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Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, unverzüglich die Nutzung der C. (F. , B. I. , XXXX H. ) einschließlich der im Bereich der C. errichteten Bestuhlung/Möblierung und Unterstände sowie der im Gelände außerhalb der Sandfläche aufgestellten Toiletten- und Versorgungswagen gegenüber der Beigeladenen bis zur Erteilung einer naturschutzrechtlichen Befreiung zu untersagen.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Hälfte der Kosten des Verfahrens einschließlich der Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nur insoweit erstattungsfähig sind. Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen jeweils ein Viertel der Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.
Der Antrag des Antragstellers,
2dem Antragsgegner im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufzugeben, den Betrieb der C. mit den von ihr ausgehenden Lärm- und Lichtimmissionen im Naturschutz- und FFH-Gebiet F1. in der Stadt H. einschließlich der im Bereich der C. errichteten Unterstände und Bestuhlung jedenfalls bis zur Erteilung einer Befreiung nach § 67 BNatSchG unter ordnungsgemäßer Beteiligung des Antragstellers zu untersagen sowie die Entfernung der C. und der zugehörigen Möblierung der Sandfläche sowie der im Gelände außerhalb der Sandfläche aufgestellten Toiletten- und Versorgungswagen anzuordnen,
3hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
4Dabei geht die Kammer gemäß § 88 VwGO davon aus, dass in dem wörtlich gestellten Antrag des Antragstellers neben der ausdrücklich beantragten Entfernung der Toiletten- und Versorgungswagen – als Minus – auch die Untersagung der Nutzung derselben enthalten sein soll. Soweit der Antragsteller im Hinblick auf die Nutzungsuntersagung von einer „Bestuhlung“ und hinsichtlich der Entfernung von einer „Möblierung“ spricht, versteht die Kammer diese Begriffe als Synonyme und legt das Begehren des Antragstellers diesbezüglich dergestalt aus, dass der Antragsteller sowohl die Nutzungsuntersagung als auch die Anordnung der Beseitigung sämtlicher „Einrichtungsgegenstände“ der Außenfläche (Sandfläche) der C. wie etwa Bänke, Stühle und Tische anstrebt. Unter den Begriff „Unterstand“ subsumiert die Kammer die vor der C. aufgestellten Sonnenschirme und Pavillons.
5Der so verstandene Antrag ist zulässig (1.) und teilweise begründet (2.).
61. Der nach § 123 VwGO statthafte Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller als nach § 3 UmwRG anerkannte inländische Vereinigung antragsbefugt gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG. Der Antragsteller macht geltend, eine notwendige Zulassungsentscheidung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 UmwRG sei unterlassen worden (§ 1 Abs. 2 Satz 2 UmwRG). Durch den Betrieb der streitgegenständlichen C. werde gegen im Landschaftsplan X H1. T. in der Fassung der 5. Änderung (im Folgenden: Landschaftsplan), festgesetzte Verbote verstoßen und es liege keine Befreiung nach § 67 BNatSchG vor.
7Vgl. zur Verbandsklagebefugnis auf ordnungsbehördliches Einschreiten: BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2017 - 9 C 2.16 ‑, juris, Rn. 14 ff.; vgl. zur Antragsbefugnis des Antragstellers: VG Münster, Beschluss vom 10. Juli 2020 ‑ 7 L 559/20 -, n. v.
8Der Antrag ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners und der Beigeladenen nicht verfristet. Anträge nach § 123 VwGO unterliegen grundsätzlich keiner Frist; der Antrag kann vielmehr zu jeder Zeit gestellt werden.
9Vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage, § 123 Rn. 67.
10Es greift vorliegend auch keine spezialgesetzliche Frist. Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 1 UmwRG ist nicht einschlägig. Danach müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden ist. Ungeachtet dessen, dass die genannte Norm nach ihrem Wortlaut unmittelbar nur auf Widerspruch und Klage Anwendung findet, mangelt es vorliegend im Rahmen des hier geltend gemachten Anspruchs auf ordnungsbehördliches Einschreiten zudem bereits an einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Aus demselben Grund unterliegt das vorliegende Eilrechtschutzgesuch auch nicht der zweijährigen Widerspruchs- bzw. Klagefrist des § 2 Abs. 3 Satz 2 UmwRG.
11Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller das Rechtschutzbedürfnis abzusprechen ist, da er das prozessuale Recht zu Beantragung einer einstweiligen Anordnung verwirkt haben könnte, liegen nicht vor. Es ist schon nicht ersichtlich, dass der Antragsteller eine für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Vertrauensgrundlage geschaffen hätte, die den Antragsgegner zu der gesicherten Annahme hätte verleiten können, der Antragsteller werde gegen die streitgegenständliche Nutzung und den Bestand der C. nicht (mehr) vorgehen. Selbst unterstellt, der Antragsteller hätte seit geraumer Zeit Kenntnis von deren Errichtung und Nutzung, sind besondere Umstände, die eine Antragstellung zum jetzigen Zeitpunkt als einen Verstoß gegen Treu und Glauben einstufen ließen, nicht ersichtlich.
122. Der Antrag ist (nur) im tenorierten Umfang begründet.
13Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit der einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind von dem Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
14Dabei ist zu berücksichtigen, dass der vorläufige Rechtsschutz grundsätzlich nicht das gewähren darf, was erst im Hauptsacheverfahren erreicht werden kann. Indem § 123 Abs. 1 VwGO vorschreibt, dass das Gericht eine „einstweilige" Anordnung zur Regelung eines „vorläufigen" Zustands treffen kann, verbietet sich regelmäßig eine Vorwegnahme der Hauptsache. Dies bedeutet, dass das Gericht dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit und unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren darf, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Das Gericht darf im Grundsatz nur die Lage offen halten, um zu vermeiden, dass das Recht bis zu einer Klärung im Hauptsacheprozess untergeht oder seine Durchsetzung wegen des Zeitablaufs mit wesentlichen Nachteilen verbunden ist. Der Grundsatz, dass die einstweilige Anordnung nicht zur Schaffung vollendeter Tatsachen führen soll, darf nur unterbrochen werden, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) zwingend notwendig ist, weil die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar sind und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und der Erfolg in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist.
15Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2000 - 5 B 1717/99 -, juris, Rn. 5, und vom 18. Oktober 2013 - 6 B 998/13 -, juris, Rn. 7.
16Auch unter Berücksichtigung, dass die begehrte Regelung vorliegend eine Vorwegnahme der Hauptsache beinhaltet, stellt sich diese als erforderlich dar, um wesentliche Nachteile für den Landschafts- und Naturschutz abzuwenden. Ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung würde der konkrete Betrieb der C. in der aktuellen Saison, die bis zum 4. September 2022 andauert, fortgeführt und möglicherweise irreparable Verstöße gegen landschafts- und naturschutzrechtliche Verbote mit sich bringen.
17Die damit ausnahmsweise zulässige Vorwegnahme der Hauptsache erfordert, dass eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit des Obsiegens in der Hauptsache besteht.
18Vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 27. Aufl. 2021, § 123 VwGO, Rn. 26.
19Der Antragsteller hat hinsichtlich des vom Tenor umfassten Anspruchs glaubhaft gemacht, dass ein Anordnungsgrund mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit besteht. Aus den zuvor genannten Gründen zur Zulässigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache drohen dem Antragsteller Nachteile, die das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen.
20Der Antragsteller hat zudem glaubhaft gemacht, dass der Anordnungsanspruch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit besteht, soweit er die Verpflichtung zur Untersagung des konkreten Betriebes der C. einschließlich der im Bereich der C. errichteten Unterstände und Bestuhlung/Möblierung sowie der im Gelände außerhalb der Sandfläche aufgestellten Toiletten- und Versorgungswagen begehrt. Der Antragsteller hat hingegen keinen Anspruch auf Entfernung der C. und der zugehörigen Bestuhlung/Möblierung der Sandfläche sowie der im Gelände außerhalb der Sandfläche aufgestellten Toiletten- und Versorgungswagen.
21Rechtsgrundlage für den Anspruch auf ordnungsbehördliches Einschreiten wegen des Verstoßes gegen naturschutzrechtliche Vorschriften ist § 3 Abs. 2 BNatSchG. Danach überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes sowie der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist. § 3 Abs. 2 BNatSchG statuiert eine an die polizeiliche Generalklausel angelehnte Eingriffsermächtigung, die grundsätzlich neben konkurrierende Eingriffsbefugnisse anderer Behörden tritt und von der zuständigen Naturschutzbehörde – hier durch den Antragsgegner – in ihrer Eigenschaft als Sonderordnungsbehörde vollzogen wird.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2017 - 9 C 2.16 -, juris, Rn. 21.
