingeschäfte und Scheinhandlungen für die Besteuerung unerheblich. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 AO für die Besteuerung maßgebend.
148Die Voraussetzungen des § 41 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO lagen vor. Die Veräußerung der Geschäftsanteile durch den Kläger an den Zeugen A mit Notarvertrag vom 10.12.2003 ist ein steuerlich unbeachtliches Scheingeschäft, durch das die über den 10.12.2003 hinaus fortbestehende Gesellschafterstellung des Klägers an der Z GmbH verdeckt werden sollte.
149aaa)
150Bei dem vom Kläger und dem Zeugen A mit Datum vom 10.12.2003 unterschriebenen „Treuhandvertrag“ handelt es sich inhaltlich um eine Treuhandvereinbarung an bereits bestehenden Gesellschaftsanteilen (Vereinbarungstreuhand).
151Ein Treuhandverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensgegenstände überträgt oder belässt oder ihm eine Rechtsmacht einräumt, ihn aber in der Ausübung der sich daraus im Außenverhältnis (des Treuhänders zu Dritten) ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis (des Treuhänders zum Treugeber) nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt (vgl. z.B. BSG-Urteil vom 12.5.2020 – B 12 KR 30/19 R, BSGE 130, 123 m.w.N.).
152Der mit Datum vom 10.12.2003 vom Kläger und dem Zeugen A unterzeichnete „Treuhandvertrag“ bezieht sich inhaltlich auf den notariellen Vertrag vom 10.12.2003, durch den die Gesellschaftsanteile an der Z GmbH vom Kläger an den Zeugen A veräußert werden sollten. In dem „Treuhandvertrag“ wird ausdrücklich auf die vom Zeugen A „mit heutigem Tag“ von ihm übernommenen Geschäftsanteile an der Z GmbH Bezug genommen und insoweit vereinbart, dass der Zeuge A die übernommenen Gesellschaftsanteile „treuhänderisch“ für den Kläger verwaltet. Dem Zeugen A entstanden durch die Übernahme der Gesellschaftsanteile („hierdurch“) „keine Rechte und Pflichten die Gesellschaft betreffend“. Die „alleinige Handlungsvollmacht die Gesellschaft betreffend“ war dem Kläger eingeräumt. Zudem war nur der Kläger berechtigt, die Geschäftsanteile zu veräußern. Ein Gewinn aus der Veräußerung der Geschäftsanteile stand „ausschließlich“ dem Kläger bzw. einer von ihm benannten Person oder Gesellschaft zu. Der Zeuge A war verpflichtet, einer Veräußerung der Geschäftsanteile zuzustimmen. Nach dem Inhalt des „Treuhandvertrags“ sollte der Kläger als Treugeber das Treuhandverhältnis sowohl rechtlich als auch tatsächlich beherrschen. Dem Zeugen A waren in Bezug auf die Z GmbH keinerlei eigenständige und vom Verhalten des Klägers unabhängige Rechte eingeräumt. Er war vielmehr auf das bloße treuhänderische Halten der Gesellschaftsanteile beschränkt und im Fall einer vom Kläger als Treugeber beabsichtigten Veräußerung der Gesellschaftsanteile zur Mitwirkung an dem Veräußerungsvorgang in seiner Eigenschaft als nach außen auftretender Treuhänder verpflichtet („Dieser Veräußerung muss Herr A zustimmen“). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2024 auf Nachfrage zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er durch den „Treuhandvertrag“ im Hinblick auf die Übertragung der Gesellschaftsanteile an der Z GmbH weiterhin eine „Sicherheit“ behalten wollte, um nicht „ausgebootet“ zu werden. Insbesondere wollte er sicherstellen, dass er auch nach der Übertragung der Gesellschaftsanteile an den Zeugen A weiterhin als Geschäftsführer der Z GmbH mit dem entsprechenden Gehalt tätig bleiben konnte und die Z GmbH die gegen ihn bestehenden und nicht unerheblichen Darlehensforderungen nicht ohne weiteres bzw. nicht zu einem für ihn unpassenden Zeitpunkt geltend machen konnte. Die Regelungen in dem „Treuhandvertrag“ vom 10.12.2003 spiegeln diese – aus Sicht des Senats nachvollziehbaren – wirtschaftlichen Interessen des Klägers im Zusammenhang mit der Anteilsübertragung wider. Auch der Zeuge A hat insoweit die wirtschaftlichen Interessen und das Sicherungsbedürfnis des Klägers im Zusammenhang mit dem „Treuhandvertrag“ und dem Notarvertrag vom 10.12.2003, insbesondere mit Blick auf die Nichtgeltendmachung der Darlehensforderung gegen den Kläger „zur Unzeit“, nachvollziehbar bestätigt.
153bbb)
154Der zwischen dem Kläger und dem Zeugen A mit Datum vom 10.12.2003 lediglich privatschriftlich abgeschlossene und nicht notariell beurkundete „Treuhandvertrag“ war formunwirksam und damit nichtig, § 125 Abs. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 4 GmbHG.
155Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – der sich der Senat anschließt – unterliegt ein Treuhandvertrag hinsichtlich eines GmbH-Geschäftsanteils dem Formzwang des § 15 Abs. 4 GmbHG, wenn er sich – wie vorliegend – auf bereits existente Geschäftsanteile bezieht (vgl. z.B. BGH-Beschluss vom 12.12.2005 – II ZR 330/04, WM 2006, 1388; BGH-Urteile vom 19.4.1999 – II ZR 365/97, BGHZ 141, 208 und vom 6.7.1961 – II ZR 219/58, BGHZ 35, 272; siehe auch BFH-Urteil vom 11.5.2010 – IX R 19/09, BStBl. II 2010, 823). Der Umfang des Formerfordernisses nach § 15 Abs. 4 GmbHG erstreckt sich auf den gesamten Vertrag einschließlich aller Nebenabreden, die zwar nicht ausdrücklich, aber zwangsläufig die Verpflichtung zur Geschäftsanteilsübertragung begründen (vgl. BGH-Urteil vom 19.4.1999 – II ZR 365/97, BGHZ 141, 208, 211; BSG-Urteil vom 25.1.2006 – B 12 KR 30/04, GmbHR 2006, 645; siehe auch BFH-Urteil vom 22.7.2008 – IX R 61/05, BFH/NV 2008, 2004 und BFH-Beschluss vom 2.3.2004 – III B 114/03, BFH/NV 2004, 1109). Jedenfalls bei Beendigung des Treuhandverhältnisses war der Zeuge A als Treuhänder verpflichtet, die Geschäftsanteile auf den Kläger zu übertragen. Eine solche Herausgabepflicht ergibt sich auch ohne eine ausdrückliche Regelung im Treuhandvertrag kraft Gesetzes aus § 667 BGB (vgl. z.B. BSG-Urteil vom 25.1.2006 – B 12 KR 30/04 R, GmbHR 2006, 645) oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung (vgl. BSG-Urteil vom 12.5.2020 – B 12 KR 30/19 R, BSGE 130, 123).
