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Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
G r ü n d e
3I. Der Antrag hat keinen Erfolg. Der nach § 123 Abs. 1 VwGO zulässige – sinngemäße – Antrag des Antragstellers,
4die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das Berufungsverfahren zur Besetzung der W 2-Professur „IT-Sicherheit“ fortzuführen,
5hat keinen Erfolg. Er ist unbegründet.
61. Der Antragsteller erstrebt vorliegend eine Vorwegnahme der Hauptsache, weil das auf Fortsetzung des Stellenbesetzungsverfahrens gerichtete Begehren des Eilverfahrens bereits die Funktion des Rechtsschutzes in der Hauptsache erfüllt.
7Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 – 2 A 3.13 –, juris, Rn. 22; OVG NRW, Beschluss vom 3. August 2021 – 1 B 1165/21 –, juris, Rn. 30 ff., m. w. N.
8Geht der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung wie hier mit einer Vorwegnahme der Hauptsache einher, so sind an das Vorliegen von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch hohe Anforderungen zu stellen. Eine Vorwegnahme der Hauptsache kommt im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn sich ein Obsiegen in einem Hauptsacheverfahren als überwiegend wahrscheinlich erweist und glaubhaft gemacht ist, dass das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache für den Antragsteller schwere, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. April 2019 – 6 B 1707/18 –, juris, Rn. 9.
102. Nach diesen Maßgaben hat der Antragsteller jedenfalls die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Er kann die Fortsetzung des Stellenbesetzungsverfahrens nicht verlangen. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, das Berufungsverfahren abzubrechen, ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch.
11a) Der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch gibt Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in eine Bewerberauswahl. Die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Der Bewerbungsverfahrensanspruch ist auf ein konkretes Stellenbesetzungsverfahren für die Vergabe eines bestimmten Statusamtes gerichtet, das möglichst zeitnah nach der Auswahlentscheidung durch Ernennung bzw. Beförderung des ausgewählten Bewerbers besetzt werden soll. Aus dieser Verfahrensabhängigkeit folgt, dass der Anspruch erlischt, wenn das Verfahren beendet wird. Geschehen kann dies zum einen durch die rechtsbeständige Ernennung des ausgewählten Bewerbers und zum anderem dadurch, dass der Dienstherr das Verfahren rechtmäßig abbricht.
12Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2014 – 1 WB 7.13 –, juris, Rn. 28, und Urteil vom 29. November 2012 – 2 C 6.11 –, juris, Rn. 10 f., m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2022 – 6 B 1388/21 –, juris, Rn. 21.
13Im Falle des Verfahrensabbruchs erlischt der durch die Einleitung des Auswahlverfahrens entstandene Bewerbungsverfahrensanspruch jedoch nur, wenn der Abbruch formell und materiell rechtmäßig erfolgt ist.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2022 – 6 B 1388/21 –, juris, Rn. 23.
15b) Dies ist hier der Fall. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, das Stellenbesetzungsverfahren abzubrechen, erweist sich als rechtmäßig.
16aa) Durchgreifende formelle Fehler sind vom Antragsteller weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
17bb) Auch materielle Fehler liegen nicht vor.
18aaa) Je nach Fallkonstellation unterliegt der Dienstherr bei der Entscheidung, ein bereits begonnenes Auswahlverfahren abzubrechen, in materiell-rechtlicher Hinsicht unterschiedlichen rechtlichen Bindungen, die von der bloßen Willkürfreiheit bis zum Vorliegen eines sachlichen Grundes reichen, der den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG genügt.
19Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Januar 2023 – 6 B 982/22 –, juris, Rn. 22 ff., m. w. N.
20Bei dem Tenure-Track-Verfahren nach § 38a HG NRW handelt es sich um ein spezielles hochschulbeamtenrechtliches „Verfahren zur Anstellung“, das die rechtlich garantierte Chance, nach einer befristeten Bewährungszeit eine Lebenszeitprofessur zu erhalten, beinhaltet. Der zunächst zum Juniorprofessor ernannte Bewerber erwirbt derart gegenüber der Hochschule zunächst einen „Anspruch auf Ausschreibungsverzicht“ für die Lebenszeitprofessur, sodass er die Gelegenheit erhält, das anschließende und eigentliche Berufungsverfahren (Abschlussevaluation) ohne unmittelbare Konkurrenz zu durchlaufen.
21Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. März 2022 – 2 B 10062/22.OVG –, juris, Rn. 6, m. w. N.; BayVGH, Beschluss vom 16. August 2016 – 7 ZB 15.2028 –, juris, Rn. 10.
22Die Tenure-Evaluierung, die der Bewerber erfolgreich zu durchlaufen und abzuschließen hat, stellt ein zwingendes „wissenschaftsadäquates Äquivalent zu einem Berufungsverfahren“
23– vgl. Jaburek, in: von Coelln/Lindner, BeckOK Hochschulrecht Bayern, 26. Ed. 1. August 2022, BayHSchPG Art. 18 Rn. 23, beck-online –
24bzw. „ein besonders ausgestaltetes Berufungsverfahren“
25– vgl. BayVGH, Beschluss vom 25. Oktober 2021 – 7 CE 21.2503 –, juris, Rn. 11 –
26dar. Mehr als den Anspruch auf die Durchführung eines formell und materiell rechtmäßigen Evaluierungsverfahrens, auf dessen Grundlage die Hochschule ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über die Bewerbung entscheidet, vermittelt Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art.19 Abs. 4 GG daher auch im Rahmen des Tenure-Track-Verfahrens nicht.
27Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Juli 2011 – 1 BvR 1616/11 –, juris, Rn. 23 f.; BayVGH, Beschluss vom 25. Oktober 2021 – 7 CE 21.2503 –, juris, Rn. 22.
28Hieraus ergibt sich zugleich, dass die Hochschule das Bewerbungsverfahren abbrechen kann und nach dem oben Ausgeführten im Lichte des Art. 33 Abs. 2 GG auch muss, wenn sich der im Tenure-Track-Verfahren einzige Bewerber im Rahmen des Evaluierungsverfahrens als ungeeignet für die angestrebte Planstelle erweist. Hierin liegt ein sachlicher Grund, das eingeleitete spezielle Bewerbungsverfahren abzubrechen.
29Vgl. BVerwG, Urteile vom 29. November 2012 – 2 C 6.11 –, juris, Rn. 17, und vom 26. Januar 2012 – 2 A 7.09 –, juris, Rn. 27; OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2019 – 6 B 401/19 –, juris, Rn. 7, m. w. N.
30Dabei obliegt die Feststellung, ob der Bewerber für die zu besetzende Professorenstelle geeignet ist, in erster Linie der Hochschule. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolldichte ist insoweit zurückgenommen. Denn da das Auswahlverfahren der Hochschullehrer die eigentlichen Träger der freien Forschung und Lehre innerhalb der Universität bestimmt und deshalb mit der Garantie der Wissenschaftsfreiheit im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG besonders eng verknüpft ist, steht der Hochschule grundsätzlich eine verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz über die Qualifikation eines Bewerbers für eine Hochschullehrerstelle zu. Die Auswahlentscheidung kann dementsprechend gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen und ob der Beurteilungsspielraum überschritten worden ist, etwa weil die Entscheidung ersichtlich auf der Verkennung von Tatsachen oder auf sachfremden Erwägungen beruht. Dies gilt vor allem und in erster Linie für die Feststellung und Beurteilung der wissenschaftlichen Eignung und der notwendigen Lehrbefähigung der Bewerber. Dadurch wird gleichzeitig die Einwirkung anderer staatlicher Stellen in den Prozess der „Selbsterneuerung“ der Hochschulkorporation im Lichte der Vorgaben von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG begrenzt.
31Vgl. zum Ganzen OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. März 2022 – 2 B 10062/22.OVG –, juris, Rn. 7 ff., m. w. N.
32bbb) Es kann dahinstehen, ob ein strengerer gerichtlicher Prüfungsmaßstab daraus folgt, dass es sich bei der Feststellung, ob die bei der Besetzung der Juniorprofessur festgelegten Leistungen erbracht wurden (vgl. § 38a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, Abs. 3 Satz 1 HG NRW) um eine berufsbezogene Prüfung handelt, so dass die Entscheidung auch an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen wäre.
