Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Aufstiegsfortbildungsförderung in Höhe von 5.780,- Euro.
3Der Kläger ist nach bestandener Gesellenprüfung seit dem 00.00.0000 Zimmerer. Er beantragte unter dem 00.00.0000 unter Verwendung eines Formulars „Formblatt A“ die Förderung einer von dem Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes durchgeführten Fortbildung zum Zimmerermeister für den Zeitraum vom 1. Februar 2020 bis zum 31. Januar 2021.
4Mit – hier nicht streitgegenständlichem – Bescheid vom 00.00.0000 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Bewilligungszeitraum 02/2020 bis 01/2021 Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) in Form eines Unterhalts- sowie eines Maßnahmebeitrages. Am 00.00.0000 bestand der Kläger die Meisterprüfung im Zimmererhandwerk.
5Unter dem 00.00.0000beantragte der Kläger unter Verwendung eines weiteren Formulars „Formblatt A“ die Förderung einer ebenfalls von dem Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes durchgeführten Fortbildung zum Dachdeckermeister.
6Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 00.00.0000 lehnte der Beklagte die begehrte weitere Förderung ab. Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe mit seiner Fortbildung zum Zimmerermeister bereits eine berufliche Fortbildungsmaßnahme durchgeführt, die nach den Bestimmungen des AFBG gefördert worden sei. Die Fortbildung zum Dachdeckermeister, für die er nun die Förderung beantragt habe, baue nicht auf dem bereits geförderten Fortbildungsziel auf. Insbesondere befinde sich das Fortbildungsziel, für das er nunmehr die Förderung beantragt habe, nicht auf einer höheren Fortbildungsstufe als die bereits geförderte Fortbildung. Besondere Umstände des Einzelfalls, die eine weitere Förderung rechtfertigen würden, seien nicht erkennbar. Es stehe kein wichtiger Grund der Ausübung des Berufes entgegen, zu dem die erste geförderte Fortbildung qualifiziert habe. Für die weitere Fortbildung seien daher auch die Förderungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 3 AFBG nicht erfüllt.
7Zum Ablehnungsbescheid nahm der Kläger unter dem 00.00.0000 Stellung. Die weitere Fortbildung/Doppelqualifikation verbessere seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt und sei Voraussetzung, einen Arbeitsplatz in der Firma I. antreten zu können.
8Seit Mitte des Jahres 2020 befand sich der Beklagte in einem E-Mail-Austausch mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) betreffend den Vollzug des AFBG nach einer Gesetzesänderung. Anlässlich eines Hinweises des Fortbildungsveranstalters des Klägers teilte das BMBF dem Beklagten per E-Mail vom 00.00.0000 mit, nach den Vollzugshinweisen zu § 6 Abs. 2 und 3 AFBG von August 2020 könnten besondere Umstände des Einzelfalles auch gegeben sein, wenn die angestrebte weitere Fortbildung für die Berufsausübung in fachlicher Sicht erforderlich sei. Von dieser Regelung seien Doppelqualifizierungen als Berufsausübungsvoraussetzungen erfasst, bei denen die branchen- und arbeitsmarktfähige Qualifikation erst mit mehreren Abschlüssen erworben werde – wie etwa beim Zimmerer- und Dachdeckermeister, Maler- und Lackierermeister und Techniker Farb- und Lacktechnik bzw. beim Tischlermeister und Kundenberater im Tischlerhandwerk. Die Kombination des Zimmerermeisters und des Dachdeckermeisters stelle insoweit eine der genannten Doppelqualifizierungen dar und sei nach § 6 Abs. 3 AFBG förderfähig. Der Beklagte werde gebeten, dies im Vollzug zu prüfen und gegebenenfalls bereits ergangene Bescheide auf Korrekturbedarf zu prüfen.
9Hierauf erwiderte der Beklagte mit E-Mail vom 00.00.0000 unter Betonung des Wortes „erforderlich“ in § 6 Abs. 3 AFBG. Wie in der Gesetzesbegründung zutreffend ausgeführt werde, seien hier etwa Doppelqualifizierungen als Berufsausübungsvoraussetzungen erfasst. Der Zimmerermeister, der Maler- und Lackierermeister und der Tischlermeister erwürben bereits durch diesen Meistertitel eine „branchen- und arbeitsmarktfähige Qualifikation“. Wäre dies nicht der Fall, so müsse man sich die Frage stellen, ob die Vorbereitung auf einen dieser Meistertitel allein überhaupt förderfähig sein könne. In den Beispielen sei der Meistertitel jeweils keine Voraussetzung für die Zulassung zu einer weiteren Prüfung. Die zweite Fortbildung finde auf derselben oder sogar auf einer niedrigeren Qualifikationsstufe statt. Nach der Gesetzesbegründung zu Absatz 2 solle gerade in solchen Fällen keine weitere Förderung erfolgen. Soweit in den Vollzugshinweisen davon ausgegangen werde, dass die Vorbereitung auf ein Fortbildungsziel der gleichen oder sogar einer niedrigeren Fortbildungsstufe gefördert werden könne, widerspreche dies dem Gesetzeszweck und führe dazu, dass es keine nachvollziehbare Abgrenzung mehr zwischen förderfähigen und nicht förderfähigen Fortbildungen gebe. Die Vollzugshinweise bedürften der Überarbeitung. Die Fortbildungsabschlüsse des Zimmerermeisters und des Dachdeckermeisters seien jeweils für sich betrachtet arbeitsmarktfähig. Eine Doppelqualifizierung möge zwar wünschenswert sein, sie sei aber nicht als Berufsausübungsvoraussetzung erforderlich. Falls das BMBF an seiner bisherigen Auffassung festhalte, so stelle sich die Frage, ob die Reihenfolge der beiden Fortbildungen egal sei.