156ccc)
157Sowohl dem Kläger als auch dem Zeugen A war die Formunwirksamkeit des Treuhandvertrags bei Abschluss der Vereinbarung bewusst. Der Kläger und der Zeuge A wussten, dass eine auf die veräußerten Gesellschaftsanteile bezogene Treuhandabrede formbedürftig war und einer notariellen Beurkundung bedurfte.
158Der Kläger hat insoweit in der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2024 mehrfach ausdrücklich ausgeführt, dass er die für die Wirksamkeit eines Treuhandvertrags im Hinblick auf bestehende Geschäftsanteile an einer GmbH erforderlichen Formvorschriften bei Unterzeichnung der Vereinbarung am 10.12. kannte. Er trug vor, dass ihm und dem Zeugen A die (Form)Unwirksamkeit der Vereinbarung seinerzeit bewusst gewesen sei, zumal „jeder Geschäftsführer einer GmbH“ wisse, dass eine solche Vereinbarung nur notariell formwirksam beurkundet werden könne. Er – der Kläger – kenne sich in diesen Angelegenheiten aus. Der Zeuge A führte in der Zeugenvernehmung aus, dass er und der Kläger die Vereinbarung in Kenntnis der für eine Wirksamkeit erforderlichen notariellen Form bewusst nur privatschriftlich abgeschlossen hätten. Es sei klar gewesen, dass man diese Vereinbarung hätte notariell beurkunden müssen. Hiervon habe man jedoch insbesondere „aus Kostengründen“ abgesehen. Insgesamt sei die Vereinbarung von ihm, dem Zeugen A, daher auch nur als eine „moralische Verpflichtung“ angesehen worden.
159Der Senat ist vor diesem Hintergrund überzeugt, dass sowohl der Kläger als auch der Zeuge A bei Unterzeichnung des „Treuhandvertrags“ wussten, dass der Vertrag für seine Wirksamkeit der notariellen Form bedurfte und dass der lediglich privatschriftlich abgeschlossene Treuhandvertrag formunwirksam war. Der Kläger und der Zeuge A haben in Kenntnis der Formbedürftigkeit bewusst von der notariellen Beurkundung des Treuhandvertrags abgesehen.
160ddd)
161Wird – wie vorliegend – ein formunwirksamer Treuhandvertrag geschlossen und dabei die Formunwirksamkeit bewusst in Kauf genommen, ist der Erwerb der Geschäftsanteile durch den „Treuhänder“ – hier: den Zeugen A – letztlich nichts anderes als ein nach § 41 Abs. 2 AO unbeachtliches Scheingeschäft, durch das die (fortbestehende) Gesellschafterstellung des Treugebers – hier: des Klägers – lediglich verdeckt werden sollte (so ausdrücklich BGH-Beschluss vom 6.9.2012 – 1 StR 140/12, BGHSt 58, 1 Rn. 35 m.w.N.).
162Vor diesem Hintergrund war der Kläger gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO auch über den 10.12.2003 hinaus weiterhin (Allein)Gesellschafter der Z GmbH geblieben.
163Da der Begriff des Scheingeschäfts in § 41 Abs. 2 AO der Definition in § 117 BGB entspricht (vgl. z.B. BVerfG-Nichtannahmebeschluss vom 26.6.2008 – 2 BvR 2067/07, NJW 2008, 3346 m.w.N.) und beide Normen in Bezug auf die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen eines Scheingeschäfts identisch sind, war der Kläger nach § 117 Abs. 1 und 2 BGB auch zivilrechtlich über den 10.12.2003 hinaus Eigentümer der Gesellschaftsanteile an der Z GmbH geblieben.
164Im Ergebnis wurde auf diese Weise das erreicht, was der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2024 als seine grundlegenden wirtschaftlichen Interessen im Zusammenhand mit der Anteilsübertragung dargestellt hatte. Insbesondere verblieben die Entscheidungen über das Fortbestehen seines Geschäftsführerverhältnisses und die Geltendmachung der gegen ihn gerichteten Darlehensforderung weiterhin uneingeschränkt bei ihm als Gesellschafter der Z GmbH. Dies war dem Kläger auch bewusst, zumal er insbesondere in den Verkaufsverhandlungen auch nach dem 10.12.2003 weiterhin als „Hauptgesellschafter“ bzw. „Alleingesellschafter“ auftrat (siehe dazu auch unten unter 2. c) aa) bbb)) und ein tatsächliches „aus der Hand geben“ der Gesellschaftsanteile an einen Dritten mit Notarvertrag vom 10.12.2003 ohne jede (wirksam vereinbarte) Sicherheit seinen in der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2024 dargelegten wirtschaftlichen Interessen diametral entgegengestanden hätte. Der Senat hält die diesbezügliche Einlassung des Klägers, dass er die Übertragung der Gesellschaftsanteile am 10.12.2003 ohne wirksam vereinbarte Sicherheiten in Form einer Treuhandvereinbarung letztlich „einfach so hingenommen“ habe, für lebensfremd und nicht glaubhaft.
165bb)
166Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass der Notarvertrag vom 10.12.2003 bzw. die darin enthaltene Anteilsabtretung an den Zeugen A nicht als Scheingeschäft anzusehen und damit rechtlich beachtlich wären, ergäbe sich im Ergebnis für die steuerliche Behandlung nicht Abweichendes. Denn der Kläger wäre auch in diesem Fall nach dem 10.12.2003 weiterhin zumindest wirtschaftlicher Eigentümer der Geschäftsanteile, was im Rahmen des § 17 EStG ausreicht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11.5.2010 – IX R 19/09, BStBl. II 2010, 823 m.w.N.).
167Dem Kläger wären die Anteile an der Z GmbH als Treugeber auch nach dem 10.12.2003 gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO wirtschaftlich zuzurechnen. Der Kläger und der Zeuge A haben am 10.12.2003 privatschriftlich einen Treuhandvertrag geschlossen (siehe oben). Die Formunwirksamkeit des Treuhandvertrags wäre durch die formwirksame Abtretung der Geschäftsanteile an der Z GmbH geheilt.
168Die Übertragung (dingliche Abtretung) der Geschäftsanteile an einer GmbH bedarf nach § 15 Abs. 3 GmbHG der notariellen Beurkundung. Das Gleiche gilt nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG für das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, womit im Grundsatz auch die gesamte Treuhandabrede beurkundet werden muss (siehe oben). Die Formnichtigkeit der Treuhandabrede als Grundgeschäft kann jedoch nach § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG geheilt werden, wenn die Abtretung – wie vorliegend im Notarvertrag vom 10.12.2003 – selbst in der nach § 15 Abs. 3 GmbHG erforderlichen Form vollzogen wird. Als Rechtsfolge der formwirksamen Abtretung des Geschäftsanteils wird auch das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft – mithin die Treuhandabrede – insgesamt wirksam (vgl. z.B. Achsnick/Opp in: Achsnick/Opp, Die doppelnützige Treuhand in der Sanierung, 3. Aufl. 2021, Die Treuhandschaft in Turnaround-Situationen, Rn. 451; Scholz/Seibt, GmbHG, 13. Auflage 2022, § 15 Rn 74 m.w.N.; BGH-Beschluss vom 29.1.1992 – VIII ZR 95/91, NJW-RR 1992, 991).
