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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks M. 00 in 00000 I. . Das Grundstück liegt außerhalb der geschlossenen Ortslage und grenzt auf einer Länge von ca. 200 m an die von I. nach O. führende M1. 000. Parallel zur Fahrbahn der M1. 000 verläuft an der Grenze zum Grundstück des Klägers ein Rad- und Fußweg. Auf dem Grundstück des Klägers stehen an der Grundstücksgrenze Bäume und Sträucher, deren Äste in der Vergangenheit die Grundstücksgrenze überschritten und in das Lichtraumprofil des Radwegs hineinragten.
3Mit Schreiben vom 30. Juni 2022 forderte der Landesbetrieb Straßenbau NRW den Kläger als Eigentümer seines Grundstücks auf, gemäß § 30 Abs. 4 Satz 1 des Straßen- und Wegegesetzes NRW (StrWG NRW) die Hecke entlang seines Grundstücks bis zur Eigentumsgrenze zurückzuschneiden oder schneiden zu lassen, damit die Nutzung des Radweges weiterhin ohne Verkehrsbehinderung oder Verkehrsgefährdungen uneingeschränkt möglich sei.
4Mit E-Mail vom 3. Juli 2022 teilte der Kläger dem Landesbetrieb Straßenbau NRW mit, er sehe keine Beeinträchtigung von Radfahrern und Fußgängern auf dem Rad- und Fußweg. Der Rückschnitt sei über viele Jahre hinweg durch Mitarbeiter des Landesbetriebs Straßenbau NRW mit Großgeräten durchgeführt worden. Aufgrund seines Alters und seines gesundheitlichen Zustandes könne er den Rückschnitt nicht durchführen.
5Mit Ordnungsverfügung vom 17. August 2022 forderte der Landesbetrieb Straßenbau NRW den Kläger auf, den Rückschnitt der Hecke auf seinem Grundstück bis zur Eigentumsgrenze (ca. 50 cm hinter dem Radweg) bis zum 9. September 2022 durchzuführen oder auf seine Kosten durchführen zu lassen und damit das Lichtraumprofil des Radweges wiederherzustellen, ordnete die sofortige Vollziehung der Anforderung an und drohte ihm die Ersatzvornahme an. Zur Begründung führte er aus: Die aktuelle Situation stelle eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit dar. Die Beeinträchtigung werde sich zu einer Verkehrsgefährdung konkretisieren und könne nicht länger geduldet werden. Gemäß § 30 Abs. 4 Satz 1 StrWG NRW seien Anpflanzungen, die entgegen § 30 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW angelegt worden seien und die Verkehrssicherheit beeinträchtigten, binnen angemessener Frist auf schriftliches Verlangen der Straßenbaubehörde zu beseitigen. Der Kläger werde als Eigentümer aufgefordert, die in den Radweg ragende Hecke auf seine Kosten zurückschneiden oder beseitigen zu lassen.
6Mit E-Mail vom 21. August 2022 teilt der Kläger dem Landesbetrieb Straßenbau NRW mit, es lasse sich nicht erkennen, dass Radfahrer und Fußgänger beeinträchtigt würden. Eine Einschaltung einer Firma komme aus Kostengründen für ihn nicht in Frage. Es sei schwierig, für diese Kleinstaufträge eine Firma zu gewinnen, die diese Arbeiten durchführe. Mit weiterer E-Mail vom 9. September 2022 teilte er dem Landesbetrieb Straßenbau NRW mit, er werde der Aufforderung, die Sträucher und Hecken zurückzuschneiden, nicht nachkommen.
7Der Landesbetrieb Straßenbau NRW fragte bei vier Garten- und Landschaftsbaufirmen an, ob sie ein Angebot für den Rückschnitt der Hecke auf dem Grundstück des Klägers unterbreiten können. Zwei Firmen lehnten die Abgabe eines Angebots ab. Eine Firma gab ein Angebot in Höhe von 3.201,10 Euro und eine weitere Firma ein Angebot in Höhe von 2.762,66 Euro ab.
