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Die Klage wird im Umfang der begehrten Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unbegründet und im Übrigen als unbegründet abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Tatbestand
2Der Kläger ist nach seinen Angaben am N01 geboren und guineischer Staatsangehöriger vom Volk der Fulla mit islamischer Religionszugehörigkeit. Er reiste demnach am 09.04.2023 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 11.12.2024 einen Asylantrag.
3In seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt am 17.02.2025 trug er im Wesentlichen vor, dass er Guinea verlassen habe, da er familiäre Probleme mit seinem Onkel gehabt habe und er die Schule nicht weiter habe besuchen können. Nach dem Tod seines Vaters sei er zu seinem Onkel nach G. gezogen. Er sei mindestens drei Mal die Woche von ihm grundlos geschlagen worden. Zudem habe er die Schule nicht weiter besuchen dürfen. Er habe so keine Zukunft mehr für sich in Guinea gesehen. lm Falle einer Rückkehr wisse er nicht, wo er hingehen solle, da sein Vater gestorben sei, er keinen Kontakt zu seiner Mutter habe und er sich mit seinem Onkel nicht mehr verstehe. Auf Nachfrage, ob er überlegt habe, in einem anderen Landesteil von Guinea eigenständig seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, gab er an, dass er aber nicht zurück nach Guinea gehen wollen würde. Weiter sei ihm nichts zugestoßen. Probleme mit staatlichen Behörden oder der Polizei habe er nicht gehabt. Er habe die Schule bis zur dritten Klasse besucht und in den Ländern, in denen er sich vor seiner Einreise nach Deutschland vorübergehend aufgehalten habe, als Maler gearbeitet.
4Mit Bescheid vom 17.02.2025 lehnte die Beklagte die Anträge auf Asylanerkennung, Zuerkennung von Flüchtlings- und subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen, drohte dem Kläger die Abschiebung nach Angola an und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate nach dem Tag der Abschiebung.
5Der Kläger hat dagegen am 27.02.2025 Klage erhoben. Seinen gleichzeitig gestellten Eilantrag hat das erkennende Gericht mit Beschluss vom 28.02.2025 – 15 L 396/25.A – unanfechtbar abgelehnt.
6Der Kläger beantragt sinngemäß,
7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.02.2025 zu verpflichten,
81. ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
92. hilfsweise, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,
103. weiter hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Das Gericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 28.02.2025 zum beabsichtigten Erlass eines Urteils im schriftlichen Verfahren gemäß § 77 Abs. 2 AsylG angehört.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe
16Über die Klage kann der Einzelrichter gemäß § 77 Abs. 2 AsylG im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten dazu angehört worden sind.
17Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf subsidiären Schutz oder auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der streitgegenständliche Bescheid ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten. Auch die Abschiebungsandrohung sowie das befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot begegnet keinen rechtlichen Bedenken, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
18Die Klage ist im Sinne des § 78 Abs. 1 AsylG hinsichtlich des Asylantrags, hier der allein begehrten Zuerkennung von Flüchtlings- und hilfsweise subsidiärem Schutz (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs.1 Nr. 2 AsylG), zudem offensichtlich unbegründet. Das Bundesamt hat die Entscheidung zu Recht auf § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gestützt. Hiernach ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn der Ausländer im Asylverfahren nur Umstände vorgebracht hat, die für die Prüfung des Asylantrags nicht von Belang sind.
19Der Gesetzgeber hat damit Art. 31 Abs. 8 lit. a der Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, Abl. L 180/60 vom 29.06.2013 (Neufassung)) umgesetzt. Unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 Asylverfahrensrichtlinie sind die Mitgliedstaaten berechtigt, das Asylverfahren beschleunigt durchführen, d. h. insbesondere nach Art. 32 Abs. 2 Asylverfahrensrichtlinie einen Antrag als offensichtlich unbegründet zu betrachten. Der Asylantragsteller darf danach bei der Einreichung seines Antrags und der Darlegung der Tatsachen nur Umstände vorgebracht haben, die für die Prüfung der Frage, ob er als Flüchtling oder Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU anzuerkennen ist, nicht von Belang sind. "Belanglos" müssen diese Umstände also im Hinblick auf die Voraussetzungen beider Schutzgewährungen, der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes, sein.
20Kein vom Ausländer im Asylverfahren vorgetragener Umstand darf von Belang sein, damit das Offensichtlichkeitsurteil gerechtfertigt ist. Nicht über einzelne Asylgründe, sondern über den gesamten Asylantrag muss das Verdikt der Belanglosigkeit fallen. Eine Differenzierung nach einzelnen Gründen findet insoweit im Ergebnis nicht statt.
21Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Norm ist insoweit jedenfalls ein Vortrag erfasst, der sich auf Gründe beschränkt, die bereits "für die Prüfung" nicht relevant sind, also eine solche gar nicht erst eröffnen, mit anderen Worten nicht an zu prüfende Tatbestandsvoraussetzungen der Gewährung internationalen Schutzes anknüpfen und das Schutzgesuch bereits aus diesem Grund aussichtslos ist.
22Vgl. VG Berlin, Beschluss vom 16.04.2024 – 31 L 670/23 A–, juris Rn 60; Schiebel/Schulz-Bredemeier, Die Neuregelung der Gründe für die Ablehnung von Asylanträgen, ZAR 2024, S. 267 ff., 269 m. w. N.
23Ein Vorbringen ist nicht nur bei per se asylfremden Gründen belanglos,
24vgl. unter vielen VG Köln, Beschluss vom 31.01.2025 – 22 L 161/25.A –, juris Rn. 12; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 12.07. 2024 – 7 L 1798/24.A –, juris Rn. 22 ff., und vom 21.08.2024 – 14 L 2208/24.A –, juris Rn. 14,
25sondern auch (schon) dann, wenn es bei Wahrunterstellung von vornherein nicht die für eine Verfolgungshandlung erforderliche Intensität einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte, keinen asylrelevanten Verfolgungsgrund oder geeigneten Verfolgungsakteur oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens erkennen lässt.
26Vgl. BeckOK AuslR/Heusch, Stand 01.10.2024, AsylG § 30 Rn. 16, beck-online, m. w. N. unter anderem aus der Rechtsprechung; Schiebel/Schulz-Bredemeier, Die Neuregelung der Gründe für die Ablehnung von Asylanträgen, ZAR 2024, S. 271 m. w. N.
27Ob die vom Asylantragsteller vorgebrachten Umstände aber auch dann für die Prüfung des Antrags nicht von Belang sind, wenn offenkundig Möglichkeiten des landesinternen Schutzes oder einer inländischen Fluchtalternative (vgl. § 4 Abs. 3 AsylG i. V. m. §§ 3d und 3e AsylG) bestehen und der Ausländer sich darauf verweisen lassen muss,
28so ausführlich VG Köln, Beschlüsse vom 26.09.2024 – 15 L 1556/24.A –, juris Rn. 17 ff., und vom 31.01. 2025 – 22 L 161/25.A –, juris Rn. 15; s. a. ausführlich VG Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2024 – 28 L 3525/24.A –, juris Rn. 9 ff., m. w. N. auch zur Gegenauffassung,
29kann die Kammer für den hier zu entscheidenden Fall offenlassen.
30Denn auch unabhängig davon sind die engeren Voraussetzungen für eine Offensichtlichkeitsentscheidung hier hinsichtlich des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes erfüllt.
31Dem Vorbringen des Klägers lässt sich weder ein Anhaltspunkt für einen in § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3b AsylG genannten Verfolgungsgrund (Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) noch für das Vorliegen einer Verfolgungshandlung mit hinreichender Schwere entnehmen. Selbst bei Wahrunterstellung seines Vortrags handelt es sich bei der geschilderten Behandlung durch seinen Onkel – wie das Bundesamt zutreffend annimmt – allenfalls um (allgemeines) Unrecht im familiären Bereich, mithin nicht um asylerhebliche Gründe. Auf dieser Grundlage ist für eine dem Antragsteller landesweit drohende flüchtlingsrelevante Verfolgung nichts ersichtlich. Ebenso sind nicht einmal ansatzweise Gründe für einen ihm drohenden ernsthaften Schaden i. S. d. § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AsylG (Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts) von ihm angesprochen worden oder sonst erkennbar. Ergänzend kann gem. § 77 Abs. 3 AsylG auf die im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen werden. Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen – ohne die zur Prüfung des internen Schutzes – nach eigener Würdigung an.
32Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem auch nicht entgegen, dass er nach Aktenlage im Zeitpunkt seiner Einreise und Asylantragstellung als unbegleiteter Minderjähriger anzusehen ist. Zwar findet nach § 30 Abs. 2 AsylG dessen Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AsylG auf unbegleitete Minderjährige keine Anwendung. In diesem Zusammenhang ist in der Rechtsprechung umstritten, auf welchen Zeitpunkt für die Frage der Minderjährigkeit abzustellen ist.
