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Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 13.1.2021 über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
2Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde vom 18.2.2021 gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten durch den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 13.1.2021.
3Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe (PKH), wenn er auf Grund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht dann, wenn der Antragsteller – bei summarischer Prüfung – in der Hauptsache möglicherweise obsiegen wird. Erfolgsaussichten bestehen vor allem dann, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder von Amts wegen weitere Ermittlungen durchzuführen sind (§ 103 SGG), bevor die streitgegenständlichen Fragen abschließend beantwortet werden können (BVerfGE 81, 347, 356 ff.).
4Die Klage hatte keine Aussicht auf Erfolg. Der angefochtene Überprüfungsbescheid des Beklagten vom 20.3.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.8.2019 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG).
5Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme der Bewilligungsbescheide ab dem 1.1.2017 und auf die Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB II nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Auch nach Unanfechtbarkeit ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
6Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Überprüfungsbescheid vom 20.03.2019 ist rechtsmäßig.
7Der Kläger hat mit seinem Antrag vom 26.11.2018 die Überprüfung der Bescheide seit dem 1.1.2017 mit der Begründung beantragt, dass er zwei Mandate bzw. Ehrenämter ausübe und daher mit einer einmaligen Anrechnung des privilegierten Grundfreibetrages nach § 11 b Abs. 2 SGB II in Höhe von 200 € nicht einverstanden sei. Die Beklagte habe in den zu überprüfenden Bescheiden für die Leistungen ab dem 1.1. die Aufwandsentschädigung für die Einkünfte der beiden vom Kläger ausgeübten Ehrenämter als Ratsmitglied der Stadt A und Mitglied des Kreistags im Kreis F 2017unzutreffend mit dem (alleinigen) privilegierten Freibetrag nach § 11 Abs. 2 SGB II in Höhe von 200 € berücksichtigt. Es müssten mindestens 100 € mehr Grundfreibetrag berücksichtigt werden.
8Der Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 20.3.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.8.2019 ist jedoch rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine mehrfache Berücksichtigung der Freibeträge nach § 11b Abs. 2 S. 3 SGB II pro ausgeübtem Ehrenamt.
9Nach § 11b Abs. 2 SGB II ist bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen. Beträgt das monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit mehr als 400 Euro, gilt Satz 1 nicht, wenn die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte nachweist, dass die Summe der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 den Betrag von 100 Euro übersteigt. Erhält eine leistungsberechtigte Person mindestens aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen, die nach § 3 Nummer 12, 26, 26a oder 26b des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, gelten die Sätze 1 und 2 mit den Maßgaben, dass jeweils an die Stelle des Betrages von 100 Euro monatlich der Betrag von 200 Euro, höchstens jedoch der Betrag, der sich aus der Summe von 100 Euro und dem Betrag der steuerfreien Bezüge oder Einnahmen ergibt, und an die Stelle des Betrages von 400 Euro der Betrag, der sich nach Nummer 1 ergibt, tritt (§ 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II).
10a. Die dem Kläger als Mitglied des Rates der Stadt A und des Kreistages geleistete Aufwandsentschädigung ist als zweckbestimmte Einnahme von der Berücksichtigung als Einkommen nicht ausgenommen. Nach § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach dem SGB II im Einzelfall demselben Zweck dienen (vgl. BSG, Urteil vom 12.9.2018 – B 14 AS 36/17 R).
11b. Der Kläger hat vorliegend keinen den Grundfreibetrag übersteigenden Absetzbetrag nachgewiesen. Der Kläger ist als zweifacher Mandatsträger bei der Geltendmachung der den Grundfreibetrag übersteigender Absetzbeträge nicht vom Nachweis der Ausgaben freigestellt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 12.9.2018 – B 14 AS 36/17 R).
