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Die Klage wird abgewiesen.
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist eine kreisangehörige Stadt im westlichen N., die in ihren drei Stadtteilen P., M. und X. insgesamt ca. 20.000 Einwohner beheimatet.
3Sie begehrt die Feststellung, dass die 78. Änderung ihres Flächennutzungsplanes als genehmigt gilt und beansprucht hilfsweise die Genehmigung der 78. Änderung ihres Flächennutzungsplanes durch die Beklagte.
4In der Ratssitzung vom 00.00.0000 beschloss der Rat der Klägerin als Tagesordnungspunkt 6 unter anderem die 78. Änderung ihres Flächennutzungsplanes, nachdem dieser Plan mit Begründung zuvor vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 ausgelegen hatte. Die Änderung umfasst im Wesentlichen den Bereich des vorhandenen sog. F." in P., für das bislang eine Sonderbaufläche (S 6) mit der Zweckbestimmung Fabrikverkaufszentrum für Markenartikel (G.-P.-Center) mit einer Verkaufsfläche von maximal 3.500 m²" und Mischbauflächen (M 1) festgesetzt waren.
5Mit der 78. Änderung des Flächennutzungsplanes wurde für diese Fläche u.a. Folgendes festgesetzt: Sondergebiet (SO 5) gemäß § 11 Abs. 2, 3 BauNVO: Großflächiger Einzelhandel mit der Zweckbestimmung Hersteller- Direktverkaufszentrum (G.-P.-Center G.) auf einer Verkaufsfläche von maximal 11.500 m² und Büronutzung". Wegen der Festsetzungen im Einzelnen wird auf die Planurkunde (Blatt 83 der Beiakte 1) Bezug genommen.
6Ferner beschloss der Rat der Klägerin am 00.00.0000 die 6. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 00 Umsetzung Rahmenplan W.", der dem Änderungsbereich des Flächennutzungsplanes entspricht.
7Mit Schreiben vom 00.00.0000 legte die Klägerin die 78. Änderungsfassung des Flächennutzungsplanes der Beklagten zur Genehmigung vor.
8Mit Bescheid vom 13. Februar 2007, der der Klägerin am gleichen Tag gegen Empfangsbekenntnis überbracht worden ist, versagte die Beklagte die beantragte Genehmigung. Zur Begründung führte die Beklagte u.a. aus:
9Durch Erlass des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie (Landesplanungsbehörde) vom 00.00.0000 sei ihr untersagt worden, längstens für die Dauer von 2 Jahren, die Genehmigung zu erteilen. Die Landesregierung habe am 00.00.0000 den Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Landesentwicklung (§ 24 a LEPro) beschlossen und nach Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände Anfang Januar dem Landtag vorgelegt. Der Gesetzesentwurf sehe unter anderem vor, dass Hersteller-Direktverkaufszentren mit mehr als 5.000 m² Verkaufsfläche künftig nur ausgewiesen werden dürften, wenn sich der Standort in einer Gemeinde mit mehr als 100.000 Einwohnern befinde. Hierbei handele es sich um ein in der Aufstellung befindliches Ziel der Landesplanung, das auch hinreichend konkretisiert sei. Die in der 78. Änderung des Flächennutzungsplanes der Klägerin beabsichtigte Planung stehe im Widerspruch zu diesem eingeleiteten Ziel der Landesplanung, da die Klägerin deutlich weniger als 100.000 Einwohner habe. Die zukünftige Zielverwirklichung sei daher konkret gefährdet. Weiterhin lägen aber auch inhaltliche/materielle Mängel vor. Insbesondere seien Beeinträchtigungen der umliegenden Grundzentren zu befürchten. Dies begründe u. a. Abwägungsmängel in Bezug auf:
101. den zentralen Versorgungsbereich der Gemeinde I.,
112. die in der Gemeinde X1. zu erwartenden Umsatzumverteilungen in der Warengruppe Bekleidung,
123. den zentralen Versorgungsbereich der Gemeinde N1. und
134. die eigene Innenstadt der Klägerin.
14Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides der Beklagten vom 13. Februar 2007 verwiesen.
15Auf einen gerichtlichen Hinweis erhob die Klägerin unter dem 16. Juli 2007 Widerspruch gegen den Bescheid vom 13. Februar 2007. Über diesen Widerspruch hat die Beklagte bislang nicht entschieden, da sie - ebenso wie die Klägerin - die Durchführung eines Vorverfahrens für entbehrlich hält.
16Unter dem 9. März 2007 machte die Klägerin die 6. Änderung ihres Bebauungsplanes Nr. 00 Umsetzung Rahmenplan W." öffentlich bekannt. Am selben Tage erteilte der Landrat des Kreises T. auf der Grundlage dieser Bebauungsplanfassung entsprechende Bauvorbescheide für die Erweiterung des bestehenden F. P." auf 11.500 qm Verkaufsfläche.