33Nach einer Ansicht soll es hier auf den Zeitpunkt der Antragstellung,
34vgl. VG Berlin, Beschluss vom 27.11.2024 – 4 L 726/24 A–, juris,
35und nach einer anderen vertretenen Auffassung auf den Zeitpunkt ankommen, in dem der Schutzsuchende die belanglosen Umstände zuletzt vorgebracht hat, mithin also den Zeitpunkt der (letzten) Anhörung.
36vgl. VG Wiesbaden, Beschluss vom 23.04.2024 – 4 L 353/24.WI.A –, juris; VG Berlin, Beschluss vom 19.09.2024 – 4 L 483/24.A –, juris.
37Der letztgenannten Auffassung schließt sich das erkennende Gericht nach der insoweit gebotenen Auslegung an. Zur angemessenen Berücksichtigung des Kindeswohls und Minderjährigenschutzes im Sinne des Unionsrechts ist für die Anwendung des Ausschlusses nach § 30 Abs. 2 AsylG n.F. bzw. Art. 25 Abs. 6 Unterabs. 2 Buchst. a) der Asylverfahrensrichtlinie auf denjenigen Zeitpunkt abzustellen, in dem der Schutzsuchende diejenige Handlung vorgenommen bzw. letztmalig unterlassen hat oder diejenigen Angaben gemacht hat, die die Offensichtlichkeitsentscheidung nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AsylG n.F. tragen. Dadurch wird sichergestellt, dass einem zu diesem Zeitpunkt unbegleiteten Minderjährigen kein Verhalten und keine Angaben zum Nachteil gereichen, das bzw. die auf seiner fehlenden Reife beruht bzw. beruhen, selbst wenn er vor Abschluss des Asylverfahrens volljährig wird. Nach Art. 2 Buchst. l) der Qualifikationsrichtlinie meint „unbegleiteter Minderjähriger“ einen Minderjährigen, der ohne Begleitung eines für ihn nach dem Gesetz oder der Praxis des betreffenden Mitgliedstaats verantwortlichen Erwachsenen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreist, solange er sich nicht tatsächlich in der Obhut eines solchen Erwachsenen befindet; dies schließt Minderjährige ein, die nach der Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats dort ohne Begleitung zurückgelassen wurden. Insoweit stellt die Vorschrift diesbezüglich gerade nicht starr auf einen Zeitpunkt im Asylverfahren – etwa der Einreise – allein ab, sondern bestimmt weiter, dass der Minderjährige nur als unbegleiteter Minderjähriger gilt, solange er sich nicht in Obhut eines verantwortlichen Erwachsenen befindet, und schließt zudem auch Minderjährige ein, die erst nach der Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats dort ohne Begleitung zurückgelassen werden. Das zeigt deutlich, dass zumindest insoweit der Richtliniengeber nach der Einreise eintretende Veränderungen durchaus nicht unberücksichtigt lassen will, und zwar auch dann nicht, wenn dadurch die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen entfällt. Das spricht für eine dynamische Anwendung nach Schutzbedarf auch hinsichtlich des Wegfalles des Merkmals der Minderjährigkeit im Rahmen der Anwendung der Schutzvorschriften. Dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass ein zum Zeitpunkt der Anhörung Minderjähriger aufgrund seiner geistigen und sozialen Entwicklung und fehlenden Reife gegebenenfalls noch nicht fähig sein mag, seine Fluchtgründe geordnet und frei von Widersprüchen darzulegen sowie seine Belange in seinem Asylverfahren ausreichend vertreten zu können, dieses besondere Schutzbedürfnis aber nicht mehr besteht, wenn der Betroffene zu dem Zeitpunkt, in dem er die maßgeblichen Angaben gemacht hat, bereits volljährig geworden ist. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Anwendung des § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG n.F. damit maßgeblich davon abhängt, ob das Bundesamt einen zum Zeitpunkt der Asylantragstellung noch minderjährigen Jugendlichen vor oder nach seinem 18. Geburtstag anhört. Diese Möglichkeit der Einflussnahme auf die Anwendbarkeit des § 30 Abs. 2 AsylG n.F. steht der hier vertretenen Auffassung jedoch nicht entgegen. Die Garantien für unbegleitete Minderjährige dienen dem Kindeswohl und der besonderen Schutzbedürftigkeit unbegleiteter Minderjähriger, indem sie deren Nachteile in bestimmten Stadien des Asylverfahrens ausgleichen. Daher ist eine Anwendung nur geboten, wenn die Minderjährigkeit und damit die Schutzbedürftigkeit zu dem Zeitpunkt noch besteht, in dem ansonsten eine auf der Minderjährigkeit beruhende Benachteiligung zu besorgen wäre. Ist dies bei der hier als maßgeblich anzusehenden Anhörung nicht mehr der Fall, gebieten Kindeswohlaspekte einen Ausgleich der besonderen Schutzbedürftigkeit unbegleiteter Minderjähriger durch Anwendung von § 30 Abs. 2 AsylG n.F. bzw. Art. 25 Abs. 6 Unterabs. 2 Buchst. a) der Asylverfahrensrichtlinie auch dann nicht (mehr), wenn sich die Anhörung aufgrund von Umständen verzögert, die nicht in die Sphäre des Schutzsuchenden fallen, etwa wegen fehlender Kapazitäten des Bundesamtes. Ein entsprechender Ausschluss von Offensichtlichkeitsgründen würde in diesem Fall vielmehr zu einer nicht durch das Kindeswohl gebotenen Privilegierung des nunmehr Volljährigen gegenüber anderen schon zu Beginn des Asylverfahrens volljährigen Schutzsuchenden führen. Eine noch weitergehende Auslegung, die etwa auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung bzw. des Asylgesuches abstellt, ist vor diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
38Vgl. VG Wiesbaden, Beschluss vom 23.04.2024 – 4 L 353/24.WI.A –, juris Rn. 35 ff.