10Das BMBF erwiderte mit E-Mail vom 00.00.0000, es sei richtig, dass auf das Kriterium der „Erforderlichkeit“ abzustellen sei. Bei der Entscheidung, ob eine Doppelqualifizierung tatsächlich als Berufsausübungsvoraussetzung erforderlich sei, sei darauf abzustellen, ob die branchen- und arbeitsmarktfähige Qualifikation erst mit mehreren Abschlüssen oder auch bereits mit einem Abschluss erworben werde. Bislang sei man davon ausgegangen, dass dies bei der Kombination Zimmerer- und Dachdeckermeister erst mit Erwerb der beiden Abschlüsse gegeben sei. Sollte dies tatsächlich nicht der Fall sein, so müssten die Vollzugshinweise überdacht werden. Es werde empfohlen, sich an die Handwerkskammer zu wenden und dort abzuklären, wie sich die Betriebsstruktur in den jeweiligen Gewerken darstelle. Das Ministerium könne diese Bewertung nicht vornehmen. Sollten in den Betrieben überwiegend beide Abschlüsse vorhanden sein, dann spreche dies für eine entsprechende Erforderlichkeit. Das gelte auch dann, wenn die Qualifikation nicht in einer Person gebündelt sei, sondern sich auf verschiedene Personen verteile. Wenn in den meisten Betrieben nur eine Qualifikation vorhanden sei, wäre die Erforderlichkeit zu verneinen und eine Förderung käme nicht in Betracht.
11Der Kläger hat am 00.00.0000 Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln erhoben. Dieses hat die Klage mit Beschluss vom 00.00.0000 an das erkennende Gericht verwiesen.
12Der Kläger trägt vor, vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides nicht angehört worden zu sein. Nach § 6 Abs. 2 AFBG würde nach erfolgter Förderung die Vorbereitung auf ein weiteres Fortbildungsziel gefördert, wenn das angestrebte Fortbildungsziel auf dem bereits erreichten Fortbildungsziel aufbaue. Gemäß § 6 Abs. 3 AFBG könne die Vorbereitung auf ein weiteres Fortbildungsziel auch dann gefördert werden, wenn besondere Umstände des Einzelfalls dies rechtfertigten. Diese seien unter anderem dann gegeben, wenn das weitere Fortbildungsziel für die Berufsausübung in fachlicher Hinsicht erforderlich sei. So liege der Fall hier. In den Vollzugshinweisen des BMBF aus August 2020, bei denen es sich um normkonkretisierende, das Verwaltungsgericht bindende Verwaltungsvorschriften handele, sei ausgeführt, dass von dieser Regelung Doppelqualifizierungen als Berufsausübungsvoraussetzungen erfasst seien, bei denen die „branchen- und arbeitsmarktfähige Qualifikation“ erst mit mehreren Abschlüssen erworben werde – „wie etwa Zimmerer- und Dachdeckermeister“. Die Qualifikation Zimmerermeister sei mithin erst in Kombination mit der Fortbildung zum Dachdeckermeister branchen- und arbeitsmarktfähig. Folglich lägen besondere Umstände des Einzelfalls im Sinne des § 6 Abs. 3 AFBG vor.
13Dem Beklagten sei es nicht gelungen, zu belegen, dass die Zimmerer- und Dachdeckerbetriebe lediglich über eine Berufsqualifikation verfügten. Es sei eine übergeordnete Betrachtung aller Klein- und Großunternehmen vorzunehmen. Irrelevant sei, dass der Kläger nach seiner Ausbildung in Betrieben beschäftigt gewesen sei, die lediglich über eine Meisterqualifikation verfügt hätten. Dabei handele es sich um einen Einzelfall, der bei dem Vorhandensein einer allgemeinen, bundesweiten Betriebsstruktur, in der Betriebe überwiegend beide Abschlüsse vorwiesen, nicht ins Gewicht falle. Soweit der Kläger beweispflichtig für die Erforderlichkeit der Doppelqualifikation sei, sei ihm der entsprechende Beweis durch Vorlage der Vollzugshinweise des BMBF gelungen.
