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Eine Abschiebungsandrohung erledigt sich regelmäßig auch durch die freiwillige Ausreise des Ausländers, wenn er damit seine Ausreisepflicht erfüllt hat. Er erfüllt die Ausreisepflicht nur dann nicht, wenn er nur zum Schein ausreist oder nach der Ausreise unverzüglich wieder in das Bundesgebiet einreist. Ein etwaiger innerer Vorbehalt oder eine Ausreise nur unter dem Druck der drohenden Abschiebung hindern die Erfüllung der Ausreisepflicht nicht.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist kamerunischer Staatsangehöriger. Er reiste am 21. 3. 2011 über die Schweiz in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er wollte in Deutschland an der Universität E. /F. Wirtschaftsinformatik studieren. Da er nicht die erforderlichen Sprachkenntnisse nachweisen konnte, musste er zunächst an einem vorbereitenden Deutschkurs teilnehmen. Dafür erhielt er am 1. 3. 2011 ein bis zum 17. 6. 2011 gültiges Visum zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Der Kläger bestand den Deutschkurs, so dass er das Studium wie geplant aufnehmen konnte. Dafür erhielt er am 1. 4. 2011 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG a. F. Diese Aufenthaltserlaubnis für das Studium wurde in der Folgezeit fortlaufend verlängert und war zuletzt gültig bis zum 09.08.2017. Bevor der Aufenthaltstitel ablief, zog der Kläger im Mai 2017 nach N. . Er stellte dort keinen Antrag mehr auf Verlängerung der Aufenthaltsaufenthaltserlaubnis.
3Im Oktober 2018 wollte der Kläger sodann nach H. ziehen, um an der Universität Q. weiter zu studieren. Aufgrund der Tatsache, dass er zu diesem Zeitpunkt keinen gültigen Aufenthaltstitel mehr besaß, wurde die Anmeldung dort abgelehnt und der Kläger erneut an das zuständige Amt der Beklagten verwiesen. Dort meldete er sich jedoch erneut nicht. Daraufhin versuchte die Beklagte, den Aufenthaltsort des Klägers zu ermitteln, und meldete ihn, als dies fehlschlug, als unbekannt ab.
4Bei einer Vorsprache bei der Beklagten am 16. 7. 2020 nach einem Aufgreifen durch die Bundespolizei in B. am Anfang Juli 2020 teilte der Kläger mit, dass er inzwischen von H. nach N1. umgezogen sei und zuletzt seit Juni 2020 in I1. wohne. Das Studium an der Universität E. /F. hatte er ohne Abschluss abgebrochen und an der Hochschule I2. /M. ein Betriebswirtschaftsstudium aufgenommen. Nachdem zweimal ein Termin zur Besprechung des Aufenthaltsstatus am Kläger gescheitert war, erschien der Kläger am 17. 9. 2020 in den Räumen der Ausländerbehörde der Beklagten. In diesem Termin bestätigte der Kläger, weiterhin in I1. zu wohnen und in M. Betriebswirtschaftslehre zu studieren. Daraufhin wurde dem Kläger die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 17. 9. 2020 nach dort vorgenommener Anhörung persönlich übergeben. Darin informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass er ohne Aufenthaltstitel zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet sei und forderte ihn in Ziffer 1 auf, dieser Verpflichtung bis zum 19. 10. 2020 nachzukommen. Für den Fall der Nichtbefolgung drohte sie ihm in Ziffer 2 die Abschiebung nach Kamerun oder in ein anderes aufnahmebereites Land an. In Ziffer 3 ordnete die Beklagte für den Fall einer Abschiebung ein Einreise- und Aufenthaltsverbot an, welches auf 24 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wurde.
5Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger als Staatsangehöriger Kameruns einen Aufenthaltstitel für den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland benötige. Dieser sei jedoch am 9. 8. 2017 abgelaufen. Der Kläger habe auch keinen Verlängerungsantrag gestellt. Er sei daher zur Ausreise verpflichtet. Die eingeräumte Frist bis zum 19. 10. 2020 sei ausreichend, um der Ausreisepflicht freiwillig nachzukommen. Duldungsgründe ständen dem Erlass der Abschiebungsandrohung nicht entgegen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot sei nach § 11 Abs. 1 AufenthG anzuordnen für den Fall, dass ein Ausländer abgeschoben werde, und sei bereits mit der Abschiebungsandrohung zu verbinden. Insbesondere seien keine Umstände erkennbar, die Anlass dafür sein könnten, dass ausnahmsweise eine solche Verbindung der beiden Anordnungen nicht angebracht wäre. Bezüglich der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 24 Monate habe sie, die Beklagte, das ihr zustehende Ermessen ausgeübt. Dabei sei insbesondere der unerlaubte Aufenthalt in der Bundesrepublik seit dem 10. 8. 2017 berücksichtigt worden. Außerdem habe der Kläger keinen Studienabschluss erzielt und somit sein Aufenthaltsziel nicht erreicht. Der Kläger habe sich nicht um eine Verlängerung bemüht und lediglich aufgrund des Aufgreifens durch die Bundespolizei überhaupt Kontakt zu der Beklagten aufgenommen. Der mit einer Abschiebung verfolgte Zweck werde durch die Frist von 24 Monaten gewahrt. Danach könne der Kläger unter Beachtung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen wieder in die Bundesrepublik Deutschland einreisen.
6Am 13. 10. 2020 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, der Bescheid sei formell rechtswidrig. Eine Anhörung habe nicht stattgefunden, da ihm nicht eröffnet worden sei, dass ein Bescheid mit diesem Inhalt gegen ihn ergehen solle. Er habe sich dazu nicht vorher äußern können. Dies sei insbesondere nicht bei den Gesprächen bei der Beklagten geschehen. Der Bescheid sei ihm einfach so überreicht worden. Die Beklagte sei ihren Belehrungs- und Aufklärungspflichten nach § 82 Abs. 3 AufenthG nicht genügend nachgekommen. Hätte sie dies getan, so hätte sie in Erfahrung gebracht, dass der Kläger auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz gewesen sei. Allein diese Tatsache führe bereits dazu, dass er einen Duldungsanspruch nach § 60 a Abs. 2 AufenthG habe, zumal er seinen Aufenthaltstitel nur verloren habe, da kein Verlängerungsantrag gestellt worden sei. Weiterhin habe vor dem Hintergrund des neuen § 16 b Abs. 4 AufenthG zwingend eine Tatsachenabfrage stattfinden müssen, da dieser dem Fachkräftemangel entgegenwirken sollte; damit habe ihm eine angemessene Zeit zur Ausbildungsplatzsuche gewährt werden müssen.
7Am 2. 4. 2021 hat der Kläger die Bundesrepublik Deutschland freiwillig verlassen und ist mit dem Flugzeug nach Kamerun ausgereist. Sein Prozessbevollmächtigter hat keine Erledigungserklärung abgegeben und an dem mit der Klageschrift gestellten Antrag festgehalten.
8Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
9die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 17. 9. 2020 aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte bezieht sich zur Begründung auf die Begründung des angefochtenen Bescheids. Sie trägt weiterhin vor, das Klageverfahren habe sich bezüglich der Ausreiseaufforderung und der Abschiebungsandrohung durch die freiwillige Ausreise des Klägers erledigt. Außerdem habe sich die Klage auch bezüglich des Einreise- und Aufenthaltsverbots erledigt, da der Fall der Abschiebung nun endgültig nicht eingetreten sei.
13Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 16. 6. 2021 und 23. 6. 2021 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16Das Gericht konnte ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil der Kläger und die Beklagte sich damit gemäß § 101 Abs. 2 VwGO einverstanden erklärt haben.
17Die Klage ist mit dem gestellten Antrag unzulässig, da die Anfechtungsklage inzwischen unstatthaft ist.
18Die in dem angefochtenen Bescheid enthaltenen Verwaltungsakte, die Abschiebungsandrohung und die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots für den Fall der Abschiebung, haben sich durch die freiwillige Ausreise des Klägers am 2. 4. 2021 erledigt, so dass die begehrte Aufhebung keinen Sinn mehr macht.
19Die Ausreiseaufforderung in Ziffer 1 der Ordnungsverfügung stellt ohnehin keinen mit der Anfechtungsklage angreifbaren Verwaltungsakt dar, da hierin nur ein Hinweis auf die gesetzliche Ausreisepflicht liegt.
20Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. 1. 1993 – 1 B 149.92 –, juris, Rdn. 6; OVG Saarland, Beschluss vom 3. 9. 2012 – 2 B 199/12 –, juris, Rdn. 12; VG Freiburg, Beschluss vom 18. 3. 2013 – 4 K 244/13 –, juris, Rdn. 3.
21Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 2 der Ordnungsverfügung hat sich erledigt. Im Allgemeinen wird eine Erledigung des Verwaltungsakts dann angenommen, wenn die rechtliche Beschwer durch ihn entfällt, weil er keine Rechtswirkungen mehr entfaltet.
22Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 18. 12. 1984 – 1 C 19.81 –, juris, Rdn. 12.
23Die Abschiebungsandrohung entfaltet nach der freiwilligen Ausreise des Klägers keine unmittelbaren oder mittelbaren Rechtswirkungen mehr.
24Nach der herrschenden Rechtsprechung kommt es für die Frage des Fortbestehens unmittelbarer Rechtswirkungen einer Abschiebungsandrohung im Fall der freiwilligen Ausreise darauf an, ob der Ausländer seine durch die Abschiebungsandrohung bewehrte Ausreisepflicht erfüllt hat. In diesem Fall ist die Abschiebungsandrohung in dem Sinne „verbraucht“, dass sie bei einer Wiedereinreise des Ausländers keine taugliche Grundlage mehr für eine Abschiebung wäre. Hierfür wäre eine neue Abschiebungsandrohung erforderlich. Reist der Ausländer nur zum Schein aus oder nach der Ausreise unverzüglich wieder in das Bundesgebiet ein, erfüllt er seine Ausreisepflicht nicht. Vielmehr muss der Ausländer seinen dauernden Aufenthalt in das Ausland verlegen.
25Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. 6. 1990 – 1 B 80.89 –, juris, Rdn. 3; VG Saarlouis, Urteil vom 30. 11. 2011 – 10 K 549/11 –, juris, Rdn. 27 ff.; pauschal den Verbrauch der Abschiebungsandrohung im Falle einer freiwilligen Ausreise annehmend BGH, Beschluss vom 17. 3. 2016 – V ZB 39/15 –, juris, Rdn. 8; Nds. OVG, Beschluss vom 7. 3. 2008 – 2 ME 133/08 –, juris, Rdn. 9; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7. 12. 1994 – 11 S 2990/94 –, juris, Rdn. 13; VG Freiburg, Beschluss vom 3. 6. 2011 – 4 K 728/11 –, juris, Rdn. 3; Hailbronner, Ausländerrecht, § 59 AufenthG (Stand: 114. EL Februar 2020), Rdn. 102; im Ergebnis auch Kluth/Hornung/Koch, ZuwanderungsR-HdB, § 9 Rechtsschutz Rdn. 106, beck-online.
26Ein etwaiger innerer Vorbehalt, wieder in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen, ist dabei unerheblich.
27Vgl. VG Saarlouis, Urteil vom 30. 11. 2011 – 10 K 549/11 –, Rdn. 29, juris.
28Nach diesen Maßstäben ist vorliegend von einem Verbrauch der Abschiebungsandrohung auszugehen. Der Kläger ist weder nur zum Schein aus- noch unverzüglich wiedereingereist. Vielmehr hat er seinen dauernden Aufenthalt nach Kamerun verlegt. Seit der Ausreise dorthin am 2. 4. 2021 sind mehr als drei Jahre vergangen. Dies ist mit Blick auf die von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorgesehene maximale Dauer eines Einreise- und Aufenthaltsverbots von fünf Jahren im Falle einer Abschiebung, welche vorliegend auf 24 Monate befristet wurde, ein hinreichender Zeitraum.
29Das Gericht folgt hingegen nicht der teilweise in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung, im Falle eines inneren Vorbehalts oder einer Ausreise „nur unter dem Druck der drohenden Abschiebung“ werde die Ausreisepflicht nicht erfüllt und eine Erledigung der Abschiebungsandrohung trete aus diesem Grunde nicht ein, insbesondere wenn der Ausländer ein Klageverfahren gegen die aufenthaltsrechtliche Verfügung fortführe.