169Die zwischen dem Kläger und dem Zeugen A geschlossene Treuhandvereinbarung wäre nach Überzeugung des Senats unter Würdigung der Gesamtumstände auch tatsächlich durchgeführt worden. Insbesondere ist der Kläger in den Verkaufsverhandlungen auch nach dem 10.12.2003 weiterhin als „Hauptgesellschafter“ bzw. „Alleingesellschafter“ aufgetreten (siehe dazu auch unten unter 2. c) aa) bbb)). Ein tatsächliches und uneingeschränktes „aus der Hand geben“ der Gesellschaftsanteile an einen Dritten mit Notarvertrag vom 10.12.2003 ohne jede (wirksam vereinbarte und tatsächlich durchgeführte) Sicherheit hätte seinen in der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2024 dargelegten wirtschaftlichen Interessen diametral entgegengestanden. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass sich in der mündlichen Verhandlung vom 26.4.2024 mit Blick auf die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 16.4.2024 (Bl. 371 f. d.A.) erstmals herausstellte, dass dem Kläger für den Rückerwerb des 25%igen-Anteils von Herrn V im Juli 2003 Anschaffungskosten in Höhe von … Euro angefallen waren, die seinerzeit im notariellen Übertragungsvertrag nicht erwähnt wurden. Dieser Umstand offenbart ebenfalls das wirtschaftliche Interesse des Klägers, das in seinem Verhalten als „Eigentümer“ der Geschäftsanteile nach dem 10.12.2003 zum Ausdruck kam. Der Kläger hatte zur Überzeugung des Senats auch nach dem 10.12.2003 weiterhin die Entscheidungsgewalt darüber, was mit den Anteilen an der Z GmbH geschehen sollte. Der Zeuge A hatte sich dieser Entscheidungsgewalt untergeordnet und handelte im Ergebnis als „verlängerter Arm“ des Klägers. So hat der Zeuge A bestätigt, dass ihm die „parallel“ geführten Verkaufsverhandlungen des Klägers mit anderen potentiellen Erwerbern bekannt gewesen seien, er jedoch die dort aufgerufenen Verkaufspreise bzw. Preisspannen für die Anteile an der Z nicht kannte. Der Senat hält es bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation bereits nicht für glaubhaft, dass der Zeuge A als – nach seiner und des Klägers Ansicht – Inhaber der Gesellschaftsanteile und als Freund des Klägers zwar Kenntnis von den Verkaufsverhandlungen des Klägers mit anderen Kaufinteressenten (im Jahr 2006: EE/FF) hatte, er jedoch von den dort zugrundeliegenden Verkaufspreisen für (seine) Gesellschaftsanteile nichts gewusst bzw. sich hierzu nicht beim Kläger informiert haben will. Dies ist unter anderem auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Zeuge A die Geschäftsanteile zu dem Zeitpunkt, als die Verhandlungen mit EE/FF stattfanden und fortgeschritten waren, selbst an S zu einem für ihn günstigen Preis verkaufen wollte. Dieser Umstand verdeutlicht, dass der Zeuge A kein eigenes Interesse an einer Veräußerung der Anteile hatte. Denn hierfür hätte es gerade nahegelegen, dass er sich entweder über die parallel aufgerufenen Kaufpreise beim Kläger informiert und diese seinerseits in seinen Verkaufsverhandlungen mit S eingebracht und durchgesetzt hätte oder aber er die parallel geführten Verkaufsverhandlungen des Klägers unterbunden bzw. selbst – zu seinen Gunsten – in diese Verkaufsverhandlungen als Veräußerer eingetreten wäre. Der Senat hält es für lebensfern, dass der uneingeschränkte Eigentümer von Geschäftsanteilen in einer solchen Konstellation parallele Verkaufsverhandlungen des Fremd-Geschäftsführers über „seine“ GmbH-Anteile zulässt. Vielmehr hatte letztlich der Kläger im Hinblick auf die Geschäftsanteile an der Z GmbH „alles in der Hand“. Im Übrigen hat der Zeuge A ausdrücklich bestätigt, dass er die Vereinbarungen im „Treuhandvertrag“ als eine „moralische Verpflichtung“ angesehen habe. Der Senat ist unter anderem mit Blick auf die Ausführungen des Zeugen A zur Nichtgeldmachung der Darlehensforderungen gegenüber dem Kläger und dem Fortbestehen des Geschäftsführerverhältnisses mit dem Kläger sowie den entsprechenden diesbezüglichen Abreden mit Herrn J im Jahr 2006 überzeugt, dass der Zeuge A tatsächlich jedenfalls entsprechend einer solchen „moralischen Verpflichtung“ – und damit im Ergebnis entsprechend der im „Treuhandvertrag“ getroffenen Vereinbarungen – gehandelt hat. Ohne Bedeutung ist, ob der Zeuge A und der Kläger die Vereinbarungen in rechtlicher Hinsicht für bindend oder lediglich für „moralisch verpflichtend“ gehalten haben.
170c)
171Die Veräußerung der Geschäftsanteile der Z GmbH an die S durch Notarvertrag vom 11.9.2006 ist für die Besteuerung nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO unerheblich. Dem Kläger sind die Geschäftsanteile an der Z GmbH über den 11.9.2006 hinaus zuzurechnen.
172aa)
173Die Veräußerung der Geschäftsanteile an der Z GmbH durch Notarvertrag vom 11.9.2006 ist ein steuerlich unbeachtliches Scheingeschäft, § 41 Abs. 2 Satz 1 AO.
174aaa)
175Ein Scheingeschäft im Sinne des § 41 Abs. 2 AO liegt vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten über den Scheincharakter des Rechtsgeschäfts einig sind und das Vereinbarte nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien keine Geltung haben soll (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23.11.2022 – VI R 50/20, BStBl. II 2023, 584; vom 9.10.2013 – IX R 2/13, BStBl. II 2014, 527 und vom 19.11.2014 – VIII R 23/11, juris; BGH-Urteil vom 20.5.2011 – V ZR 221/10, NJW 2011, 2785 m.w.N.). Der maßgebende innere Vorbehalt der Vertragspartner lässt sich – soweit er nicht von den Vertragsbeteiligten eingeräumt wird – regelmäßig nur anhand äußerer Umstände indiziell feststellen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21.10.1988 – III R 194/84, BStBl. II 1989, 216; Klein/Ratschow, AO, 16. Auflage 2022, § 41 Rn. 43 m.w.N.). Rückschlüsse über den tatsächlichen Regelungswillen können sich insbesondere aus dem sonstigen Verhalten der Vertragsbeteiligten ergeben (vgl. zB. BFH-Urteil vom 21.10.1988 – III R 194/84, BStBl. II 1989, 216).