14Auch baue die Ausbildung des Dachdeckermeisters auf der Zimmerermeisterausbildung inhaltlich auf. Das ergebe sich aus dem Umstand, dass sich die Lehrgangsdauer für den Dachdeckermeister bei abgeschlossenem Zimmerermeisterlehrgang von 1.120 auf 750 Stunden verkürze. Zum anderen seien aufgrund der Verwandtschaftserklärung der Bundesregierung von 1998 Zimmerermeister berechtigt, die originäre Aufgabe des Dachdeckermeisters, Ziegeldächer zu erneuern, ebenfalls auszuführen. Im Gegenzug dazu verfüge der Dachdeckermeister über die Befugnis, Dachstühle zu errichten. Die Errichtung von Dachstühlen sei das originäre Tätigkeitsfeld eines Zimmerermeisters. Ohne den Dachdeckermeistertitel sei der Zimmerermeister nicht berechtigt, bspw. Schiefer- oder Flachdächer und damit ein komplettes Gebäude zu errichten oder zu erneuern. Typisch für das Zimmereihandwerk sei die Errichtung von kompletten Gebäuden einschließlich des Dachs in verschiedensten Formen. Habe ein Zimmereibetrieb nicht die Dachdeckermeisterqualifikation, so könne er keine Komplettleistung (Gebäude einschließlich aller Arten von Dächern) anbieten oder bewerben. In der Zusammenarbeit der beiden Handwerksberufe entstehe ein gemeinsames Produkt, das Dach, wobei der Zimmerer die Vorarbeit für den Dachdecker leiste. Beide Gewerke müssten zwingend aufeinander abgestimmt sein.
15Dafür, dass die Dachdeckermeisterausbildung inhaltlich auf der Zimmerermeisterausbildung aufbaue, spreche auch, dass § 6 Abs. 3 AFBG in seiner bis zum 31. Juli 2020 geltenden Gesetzesfassung vorsah, dass die Vorbereitung auf ein weiteres Fortbildungsziel gefördert würde, wenn der Teilnehmerin oder dem Teilnehmer der Zugang erst durch den erfolgreichen Abschluss der nach diesem Gesetz geförderten Maßnahme eröffnet worden sei. Damals sei der Meister im Zimmererhandwerk durch eine Sonderregelung in der Handwerksordnung (HwO) zum Meisterlehrgang im Dachdeckerhandwerk automatisch zugelassen worden, ohne dass er eine zusätzliche Grundausbildung im Dachdeckerhandwerk zu absolvieren hatte. Der dem Meisterlehrgang zum Zimmerermeister nachfolgende Meisterlehrgang im Dachdeckerhandwerk sei nach dieser Rechtslage förderfähig gewesen. Durch seine Vollzugshinweise habe das BMBF klargestellt, dass die Förderfähigkeit auch nach der neuen Rechtslage bestehen bleiben solle. Der Anspruch bestehe auch in der geltend gemachten Höhe.
16Der Kläger beantragt,
17den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 00.00.0000 zu verpflichten, die Teilnahme des Klägers an der Fortbildungsmaßnahme zum Dachdeckermeister beim Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH in Höhe von 5.780,- Euro zu fördern.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung trägt er vor, die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 AFBG lägen nicht vor. Zwar seien Zimmerermeister die Zielgruppe der Fortbildung, die der Kläger besuche. Der Abschluss als Zimmerermeister sei aber keine Prüfungszulassungsvoraussetzung für die Prüfung zum Dachdeckermeister. Nach den vom Kläger vorgelegten Vollzugshinweisen des BMBF seien von der Regelung des § 6 Abs. 3 AFBG Doppelqualifizierungen als Berufsausübungsvoraussetzungen erfasst, bei denen die „branchen- und arbeitsmarktfähige Qualifikation“ erst mit mehreren Abschlüssen erworben wird. Als Beispiel würden dort unter anderem Zimmerer- und Dachdeckermeister aufgeführt. Der Beklagte habe per E-Mail dem BMBF seine Bedenken gegen diese Vollzugshinweise vorgetragen. Der Zimmerermeister erwerbe bereits durch diesen Meistertitel die „branchen- und arbeitsmarktfähige Qualifikation“. Wäre dies nicht der Fall, dürfte die Vorbereitung auf diesen Meistertitel allein nicht mehr einzeln gefördert werden. Es müsste dann in der Fortbildungsplanung schon bei Beantragung der Förderung für den ersten Meister ein Erwerb beider Meistertitel vorgesehen werden, da nur dadurch der berufliche Aufstieg zu erreichen wäre.