23Als Gegenstand einer Anordnung nach § 3 Abs. 2 BNatSchG kommen Pflichtverletzungen der Ge- und Verbote des Bundesnaturschutzgesetzes, insbesondere etwa der Ge- und Verbote in Schutzgebieten der §§ 23 bis 29 BNatSchG, und auf dessen Grundlage erlassener Rechtsvorschriften in Betracht.
24Die Voraussetzungen für ein behördliches Einschreiten gemäß § 3 Abs. 2 BNatSchG liegen vor, da hier ein Verstoß gegen § 23 Abs. 2 BNatSchG i. V. m. den Festsetzungen des Landschaftsplans vorliegt.
25Die C. einschließlich der im Bereich der C. errichteten Unterstände und Bestuhlung sowie der im Gelände außerhalb der Sandfläche aufgestellten Toiletten- und Versorgungswagen liegt in einem Naturschutzgebiet (a)), verstößt gegen Verbote des für das maßgebliche Gebiet geltenden Landschaftsplans (b)) und es liegt keine naturschutzrechtliche Legalisierung vor (c)). Das Ermessen des Antragsgegners, gegen die Beigeladene wegen des Verstoßes einzuschreiten, ist auf eine Rechtspflicht verdichtet, soweit es die begehrte Nutzungsuntersagung betrifft, nicht jedoch soweit der Antragsteller eine Beseitigungsanordnung begehrt (d)).
26a) Die streitgegenständliche C. sowie die Unterstände, Bestuhlung/Möblierung und die aufgestellten Toiletten- und Versorgungswagen liegen im Naturschutzgebiet F1. . Naturschutzgebiete sind nach § 23 Abs. 1 BNatSchG rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen aus näher benannten Gründen erforderlich ist. Der auf § 16 LG NRW a. F. beruhende Landschaftsplan setzt gemäß § 26 BNatSchG Naturschutzgebiete fest und regelt dort verbotene Handlungen.
27b) Die Errichtung und damit auch die hier in Rede stehende konkrete Nutzung der C. als Gastronomiebetrieb nebst Unterständen und Bestuhlung/Möblierung und die aufgestellten Toiletten- und Versorgungswagen verstoßen gegen § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG i. V. m. den Verboten des Landschaftsplans.
28Gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG sind alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Die maßgeblichen Verbote ergeben sich vorliegend aus § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG i. V. m. der Konkretisierung im maßgeblichen Landschaftsplan.
29Die C. – einschließlich ihrer konkreten Nutzungsform – verstößt gegen das Verbot nach Ziffer 2.1.0 Nr. 1 und Nr. 24 des Landschaftsplans.
30Nach Ziffer 2.1.0 Nr. 1 des Landschaftsplans ist es verboten, bauliche Anlagen zu errichten, zu ändern oder deren Nutzung zu ändern, auch wenn dafür keine Planfeststellung, Genehmigung oder Anzeige erforderlich ist. Das Verbot, bauliche Anlagen zu errichten, enthält dabei auch das Verbot ihrer Nutzung.
31Bei der C. handelt es sich um eine bauliche Anlage. Bauliche Anlagen i. S. d. Landschaftsplanes sind die in § 2 BauO NRW definierten Anlagen und Landungs-, Boots- und Angelstege, Einfriedungen und am Ufer oder auf dem Grund eines Gewässers verankerte Fischzuchtanlagen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW ist eine bauliche Anlage eine mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlage, wobei § 2 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW eine Verbindung mit dem Erdboden auch dann als gegeben ansieht, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Erdboden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden.
32Diese Voraussetzungen sind hier für die C. gegeben. Ausweislich der dem Gericht vorliegenden Fotos handelt es sich bei der C1. um eine vorwiegend aus Holzbrettern konstruierte und überdachte Verkaufsbude, die möglicherweise mit dem Erdboden verbunden ist. Jedenfalls ist aber aufgrund ihrer Ausmaße davon auszugehen, dass sie durch eigene Schwere auf dem Boden ruht.
33Die C. verstößt zudem gegen Ziffer 2.1.0 Nr. 24 des Landschaftsplans, wonach es verboten ist, Verkaufsbuden oder Stände aufzustellen. Die C1. ist offensichtlich dem Verkauf von Getränken und Speisen gewidmet.