17Auf den Widerspruch der Nachbargemeinde X1. hob die Beklagte mit Aufhebungs- und Widerspruchsbescheid" vom 8. Mai 2007 die erteilten Vorbescheide vom 9. März 2007 auf; die gegen diesen Aufhebungsbescheid gerichteten Klagen sind beim Verwaltungsgericht Münster unter dem Aktenzeichen 2 K 841/07 anhängig.
18Am 8. März 2007 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, mit der sie sich gegen den oben genannten Versagungsbescheid vom 13. Februar 2007 wendet.
19Sie macht im Wesentlichen geltend:
20Auf § 24 a des Landesentwicklungsprogramms (LEPro) könne der Versagungsbescheid nicht gestützt werden, da diese Regelung nicht die Qualität eines Zieles der Raumordnung im Sinne des § 1 Abs. 4 BauGB besitze. Insbesondere besitze das Land nicht die erforderliche Gesetzgebungskompetenz für diese Regelung, da eine Gesetzgebungskompetenz des Landes für unmittelbare, verbindliche Vorgaben in der Bauleitplanung nur für Ziele der Raumordnung gegeben sei.
21Ferner fehle es der Vorschrift an der erforderlichen Kennzeichnung als Ziel im Sinne des § 7 Abs. 1 Raumordnungsgesetzes (ROG) und an der hinreichenden Bestimmtheit. Außerdem sei § 24 a LEPro keine Regelung der Raumordnung, sondern ein planungsrechtlicher Zulässigkeitstatbestand, der die verfassungsrechtlich garantierte Planungshoheit der Gemeinde verletze.
22Entgegen der Auffassung des Beklagten leide die 78. Änderung des Flächennutzungsplanes auch an keinen Abwägungsmängeln. Insbesondere seien die Auswirkungen einer Erweiterung des F." auf 11.500 m² Verkaufsfläche auf der Grundlage eines Gutachtens von K. und L. ordnungsgemäß abgewogen worden.
23Die Beklagte überspanne die Anforderungen an die Darlegung des Abwägungsprozesses bezüglich der Gemeinde X1. Aus dem Gutachten von K. und L. (Stellungnahme aus Mai 2006) ergebe sich hinreichend deutlich, dass die Erweiterung als raumordnerisch und städtebaulich verträglich anzusehen sei. Mit der Erweiterung des F." auf 11.500 m² Verkaufsfläche anstatt zuvor geplanter 13.000 m² sei eine Reduzierung der Verkaufsfläche in der Warengruppe Bekleidung um 500 bis 1.500 m² verbunden. Eine Reduzierung der Verkaufsfläche im Bereich Bekleidung auf 7.000 m² lasse keine unvertretbaren negativen Auswirkungen für die Gemeinde X1. erwarten. Auch im Hinblick auf die Umsatzumverteilung im Sortiment Schuhe in X1. liege kein Abwägungsausfall vor. Insoweit sei auch darauf hinzuweisen, dass nach eigenen Feststellungen der Beklagten das Schuhgeschäft in X1. zwischenzeitlich aufgegeben worden sei.
24Ferner seien in dem der Abwägung zugrundeliegenden Gutachten von K. und L. alle drei im Bereich Bekleidung vorhandenen Betriebe in N1. erfasst, untersucht und bewertet worden. Es sei insbesondere berücksichtigt worden, dass durch das F." bedingte negative Auswirkungen durch Umsatzumverteilungen von 11,4 % bis zu 12,7 % in der Warengruppe Bekleidung die Funktionsfähigkeit des zentralen Versorgungsbereiches insgesamt nicht beeinträchtige.
25Auch die Abwägung bezüglich der Auswirkungen auf die Innenstadt der Klägerin sei nicht zu beanstanden. So ergebe sich aus Ziffer I.3.0 und 4.0 der Begründung zur 6. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 00 die mit der Planänderung verfolgten Ziele, die auch mit den zu erwartenden Umsatzumverteilungen in bestimmten Sortimenten in der Innenstadt von P. abgewogen worden seien. Dabei sei insbesondere auf das Stadtmarketingkonzept P. 2003 sowie auf den Rahmenplan für die Innenstadt von P. (Erarbeitungsbeschluss des Ausschusses für Bauen, Planung und Umwelt vom 10. August 2006) eingegangen worden. Bei diesem Rahmenplan handele es sich um ein Gesamtkonzept unter Einbeziehung der historischen Innenstadt, welches insbesondere auf einer Forderung der P. Kaufmannschaft beruhe. Sie leugne nicht die Auswirkungen der Erweitung des F." auf die P. Innenstadt, vielmehr habe sie die Auswirkungen erkannt, aber in der Abwägung den gesamtstädtischen Vorteilen durch die Erweiterung des F." das höhere Gewicht beigemessen.
26Die Klägerin beantragt - sinngemäß -,
27unter Aufhebung des Versagungsbescheides der Beklagten vom 13. Februar 2007 festzustellen, dass die Genehmigung der 78. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt P. durch die Beklagte nach § 6 Abs. 4 Satz 4 BauGB als erteilt gilt,
28hilfsweise,
29die Beklagte unter Aufhebung des Versagungsbescheides vom 13. Februar 2007 zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Genehmigung der 78. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt P. zu erteilen.
