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Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2500 Euro festgesetzt
G r ü n d e
2Der Antrag des Antragstellers,
3im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zur unanfechtbaren Entscheidung in der Hauptsache, längstens für die Dauer der Mitgliedschaft des Antragstellers in der Antragsgegnerin die Durchführung der Veranstaltung „queerfeministisches Sommerfest“ und die weitere Unterstützung der Aktion „Münster isst Veggie“ zu untersagen, sowie der Antragsgegnerin zu untersagen, politische Erklärungen, Forderungen, Äußerungen und Stellungnahmen abzugeben, die keinen spezifisch und unmittelbar hochschulbezogenen Inhalt haben, sowie bei allgemeinpolitischen, nicht spezifisch und unmittelbar hochschulbezogenen Tätigkeiten Dritter unterstützend zu handeln,
4hat in Anwendung des § 123 Abs. 1 VwGO keinen Erfolg.
5Er ist jedenfalls unbegründet, denn der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
6Den im gesetzlichen Zwangsverband der Studierendenschaft (§ 53 Abs. 1 Satz 1 HG NRW) zusammengeschlossenen Studierenden steht zwar grundsätzlich ein verfassungsrechtliches Abwehrrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG gegen staatlichen Organisationszwang zu. Dieses Recht bewahrt den Einzelnen (nicht nur vor Mitgliedschaft in einem "unnötigen" Verband, sondern auch) davor, dass ein - wie hier - legitimer Zwangsverband Angelegenheiten außerhalb des gesetzlich festgelegten Verbandszwecks wahrnimmt.
7Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 1979 - 7 C 58.78 -, und 12. Mai 1999 - 6 C 10.98 -; OVG Berlin, Beschluss vom 25. Mai 1998 - 8 SN 24.98 -; OVG NRW, Beschlüsse vom 6. September 1994, - 25 B 1507.94 - und vom 13. Juli 2000 - 8 B 482.99 - NVwZ-RR 2000, 102.
8Dementsprechend ist es einerseits der Antragsgegnerin als verfasster Studierendenschaft schon verfassungsrechtlich verboten, ein ihrem Verbandszweck nicht mehr entsprechendes allgemeinpolitisches Mandat wahrzunehmen, und haben andererseits die Pflichtmitglieder einen aus Art. 2 Abs. 1 GG folgenden grundrechtlichen Anspruch darauf, dass sich die Organe ihres Verbandes unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips innerhalb des Wirkungskreises der gesetzlich definierten Aufgaben halten.
9Als Wahrnehmung eines unzulässigen allgemeinpolitischen Mandates gilt dabei "die nachhaltige und uneingeschränkte Kundgabe nicht hochschulbezogener allgemeinpolitischer Meinungen und Forderungen".
10Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 1979, - 7 C 58.78 - und vom 12. Mai 1999 - 6 C 10.98 -.
11Die Wahrnehmung eines hochschulpolitischen Mandates, also die Vertretung spezifisch hochschulpolitischer Interessen ist der Studierendenschaft hingegen nicht verwehrt.
12Vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 25. Januar 2000 - VerfGH 2.98 -.
13Bezogen auf die Anforderungen des Eilverfahrens gilt insoweit Folgendes: Die mitunter schwer zu ermittelnde Grenze zwischen der noch zulässigen Behandlung oder Mitbehandlung allgemeinpolitischer Gesichtspunkte und der unzulässigen Wahrnehmung eines allgemeinpolitischen Mandats ist jedenfalls dort überschritten, wo ein sachlicher Bezug zur Hochschulpolitik weder erkennbar noch beabsichtigt ist.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Dezember 1995 - 25 E 1082/95 -.
15Im einstweiligen Anordnungsverfahren muss sich ein solcher Verstoß geradezu aufdrängen. Der Erfolg des Antrages nach § 123 VwGO setzt voraus, dass sich feststellen lässt, dass die dem Gericht unterbreiteten Äußerungen zu politischen Fragestellungen die Grenze zwischen zulässiger Wahrnehmung hochschulpolitischer Belange und unzulässiger Wahrnehmung des allgemeinpolitischen Mandats zweifelsfrei überschreiten. Ist danach ein Hochschulbezug bei der gebotenen überschlägigen Überprüfung noch feststellbar, lässt sich aber die Abgrenzung nicht mit hinreichender Eindeutigkeit vornehmen, so bleibt die endgültige Klärung dieser Rechtsfrage dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Es entspricht dem Normzweck des § 123 VwGO, nicht nur an die Tatsachenfeststellung, sondern auch an die rechtliche Beurteilung geringere Anforderungen als im Hauptsacheverfahren zu stellen. Lässt sich nämlich die Rechtslage nicht in allen Einzelheiten überblicken, kann wirksamer Rechtsschutz nur gewährt werden, wenn das Gericht sich eine "vorläufige" Rechtsüberzeugung bildet, die unter dem Vorbehalt einer besseren Rechtserkenntnis im Hauptsacheverfahren steht.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2000 – 8 B 482/99 ‑.
17Nach Maßgabe dessen ist auf der Grundlage des vorgetragenen Sachverhalts eine unzulässige Überschreitung der durch § 53 Abs. 2 HG NRW gezogenen Grenzen nicht zweifelsfrei feststellbar.
18Sowohl das „queerfeministische Sommerfest“ als auch die Aktion „Münster isst Veggie“ weisen noch einen Hochschulbezug auf, selbst wenn dieser nicht im Vordergrund der konkreten Veranstaltung stehen mag. Beim „queerfeministischen Sommerfest“ soll der Unterrepräsentation von Frauen nicht nur „im Kulturbereich generell“, sondern „auch in Veranstaltungsorten wie der Baracke“, die im Übrigen auf der Ankündigung noch bildlich dargestellt ist, entgegengewirkt werden. Da die Baracke ein von der Antragsgegnerin betriebenes Veranstaltungszentrum an der Universität ist, lässt sich (auch) ein Hochschulbezug nicht leugnen. Die Unterstützung der Aktion „Münster isst Veggie“ bezieht sich auf die Erhöhung des vegetarischen Angebots insbesondere in den Mensen, so dass auch hier ein Hochschulbezug existiert.
19Hat die Antragsgegnerin durch die konkreten Aktionen nach der im Eilverfahren gebotenen Bewertung nicht unzulässigerweise ein allgemeinpolitisches Mandat wahrgenommen, besteht auch kein Anordnungsanspruch dahingehend, ihr generell dieses zu untersagen, da derzeit eine zukünftig unzulässige Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht konkret erkennbar ist.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.