33So OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19. März 2008 – 3 L 18/07 –, juris, Rn. 72.
34Auch unter Beachtung desselben ist die Abbruchentscheidung in materieller Hinsicht rechtmäßig. Die Antragsgegnerin hat auf der Grundlage der Empfehlung der Abschlussevaluations-/Berufungskommission beanstandungsfrei festgestellt, dass der Antragsteller die in der Berufungsvereinbarung vom 00.00.0000 festgelegten Leistungen nicht erbracht hat. Die Rügen des Antragstellers greifen nicht durch.
35(1) Die Bewertung, dass der Antragsteller das Kriterium „Forschung/Publikationen“ nicht erfüllt hat, weil er nicht mindestens drei A-Publikationen veröffentlicht hat, ist nicht zu beanstanden.
36Die Berufungskommission hat allein eine Veröffentlichung („Unifying Privacy Policy Detection“) als A-Beitrag gewertet.
37(a) Soweit die Berufungskommission zwei vom Antragsteller in seinem Selbstbericht als CORE-A-bewertete Publikationen („On the Usefulness of User Nudging and Strength Indication concerning Unlock Pattern Security“ und „Opportunistic Tracking in Cyber-Physical Systems“) als B-Publikationen eingestuft hat, hat sie keine falschen Tatsachen zugrunde gelegt.
38Der Vortrag des Antragstellers, dass die beiden Publikationen im Konferenzband der TrustCom-Konferenz 2020 erschienen und vom Verlag entsprechend seiner Zitierweise der Konferenz zugeschrieben worden seien, der Workshop IWCSS als Teil der TrustCom-Konferenz nicht über einen eigenen Rang verfüge und der Vorsitzende der IEEE TrustCom-Konferenz 2020 in seiner E-Mail vom 20. Januar 2021 angegeben habe, dass das Bewertungsverfahren für Konferenz- und Workshop-Veröffentlichungen gleich sei, steht dem nicht entgegen.
39Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass die Bewertung des IWCSS unterschiedlichen Meinungen unterliegt, wie auch der Konferenz-Vorsitzende in der oben genannten E-Mail ausgeführt hat. Dass es sich bei der Frage der Einordnung eines Workshops in das CORE-Ranking jedenfalls nicht um eine objektiv eindeutig in die vom Antragsteller vorgetragene Richtung zu beantwortende Tatsachenfrage handelt, zeigen bereits die Ausführungen der externen Gutachter, von denen einer seine Ansicht, dass das Ranking eines Workshops nicht dem der Konferenz entspricht, durch ehemalige Ausrichter der TrustCom-Konferenz bestätigt sieht. Zum gleichen Ergebnis kam zudem bereits ein externer Gutachter im Rahmen der Zwischenevaluation. Bestätigt wird dies durch die auf der Internetseite des Herausgebers des CORE-Rankings veröffentlichten Richtlinien für die Angabe des Rankings. Danach sollen die CORE-Rankings der übergeordneten Konferenzen nicht im Zusammenhang mit Workshop-Publikationen genannt werden. Dies wird als potentiell irreführend bewertet, da das CORE-Ranking nur für die Forschungsbeiträge zur Hauptkonferenz gelte,
40vgl. CORE Rankings Advisory Group, Guidelines for Reporting CORE Rankings, abrufbar unter https://drive.google.com/file/d/1P0dvw7DIo14z9om2OvSI1U_uFScx8eiQ/edit; zuletzt abgerufen am 23. September 2024.
41Weder ist maßgeblich, wie die Veröffentlichung zitiert wird, noch ob sie die gleiche Sichtbarkeit hat, wie wenn sie im Inhaltsverzeichnis der Hauptkonferenz zugeordnet wäre. Hinsichtlich des letzteren Aspekts hat die Berufungskommission beanstandungsfrei auf eine inhaltlich-qualitative Bewertung des Workshops abgestellt.
