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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Feststellung der Ungültigkeit einer Hochschulwahl;
§ 2 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 HG stellen eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Bildung von Wahlkreisen bei Wahlen zum Senat in einer Wahlordnung der Hochschule dar.
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 HG werden die Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedergruppen u.a. im Senat in unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl von den jeweiligen Mitgliedergruppen getrennt gewählt. In Bezug auf den damit angesprochenen Grundsatz der Gleichheit der Wahl beschränkt sich der Landesgesetzgeber auf einen deklaratorischen Hinweis auf die von ihm vorgefundene verfassungsrechtliche Lage, nach der dieser Wahlrechtsgrundsatz – abgeleitet aus Art. 3 Abs. 1 GG – grundsätzlich auch in Bezug auf die Wahlen der Selbstverwaltungsorgane an Hochschulen gilt, aber wegen der Besonderheiten der zu wählenden Vertretungen Differenzierungen in größerem Umfang zugänglich ist.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwrt wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
2I. Den Antrag der Antragstellerin,
3im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass sie durch § 6 Abs. 2 und Abs. 3 der Wahlordnung für die Wahlen zum Senat der Antragsgegnerin vom 22. Februar 2022 in ihrem Recht auf Wahlgleichheit verletzt wird, soweit darin Bestimmungen zur Wahl der studentischen Mitglieder im Senat getroffen werden,
4versteht das Gericht dahin, dass die Antragstellerin damit nicht ihr Hauptsachebegehren, sondern (lediglich) eine Anregung in Bezug auf den Inhalt der begehrten einstweiligen Anordnung formuliert, über den das Gericht im Falle der Stattgabe gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen hat. Ihren Ausführungen in der Antragsschrift lässt sich nämlich – insbesondere durch die ausdrückliche Bezugnahme auf ihr Vorbringen im zugehörigen Klageverfahren 1 K 2289/22 – mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen (vgl. § 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO), dass sie in materieller Hinsicht nicht den im Antrag formulierten – mangels Bezeichnung eines Rechtsverhältnisses wörtlich genommen zur Unzulässigkeit der in der Hauptsache erhobenen Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) führenden – Ausspruch begehrt, sondern die Feststellung der Ungültigkeit der Wahl der Vertreterinnen und Vertreter der Gruppe der Studierenden zum Senat der Antragsgegnerin im Sommersemester 2022 erstrebt.
5II. Der so verstandene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.
61. Der Antrag ist zulässig, insbesondere nach § 123 VwGO statthaft. Es greifen keine vorgängigen Sonderregelungen für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ein. Die Antragstellerin erstrebt ausdrücklich keine einstweilige Anordnung zur Sicherung des Rechtsschutzes im Zusammenhang mit einer Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 109a JustG NRW (vgl. § 47 Abs. 6 VwGO). Auch der Anwendungsbereich von §§ 80, 80a VwGO ist nicht eröffnet (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO), weil die Antragstellerin ihr auf die Ungültigkeit der Wahl der Vertreterinnen und Vertreter der Gruppe der Studierenden zum Senat der Antragsgegnerin im Sommersemester 2022 gerichtetes Rechtsschutzziel in der Hauptsache nicht mit einer Anfechtungsklage erreichen kann. Hiernach kommt es im Rahmen dieses Verfahrens nicht darauf an, ob die Antragstellerin den geltend gemachten Anspruch im Hauptsacheverfahren in zulässiger Weise in Fortsetzung ihrer Wahlanfechtung gemäß § 27 der Wahlordnung für die Wahlen zum Senat der Antragsgegnerin (WahlO Senat) vom 22. Februar 2022 als „Wahlprüfungsklage“ im Wege der Verpflichtungs- (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) bzw. (im Falle der Erledigung) der Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO verfolgen kann (und gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO muss),
7vgl. OVG NRW, Urteile vom 27. März 1987 - 15 A 1697/86 -, juris, Leitsatz Nr. 1 sowie S. 2 f. der Veröffentlichungsfassung, und vom 27. November 1996 - 25 A 1189/93 -, juris, Rn. 2 sowie (ausführlicher) Urteilsabdruck S. 9 f.; jeweils m.w.N.,
8oder ob es hierzu – wovon sie ausweislich des dort angekündigten Antrags wohl selbst ausgeht – einer gesonderten Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO bedarf, weil die von ihr allein gerügte Unvereinbarkeit von Vorschriften der Wahlordnung mit höherrangigem Recht nicht vom Prüfprogramm der in der Satzung selbst vorgesehenen Wahlanfechtung erfasst würde,
9vgl. in diesem Sinne Thüringer OVG, Urteil vom 25. März 2021 - 4 KO 395/19 -, ThürVBl 2022, 204 = juris, Rn. 48, 53 ff.; Hamburgisches OVG, Urteil vom 13. Juni 2006 - 3 Bf 294/03 -, juris, Rn. 71 ff.
102. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
11Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO). Das grundsätzliche Verbot einer hier der Sache nach begehrten Vorwegnahme der Hauptsache steht einer einstweiligen Anordnung nicht entgegen, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 10 C 9.12 -, BVerwGE 146, 189 = juris, Rn. 22; BVerfG, Beschluss vom 15. August 2002 - 1 BvR 1790/00 -, NJW 2002, 3691 = juris, Rn. 18.
13Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Antragstellerin hat bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit und erst recht kein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür, dass ihr der in materieller Hinsicht geltend gemachte – aus ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Wahlgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG hergeleitete und daher nicht,
14anders OVG NRW, Beschluss vom 23. November 2011 - 15 B 1427/11 -, NWVBl. 2012, 181 = juris, Rn. 3 ff., auf der Grundlage von zum Bundes- und nordrhein-westfälischen Kommunalwahlrecht ergangener, möglicherweise nicht übertragbarer und mittlerweile wohl zum Teil überholter Rechtsprechung zum hochschulrechtlichen Wahlprüfungsrecht (Wahl der Studierendenschaft); ihm folgend Haase, in: Leuze/Epping, HG NRW, § 13 Rn. 22 (13. Ergänzungslieferung, Stand: Januar 2015),
15von vornherein von der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ausgenommene – Anspruch auf Feststellung der Ungültigkeit der Wahl der Vertreterinnen und Vertreter der Gruppe der Studierenden zum Senat der Antragsgegnerin im Sommersemester 2022 bzw. auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, diese Wahl insoweit für ungültig zu erklären, zusteht.
16Die Antragstellerin beruft sich zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs allein darauf, dass die Vorgaben in § 6 Abs. 2 und 3 WahlO Senat zur Wahlkreisbildung in Bezug auf die Wahl der Vertreterinnen und Vertreter der Gruppe der Studierenden gegen höherrangiges Recht verstießen, weil sie nicht mit der in § 13 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz – HG) vom 16. September 2014 vorgegebenen Gleichheit der Wahl vereinbar seien. Hiermit dringt sie nach der in diesem Verfahren nur vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht durch.
17Nach den vorgenannten Regelungen der Wahlordnung wählt unter anderem die Gruppe der Studierenden in vier verschiedenen Wahlkreisen jeweils eine Vertreterin oder einen Vertreter für den Senat, wobei jedem Wahlberechtigten eine Stimme zukommt (vgl. § 7 Abs. 1 WahlO Senat). Dabei setzt sich der Wahlkreis 1 aus der Evangelisch-Theologischen Fakultät (FB 1), der Katholisch-Theologischen Fakultät (FB 2), der Rechtswissenschaftlichen Fakultät (FB 3) und der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (FB 4) zusammen. Der Wahlkreis 2 umfasst die Medizinische Fakultät (FB 5). Den Wahlkreis 3 bilden der Fachbereich Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften (FB 6), der Fachbereich Psychologie und Sportwissenschaft (FB 7), der Fachbereich Geschichte/Philosophie (FB 8), der Fachbereich Philologie (FB 9), der Fachbereich Musikhochschule (FB 15), die Universitätsbibliothek, das Zentrum für Lehrerbildung und das Sprachenzentrum. Der Wahlkreis 4 setzt sich schließlich zusammen aus dem Fachbereich Mathematik und Informatik (FB 10), dem Fachbereich Physik (FB 11), dem Fachbereich Chemie und Pharmazie (FB 12), dem Fachbereich Biologie (FB 13), dem Fachbereich Geowissenschaften (FB 14) sowie dem Zentrum für Informationsverarbeitung. Bei der hier in Rede stehenden Wahl im Sommersemester 2022 wich die Anzahl der Stimmberechtigten in den einzelnen Wahlkreisen voneinander ab: Im Wahlkreis 1 waren 11.931 Studierende wahlberechtigt, im Wahlkreis 2 waren es 3.148 Studierende, im Wahlkreis 3 waren es 13.661 Studierende und im Wahlkreis 4 waren es 10.012 Studierende.
