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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist ausgebildete Friseurin und begehrt die Förderung ihres von September bis Dezember 2021 bei der „X. F. – Meisterschule im Friseurhandwerk“ wahrgenommenen Meistervorbereitungslehrganges zur Friseurmeisterin.
3Unter dem 15. August 2021 beantragte sie beim Beklagten unter Verwendung des entsprechenden Formularantrages die Förderung einer beruflichen Aufstiegsfortbildung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) für das Förderziel Friseurmeisterin bei der X. F. . Dem Antrag fügte sie unter anderem eine Rechnung vom 28. August 2021 über Fortbildungskosten in Höhe von 12.949,- Euro „reiner Lehrgangskosten“ bei.
4Nachdem der Beklagte unter dem 18. November 2021 weitere Unterlagen angefordert und die Klägerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 8. Juni 2022 die Bescheidung angemahnt hatte, lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 19. September 2022 ab. Zur Begründung führte er aus, dass nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AFBG Maßnahmen förderungsfähig seien, wenn sie in Vollzeitform mindestens 400 Unterrichtsstunden umfassten (Mindestdauer), innerhalb von 36 Kalendermonaten abgeschlossen würden (maximaler Zeitrahmen) und in der Regel in jeder Woche an vier Werktagen mindestens 25 Unterrichtsstunden stattfänden (Vollzeit-Fortbildungsdichte). Jeweils 45 Minuten einer Lehrveranstaltung gälten als Unterrichtsstunde. Gemäß § 2 Abs. 4 AFBG seien förderfähige Unterrichtsstunden physische und virtuelle Präsenzlehrveranstaltungen, deren Inhalte in der Prüfungsregelung verbindlich vorgegeben seien. In förderfähigen Unterrichtsstunden müssten die nach den Fortbildungsregelungen und Lehrplänen vorgesehenen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten durch hierzu qualifizierte Lehrkräfte planmäßig geordnet vermittelt werden. Wie bereits in der Gesetzesbegründung ausgeführt, sei förderfähiger Unterricht synchroner Präsenzunterricht im Klassen- oder Lehrgangsverband, der bei gleichzeitiger Anwesenheit der Lehrkraft stattfinde. Nach Darstellung des Fortbildungsträgers sehe das Lehrgangskonzept eine flexible Teilnahme an einzelnen Unterrichtsblöcken (morgens, mittags oder abends) vor. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen könnten in Abhängigkeit ihrer persönlichen Lebenssituation selbst entscheiden, an welchem Unterrichtsblock teilgenommen werde. Auch eine mehrfache Teilnahme an den jeweiligen Unterrichtsblöcken sei nicht ausgeschlossen. Ein fester Lehrgangsverband bestehe daher nicht. Eine fest vorgegebene Gruppe sei zu dem Lehrgang angemeldet, jedoch finde der tatsächliche Unterricht in wechselnden Kurskonstellationen statt, da jeder Teilnehmer täglich selbst entscheiden könne, zu welcher Tageszeit eine Teilnahme am Unterricht erfolge.
5Die Klägerin hat am 17. Oktober 2022 Klage erhoben.
6Sie trägt vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Sie habe eine Weiterbildung mit 520 Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten absolviert. Hierfür habe die X. F. Kursgebühren i.H.v. 12.949,- Euro abgerechnet. Zusätzlich habe sie für die Meisterprüfung Prüfungsgebühren in Höhe von weiteren 529,79 Euro zahlen müssen. Ihre Gesamtkosten betrügen 13.478,79 Euro. In dieser Höhe habe sie für ihre Weiterbildung Leistungen des Beklagten beantragt, deren Ablehnung rechtswidrig sei. Zu Unrecht nehme der Beklagte an, dass die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 4 AFBG nicht gegeben seien. Gemäß § 2 Abs. 4 AFBG seien auch virtuelle Präsenzveranstaltungen ausdrücklich förderungsfähig. Sie habe im Rahmen ihrer Weiterbildung die Möglichkeit gehabt, sowohl an physischen als auch an virtuellen Präsenzlehrveranstaltungen teilzunehmen, in denen sämtliche Inhalte des Meistervorbereitungslehrgangs vermittelt worden seien. Um die Einhaltung der jeweils einschlägigen Coronaschutzverordnung gewährleisten zu können, sei die X. , wie andere Universitäten auch, dazu übergegangen, die Vorlesungen zu filmen und den Teilnehmern anschließend zur Verfügung zu stellen. Aufgrund dieser Tatsache der von ihr absolvierten Weiterbildungsmaßnahme die Förderungsfähigkeit nach dem AFBG abzusprechen, sei sachlich nicht gerechtfertigt.