21Der Meistertitel sei keine Voraussetzung für die Zulassung zur weiteren genannten Prüfung. Die zweite Fortbildung finde auf derselben Stufe (DQR 6) statt. Er habe gegenüber dem BMBF zudem vorgetragen, nicht nachvollziehen zu können, welche inhaltliche Verbindung zwischen der Fortbildung zum Meister und der in diesem Zusammenhang auch genannten Fortbildung zum staatlich geprüften Techniker bestehen solle. Es sei unklar, welche der beiden Fortbildungen auf der anderen aufbaue. Für die aufeinander folgende Förderung beider Fortbildungen sehe er keine Rechtsgrundlage. Dasselbe gelte für die Förderung von zwei Meistertiteln hintereinander. Mit weiterer E-Mail habe er vorgetragen, die Fortbildungsabschlüsse als Zimmerermeister und als Dachdeckermeister seien nach seinem bisherigen Kenntnisstand jeweils für sich betrachtet arbeitsmarktfähig. Eine Doppelqualifizierung möge zwar wünschenswert sein, sei aber nicht als Berufsausübungsregelung erforderlich. Anträge auf Förderung der Fortbildung zum Dachdeckermeister nach einer Fortbildung zum Zimmerermeister halte er entgegen der Vollzugshinweise nicht für förderfähig. Sollte das BMBF seine Auffassung aufrechterhalten, so stelle sich die Frage, ob die Reihenfolge der beiden Fortbildungen egal sei. Unter Bezugnahme auf die E-Mail des BMBF vom 00.00.0000 führt er ergänzend aus: Die Handwerkskammer N. habe ihm nicht mitteilen können, ob in den Dachdecker- und Zimmereibetrieben, die in der Handwerksrolle eingetragen seien, in den meisten Betrieben nur eine Qualifikation vorhanden sei oder beide Qualifikationen. In großen Betrieben würden vermutlich in größerem Umfang sowohl Dachdecker- als auch Zimmerermeister beschäftigt werden. In kleineren Betrieben werde wohl eher eine Ausübungsberechtigung nach § 7a HwO beantragt. Wer ein Handwerk nach § 1 HwO betreibe, erhalte eine Ausübungsberechtigung für ein anderes Gewerbe der Anlage A oder für wesentliche Tätigkeiten dieses Gewerbes, wenn die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen seien; dabei seien auch seine bisherigen beruflichen Erfahrungen und Tätigkeiten zu berücksichtigen. Diese Möglichkeit spreche dagegen, dass die branchen- und arbeitsmarktfähige Qualifikation bei der Kombination Zimmerer- und Dachdeckermeister erst mit Erwerb der beiden Abschlüsse gegeben sei. Der Kläger sei in einem Betrieb beschäftigt, der schon vor dem Bestehen der Zimmerermeisterprüfung durch den Kläger mit der Qualifikation Zimmerermeister eingetragen gewesen sei. Laut Bescheinigung des Arbeitgebers vom 00.00.0000 benötigte dieser einen Dachdeckermeister. Es sei nach der bestehenden Aktenlage nicht erkennbar, warum der Kläger nicht direkt die Fortbildung zum Dachdeckermeister absolviert habe. Zudem seien beide Betriebe, in denen der Kläger nach seiner Ausbildung beschäftigt gewesen sei, bisher nur mit einer Meisterqualifikation in der Handwerksrolle eingetragen. Auch dies spreche gegen die allgemeine Erforderlichkeit einer Doppelqualifikation.
22Die Annahme des BMBF, dass die branchen- und arbeitsmarktfähige Qualifikation bei der Kombination Zimmerer- und Dachdeckermeister erst mit Erwerb beider Abschlüsse gegeben sei, sei widerlegbar. Es sei nicht möglich gewesen, über die Handwerkskammer einen Gesamtüberblick über die Betriebsstruktur zu erhalten. Der Kläger habe den Nachweis zu erbringen, dass die Fördervoraussetzungen vorlägen, sodass die Schwierigkeiten, die Betriebsstruktur im Hinblick auf das Bestehen einer Doppelqualifikation umfassend zu ermitteln und deren Erforderlichkeit zu belegen, zu Lasten des Klägers gingen.
23Nach den Erfahrungen des Beklagten sei auch einer der beiden Abschlüsse allein branchen- und arbeitsmarktfähig und könne daher einzeln gefördert werden. Es sei nicht ersichtlich, dass ein zulassungspflichtiges Handwerk gemäß Anlage A der Handwerksordnung nicht ohne eine zusätzliche Qualifikation in einem anderen Handwerk ausgeübt werden könne. Es sei zwar davon auszugehen, dass in großen Betrieben mit höherer Wahrscheinlichkeit beide Qualifikationen vorhanden seien, aber nicht in einer Person. Daraus ergebe sich daher nicht, dass eine Person beide Abschlüsse haben müsse, um branchen- und arbeitsmarktfähig zu sein. Die Vollzugshinweise des BMBF seien Verwaltungsvorschriften, an die das Gericht nicht gebunden sei.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
25E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
26Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Bewilligung von (weiteren) Leistungen nach dem AFBG – hier in der für den Maßnahmezeitraum maßgeblichen aktuellen, seit dem 1. August 2020 gültigen Fassung (BGBl. I S. 1936).
