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Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht für erstattungsfähig erklärt werden.
Der Streitwert wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.
G r ü n d e
2Der Antrag der Antragsteller,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage - 10 K 648/24 - gegen die der Beigeladenen vom Antragsgegner erteilte Baugenehmigung vom 29. September 2023 betreffend die Errichtung eines 20 Meter hohen Funkmastes auf dem Grundstück Gemarkung P. -Stadt, Flur 0, Flurstück 00 (postalisch: I.-----straße , 00000 P. ) anzuordnen,
4ist zulässig, aber nicht begründet.
5Der Antrag der Antragsteller ist gemäß §§ 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO statthaft, da ihre Klage gemäß § 212a BauGB keine aufschiebende Wirkung hat.
6Der Antrag ist aber nicht begründet. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann.
7Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2024 – 7 B 687/23 –, juris Rn. 3, mit Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 22. März 2010 – 7 VR 1.10 –, juris.
8Auf der Grundlage dieses Maßstabes fällt die summarische Prüfung anhand der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu Lasten der Antragsteller aus. Es kann nicht festgestellt werden, dass die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung und der Befreiungsbescheid des Antragsgegners vom 29. September 2023 gegen die Antragsteller schützende Vorschriften verstoßen.
9Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer erteilten Baugenehmigung haben Nachbarn wie die Antragsteller nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung (nur) objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung voraus, dass der Nachbar durch die Genehmigung zugleich in eigenen (Nachbar-) Rechten verletzt ist (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Dies ist aber nur der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt ist, d.h. ihm gegenüber eine nachbarschützende Wirkung hat.
10Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1989 – 4 C 14.87 –, juris Rn. 9, und Beschluss vom 6. Juni 1997 – 4 B 167.96 –, juris Rn. 8.
11Diese Voraussetzungen liegen hier in Bezug auf die Antragsteller als Eigentümer des unmittelbar östlich an das Vorhabengrundstück angrenzenden Grundstücks Gemarkung P. -Stadt, Flur 0, Flurstück 00 (postalisch: T.-----straße, 00000 P. ) nach summarischer Prüfung nicht vor.
12I. Eine Rechtsverletzung liegt – anders als die Antragsteller meinen – nicht schon in der fehlenden Anhörung beziehungsweise Benachrichtigung der Antragsteller vor Erlass der Baugenehmigung. Es kann dahinstehen, ob darin überhaupt ein objektiver Rechtsverstoß zu sehen ist (vgl. § 72 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW als sog. „Soll-Vorschrift“). Jedenfalls vermag allein eine etwaig fehlende Beteiligung eines Nachbarn nicht einen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung zu begründen. Es fehlt an einer materiellen Rechtsverletzung. Denn ein durch die Baugenehmigung betroffener Nachbar hat keinen Anspruch darauf, dass das Baugenehmigungsverfahren korrekt durchgeführt wird.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. September 2019 – 10 B 1026/19 –, juris Rn. 4; Beschluss vom 18. Dezember 2018 – 7 A 2147/16 –, juris Rn. 4; vgl. allgemein zur grundsätzlich fehlenden nachbarschützenden Wirkung verfahrensrechtlicher Bestimmungen auch BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1986 – 7 C 29.85 –, juris Rn. 14.
14Vorliegend ist zudem nichts dafür ersichtlich, dass sich die späte Kenntnis der Antragsteller von dem in Rede stehenden Bauvorhaben auf ihre materiell-rechtliche Position ausgewirkt haben könnte.
15II. Die Baugenehmigung in Verbindung mit dem Befreiungsbescheid vom 29. September 2023 verstößt auch nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts (dazu unter 1.), des Bauordnungsrechts (dazu unter 2.) oder des Naturschutzrechts (dazu unter 3.) zulasten der Antragsteller.
161. Ein Verstoß des Vorhabens gegen nachbarschützende Bestimmungen des Bauplanungsrechts zulasten der Antragsteller ist nicht festzustellen. Weder liegt ein Verstoß gegen die Antragsteller schützende Festsetzungen des Bebauungsplans vor noch verletzt das Vorhaben der Beigeladenen das Gebot der Rücksichtnahme.
17Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 00 „Sportzentrum“ in der Fassung der 2. Änderung, der für das Grundstück eine Fläche für den Gemeinbedarf festsetzt und eine maximale Anlagenhöhe von 13 m zulässt. Auf diesem Grundstück soll ein 20 m hoher Funkmast für die E. U. U1. GmbH errichtet werden.
18Das unmittelbar in östlicher Richtung angrenzende Grundstück der Antragsteller liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Vielmehr handelt es sich um ein Grundstück im sog. unbeplanten Innenbereich, der nach § 34 BauGB zu beurteilen ist.
