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Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 25.000,- € festgesetzt.
Gründe
2Der Antrag der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung der Klage vom 10. Januar 2025 – 9 K 70/25 – gegen den Feststellungsbescheid Nr. 1 vom 16. Dezember 2024 anzuordnen, als dieser der Antragstellerin untersagt, ab dem 1. April 2025 im zuvor umfassend erteilten Versorgungsauftrag für das Fachgebiet (Leistungsbereich) Chirurgie tiefe Rektumeingriffe zu erbringen,
4hat keinen Erfolg.
5I.
6Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO ist zulässig und insbesondere statthaft.
7Ein solcher Antrag ist statthaft, wenn in der Hauptsache eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO erhoben wurde, mithin die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsakts im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG NRW begehrt wird, und diese Anfechtungsklage von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hat. Gemäß § 123 Abs. 5 VwGO genießt der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO insoweit Vorrang gegenüber dem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO.
8Diese Voraussetzungen liegen vor. Mit der am 10. Januar 2025 erhobenen Klage (9 K 70/25) ficht die Antragstellerin in der Hauptsache den Feststellungsbescheid des Antragsgegners vom 16. Dezember 2024 an, unter anderem soweit dieser die Nichtzuweisung der Leistungsgruppe 16.5 Tiefe Rektumeingriffe vorsieht. Diese Klage hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 16 Abs. 5 des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) keine aufschiebende Wirkung. Gegen die Nichtzuweisung der beantragten Leistungsgruppe ist in der Hauptsache die Anfechtungsklage statthaft, da die im Feststellungsbescheid vorgenommene Nichtzuweisung dieser Leistungsgruppe eine belastende Regelung darstellt.
9Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 KHGG NRW dürfen die den jeweiligen Leistungsgruppen zugehörige Leistungen nur erbracht werden, wenn diese im Feststellungsbescheid zugewiesen wurden. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass die in den jeweiligen Leistungsgruppen zugehörigen Leistungen nicht (mehr) erbracht werden dürfen, wenn sie im Feststellungsbescheid nicht (mehr) ausgewiesen sind.
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 2024 – 13 B 419/24 –, juris, Rn. 41; VG Aachen, Beschluss vom 26. Februar 2025 – 7 L 26/25 –, juris, Rn. 6.
11Bei der Versagung einer beantragten Begünstigung, hier der die Leistungserbringung ermöglichenden Zuweisung zu Leistungsgruppen, handelt es sich zwar im Allgemeinen regelmäßig nicht um einen Verwaltungsakt mit (eigenständiger) belastender Regelungswirkung. Anderes gilt ausnahmsweise aber dann, wenn sich ein behördlicher Ablehnungsbescheid nach Maßgabe des materiellen Rechts nicht in der Versagung der begehrten Begünstigung erschöpft, sondern zusätzlich kraft fachgesetzlicher Regelung den Verlust einer bislang bestehenden Rechtsposition des Betroffenen bewirkt. Dies ist hier der Fall. Bei der Herausnahme einer Leistungsgruppe aus dem Krankenhausplan ist Gegenstand des Rechtsstreits nicht (bloß) eine Erweiterung der Rechtsstellung des betroffenen Krankenhauses, wie etwa beim Antrag auf Erstaufnahme in den Krankenhausplan, sondern die Abwehr eines Eingriffs in eine bestehende Rechtsposition, nämlich die teilweise Entziehung des Versorgungsauftrags im zuvor festgestellten Umfang. Dieser ist die Grundlage einer zugunsten der Antragstellerin bestehenden Zahlungsverpflichtung der Kostenträger und eines Anspruchs der Antragstellerin auf Förderung aus § 8 Abs. 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG). Mit der behördlichen Leistungsverweigerung geht hier ausnahmsweise die gesetzlich angeordnete Verschlechterung des individuellen rechtlichen Status quo des Betroffenen einher. Letzteres ist wiederum die typische Situation einer Anfechtungsklage.
12Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Dezember 2024 – 13 B 419/24 –, juris, Rn. 22, vom 24. Juni 2024 – 13 B 560/24 –, S. 5, n.v., und vom 30. Oktober 2007 – 13 A 1570/07 –, juris, Rn. 36; VG F., Beschluss vom 13. März 2025 – 18 L 257/25 –, S. 3, n.v.
13Dies zugrunde gelegt ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auch nicht mangels allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses der Antragstellerin unzulässig. Denn durch den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage kann sie ihr Antragsziel, vorläufig von dem Entzug einer ihr eingeräumten Rechtsposition verschont zu bleiben, erreichen.
14Die aufschiebende Wirkung verbietet es, Folgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art aus dem suspendierten Verwaltungsakt zu ziehen. Die vorhergehenden Feststellungbescheide, welche durch den angegriffenen Feststellungsbescheid ersetzt wurden, enthielten zwar noch keine Zuweisung der streitgegenständlichen Leistungsgruppe, da sie noch vor der am 18. März 2021 in Kraft getretenen Novellierung der §§ 12 f. KHGG NRW ergingen. Erst seit der Novellierung hat sich die Krankenhausplanung nicht mehr (allein) an der Bettenzahl zu orientieren, sondern macht die Zuweisungsentscheidung maßgeblich von der Erfüllung von für bestimme Leistungsbereiche und Leistungsgruppen etablierte Qualitätskriterien abhängig. Das Rechtsschutzziel der Antragstellerin, den bisherigen Versorgungsauftrag einstweilen fortbestehen zu lassen, wird folglich nur erreicht, wenn als Konsequenz einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den streitgegenständlichen Feststellungsbescheid für deren Dauer die Zuweisung der streitgegenständlichen Leistungsgruppe zu einer (allgemeinen) Leistungsgruppe erfolgt, da ohne eine solche vorläufige Zuweisung dem vorläufigen Erbringen der zugehörigen Leistungen § 16 Abs. 1 Satz 2 KHGG NRW entgegenstünde. Nur mit einem so verstandenen Umfang der Wirkung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird die Antragstellerin jedenfalls vorläufig so gestellt, als wäre der streitgegenständliche Feststellungsbescheid nicht ergangen und mithin weiterhin berechtigt, die beantragte Leistung, die vom vorherigen Versorgungsauftrag erfasst war, zu erbringen.
15Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 26. Februar 2025 – 7 L 26/25 –, juris, Rn. 14; im Ergebnis so auch: VG F., Beschluss vom 13. März 2025 – 18 L 257/25 –, S. 4, n.v.
16Dass die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage eine solche Konsequenz hat, entspricht auch der Vorstellung des nordrhein-westfälischen Gesetzgebers. Er hat § 16 Abs. 5 Satz 1 KHGG NRW durch Änderungsgesetz vom 5. Dezember 2023 (GV.NRW.S.1275) dahingehend geändert, dass Rechtsbehelfe gegen einen Feststellungsbescheid generell – nicht nur Rechtsbehelfe eines Dritten – keine aufschiebende Wirkung haben. Ziel dieser Regelung war, eine einheitliche Verfahrensweise für die Umsetzung des Krankenhausplans NRW 2022 sicherzustellen und durch den Wegfall der aufschiebenden Wirkung die Umsetzung der planerischen Entscheidungen des Krankenhausplans NRW 2022 zu beschleunigen. Dieser Änderung hätte es nicht bedurft, wenn die aufschiebende Wirkung ohnehin folgenlos bliebe, weil – wie der Antragsgegner meint – eine grundlegende Systemänderung vorgenommen worden ist.
17Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 26. Februar 2025 – 7 L 26/25 –, juris, Rn. 14 ff.; LT-Drs. 18/5804, S. 20; LT-Plenarprotokoll 18/48, S. 197 zu TOP 7.
18II.
19Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist jedoch unbegründet.
20Das Gericht trifft im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO eine Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung und hat dabei insbesondere eine an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientierte Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin (Suspensivinteresse) und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides (Vollzugsinteresse) vorzunehmen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass in Fällen gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage – wie hier nach § 16 Abs. 5 KHGG NRW – von der Vermutung auszugehen ist, dass dann ein das Individualinteresse überwiegendes öffentliches Interesse besteht. Die Vermutung für das Überwiegen des öffentlichen Interesses kann nur widerlegt werden, wenn im konkreten Fall das Aussetzungsinteresse aus besonderen Gründen den öffentlichen Interessen vorzuziehen ist.
21Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 1994 – 3 C 11/94 -, juris, Rn. 9.
22Die Interessenabwägung fällt vorliegend zulasten der Antragstellerin aus. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt gegenüber dem Suspensivinteresse der Antragstellerin, weil sich die Nichtzuweisung der Leistungsgruppe 16.5 Tiefe Rektumeingriffe in dem Feststellungsbescheid vom 16. Dezember 2024 nach der in diesem vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig erweist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt.
231.
24Rechtsgrundlage für den Erlass des Feststellungsbescheids sind §§ 16 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 4 und 5 KHGG NRW. Danach werden Feststellungen über die Aufnahme oder Nichtaufnahme eines Krankenhauses und über den Umfang des Versorgungsauftrags nach Leistungsbereichen und Leistungsgruppen durch Bescheid der zuständigen Behörde getroffen.
252.
26Der Feststellungsbescheid ist formell rechtmäßig. Die Bezirksregierung R. war für den Erlass des Bescheides gemäß § 35 KHGG NRW i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und Verfahren auf dem Gebiet des Krankenhauswesens des Landes Nordrhein-Westfalen (KHZVV) sachlich und örtlich zuständig. Die Antragstellerin wurde gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 KHGG NRW angehört. Ihr wurde mit Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) vom 14. Juni und 4. November 2024 Gelegenheit gegeben, sich zu der beabsichtigten Nichtzuweisung der Leistungsgruppe 16.5 zu äußern.
273.
28Die angefochtene Nichtzuweisung der Leistungsgruppe 16.5 im Feststellungsbescheid vom 16. Dezember 2024 erweist sich nach der im Eilverfahren allein maßgeblichen summarischen Prüfung aller Voraussicht nach als rechtmäßig.
29Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 KHG besteht kein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan. Gleiches muss für die – vorliegende – Konstellation gelten, in der nicht der Aufnahmeanspruch als solcher, sondern die Zuweisung einzelner Leistungsgruppen im Streit steht. Mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG billigt das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung einem Krankenhaus einen Anspruch auf Aufnahme in den Krankenhausplan über den Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 1 KHG gleichwohl zu, wenn es bedarfsgerecht, leistungsfähig und kostengünstig ist und zur Deckung des zu versorgenden Bedarfs kein anderes ebenfalls geeignetes Krankenhaus zu Verfügung steht. Erst wenn zur Bedarfsdeckung mehrere, diese Voraussetzungen erfüllende Krankenhäuser zur Verfügung stehen, entfällt nach der Rechtsprechung ein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan. Es verbleibt dann aber ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 KHG).
30Vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juli 2022 – 3 C 2.21 –, juris, Rn. 12, und vom 25. September 2008 – 3 C 35.07 –, juris, Rn. 19, jeweils m.w.N.
31Die Feststellung, welches Krankenhaus bei einer zu treffenden Auswahlentscheidung in den Krankenhausplan aufzunehmen ist, erfolgt nicht durch den in der Regel von einer obersten Landesbehörde aufgestellten Krankenhausplan, sondern durch Feststellungsbescheid einer in aller Regel nachgeordneten Behörde. Nicht bereits der Krankenhausplan selbst, sondern erst der die Aufnahme in den Plan feststellende Bescheid entfaltet unmittelbare Rechtswirkung nach außen und kann vom betroffenen Krankenhausträger einer verwaltungsgerichtlichen Prüfung zugeführt werden (§ 8 Abs. 1 Satz 4 KHG). Der Krankenhausplan ist keine Rechtsnorm mit Außenwirkung; der Feststellungsbescheid ist daher nicht schon dann rechtmäßig, wenn er die Versorgungsentscheidung des Planes zutreffend wiedergibt. Seine Existenz und Gültigkeit sind nicht Voraussetzung für die Entscheidung über den Planaufnahmeantrag des einzelnen Krankenhauses. Vielmehr trifft die Behörde ihre Entscheidung nach außen eigenverantwortlich; der Plan bindet sie im Sinne einer innerdienstlichen Weisung.
32Vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juli 2022 – 3 C 2.21 –, juris, Rn. 14, vom 25. September 2008 – 3 C 35.07 –, juris, Rn. 17, und vom 26. März 1981 – 3 C 134.79 –, juris, Rn. 43 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 13 B 1712/10 –, juris, Rn. 16, jeweils m.w.N.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 4. August 2023 – 14 ME 66/23 –, juris, Rn. 50
33Das der Aufnahme in den Krankenhausplan eines Landes zugrundeliegende Verwaltungsverfahren gliedert sich in zwei Stufen. Auf der ersten Stufe stellt die nach Landesrecht zuständige Behörde – hier das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) – den Krankenhausplan des Landes auf (§ 6 KHG). Darin legt sie die Ziele der Krankenhausplanung fest (Krankenhauszielplanung), beschreibt räumlich, fachlich und nach Versorgungsstufen gegliedert den bestehenden und erwartbaren Bedarf an Krankenhausversorgung (Bedarfsanalyse), stellt dem eine Aufstellung der zur Bedarfsdeckung geeigneten Krankenhäuser gegenüber (Krankenhausanalyse) und legt fest, mit welchem dieser Krankenhäuser der Bedarf gedeckt werden soll. Bei der Beurteilung, welche Krankenhäuser für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern zu sozial tragbaren Pflegesätzen in Betracht kommen, steht der Landesbehörde weder ein Planungs- noch ein Beurteilungsspielraum zu.
34Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. September 2008 – 3 C 35.07 –, juris, Rn. 17, und vom 26. März 1981 – 3 C 134.79 –, juris, Rn. 36 ff.; VG Aachen, Beschluss vom 26. Februar 2025 – 7 L 26/25 –, juris, Rn. 42, jeweils m.w.N.
35Auf der zweiten Stufe wird sodann dem einzelnen Krankenhaus gegenüber festgestellt, ob es in den Krankenhausplan aufgenommen wird oder nicht. Diese Feststellung ergeht durch Bescheid (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHG i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1 KHGG NRW). Der Bescheid enthält die Entscheidung über den Antrag des Krankenhausträgers, seinem Krankenhaus mit einem bestimmten Versorgungsangebot den Status eines Plankrankenhauses zu verleihen, der Voraussetzung ist für die Vergütung der Leistungen des Krankenhauses aus Pflegesätzen (§§ 16 ff. KHG, § 108 Nr. 2 SGB V, § 8 Abs. 1 Satz 3, Satz 4 Nr. 1 KHEntgG) sowie für die Förderung der Investitionskosten aus öffentlichen Mitteln des Landes (§ 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 9 ff. KHG). Soweit die Zahl der in diesen Krankenhäusern vorhandenen Betten bzw. beantragten Fallzahlen den diesbezüglichen konkreten Versorgungsbedarf übersteigt, ergibt sich auf der zweiten Entscheidungsstufe die Notwendigkeit einer Auswahl zwischen den in Betracht kommenden Krankenhäusern. Bei der zu treffenden Auswahlentscheidung steht der zuständigen Landesbehörde ein Ermessensspielraum zu. Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG entscheidet sie unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird.
36Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. März 2004 – 1 BvR 88/00 –, juris, Rn. 3; BVerwG, Urteile vom 8. Juli 2022 – 3 C 2.21 –, juris, Rn. 13, und vom 25. September 2008 – 3 C 35.07 –, juris, Rn. 18; OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 13 B 1712/10 –, juris, Rn. 23.
37Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich insoweit auf die Nachprüfung, ob die zuständige Landesbehörde bei ihrer Entscheidung darüber, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausbedarfsplanung des Landes am besten gerecht wird, ihr Auswahlermessen fehlerfrei ausgeübt hat, also von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie einen sich sowohl im Rahmen des Gesetzes wie auch im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltenden Beurteilungsmaßstab zutreffend angewandt hat und ob für ihre Entscheidung keine sachfremden Erwägungen bestimmend gewesen sind. Bei der Auswahlentscheidung sind die nach § 6 Abs. 1 KHG für die Krankenhausplanung maßgeblichen Ziele der Bedarfsgerechtigkeit, der Leistungsfähigkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Trägervielfalt sämtlich in den Blick zu nehmen und angemessen zu berücksichtigen.
38Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Februar 2007 – 3 B 77.06 –, juris, Rn. 5, m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 13 B 1712/10 –, juris, Rn. 33; OVG Lüneburg, Beschluss vom 4. August 2023 – 14 ME 66/23 –, juris, Rn. 51.
39Aus der Auswahlentscheidung muss insbesondere hervorgehen, anhand welcher Kriterien die Landesbehörde die Qualität der Angebote der in Betracht kommenden Krankenhäuser beurteilt, wie sie diese Kriterien gewichtet und welche krankenhausplanerischen Ziele sie mit ihrer Zusammenstellung der Auswahlkriterien verfolgt. Sodann sollte transparent sein, warum das oder die ausgewählten Krankenhäuser diese Kriterien am besten erfüllen.
40Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 26. Februar 2025 – 7 L 26/25 –, juris, Rn. 83; VG Düsseldorf, Urteil vom 1. Juli 2016 – 21 K 2483/14 –, juris, Rn. 150.
41Hieran gemessen bestehen sowohl hinsichtlich der der Auswahlentscheidung vorgelagerten und auch von der Antragstellerin nicht beanstandeten Bedarfsanalyse (a.) als auch hinsichtlich der darauf aufbauenden Auswahlentscheidung (b.) nach summarischer Prüfung keine rechtlichen Bedenken.
42a. Bei der Bedarfsanalyse ist der tatsächliche Bedarf festzustellen, der zu versorgen ist. Sowohl die Ermittlung des gegenwärtig zu versorgenden Bedarfs wie auch die Prognostizierung des voraussichtlich künftigen Bedarfs haben Feststellungen und Schätzungen zum Inhalt, die ausschließlich auf tatsächlichem Gebiet liegen. Wegen der Schwierigkeit der Nachprüfung der bei der im Rahmen der Bedarfsanalyse vorzunehmenden prognostischen Schätzungen hat das Gericht sich insoweit auf die Nachprüfung zu beschränken, ob die Behörde von zutreffenden Werten, Daten und Zahlen ausgegangen ist und sich wissenschaftlicher anerkannter Berechnungsmethoden bedient hat.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 – 3 C 25.84 –, juris, Rn. 56, m.w.N.