34Die Bestuhlung/Möblierung sowie die Unterstände der C. – und ihre konkrete Nutzung – unterfallen zwar nicht dem Verbot der Ziffer 2.1.0 Nr. 1 des Landschaftsplans, da es sich dabei nicht um bauliche Anlagen handelt. Denn nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauO NRW stellen u. a. Tische, Stühle, Bänke und Sonnenschirme/Pavillons keine bauliche Anlage dar. Sie sind weder im Erdboden verankert, was zur Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW führen würde, noch beziehen sie ihre Verbindung mit dem Erdboden aus § 2 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. oder 3. Alt. BauO NRW. Da jeder Gegenstand, der auf den Erdboden gelegt wird, auf diesem "ruht", setzt ein "Ruhen" auf dem Erdboden durch eigene Schwere im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. BauO NRW, das es rechtfertigt, den Gegenstand dem Regime des Bauordnungsrechts zu unterwerfen, ein spezifisches, funktionsbezogenes „Verharren" des Gegenstands voraus. Ein solches „Verharren" fehlt bei Gegenständen, die - wie etwa Möbelstücke - leicht beweglich und jederzeit ortsveränderlich sind. Was hingegen erst durch den Einsatz technischer Mittel von der Stelle bewegt werden kann oder erst in seine Bestandteile zerlegt werden muss, um bewegt werden zu können, „ruht" auf dem Erdboden.
35Vgl. zur Möblierung eines Biergartens: OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2011 - 2 A 1276/10 -, juris, Rn. 18 ff., m. w. N.
36Dies trifft auf die Einrichtungsgegenstände der C. wie Tische, Stühle, Bänke und Unterstände nicht zu, da sie ohne Weiteres bewegt werden können.
37Die Bestuhlung/Möblierung und die Unterstände der C. verstoßen aber gegen das Verbot der Ziffer 2.1.0 Nr. 26 des Landschaftsplans, wonach es u. a. untersagt ist, dem zeitweiligen Aufenthalt von Menschen dienende Anlagen aufzustellen. Die Möblierung der Bewirtungsfläche der C. dient dem Verweilen von Gästen während des Besuches der T1. .
38Schließlich verstoßen auch die aufgestellten Toiletten- und Versorgungswagen gegen Ziffer 2.1.0 Nr. 1 des Landschaftsplans, da sie als bauliche Anlage zu qualifizieren sind. Denn sie ruhen durch ihre eigene Schwere auf dem Boden und sind aufgrund ihrer Schwere und Größe nur durch den Einsatz technischer Hilfsmittel ortsveränderlich.
39c) Die dargestellten Verstöße sind weder durch eine im Landschaftsplan vorgesehene Ausnahmegenehmigung noch durch eine Befreiung nach § 67 BNatSchG gedeckt.
40Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung scheidet bereits aus, weil die im Landschaftsplan vorgesehenen Ausnahmen auf die vorliegende Gegebenheit ersichtlich nicht einschlägig sind. Denn es handelt sich weder bei der C. noch bei ihrer Bestuhlung/Möblierung und den Unterständen um als Ausnahme zu Ziffer 2.1.0 Nr. 1 genannte Melkstände oder ortsübliche Viehhütten. Die Verbote der Ziffer 2.1.0. Nr. 24 und 26 sehen bereits keine Ausnahmetatbestände vor. Dass eine Ausnahme für die Toiletten- und Versorgungswagen auf dieser Grundlage in Betracht käme, ist daher ebenfalls nicht ersichtlich.
41Die Beigeladene hat einen Antrag auf Befreiung von den Verboten für die streitbefangene Nutzung für die diesjährige Saison 2022 weder gestellt noch verfügt sie über eine frühere und nunmehr auch für diese Veranstaltungssaison fortwirkende Befreiung. Sämtliche in der Vergangenheit erteilten Befreiungen umfassen ersichtlich nicht die Errichtung und den Betrieb der hier streitgegenständlichen Anlagen. Hiervon gehen die Beteiligten im Übrigen auch nicht aus.