27Der Rechtmäßigkeit des Bescheides steht entgegen der Auffassung des Klägers zunächst nicht entgegen, dass dieser vor seinem Erlass nicht angehört worden wäre. § 24 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der über § 27a AFBG Anwendung auf den vorliegenden Fall erfährt, normiert, dass ein Beteiligter anzuhören ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in dessen Rechte eingreift. So liegt der Fall hier nicht. Es darf als in der Rechtsprechung geklärt gelten, dass das Anhörungserfordernis in der Regel keine Anwendung auf Verwaltungsakte findet, die einen auf eine Begünstigung gerichteten Antrag ablehnen. Der Kläger hat in diesem Fall bereits bei der Antragstellung hinreichend Gelegenheit, alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen vorzutragen, sodass eine nochmalige Anhörung vor der Ablehnung nicht geboten ist.
28Vgl. zum Ganzen Kallerhoff/Mayen in: Stelkens/Bonk/ Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2023, § 28 Rn. 31 ff., dort auch zu anderen, in der Literatur vertretenen Ansichten.
29Einem etwaigen Förderanspruch des Klägers steht die Regelung des § 6 Abs. 2 AFBG entgegen. Danach wird, wenn bereits ein Fortbildungsziel im Sinne von § 2 Absatz 1 AFBG gefördert wurde, die Vorbereitung auf ein weiteres Fortbildungsziel im Sinne von § 2 Absatz 1 AFBG gefördert, wenn das angestrebte Fortbildungsziel auf dem bereits erreichten Fortbildungsziel aufbaut. Das soll nach dem Satz 2 der Norm insbesondere dann gegeben sein, wenn ein Fortbildungsziel auf der nächsten Fortbildungsstufe im Sinne des § 53a des Berufsbildungsgesetzes oder des § 42a der Handwerksordnung angestrebt wird (hierzu 1.). Auch die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 6 Abs. 3 AFBG, nach dem die Vorbereitung auf ein weiteres Fortbildungsziel auch dann gefördert wird, wenn besondere Umstände des Einzelfalls dies rechtfertigen, sind im Falle des Klägers nicht gegeben (hierzu 2.).
301. Das AFBG geht im Grundsatz davon aus, dass die Vorbereitung auf einen Fortbildungsabschluss förderungsfähig ist (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 AFBG). Allerdings eröffnet § 6 Abs. 2 AFBG die Möglichkeit, eine Förderung durch das AFBG mehrfach in Anspruch zu nehmen. Danach wird das angestrebte (neue) Fortbildungsziel (nur) gefördert, wenn es auf dem bereits erreichten (alten) Fortbildungsziel im Sinne von § 2 Abs. 1 AFBG aufbaut (Satz 1). Die Regelung setzt insofern einen strukturellen Aufbau der Fortbildungsziele voraus. Ein lediglich sinnvoller oder logischer Aufbau ist von § 6 Abs. 2 AFBG nicht erfasst. Für den erforderlichen strukturellen Aufbau führt § 6 Abs. 2 Satz 2 AFBG zwei Regelbeispiele an: Die Vorbereitung auf ein weiteres Fortbildungsziel wird danach gefördert, wenn es auf der nächsten, das heißt der nächsthöheren Fortbildungsstufe im Sinne des § 53a des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) oder des § 42a HwO angesiedelt ist. Die Regelung bezieht sich damit auf die im BBiG und in der HwO eingeführten drei beruflichen Fortbildungsstufen. Eine Förderung ist danach aufsteigend anhand des Aufbaus der drei Fortbildungsstufen möglich, die in der Regel zugleich den Kriterien des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) für ein Einstufen auf den Niveaus 5, 6 und 7 entsprechen. Nicht gefördert wird mit § 6 Abs. 2 AFBG der Wechsel des Qualifikationsniveaus von einer höheren in eine niedrigere Fortbildungsstufe.
31Vgl. VG Bremen, Urteil vom 22. Februar 2022 - 7 K 509/20 -, juris.
32Eine mehrmalige Förderung auf der gleichen Fortbildungsstufe ist ebenfalls im Rahmen des § 6 Abs. 2 AFBG ausgeschlossen,
33vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/15273, S. 26 sowie grundlegend BVerwG, Urteil vom 12. November 2007 - 5 C 27.06 -, juris Rn. 14: „Dagegen ist es nicht Ziel des Gesetzes eine Fortbildung zu fördern, deren Fortbildungsziel nicht über eine bereits erworbene berufliche Qualifikation hinausreicht.“
34Daran gemessen hat der Kläger keinen Anspruch auf eine weitere Förderung für die (neue) Fortbildung zum Dachdeckermeister nach § 6 Abs. 2 AFBG: Der Kläger ist bereits für das Fortbildungsziel des Zimmerermeisters, das dem DQR-Niveau 6 entspricht,
35vgl.: https://www.dqr.de/SiteGlobals/Forms/dqr/de/qualifi kationssuche/suche_formular.html, Suchbegriff: Zimmerermeister, zuletzt abgerufen am 26. November 2024.