44Die vorliegend von dem Antragsgegner hinsichtlich der Leistungsgruppe 16.5 vorgenommene Bedarfsanalyse dürfte diesen Anforderungen entsprechen. Der erwartbare Bedarf an Krankenhausversorgung in der Leistungsgruppe wurde aus der aktuellen bzw. zuletzt beobachtbaren Inanspruchnahme von stationären Krankenhausleistungen anhand des InEK-Datensatzes abgleitet. Als Basisjahr für die Bedarfsermittlung wurde das Jahr 2019 festgelegt. Jeder in 2019 abgerechnete Fall wurde einem Leistungsbereich und einer Leistungsgruppe eindeutig zugeordnet. Für die Bedarfsprognose, also der Beschreibung des voraussichtlich in Zukunft zu erwartenden Bedarfs, wurden die Faktoren der demografischen Entwicklung, Ambulantisierung und des Verweildauertrends quantitativ und je nach Fallgruppe unterschiedlich gewichtet (durch ein algorithmisches Vorgehen) berücksichtigt. Zur Ableitung des demografischen Faktors wurde das Basisjahr des InEK-Datensatzes genutzt und um Daten zur Bevölkerungsprognose des Landesamts für Statistik NRW von 2019 bis 2024 erweitert.
45Vgl. Krankenhausplan NRW 2022, S. 83 ff.
46Nach der so durchgeführten Bedarfsprognose besteht für den hier maßgeblichen Regierungsbezirk R. ein prognostizierter Bedarf von 561 Fällen für die Leistungsgruppe 16.5 für das Jahr 2024 (s. Bl. 66, 97 der Verwaltungsakte).
47b. Der Antragsgegner hatte unter den antragstellenden Krankenhäusern eine Auswahlentscheidung zu treffen, da die beantragten Fallzahlen der antragstellenden Krankenhäuser den anhand der vorgenommenen Bedarfsanalyse prognostizierten Bedarf deutlich überzeichneten (27 Krankenhäuser beantragten eine Zuweisung von insgesamt 858 Fällen, s. Bl. 66 der Verwaltungsakte). Die im Rahmen der Auswahlentscheidung vorgenommenen Ermessenserwägungen erweisen sich zwar nicht als ermessensfehlerfrei, § 114 Satz 1 VwGO (aa.). Die ermessensfehlerhaften Erwägungen sind jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Ergebnis nicht kausal für die Nichtzuweisung der Leistungsgruppe 16.5 an die Antragstellerin (bb.).
48aa. Der Antragsgegner stellte in seine Auswahlentscheidung zunächst die im Krankenhausplan NRW 2022 vorgegebenen Mindest- und dann die dort genannten Auswahlkriterien ein. Zweck dieser im Krankenhausplan NRW 2022 für jede Leistungsgruppe vorgesehene Mindest- und Auswahlkriterien ist, die Qualität der Versorgung zu sichern und weiter zu verbessern (s. S. 196 des Krankenhausplans).
49Als Mindestkriterium sieht der Krankenhausplan für die Leistungsgruppe 16.5 vor, dass die (verwandten) Leistungsgruppen Allgemeine Chirurgie, Allgemeine Innere Medizin, und Intensivmedizin, Qualitätsanforderung Komplex am Standort selbst vorhanden sind. Der Leistungsbereich Hämatologie und Onkologie, die Leistungsgruppe Komplexe Gastroenterologie sowie das Angebot Strahlentherapie müssen mindestens in Kooperation vorhanden sein; eine hausangebundene Erbringung dieser Leistungen wird jedoch bevorzugt (Auswahlkriterium). Zudem müssen Röntgen-, Computertomografie- (CT) und Magnetresonanztomogafie-Geräte (MRT) dauerhaft (24/7) vorgehalten werden und es muss ein teleradiologischer Befund möglich sein. Zuletzt werden bestimmte fachärztliche Qualifikationen sowie Verfügbarkeiten und einige Struktur- und Prozesskriterien vorgesehen. Der Krankenhausplan NRW 2022 sieht neun Auswahlkriterien vor, nämlich das Vorhandensein des Leistungsbereichs Hämatologie und Onkologie, der Leistungsgruppen Komplexe Gastroenterologie, Palliativmedizin und Urologie sowie des Angebots Strahlentherapie – allesamt am Standort –, eine 24-Stunden-Bereitschaft zur interventionellen Endoskopie, als fachliche Qualifikation die Zusatzweiterbildung Proktologie sowie das Vorhandensein einer Pathologie (mindestens in Kooperation) und eines Psychosozialdienstes vor.
50Zum Zwecke der „Bestenauslese“ unter den die Mindestkriterien erfüllenden Krankenhäuser entschied der Antragsgegner, nicht nur auf die im Krankenhausplan NRW 2022 vorgesehenen Auswahlkriterien abzustellen. Vor dem Hintergrund, dass es sich um einen hochkomplexen, risikobehafteten Eingriff handele und, wie bei allen onkologisch geprägten Leistungsgruppen, für die erfolgreiche Behandlung entscheidend sei, dass die Behandlung durch ein spezialisiertes Krankenhaus erfolge, das eine ausreichende Erfahrung und Routine auch über seine Fallzahlen nachweise, werde perspektivisch eine deutlich größere Konzentrierung der Leistungsgruppe angestrebt, wobei die Leistungsfähigkeit der Standorte beachtet werden solle. Leitend sei dabei der Gedanke, dass eine hohe Behandlungsqualität institutionell, d.h. weitgehend personenunabhängig, sichergestellt werden solle (s. Bl. 107, 114 ff., 205 der Verwaltungsakte, S. 29 ff. des Feststellungsbescheids Nr. 1). Zum Zwecke der Erreichung dieser Ziele entschied der Antragsgegner, die streitgegenständliche Leistungsgruppe nur Krankenhäusern zuzuweisen, die sechs oder mehr der im Krankenhausplan genannten Auswahlkriterien erfüllen. Ferner sollten unter diesen nur diejenigen eine Zuweisung erhalten, die in den Jahren 2019 bis 2022 mindestens 25 Fälle pro Jahr erbrachten. Aufgrund der in der Vergangenheit erbrachten Fallzahlen und der Anzahl der erfüllten Auswahlkriterien sei davon auszugehen, dass diese Krankenhäuser über eine größere Expertise verfügen, um eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Leistungserbringung zu gewährleisten (s. Bl. 115 der Verwaltungsakte, S. 30 des Feststellungsbescheids Nr. 1).