18Die hiernach mit der Satzung vorgenommene Einteilung der Gruppe der Studierenden in Wahlkreise findet eine hinreichende Rechtsgrundlage in § 2 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 HG – a) –. Die Regelungen in § 6 Abs. 2 und 3 WahlO Senat, deren formell fehlerfreies Zustandekommen die Antragstellerin nicht in Frage stellt, sind auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden, insbesondere stehen sie im Einklang mit höherrangigem Recht. Weder verstoßen sie gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 HG – b) – noch gegen verfassungsrechtliche Vorgaben – c) –.
19a) § 2 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 HG in der hier maßgeblichen Fassung vom 12. Juli 2019 bzw. 25. März 2021 bilden eine hinreichende Rechtsgrundlage für § 6 Abs. 2 und 3 WahlO Senat.
20Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 HG erlassen die Hochschulen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Ordnungen sowie nach Maßgabe dieses Gesetzes und ausschließlich zur Regelung der dort bestimmten Fälle ihre Grundordnung. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 HG werden die Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedergruppen u.a. im Senat in unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl von den jeweiligen Mitgliedergruppen getrennt gewählt. Das Nähere zur Wahl und zur Stellvertretung der gewählten Vertreterinnen und Vertreter regelt die Wahlordnung (Satz 2).
21Hiermit ermächtigt (und verpflichtet) der Landesgesetzgeber die Hochschulen – über die verfassungsrechtlich verbürgte (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 16 Abs. 1 Verf. NRW) und einfachgesetzlich in § 2 Abs. 4 Satz 1 HG nachvollzogene allgemeine Übertragung von Satzungsautonomie hinaus – ausdrücklich u.a. dazu, die Einzelheiten der Wahlen zum Senat in einer Wahlordnung zu regeln. Dies genügt dem (im hier angesprochenen Zusammenhang auch in Bezug auf gleichheitsrechtliche Gewährleistungen Geltung beanspruchenden) Grundsatz des Vorbehalts des Parlamentsgesetzes (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) auch insoweit, als es um die Bildung von Wahlkreisen für die einzelnen Mitgliedergruppen – hier hinsichtlich der Gruppe der Studierenden – geht. Der Landesgesetzgeber ist nicht verpflichtet, selbst festzulegen, ob und gegebenenfalls nach welchen Kriterien eine Wahlkreiseinteilung innerhalb der Mitgliedergruppen durch die Hochschulen vorgenommen werden kann.
22Vgl. ausführlich zu den (geringeren) Anforderungen an eine gesetzliche Regelung im Spannungsverhältnis zwischen den Verfassungsgrundsätzen des Vorbehalts des Parlamentsgesetzes und der Selbstverwaltung der Hochschulen im Hinblick auf die Entziehung des Doktorgrades BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148 = juris, Rn. 27 ff. m.w.N.
23Er darf dies vielmehr den Hochschulen überlassen, weil auf der einen Seite Wahlen in diesem Bereich eine vergleichsweise geringe Grundrechtsrelevanz aufweisen. Das Bundesverfassungsgericht legt insoweit bei der Prüfung der hier betroffenen Wahlgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) einen weniger strengen Gleichheitsgrundsatz an und lässt Differenzierungen in größerem Umfang zu,
24vgl. nur BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14. Januar 2008 - 2 BvR 1975/07 -, BVerfGK 13, 189 = juris, Rn. 24,
25da sie – anders als politische Wahlen (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG) – nicht einer demokratisch-egalitären Repräsentation dienen, sondern die Hochschulorgane nach den Maßstäben der „Qualifikation, Funktion, Verantwortung und Betroffenheit der Mitglieder“ (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 HRG, § 11 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 HG) organisieren sollen,
26vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2015 - 1 BvR 1501/13 u.a. -, BVerfGE 139, 148 = juris, Rn. 87 m.w.N.