7Vorliegend ergebe sich ihr Anspruch auf die beantragten Leistungen aber auch aus dem allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. Mit Bescheid vom 4. Oktober 2022 seien einer Kommilitonin der Klägerin, Frau S. N. , die ebenfalls an der Fortbildung zur Friseurmeisterin an der X. F. in dem Zeitraum vom 21. September bis zum 14. Dezember 2021 teilgenommen habe, die Leistungen dem Grunde nach bewilligt worden. Aufgrund des identischen Sachverhaltes liege demnach eine Ungleichbehandlung vor, die nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei.
8Am 00.00.0000 legte die Klägerin die Meisterprüfung im Friseurhandwerk erfolgreich ab.
9Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
10den Bescheid des Beklagten vom 19. September 2022 aufzuheben und ihn zu verpflichten, ihr Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz für ihre Weiterbildung zur Meisterin im Friseurhandwerk i.H.v. 13.478,79 Euro zu gewähren.
11Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Er sei im Zusammenhang mit einer anderen Antragstellerin mit dem Bildungsträger in Kontakt getreten, um die Umstände des angebotenen Lehrgangs genauer zu beleuchten. Der Schulleiter habe ausgeführt, dass es festgelegte Themenblöcke gebe, die jeweils dreimal am Tag behandelt würden und an denen die Teilnehmenden flexibel entsprechend ihrer Lebensgestaltung teilnehmen könnten. Die Ausbildung gliedere sich in eine siebenwöchige Lernphase. In dieser Zeit bestehe die Möglichkeit, hinsichtlich der Teile II, III und IV zwischen 8:00 und 22:00 Uhr in einem virtuellen Klassenzimmer am Unterricht teilzunehmen. Zudem gebe es eine Dozentenhotline im selben Zeitraum. Darüber hinaus werde umfangreiches Videomaterial zur Verfügung gestellt. Aus den Ausführungen sei deutlich geworden, dass kein synchroner Online-Unterricht angeboten werde. Daraufhin habe der Beklagte eine Grundsatzprüfung eingeleitet und den Förderantrag mit der Begründung abgelehnt, dass kein synchroner Präsenzunterricht im Klassenverband bei gleichzeitiger Anwesenheit der Lehrkraft stattfinde. Auch ein fester Lehrgangsverband bestehe nicht. Zwar sei eine fest vorgegebene Gruppe zu dem Lehrgang angemeldet, jedoch finde der tatsächliche Unterricht in wechselnden Konstellationen statt. Es sei daher fraglich, ob das Merkmal eines Lehrgangsverbandes unter Berücksichtigung der stetig wechselnden Unterrichtsteilnehmer gegeben sei. Außerdem werde mit den geltend gemachten Lehrgangsgebühren ein umfangreiches Servicepaket zur Vor- und Nachbetreuung des Unterrichts sowie zur Vorbereitung auf die Prüfung abgerechnet (telefonische Erreichbarkeit, Lernvideos, Übungsklausuren). Diese Serviceleistungen stellten keinen förderfähigen Unterricht nach dem AFBG dar und seien vom Umfang her nicht konkret zu beziffern.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung über die Klage, da beide Beteiligten übereinstimmend auf die Durchführung einer solchen verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
17Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Bewilligung von Leistungen nach dem AFBG – hier in der für den Maßnahmezeitraum maßgeblichen aktuellen, seit dem 1. August 2020 gültigen Fassung. Die von der Klägerin wahrgenommene Maßnahme der Weiterbildung zur Friseurmeisterin bei der X. F. stellt in der angebotenen Form keine im Sinne des AFBG förderfähige Maßnahme beruflicher Aufstiegsfortbildung dar.
18Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 a) AFBG sind Maßnahmen in Vollzeitform unbeschadet der weiteren Voraussetzungen förderfähig, wenn sie mindestens 400 Unterrichtsstunden (zu je 45 Minuten, vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 AFBG) umfassen. Gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2 AFBG sind förderfähige Unterrichtsstunden physische und virtuelle Präsenzlehrveranstaltungen, deren Inhalte in der Prüfungsregelung verbindlich vorgegeben sind. Satz 3 ergänzt, dass in förderfähigen Unterrichtsstunden die nach den Fortbildungsregelungen und Lehrplänen vorgesehenen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten durch hierzu qualifizierte Lehrkräfte planmäßig geordnet vermittelt werden müssen.