12Sofern der Kläger mit der Klage geltend macht, dass er durch die Ausübung von zwei Ehrenämtern höheren Belastungen ausgesetzt sei, steht es dem Kläger frei, diese höheren Belastungen durch entsprechende Nachweise zu belegen. Die Argumentation, wonach sich die Nachweispflicht nur an solche Ehrenämtler richten könne, die lediglich ein (alleiniges) Ehrenamt in überschaubarer Art und Weise ausüben, erschließt sich nicht. Unabhängig davon, dass diese Auffassung in der gesetzlichen Regelung des § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II keine Stütze findet, wird nicht hinreichend konkretisiert, aus welchem Grund die Zusammenstellung der Nachweise von höheren Belastungen zeitlich unzumutbar sein soll. Zu berücksichtigen ist hierbei zudem, dass der Kläger nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II bereits durch den nachweislosen erhöhten pauschalen Grundfreibetrag privilegiert ist. Erst wenn er einen diesen pauschalen Grundfreibetrag übersteigenden Absetzbetrag geltend machen will, sind entsprechende Angaben und Nachweise erforderlich. Dabei wird ihm aber allein abverlangt, einzelne Ausgaben zu bezeichnen und dem Jobcenter deren Prüfung auf ihre mandatsbezogene Verwendung zu ermöglichen (vgl. auch BSG, Urteil vom 12.9.2018, B 14 AS 36/17 R).
13c. Der privilegierte Absetzbetrag von 200 € ist zudem nicht von der jeweiligen Aufwandsentschädigung einzeln bzw. doppelt in Abzug zu bringen. Auch aus dem Vortrag des Klägers, wonach die ehrenamtlichen Tätigkeiten völlig unterschiedlich seien, was auch durch die monetäre Zuwendung zum Ausdruck komme, folgt keine andere Beurteilung.
14Schon der Wortlaut der Vorschrift des § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II spricht gegen die vom Kläger vertretene Auffassung. Denn Gesetzgeber stellt darin allein auf die Bezüge oder Einnahmen einer leistungsberechtigten Person „mindestens aus einer Tätigkeit“ ab. Mithin ist der Gesetzgeber bereits davon ausgegangen, dass ein Leistungsberechtigter mehrere Tätigkeiten ausüben kann, hat aber für die Privilegierung der Absetzbeträge bei ehrenamtlicher Tätigkeit jedoch allein auf die Ausübung „mindestens“ einer Tätigkeit abgestellt und keine gesonderte Regelung für den Fall getroffen, dass ein Leistungsberechtigter zwei oder mehr ehrenamtliche Tätigkeiten ausübt. Darüber hinaus entspricht es der Systematik des Gesetzes, das gesamte Einkommen zusammenzufassen (vgl. BSG, Urteil vom 12.9.2018, B 14 AS 36/17 R), wenn als Einkommen nach § 11 Abs. 1 SGB II „Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge“ zu berücksichtigen sind. Mithin ist auch der Freibetrag nach § 11b Abs. 2 SGB II einheitlich vom Gesamteinkommen abzuziehen. Insofern wäre es dem Gesetz auch fremd, den Erwerbstätigengrundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II mehrfach abzuziehen, wenn der Leistungsberechtigte mehreren Erwerbstätigkeiten nachgeht, selbst wenn dadurch seine mit der weiteren Tätigkeit verbundenen, durch den Grundfreibetrag pauschalierten Aufwendungen steigen. In diesem Fall geht § 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II davon aus, dass auch das Einkommen entsprechend höher ausfallen wird und eröffnet dem Leistungsberechtigten sodann den Weg, höhere als die nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II pauschal anzuerkennenden Aufwendungen nachweisen zu können, wodurch sich das anzurechnende Gesamteinkommen entsprechend verringert (vgl. hierzu auch SG Dresden, Urteil vom 11.6.2013, S 49 AS 22/12).
15Zusammenfassend findet die Rechtsauffassung des Klägers, wonach bei der Ausübung von zwei ehrenamtlichen Tätigkeiten der Absetzbetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II ebenfalls doppelt bzw. für jede Tätigkeit gesondert zu berücksichtigen sei, weder im Wortlaut noch nach der Systematik der Einkommensanrechnung in § 11b Abs. 2 SGB II eine Stütze.
16Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte bei der Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum im Einzelfall das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
17Die Klage hatte damit keine Aussicht auf Erfolg, so dass das Sozialgericht zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat.
182. Kosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung – ZPO).
193. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).