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Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
2Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung seiner noch zu erhebenden Klage gegen die Ordnungsverfügung des Polizeipräsidiums Y. vom 00. Dezember 0000 hinsichtlich des in Ziffer 1 angeordneten Bereichsbetretungs- und Aufenthaltsverbots wiederherzustellen und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Höhe von 200,00 Euro in Ziffer 3 anzuordnen,
4hat vollumfänglich keinen Erfolg.
51. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage des Antragstellers bezüglich Ziffer 1 der Ordnungsverfügung des Polizeipräsidiums Y. wiederherzustellen, ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft und auch sonst zulässig, aber unbegründet.
6a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell ordnungsgemäß, insbesondere entspricht sie dem formalen Erfordernis der Begründung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner hat in der Begründung der Vollziehungsanordnung hinreichend erkennen lassen, dass er sich des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehung bewusst war. Die Begründung weist auch einen ausreichenden Bezug zu dem vorliegenden Einzelfall auf, indem sie auf die Gefahr konkret drohender Personen- und Sachschäden im Bereich der in Bezug genommenen Örtlichkeiten abstellt, die hier aus einem weiteren Abwarten bis zur Bestandskraft des Bescheides resultiert.
7b) Die vom Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers, von Vollzugsmaßnahmen einstweilen verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug der Ordnungsverfügung vom 00. Dezember 0000 fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
8Mit der Ordnungsverfügung vom 00. Dezember 0000 hat das Polizeipräsidium Y. dem Antragsteller für das Fußballspiel D. gegen den P. verboten, die in den beigefügten Anlagen gekennzeichneten Bereiche der G. (Hauptbahnhof, Bahnhof Q. und W.) zu betreten oder sich dort aufzuhalten; das Verbot beginnt drei Stunden vor Beginn des am 00. Dezember 0000 um 20.30 Uhr stattfindenden Spiels und endet ca. eine Stunde nach Spielende, gilt also von 17.30 Uhr bis 23.30 Uhr.
9Die getroffene Anordnung erweist sich nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein vorzunehmenden summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig – (aa) –, die wegen der offenen Erfolgsaussichten vorzunehmende allgemeine rechtmäßigkeitsunabhängige Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus – (bb) – und es besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bereichsbetretungs- und Aufenthaltsverbots – (cc) –.
10(aa) Das vom Antragsgegner ausgesprochene Bereichsbetretungs- und Aufenthaltsverbot erweist sich bei summarischer Prüfung jedenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig.
11Es findet seine Rechtsgrundlage in § 34 Abs. 2 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW). Hiernach kann für den Fall, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person in einem bestimmten örtlichen Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, dieser Person für eine bestimmte Zeit verboten werden, diesen Bereich zu betreten oder sich dort aufzuhalten, es sei denn, sie hat dort ihre Wohnung oder nimmt dort berechtigte Interessen wahr. Örtlicher Bereich im Sinne des Satzes 1 ist ein Gemeindegebiet oder ein Gebietsteil innerhalb einer Gemeinde. Die Maßnahme ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken. Sie darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten.
12(1) Der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 00. Dezember 0000 stehen keine im Rahmen des vorliegenden Verfahrens durchgreifenden formellen Bedenken entgegen, insbesondere wurde der Antragsteller vor Erlass der Ordnungsverfügung gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört.
13(2) Das ausgesprochene Bereichsbetretungs- und Aufenthaltsverbot ist nach summarischer Prüfung auch materiell rechtmäßig, jedenfalls aber nicht offensichtlich rechtswidrig.
14Eine Maßnahme nach § 34 Abs. 2 PolG NRW setzt die hinreichende Wahrscheinlichkeit voraus, dass die Person in dem betroffenen örtlichen Bereich eine Straftat begehen bzw. zur ihrer Begehung beitragen wird. Nicht ausreichend sind hingegen bloße Vermutungen.
15Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. April 2016 - 5 B 459/16 -, Beschlussabdruck S. 3, vom 26. Februar 2016 - 5 B 225/16 - und - 5 B 226/16 -, jeweils Beschlussabdruck S. 2 f., sowie vom 27. Juni 2006 - 5 B 1142/06 -, juris, Rn. 6 f. m. w. N.
16Es sprechen gewichtige Umstände dafür, dass sich die Annahme des Antragsgegners, der Antragsteller könne aus Anlass des Fußballspiels des D. gegen den P. als Unterstützer der Gastmannschaft im Umfeld des Stadions oder im Stadion selbst Straftaten begehen, mindestens aber zu ihrer Begehung beitragen, nach summarischer Prüfung als rechtmäßig erweist.
17Der Antragsgegner stützt seine Gefahrenprognose in bei summarischer Prüfung hinreichender Weise auf Tatsachen. Er hat unter Heranziehung der „Personenbezogenen Informationen zur Prüfung präventivpolizeilicher Maßnahmen“ des Antragstellers einzelne Vorfälle im Zusammenhang mit Fußballspielen benannt, bei denen der Antragsteller strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. So sei der Antragsteller am 00. Dezember 0000 als Teil einer Störergruppe festgestellt worden, die auf dem Rückweg von N. die Tür eines Regionalexpresses gewaltsam geöffnet und einen Feuerlöscher entwendet habe. Zuvor habe die Gruppe am Bahnhof in N. gewaltsam einen Abfalleimer aus der Verankerung gerissen. Es seien Strafanzeigen wegen Sachbeschädigung und Landfriedensbruchs gestellt worden. Am 00. Februar 0000 sei er vor dem Fußballspiel des P. gegen den I. als Teilnehmer einer gewaltsamen Auseinandersetzung von insgesamt 100 Personen identifiziert worden. Entsprechende Strafverfahren seien eingeleitet worden. Am 00. Mai 0000 sei er Teil einer Gruppe von Fans gewesen, die nach dem Spiel in C. versucht hätten, sich der Begleitung durch die Polizei zu entziehen. Hierbei sei es zu mehreren Sachbeschädigungsdelikten und gewaltsamen Angriffen auf die eingesetzten Polizeibeamten gekommen. Es sei ein Strafverfahren wegen Landfriedensbruchs eingeleitet worden. Auf der Anreise zu einem Auswärtsspiel in S. am 00. September 0000 sei er als Teil einer Personengruppe festgestellt worden, die an einer Tankstelle randaliert hätte. Sie hätten mehrere Gegenstände entwendet und Mitarbeiter der Tankstelle bedroht. Entsprechende Strafverfahren seien eingeleitet worden. Schließlich sei der Antragsteller bei einer Sachbeschädigung durch Graffiti auf frischer Tat ertappt worden und es sei eine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung gestellt worden.
18Der Antragsteller ist den gegen ihn erhobenen Vorwürfen in der Sache nicht entgegengetreten. Soweit er in Bezug auf den Vorfall im Regionalexpress vorträgt, dieser habe keinen Bezug zu einem Fußballspiel gehabt und das entsprechende Strafverfahren sei eingestellt worden, ist dies nicht geeignet, die Prognoseentscheidung in Frage zu stellen. Auch, wenn man diesen Vorfall außer Betracht lässt, rechtfertigt das Gesamtverhalten des Antragstellers die vom Antragsgegner getroffene Prognose.
19Das Gericht legt im Übrigen zugrunde, dass die szenekundigen Polizeibeamten der Polizei R., auf deren Erkenntnisse sich der Antragsgegner berufen kann, aufgrund jahrelanger Beobachtung der Szene gewaltbereiter R.-Fans über eine umfassende Personenkenntnis verfügen und demgemäß in der Lage sind, problematische Fangruppen und Problemfans differenziert zu beurteilen.
20Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Februar 2016 - 5 B 225/16 - und - 5 B 226/16 -, jeweils Beschlussabdruck S. 3, vom 20. März 2014 - 5 B 300/14 -, Beschlussabdruck S. 3, sowie vom 27. Juni 2006 - 5 B 1142/06 -, juris, Rn. 8 f. m. w. N.