19In den Gesetzesmaterialien wird betreffend die Anforderungen an förderfähige Unterrichtsstunden ergänzend ausgeführt:
20„Förderfähig bleiben unverändert Präsenzlehrveranstaltungen, deren Inhalte in der Prüfungsregelung verbindlich vorgegeben sind und in denen die nach den Fortbildungsregelungen und Lehrplänen vorgesehenen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten durch hierzu qualifizierte Lehrkräfte planmäßig geordnet vermittelt werden. Die sprachliche Änderung bezieht dabei aber explizit virtuelle Präsenzlehrveranstaltungen in den Unterrichtsbegriff mit ein.
21Bereits mit dem 3. Gesetz zur Änderung des AFBG wurde das sogenannte „virtuelle Klassenzimmer“ aus dem § 4a in den § 2 Absatz 4 verlagert. Die sprachliche Änderung vollzieht diese Verlagerung im Gesetzeswortlaut nach. Daher ist förderfähiger Unterricht wie bisher synchroner Präsenzunterricht, der im Klassen- oder Lehrgangsverband bei gleichzeitiger Anwesenheit der Lehrkraft stattfindet. Präsenzlehrveranstaltungen setzen damit die gleichzeitige Anwesenheit von Lehrenden und Lernenden und die synchrone kommunikative Wissensvermittlung voraus. Eine Änderung der Rechtslage ist damit nicht verbunden.
22Die Änderung stellt nunmehr klar, dass diese Voraussetzungen nicht zwingend eine körperliche Präsenz an einem physischen Ort erfordern. Auch die Präsenz in einem „virtuellen Klassenzimmer“ erfüllt bei synchroner kommunikativer Wissensvermittlung die Voraussetzungen für Präsenzunterricht. Erforderlich ist dabei, dass die wesentlichen Interaktionsformen des Unterrichts in einem physischen Klassenzimmer zwischen Lehrenden und Lernenden sowie zwischen Lernenden untereinander durch entsprechende Kommunikationskanäle ermöglicht werden. Konkret erfordert dies beispielsweise Terminals mit Video- und Ton-Verbindung, um einen mit einem physischen Klassenverband vergleichbaren Austausch zwischen den Teilnehmenden sicherzustellen. Ein Audio-Kommunikationskanal ohne Videofunktion kann genügen, wenn dies durch andere digitale Interaktionsangebote, wie beispielsweise Präsentationsmöglichkeiten an einer virtuellen Tafel, begleitet wird. Die ausschließliche Möglichkeit für die Lernenden, sich schriftlich zu beteiligen, genügt demgegenüber nicht, weil auf diese Weise keine dem physischen Präsenzunterricht vergleichbare Kommunikation ermöglicht wird. Zusätzlich wäre ein aktives „Melden“ durch die Teilnehmenden und ein entsprechendes „Drannehmen“ mit Sprechmöglichkeiten vorzusehen. Zugleich ist durch technische Instrumente sicherzustellen, dass die Anwesenheit der Lernenden entsprechend einer physischen Präsenzstunde erfasst werden kann. Dies ist mit Blick auf die Gleichbehandlung von physischem und virtuellem Präsenzunterricht zwingend erforderlich. Dies bedeutet insbesondere dann, wenn das Terminal der heimische Computer ist, dass eine einmalige Einwahl nicht genügt. Zur Erfassung der Teilnahme kommt neben einer Video-Verbindung beispielsweise eine technische Vorrichtung in Betracht, die zur Verhinderung eines automatischen Log-out bei Inaktivität in regelmäßigen Abständen eine Aktivität erfordert. Schließlich darf eine dem physischen Präsenzunterricht annähernd vergleichbare Anzahl an Teilnehmenden an der Unterrichtsstunde und damit eine zahlenmäßige Relation von Lehrenden und Lernenden nicht überschritten werden, um die Interaktionsformen vergleichbar dem physischen Präsenzunterricht ermöglichen zu können.“
23Vgl. BT-Drucks. 19/15273, S. 23 f.