176Die Feststellungslast für das Vorliegen eines Scheingeschäfts trägt derjenige, der sich darauf beruft (vgl. BFH-Beschluss vom 31.1.2002 – V B 108/01, BStBl. II 2004, 622). Eine Entscheidung nach Beweislastregeln scheidet allerdings aus, wenn die mangelnde Sachaufklärung darauf beruht, dass der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten verletzt, die gerade dem Zweck dienen sollen, solche Mängel zu vermeiden. Aus der gemeinsamen Verantwortung der Verfahrensbeteiligten und des Finanzgerichts für die vollständige Sachaufklärung im Geltungsbereich des Abgabenrechts folgt unter anderem, dass sich dann, wenn ein Steuerpflichtiger die ihm auferlegten allgemeinen oder besonderen Mitwirkungs-, Informations- oder Nachweispflichten verletzt, grundsätzlich die Ermittlungspflicht der Finanzbehörde (vgl. § 88 Abs. 1 AO) oder des Finanzgerichts (vgl. § 76 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 und § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) entsprechend mindert. Kriterien und Ausmaß der Reduzierung von Sachaufklärungspflicht und Beweismaß lassen sich nicht generell festlegen, sondern nur von Fall zu Fall bestimmen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.2.1989 – X R 16/86, BStBl. II 1989, 462). Als Kriterien für die Minderung der Sachaufklärungspflicht und des Beweismaßes sind die Schwere der Pflichtverletzung, die Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit sowie das vorausgegangene Tun des Steuerpflichtigen und insbesondere die Beweisnähe heranzuziehen. Das Finanzgericht kann sich damit begnügen, zu einem geringeren Grad als nach §§ 76 Abs. 1 Sätze 2 bis 4; 96 Abs. 1 Satz 1 FGO geboten davon überzeugt zu sein, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt. Berühren die verletzten abgabenrechtlichen Mitwirkungspflichten Tatsachen oder Beweismittel aus dem alleinigen Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen, kann es aus seinem Verhalten nachteilige Schlüsse ziehen. Es kann auch einen belastenden Sachverhalt im Rahmen der Beweiswürdigung unterstellen, um zu vermeiden, dass demjenigen, der sich seinen Mitwirkungspflichten entzieht, daraus ein Vorteil entsteht. Die Verantwortung des Steuerpflichtigen für die Aufklärung des Sachverhalts ist umso größer und die des Finanzgerichts umso geringer, je mehr Tatsachen und Beweismittel der vom Steuerpflichtigen beherrschten Informations- und Tätigkeitssphäre angehören (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 9.6.2005 – IX R 75/03, BFH/NV 2005, 1765 und vom 15.2.1989 – X R 16/86, BStBl. II 1989, 462, jeweils m.w.N.). Aus dem Rechtsgedanken des § 444 ZPO in Verbindung mit § 155 FGO folgt, dass der „Beweisverderber“ oder „Beweisvereitler“ aus der Verletzung seiner Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Offenlegung der Tatsachen keinen Vorteil ziehen darf. Zur Vermeidung eines solchen Ergebnisses sind auch belastende Unterstellungen oder nachteilige Schlüsse im Rahmen der Beweiswürdigung gerechtfertigt (vgl. nur BFH-Urteil vom 15.2.1989 – X R 16/86, BStBl. II 1989, 462 m.w.N.).
177bbb)
178Der Senat ist unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze, denen er sich anschließt, nach Würdigung der Gesamtumstände davon überzeugt, dass der Abschluss des Notarvertrags vom 11.9.2006 und die darin beurkundete Veräußerung der Geschäftsanteile der Z GmbH durch den Zeugen A an die S nur zum Schein erfolgten und die mit dem Notarvertrag vom 11.9.2006 verbundenen Rechtsfolgen von den Vertragsbeteiligten nicht tatsächlich gewollt waren.
179Der Kläger verhandelte jedenfalls seit Mitte 2004 mit potentiellen Kaufinteressenten über den Verkauf der Anteile an der Z GmbH. Er trat bei diesen Verhandlungen unter anderem ausweislich des E-Mailverkehrs (Beiheft 13) auf Verkäuferseite als Verhandlungsführer und Entscheidungsträger und als Inhaber der Gesellschaftsanteile auf („Andere Vorschläge sind für mich nicht interessant“, Mail Kläger vom 20.7.2004, Beiheft 13, Bl. 1; „Hauptgesellschafter“ der Z, Mail P vom 7.3.2005, Beiheft 13, Bl. 12; „Alleingesellschafter“ der Z, Mail P vom 27.3.2006, Beiheft 13, Bl. 96). Bei den Verhandlungen wurden die Anteile der Z GmbH im Juli 2004 mit einem Gesamtwert von rund … Euro (Angebot D, Mail vom 16.7.2004, Beiheft 13, Bl. 1) bzw. rund … Euro (Kläger, Mail vom 20.7.2004 als Antwort auf das Angebot von D, Beiheft 13, Bl. 1), im Oktober 2005 mit einem Wert von … Euro (Mail P vom 20.10.2005, Beiheft 13, Bl. 80; Mail P vom 18.8.2005, Beiheft 13, Bl. 70: fünf weitere Interessenten neben AA) und im September 2006 in einer vorstellbaren Bandbreite von … Euro bewertet (Schreiben FF vom 21.9.2006, Bl. 148 f. d.A.). Dem Antwortschreiben der FF vom 21.9.2006 gingen die Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung durch die EE im Hinblick auf Unterlagen zur Überprüfung/Bewertung der Z vom 31.7.2006 (Beiheft 4, Bl. 95 ff.) sowie am 8.9.2006 die Mitteilung des potentiellen Erwerbers über den Eingang der Unterlagen zur nachhaltigen Bewertung der Z voraus. Mit Schreiben vom 7.9.2006 bat der Kläger die N-GmbH um Zustimmung zur Veräußerung der Z an die EE (Ordner Zeugenvernehmung GG, Reiter Vernehmung GG). In einer Mail vom 16.10.2006 teilte Herr P der EE/FF mit, dass „eine Endrunde in den nächsten 2-3 Wochen eine Entscheidung bringen sollte“ und dass noch die schriftliche Bestätigung der N-GmbH für den Verkauf der Anteile an der Z ausstehe. Insoweit seien „mit W mehrere Gespräche“ geführt worden und es sei davon auszugehen, dass insoweit keine Hindernisse zu erwarten seien (Mail P vom 16.10.2006, Beiheft 13, Bl. 112). Weitere eingehende Gespräche sollten am 6.11.2006 stattfinden (Mail P vom 30.10.2006, Beiheft 13, Bl. 113).
180Die Zukunftsperspektiven der Z wurden bereits in den Verhandlungen mit AA im Frühjahr 2005 vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH zum … aus den Jahren 2002 und 2003 sowie den gesetzlichen Vorschriften über … und des mit der N-GmbH langfristig geschlossenen Abnahmevertrags als sehr positiv beschrieben (Mail P vom 15.5.2005, Beiheft 13, Bl. 35 zum … : „As discussed this kind of recycling is now officially approved by the European Court and gives Z a lot of attractive opportunities in the German and European market. Furthermore we should expect … significant price increases […] we could also show excellent and insofar very helpful advantages of Z […] because of the current approval and permit situation of Z“). Im September 2005 wurde nochmals auf die „ausgezeichneten Zukunftsperspektiven“ für die Z, die dort „im Auftrag befindlichen interessanten Mengenströme“ sowie die „prächtig angezogenen“ Preise hingewiesen (Mail P vom 22.9.2005, Beiheft 13, Bl. 73).