8Mit Ordnungsverfügung vom 17. November 2022 setzte der Landesbetrieb Straßenbau NRW die mit Ordnungsverfügung vom 17. August 2022 angedrohte Ersatzvornahme fest, teilte mit, dass die Ersatzvornahme am 1. Dezember 2022 durchgeführt werde, bezifferte die Kosten der Ersatzvornahme auf voraussichtlich 2.762,66 Euro und setzte einen voraussichtlichen Kostenbeitrag in Höhe dieser Summe fest. Der Kläger wurde aufgefordert, diesen Betrag bis zum 29. November 2022 an den Landesbetrieb Straßenbau NRW zu zahlen. Zur Begründung führte er an: Der Kläger sei aufgefordert worden, den erforderlichen Rückschnitt der Hecke bis zum 9. September 2022 durchzuführen oder auf seine Kosten durchführen zu lassen. Zugleich sei ihm angedroht worden, den Heckenschnitt im Wege der Ersatzvornahme durchzuführen. Die Voraussetzungen für die Vollstreckung der Ordnungsverfügung lägen vor. Die Kosten der festgesetzten Ersatzvornahme seien von dem Kläger zu tragen.
9Am 5. Dezember 2022 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit auf dem Fuß- und Radweg sei nicht gegeben. Darüber hinaus werde die Kostenhöhe bestritten. Es könnten keine Kosten von ca. 2.700,- Euro entstehen, wenn ggfs. Baumschnittarbeiten an ein bis zwei Stellen erforderlich seien. Die Kosten dafür könnten maximal bei 250,- Euro liegen. Der Kläger sei schon deswegen nicht verpflichtet, die Kosten zu zahlen, weil dem Bescheid eine Aufstellung über die Zusammensetzung des geltend gemachten Betrages vollständig fehle. In der Vergangenheit habe der Landesbetrieb den Rückschnitt der Hecke mit Großgeräten kostenlos durchgeführt. Dies tue er auch heute noch entlang der M1. 000 vor und hinter dem Abschnitt des Klägers. Nur der Teilabschnitt des Klägers werde ausgespart. Dies sei für den Kläger nicht nachvollziehbar. Eine mildere Maßnahme bestünde darin, den Kläger an den Kosten zu beteiligen. Dazu wäre er auch bereit. Zwischen der Hecke und dem Asphaltstreifen befinde sich ein ca. 50 cm breiter Grünstreifen. Auf diesen ragten durchaus Zweige von der Hecke. Dieser Grünstreifen gehöre jedoch nicht zu der öffentlichen Verkehrsfläche.
10Der Kläger beantragt,
11den Bescheid des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen vom 17. November 2022 aufzuheben.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung trägt er vor: Die Vornahme der Ersatzvornahme sei rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Vollstreckung lägen vor. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW habe sich bemüht, Angebote von Fachfirmen einzuholen. Der günstigste Anbieter sei mit der Durchführung der Arbeiten beauftragt worden. Es hätte dem Kläger freigestanden, die Arbeiten selbst in Auftrag zu geben bzw. selbst vorzunehmen. Hinweise auf eine grob fehlerhafte Preiskalkulation lägen nicht vor.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die Klage hat keinen Erfolg. Der Bescheid des Landesbetriebs Straßenbau vom 17. November 2022, mit dem die Ersatzvornahme festgesetzt wurde (dazu I.) und der Kläger aufgefordert wurde, die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von 2.762,66 Euro zu zahlen (dazu II.), ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
18I. Die in dem Bescheid des Landesbetriebs Straßenbau vom 17. November 2022 erfolgte Festsetzung der Ersatzvornahme beruht auf den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 1, 59, 63 und 64 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW). Nach § 55 Abs. 1 VwVG NRW kann ein Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat. Gem. § 63 Abs. 1 VwVG NRW ist das Zwangsmittel zuvor schriftlich anzudrohen und dem Betroffenen zur Erfüllung der Verpflichtung eine angemessene Frist zu bestimmen. Wird die durch den Verwaltungsakt auferlegte Pflicht innerhalb der gesetzten Frist nicht erfüllt, so setzt die Vollzugsbehörde gem. § 64 VwVG NRW das Zwangsmittel fest.