27Hinzu kommt, dass auf der anderen Seite Hochschulwahlen einen wesentlichen Bereich des grundrechtlich geschützten Selbstverwaltungsrechts betreffen. Ohnehin ist – wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen unter c) ergibt – der Regelungsspielraum, der den Hochschulen unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit der Wahl durch die Zurückhaltung des Landesgesetzgebers eröffnet ist, aus verfassungsrechtlichen Gründen eingegrenzt.
28Vgl. zur Zulässigkeit der Einrichtung von (ähnlich großen) Wahlkreisen Haase, in: Leuze/Epping, HG NRW, § 13 Rn. 22 (13. Ergänzungslieferung, Stand: Januar 2015); siehe noch zur Einführung onlinebasierter Hochschulwahlen auf Satzungsebene Thüringer OVG, Urteil vom 25. März 2021 - 4 KO 395/19 -, ThürVBl. 2022, 204 = juris, Rn. 62 ff. m.w.N; a.A. wohl Sächsisches OVG, Urteil vom 8. August 2011 - 2 C 1/10 -, juris, Rn. 57.
29b) § 6 Abs. 2 und 3 WahlO Senat verstoßen nicht gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 HG.
30Die vorgenannten Satzungsbestimmungen sind nämlich – entgegen der Ansicht der Antragstellerin – nicht an § 13 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 HG zu messen, weil die Vorschrift im hier interessierenden Zusammenhang schon keine Regelung trifft. In der Norm rekurriert der Landesgesetzgeber hinsichtlich der verschiedenen Mitgliedergruppen, zu denen auch die Gruppe der Studierenden zählt (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 HG), auf den Grundsatz der Gleichheit der Wahl. Allerdings beschränkt er sich insoweit auf einen deklaratorischen Hinweis auf die von ihm vorgefundene – sogleich unter c) näher dargestellte – verfassungsrechtliche Lage, nach der dieser Wahlrechtsgrundsatz – abgeleitet aus Art. 3 Abs. 1 GG – grundsätzlich auch in Bezug auf die Wahlen der Selbstverwaltungsorgane an Hochschulen gilt, aber wegen der Besonderheiten der zu wählenden Vertretungen Differenzierungen in größerem Umfang zugänglich ist.
31A.A. Achelpöhler, in: von Coelln/Schemmer, BeckOK Hochschulrecht NRW, 25. Edition (Stand: 1. Dezember 2022), § 13 HG Rn. 12 ff.; Sächsisches OVG, Urteil vom 8. August 2011 - 2 C 1/10 -, juris, Rn. 55 ff. in Bezug auf das dortige Landesrecht, wonach dort der Gesetzgeber von derartigen Binnendifferenzierungen innerhalb der Mitgliedergruppen bewusst abgesehen habe; an diese Auslegung des irrevisiblen Landeshochschulrechts war das Bundesverwaltungsgericht in der nachgehenden Entscheidung (Beschluss vom 23. Februar 2012 - 6 BN 2.11 ‑, juris, Rn. 12 ff.) gemäß § 137 Abs. 1 VwGO, § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden; dagegen scheint Haase, in: Leuze/Epping, HG NRW, § 13 Rn. 3, 8 f. (13. Ergänzungslieferung, Stand: Januar 2015) im Sinne eines dritten Ansatzes davon auszugehen, dass der Landesgesetzgeber die hochschulbezogene verfassungsrechtliche Lage einfachgesetzlich festgeschrieben hat.
32Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber konstitutiv eine hiervon abweichende, den Gestaltungsspielraum der Hochschulen begrenzende Rechtslage begründet hat. Insbesondere liegt es – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – fern, dass er in § 13 Abs. 1 Hs. 1 HG eine Regelung treffen wollte, deren Inhalt insoweit mit dem nur für die Bundestagswahl geltenden Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG in seiner Ausformung durch das Bundesverfassungsgericht übereinstimmt. In der vorgenannten Norm sieht die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung eine streng formal aufzufassende Wahlrechtsgleichheit verankert, die nur in engen Grenzen (zu rechtfertigenden) Differenzierungen zugänglich ist und aus der für das Wahlgesetz folgt, dass die Stimme eines jeden Wahlberechtigten grundsätzlich den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben muss, was bei Mehrheitswahlen die Bildung möglichst gleich großer Wahlkreise und im Verhältniswahlrecht eine Erfolgswertgleichheit erfordert.