30Die Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Sie verteidigt den angefochtenen Versagungsbescheid und verweist darauf, dass zwischenzeitlich § 24 a LEPro in der Fassung vom 5. Juli 2007 in Kraft getreten sei. Damit sei die Bauleitplanung der Klägerin gemäß § 1 Abs. 4 BauGB an die neuen Ziele der Raumordnung anzupassen. Zur weiteren Begründung nimmt die Beklagte Bezug auf ihren Widerspruchs- und Aufhebungsbescheid vom 8. Mai 2007, mit dem der vom Landrat des Kreises T. erteilte positive Vorbescheid vom 9. März 2007 zur Erweiterung des bestehenden F." auf 11.500 m² Verkaufsfläche aufgehoben worden ist.
33Am 29. November 2007 hat das Gericht mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage ausführlich erörtert.
34Die Beteiligten haben ihr Einverständnis für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch den Berichterstatter erteilt.
35Entscheidungsgründe:
36Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) durch den Berichterstatter (§ 87 a Abs. 2, 3 VwGO), da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
37Die Klage hat weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
38I.
39Die mit dem Hauptantrag begehrte Feststellung, dass die von der Klägerin mit Vorlage vom 14. November 2006 begehrte Genehmigung der 78. Änderungsfassung des Flächennutzungsplanes der Stadt P. gemäß § 6 Abs. 4 Satz 4 BauGB als erteilt gilt, ist zulässig.
40Namentlich fehlt der Klägerin nicht das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 43 Abs. 1 VwGO). Denn für den Fall, dass die Voraussetzung des § 6 Abs. 4 Satz 4 BauGB vorliegen sollten, besteht ein besonderes Interesse der Klägerin an der Feststellung, ob und wann die Fiktionswirkung der Genehmigung des Flächennutzungsplanes eingetreten ist.
41Ebensowenig erweist sich das Feststellungsbegehren als subsidiär gegenüber einer Gestaltungs- oder Leistungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO). Denn für den Fall, dass die Fiktionswirkung bereits eingetreten ist, kann die Klägerin eine Genehmigung nicht mehr im Wege einer Verpflichtungsklage, die allein als vorrangige Gestaltungsklage in Betracht zu ziehen ist, erstreiten.
42Die Feststellungsklage ist aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung.
43Gemäß § 6 Abs. 1 BauGB bedarf der Flächennutzungsplan der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde; über die Genehmigung ist binnen drei Monaten zu entscheiden (§ 6 Abs. 4 Satz 1 BauGB). Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist unter Angabe von Gründen abgelehnt wird (§ 6 Abs. 4 Satz 4 BauGB). § 6 Abs. 4 BauGB dient somit zielgerichtet der Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens bis zur (begründeten) Entscheidung über den Genehmigungsantrag.
44Die Voraussetzungen für den Eintritt einer Genehmigungsfiktion im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 4 BauGB liegen nicht vor.
45Die Beklagte hat mit Versagungsbescheid vom 13. Februar 2007 den Antrag der Klägerin vom 14. November 2006 auf Erteilung der Genehmigung der 78. Änderung des Flächennutzungsplanes versagt. Dieser Versagungsbescheid ist der Klägerin innerhalb der Frist von drei Monaten am 13. Februar 2007 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden. Mit der Bekanntgabe des Versagungsbescheides vom 13. Februar 2007 innerhalb der drei-Monatsfrist des § 6 Abs. 4 Satz 1 BauGB ist das Genehmigungsverfahren abgeschlossen und die gesetzliche Obliegenheit des Beklagten zu beschleunigtem Handeln erfüllt worden.
46II.
47Die Klage ist mit dem hilfsweise verfolgten Begehren, die Beklagte zu verpflichten, die Genehmigung der 78. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt P. zu erteilen, als Untätigkeitsklage i.S.d. § 75 VwGO zulässig (geworden), da die Beklagte bislang nicht über den Widerspruch der Klägerin vom 16. Juli 2007 entschieden hat.
48Die Klage ist aber unbegründet, da die Klägerin die begehrte Genehmigung der 78. Änderung ihres Flächennutzungsplanes nicht beanspruchen kann. Denn es liegen Versagungsgründe i.S.d. § 6 Abs. 2 BauGB vor.
49Gemäß § 6 Abs. 2 BauGB darf die Genehmigung eines Flächennutzungsplanes nur versagt werden, wenn der Flächennutzungsplan (1) nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, oder (2) diesem Gesetzbuch, (3) den aufgrund dieses Gesetzbuches erlassenen oder (4) sonstigen Rechtsvorschriften widerspricht.
50Zunächst bedarf es keiner weiteren Prüfung der Frage, ob die 78. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt P. - wie von den Beteiligten übereinstimmend vorausgesetzt - ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Die 78. Änderung widerspricht jedenfalls der landesgesetzlichen Regelung des § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro als sonstiger Rechtsvorschrift im Sinne von (4) und auch der Regelung des § 1 Abs. 4 BauGB i.V.m. § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro (2).
51Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob der Klägerin ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung der 78. Änderung des Flächennutzungsplanes zusteht, ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
52Dementsprechend ist § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro in der Fassung vom 5. Juli 2007 als zentrale Vorschrift, die den Darstellungen der 78. Änderung des Flächennutzungsplanes entgegensteht, zugrunde zu legen.
53Nach § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro dürfen Hersteller-Direktverkaufszentren mit mehr als 5.000 m² Verkaufsfläche nur ausgewiesen werden, wenn sich der Standort in einer Gemeinde mit mehr als 100.000 Einwohnern befindet.
541.)
55Die Regelung des § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro unterliegt keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
56Von dem ordnungsgemäßen Zustandekommen des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Landesentwicklung (Landesentwicklungsprogramm - LEPro) ist mangels anderweitiger Hinweise auszugehen. Insbesondere hat der Landesgesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren die vorgebrachten Einwendungen der Gemeinden, u.a. der Klägerin (LT 14/986), zur Kenntnis genommen und in seine weiteren Überlegungen einbezogen.
57Auch fehlte dem Landesgesetzgeber nicht die erforderliche Gesetzgebungskompetenz. Denn in § 6 ROG ermächtigt der Bundesgesetzgeber die Länder, Rechtsgrundlagen im Rahmen der §§ 7 bis 16 ROG für eine Raumordnung im Land Nordrhein-Westfalen zu schaffen (sog. Rahmengesetzgebung in Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GG a.F.). Mit dem Landesplanungsgesetz NRW i.d.F. vom 7. Mai 2005 (LPlG NRW) und den hierauf beruhenden Vorschriften des Landesentwicklungsprogrammes (LEPro) hat der Landesgesetzgeber in Nordrhein- Westfalen von dieser bundesgesetzlichen Ermächtigung Gebrauch gemacht,
58vgl. nunmehr auch die Abweichungskompetenz" der Länder für den Bereich der Raumordnung nach der Föderalismusreform in Art. 74 Abs. 1 Nr. 31, 72 Abs. 3 Nr. 4 GG.
59Gemäß § 12 LPlG NRW werden die Grundsätze und Ziele der Raumordnung im Landesentwicklungsprogramm sowie in den Raumordnungsplänen dargestellt. Das Landesentwicklungsprogramm enthält gem. § 16 LPlG NRW Grundsätze und allgemeine Ziele der Raumordnung für die Gesamtentwicklung des Landes; Raumordnungspläne sind die Landesentwicklungspläne, die Regionalpläne, die Regionalen Flächennutzungspläne und die Braunkohlepläne (§ 2 Abs. 3 LPlG NRW), wobei weitere Planungsinstrumente neben den Raumordnungsplänen und Raumordnungsverfahren möglich sind (§ 2 Abs. 5 LPlG NRW). Der Landesentwicklungsplan legt auf der Grundlage des Landesentwicklungsprogramms Ziele der Raumordnung für die Gesamtentwicklung des Landes fest, § 17 LPlG NRW.
60Die Regelung des § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro ist auch materiell verfassungsmäßig.
61Es ist insbesondere von der Klägerin weder substantiiert dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber mit dem § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro das in Art. 28 GG niedergelegte Recht der Gemeinden auf kommunale Selbstverwaltung (Planungshoheit) verletzt.
62Es entspricht nämlich gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung,
63vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. März 2006 - 4 B 75/05 - BRS Bd. 70, Nr. 2,
64dass die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze gewährleistet wird. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung nicht prinzipiell entgegen. Jedoch müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff in die Planungshoheit rechtfertigen und muss dieser Eingriff verhältnismäßig sein.
65BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2003 - 4 CN 9/01 - BVerwG E 118, 181(185);
66Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
67Es ist anerkannt, dass die Standortplanung bei Einzelhandelsgroßbetrieben ein überörtliches Interesse rechtfertigen kann und diese bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen kann.
68vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. März 2006 - 4 B 75/05 - BRS Bd. 70, Nr. 2,
69Aus dem Wortlaut der Gesetzesregelung sowie der Begründung des Landesgesetzgebers ist mit hinreichender Bestimmtheit und Deutlichkeit ersichtlich, dass die Vorgaben in § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro aus überörtlichen Interessen erfolgten. Denn es fanden die besondere Konzeption der Hersteller- Direktverkaufszentren gegenüber herkömmlichen Einkaufszentren einerseits und die gemeindlichen Belange andererseits Berücksichtigung. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels in NRW wurde die landesplanerische Aufgabe wiederholt, eine wohnungsnahe Versorgung mit einem vielfältigen Angebot an Waren und Dienstleistungen, das unabhängig vom motorisierten Individualverkehr auf kurzem Wege erreichbar ist", zu erhalten. § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro ist in Erfüllung dieser Aufgabe zielgerichtet darauf angelegt, konkrete raumordnerische und städtebauliche Wirkungen für das Landesgebiet zu entfalten, um funktionsfähige Zentren und damit funktionsfähige Versorgungsstrukturen vor Ort in den jeweiligen Gemeinden zu sichern bzw. zu schaffen.