24Die Maßnahme, deren Förderung die Klägerin begehrt, erfüllt die genannten gesetzlichen Vorgaben nicht. Der angebotene Unterricht stellt, soweit er aus zuvor aufgezeichneten Videos besteht, keine Präsenzlehrveranstaltung nach § 2 Abs. 4 Satz 2 AFBG dar und ist mithin nicht förderfähig im Sinne des Gesetzes, sodass die Mindestanzahl von 400 Stunden förderfähigen Unterrichts nicht erreicht wird.
25Dabei kann die genaue Stundenaufteilung im Einzelnen offenbleiben. Die Fortbildungsstätte gibt sie mit insgesamt 520 Stunden an. Ausweislich eines Exemplars des Formblattes B in den Verwaltungsvorgängen werden 120 Stunden Präsenzunterricht angeboten; in der Zeile „hiervon virtueller Unterricht“ sind 400 Stunden vermerkt. Zu den Verwaltungsvorgängen ist indes noch ein weiteres Exemplar des Formblattes B genommen worden, demzufolge 290 Stunden Präsenzunterricht angeboten werden; in der Zeile „hiervon virtueller Unterricht“ sind 230 Stunden vermerkt. Die Kammer geht davon aus, dass entgegen den Angaben im Formblatt die Fortbildungsstätte den „virtuellen“ Unterricht nicht als Teil des „Präsenzunterrichts“ aufgefasst hat, die beiden Werte also zum Erreichen der Gesamtstundenzahl zusammenzunehmen sind; anderenfalls würde die Mindeststundenanzahl von vornherein nicht erreicht und wäre jedenfalls im ersten Formblatt die Berechnung widersinnig, da die unter „hiervon“ eingetragene Zahl die Gesamtstundenzahl überstiege. Es bedarf nicht der abschließenden Klärung durch das Gericht, welche der beiden Darstellungen letztlich zutrifft, da die in physischer Anwesenheit in der Fortbildungsstätte verbrachten Stunden die Mindeststundenanzahl von 400 nach beiden Angaben unterschreiten und die virtuell abgehaltenen Unterrichtsstunden die gesetzlichen Anforderungen an eine virtuelle Präsenzlehrveranstaltung nicht erfüllen.
26Das gilt zunächst, soweit – zwischen den Beteiligten unstreitig – Unterrichtsinhalte von der Fortbildungsstätte gefilmt und den Teilnehmern anschließend zum Anschauen zur Verfügung gestellt worden sind. Hierbei handelt es sich nach den genannten Definitionen nicht um eine – virtuelle – Präsenzlehrveranstaltung, da ersichtlich Lehrender und Lernende nicht gleichzeitig anwesend sind, mithin keine synchrone kommunikative Wissensvermittlung stattfindet. Die den Teilnehmenden eingeräumte Anrufmöglichkeit ändert hieran nichts. Zwar besteht eine telefonische Erreichbarkeit des Dozierenden nach dessen Angaben täglich von 8.00 bis 22.00 Uhr; diese macht das Anschauen eines Lehrvideos jedoch nicht zu einer dem Präsenzunterricht gleichwertigen Lernerfahrung. Der Lehrende ist, von einer Teilnehmerin mit einer Zwischen- oder Verständnisfrage angerufen, auch wenn er den Anruf annehmen kann und nicht etwa gleichzeitig mit einem anderen Lehrgangsteilnehmer spricht (oder – angesichts der langen Zeiten telefonischer Erreichbarkeit naheliegend – anderen Tätigkeiten nachgeht), zum Zeitpunkt des Anrufs in keiner Weise über den aktuellen Lerninhalt „im Bilde“, muss sich demnach erst durch Fragen seinerseits in die Situation der Lernenden versetzen und ist erst daraufhin in der Lage, eine Antwort zu geben. Die so entstehende Gesprächssituation ist mit den wesentlichen Interaktionsformen des Unterrichts in einem physischen Klassenzimmer nicht vergleichbar. Überdies bleibt, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, die in der Bundestagsdrucksache detailliert beschriebene Interaktion mit dem Klassenverband, also mit anderen Lernenden, aus.
27Vgl. zum Maßstab auch Schubert/Schaumberg, AFBG - Kommentar, Stand: Dezember 2022, § 2 Rn. 2.5.1: „Maßstab ist eine Gleichartigkeit zum physischen Präsenzunterricht“.