51Der Antragsgegner begründete die Nichtzuweisung der Leistungsgruppe 16.5 gegenüber der Antragstellerin auf der Grundlage dieser Kriterien sodann wie folgt:
52Zum einen habe die Antragstellerin das Mindestkriterium „LB Hämatologie und Onkologie in Kooperation“ zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht erfüllt. Es habe lediglich ein Letter of Intent (LOI) mit dem P. R. vorgelegen. Ein Kooperationsvertrag sei auch nicht nachgereicht worden (Ein solcher ist erst im laufenden Klageverfahren eingereicht worden, Anm. d. Gerichts). Der Antragsgegner bezog die Antragstellerin gleichwohl in die Auswahlentscheidung mit ein, weil noch die Möglichkeit der Vorlage eines Kooperationsvertrages bestanden habe. Unabhängig von der Nichteinreichung eines Kooperationsvertrages und mithin der Nichterfüllung eines im Krankenhausplan vorgesehenen Mindestkriteriums begründete der Antragsgegner die Nichtzuweisung der Leistungsgruppe darüber hinaus damit, dass die Antragstellerin nur fünf von neun im Krankenhausplan vorgesehenen Auswahlkriterien erfülle, dahingegen 18 der ebenfalls antragstellenden Krankenhäuser sechs oder mehr Auswahlkriterien erfüllten. Die tatsächliche Leistungserbringung für die Jahre 2019 bis 2022 liege ebenfalls unter der von dem Antragsgegner festgelegten Grenze von 25 Fällen pro Jahr. Insbesondere in den Jahren 2021 bis 2022 seien die Fallzahlen mit acht bzw. elf Fällen deutlich rückläufig gewesen. Da der Krankenhausplan die Zuweisung der Leistungsgruppe gerade nicht von einer Zertifizierung abhängig gemacht habe – die Antragstellerin unterhält seit zehn Jahren ein durch die Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG) zertifiziertes Darmkrebszentrum –, führe die Zertifizierung der Antragstellerin nicht zu einer abweichenden Entscheidung. Eine Zertifizierung sei nur ein vom Krankenhausplan nicht vorgesehenes, mögliches weiteres Auswahlkriterium, für dessen Einstellung sich der Antragsgegner jedoch nicht entschieden habe (vgl. Bl. 82 der Verwaltungsakte, S. 29 ff. des Feststellungsbescheids Nr. 1).
53Diese Erwägungen dürften einer rechtlichen Überprüfung standhalten. Sie erweisen sich nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung als ermessensfehlerfrei.
54Die im Plan genannten und in der Auswahlentscheidung berücksichtigten Mindestkriterien stellen zunächst sachgerechte Auswahlkriterien dar, mit denen das Gesetzesziel der in § 1 Abs. 1 KHG genannten Qualität der Versorgung sichergestellt werden soll. Dies ist auch erklärtes Ziel des Krankenhausplans NRW 2022, insbesondere auch hinsichtlich der spezifischen Leistungsgruppe 16.5 (vgl. S. 196 des Krankenhausplans).
55Sofern die Nicht-Zuweisung der Leistungsgruppe 16.5 an die Antragstellerin auf der Ermessenserwägung beruht, nur Krankenhäuser in der Auswahlentscheidung weiter zu berücksichtigten, die mindestens sechs von neun der im Krankenhausplan vorgesehenen Auswahlkriterien erfüllen – was im Falle der Antragstellerin nicht gegeben ist, da sie den Leistungsbereich Hämatologie und Onkologie, die Leistungsgruppe Palliativmedizin sowie die Leistungsgruppe Urologie nicht am eigenen Standort vorhält und keinen Psychosozialdienst aufweist –, erweist sich die Ermessensausübung insofern aller Voraussicht nach als ermessensfehlerfrei. Hinter dieser Erwägung steht die sachgerechte Annahme, dass Krankenhäuser, die mehr Auswahlkriterien als andere erfüllen, auch die Ziele der Krankenhausplanung (wenn auch nur geringfügig) besser erfüllen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin bedarf es für dieses nicht im Krankenhausplan vorgesehenes, sondern von dem Antragsgegner festgelegtes Kriterium auch keiner Rechtsgrundlage. Im Rahmen der Auswahlentscheidung darf der Antragsgegner gerade weitgehend frei und ohne gesetzliche Grundlage sachgerechte Kriterien festlegen, die eine „Bestenauslese“ ermöglichen.
56Es erweist sich ebenfalls als ermessensfehlerfrei, dass der Antragsgegner damit insbesondere auch bezweckte, die Zahl der Krankenhäuser, an denen tiefe Rektumeingriffe erbracht werden dürfen, deutlich zu reduzieren. Es ist erklärtes Anliegen des Krankenhausplans NRW 2022, die Zahl der Standorte bei spezifischen Leistungsgruppen mit hoher medizinischer Komplexität sowie bei weitestgehend planbaren Eingriffen – was auf die Leistungsgruppe 16.5 zutreffen dürfte – zu begrenzen (vgl. etwa S. 57 des Krankenhausplans), um Mehrfachvorhaltung abzubauen, qualifiziertes Personal zu bündeln und Qualität durch routinierte Behandlungen zu verbessern.