70Zudem folgt aus dem interkommunalen Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB eine weitere Funktion einer übergeordneten Planung. Zielvorgaben sollen nämlich auch gewährleisten, dass mögliche Konflikte bei der Abstimmung der Interessen der miteinander konkurrierenden Gemeinden (untereinander) gar nicht erst auftreten oder zumindest minimiert werden.
71Vgl. Ulrich Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel", Rn 411, vhw- Verlag, 2007.
72Auch hierzu kann und soll § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro einen Beitrag leisten, der ein überörtliches Interesse begründet.
73Die Planungshoheit - namentlich der Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern - wird auch nicht unverhältnismäßig eingeschränkt.
74Die Beschränkung auf 5.000 qm Verkaufsfläche erfüllt nämlich unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einerseits eine negativ-planerische Funktion für Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern, und andererseits werden Großstädte privilegiert. Da nur eine eng umgrenzte Nutzungsart (Hersteller- Direktverkaufszentren), und diese auch erst bei erheblicher Ausdehnung der Verkaufsfläche auf über 5.000 qm beschränkt wird, ist eine unangemessene oder gar willkürliche Beschränkung der kommunalen Planungshoheit nicht feststellbar. Denn den Gemeinden verbleibt trotz dieser Beschränkung noch substantieller Raum für die Bauleitplanung ihrer Gemeindegebiete.
75Zudem hat der Gesetzgeber in § 24 a Abs. 6 LEPro Möglichkeiten der Abweichung von § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro für regionale Einzelhandelskonzepte eingeräumt. Von der Beschränkung auf 5.000 qm kann nämlich unter bestimmten Voraussetzungen mittels einer Vereinbarung mehrerer benachbarter (kleinerer) Gemeinden abgewichen werden. Hierdurch wird gewährleistet, dass eine größere Region und nicht nur eine Gemeinde von der unbestrittenen Magnet- und Sogwirkung eines Hersteller-Direktverkaufszentrums profitieren kann und ein Wettbewerb um die Ansiedlung solcher großflächigen Einkaufszentren zum Wohle funktionsfähiger Versorgungsstrukturen vor Ort gesteuert wird.
76Rechtlich ohne Bedeutung ist insoweit, dass § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro nach seinem Wortlaut durchaus einer bauplanungsrechtlichen Zulassungsbestimmung ähnelt. Denn diese Vorgabe soll nicht nur für ein einzelnes Bauvorhaben sondern für die Bauleitplanung der Gemeinden allgemein gelten. Sie verliert hierdurch nicht ihre prägende Bedeutung als raumordnungsrechtliches Ziel.
77Zudem entspricht es auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
78vgl. Urteil vom 15. Mai 2003 - 4 CN 9/01 - BVerwGE, 118, 181 - zu einer gebietsscharfen Ausweisung eines Messestandortes im Regionalplan -,
79dass sich (nicht einmal) eine regionalplanerische Standortentscheidung und eine kommunale Bauleitplanung ausschließen, sondern die gemeindliche Bauleitplanung einen Weg der Konkretisierung einer (konkreten) regionalplanerischen Standortentscheidung bildet. Vergleichbares gilt auch für die negativ-planerische Vorgabe des § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro, die es den Gemeinden innerhalb des vorgegeben Rahmens ermöglicht, eine Bauleitplanung für sämtliche Einkaufszentren zu entwickeln.
802.)
81§ 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro begründet zunächst als sonstige Rechtsvorschrift" - Variante (4) - des § 6 Abs. 2 BauGB einen Versagungsgrund für die begehrte Genehmigung der Flächennutzungsplanänderung.
82In welcher Weise sonstige Rechtsvorschriften" als Variante (4) des § 6 Abs. 2 BauGB der Rechtsprüfung bereits bei der Aufstellung eines Flächennutzungsplanes verbindlich und widerspruchsfrei zu beachten sind, ist auf der Grundlage der Aufgabe zu beurteilen, die der Plan gemäß § 1 Abs. 3 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung zu erfüllen hat.
83Zu derartigen Vorschriften gehören nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts u.a. immissionsschutzrechtliche Vorgaben und Regelungen des Natur- und Landschaftsschutzes.
84Vgl. Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 21. Oktober 1999 - 4 C 1/99 - BVerwG E 109, 371 - 379, wonach einer Verordnung über die Festsetzung eines Landschaftsschutzgebietes als sonstige Rechtsvorschrift" i.S.d. § 6 Abs. 2 BauGB anzusehen ist.
85In diesem Verständnis ist auch § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro als sonstige Rechtsvorschrift" im Sinne des § 6 Abs. 2 BauGB zu prüfen.