36gefördert worden. Das vom Kläger angestrebte Fortbildungsziel des Dachdeckermeisters befindet sich ebenfalls auf dem DQR-Niveau 6,
37vgl.: https://www.dqr.de/SiteGlobals/Forms/dqr/de/qualifi kationssuche/suche_formular.html, Suchbegriff: Dachdeckermeister, zuletzt abgerufen am 26. November 2024,
38wie das bereits geförderte Fortbildungsziel. Der Dachdeckermeister ist mithin nicht die im Vergleich zum Zimmerermeister „nächste Fortbildungsstufe“ im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 2 AFBG. Dementsprechend kann die Kammer nicht feststellen, dass die Fortbildung zum Dachdeckermeister in der vom Gesetz geforderten Weise in struktureller Hinsicht auf der Fortbildung zum Zimmerermeister aufbaut. Nichts für den Kläger Günstiges lässt sich in dieser Hinsicht aus dem Umstand herleiten, dass die Fortbildung zum Dachdeckermeister für diesen verkürzt ist, weil er bereits Zimmerermeister ist. Anrechnungsmöglichkeiten einzelner Teile der ersten Qualifikation zur Verkürzung der zweiten führen nicht zu einem strukturellen Zusammenhang zwischen beiden.
39Vgl. Kuznik in: Schlegel/Voelzke, Juris-PK, § 6 AFBG, Rn. 51 m.w.N. aus der Rspr.
40Nach dem Gesagten mag im Einzelnen dahinstehen, ob die Anrechnungsmöglichkeiten sich gegebenenfalls ohnehin in – allgemeinen – Fortbildungsbestandteilen erschöpfen, die für den Erwerb beider Meister gleich sind, wie etwa Fragen der Betriebsführung oder der Ausbildung von Auszubildenden.
412. Auch der Tatbestand der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs. 3 AFBG ist nicht erfüllt.
42Abweichend von dem genannten Grundsatz, dass eine weitere Fortbildungsmaßnahme auf demselben oder einem niedrigen Qualifikationsniveau nicht förderungsfähig ist, kann eine solche dennoch unter den besonderen Voraussetzungen von § 6 Abs. 3 AFBG gefördert werden. Nach dieser Vorschrift kann abweichend von § 6 Abs. 2 AFBG die Vorbereitung auf ein weiteres Fortbildungsziel auch dann gefördert werden, wenn besondere Umstände des Einzelfalls dies rechtfertigen (Satz 1). Besondere Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein wichtiger Grund der Ausübung desjenigen Berufs entgegensteht, zu dem die zuletzt nach diesem Gesetz geförderte Fortbildung qualifiziert hat, oder wenn das weitere Fortbildungsziel für die Berufsausübung in fachlicher Hinsicht erforderlich ist (Satz 2).
43Der Beklagte hat die weitere Förderung vorliegend zu Recht abgelehnt, denn es liegt tatbestandlich weder ein Regelbeispiel nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Var. 1 (hierzu a.) oder Var. 2 (hierzu b.) AFBG vor, noch ist ein unbenannter, besonderer Grund des Einzelfalls im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 AFBG gegeben (hierzu c.).
44a. Es steht im Falle des Klägers zunächst kein wichtiger Grund der Ausübung des Berufs des Zimmerermeisters entgegen, zu dessen Fortbildung er zuletzt Leistungen nach dem AFBG bezogen hat (§ 6 Abs. 3 Satz 2 Var. 1 AFBG). Der Kläger hat insoweit selbst geltend gemacht, sowohl seine erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten als Zimmerer als auch diejenigen als Dachdecker seiner zukünftigen Erwerbsarbeit zu Grunde legen zu wollen. Damit ist seine zuerst geförderte Fortbildung für ihn nicht im Sinne des Gesetzes mit der Folge entwertet, dass er für eine weitere Fortbildung zu fördern wäre.
45b. Das weitere Fortbildungsziel des Dachdeckermeisters ist zur Überzeugung der Kammer auch nicht im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 AFBG für die Berufsausübung in fachlicher Hinsicht erforderlich. Erfasst von dieser Vorschrift sind etwa Doppelqualifizierungen als Berufsausübungsvoraussetzungen,
46vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/15273, S. 27; VG Bremen, Urteil vom 22. Februar 2022 - 7 K 509/20 -, juris; Kuznik in: Schlegel/Voelzke, Juris-PK, § 6 AFBG, Rn. 61.
47Im Rahmen dieser Ausnahmeregelung kann daher die Vorbereitung auf ein Fortbildungsziel im Sinne von § 2 Abs. 1 AFBG der gleichen Fortbildungsstufe wie der bisher erreichten Fortbildungsstufe gefördert werden.
48Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26. September 2022 - 3 O 18/20 -, juris Rn. 14.