181Nach Auffassung des Senats sprechen bereits die vorgenannten Umstände gegen eine ernsthaft gewollte Veräußerung der Anteile der Z an S am 11.9.2006. Der Zeuge A hat bestätigt, dass ihm die „parallel“ geführten Verkaufsverhandlungen des Klägers mit anderen potentiellen Erwerbern bekannt gewesen seien, er jedoch die dort aufgerufenen Verkaufspreise bzw. Preisspannen für die Anteile an der Z nicht kannte. Der Senat hält es bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation bereits nicht für glaubhaft, dass der Zeuge A als – nach seiner und des Klägers Ansicht – Inhaber der Gesellschaftsanteile und als Freund des Klägers zwar Kenntnis von den Verkaufsverhandlungen des Klägers mit anderen Kaufinteressenten (hier: EE/FF) hatte, er jedoch von den dort zugrundeliegenden Verkaufspreisen für (seine) Gesellschaftsanteile nichts gewusst bzw. sich hierzu nicht beim Kläger informiert haben will. Dies ist unter anderem auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Zeuge A die Geschäftsanteile zu dem Zeitpunkt, als die Verhandlungen mit EE/FF stattfanden und fortgeschritten waren, selbst an S zu einem für ihn günstigen Preis verkaufen wollte.
182Unabhängig davon, war der Kläger als alleiniger Geschäftsführer der Z GmbH nach seinem eigenen Sachvortrag maßgeblich in die Verkaufsverhandlungen des Zeugen A mit der S eingebunden (Bl. 111 d.A.). Auch der Zeuge A bestätigte, dass der Kläger mit Herrn J in diesem Zusammenhang eigenständig Gespräche über Bewertungskriterien und das operative Geschäft der Z GmbH geführt hatte. Der Kläger – so der Zeuge A weiter – habe bei den Verkaufsverhandlungen eigenverantwortlich im Auftrag und im Interesse des Zeugen A als dessen Vertrauensperson gehandelt. Er habe als langjähriger (Allein)Geschäftsführer der Z GmbH die grundlegende Expertise im Hinblick auf die zu veräußernde Gesellschaft besessen. Dieses Wissen habe sich der Zeuge A durch die maßgebliche Beteiligung des Klägers an den Verkaufsverhandlungen zu Nutze gemacht. Die Kenntnis und das Wissen des Klägers sind dem Zeugen A als dem Vertragspartner der S vor diesem Hintergrund nach § 166 Abs. 1 BGB analog zuzurechnen (vgl. z.B. BGH-Urteile vom 15.1.1964 – VIII ZR 236/62, BGHZ 41, 17 und vom 7.12.2000 – IX ZR 330/99, NJW 2001, 1062 m.w.N.; Erman/Finkenauer, BGB, § 166 Rn 25). Es kann dahinstehen, ob darüber hinaus die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB vorlagen.
183Dem Kläger waren am 11.9.2006 die bis zu diesem Zeitpunkt von den potentiellen Erwerbern (Mailverkehr D, Mailverkehr AA) zugrunde gelegten Bewertungen der Z GmbH und die daraus resultierenden Kaufpreise bekannt. Zudem war der Kläger maßgeblich in den zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgversprechend angelaufenen Veräußerungsprozess mit der EE/FF eingebunden und hatte insoweit noch mit Schreiben vom 7.9.2006 – und damit kurz vor dem 11.9.2006 – bei der W AG um Zustimmung zur Veräußerung der Z GmbH an die EE/FF gebeten. Zuvor hatte Herr P dem Kläger bereits mit Schreiben vom 28.7.2006 mitgeteilt, dass die Gespräche mit EE/FF erfolgreich angelaufen seien und dass der dort zuständige Ansprechpartner „das Projekt“ am 16.8. „während eines board-meetings absegnen lassen“ und sodann „mit uns endverhandeln“ werde (Bl. 150 f. d.A.). Die Verhandlungen mit der EE/FF liefen ungeachtet des am 11.9.2006 geschlossenen Notarvertrags und der insoweit mit der S geführten Verhandlungen, in die der Kläger ebenfalls maßgeblich eingebunden war, fort und führten am 21.9.2006 zu einer ersten Bewertungsaussage durch die EE/FF für die Z GmbH in Höhe von … Euro. Darüber hinaus waren dem Kläger die Rechtsprechung des EuGH … aus den Jahren 2002 und 2003 … sowie der im Juni 2004 abgeschlossene …-vertrag mit der N-GmbH und die sich daraus für das Geschäftsmodell der Z GmbH ergebenden Konsequenzen bekannt. Aufgrund dieser Sachlage und des dem Zeugen A zuzurechnenden Wissens des Klägers ist der Senat insgesamt überzeugt, dass eine Veräußerung der Anteile für … Euro (Anm.: mittlerer fünfstelliger Betrag) an die S am 11.9.2006 vom Zeugen A nicht ernstlich gewollt sein konnte. Weder die Veräußerung an die S noch der zugrunde gelegte Kaufpreis von … Euro (Anm.: mittlerer fünfstelliger Betrag) sind für den Senat in diesem Zusammenhang auch nur annähernd nachvollziehbar.
184Soweit der Kläger hinsichtlich der Höhe des Veräußerungspreises von … Euro (Anm: mittlerer fünfstelliger Betrag) vorgetragen hat, dass sich erst nach der Veräußerung der Anteile die „wesentlichen wertbildenden Faktoren massiv verändert“ hätten und dies für den Zeugen A im Zeitpunkt der Veräußerung am 00.00.2006 nicht bekannt gewesen sei (Schriftsatz im Einspruchsverfahren 2006 vom 20.11.2009, Bl. 5 f.), ist dies unzutreffend. Wegweisend für die Änderung der …-vorschriften war insbesondere die EuGH-Entscheidung vom …2002 …, die letztlich dazu führte, dass ab Mitte 2005 …. Dies führte zu größeren …. Das Geschäftsprofil der Z GmbH eignete sich für die … sehr gut. Auch die Anerkennung … fußte auf den EuGH-Entscheidungen vom … . Die Fertigstellung der … „Z 2“ erfolgte im … 2005. Die … wurde bereits Ende 2005 für die … genutzt, was durch die damit verbundene Möglichkeit, kontinuierlich …, zu einer Steigerung des Umsatzes der Z GmbH führte. Diese Umstände erläuterte auch der Kläger in einem Bericht der LL vom 00.00.2003, in dem er darüber hinaus mit der Aussage zitiert wird, dass … „ab 2005 eines der wichtigsten …-verfahren für …“ werde und dies für die Z GmbH einen Zuwachs an Aufgaben bedeute, wobei die Z GmbH bereits „heute zu den Marktführern im Bereich … “ gehöre (https://www.01). Auch Herr P führte bereits während der Verkaufsverhandlungen mit AA in einer Mail vom 20.10.2005 an den dortigen Ansprechpartner folgendes aus: „Es gibt zur Zeit Angebote zwischen … Euro, denn der Wert ist natürlich durch die neuen baulichen Maßnahmen (neues … ) und die aktuelle Ergebnissituation stabilisiert worden“ (Mail vom 20.10.2005, Beiheft 13, Bl. 80). Schließlich kam es nicht erst nach dem 11.9.2006 zu einer „massiven Bewegung“ auf dem Markt durch den Eintritt des Investors EE. Die Verhandlungen mit EE begannen vielmehr bereits im März 2006 und waren im September 2006 weit fortgeschritten (siehe oben).