86Dies folgt zunächst aus der Korrespondenz der Vorschriften des § 1 Abs. 6 Nr. 7 g, Nr. 8 a und § 1 Abs. 7 BauGB, die auch bereits für die Aufstellung und Änderung von Flächennutzungsplänen als vorbereitende Bauleitpläne eine Abwägung vorschreiben bzw. vorgeben, dass Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen ebenso zu berücksichtigen sind, wie Belange der Wirtschaft u.a. im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung.
87Aus dem Verständnis der zweistufigen Bauleitplanung ergibt sich, dass bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über eine Flächennutzungsplanaufstellung oder- änderung alle rechtlichen Voraussetzungen vorliegen müssen, um das gewollte gesamträumliche Entwicklungskonzept überhaupt in einen (späteren) verbindlichen Bebauungsplan umsetzen zu können. Eine kommunale Planung, deren Umsetzung sich vor rechtliche Hindernisse gestellt sieht, die sie im Rahmen ihrer Befugnisse nicht selbst ausräumen kann, stellt einen Widerspruch in sich dar und verfehlt ihren gestaltenden Auftrag. Für eine Flächennutzungsplanung - wie hier - kommt noch hinzu, dass dieser seine Aufgabe verfehlen würde, verlässlich Auskunft über den Stand der städtebaulichen Entwicklungsplanung zu geben.
88Es ist aber gerade aus Gründen der Rechtsklarheit geboten, dass sich der Bürger darauf verlassen kann/muss, dass die Gemeinde in den Flächennutzungsplan keine Darstellungen aufnimmt, die wegen Widerspruches zu landesgesetzlichen Vorschriften voraussichtlich nicht verwirklicht werden können.
89Vgl. auch in diesem Verständnis: Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 21. Oktober 1999 - 4 C 1/99 - BVerwG E 109, 371 - 379.
90Für den hier zu beurteilenden Konflikt zwischen vorbereitender Bauleitplanung der Klägerin und landesplanerischen Vorgaben im Landesentwicklungsprogramm bedeutet dies, dass der Regelung des § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro der Vorrang bereits als sonstiger Rechtsvorschrift gebührt. Insoweit bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro auch als sonstige Rechtsvorschrift" - Variante (4) - des § 6 Abs. 2 BauGB einen Versagungsgrund darstellen könnte, wenn diese Vorgabe nicht die Qualität eines Zieles i.S.d. § 1 Abs. 4 BauGB aufwiese. Denn das Gericht bewertet § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro als ein der gemeindlichen planerischen Abwägung nicht mehr zugängliches striktes Ziel der Raumordnung entsprechend den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
91vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181; Urteil vom 17. September 2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25.
92Da das Landesentwicklungsprogramm die Grundlage für einen hierauf aufbauenden Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan i.S.d. § 13 LPlG ist und Grundsätze und Ziele der Raumordnung gem. § 12 LPlG gleichermaßen sowohl im Landesentwicklungsprogramm als auch in den Raumordnungsplänen dargestellt werden (können), können sich bereits aus dem Landesentwicklungsprogramm ein Regelungsinhalt und eine Regelungsdichte ergeben, die einen Ausschlussgrund i.S.d. § 6 Abs. 2 BauGB bilden können. Dies ist vorliegend in Anbetracht des Regelungsgehaltes des § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro der Fall.
93Nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 2 ROG sind Ziele der Raumordnung:
94Verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes."
95Ob eine landesplanerische Vorgabe als Ziel der Raumordnung zu qualifizieren ist, hängt nicht davon ab, ob es ausdrücklich als Ziel" bezeichnet worden ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die Vorgabe inhaltlich von ihrer Aussagekraft geeignet ist, die zulässigen Zielsetzungen der nachgeordneten Planungen näher einzugrenzen und die Verfolgung anderer Zielsetzungen als mit den landes- oder regionalplanerischen Vorgaben unvereinbar auszuschließen sowie ihren Geltungsbereich näher zu umschreiben.
96Vgl. Ulrich Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel", Rn 395 ff, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
97Aus der Systematik des Landesplanungsgesetzes ergibt sich eine hervorgehobene Bedeutung des Landesentwicklungsprogramms, da dieses gemäß § 12 LPlG auf einer Stufe mit sämtlichen Raumordnungsplänen steht und eine eigenständige Grundlage in § 16 LPlG findet. Anders als die Raumordnungspläne, deren Inhalt, Erarbeitung und das Erfordernis einer Umweltprüfung in den Vorschriften der §§ 13 bis 15 LPlG geregelt wird, normiert § 16 LPlG für das Landesentwicklungsprogramm u.a., dass dieses als Gesetz des Landesparlaments beschlossen wird. Es enthält Grundsätze und allgemeine Ziele der Raumordnung für die Gesamtentwicklung des Landes und für alle raumbedeutsamen Planungen. Das Landesentwicklungsprogramm steht damit außerhalb des Regelungsgeflechtes, das insbesondere für die Erarbeitung aller Raumordnungspläne gilt. Es besitzt eine eigenständige rechtliche Bedeutung, die es u.a. ermöglicht, negativ-planerische Aussagen für das gesamte Landesgebiet verbindlich festzulegen.