30So aber Hess. VGH, Urteil vom 17. 2. 1997 – 12 UE 1739/95 –, juris, Rdn. 25 f., und Beschluss vom 14. 3. 1989 – 12 TH 741/89 –, juris, Rdn. 16; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13. 4. 1994 – 11 S 171/94 –, juris, Rdn. 2; Dörig MigrationsR-HdB, § 8 Vollstreckung mittels Abschiebung und Zurückschiebung Rdn. 82, beck-online; Hocks in: NK-AufenthG, 3. Aufl., 2023, § 59 AufenthG, Rdn. 27; Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, § 59 AufenthG (Stand: September 2022), Rdn. 270.
31Zumindest im vorliegenden Fall ist ein solcher Ausnahmefall nur wegen des noch laufenden Klageverfahrens gegen die Abschiebungsandrohung nicht anzunehmen.
32Hinweise darauf, dass es beim Kläger einen inneren Vorbehalt bei seiner Ausreise gegeben hat, liegen dem Gericht nicht vor. Der Kläger hat sich auch während des weiter laufenden Klageverfahrens hierzu nicht mehr geäußert. Vor diesem Hintergrund ist nicht einmal klar, ob der Kläger das Klageverfahren tatsächlich wegen eines inneren Vorbehalts aufrechterhalten hat oder es durch seinen Prozessbevollmächtigten einfach nur weiterlaufen lassen hat, ohne eine Erklärung zur Beendigung abgeben zu wollen oder zu können. Schon unter diesem Gesichtspunkt überzeugt es nicht, jede Fortführung des Klageverfahrens als Zeichen dafür zu werten, dass der Ausländer seine Ausreisepflicht nicht erfüllen wollte.
33Zudem ist kein Grund ersichtlich, warum bei einer Ausreise mit anschließendem Aufenthalt von mehr als drei Jahren im Zielland der Abschiebungsandrohung die Ausreisepflicht nicht erfüllt sein sollte. Zweck der Ausreisepflicht dürfte allein die dauernde Ausreise des Ausländers aus dem Bundesgebiet als solche sein, unabhängig von seinen inneren Beweggründen oder anhängigen Rechtsstreitigkeiten.
34Schließlich wäre es im vorliegenden Fall im Ergebnis wertungswidersprüchlich, nicht von einer Erfüllung der Ausreisepflicht auszugehen. Würde eine Erfüllung der Ausreisepflicht durch die Ausreise des Klägers verneint, bedeutete dies nämlich, dass er wegen der Fortgeltung der Abschiebungsandrohung schlechter gestellt wäre, als wenn er seine Ausreisepflicht ignoriert hätte und eine Abschiebung provoziert hätte. In letzterem Fall wäre das auf § 11 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 AufenthG gestützte, durch die Abschiebung bedingte Einreise- und Aufenthaltsverbot von zwei Jahren nach Ziffer 3 der angegriffenen Verfügung bereits abgelaufen und seine vorherige Ausreisepflicht offensichtlich erfüllt. Im Falle eines erneuten Aufenthalts könnte er nicht ohne weiteres abgeschoben werden, vielmehr müsste eine neue Abschiebungsandrohung geprüft und erlassen werden.
35Die Abschiebungsandrohung entfaltet auch keine mittelbaren Rechtswirkungen mehr. Solche mittelbaren Rechtswirkungen können nur bestehen, wenn durch die Regelung im Falle einer Ausweisung die Wiedereinreise erschwert wird,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 18. 12. 1984 – 1 C 19/81 –, juris, Rdn. 12; entsprechend für den Fall einer Abschiebung nach Ausweisung und Abschiebungsandrohung Hess. VGH, Beschluss vom 19. 11. 2003 – 12 TG 2668/03 –, juris, Rdn. 5,
37wenn die Abschiebungsandrohung Grundlage eines staatlichen Kostenerstattungsanspruchs ist,
38Vgl. Zimmerer in: BeckOK MigR, 18. Ed. 15. 1. 2024, § 59 AufenthG, Rdn. 36; ebenso Dörig in: MigrationsR-HdB, § 8 Vollstreckung mittels Abschiebung und Zurückschiebung Rn. 82, beck-online; Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, § 59 AufenthG (Stand: September 2022), Rdn. 269; Hailbronner, Ausländerrecht, § 59 AufenthG (Stand: 114. EL Februar 2020), Rdn. 126,
39oder wenn sie Rechtsgrund im Rahmen eines (Vollzugs-) Folgenbeseitigungsanspruchs ist.