185Hinzu kommt, dass die Z GmbH in den Jahren 2004, 2005 und 2006 positive Jahresüberschüsse erwirtschaftete (2004: … Euro, 2005: … Euro und 2006: … Euro, Gewinnvortrag zum 31.12.2006: … Euro), in denen sowohl das Geschäftsführergehalt des Klägers von rund … Euro und die Mietzahlungen an die … für die … (MM) mit jährlich rund … Euro berücksichtigt waren. Auch vor diesem Hintergrund lässt sich eine von den Beteiligten tatsächlich beabsichtigte Veräußerung der Anteile zu einem Preis von … Euro am 11.9.2006 nicht nachvollziehen.
186Darüber hinaus war für eine Veräußerung der Anteile an die S – anders als bei den ernsthaft geführten Verkaufsverhandlungen mit AA und EE/FF und später auch M1 – keine Zustimmung der N-GmbH eingeholt worden. Soweit der Zeuge A insoweit lediglich vage ausführte, dass der Kläger eine solche Zustimmung seinerzeit mündlich eingeholt habe, hält der Senat dies mit Blick auf die grundlegende Bedeutung dieser Zustimmung für das Geschäftsmodell der Z und das der N-GmbH nach § 8 Abs. 2 des …-vertrags für den Fall der Nichteinholung der Zustimmung eingeräumte fristlose Kündigungsrecht der …-vereinbarung für nicht glaubhaft. Der …-vertrag war das „wesentliche asset“ der Z GmbH und trug damit ganz entscheidend zum Ergebnis der Z GmbH und zur Werthaltigkeit der Geschäftsanteile bei. Es ist nicht nachvollziehbar, dass und aus welchem Grund ein solches Risiko des vollständigen Verlusts einer wesentlichen Geschäftsgrundlage bei einer ernsthaft beabsichtigten Veräußerung der Anteile an die S vom Veräußerer – und im Übrigen auch von S bzw. Herrn J als potentiellem Erwerber – eingegangen worden wäre. Zudem ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Zustimmung in allen übrigen Fällen schriftlich und nur mit Blick auf die S lediglich mündlich eingeholt worden sein soll.
187Dass eine Veräußerung an die S nicht ernstlich gewollt war, bestätigt sich auch in den weiteren Verkaufsverhandlungen, die mit den potentiellen Erwerbern fortgeführt (EE/FF) bzw. später begonnen wurden (M1). Denn in diesen Verhandlungen wurde die Änderung der Gesellschafterstruktur zunächst nicht und später erst dann offengelegt, als der potentielle Erwerber aufgrund von Registerauszügen die Änderung der Gesellschafterstruktur bemerkt hatte.
188Mit Blick auf die S und Herrn J ist für den Senat bereits nicht nachvollziehbar, dass für den Erwerb der Anteile durch die S und die damit einhergehende Prüfung der Z GmbH (due diligence etc.) im Gegensatz zu den sich über mehrere Monate erstreckenden Verhandlungen und Prüfungen mit den anderen Kaufinteressenten (AA, EE/FF) nur eine relativ kurze Zeitspanne ausreichend gewesen sein soll, um einen ernsthaft beabsichtigten Erwerb der Geschäftsanteile vorzunehmen, zumal die S erst am 15.8.2006 gegründet worden war. Der Zeuge A konnte auf Nachfrage nur sehr allgemeine und vage Ausführungen dazu machen, ob und welche Geschäftsunterlagen Herr J bzw. S im Hinblick auf den Erwerb der Anteile an der Z GmbH eingefordert hatte und tatsächlich übergeben worden waren und ob und inwieweit eine unternehmerische Prüfung der Z GmbH erfolgte. Der Kläger war in den Verkaufsvorgang wesentlich eingebunden und insbesondere für den operativen Bereich der Z GmbH der maßgebliche Ansprechpartner. Zudem war er auch nach dem 10.12.2003 zumindest wirtschaftlicher Eigentümer der Geschäftsanteile geblieben (siehe oben) und musste daher schon aus eigenem Interesse über die Verkaufsverhandlungen „seiner“ Geschäftsanteile informiert sein bzw. die Verhandlungen mitbegleiten. Gerade vor diesem Hintergrund hätte er vortragen und darlegen können und müssen, was in den Verkaufsverhandlungen im Einzelnen abgesprochen wurde und z.B. welche Unterlagen wann an den potentiellen Erwerber zur Prüfung etc. übergegeben wurden und auf welcher Grundlage der Kaufpreis von … Euro zustande gekommen ist. Dies war dem Kläger aufgrund seiner Beweisnähe ohne weiteres zumutbar. Im Übrigen ist mit Blick auf den …-vertrag mit der N-GmbH nicht nachvollziehbar, dass sich Herr J bzw. S keine schriftliche Zustimmung der N-GmbH vorlegen ließ oder – nach den Ausführungen des Zeugen A – eine lediglich mündlich erteilte Zustimmung hat ausreichen lassen wollen. Unabhängig davon, dass der Senat die Aussage des Zeugen A insoweit nicht für glaubhaft hält (siehe oben), ist es lebensfremd, dass ein potentieller Erwerber der Z GmbH das ihm andernfalls drohende Risiko des vollständigen Verlusts einer wesentlichen Geschäftsgrundlage bei einem ernsthaft beabsichtigten Erwerb der Anteile nicht durch eine ausdrückliche, schriftliche Zustimmung des für ihn unbekannten Vertragspartners (N-GmbH) nachweisbar dokumentiert und absichert.