98Dem in § 3 Nr. 2 ROG genannten Erfordernis einer abschließenden Abwägung ist genüge getan, weil die Zielfestlegung auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedurfte. Der Landesgesetzgeber konnte es nach den planerischen Bedürfnissen damit bewenden lassen. Denn bei der Formulierung des Planziels ist es ihm freigestellt, Zurückhaltung zu üben und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebenen zu schonen,
99vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 2003 - 4 CN 20/02 - BVerwGE, 119,54,
100Zudem hatte der Landesgesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren die vorgebrachten Einwendungen der Gemeinden, u.a. der Klägerin (LT 14/986), zur Kenntnis genommen und in seine weiteren Überlegungen einbezogen.
101Jedoch tritt eine Bindungswirkung der Zielaussage nur ein, wenn sie einen hinreichenden Grad der Konkretisierung für die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Landesgebietes erreicht. Denn nicht jede (allgemeine) Vorgabe des Landesentwicklungsprogramms kann eine Verbindlichkeit für die Raumordnung und die nachfolgende Bauleitplanung der Städte und Gemeinden beanspruchen.
102Diesen Anforderungen an die Bestimmtheit genügt die Regelung des § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro. Denn mit seinen konkreten Vorgaben erfasst diese eine bestimmte Art von Einkaufszentrum, die sich bereits nach seinem Wortlaut, als Einkaufszentrum mit einer speziellen Verkaufsform definieren lässt. Die Besonderheit gegenüber großflächigen Einzelhandelsbetrieben besteht darin, dass Hersteller Produkte unmittelbar an die Endverbraucher absetzen (sog. Hersteller-Direktverkaufszentren). Für solche Verkaufszentren, die eine - durch Rückgriff auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ohne weiteres bestimmbare - Verkaufsfläche von 5.000 qm überschreiten, ist nunmehr - im Gegensatz zur Vorgängervorschrift des § 24 Abs. 3 LEPro - eindeutig festgelegt worden, dass diese nur ausgewiesen werden dürfen, wenn der Standort in einer Stadt (Gemeinde) mit mehr als 100.000 Einwohnern liegt.
103Diese Festlegung erfüllt damit einerseits eine negativ-planerische Funktion für Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern und privilegiert andererseits Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern. Der Regelungsgehalt des § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro erschöpft sich somit nicht in allgemeinen Grundsätzen i.S.d. § 3 Nr. 3 ROG, sondern erfüllt mit dem Ausschluss von Hersteller- Direktverkaufszentren mit einer Verkaufsfläche von mehr als 5.000 qm für Städte und Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern seine Entwicklungs- und Sicherungsfunktion für das Landesgebiet. Eine solche Sicherungs- und Entwicklungsfunktion dient dazu, die Funktionsfähigkeit zentraler (Grund)- Versorgungsbereiche in den Gemeinden selbst, aber vor allem auch diese Bereiche in den Nachbargemeinden zu schützen. Denn je nach Entfernung zum Standort des Verkaufszentrums können Nachbargemeinden in der Regel keinerlei Festigung ihrer zentralen Versorgungsbereiche durch ein Hersteller-Direktverkaufszentrum erwarten. § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro ist somit darauf angelegt, konkrete raumordnerische und städtebauliche Wirkungen zu entfalten.
104Die von der Rechtsprechung in Bezug auf die Vorgängervorschrift des § 24 Abs. 3 LEPro bemängelte fehlende Bestimmtheit der Vorgabe,
105vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Juni 2005 Urteil vom 6. Juni 2005 - 10 D 145/04.NE -Centro- Entscheidung -, BauR 2005, 1587-1595,
106liegt bei § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro nicht vor.
107Denn § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro enthält eine strikte Formulierung, aus der sich ohne weitere Auslegung ein Verbindlichkeitsanspruch entnehmen lässt. Die Vorgabe für Gemeinden, an welchen Standorten Hersteller- Direktverkaufszentren ausgewiesen werden dürfen, ist klar und eindeutig. Die Möglichkeit von diesem vorgegeben Rahmen durch regionale Einzelhandelskonzepte abzuweichen, ist hinreichend konkret in § 24 a Abs. 6 LEPro beschrieben und stellt die Verbindlichkeit der Rahmenvorgabe nicht in Frage.