40Vgl. Hess. VGH, Urteil vom 17. 2. 1997 – 12 UE 1739/95 –, juris, Rdn. 26; Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, § 59 AufenthG (Stand: September 2022), Rdn. 267; Hailbronner, Ausländerrecht, § 59 AufenthG (Stand: 114. EL Februar 2020), Rdn. 104; vgl. auch für den Fall der freiwilligen Ausreise, wenn diese zur Vermeidung der angedrohten Abschiebung erfolgt: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15. 10. 2003 – 13 S 1618/03 –, juris, Rdn. 7.
41Keiner der genannten Fälle liegt in diesem Verfahren vor. Die angefochtene Ordnungsverfügung enthält nur eine isolierte Abschiebungsandrohung mit einem Einreise- und Aufenthaltsverbot, die für sich genommen die Wiedereinreise nicht erschwert; eine Ausweisung hat die Beklagte nicht verfügt. Voraussetzung für einen staatlichen Kostenerstattungsanspruch ist sie im vorliegenden Fall nicht, weil eine Abschiebung nicht stattgefunden hat und nach dem oben Gesagten nach einer Wiedereinreise eine Abschiebungsandrohung ohnehin auf neuer Tatsachengrundlage erneut geprüft und erlassen werden müsste. Schließlich ist auch ausgeschlossen, dass die Abschiebungsandrohung Grundlage für einen Folgenbeseitigungsanspruch sein kann. Denn die auf Wiedereinreise nach Deutschland gerichtete (Vollzugs-) Folgenbeseitigung würde vorliegend zu einem rechtswidrigen Zustand führen. Dies kann der Kläger nicht verlangen. Ein (Vollzugs-) Folgenbeseitigungsanspruch kann nur den status quo ante wiederherstellen, aber nicht darüber hinausgehen. Das erkennende Gericht hat im Eilverfahren (3 L 889/20) mit Beschluss vom 23. 10. 2020, insofern rechtskräftig bestätigt vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 15. 12. 2020 (17 B 1637/20), bereits entschieden, dass der Kläger gesetzlich zur Ausreise verpflichtet war und keinen Duldungsanspruch hatte, also der status quo ante rechtswidrig war. Dies bedeutet, dass der Kläger mit dem (Vollzugs-) Folgenbeseitigungsanspruch keinen Aufenthaltstitel beanspruchen könnte, sondern lediglich die rechtswidrige und daher unmögliche Wiedereinreise in die Bundesrepublik.
42Die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 3 der Ordnungsverfügung hat sich ebenfalls erledigt. Da dieses für den Fall der Abschiebung angeordnet worden ist, die Abschiebungsandrohung sich als Grundlage einer möglichen Abschiebung aber – wie oben erörtert – bereits erledigt hat, ist auch hinsichtlich der Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots Erledigung eingetreten. Dieses kann ohne die Möglichkeit einer Abschiebung keine Wirksamkeit entfalten.
43Das Gericht hat angesichts dessen, dass der Kläger durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, keine Umdeutung des ausdrücklich aufrechterhaltenen Anfechtungsantrags in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag vorgenommen. Es merkt aber an, dass hierfür auch kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorläge. Keine der anerkannten Fallgruppen ist hier gegeben, insbesondere keine Wiederholungsgefahr, da weder der Kläger kundgetan hat, dass er eine Wiedereinreise in die Bundesrepublik beabsichtige, noch davon ausgegangen werden kann, dass in diesem Fall angesichts des erheblichen Zeitablaufs die Abschiebungsandrohung unter im Wesentlichen gleichen rechtlichen und tatsächlichen Umständen erlassen würde.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
45- Dr. I .
46B e s c h l u s s
47Der Streitwert wird auf 2500 Euro festgesetzt.
48G r ü n d e
49Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
50- Dr. I. -