33Vgl. lediglich BVerfG, Urteile vom 26. Februar 2014 - 2 BvE 2/13 u.a. -, BVerfGE 135, 259 = juris, Rn. 46 f., 52 ff., und vom 3. Juli 2008 - 2 BvC 1/07 u.a. -, BVerfGE 121, 266 = juris, Rn. 92 f.; jeweils m.w.N.
34Für ein derartiges Verständnis lässt sich – anders als die Antragstellerin meint – nicht der Wortlaut von § 13 Abs. 1 Hs. 1 HG heranziehen, der sich in gewisser Weise an den von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG anlehnt. Soweit in beiden Vorschriften davon die Rede ist, dass die „Abgeordneten des Deutschen Bundestages“ respektive die „Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedergruppen im Senat“ jeweils „in […] gleicher […] Wahl gewählt“ werden, wird lediglich abstrakt-generell auf den Grundsatz der Gleichheit der Wahl verwiesen, der keinen feststehenden, allgemeinverbindlichen Schutzgehalt aufweist, sondern – in Abhängigkeit von der jeweils zur Wahl stehenden Vertretung – eine differenzierte Anwendung erfährt.
35Vgl. nur BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14. Januar 2008 - 2 BvR 1975/07 -, BVerfGK 13, 189 = juris, Rn. 24.
36Zudem sprechen hiermit bereits in den Blick genommene systematische Gründe dagegen, § 13 Abs. 1 Hs. 1 HG inhaltsgleich mit Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG in seiner verfassungsgerichtlichen Auslegung zu verstehen. Insoweit stehen bereits die strukturellen Unterschiede zwischen verfassungsrechtlichen Gewährleistungen einerseits und einfachgesetzlichen Vorschriften andererseits einer Übertragung des Normverständnisses entgegen. Daneben tritt der Umstand, dass § 13 Abs. 1 Hs. 1 HG – anders als Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG – nicht die einer demokratisch-egalitären Repräsentation dienende Wahl einer Volksvertretung zum Gegenstand hat, sondern die Wahl eines nach der gesetzgeberischen Konzeption an den Maßstäben der „Qualifikation, Funktion, Verantwortung und Betroffenheit der Mitglieder“ (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 HRG, § 11 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 HG) ausgerichteten Hochschulorgans betrifft (s.o.). Im Übrigen spricht die Entstehungsgeschichte der Norm dagegen, dass der Landesgesetzgeber die verfassungsrechtlichen Freiräume der Hochschulen bei der näheren Ausgestaltung der Wahlen zum Senat unter dem Gesichtspunkt der Wahlgleichheit durch die einfachgesetzliche Festschreibung des Inhalts des spezifischen wahlrechtlichen Gleichheitssatzes des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG in § 13 Abs. 1 Hs. 1 HG begrenzen wollte. Denn den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich die klare gegenläufige Zielsetzung entnehmen, (auch) insoweit die Selbstverantwortung der Hochschulen durch eine Erweiterung ihrer Autonomie zu erhöhen und Regulierungen abzubauen.
37Vgl. ausdrücklich etwa LT-Drs. 12/4243, Begründung S. 145, 164; siehe auch im Überblick Haase, in: Leuze/Epping, HG NRW, § 13 Rn. 1 (13. Ergänzungslieferung, Stand: Januar 2015); Achelpöhler, in: von Coelln/Schemmer, BeckOK Hochschulrecht NRW, 25. Edition (Stand: 1. Dezember 2022), § 13 HG Rn. 1.
38Demgemäß kommt § 13 Abs. 1 Hs. 1 HG im hier relevanten Zusammenhang (lediglich) die Funktion zu, deklaratorisch auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben hinzuweisen sowie (im Zusammenspiel mit Satz 2) die Hochschulen zu ermächtigen und zu verpflichten, die Materie im Rahmen ihrer Satzungsautonomie eigenständig auszuformen.
39c) Den hiernach in materieller Hinsicht allein maßgeblichen verfassungsrechtlichen Vorgaben werden § 6 Abs. 2 und 3 WahlO Senat gerecht.