108Ferner ergeben sich keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken aus den konkreten Vorgaben zur Größe der Verkaufsfläche von 5.000 qm und der Größe der Gemeinde (100.000 Einwohner). Zwar mögen auch geringere, aber auch größere Verkaufsflächen und Einwohnerzahlen die Entwicklungs- und Sicherungsfunktion erfüllen können, jedoch führt dies nicht dazu, dass die vom Gesetzgeber gewählten Größenordnungen unzulässig wären. Denn wie in vielen anderen Materien auch, steht dem Gesetzgeber bei der Gestaltung und Abfassung von Gesetzen im Allgemeinen und vorliegend bei der Wahl geeigneter Steuerungselemente in der Landesplanung durch Festlegung von Zielen der Raumordnung ein weiter Gestaltungsspielraum zu,
109vgl. Kuschnerus Der standortgerechte Einzelhandel" Rn. 401,
110der lediglich durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschränkt wird. Diesen Gestaltungsspielraum hat der Landesgesetzgeber mit den Größenordnungen in § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro nicht überschritten. Denn die Begrenzung der Verkaufsfläche auf 5.000 qm ermöglicht noch eine erhebliche Ausdehnung allein für diese Nutzungsart auch in kleineren Gemeinden. In Anbetracht dessen, dass innerhalb der betroffenen Gemeinden auch noch weitere Standorte für sonstige großflächige Einzelhandelsbetriebe ausgewiesen werden können, erscheint die Größenordnung von 5.000 qm nicht unangemessen niedrig oder gar willkürlich. Gleiches gilt für die Grenze von 100.000 Einwohnern. Im Hinblick darauf, dass sich der Nachweis des Erreichens dieser Einwohnerzahl im Zeitalter moderner Computertechnik ohne weiteres stichtagsgenau erbringen lassen dürfte, erweist sich diese an die Einwohnerzahl geknüpfte Schranke im Vergleich zu denkbaren Alternativen,
111vgl. die Anknüpfung an den Begriff des Oberzentrums in Niedersachsen,
112als transparente und damit für die Umsetzung sinnvolle und pragmatische Lösung. Auch inhaltlich erscheint die gewählte Größenordnung von 100.000 Einwohnern nicht unangemessen. Insoweit erfolgt eine Privilegierung allein für Großstädte, die nach einer Begriffsbestimmung der Internationalen Statistikkonferenz von 1887 als solche Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern definiert sind. Zwar mögen insbesondere in ländlichen Regionen auch Städte mit weniger als 100.000 Einwohnern die Funktion eines Oberzentrums, das alternativ zu der gefundenen Gesetzesregelung denkbar wäre, einnehmen können. Jedoch ist es von dem weiten Gestaltungsspielraum des Landesgesetzgebers noch umfasst, wenn er - wie geschehen - allein die Größenordnung der Städte vorgibt, um eine hinrechend konkrete und transparente Voraussetzung zu schaffen und (andere) Anwendungsprobleme zu vermeiden.
113Da auch andere vergleichbare und eindeutig besser geeignete Begriffe oder Instrumente wie die Einwohnerzahl nicht ersichtlich sind, erweist sich die Anknüpfung des Gesetzgebers an die Eigenschaft einer Großstadt mit 100.000 Einwohnern als sachgerecht.
1143.)
115Darüber hinaus besteht noch ein weiterer Versagungsgrund gem. § 6 Abs. 2 BauGB, da die 78. Änderung ihres Flächennutzungsplanes den Zielen der Raumordnung und damit § 1 Abs. 4 BauGB widerspricht (Variante (2) des § 6 Abs. 2 BauGB).
116Denn § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro stellt ein hinreichend konkretes Ziel der Raumordnung dar, das die Voraussetzungen der §§ 3 Nr. 2 ROG und 1 Abs. 4 BauGB erfüllt.
117Zur Vermeidung von Wiederholungen kann zunächst auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen werden.
118Der Einwand der Klägerin, es fehle dem § 24 a LEPro die erforderliche Kennzeichnung als Ziel der Raumordnung greift nicht durch.
119Gemäß § 12 LPlG NRW werden die Grundsätze und Ziele der Raumordnung im Landesentwicklungsprogramm sowie in den Raumordnungsplänen dargestellt.
120Aus den vorstehenden Ausführungen unter II., 2.) ergibt sich bereits, dass diese Vorgabe nach ihrem materiellen Gehalt keinesfalls nur als allgemeiner Grundsatz sondern als konkretes Ziel der Raumordnung zu bewerten ist. Daher erweist es sich als rechtlich unerheblich, dass § 24 a LEPro innerhalb des Landesentwicklungsprogramms im Abschnitt III. Allgemeine Ziele der Raumordnung und Landesplanung für Sachbereiche" enthalten ist, ohne dass besonders kenntlich gemacht wird, dass es sich bei § 24 a LEPro um ein (konkretes) Ziel der Raumordnung handeln soll. Denn dem Erfordernis an die Rechtsklarheit, das in § 7 Abs. 1 Satz 3 ROG für Raumordnungspläne Ausdruck gefunden hat, wird durch die Überschrift des III. Abschnittes im LEPro ausreichend Rechnung getragen. Einer (noch) konkreteren Ziel-Kennzeichnung bedurfte es nicht.
1214.)
122In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen, kann dahin gestellt bleiben, ob die 78. Änderung des Flächennutzungsplanes auch noch materielle Abwägungsmängel in Bezug auf:
1231. den zentralen Versorgungsbereich der Gemeinde I.,
1242. die in der Gemeinde X1. zu erwartenden Umsatzumverteilungen in der Warengruppe Bekleidung,
1253. den zentralen Versorgungsbereich der Gemeinde N1. und
1264. die eigene Innenstadt der Klägerin,
127enthält.
128Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 1, 167, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
129