189Der Senat hält es mit Blick auf die Gesamtumstände im Übrigen für lebensfremd, wenn der Kläger, der aufgrund der seit 2004 geführten Verkaufsgespräche von den in diesen Gesprächen aufgerufenen Kaufpreisen wusste, dies nicht auch in die Kaufverhandlungen mit Herrn J einfließen ließ, um auch dort einen entsprechenden Preis erzielen zu können. Dies gilt umso mehr, als der Kläger wusste, dass die Verhandlungen mit EE/FF im September 2006 bereits fortgeschritten und zu diesem Zeitpunkt auf einem positiven Weg waren (Bl. 150 f. d.A., Mail P vom 31.8.2006, Beihefter 13, Bl. 109; Schreiben des Klägers vom 7.9.2006 betreffend Zustimmung der N-GmbH zum Kauf durch EE /FF, Ordner Zeugenvernehmung GG, Reiter Vernehmung GG) und er zu diesem Zeitpunkt selbst – zumindest wirtschaftlicher – Eigentümer der Anteile an der Z GmbH war (siehe oben). Soweit der Kläger und der Zeuge ausgeführt haben, dass in dem mit S vereinbarten Kaufpreis „notwendige ausstehende Investitionen“ und die Liquiditätslage der Z GmbH Berücksichtigung gefunden hätten und der Kaufpreis deshalb mit … Euro niedriger ausgefallen sei, ist dies vor dem Hintergrund der von den anderen potentiellen Erwerbern genannten Kaufpreise und Bewertungen für die Geschäftsanteile – insbesondere in den zeitgleich geführten Verhandlungen mit EE/FF – schlicht abwegig.
190Zudem war der Kläger als Geschäftsführer der Z GmbH und im Hinblick auf seine Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Z GmbH unmittelbar von den Verkaufsverhandlungen und einem daraus resultierenden Gesellschafterwechsel betroffen. Ein neuer Gesellschafter hätte ihn als Geschäftsführer abberufen und die Darlehnsforderungen sofort fällig stellen können. Dies hätte seinen in der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2024 geäußerten wirtschaftlichen Interessen im Zusammenhang mit der Übertragung der Geschäftsanteile diametral entgegengestanden. Der Senat ist vor diesem Hintergrund überzeugt, dass es insoweit Nebenabreden mit dem potentiellen Erwerber der Geschäftsanteile gegeben haben muss. Der Zeuge A hat die Existenz von Nebenabreden insoweit ausdrücklich bestätigt, in dem er ausführte, dass er mit Herrn J im Rahmen der Verkaufsverhandlungen über die Frage der Darlehensverbindlichkeiten des Klägers gesprochen und eine Lösung im Sinne des Klägers (Behandlung der Darlehensforderungen wie bisher) gefunden habe. Der Senat hält es für lebensfern, dass der Kläger als unmittelbar Betroffener mit seinen wirtschaftlichen Interessen und als maßgeblich an den Verkaufsverhandlungen Beteiligter nicht in diese Gespräche eingebunden war. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass in den Bilanzen und Geschäftsberichten der Z GmbH auch nach dem Jahr 2003 weiterhin eine (Gesellschafter)Darlehensverbindlichkeit des Herrn V ausgewiesen war, obwohl der Kläger in der privatschriftlichen Zusatzabrede zum Notarvertrag vom 10.12.2003 (Anteilsrückübertragung V an den Kläger) ausdrücklich bestätigt hatte, dass der Z GmbH keine Forderungen oder Ansprüche gegen Herrn V zustünden. Auch vor diesem Hintergrund lagen Abreden über den Ursprung und die weitere Behandlung dieser Forderung – zumindest im Hinblick auf die Frage des tatsächlichen Schuldners – nahe.
191Vor dem Hintergrund, dass der Kläger auch nach dem 10.12.2003 weiterhin zumindest wirtschaftlicher Eigentümer der Geschäftsanteile war, hält es der Senat zudem für lebensfremd, dass der Kläger eine Veräußerung der Geschäftsanteile durch den Zeugen A am 11.9.2006 – an der er selbst maßgeblich mitwirkt – ohne eine Nebenvereinbarung, die seinen Interessen als – zumindest wirtschaftlicher – Eigentümer Rechnung trägt, zugelassen hätte. Mit Blick auf die oben ausgeführten Gesamtumstände ist es vielmehr naheliegend, dass es in diesem Zusammenhang auch mit S bzw. Herrn J eine Treuhandabrede oder eine vergleichbare Vereinbarung gab.
192Die Mitwirkungspflicht des Klägers bestand vor allem darin, dass er die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen und die ihm bekannten Beweismittel anzugeben hatte, vgl. § 90 Abs. 1 Satz 2 AO und § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO. Der Kläger war zu einer verstärkten Mitwirkung verpflichtet. Denn er war als – zumindest wirtschaftlicher – Eigentümer der Geschäftsanteile der Z GmbH wegen der außergewöhnlichen Gestaltung aus vorangegangenem Verhalten (insbesondere mit Blick auf die Veräußerung der Geschäftsanteile am 11.9.2006 an die am 15.8.2006 gegründete S in Dubai zu einem weitaus geringeren Preis während parallel hierzu über dieselben Anteile mit einem anderen Kaufinteressenten fortgeschrittene Verkaufsverhandlungen geführt wurden, bei denen wenige Tage nach dem Kaufvertrag mit S ein Wert der Anteile von … Euro avisiert wurde; die Nebenabreden bei den Verkaufsverhandlungen betreffend die eigenen Darlehensverbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Z GmbH; die fehlende Einholung einer schriftlichen Zustimmung der N-GmbH für die Veräußerung an S und diesbezügliche Absprachen mit Herrn J) sowie der unzutreffenden Angaben, insbesondere zu den „massiven Veränderungen der wesentlichen wertbildenden Faktoren“ und der übrigen oben aufgeführten Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit den Verkaufsverhandlungen mit Herrn J, in die er maßgeblich eingebunden war, in der Lage, die erforderlichen Informationen wegen seiner Beweisnähe zu erteilen. Dies war ihm auch zumutbar, zumal steuererhebliche Tatsachen betroffen sind, die in seiner Kenntnissphäre liegen.
193Der Kläger hat seine Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Offenlegung der Tatsachen unter anderem dadurch verletzt, indem er keine Angaben über die Nebenabreden zu den Darlehnsverbindlichkeiten machte und sich stattdessen darauf berief, dass alleine der Zeuge A hierüber mit Herrn J gesprochen habe. Der Senat hält dies aus den bereits oben genannten Gründen für lebensfremd und ist davon überzeugt, dass der Kläger in die Absprachen über die weitere Behandlung der Darlehen durch die S eingebunden war. Zudem hat der Kläger seine Pflichten verletzt, indem er das Zustandekommen des Kaufpreises von … Euro sowie die an Herrn J im Hinblick auf die Bewertung und Prüfung der Z GmbH übergebenen Unterlagen nicht näher dargelegt hat, obwohl er maßgeblich in die Verkaufsverhandlungen mit S eingebunden war und er als – zumindest wirtschaftlicher – Eigentümer der Z GmbH und seiner Kenntnis von den zeitgleich mit EE/FF geführten Verkaufsverhandlungen sowie den für die Z GmbH in früheren Verkaufsgesprächen aufgerufenen Kaufpreisen ein Interesse daran haben musste, einen möglichst guten Kaufpreis zu erzielen. Die von ihm im Klageverfahren insoweit gemachten Angaben sind nach Auffassung des Senats abwegig (siehe oben). Ein nachvollziehbarer Grund für dieses Verhalten des Klägers ist nicht ersichtlich.