42Soweit der Antragsgegner darauf hinweist, dass die Möblierung der C. durch bestandskräftigen Bescheid vom XX. XXX XXXX von den Verboten des Landschaftsplanes für die Durchführung des Projektes „H. XX XXX F2. “ gemäß § 67 Abs. 1 BNatSchG zeitlich unbefristet befreit worden ist,
43vgl. zur zeitlich unbefristeten Befreiung hinsichtlich der Sandfläche auch: VG Münster, Beschluss vom 10. Juli 2020 - 7 L 559/20 -, n. v.,
44trifft dies nicht zu. Die Befreiung für die Sandfläche mag gegebenenfalls zwar auch das rechtmäßige Aufstellen und die Benutzung von durch die Besucher für die Zeit ihres tatsächlichen Aufenthalts mitgebrachten Stühlen, Liegen o. ä. „T2. “ umfassen. Die Kammer geht allerdings nicht davon aus, dass die Möblierung der T1. von dieser Befreiung erfasst ist, da diese in erster Linie den Gästen der T1. hinsichtlich des Betriebes derselben gewidmet ist und nicht dem kurzweiligen Aufenthalt im Rahmen der Nutzung der Liegewiese. Zudem wird sie nicht von den Gästen mitgebracht, sondern vom Betreiber der C. dauerhaft vor Ort vorgehalten.
45d) Der Antragsteller hat einen Anspruch auf ordnungsbehördliches Einschreiten gegen den Antragsgegner, soweit es die C. sowie ihrer Bestuhlung/Möblierung, Unterstände und der Toiletten- und Versorgungswagen in ihrer konkreten Nutzung betrifft (aa)), nicht hingegen auf Entfernung derselben (bb)).
46aa) Es besteht eine Pflicht des Antragsgegners zum Einschreiten hinsichtlich der begehrten Nutzungsuntersagung. Zwar folgt allein aus der Verletzung des Naturschutzrechts noch nicht zwingend, dass ein Absehen vom Einschreiten ermessensfehlerhaft wäre. Allerdings kann ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen das Naturschutzrecht zu einer Ermessensreduzierung führen; das gilt umso mehr, je wertvoller, empfindlicher und knapper das betroffene Naturgut ist. Unter solchen Umständen schränken insbesondere die Vorgaben des Unionsrechts den innerstaatlichen Ermessensspielraum ein. Daher sind insbesondere Verstöße gegen unionsrechtliche Vorgaben auf dem Gebiet des Arten- und Habitatschutzes als schwerwiegend und ermessenseinschränkend zu qualifizieren. Sind europarechtlich geschützte Arten oder Lebensräume betroffen, die für den Fortbestand eine besondere Bedeutung aufweisen, so wird das Ermessen in der Regel in Richtung des Einschreitens intendiert sein.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2017 - 9 C 2.16 -, juris, Rn. 24.
48Ob das dem Antragsgegner im Grundsatz nach § 3 Abs. 2 BNatSchG zustehende Entschließungs- und Auswahlermessen aufgrund eines schwerwiegenden naturschutzrechtlichen Verstoßes, d. h. des Vorliegens einer konkreten Gefahr einer erheblichen Störung der Erhaltungsziele des in Rede stehenden Naturschutzgebietes durch das ungenehmigte Vorhaben, hinsichtlich der Untersagung der Nutzung des Betriebs der C. einschließlich der im Bereich der C. errichteten Unterstände und Bestuhlung sowie der im Gelände außerhalb der Sandfläche aufgestellten Toiletten- und Versorgungswagen auf Null reduziert ist, lässt die Kammer dahinstehen.
49Denn eine Rechtspflicht zum Einschreiten der Naturschutzbehörden kann auch dann entstehen, wenn die Verursacher von Verstößen gegen naturschutzrechtliche Vorschriften nicht gewillt sind, diese zu beheben bzw. notwendige Verfahrensschritte verschleppen.
50Vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 27. November 2018 - 4 A 688/17 -, juris, Rn. 21 f.; VG Köln, Beschluss vom 24. Mai 2022 - 14 L 797/22 -, n. v.
51Erst Recht gilt dies in den Fällen, in denen das notwendige Verfahren erst gar nicht durchgeführt wird.
52Vgl. VG Köln, Beschluss vom 24. Mai 2022 - 14 L 797/22 ‑, n. v.
53Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass eine andere Entscheidung als die beanspruchte Nutzungsuntersagung – sowohl hinsichtlich des Entschließungs- als auch des Auswahlermessens – ermessensfehlerfrei wäre. Die Beigeladene ist offensichtlich nicht gewillt, die C. in ihrer konkreten Nutzungsform sowie die Nebeneinrichtungen durch Überprüfung naturschutzrechtlicher Belange einer Legalisierung zuzuführen, obwohl ihr ausweislich des von ihr vorgelegten Antrags zur Änderung des Landschaftsplanes zweifelsfrei bewusst ist, dass die bauliche Anlage der C. sowie ihre Nebenanlagen einen oder mehrere Verbotstatbestände des Landschaftsplans erfüllen (vgl. Vorlage XXX/XXXX des Ausschusses für Stadtentwicklung der Beigeladenen vom XX. XXX XXXX für den Termin vom XX. XXX XXXX, S. 2). Der Antragsteller hat hierzu glaubhaft ausgeführt, dass die Beigeladene jedenfalls seit dem Jahr XXXX eine C. errichtet und diese während der Sommermonate als Gastronomiebetrieb genutzt hat, obwohl ihr eine Befreiung von den Verboten des maßgeblichen Landschaftsplans nach § 67 BNatSchG fehlte und nach wie vor fehlt. Etwas Gegenteiliges lässt sich weder dem Vorbringen des Antragsgegners noch der Beigeladenen entnehmen und folgt auch nicht aus den der Kammer vorliegenden Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners. Die Beigeladene hat sich dazu eingelassen, dass die C1. seit XXXX an Ort und Stelle im Wesentlichen unverändert genutzt wird. Hieran vermag auch nichts zu ändern, dass die Beigeladene darauf hingewiesen hat, die C. werde nach dem Saisonende 2022 nebst Mobiliar abgebaut und nicht mehr betrieben werden. Denn die Beigeladene hat in dem von der Berichterstatterin der Kammer durchgeführten Erörterungstermin nicht zu erkennen gegeben, dass sie plant, in der aktuellen Saison 2022 von der streitgegenständlichen Nutzung abzurücken. Sie führt die illegale Nutzung demgemäß nach wie vor aus.
54Etwas anderes folgt nicht aus dem vom Antragsgegner angeführten Umstand, dass der Kreistag – auch auf Antrag der Beigeladenen – eine Änderung des Landschaftsplanes beschlossen hat und diese Änderung mittlerweile zur Beteiligung der Öffentlichkeit ausliegt. Die hier angenommene Rechtspflicht zum Einschreiten folgt vorliegend allein aus der jahrelangen und konsequenten Fortführung einer bewusst illegalen Nutzung. Zwar mag es zukünftig auf der Grundlage eines geänderten Landschaftsplanes zu einer legalen Nutzung der Flächen des Naturschutzgebietes durch die hier streitgegenständlichen Anlagen kommen. Vor dem Hintergrund, dass die Beigeladene allerdings nach wie vor auch unter dem Eindruck dieses Verfahrens nicht von der streitgegenständlichen Nutzung abrückt, sieht die Kammer keinen Anlass, eine andere als die bereits dargelegte Situation, namentlich derjenigen, dass die Beigeladene als Verursacherin von Verstößen gegen naturschutzrechtliche Vorschriften nicht gewillt ist, diese zu beheben, anzunehmen.
55bb) Der Antragsteller hat hingegen keinen Anspruch auf ordnungsbehördliches Einschreiten hinsichtlich der Anordnung der Beseitigung der C. und der zugehörigen Bestuhlung/Möblierung der Sandfläche sowie der im Gelände außerhalb der Sandfläche aufgestellten Toiletten- und Versorgungswagen als solcher, da das Auswahlermessen des Antragsgegners insoweit nicht auf Null reduziert ist. Es ist schon nicht hinreichend erkennbar, dass durch die bloße Existenz der streitbefangenen Anlagen weitere wesentliche landschafts- bzw. naturschutzrechtliche Verschlechterungen zu befürchten sind.
56Die Kammer geht davon aus, dass aufgrund des dargestellten Verstoßes gegen den Landschaftsplan (Errichtung einer baulichen Anlage bzw. Aufstellen von Verkaufsständen) eine – unterstellte – zu befürchtende wesentliche Verschlechterung für das Naturschutzgebiet vorwiegend aus der konkreten Nutzung der T1. und ihrer Nebenanlagen folgen würde und allein die baulichen Anlagen als solche, die dort bereits seit vielen Jahren stehen, hierzu mit Blick auf die aktuelle Saison keinen wesentlichen Beitrag (mehr) leisten. Hiervon ausgehend und auch den Umstand berücksichtigend, dass jedenfalls nicht gänzlich ausgeschlossen ist, dass die C. zukünftig im Rahmen einer Befreiung einem legalen Zustand zugeführt werden könnte, würde sich eine Beseitigungsverfügung zum jetzigen Zeitpunkt als unverhältnismäßig erweisen. Durch die Beseitigung würde ein endgültiger Zustand geschaffen.