19a) Der genehmigte Mobilfunkmast verstößt nicht gegen die Antragsteller schützende Festsetzungen des Bebauungsplans.
20aa) Soweit die Antragsteller dem Bauvorhaben entgegenhalten, es widerspreche dem im Bebauungsplan festgesetzten Charakter der Fläche, liegt darin kein Verstoß zu ihren Lasten.
21Unabhängig von der Frage, ob das in Rede stehende Bauvorhaben der Festsetzung des Bebauungsplans als Fläche für den Gemeinbedarf nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB widerspricht, kommt dieser Festsetzung jedenfalls keine nachbarschützende Wirkung zugunsten der Antragsteller zu. Wenngleich Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung grundsätzlich als nachbarschützend angesehen werden, gilt dies nicht in gleicher Weise für Gemeinbedarfsfestsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Denn während bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung im Sinne der §§ 2 - 11 BauNVO eine „bau- und bodenrechtliche Schicksalsgemeinschaft“ entsteht, ist ein solches Abhängigkeits- und Austauschverhältnis in der Regel nicht bei einer Gemeinbedarfsfläche und den daran angrenzenden Grundstücken anzunehmen.
22Vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 30. Januar 1992 – Bs II 137/91 –, juris Rn. 22; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21. Januar 2019 – 8 S 2441/18 –, juris Rn. 6 ff., jeweils m.w.N.
23Hier liegen nach summarischer Prüfung keine Anhaltspunkte dafür vor, dass entgegen des vorstehend geschilderten regelhaften Charakters der Gemeinbedarfsfestsetzung ausnahmsweise ein nachbarschützender Charakter zukäme, zumal ungeachtet dessen auch in keiner Weise der Wille des Plangebers ersichtlich ist, den Antragstellern als jenseits der Gebietsgrenze liegenden Nachbarn einen gebietsübergreifenden Schutz vor gebietsfremder Nutzung zu gewähren.
24bb) Soweit sich die Antragsteller gegen die Anlagenhöhe von 20 m wenden, werden sie durch diese nicht in eigenen Rechten betroffen. Insbesondere ist die hinsichtlich der Maximalhöhe für bauliche Anlagen erteilte Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB, derzufolge das Vorhaben der Beigeladenen die durch den Bebauungsplan maximal zugelassene Anlagenhöhe von 13 m um 7 m überschreiten darf, nicht nachbarrechtswidrig zulasten der Antragsteller.
25Der Vorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB kommt für die Nachbarn eine drittschützende Wirkung zu, indem sie das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde dahin bindet, dass die Abweichung „auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein muss.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 1986 – 4 C 8.84 –, juris Rn. 15.
27Der Umfang des Rechtsschutzes eines Nachbarn bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB hängt jedoch davon ab, ob die Festsetzungen, von denen dem Bauherrn eine Befreiung erteilt wurde, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Ein nachbarlicher Abwehranspruch gegen die fehlerhafte Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplans führt bei nachbarschützenden Festsetzungen bei jedem Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB zur Aufhebung der Baugenehmigung. Eine fehlerhafte Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen kann dagegen einen Abwehranspruch des Nachbarn nur vermitteln, wenn die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung über die vom Bauherrn beantragte Befreiung nicht die gebotene Rücksicht auf die Würdigung der nachbarlichen Interessen genommen hat (§ 31 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Einen darüberhinausgehenden – umfassenden – Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bei der Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB hat der Nachbar nicht.
28Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1998 – 4 B 64.98 –, juris Rn. 5 und Urteil vom 19. September 1986 – 4 C 8.84 –, juris Rn. 17; OVG NRW, Beschlüsse vom 20. April 2017 – 7 A 697/16 –, juris Rn. 6, vom 17. Februar 2011 – 7 B 1803/10 –, juris Rn. 11, und vom 15. Dezember 2023 – 10 B 645/23 –, juris Rn. 38.
29Eine Befreiung von nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 20 zulasten des Grundstücks der Antragsteller ist nach summarischer Prüfung nicht gegeben. Bei der Bewertung ihrer Interessen als Nachbarn und der Interessen der Beigeladenen als Bauherrin ist nicht erkennbar, dass der Festsetzung betreffend die maximale Anlagenhöhe vom Plangeber drittschützende Wirkung zugemessen werden sollte.
30Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung – wie hier die maximal zugelassene Anlagenhöhe – haben grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung. Sie vermitteln Drittschutz vielmehr nur dann, wenn sie ausnahmsweise nach dem Willen der Gemeinde als Plangeber auch darauf gerichtet sind, dem Schutz des Nachbarn zu dienen.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. August 2018 – 4 C 7.17 –, juris Rn. 14.