40Bei anderen Wahlen außerhalb der Anwendungsbereiche der speziellen Wahlrechtsgrundsätze der Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG kommen grundsätzlich die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG zum Tragen. Hinsichtlich der Wahlen der – wie hier – Selbstverwaltungsorgane an Hochschulen legt das Bundesverfassungsgericht bei der Prüfung der Wahlgleichheit einen weniger strengen Gleichheitsgrundsatz an und lässt Differenzierungen in größerem Umfang zu, soweit sie dem Charakter der Wahl Rechnung tragen und nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen.
41Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14. Januar 2008 - 2 BvR 1975/07 -, BVerfGK 13, 189 = juris, Rn. 24 m.w.N.
42Denn der für Parlamentswahlen entwickelte und dort streng anzuwendende Grundsatz der formalen Wahlgleichheit erfährt im Hinblick auf die Wahlen von Selbstverwaltungsorganen der Hochschulen Einschränkungen, die in der Organisationsstruktur der Hochschulen begründet sind und sich zudem aus der vorbehaltlosen Garantie der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ergeben. Wahlen im Bereich der Hochschulen dienen nicht einer demokratisch-egalitären Repräsentation, sondern sollen die Hochschulorgane nach den Maßstäben der „Qualifikation, Funktion, Verantwortung und Betroffenheit der Mitglieder“ (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 HRG, § 11 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 HG) organisieren. In der Organisationsform der Gruppenuniversität werden den von den Hochschulgruppen gewählten Vertretern Stimmrechte in den kollegialen Beschlussorganen der Hochschulselbstverwaltung unabhängig von der jeweiligen Gruppengröße zugeteilt. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass insoweit bei Wahlen der Erfolgswert der einzelnen Wählerstimmen verschieden groß sein kann. Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass durch die Repräsentation aller Gruppen ein Ausgleich der verschiedenen Gruppeninteressen ermöglicht werden soll. Wenn es auch innerhalb einer Gruppe erhebliche Interessenkonflikte gibt und die gegensätzlichen Auffassungen in der Gruppenvertretung nicht hinreichend zum Zuge kommen, so dass der Gesetzgeber befürchten kann, hierdurch werde die Funktionsfähigkeit der Gruppenuniversität beeinträchtigt, kann er dem durch eine sachgemäße Untergliederung der betroffenen Gruppe Rechnung tragen. Solche Differenzierungen sind grundsätzlich zulässig. Die damit verbundene (weitere) Änderung des Erfolgswerts der Stimme des einzelnen Wählers muss hingenommen werden.
43Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Mai 2015 - 1 BvR 1501/13 u.a. -, BVerfGE 139, 148 = juris, Rn. 87 f., und vom 9. April 1975 - 1 BvL 6/74 -, BVerfGE 39, 247 = juris, Rn. 27 ff.; BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 2012 - 6 BN 2.11 -, juris, Rn. 14.
44Hieran gemessen ist die mit § 6 Abs. 2 und 3 WahlO Senat vorgenommene bzw. zugelassene Einteilung der Gruppe der Studierenden in unterschiedlich große Wahlkreise und die damit verbundene Änderung des Erfolgswerts der Stimme des einzelnen Wählers rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin verfolgt damit das nach dem Vorstehenden legitime Ziel, die verschiedenen, zum Teil konfligierenden Interessen der unterschiedlichen Fachbereiche im Sinne der Wahrung ihrer Funktionsfähigkeit durch deren angemessene Repräsentation im Senat zum Ausgleich zu bringen. Bei der hierzu vorgenommenen Bildung von Wahlkreisen hat sie sich in sachgemäßer Weise von ihrem – mit Schriftsatz vom 26. September 2022 (dort: S. 3 Abs. 5 bis S. 4 Abs. 1) im zugehörigen Hauptsacheverfahren nachvollziehbar näher erläuterten – Wissenschaftsverständnis leiten lassen, indem sie die von ihr den Gesellschaftswissenschaften (inklusive Staats-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften), Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften zugerechneten Fakultäten bzw. Fachbereiche zu jeweils einem Wahlkreis zusammengefasst und für die Medizinische Fakultät aufgrund ihrer Sonderstellung einen eigenständigen Wahlkreis gebildet hat. Dass dies den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gerecht wird, hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht und ist auch sonst nach summarischer Prüfung nicht ersichtlich.
45III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Hiernach setzt das Gericht in Anlehnung an Nr. 1.5 Satz 1 und Nr. 18.12 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Hälfte des Auffangwertes von 5.000 Euro an.