42Unabhängig davon, dass bereits fraglich ist, ob die Antragsgegnerin an eine im Rahmen der Zwischenevaluation getroffene Bewertung einer Publikation gebunden ist, hat sie entgegen dem Vorbringen des Antragstellers die beiden Publikationen nicht bereits zuvor als A-Publikationen anerkannt. Im Bericht über die Arbeit der Kommission zur Zwischenevaluierung vom 00.00.0000 heißt es insoweit wörtlich: „Publikationen 4 und 5 sind Beiträge zum International Workshop on Cyberspace Security, der in die mit B (CORE 2021, A gemäß CORE 2020) bewertete TrustCom Conference integriert ist. Die konkrete Bewertung ist umstritten. Gutachter 1 führt aus „Der Workshop selbst reicht nach dem Urteil des Gutachters weder von seiner Historie noch hinsichtlich der Gremien-Zusammensetzung an das B-Niveau heran, mehr als ein „C“ wäre hier geschmeichelt.“ (Bl. 298 der Gerichtsakte) Dass das Kriterium „Forschung/Publikationen“ dennoch als erfüllt angesehen wurde, bestätigt den Vortrag des Antragstellers nicht, weil es für die Erfüllung des Kriteriums im Rahmen der Zwischenevaluation (1 x A, 1 x B) auf die beiden Publikationen nicht ankam. Aus der darauffolgenden Kommunikation zwischen Antragsteller und dem Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Antragsgegnerin folgt nichts anderes.
43(b) Die Antragsgegnerin durfte darüber hinaus die A-Publikation „A Bilingual Longitudinal Analysis of Privacy Policies Measuring the Impacts of the GDPR and the CCPA/CPRA“ bei ihrer Beurteilung außer Acht lassen.
44Wegen der zulässigen gestaffelten Beteiligung von verschiedenen Gremien der Antragsgegnerin, die Empfehlungen für einen Berufungsvorschlag abgeben, diesen beschließen oder die endgültige Auswahlentscheidung treffen, nimmt das Verfahren zur Besetzung einer (ausgeschriebenen) Stelle als Hochschullehrer regelmäßig erhebliche Zeit in Anspruch. Angesichts dieser Verfahrensgestaltung ist es zulässig, hinsichtlich des von den Gremien zu würdigenden Schrifttums eines Bewerbers zur Beurteilung seiner fachlichen Eignung auf diejenigen Arbeiten abzustellen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt, der einen sachlichen Anknüpfungspunkt im Auswahlverfahren hat, bereits veröffentlicht sind. Denn erst mit der Veröffentlichung stehen diese Schriften der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung und können Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzung sein, die Aufschluss über die fachliche Eignung eines Bewerbers geben kann. Die beteiligten Gremien sind während eines Auswahlverfahrens nicht gehalten, den jeweiligen Wissenschaftsbereich fortlaufend daraufhin zu beobachten, ob einer der Bewerber eine weitere wissenschaftliche Arbeit veröffentlicht hat. Andernfalls wäre die abschließende Auswahlentscheidung schwierig zu treffen. Denn dann müssten beim Erscheinen eines neuen, unter Umständen ergebnisrelevanten wissenschaftlichen Beitrags eines Bewerbers die bisher getroffenen Zwischenentscheidungen regelmäßig wieder aufgehoben und das Verfahren in den früheren Zustand zurückversetzt werden, um die bisherige Zwischenentscheidung im Lichte des neuen schriftlichen Beitrags des Bewerbers zu überprüfen.
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 2 C 30.15 –, juris, Rn. 24.
46In dem zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin vereinbarten Zeitpunkt der Vorlage des Selbstberichts am 00.00.0000liegt ein solcher sachlicher Anknüpfungspunkt, da der Selbstbericht Ausgangspunkt der Abschlussevaluation ist (vgl. Teil B § 6 Abs. 5 und 6 der Ordnung über das Verfahren zur Berufung von Professorinnen/Professoren und Juniorprofessorinnen/Juniorprofessoren der X. X1. -V. vom 1. Juni 2022 (Berufungsordnung)). Nach dem Vorstehenden stellt dies auch keine rechtsfehlerhafte Verkürzung des Beurteilungszeitraums dar, sondern ist durch das mehrschrittige Evaluierungs- und Berufungsverfahren sachlich begründet. Dem steht nicht entgegen, dass nach der Berufungsvereinbarung Publikationen zählen, „die ab Stellenantritt angenommen wurden“ (Bl. 11 der Gerichtsakte). Eine Vereinbarung, dass alle Publikationen in die Bewertung einzubeziehen seien, die bis zum Ende des sechsjährigen Tenure-Zeitraums angenommen wurden, ist nach dem objektiven Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB) damit nicht verbunden. Vielmehr ist sie als Ausschluss solcher Publikationen zu verstehen, die bereits vor Stellenantritt angenommen worden waren. Derartiges steht hier nicht im Raum.
47Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass das Paper im Selbstbericht als „im Erscheinen“ bezeichnet worden sei und es nach dem Vortrag des Antragstellers wissenschaftlicher Praxis entspreche, dass angenommene Publikationen im nächsten Turnus veröffentlicht werden. Zum einen hat der Antragsteller den Beitrag in seiner „Liste der Publikationen in Einreichung bzw. Fertigstellung“ (Bl. 39 der Gerichtsakte) aufgeführt, ohne den genauen Fortschritt der Veröffentlichung zu spezifizieren. Zum anderen verweist die Antragsgegnerin zu Recht darauf, dass das vorläufige Programm der Konferenz, das das Paper als Beitrag ausgewiesen hat, für alle aufgeführten Beiträge auf der Konferenzseite darauf hingewiesen hat, dass einige der Beiträge nur unter der Bedingung der Zustimmung durch eine weitere Person („shepherd“) angenommen wurden und – jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abgabe des Selbstberichts – nicht bekannt war, ob diese Einschränkung für den Beitrag unter Co-Autorenschaft des Antragstellers galt.
48Wenn die Antragsgegnerin im Rahmen der Zwischenevaluation Veröffentlichungen berücksichtigt hat, die zwar angenommen, aber noch nicht veröffentlicht waren, ergibt sich daraus kein Anspruch des Antragstellers in Bezug auf die Abschlussevaluation. Die Antragsgegnerin bindet sich insbesondere nicht selbst, wenn sie im Zwischenevaluierungsverfahren wohlwollend anders entschieden hat. Dass sie im Rahmen der endgültigen Bewertung der Erbringung der festgelegten Leistungen einen strengeren Maßstab ansetzt als bei der Prognose zur Berufungsfähigkeit nach Ablauf der Juniorprofessur, ist nicht zu beanstanden.
49(c) Im Übrigen hätte der Antragsteller auch bei Berücksichtigung der Veröffentlichung „A Bilingual Longitudinal Analysis of Privacy Policies Measuring the Impacts of the GDPR and the CCPA/CPRA“ – worauf die Antragsgegnerin verweist – das Leistungskriterium nicht erfüllt, da nach der Berufungsvereinbarung mindestens drei A-Publikationen gefordert waren. Mit den weiteren Veröffentlichungen des Antragstellers hat sich die Berufungskommission – entgegen dem Vortrag des Antragstellers – ausdrücklich befasst. Ihr Bewertungsmaßstab, dass A- nicht durch B-Paper ersetzt werden können, gibt keinen Anlass zur Beanstandung. Dass der Antragsteller einen Beitrag veröffentlicht hat, der nicht nach dem – vereinbarten – CORE-Ranking bewertet, nach einem anderen Ranking aber mit einem A-Ranking äquivalent sei, hat er bereits nicht vorgetragen.
50(d) Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht darin zu sehen, dass die Antragsgegnerin einem anderen Juniorprofessor an demselben Institut angeboten hat, ein A- durch zwei B-Paper zu ersetzen. Dem Vortrag der Antragsgegnerin, dass die zugrundeliegenden Leistungsvereinbarungen nicht vergleichbar seien, da nicht einmal das gleiche Ranking für die Bewertung der Publikationen vereinbart und die Leistungsvereinbarung des anderen Juniorprofessors wesentlich strenger ausgestaltet gewesen sei, setzt der Antragsteller nichts entgegen.