49Dabei ergibt sich die fachliche Erforderlichkeit der Durchführung der zweiten Fortbildungsmaßnahme, anders als der Kläger annimmt, nicht bereits aus dem Umstand, dass die „Vollzugshinweise zur Anwendung des § 6 Abs. 2 und Abs. 3 AFBG n.F.“ des BMBF – Referat 311 – aus dem August 2020 ausführen, die „branchen- und arbeitsmarktfähige Qualifikation“ werde im Falle des Zimmerer- und Dachdeckermeisters erst mit mehreren (beiden) Abschlüssen erworben. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers handelt es sich bei den Vollzugshinweisen des Ministeriums nicht um normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, die das Gericht binden. Die Hinweise stellen vielmehr als reines Verwaltungsinnenrecht eine Anwendungsanleitung für die verschiedenen im Bundesgebiet mit der Ausführung des – Massenverfahrens des Vollzuges des – AFBG betrauten Behörden dar, ohne dass die Verwaltungsgerichte in ihrer Rechtsprechung an die Hinweise gebunden wären. Diese Einschätzung scheint nicht zuletzt auch das Ministerium selbst zu teilen, wenn es in der E-Mail-Korrespondenz mit dem Beklagten festhält, richtig sei, auf das (gesetzliche) Kriterium der „Erforderlichkeit“ und die branchen- und arbeitsmarktfähige Qualifikation abzustellen. Nichts anderes ergibt sich aus der klägerischen Behauptung, das BMBF habe durch seine Vollzugshinweise klargestellt, nach einer Gesetzesänderung die weitere Doppelförderung des Zimmerer- und Dachdeckermeisters ermöglichen zu wollen. Diese Überlegung liegt nahe, vermag aber mit Blick auf die genannte Rechtsnatur der Vollzugshinweise eine Auslegung der Norm nicht zu ersetzen.
50Dabei ist § 6 Abs. 3 AFBG nicht allein wegen seiner Eigenschaft als Ausnahmevorschrift eng, sondern entsprechend seines Sinnes und Zwecks auszulegen. Auch die Interpretation von „Ausnahmevorschriften“ folgt den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen; auch diese Vorschriften sind, je nach der ihnen innewohnenden Zweckrichtung, einer einschränkenden oder ausdehnenden Auslegung zugänglich.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 1995 - 9 C 73.95 -, juris Rn. 24; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. Juli 2023 - 15 K 128/22 -, juris Rn. 42 f.
52Gleichzeitig besteht auch für eine extensive Anwendung der Vorschrift kein Anlass,
53vgl. VG Bremen, Urteil vom 22. Februar 2022 - 7 K 509/20 -, juris Rn. 24.
54Dem Sinn und Zweck der Vorschrift wird es vorliegend gerecht, die Doppelqualifikation des Zimmerer- und Dachdeckermeisters, deren tatsächliche Nützlichkeit die Kammer nicht verkennt, nicht unter das Regelbeispiel der „in fachlicher Hinsicht bestehenden Erforderlichkeit für die Berufsausübung“ zu fassen.
55Das Wort „erforderlich“ bedingt es dem Wortsinn nach, dass das weitere Fortbildungsziel gleicher Stufe notwendige Bedingung für die angestrebte Berufsausübung ist,
56vgl. Kuznik in: Schlegel/Voelzke, Juris-PK, § 6 AFBG, Rn. 60: „Das weitere Fortbildungsziel gleicher Stufe ist danach notwendige Bedingung für die angestrebte Berufsausübung, eine bloße Nützlichkeit genügt nicht.“
57Eine solche Notwendigkeit besteht im Verhältnis Zimmerer- und Dachdeckermeister nicht. Weder bedingt die Berufsausübung als Dachdecker die zusätzliche Ausbildung als Zimmerer, noch setzt umgekehrt die Berufsausübung als Zimmerer die Qualifikation als Dachdecker voraus. Ein solcher formaler Zusammenhang ist aber nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 AFBG erforderlich.
58Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26. September 2022 - 3 O 18/20 -, juris Rn. 14.
59Einer der beiden Handwerksmeister eröffnet bereits für sich genommen den Zugang zum Arbeitsmarkt. Das zeigt sich daran, dass Handwerksbetriebe mit nur einer der beiden Qualifikationen – zwischen den Beteiligten unstreitig – bestehen. Zu Recht weist auch der Beklagte darauf hin, dass die Möglichkeit besteht, beide Qualifikationen durch zwei Personen in einem Betrieb abzudecken.
60Dass das Erlangen beider Meisterqualifikationen für die Berufsausübung nicht im Rechtssinne erforderlich ist, ergibt sich zudem aus dem Umstand, dass in der Praxis gleich zwei Instrumente bestehen, um auch Meistern in nur einem der streitgegenständlichen Gewerke die Ausführung von dem jeweils anderen Gewerk zuzurechnenden Tätigkeiten zu ermöglichen: Der Beklagte verweist insoweit in nicht zu beanstandender Weise auf § 7a HwO, nach dem, wer ein Handwerk nach § 1 HwO betreibt, eine Ausübungsberechtigung für ein anderes Gewerbe der Anlage A oder für wesentliche Tätigkeiten dieses Gewerbes erhält, wenn die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen sind. Zum anderen weist der Kläger selbst schriftsätzlich auf die Verwandtschaftserklärung der Bundesregierung von 1998 hin, nach der Zimmerermeister berechtigt sind, die originäre Aufgabe des Dachdeckermeisters, Ziegeldächer zu erneuern, ebenfalls auszuführen, und der Dachdeckermeister über die Befugnis verfügt, Dachstühle zu errichten. Aus der Existenz dieser Erklärung ergibt sich, dass die Berufsausübung gerade nicht beide Meistertitel erfordert, anderenfalls bedürfte es weder der Ausübungsberechtigung noch der Verwandtschaftserklärung.