39Für diese Wertung spricht im Übrigen auch Art. 25 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie, wonach die Mitgliedstaaten davon absehen können, einen – sonst zwingend vorgesehenen – Vertreter zu bestellen, wenn der unbegleitete Minderjährige aller Wahrscheinlichkeit nach vor der erstinstanzlichen Entscheidung das 18. Lebensjahr vollenden wird.
40Gemessen daran steht § 30 Abs. 2 AsylG hier der Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz nicht entgegen. Der am N01 geborene Kläger hat nach Aktenlage diejenigen Angaben, die die Offensichtlichkeitsentscheidung nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AsylG n.F. tragen, in seiner Anhörung am 17.02.2025 gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits volljährig.
41Ferner liegen die Voraussetzungen für Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor.
42Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Im Falle einer Abschiebung wird eine Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 3 EMRK dann begründet, wenn erhebliche Gründe für die Annahme bestehen, dass der Betroffene im Fall der Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK setzt die tatsächliche Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung voraus. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dessen Rechtsprechung zu den Kriterien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK besondere Bedeutung zukommt, muss eine ausreichende reale Gefahr bestehen, die nicht nur auf bloßen Spekulationen beruht, denen eine hinreichende Tatsachengrundlage fehlt. Die tatsächliche Gefahr einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung muss aufgrund aller Umstände des Falles ernsthaft bestehen und darf nicht hypothetisch sein.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2022 – 1 C 10.21 –, juris Rn. 12 f., m. w. N.
44In besonderen Ausnahmefällen können auch schlechte humanitäre Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK begründen können. Es sind allerdings strengere Maßstäbe anzulegen, sofern es an einem verantwortlichen (staatlichen) Akteur fehlt: Schlechte humanitäre Bedingungen, die ganz oder in erster Linie auf Armut oder auf das Fehlen staatlicher Mittel zum Umgang mit auf natürlichen Umständen beruhenden Gegebenheiten zurückzuführen sind, können eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nur in ganz außergewöhnlichen Fällen begründen, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen eine Abschiebung sprechen.
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2022 – 1 C 10.21 –, juris Rn. 15, m. w. N.
46Höchstrichterlich sind die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung in diesem Sinne die Rechte des Schutzsuchenden aus Art. 3 EMRK gefährden. Dies ist dann der Fall, wenn er seinen existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern kann, kein Obdach findet oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhält bzw. - nach einer neueren Formulierung des Gerichtshofs der Europäischen Union - sich die betroffene Person "unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not" befindet, "die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre".
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.02.2021 – 1 C 4.20 –, juris Rn. 65, m. w. N., u. a. auf EuGH, Urteile vom 19.03.2019 – C–297/17 u.a. –, juris Rn. 89 ff. und – C–163/17 –, juris Rn. 90 ff.
48Solche Gründe liegen hier nicht vor. Auch insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 3 AsylG auf die zutreffenden Gründe des Bescheids verwiesen, denen das Gericht folgt und die der Kläger im Klageverfahren auch nicht näher angegriffen hat.
49Ferner sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass zugunsten des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG eingreifen würde. Auch insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 3 AsylG auf die Gründe des Bescheids verwiesen, denen das Gericht folgt.
50Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung (Ziffer 5. des Bescheides) sowie der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 6.) sind nicht ersichtlich.
51Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG. Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist wegen der nach § 78 Abs. 1 Satz 2 AsylG bereits mit Erlass des Urteils eintretenden Rechtskraft nicht erforderlich.