57Sofern die Antragstellerin einwendet, die Entscheidung sei ermessensfehlerhaft, da nicht berücksichtigt worden sei, dass sie als Darmkrebszentrum durch die DKG zertifiziert sei, ist dagegen nichts zu erinnern. Es dürfte sich nicht als ermessensfehlerhaft erweisen, dass der Antragsgegner das Vorweisen von Zertifizierungen im Allgemeinen nicht als zusätzliches Ermessenskriterium in die Auswahlentscheidung einstellte und mithin auch nicht aufgrund der Zertifizierung des Darmkrebszentrums der Antragstellerin zu einer abweichenden Entscheidung gelangte. Zertifizierungen von nicht-hoheitlichen Stellen ergehen auf der Grundlage autonom festgelegter und jederzeit änderbarer Grundlage. Vor diesem Hintergrund werden daher auch zweimal jährlich Zertifikate von nicht-hoheitlichen Stellen vom Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), welches als unabhängige wissenschaftliche Einrichtung den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und das Bundesministerium für Gesundheit berät, auf ihre Aussagekraft in Bezug auf die Behandlungsqualität bewertet (vgl. § 137a Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 SGB V). Es stellt sich daher jedenfalls nicht als willkürlich dar, regelmäßig auf ihre Aussagekraft hin zu überprüfende nicht-hoheitliche Zertifikate grundsätzlich nicht im Auswahlverfahren zu berücksichtigen, zumal sich die Zertifizierung der Antragstellerin – worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist – auch nicht in der Höhe ihrer Fallzahlen wiederspiegelt (s. Bl. 329 der Verwaltungsakte).
58Im Ergebnis so auch: VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. März 2025 – 21 L 240/25 –, juris, Rn. 189; zu der Zertifikatsbewertung durch das IQTIG: https://iqtig.org/qs-instrumente/bundes-klinik-atlas/zertifikaten-und-siegel/aussagekraeftige-zertifikate-und-siegel-uebersicht/ (zuletzt abgerufen am 27.03.2025).
59Es begegnet entgegen der Auffassung der Antragstellerin zudem keinen rechtlichen Bedenken, dass der Antragsgegner die in den letzten Jahren verzeichneten Fallzahlen in die Auswahlentscheidung miteinbezog und diese unter den die Mindestanforderungen und sechs der neun Auswahlkriterien erfüllenden Krankenhäuser das maßgebliche Auswahlkriterium darstellte. Der Krankenhausplan NRW 2022 sieht ausdrücklich vor, dass neben den dort genannten Auswahlkriterien auch weitere Auswahlkriterien berücksichtigt werden können, da die genannten Auswahlkriterien nicht als abschließende Aufzählung zu verstehen seien. Er benennt auch keine Rangfolge möglicher Auswahlkriterien (vgl. S. 71 des Krankenhausplans NRW 2022). Insoweit wird die Auswahlentscheidung dem als innerdienstliche Weisung zu verstehenden Krankenhausplan gerecht. Die Gewichtung von ermessensrelevanten Umständen, also auch die Entscheidung, das im Krankenhausplan NRW 2022 nicht vorgesehene Kriterium der in der Vergangenheit erbrachten Fallzahlen als maßgebliches Kriterium unter den sechs oder mehr Auswahlkriterien erfüllenden Krankenhäusern auszuwählen, gehört zum Kernbereich der behördlichen Bestenauswahl. Die behördliche Gewichtung ist nur dann gerichtlich zu beanstanden, wenn sie willkürlich oder außerhalb jeglichen vertretbaren Rechtsempfindens liegt.
60Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2008 – 13 A 2932/07 –, juris, Rn. 13.
61Dieser Willkürkontrolle hält das Kriterium der in der Vergangenheit erbrachten Fallzahlen sowie ihrer Gewichtung ersichtlich stand. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass bei Krankenhäusern, die in der Vergangenheit bereits entsprechende Leistungen erbracht haben und in diesen Bereichen höhere Fallzahlen aufweisen, qualitativ stärkere Leistungen anzunehmen sind.
62Fallzahlen können – unabhängig davon, ob für den entsprechenden Leistungsbereich Mindestmengenregelungen gelten – ein geeignetes und sachgerechtes Auswahlkriterium darstellen, denn eine qualitativ hochwertige Versorgung bemisst sich unter anderem an der in der Vergangenheit bestehenden Tätigkeit, den dadurch erworbenen Erfahrungen und der eben daraus resultierenden Qualität.
63Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Dezember 2024 – 13 B 419/24 –, juris, Rn. 110, und vom 25. Januar 2011 – 13 B 1712/10 –, juris, Rn. 38; Vgl. auch Lohfert & Lohfert AG, Gutachten, Krankenhauslandschaft Nordrhein-Westfalen, August 2019, S. 548.
64Diese Erwägungen liegen auch den Mindestmengenregelungen zu Grunde und sind auch auf andere Leistungsgruppen, die bislang noch keiner Mindestmengenregelung unterliegen, übertragbar. Hinter den Mindestmengenregelungen steht die Erwägung, dass, wenn medizinische Behandlungen und Operationen besonders schwierig und risikoreich sind, davon ausgegangen werden kann, dass das Ergebnis der Behandlung mit zunehmender Erfahrung der Ärztin bzw. des Arztes oder des Behandlungsteams in der Regel besser wird. Eingriffe sind in der Regel erfolgreicher und seltener mit Komplikationen verbunden, wenn sie in einem Krankenhaus oft durchgeführt werden, da Abläufe und Teamarbeit eingespielt, erfahreneres pflegerisches und ärztliches Personal dann vorhanden sind und Gelegenheitsversorgung ausgeschlossen wird.
65Vgl. Gemeinsamer Bundesausschuss, Faktenblatt Mindestmenge, S. 1, abrufbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/17-98-5531/Faktenblatt-Mindestmenge_allgemein_Logo.pdf. (zuletzt abgerufen am 27.03.2025)
66Soweit die Antragstellerin meint, dass die Festlegung einer Mindestzahl von 25 Fällen pro Jahr sich als rechtswidrig erweise, weil es für diese frei gegriffenen Mindestzahlen keine Rechtsgrundlage gebe, da weder das KHGG NRW noch der Krankenhausplan eine solche vorsehe, verkennt sie, dass eine solche nicht erforderlich ist. Richtig ist zwar, dass die Mindestmengenregelung des G-BA auf die gesetzliche Grundlage des § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V gestützt werden kann, für die Leistungsgruppe 16.5 solche Mindestmengen jedoch – jedenfalls zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung – noch nicht durch den G-BA beschlossen wurden und folgerichtig auch nicht als Qualitätskriterien in den Krankenhausplan aufgenommen wurden (vgl. S. 19 des Krankenhausplans NRW 2022). Bei den Mindestmengenregelungen handelt es sich um für die umfassten Leistungsgruppen einzuhaltende Mindestvoraussetzungen, jedoch gerade nicht um statuierte Auswahlkriterien, die den von der Antragstellerin gezogenen Schluss zuließen, dass das Fehlen einer Mindestmengenregelung für die Leistungsgruppe 16.5 zum Zeitpunkt der behördlichen Auswahlentscheidung einen Rückgriff auf Fallzahlen im Rahmen eines Auswahlverfahrens verbiete.