32Dass der Plangeber hier der in Rede stehenden Festsetzung der maximalen Bauhöhe nachbarschützende Wirkung zugedacht haben könnte, ist weder den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans noch den Aufstellungsvorgängen, insbesondere auch nicht der Begründung zum Bebauungsplan zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund kommt der in Rede stehenden Festsetzung betreffend die Anlagenhöhe allein eine städtebauliche Ordnungsfunktion zu.
33b) Ein danach in den Blick zu nehmender Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot ist nicht erkennbar.
34Der Umfang der für jedes Vorhaben geltenden öffentlich-rechtlichen Pflicht, auf andere Rücksicht zu nehmen, hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalles ab. Das Rücksichtnahmegebot beinhaltet, dass umso mehr an Rücksichtnahme verlangt werden kann, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt; umgekehrt braucht derjenige, der ein Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm verfolgten Interessen sind. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten und andererseits dem Rücksichtnahmebegünstigten nach Lage der Dinge zuzumuten ist.
35Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 – 4 C 22.75 –, juris Rn. 22, vom 23. September 1999 – 4 C 6.98 –, juris Rn. 20, m.w.N., und vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –, juris Rn. 21, m.w.N.
36In Anwendung dieser Grundsätze verletzt das Vorhaben der Beigeladenen nicht das Rücksichtnahmegebot zulasten der Antragsteller.
37aa) Insbesondere erweist sich das Bauvorhaben der Beigeladenen nicht wegen seiner baulichen Dimension, namentlich der Anlagenhöhe von 20 m als rücksichtslos. Es hat keine erdrückende Wirkung auf das Grundstück der Antragsteller.
38Eine bauliche Anlage hat erdrückende Wirkung, wenn sie wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem sie diesem förmlich "die Luft nimmt", wenn für den Nachbarn das Gefühl des "Eingemauertseins" entsteht oder wenn die Größe des "erdrückenden" Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls – und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen – derartig übermächtig ist, dass das "erdrückte" Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird.
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2012 – 2 B 983/12 –, juris Rn. 10 f., m.w.N.
40Ob eine solche Wirkung vorliegt oder nicht, kann nur unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Neben den Ausmaßen beider Baukörper in ihrem Verhältnis zueinander – zum Beispiel Bauhöhe, Ausdehnung und Gestaltung der Fassaden, Baumasse – kann die konkrete Lage der Anlagen zueinander eine Rolle spielen. Von besonderer Bedeutung ist regelmäßig die Entfernung zwischen den Baukörpern beziehungsweise Grundstücksgrenzen. Die Annahme einer erdrückenden Wirkung ist Ausnahmefällen vorbehalten, in denen sich die bauliche Situation nach den konkreten Umständen als extrem darstellt.
41Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. April 2021 – 10 A 3745/18 –, juris 32 ff., m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 14. März 2018 – 4 A 5.17 –, juris Rn. 89
42Gemessen an diesen Maßstäben ist nicht ersichtlich, dass der genehmigte Mobilfunkmast der Beigeladenen eine unzumutbare erdrückende Wirkung auf das Grundstück der Antragsteller hat. Dagegen spricht schon, dass das Vorhaben die in § 6 BauO NRW geregelten Abstandsflächen – ungeachtet der Frage, ob der in Rede stehende Mobilfunkmast überhaupt aufgrund gebäudegleicher Wirkungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauO NRW einzuhaltende Abstandsflächen auslöst – deutlich überschreitet. Der Funkmast soll nach den (mit Genehmigungsvermerk versehenen) Bauvorlagen mit einem Grenzabstand von etwa 32 m zu dem unmittelbar angrenzenden Grundstück der Antragsteller errichtet werden. Unter Zugrundelegung der nachvollziehbar vom Antragsgegner angesetzten Tiefe der Abstandsfläche von 0,4 H, der Anlagenhöhe von 20 m und dem maximalen Durchmesser der Anlage von 5,20 m ergibt sich daraus eine Abstandsfläche von 10,6 m (vgl. Bl. 21 der Verwaltungsvorgänge, Band 1).
43Werden die Vorschriften des Abstandsflächenrechts – wie hier – eingehalten, so bedeutet das in aller Regel, dass das Bauvorhaben damit zugleich unter den Gesichtspunkten, die Regelungsziele der Abstandsvorschriften sind (Vermeidung von Licht-, Luft- und Sonnenentzug, Unterbindung einer erdrückenden Wirkung des Baukörpers sowie Wahrung eines ausreichenden Sozialabstands), jedenfalls aus tatsächlichen Gründen auch nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme verstößt.
44Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. April 2021 – 2 A 141/21 –, juris Rn. 17.
45Trotz Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregeln können (allein) außergewöhnliche Umstände, die das Maß dessen übersteigen, was für die Antragsteller in der konkreten Situation unter Würdigung der berechtigten Interessen der Beigeladenen billigerweise noch zumutbar ist, einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot begründen.
46Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Mai 2017 – 2 A 130/16 –, juris Rn. 45 ff.
47Hier sind keine besonderen tatsächlichen Gegebenheiten ersichtlich, die entgegen dieser Indizwirkung die Annahme einer rücksichtslosen, erdrückenden Wirkung rechtfertigen könnten. Dem geplanten Mobilfunkmast kommt angesichts seiner schmalen Silhouette und des Abstands zum Wohngrundstück bzw. zum Wohnhaus der Antragsteller von über 32 m bzw. 40 m keine überdimensionierte Wirkung im Verhältnis zu dem im Vergleich großflächigen Wohnhaus der Antragsteller zu. In Anbetracht dieser Umstände und auch mit Blick auf den zwischen dem Vorhabengrundstück und dem Grundstück der Antragsteller liegenden Gehölzstreifen als natürlichen Sichtschutz ist nichts dafür ersichtlich, dass der Funkmast aus Schleuderbeton den Antragstellern „förmlich die Luft nimmt“ oder ihr Grundstück einmauert. Der eigenständige Charakter ihres Grundstücks bleibt trotz der Nähe des in Rede stehenden Bauvorhabens in jedem Fall erhalten.
48bb) Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmeverbot aus einer etwaigen teilweisen Verschattung des Grundstücks der Antragsteller. Mit Blick auf die schmale Silhouette der Konstruktion sowie die erhebliche Entfernung zum östlich liegenden Wohnhaus der Antragsteller ist nicht anzunehmen, dass die Verschattung durch den Funkturm nach Umfang und Dauer die Belichtungs- und Besonnungssituation auf dem Grundstück der Antragsteller unzumutbar beeinträchtigt.
49Vgl. im Ergebnis ebenso für einen 35 m hohen Antennenträger bei 16 m Entfernung des anliegenden Grundstücks: OVG NRW, Urteil vom 27. Mai 2019 – 10 A 1860/17 –, juris Rn. 63 ff.
50In einem bebauten innerstädtischen Siedlungsgebiet müssen Nachbarn hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht (insbesondere § 6 BauO NRW) vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu einer gewissen Verschattung des eigenen Grundstücks kommt. Das Gebot der Rücksichtnahme fordert gerade nicht, dass alle Fenster eines Hauses oder der Terrassenbereich zu jeder Tageszeit optimal durch Sonneneinstrahlung belichtet werden.
51Vgl. dazu nur OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2020 – 2 B 1537/20 –, juris Rn. 26 f., m.w.N.
52cc) Ferner sind auch keine Anhaltspunkte für eine unzumutbare Lärmbelästigung aufgrund von Windgeräuschen beziehungsweise hochfrequenten Sendegeräuschen gegeben. Auf jeden Fall ist die Inbetriebnahme der Anlage an die Erfüllung der Auflage B302 (Seite 4 des in Rede stehenden Bescheides) geknüpft, nach der der Bauaufsicht vor Aufnahme der Nutzung die Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vorzulegen ist. Diese Bescheinigung wird die Bundesnetzagentur nur erteilen, wenn die in § 3 BEMFV genannten Grenzwerte eingehalten sind.
53dd) Soweit sich die Antragsteller überdies auf eine Wertminderung ihres Grundstücks berufen, ist auch darin kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zu erkennen. Die Antragsteller haben keinerlei Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass sie einen über die situationsbedingte Wertminderung hinausgehenden, schlechthin unzumutbaren Wertverlust ihres Grundstücks hinnehmen müssten.
54Vgl. allgemein zu den diesbezüglich hohen Maßstäben nur BayVGH, Beschluss vom 14. Juni 2013 – 15 ZB 13.612 –, juris Rn. 6.
55II. Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts ist ebenfalls nicht gegeben. Insbesondere werden die Abstandsflächen im Sinne des § 6 BauO NRW – unterstellt solche wären hier gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauO NRW einzuhalten – gewahrt. Diesbezüglich wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.
56III. Auch hinsichtlich der geltend gemachten Verstöße gegen das Naturschutzrecht liegt keine Rechtsverletzung der Antragsteller vor. Unabhängig davon, ob die in Rede stehende Baugenehmigung überhaupt gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen verstößt, können die Antragsteller sich von vornherein nicht auf einen etwaigen Verstoß berufen, da die Belange des Natur- und Artenschutzrechts nicht nachbarschützend sind und objektive Rechtsverletzungen nicht von ihnen geltend gemacht werden können.
57Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 3. Februar 2023 – 7 D 298/21.AK –, juris Rn. 91.
58Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, hat sie sich auch keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt.
59Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 7 a) und Nr. 14 a) des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2019 (BauR 2019, 611).