21Die Gefahreinschätzung des Antragsgegners wird durch das weitere Vorbringen des Antragstellers, der P. besäße keine organisierte Fanszene und das Spiel weise kein erhöhtes Gefahrenpotenzial auf, nicht entscheidend in Zweifel gezogen. Der Antragsgegner hat in dem angegriffenen Bescheid nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei der Begegnung um ein Spiel mit erhöhtem Gefährdungspotential handle.
22Auch im Übrigen bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen das ausgesprochene Bereichsbetretungs- und Aufenthaltsverbot. Der Antragsgegner übte insbesondere das ihm durch § 34 Abs. 2 Satz 1 PolG NRW eingeräumte Ermessen, das gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 Satz 1 VwGO überprüft werden kann, in nicht zu beanstandender Weise aus. Von dem Bereichsbetretungs- und Aufenthaltsverbot war nicht aus Verhältnismäßigkeitsgründen abzusehen. Der Antragsgegner hat das Verbot auch in den gesetzlichen Anforderungen genügender Weise auf den Zeitraum von drei Stunden vor Spielbeginn bis ca. eine Stunde nach Spielende sowie räumlich auf die Bereiche um die Bahnhöfe und das Stadion beschränkt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Antragsgegners in der angegriffenen Ordnungsverfügung vom 00. Dezember 0000 Bezug genommen (dort: Seite 13 Abs. 3 bis Seite 16 Abs. 1), denen der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren nicht durchgreifend entgegengetreten ist.
23(bb) Erweist sich ausgehend von dem Vorstehenden das Bereichsbetretungs- und Aufenthaltsverbot des Antragsgegners jedenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig, fällt die vorzunehmende allgemeine rechtmäßigkeitsunabhängige Interessenabwägung unter Abschätzung der jeweiligen Folgen einer stattgebenden bzw. ablehnenden Entscheidung im Ergebnis zu Lasten des Antragstellers aus. Würde dem Antrag stattgegeben und realisierten sich die prognostizierten Gefahren der Begehung von Straftaten, ergäben sich hieraus schwerwiegende Folgen für die Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit und des Eigentums anderer. Das öffentliche Interesse am Schutz dieser gewichtigen Rechtsgüter überwiegt das Interesse des Antragstellers am Besuch des anstehenden Fußballspiels, am Aufenthalt in den näher bezeichneten Bereichen Y. anlässlich dieses Spiels sowie daran, dass etwaig von ihm bereits getätigte Aufwendungen nicht nutzlos werden.
24(cc) Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bereichsbetretungs- und Aufenthaltsverbots liegt ebenfalls vor. Dieses ergibt sich – wie der Antragsgegner in seiner Ordnungsverfügung zutreffend ausgeführt hat – aus der Gefahr konkret drohender Personen- und Sachschäden im Bereich der in Bezug genommenen Örtlichkeiten, die hier aus einem weiteren Abwarten bis zur Bestandskraft des Bescheides resultiert.
252. Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 112 JustG NRW statthafte und auch sonst zulässige Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers bezüglich der Zwangsgeldandrohung in Höhe von 200,00 Euro in Ziffer 3 der Ordnungsverfügung des Polizeipräsidiums Y. anzuordnen, ist unbegründet.
26Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Sein privates Aussetzungsinteresse überwiegt das nach der gesetzlichen Wertung des § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 112 JustG NRW grundsätzlich vorrangige öffentliche Vollzugsinteresse nicht, denn nach einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache erweist sich die auf Ziffer 1 bezogene Zwangsgeldandrohung in Höhe von 200,00 Euro nach Ziffer 3 der Ordnungsverfügung jedenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig. Der Antragsteller hat weder vorgebracht noch ist sonst ersichtlich, dass sie nicht in Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 Nr. 2, 53, 56 PolG NRW steht.
27Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.