28Der Anerkennung der virtuellen Lernkomponenten als Unterricht im Sinne des AFBG steht zudem, wie der Beklagte zu Recht ausführt, entgegen, dass das Lehrgangskonzept ausweislich der Ausführungen der Ausbildungsstätte eine flexible Teilnahme an einzelnen Unterrichtsblöcken – je nach Erwerbsarbeit und familiären Verpflichtungen der Teilnehmenden – zu unterschiedlichen Tageszeiten, gegebenenfalls auch mehrmals, vorsieht. Damit ist die aus den Gesetzesmaterialien zu entnehmende, im Gesetzestext in den Worten „planmäßig geordnet vermittelt“ verankerte Anforderung eines Klassen- oder Lehrgangsverbandes mit dem Ziel eines mit der physischen Präsenzveranstaltung vergleichbaren Austausches zwischen den Teilnehmenden nicht erfüllt.
29Auf den Umstand, dass die Internetseiten des Weiterbildungsinstituts den Ablauf der Maßnahme abweichend von den Angaben im vorliegenden Verfahren noch stärker videobasiert beschreiben,
30„Zitat wurde entfernt“
31kommt es nach dem Gesagten nicht mehr an.
32Schließlich ist die von der Klägerin besuchte Weiterbildung ihrer Konzeption nach nicht als „mediengestützter Lehrgang“ im Sinne des § 4a AFBG förderungsfähig. Der Veranstalter selbst sieht seine Weiterbildung ausweislich der von ihm ausgefüllten „Formblätter B“ nicht als solchen Lehrgang an. Die bloße Zurverfügungstellung von Lehrvideos entspricht auch nicht den Anforderungen, die § 4a Abs. 2 AFBG an förderungsfähige Lehrgänge stellt. Danach zählen zu mediengestützter Kommunikation Unterrichtsformen, die auf einer Online-Lernplattform durchgeführt werden und bei denen der Lernprozess von der Lehrkraft aktiv gesteuert und der Lernfortschritt regelmäßig von ihr kontrolliert wird. Wann eine dem Präsenzunterricht vergleichbare und verbindliche „mediengestützte Kommunikation“ im Sinne des § 4a AFBG anzunehmen ist, bzw. welche Voraussetzungen sie im Einzelfall erfüllen muss, hat das Bundesverwaltungsgericht exemplarisch dargelegt und unter anderem ausgeführt:
33„Die für die Selbstlernprogramme angesetzten Zeitstunden müssen indes konzeptionell und in der tatsächlichen Durchführung durch Nahunterricht oder eine entsprechende mediengestützte Kommunikation sowie regelmäßige Erfolgskontrollen ergänzt werden, die nicht beziehungslos nebeneinander stehen dürfen. Die Selbstlernprogramme selbst müssen nach Gestaltung, Stoffaufbereitung und Lernverfahren „geeignet“ sein und erwarten lassen, dass sie einen dem Nahunterricht gleichwertigen Lernerfolg vermitteln. Nicht hinreichend ist die bloße Abarbeitung von Lehrbüchern oder computergestützten Lernprogrammen oder die schlichte Vor- und Nachbereitung des Unterrichts in den Präsenzphasen. Für ein berücksichtigungsfähiges Selbstlernprogramm ist zu verlangen, dass neben der Wissensaneignung programmgestützt Phasen der Selbstüberprüfung vorgesehen sind, der Lernstoff mediengerecht aufbereitet ist und ein individuelles Lernen je nach Vorkenntnis (Lerntempo, Reihenfolge der Lerninhalte) unterstützt wird.“
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 5 C 17/08 -, NVwZ-RR 2009, 476 ff. = BVerwGE 132, 339-358; juris Rn. 17.
35Damit hat das Bundesverwaltungsgericht unterstrichen, dass reine Selbstlernphasen keine Unterrichtsstunden und daher nicht förderfähig sind.
36Vgl. auch Schubert/Schaumberg, AFBG, Kommentar, § 2, Ziff. 2.6.1. unter Verweis auch auf BT-Drucks. 16/10996, S. 21.