51(2) Dass die Antragsgegnerin das Leistungskriterium „Forschung/Drittmittel“ nicht als übererfüllt angesehen hat – unabhängig davon, ob hierdurch die Gesamtbewertung infrage gezogen würde –, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Berufungskommission nimmt Bezug auf die eingeworbenen Forschungsprojekte (Punkt d.), die Mitarbeit an der „O. J. X. T. “ (Punkt g.), die erfolgreiche Betreuung einer Promotion (Punkt c.) sowie auf die Einschätzung der Gutachter. Q. . C. sah durch die Tätigkeit des Antragstellers als „Guest Editor“ zudem Punkt e. sowie darüber hinaus Punkt h. („Knowledge and research transfer“) als erfüllt an. Q. . G. hielt das Leistungskriterium insgesamt für „überwiegend erfüllt“. Nach seiner Ansicht habe der Antragsteller kompetitive Drittmittelförderung eingeworben, eine X. -T. organisiert, eine Dissertation erfolgreich betreut und sich, wenn auch nur mit kleinen Beiträgen, im Bereich Wissenstransfer engagiert. Allein dass (maximal) fünf Beiträge – gegenüber mindestens vier vereinbarten – zu diesem Leistungskriterium erbracht wurden und die Berufungskommission diese in ihre Bewertung eingestellt hat sowie dass Q. . G. festgehalten habe, dass aus seiner Sicht im Themenfeld des Antragstellers in den vergangenen Jahren viele Forschungsmittel bereitgestanden hätten, lässt eine den Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin überschreitende Fehleinschätzung nicht erkennen.
52Insoweit hat die Antragsgegnerin im Übrigen erläuternd ausgeführt, dass die im Selbstbericht genannten Projekte von ihrem Stellenwert her unterschiedlich zu gewichten seien, unter anderem aufgrund des Förderumfangs und der jeweiligen Rolle des Antragstellers im jeweiligen Projekt. Es könne deshalb nicht allein auf die Anzahl an Projekten ankommen. Es liege auch kein Fehler darin, Tätigkeiten als Reviewer und Editor nicht als Übererfüllung zu bewerten und zum Ausgleich anderer nicht erfüllter Punkte anzusetzen. Tätigkeiten als Reviewer nähmen Doktoranden ab Beginn ihrer Tätigkeit bei der Antragsgegnerin wahr – sie hätten also keine Aussagekraft über die im Tenure-Verfahren abgefragten Fähigkeiten des Antragstellers. Als Editor sei der Antragsteller laut Selbstbericht nur in einem einzigen Fall tätig geworden. Dem setzt der Antragsteller nichts entgegen.
53(3) Beanstandungsfrei hat die Antragsgegnerin zudem festgestellt, dass das Kriterium „Inhaltliches und organisatorisches Engagement im ERCIS“ nicht erfüllt ist. Dass die vereinbarte „Gründung eines Kompetenzzentrums“ nach dem objektiven Empfängerhorizont mehr als nur den formalen Gründungsakt verlangt, folgt bereits aus der Benennung des Kriteriums, die auch ein inhaltliches Engagement, nicht nur ein organisatorisches – das in der Gründung des Kompetenzzentrums gesehen werden kann – verlangt. Gestützt wird dies durch die Ergänzung zur Berufungsvereinbarung, wonach das Erfordernis der Gründung eines Kompetenzzentrums den „erwünschten internationalen Impact und Praxisbezug“ (Bl. 12 der Gerichtsakte) widerspiegelt. Dass ein solcher ohne nennenswerte inhaltliche Arbeit nicht erreicht werden kann, liegt auf der Hand. In der bloßen Ansprache des ERCIS-Geschäftsführers zur Herstellung von Kontakten zu Partnerinstitutionen, Mitgliedern und Beiratsmitgliedern hat die Antragsgegnerin zu Recht kein hinreichendes Engagement gesehen. Weitere Aktivitäten des Kompetenzzentrums hat der Antragsteller schon nicht dargelegt. Daher kann dahingestellt bleiben, ab welchem Grad von inhaltlicher Aktivität von einer Erfüllung des Kriteriums hätte ausgegangen werden können.