194Auf den Inhalt des Aktenvermerks von NN (Mitarbeiterin des damaligen steuerlichen Beraters des Klägers bzw. der Z GmbH) vom 14.11.2006 über eine Besprechung mit dem Kläger vom 10.11.2006 (Rechtsbehelfsakte Band III, erster Reiter), der Ausführungen über einen Verkauf der Anteile an der Z GmbH an die FF sowie die Zahlungsflüsse der Kaufpreise enthält und in dem Herr J („der Araber“) und Herr A als „Strohmänner“ bezeichnet werden, kommt es für die Entscheidung nicht an.
195d)
196Da die Veräußerung der Geschäftsanteile an die S durch Notarvertrag vom 11.9.2006 nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO steuerlich unbeachtlich ist, kommt die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts im Sinne des § 17 EStG beim Kläger im Jahr 2006 nicht in Betracht.
1973.
198Beim Kläger ist im Jahr 2007 ein Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der Z GmbH durch Notarvertrag vom 10.9.2007 in Höhe von … Euro zu berücksichtigen.
199a)
200Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG liegen vor.
201aa)
202Notwendige und hinreichende Voraussetzung für die Zurechnung einer Beteiligung im Sinne des § 17 EStG ist das wirtschaftliche Eigentum (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11.5.2010 – IX R 19/09, BStBl. II 2010, 823 m.w.N.). Der Kläger war innerhalb der letzten fünf Jahre bis zum 10.9.2007 zumindest wirtschaftlicher Eigentümer der Geschäftsanteile der Z GmbH (siehe oben unter 2.) und auch zu mehr als 1% an der Z GmbH beteiligt.
203bb)
204Die Veräußerung der Geschäftsanteile der Z GmbH an die M1 durch Notarvertrag vom 10.9.2007 ist dem Kläger zuzurechnen, da die Veräußerung durch Notarvertrag vom 11.9.2006 an die S nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO steuerlich unbeachtlich ist (siehe oben 2.).
205b)
206Veräußerungsgewinn im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG ist gemäß § 17 Abs. 2 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.
207aa)
208Zwischen den Beteiligten besteht im Hinblick auf die Veräußerungs- und Anschaffungskosten zu Recht Einigkeit, dass insoweit (einschließlich des Betrags von … Euro aus der Rückabtretung des Anteils von Herrn V) ein Betrag von … Euro zu berücksichtigen ist. Der Senat sieht vor diesem Hintergrund von weiteren Ausführungen ab.
209bb)
210Dem Kläger ist ein Gesamtveräußerungspreis in Höhe von … Euro und damit ein Veräußerungsgewinn in Höhe von … Euro zuzurechnen.
211Als Kaufpreis für die Geschäftsanteile war in § 3 des Notarvertrags vom 10.9.2007 ein Betrag von … Euro vereinbart. Dieser Betrag war in einzelne Teilbeträge aufgeteilt (§ 3 Nr. 2 bis 5 des Notarvertrags). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass lediglich die in § 3 Nr. 2 und 3 des Vertrags vereinbarten Zahlungen geleistet wurden und die Bedingungen für die Zahlung der in § 3 Nr. 4 und 5 des Vertrags vereinbarten Bedingungen nicht eingetreten waren. Dies wurde auch von der M1 mit Schreiben vom 16.3.2023 (Bl. 350 d.A.) bestätigt.
212Der Veräußerungspreis setzt sich aus der Überweisung der Teilbeträge von … Euro und … Euro an S zusammen. Während die … Euro bei S verblieben, war die S nach § 3 Nr. 3 des Vertrags verpflichtet, den Betrag von … Euro an die Z GmbH zur Erfüllung ihrer Kaufpreisverpflichtung aus § 1 Nr. 5 des Vertrags zu zahlen. In § 1 Nr. 5 des Vertrags hatte die Z GmbH ihre Darlehensforderungen gegen den Kläger und Herrn V in Höhe von insgesamt … Euro zu einem Kaufpreis in derselben Höhe an die S verkauft und abgetreten.
213Da die Übertragung der Geschäftsanteile an die S durch Notarvertrag vom 11.9.2006 nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO steuerlich unbeachtlich ist (siehe oben), ist der Kläger bei der Veräußerung der Anteile an die M1 so zu behandeln, als wäre er der Inhaber und Veräußerer der Geschäftsanteile. Vor diesem Hintergrund liegt steuerlich eine Veräußerung der Anteile durch den Kläger an die M1 vor. Für die Hingabe „seiner“ Geschäftsanteile erhielt der Kläger den Betrag von … Euro und den Betrag von … Euro. Der Betrag von … Euro war durch den Veräußerer an die Z GmbH zu zahlen, im Gegenzug erhielt der Veräußerer die gegen den Kläger und Herrn V gerichteten Darlehnsforderungen. Wirtschaftlich und unter Berücksichtigung der steuerlich unbeachtlichen Übertragung der Geschäftsanteile an die S in 2006 führt dies im Ergebnis dazu, dass der Kläger die gegen ihn gerichteten bzw. von ihm übernommenen (V) Darlehensforderungen der Z GmbH tilgt bzw. selbst erwirbt und er insoweit freigestellt wurde. Denn Konsequenz aus der steuerlichen Unbeachtlichkeit der Anteilsübertragung an die S in 2006 ist, dass der Kläger steuerlich in die Rolle der S als Veräußerin der Geschäftsanteile durch Notarvertrag vom 10.9.2007 eintritt mit den sich hinsichtlich der Veräußerung/Übertragung der Anteile und den Zahlungsmodalitäten ergebenden Konsequenzen. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Forderungskauf und die Abtretung der Forderung in 2007 eigenständig und unabhängig vom Scheingeschäft zu betrachten wären, würde es sich beim Kläger hinsichtlich der ihm aufgrund des Verkaufs der Geschäftsanteile zuzurechnenden Zahlung von … Euro um eine Mittelverwendung für den Forderungserwerb durch die S handeln. Ob und wie ein Darlehensverhältnis zwischen dem Kläger und der S ausgestaltet ist und ob es hierzu Nebenabreden gibt, wäre für die Qualifizierung der Zahlung als Kaufpreisbestandteil ohne Bedeutung.
214cc)
215Vor diesem Hintergrund ergibt sich folgender beim Kläger nach § 17 EStG zu berücksichtigender Veräußerungsgewinn:
216Veräußerungspreis |
… Euro |
Anschaffungs- und Veräußerungskosten |
… Euro |
Veräußerungsgewinn |
… Euro |
Zu versteuern nach dem Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 lit. c) EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung) … Euro.
2184.
219Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufgegeben.
2205.
221Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1; 137 Satz 1 FGO. Die zusätzliche Berücksichtigung von Anschaffungskosten im Zusammenhang mit dem Rückerwerb des Gesellschaftsanteils von Herrn V erfolgte im Rahmen der tatsächlichen Verständigung in der mündlichen Verhandlung vom 26.4.2024 aufgrund von erst im Klageverfahren näher erläuterten und belegten Tatsachen, die der Kläger früher hätte geltend machen und nachweisen können.