57Der Antragsteller kann den Anspruch auf die Beseitigung der C. als solcher nebst Unterständen und Bestuhlung/Möblierung sowie der Toiletten- und Versorgungswagen zudem nicht aus einer Verletzung in einem naturschutzrechtlichen Beteiligungsrecht herleiten. Denn selbst bei einem unterstellten verfahrensrechtlichen Verstoß gegen ein bestehendes Beteiligungsrecht des Antragstellers begründet dieser keinen Anspruch auf Einschreiten des Antragsgegners gegen die Beigeladene im Wege einer Beseitigungsanordnung.
58Zwar steht dem geltend gemachten Anspruch insoweit nicht grundsätzlich entgegen, dass der Antragsgegner vorliegend schon kein Befreiungsverfahren eingeleitet hat. Denn das Beteiligungsrecht eines Naturschutzverbandes kann auch dann verletzt sein, wenn die zuständige Behörde das an sich gebotene beteiligungspflichtige Verfahren unterlässt oder in ein nicht beteiligungspflichtiges Verfahren ausweicht. Wenn das Gesetz den Naturschutzverbänden ein eigenes Recht auf Verfahrensbeteiligung einräumt, kann eine Umgehung oder Missachtung dieses Rechts nicht sanktionslos bleiben. Vielmehr muss insoweit durch Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes zur Effektivität des Verfahrensrechts beigetragen werden, auch wenn die Behörde ein erforderliches naturschutzrechtliches Befreiungsverfahren nicht durchführt und durch tatsächliches Handeln vollendete Tatsachen schafft.
59Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 4 ME 315/08 -, juris, Rn. 4, m. w. N.
60Der Naturschutzverband dem ein eigenes Beteiligungsrecht vor der Erteilung der Befreiung zusteht, kann verlangen, dass die Behörde alle Maßnahmen, die einer Befreiung bedürfen, unterlässt oder unterbindet.
61Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 4 ME 315/08 -, juris, Rn. 4, m. w. N.
62Davon ausgehend rechtfertigt die effektive Durchsetzung von Beteiligungsrechten im vorliegenden Einzelfall keine Beseitigung des verbotenen Vorhabens. Denn die Beseitigungsverfügung wäre zur Sicherung der Beteiligungsrechte nicht erforderlich und würde über den Sinn und Zweck der Beteiligungsrechte hinausgehen. Dieser besteht vor allem darin, den Naturschutzvereinigungen die Möglichkeit zu eröffnen, Belange des Natur- und Umweltschutzes in das Verfahren sowie Sachverstand in die Vorbereitung behördlicher Entscheidungen einzubringen.
63Vgl. Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl., 2018, § 73, Rn. 103.
64Zur Erreichung dieses Ziels erweist es sich allerdings nicht als erforderlich und überdies als unangemessen, die Beseitigung der illegal errichteten C. nebst Unterständen und Bestuhlung sowie der Toiletten- und Versorgungswagen anzuordnen. Die Sicherung der Beteiligungsrechte kann der Antragsteller im Ergebnis wirksam bereits durch die Untersagung der Nutzung bis zur Durchführung eines Befreiungsverfahrens erreichen.
65Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Angesichts des Umstands, dass der Antragsteller hinsichtlich der begehrten Nutzungsuntersagung obsiegt, im Übrigen aber unterliegt, rechtfertigt sich die hälftige Kostenverteilung. Es entspricht zudem der Billigkeit, der Beigeladenen einen Teil der Kosten aufzuerlegen (§ 154 Abs. 3 VwGO) und gleichzeitig im Rahmen ihres Obsiegens ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), da sie einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
66Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 1.2 und 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Aufgrund der überschaubaren Ausmaße der Anlage „C. “ hinsichtlich baulicher Größe und zu erwartender Publikumszahl nimmt die Kammer einen Ansatz des Streitwertes im unteren Bereich des Regelrahmens (15.000-30.000 Euro) an. Angesichts der weitgehenden Vorwegnahme der Hauptsache im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren ist eine Reduzierung gegenüber dem in einem Klageverfahren angemessenen Streitwert nicht geboten.