54(4) Dass die Antragsgegnerin das Kriterium „Engagement in der Lehre“ nicht als übererfüllt angesehen hat, ist ebenso wenig zu beanstanden. Dass der Antragsteller deutlich mehr als die geforderten mindestens zwölf Bachelor- oder Masterarbeiten betreut und in seinen Vorlesungsevaluationen über die vereinbarte Mindestgesamtnote von 2,3 hinaus eine Gesamtnote von 1,7 erreicht hat, steht dem nicht entgegen. Die Antragsgegnerin hat demgegenüber rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass es sich bei der Betreuung von Abschlussarbeiten lediglich um eines von drei Teilkriterien handele und das weitere Teilkriterium der Gesamtnote von 2,3 oder besser in mindestens sechs Vorlesungsevaluationen
55– anders als in der Zwischenevaluation und vom Gutachter Q. . C. angenommen, beziffert die Zahl 6 in der Berufungsvereinbarung die Anzahl der nachzuweisenden Vorlesungsevaluationen, nicht die zu erzielende Note; Gegenteiliges behauptet auch der Antragsteller nicht –
56nicht erfüllt sei, da der Antragsteller lediglich fünf Vorlesungen im Beurteilungszeitraum abgehalten habe. Dagegen kann der Antragsteller nicht mit Erfolg einwenden, dass die vereinbarte Vorlesung turnusgemäß nur im Sommersemester stattfinde und zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlungen Teil B der Berufungsordnung noch nicht existiert habe, so dass nicht berücksichtigt worden sei, dass die Abschlussevaluation mehrere Monate vor Ende der Juniorprofessur erfolgen werde. Dass die – bereits in der Berufungsvereinbarung vorgesehene – Überprüfung der Erfüllung der aufgestellten Leistungskriterien einen gewissen Vorlauf verlangt, liegt auf der Hand und muss auch dem Antragsteller bewusst gewesen sein. Das Angebot, gemeinsam mit Q. . Kuchen die Vorlesung „Software Engineering“ im Wintersemester 2023/2024 in Präsenz zu lesen, lehnte der Antragsteller unter Verweis auf seine Erkrankung ab, obwohl er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr von der Präsenzlehre befreit war. Weitere Bemühungen, die vereinbarte Anzahl an Vorlesungen zu erreichen, hat der Antragsteller nicht dargelegt.
57(5) Die Gesamtbewertung, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Berufung auf die W2-Professur „IT-Sicherheit" nicht erfüllt, ist nach alledem nicht zu beanstanden. Die Begründung, dass insbesondere die Nichterfüllung des Leistungskriteriums „Forschung/Publikationen“ nicht durch eine Übererfüllung an anderer Stelle habe kompensiert werden können, ist vom Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin gedeckt.
58(6) Das Vorbringen des Antragstellers, die negative Beurteilung sei die Weiterführung einer anhaltenden Ausgrenzung durch das Kollegium, vermag an dieser Bewertung nichts zu ändern. Sachfremde Erwägungen der Antragsgegnerin bei der Bewertung der Leistungserbringung und Berufungsfähigkeit des Antragstellers sind nach dem Vorstehenden nicht ersichtlich.
593. Da die Antragsgegnerin das Stellenbesetzungsverfahren rechtsfehlerfrei abgebrochen hat, hat auch der sinngemäß dahingehend auszulegende hilfsweise gestellte Antrag,
60die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, über die Fortführung des Berufungsverfahrens zur Besetzung der W 2-Professur „IT-Sicherheit“ unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
61keinen Erfolg.
62J. . Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
63III. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. In Fällen der vorliegenden Art nicht einschlägig ist § 52 Abs. 6 GKG. Denn das Begehren ist noch nicht auf eine Entscheidung über die Stellenbesetzung gerichtet, sondern zielt lediglich (auf der Vorstufe) auf die Überwindung des mit der Abbruchentscheidung geschaffenen Hindernisses für die Fortführung des Stellenbesetzungsverfahrens ab. Eine den grundsätzlich vorläufigen Charakter des Eilverfahrens berücksichtigende Verminderung des danach anzusetzenden Auffangwertes erfolgt nicht, weil der für die Streitwertbemessung maßgebliche Rechtsschutzantrag hier auf die zumindest vorläufige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.
64Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2018 – 1 B 1160/17 –, juris, Rn. 56 ff.