67Hinter der gesetzgeberischen Intention der Mindestmengen steht das Ziel, besonders schwierige Eingriffe aus Gründen der Qualitätssicherung von vorneherein nur von solchen Krankenhäusern durchführen zu lassen, deren Personal aufgrund der Durchführungshäufigkeit ausreichend Erfahrung sammeln konnte. Nach § 136b Abs. 5 SGB V dürfen Leistungen, für die Mindestmengen vorgesehen sind, bereits nicht (mehr) bewirkt werden, wenn die erforderliche Mindestmenge voraussichtlich nicht erreicht wird. Dieses Erbringungsverbot bedarf aufgrund des damit einhergehenden Eingriffs in die Berufsfreiheit einer gesetzlichen Grundlage.
68Die Berücksichtigung der in der Vergangenheit erbrachten Fallzahlen im Rahmen eines wegen Bedarfsüberzeichnung notwendigen Auswahlverfahrens ist mit einem solchen Erbringungsverbot, das unabhängig von einer Über- oder Unterzeichnung gilt, nicht vergleichbar. Mit der Festlegung von Mindestmengen beabsichtigte der Gesetzgeber nicht, das im Übrigen sowie für andere Leistungsgruppen aufgrund einer Bedarfsüberzeichnung verbleibende behördliche Auswahlermessen einzuschränken. Der zuständigen Behörde, deren Ermessensspielraum überhaupt erst durch eine Bedarfsüberzeichnung eröffnet wird, ist es im Rahmen ihrer Ausübung des Ermessens, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung am besten gerecht wird (sogenannte „Bestenauslese“), nicht verwehrt, aus den in der Vergangenheit erbrachten Fallzahlen Rückschlüsse über die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses zu ziehen und zur Grundlage ihrer Ermessensentscheidung zu machen. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung darf die zuständige Landesbehörde gerade weitgehend frei und ohne gesetzliche Grundlage solche Kriterien festlegen, die – sofern sie sachgerecht sind –, geeignet sind, die Qualität der Angebote der in Betracht kommenden Krankenhäuser zu beurteilen und differenzieren zu können. Die Berücksichtigung von Fallzahlen im Allgemeinen und die herangezogene Fallzahlgröße von 25 Fällen pro Jahr im Besonderen erweist sich vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht als völlig unplausibel oder willkürlich. Vor dem Hintergrund, dass der G-BA am 20. Februar 2025 beschloss, dass auch der Leistungsbereich „Rektumkarzinomchirurgie“ zukünftig von der Erfüllung von Mindestmengen abhängig sein soll, bestätigt dies vielmehr die von dem Antragsgegner vorgenommene Einschätzung, dass die in der in der Vergangenheit erbrachten Fallzahlen betreffend diese Leistungsgruppe ein besonders sachgerechtes Auswahlkriterium darstelle.
69Vgl. Beschluss des G-BA über eine Änderung der Mindestmengenregelungen: Änderung der Nummer 13 der Anlage (Rektumkarzinomchirurgie) vom 20. Februar 2025, abrufbar unter: https://www.g-ba.de/beschluesse/7084/. (zuletzt abgerufen am 27.03.2025)
70Allerdings hat der Antragsgegner seine Auswahlentscheidung unter den antragstellenden Krankenhäusern für die Leistungsgruppe 16.5 insoweit ermessensfehlerhaft ausgeübt, als er eine Zuweisung der Leistungsgruppe an ein Krankenhaus erst aufgrund einer sogenannten Bündelung, also einer Addition von Fallzahlen mehrerer Krankenhäuser eines Krankenhausträgers, vornahm.
71Eine Bündelung der Fallzahl wurde z.B. beim Q. F. vorgenommen, welchem der Antragsgegner 70 Fälle zuwies (beantragt waren 20 Fälle). Zumindest die Fallzahlen des Krankenhauses für die Jahre 2021 und 2022 lagen deutlich unter der als zusätzliches Auswahlkriterium herangezogenen Fallzahl von 25 pro Jahr, nämlich bei 19 und 22 (laut Angaben des Krankenhauses) bzw. bei 18 und 14 (KrAnIS) und ergaben nur durch die Bündelung der Fallzahlen mit dem Z. C. und dem B. Y. deutlich über 25 Fälle pro Jahr. Zudem wurden die Fallzahlen des K., das eine Zuweisung erhielt, mit denen der J. gebündelt sowie des U. O., das eine Zuweisung erhielt, mit denen des H. G..
72Eine solche Gesamtbetrachtung der Fallzahlen widerspricht jedoch eindeutig der oben für sachgerecht gehaltenen Annahme, dass anhand von Fallzahlen – aufgrund der in der Vergangenheit bestehenden Tätigkeit, den dadurch erworbenen Erfahrungen und der eben daraus resultierenden Qualität – Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit eines Krankenhauses gezogen werden können. Dieser Rückschluss ist bei einer Gesamtbetrachtung von Fallzahlen mehrerer Krankenhäuser, die in der Vergangenheit offenbar unabhängig voneinander die von der Leistungsgruppe 16.5 umfassten Leistungen erbrachten, nicht zulässig. Denn aus den in einem anderen Krankenhaus erbrachten Behandlungen ergibt sich keine aus der Vergangenheit gewachsene Routine und damit Expertise, welche jedoch für die Prognose hoher Behandlungsqualität in der Zukunft erforderlich ist.
73So auch VG F., Beschluss vom 13. März 2025 – 18 L 257/25 –, S. 12, n.v.