37Hiervon ausgehend hat die anwaltlich vertretene Klägerin zum Inhalt und zur Durchführung der Maßnahme keinen Sachverhalt dargelegt, nach dem sich (auch) die bloße Zurverfügungstellung zuvor aufgezeichneter Videos in Kombination mit einer Anrufmöglichkeit beim Dozierenden unter die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Voraussetzungen subsumieren ließe. Entsprechendes ergibt sich auch nicht aus den Angaben des Anbieters der Fortbildungsmaßnahme. Das Bereitstellen von aufgezeichneten Videos ist keine „Unterrichtsform, die auf einer Online-Lernplattform durchgeführt wird, bei der der Lernprozess von der Lehrkraft aktiv gesteuert und der Lernfortschritt von ihr regelmäßig kontrolliert wird“, im Sinne des § 4a Abs. 2 AFBG. Es ist bereits dem Wortsinn nach das Anschauen eines Videos nicht als „Kommunikation“ zu begreifen.
38Der Blick in die Gesetzesmaterialien rundet das gefundene Ergebnis ab: In der einschlägigen Bundestagsdrucksache,
39vgl. BT-Drucks. 19/15273, S. 25,
40wird ausgeführt, dass in § 4a Abs. 3 AFBG für die erforderliche Mindeststundenzahl der Maßnahme nur die Stunden für die Bearbeitung von Online-Lerninhalten, auf die die Lehrperson aktiv Einfluss hat und bei denen sie zugleich den Lernfortschritt überwachen kann, zählen sollen. Dass ebendiese Voraussetzungen durch das Ansehen von Lehrvideos erfüllt wären, hat die Klägerin weder dargelegt noch ist es anderweitig ersichtlich.
41Nicht zum Erfolg der Klage verhilft es der Klägerin, dass sie ausführt, die Hinwendung zur Verwendung aufgezeichneter Videos sei Folge der Corona-Pandemie, wegen derer auch andere Ausbildungsstätten Vorlesungen aufgezeichnet hätten. Das AFBG sieht mit dem virtuellen Präsenzunterricht und dem mediengestützten Lehrgang gleich zwei mögliche Unterrichtsformen vor, in denen sich den pandemiebedingten Einschränkungen entsprechend auch im streitgegenständlichen Zeitraum der Unterricht förderungskonform gestalten ließ. Gründe dafür, dass auch andere, die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllende Ausgestaltungen des Lehrprinzips dennoch zu fördern wären, sind vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.
42Schließlich vermag die Klägerin sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer der von ihr besuchten Weiterbildung die begehrte Förderung erhalten hätten. Sofern sie hiermit die Entscheidungen anderer mit der Durchführung des AFBG befasster Stellen als des Beklagten (d.h. die AFBG-Anträge bearbeitenden Behörden anderer Länder) anspricht, binden deren Entscheidungen diesen in der Rechtsanwendung nicht. Nichts anderes ergibt sich im Ergebnis aus dem Umstand, dass auch der Beklagte selbst einer weiteren Teilnehmerin des auch von der Klägerin besuchten Lehrgangs Leistungen nach dem AFBG bewilligt haben soll. Da die Weiterbildung nach dem Gesagten ihrer Konzeption nach grundsätzlich nicht förderfähig ist, wäre die Leistungsgewährung im Vergleichsfall rechtswidrig erfolgt. Die Klägerin kann sich jedoch nicht darauf berufen, der Beklagte müsse seinen Rechtsanwendungsfehler nunmehr zu ihren Gunsten wiederholen, denn das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht.
43St. Rspr. des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Juni 1974 - BVerwG VIII C 89.73 - = BVerwGE 45, 197 (199), vom 6. Dezember 1989 - BVerwG 6 C 52.87 - und vom 14. Februar 1990 - BVerwG 6 C 54.88 -; Beschluss vom 2. März 1989 - BVerwG 1 B 164.88 -.
44Die Klägerin vermag auch nichts für sie Günstiges aus dem Umstand herzuleiten, dass die Ausbildungsstätte die streitgegenständliche Maßnahme als „voll BAföG und KfW-Bank gefördert“ bewirbt. Derartige Angaben eines privaten Trägers einer Fortbildungsmaßnahme vermögen Ansprüche auf öffentliche Leistungen bei Nichtvorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zu begründen.
45Ist nach dem Gesagten die Förderung bereits dem Grunde nach ausgeschlossen, bedarf es einer Auseinandersetzung mit dem seitens des Beklagten aufgeworfenen Aspekt, dass in den Lehrgangsgebühren zudem ein „Servicepaket“ zur Vor- und Nachbetreuung des Unterrichts und zur Vorbereitung der Prüfung abgerechnet werde, dessen Inhalt nicht förderfähig und vom Umfang her nicht konkret zu beziffern sei, nicht.
46Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO, § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.