19Die Voraussetzungen für die Festsetzung des Zwangsmittels sind erfüllt. Dem Kläger ist mit der Ordnungsverfügung vom 17. August 2022 aufgegeben worden, den Rückschnitt der Hecke auf seinem Grundstück bis zur Eigentumsgrenze (ca. 50 cm hinter dem Radweg) durchzuführen oder auf seine Kosten durchführen zu lassen und damit das Lichtraumprofil des Radweges wiederherzustellen. Diese Ordnungsverfügung ist unanfechtbar geworden, so dass die dem Kläger darin auferlegte Verpflichtung mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden konnte. Die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung vom 17. August 2022 ist nicht mehr zu prüfen. Mit der Ordnungsverfügung ist dem Kläger eine Frist zur Erfüllung seiner Verpflichtung bis zum 9. September 2022 gesetzt worden und für den Fall der Nichterfüllung das Zwangsmittel der Ersatzvornahme schriftlich angedroht worden. Der Kläger hat die ihm auferlegte Verpflichtung nicht erfüllt. Er kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei aufgrund seines Alters und seiner gesundheitlichen Probleme nicht in der Lage, den Rückschnitt der Hecke selbst vorzunehmen. Er hätte eine Firma mit der Durchführung der Arbeiten beauftragen können.
20Die Wahl des Zwangsmittels der Ersatzvornahme gem. §§ 57 Abs. 1 Nr. 1, 59 VwVG NRW ist nicht zu beanstanden. Die Festsetzung eines Zwangsgeldes war nicht erfolgversprechend, da der Kläger deutlich gemacht hatte, der Aufforderung zum Rückschnitt der Hecke nicht nachkommen zu wollen.
21Die Festsetzung der Ersatzvornahme ist auch verhältnismäßig im Sinne des § 58 VwVG NRW. Ein milderes Mittel zur Durchsetzung der dem Kläger auferlegten Verpflichtung stand nicht zur Verfügung. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW konnte gem. § 59 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. VwVG NRW festlegen, mit der Durchführung der Ersatzvornahme eine Firma zu beauftragen. Er war nicht verpflichtet, die Ersatzvornahme selbst durch eigenes Personal und eigene Geräte gem. § 59 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. VwVG NRW durchzuführen. Zwischen der Selbstvornahme und der Fremdvornahme besteht für die Vollzugsbehörde ein Wahlrecht. Allein die Vollzugsbehörde kann beurteilen, ob ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen, um die Aufgabe selbst erfüllen zu können, oder ob eine Firma mit den Arbeiten beauftragt werden soll.
22II. Die in dem Bescheid des Landesbetriebs Straßenbau NRW vom 17. November 2022 erfolgte Aufforderung an den Kläger, die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von 2.762,66 Euro bis zum 29. November 2022 an den Landesbetrieb Straßenbau NRW zu zahlen, beruht auf § 59 Abs. 2 Satz 1 VwVG NRW. Danach kann bestimmt werden, dass der Betroffene die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im Voraus zu zahlen hat. Von dieser Befugnis hat der Landesbetrieb Straßenbau NRW rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht.
23Die voraussichtlichen Kosten ergeben sich aus dem Angebot der Firma E. vom 28. September 2022, die das günstigste Angebot abgegeben hat. Das vom Landesbetrieb Straßenbau NRW durchgeführte freihändige Vergabeverfahren ist nicht zu beanstanden. Die Kosten sind nicht überhöht. Sie stehen in einem angemessenen Verhältnis zu dem Aufwand, der erforderlich ist, um den Rückschnitt der Hecke nach den Vorgaben der bestandskräftigen Ordnungsverfügung vom 17. August 2022 auf einer Länge von ca. 200 m vorzunehmen. Sofern der Kläger der Auffassung ist, die Kosten für die Arbeiten müssten deutlich niedriger liegen, weil lediglich Baumschnittarbeiten an ein bis zwei Stellen erforderlich seien, verkennt er, dass er verpflichtet war, die Hecke bis zur Grundstücksgrenze vollständig zurückzuschneiden. Im Übrigen hätte es ihm freigestanden, selbst eine Firma mit der Durchführung der Arbeiten zu einem günstigeren Preis zu beauftragen. Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, es fehle vollständig eine Aufstellung über die Zusammensetzung des geltend gemachten Betrages. Bei dem durch den angefochtenen Bescheid festgesetzten Betrag handelt es sich um die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme, wie sie zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vor Durchführung der Arbeiten zu erwarten waren. Zu diesem Zeitpunkt konnte eine detaillierte Abrechnung noch nicht vorliegen.
24Die Geltendmachung der tatsächlichen Kosten der Ersatzvornahme ist bislang nicht erfolgt. Dazu reicht es nicht aus, dass der Landesbetrieb Straßenbau NRW dem Kläger nach Durchführung der Ersatzvornahme eine Rechnung der Firma E. vom 5. Dezember 2022 übersandt hat. Vielmehr ist der Erlass eines Kostenbescheides erforderlich.
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.