74Dass in den Krankenhäusern, bei denen der Antragsgegner eine Bündelung vornahm, eine aufgrund von regelmäßiger standortübergreifender Zusammenarbeit gewonnene Routine bereits besteht, ist nicht ansatzweise anzunehmen, da aus den jeweiligen Begründungen des Antragsgegners hervorgeht, dass eine trägerinterne Konzentration lediglich in Zukunft „beabsichtigt“ sei. So führt die Bezirksregierung R. in ihrem Votum für eine Zuweisung der Leistungsgruppe an das Q. F. etwa aus, dass es aus ihrer Sicht „sinnvoll“ sei, die Leistungsgruppe 16.5 trägerintern am Q. F. zu bündeln, da in diesem Fall die (gebündelte) tatsächliche Leistungserbringung deutlich über der festgelegten Grenze von 25 Fällen liege (vgl. Bl. 72, 73 der Verwaltungsakte). In ihrem Votum betreffend das K. heißt es, dass im Rahmen einer trägerinternen Lösung beschlossen worden sei, die viszeralchirurgischen Leistungen beider Betriebsstellen, des K. und der J., an einem Standort, und zwar am K. zu bündeln (vgl. Bl. 76 der Verwaltungsakte). Der Antragsgegner orientierte sich bei seiner Auswahlentscheidung somit ersichtlich an den in Bezug genommenen Mitteilungen von und Absprachen zwischen den Krankenhäusern über beabsichtigte Konzentrationen der Leistungsgruppe an einem mehrerer Standorte eines Krankenhausträgers, ohne insofern offenbar die Gesichtspunkte Qualität und Erfahrung „eingespielter pflegerischer und ärztlicher Teams“ oder einzelner, die Leistung erbringende Ärzte am jeweiligen Krankenhausstandort in den Blick zu nehmen. Zudem sind die Mitteilungen und Absprachen – soweit für die Kammer im Entscheidungszeitpunkt ersichtlich – rechtlich unverbindlich, es handelt sich um reine Absichtsbekundungen.
75Die Annahme, dass ausschließlich Fallzahlen, die an einem Krankenhaus(-standort) in der Vergangenheit erbracht wurden, Rückschlüsse über die Leistungsfähigkeit dieses Krankenhauses zulassen, dieser Rückschluss aber nicht bereits anhand von addierten Fallzahlen mehrerer Krankenhäuser eines Trägers zulässig ist, spiegelt sich schließlich in der gesetzlichen Verankerung der durch den G-BA zu beschließenden sog. Mindestmengen wider. § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V a.E. sieht gerade vor, dass der Ausschuss Mindestmengen „für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Standort eines Krankenhauses oder je Arzt und Standort eines Krankenhauses“ beschließt. Die zu beschließenden Mindestmengen haben sich folglich auf die konkrete Einrichtung oder den Arzt zu beziehen. Wer durch die Mindestmengen adressiert werden soll, wird durch die Mindestmengenregelung festgelegt, und bestimmt sich danach, ob es für die Leistungsqualität eher auf die persönliche Erfahrung des spezialisierten Arztes oder aber des im Krankenhaus beschäftigten Teams ankommt. Ein von Team oder Arzt losgelöster Bezug zum Krankenhausträger genügt hingegen gerade nicht.
76Aus diesem Grund vermag auch die von dem Antragsgegner vertretene Auffassung, dass eine entsprechende Expertise beim K. sehr wohl gegeben sei, weil die komplette Leistungserbringung durch die Verlagerung des Personals für die Leistungsgruppe 16.5 samt ärztlicher viszeralchirurgischer Kompetenz von der Betriebsstätte J. in der Betriebsstätte K. des I. T. verortet werde, nicht zu überzeugen. Erst die aufgrund der Verlagerung zukünftig erbrachten Fallzahlen werden, wenn sich die Annahme des Antragsgegners, dass diese aufgrund der Verlagerung besonders hoch sein werden, als zutreffend erweist, Rückschlüsse auf eine besondere Behandlungsqualität zulassen. Maßgeblich für die Heranziehung von Fallzahlen als zulässiges Auswahlkriterium sind jedoch in der Vergangenheit erbrachte Fallzahlen, aufgrund derer – wie oben dargelegt – eine bereits etablierte Expertise zu erwarten ist. Auch der in der Antragserwiderung pauschal erhobene Einwand, dass der zugewiesene Versorgungsauftrag auch einen Umfang (Fallzahl) haben müsse, der eine wirtschaftliche Tragfähigkeit für das jeweilige Krankenhaus erwarten lasse, vermag schon deswegen eine Nichtzuweisung an die Antragstellerin nicht zu rechtfertigen, weil Anhaltspunkte dafür nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich sind, dass die Zuweisung der von der Antragstellerin beantragten Fallzahl von 25 für diese eben nicht wirtschaftlich tragfähig gewesen wäre.
77bb. Der vorgenannte Ermessensfehler der unzulässigen Bündelung von in Vergangenheit erbrachter Fallzahlen selbstständig agierender Krankenhäuser eines Trägers wirkt sich jedoch wegen fehlender Kausalität nicht zulasten der Antragstellerin aus, da die Antragstellerin – ermessensfehlerfrei – bereits wegen der Erfüllung von nur fünf von neun Auswahlkriterien in der Auswahlwahlentscheidung nicht weiter berücksichtigt wurde, sodass sie auch bei ermessensfehlerfreier Entscheidung nicht zum Zuge gekommen wäre. Der Antragsgegner hat nach Auffassung der Kammer insoweit genügend zum Ausdruck gebracht, dass auch nur die letztgenannte Ermessenserwägung ihn dazu veranlasst hätte, die von ihm getroffene Entscheidung vorzunehmen.
78Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 30. Auflage 2024, § 114 Rn. 6a.
79Aus denselben Gründen kann offenbleiben, ob es ermessensfehlerhaft war, die Antragstellerin darüber hinaus wegen der Nichteinreichung eines Kooperationsvertrages bis zum Erlass des Feststellungsbescheids nicht zu berücksichtigen, weil der Antragsgegner – so die Antragstellerin – sie zum Nachreichen des Kooperationsvertrages hätte auffordern müssen.
80III.
81Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
82Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG (i.V.m. Nr. 23.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
83Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2009 – 13 A 3109/08 –, juris, Rn. 40.
84Die Kammer bemisst das wirtschaftliche Interesse, mit einer Leistungsgruppe (vor Novellierung des KHGG NRW: Fachabteilung) im Krankenhausplan zu verbleiben, pauschalierend pro Leistungsgruppe mit 50.000,- €. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist es angemessen, den für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwert zu halbieren.