61Kein für den Kläger günstigeres Ergebnis ergibt sich aus den Ausführungen des Ministeriums, nach denen in einer empirischen Erhebung die Betriebsstruktur erfasst und die Erforderlichkeit anhand des häufiger auftretenden Phänomens – Betriebe mit nur einer Meisterqualifikation oder Betriebe mit beiden Meisterqualifikationen – festgelegt werden solle. Diese Herangehensweise findet im Gesetz keine Stütze. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass am Markt beiderlei Betriebsformen existieren. Daraus ergibt sich, dass es zur Betriebsführung nicht im genannten Sinn „notwendig“ ist, eine Doppelqualifikation vorzuweisen. Auch wenn demnach tatsächlich eine Mehrzahl der Betriebe über eine Doppelqualifikation verfügen sollte, ließe sich hieraus nicht der Schluss ziehen, dass Personen mit nur einem der streitgegenständlichen Meistertitel nicht „branchen- und arbeitsmarktfähig“ wären. Daher mag auch offenbleiben, wie sich die Betriebsstruktur in der Bundesrepublik im Einzelnen darstellt.
62Nach alledem vermag die Kammer eine Erforderlichkeit im Sinne einer notwendigen Bedingung für die vom Kläger erlangte Doppelqualifikation nicht zu erkennen.
63c. Es liegt auch kein sonstiger, unbenannter besonderer Grund des Einzelfalls im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 AFBG vor. Für ein vom Kläger sinngemäß geltend gemachtes „faktisches“ Erfordernis einer doppelten Qualifikation fehlen mangels Substantiierung hinreichende Anhaltspunkte.
64Zwar gehen die Vollzugshinweise des Ministeriums davon aus, dass eine Doppelförderung im Ergebnis statthaft sein soll, wenn die „branchen- und arbeitsmarktfähige Qualifikation“ erst mit mehreren Abschlüssen erworben werden kann. Gleichzeitig ergibt sich jedoch aus dem zu den Verwaltungsvorgängen genommenen E-Mail-Verkehr zwischen Beklagtem und Ministerium, dass dieses selbst die Beurteilung, ob diese Anforderungen vorliegen sollen, nicht vornimmt. In der Rechtsprechung wird – jedenfalls bisher – vertreten, dass selbst der Umstand, dass Unternehmen in der Praxis, d.h. faktisch, beide Qualifikationen erwarten, nicht ausreichend sein könne,
65vgl. VG Bremen, Urteil vom 22. Februar 2022 - 7 K 509/20 -, juris Rn. 25.
66Ob diese Einschätzung zutrifft, mag vorliegend dahinstehen. Der Kläger hat nicht einmal eine entsprechende faktische Erwartungshaltung des Arbeitsmarktes überhaupt substantiiert vorgetragen. In seiner ersten Reaktion auf den ablehnenden Bescheid hat er diesbezüglich lediglich ausgeführt, die Doppelqualifikation „verbessere seine Chance auf dem Arbeitsmarkt“ und sei Voraussetzung dafür, eine konkrete Stelle bei einem Arbeitgeber antreten zu können, der einen Dachdeckermeister benötige. Damit hat er in keiner Weise dargelegt, auf dem Arbeitsmarkt nicht auch – gegebenenfalls in einem anderen Betrieb – als Zimmerermeister reüssieren zu können. Zu Recht weist zudem der Beklagte darauf hin, dass der Kläger in dieser Situation auch (lediglich) den Dachdeckermeister hätte erwerben können, um die avisierte Stelle anzutreten.
67Eine stichpunktartige Recherche auf den Internetseiten der Bundesagentur für Arbeit erbrachte für Nordrhein-Westfalen 13 Stellenangebote, die sich dezidiert an „Zimmerermeister“ richten,
68https://www.arbeitsagentur.de/jobsuche/suche?angebotsart=1&was=Zimmerermeister&wo=Nordrhein-Westfalen – zuletzt abgerufen am 26. November 2024,
69wobei die zusätzliche Qualifikation als Dachdecker(meister) in keinem der Angebote erforderlich war. Nicht zuletzt hat der Kläger auch selbst bereits in Betrieben gearbeitet, die nicht über beide Meisterqualifikationen verfügten. Dass der Kläger mit seiner weitergehenden Qualifikation seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt weiter zu steigern sucht, führt nicht zur Gewährung weiterer Leistungen nach dem AFBG.
70Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO, § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.