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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
2Die nicht durch amtliche Dokumente ihres Herkunftsstaates ausgewiesene Klägerin gibt an, sie sei nigerianische Staatsangehörige, dem Volke der Edo zugehörig und christlichen Glaubens. Ihren weiteren Angaben zufolge ist sie am 20. Mai 2019 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.
3Am 13. Juni 2019 stellte die Klägerin beim Bundesamt einen förmlichen Asylantrag. Anlässlich ihrer am Tag der Antragstellung durchgeführten persönlichen Anhörung beim Bundesamt und ihrer Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags trug sie vor: Sie komme aus Benin City und habe dort im Hause ihrer Großmutter mit dieser und ihren beiden weiteren Kindern (10 bzw. 14 Jahre alt) zusammengelebt. Ihre Kinder und ihre Großmutter lebten weiterhin dort. Ihre Großmutter besitze Grundstücke und Felder, die sie vermietet habe. Vom Mieterlös lebe ihre Familie. Sie - die Klägerin - habe in Nigeria Fisch und selbstgekochtes Essen auf der Straße verkauft und damit die Familie ernährt. Um bessere Verkaufsmöglichkeiten zu erzielen, habe sie das letzte Jahr vor ihrer Ausreise im Haus ihres Großonkels, der in einem anderen Stadtteil von Benin City wohne, gelebt. Durch einen Kunden sei der Kontakt zu einer in Portugal lebenden, nigerianischen Frau hergestellt worden. Diese habe ihr dort eine besser bezahlte Tätigkeit in einem Restaurant in Aussicht gestellt und auch den Transport nach Portugal organisiert und finanziert. Mithilfe eines portugiesischen Visums habe sie Nigeria im Juni 2018 verlassen. Sie sei von Lagos mit Zwischenstopp in einem ihr unbekannten Land nach Portugal geflogen. In Portugal ankommend sei sie zunächst von einer weißen Frau in ein Hotel gebracht und anschließend von der nigerianischen Frau namens „F.“ abgeholt und in deren Wohnung verbracht worden. In der Wohnung habe sie sich 2 Monate alleine aufgehalten, da die Frau verreist gewesen sei. Nach deren Rückkehr habe diese sie an einen Ort gebracht, wo sie als Prostituierte habe arbeiten sollen. Dem habe sie sich jedoch erfolgreich entziehen können. Obgleich „F.“ von ihr 50.000 Euro Reisekosten eingefordert habe, habe sie dieser zu keiner Zeit Geld gegeben und für diese auch nicht als Prostituierte gearbeitet. Da sie nur Kosten verursacht habe, habe „F.“ im Dezember 2018 den Kontakt zu ihr abgebrochen, sodass sich anschließend ein nigerianischer Mann um sie gekümmert habe. Dieser sei nach dem Feststellen ihrer Schwangerschaft jedoch abgehauen und in Ermangelung einer anderen Arbeit habe sie, auch um die Kosten für die Ausreise nach Deutschland aufzubringen, mit ein paar Männern geschlafen. Nach Deutschland sei sie nur gekommen, um den Vater ihres ungeborenen Kindes zu finden. Sie sei ungefähr im 5. Monat schwanger. Ausweislich eines zu den Akten gereichten Mutterpasses datiert der errechnete Entbindungstermin auf den 16. November 2019. Bei einer Rückkehr nach Nigeria habe sie Angst vor der Frau, denn diese habe ihr beim Verlassen mit dem Tode gedroht. Auf Nachfrage erklärte die Klägerin, sie habe in Nigeria nur telefonisch Kontakt zu der in Portugal befindlichen Frau gehabt. Es könne aber sein, dass diese nach Nigeria käme und die Klägerin über den Kunden finden könne, denn sie habe oft in seiner Straße Fisch verkauft. Außerdem würde der Kunde den Namen ihres Kindes kennen. Einen Kontakt des Mannes oder der Frau zu ihrer Familie in Nigeria habe es weder vor, noch nach ihrer Ausreise gegeben.
4Mit Bescheid vom 21. Juni 2019, der Klägerin am 27. Juni 2019 zugestellt, lehnte das Bundesamt unter Ziffer 1 bis 3 den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), auf Anerkennung als Asylberechtigte (Art. 16a Abs. 1 GG) und auf Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) als offensichtlich unbegründet ab. Zugleich stellte das Bundesamt unter Ziffer 4 fest, dass keine Abschiebungsverbote nach nationalem Recht gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorlägen. Ferner drohte das Bundesamt der Klägerin unter Ziffer 5 des Bescheides die Abschiebung nach Nigeria an und befristete unter Ziffer 6 das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Zur Begründung des Bescheides führte das Bundesamt aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorlägen.
5Die Klägerin hat am 2. Juli 2019 Klage erhoben und am selben Tage einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, den das Gericht mit Beschluss vom 3. Dezember 2019 – 12 L 757/19.A – abgelehnt hat. Zur Begründung ihrer Klage verweist die Klägerin im Wesentlichen auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27. November 2019 hat die Klägerin mitteilen lassen, dass ihr Kind am 13. November 2019 geboren worden sei. Der Vater des Kindes lebe in Dortmund. Es sollten auch eine Vaterschaftsanerkennung und eine Sorgeerklärung erfolgen. Zu den Akten gereicht wurde ein Schreiben des Standesamtes der Stadt W. vom 19. November 2019. Hieraus ergibt sich, dass die Geburtsbeurkundung wegen fehlender Unterlagen zunächst zurückgestellt wurde.
6Die Klägerin beantragt,
7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 24. Mai 2019 zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, ihr subsidiären Schutz zu gewähren, weiter hilfsweise, festzustellen, dass für sie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
8Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Bescheid.
11Mit Beschluss vom 29. September 2020 hat die Kammer das Verfahren auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 76 Abs. 1 AsylG).
12Mit Schriftsatz vom 23. August 2024 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers auf eine Aufklärungsverfügung des Gerichts hin mitgeteilt, dass bisher kein Kontakt zu der Klägerin habe aufgenommen werden können. Das Gericht hat die Klägerin mit Verfügung vom 26. August 2024, zugestellt an die Prozessbevollmächtigte gegen Empfangsbekenntnis am selben Tage, unter Verweis auf § 82 Abs. 2 Sätze 1 und 2 VwGO ergebnislos aufgefordert, binnen einer Ausschlussfrist von zwei Wochen eine aktuelle ladungsfähige Anschrift anzugeben.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den auf elektronischem Weg übermittelten Verwaltungsvorgang des Bundesamtes Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Das Gericht entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. Das dazu jeweils erforderliche Einverständnis der Beteiligten wurde mit Schriftsätzen vom 13. und 17. September 2024 erklärt.
16Die Klage hat weder mit dem Hauptantrag noch mit den Hilfsanträgen Erfolg.
17Sie ist schon (insgesamt) unzulässig. Die Klägerin hat es versäumt, innerhalb der vom Gericht gesetzten Ausschlussfrist (§ 82 Abs. 2 Satz 2 VwGO) ihre ladungsfähige Anschrift (§ 173 VwGO i.V.m. §§ 253 Abs. 4, 130 Nr. 1 ZPO) mitzuteilen. Die Klage genügt daher nicht (mehr) den sich aus § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebenden Anforderungen.
18Die Pflicht zur Mitteilung der ladungsfähigen Anschrift besteht auch dann, wenn die Beteiligten – wie hier – anwaltlich vertreten sind. Zustellungen und Mitteilungen des Gerichts sind zwar an den bestellten Bevollmächtigten zu richten. Besonderheiten gelten jedoch für bestimmte prozessuale Situationen, etwa die Anordnung des persönlichen Erscheinens (§ 95 Abs. 1 Satz 1 VwGO), zu deren Durchsetzung das Gericht die in § 95 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 VwGO vorgesehenen Beugemittel – Androhung und Festsetzung von Ordnungsgeld – einsetzen kann. Die gerichtliche Sanktionierung des Ausbleibens setzt eine entsprechende Unterrichtung des Klägers voraus, die ihm persönlich mit der Ladung förmlich zuzustellen ist (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 141 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 ZPO, § 56 Abs. 1 VwGO). Entsprechendes gilt für die Androhung und Festsetzung eines Ordnungsgelds.
19Des Weiteren ist die Mitteilung der ladungsfähigen Anschrift auch anwaltlich vertretener Beteiligter mit Blick auf dessen etwaige Kostentragungspflicht geboten. Abgesehen davon dient die Angabe der ladungsfähigen Anschrift der Partei deren Individualisierung.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 1999 – 1 C 24.97 –; OVG NRW, Urteile vom 17. März 1998 – 18 A 4002/96 –, und vom 20. Februar 2001 – 22 A 3200/97 – (alle abrufbar über juris).
21Durch das Erfordernis, die ladungsfähige Anschrift anzugeben, wird dem Kläger im Verwaltungsprozess auch nichts abverlangt, was seinen Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes gefährdet oder gar vereitelt. Der Mitteilung bedarf es nämlich nicht, wenn ihre Erfüllung unmöglich oder unzumutbar ist, etwa, weil der Angabe der Anschrift unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten entgegenstehen oder der Kläger über eine solche Anschrift nicht verfügt. Im letzteren Fall sind aber dem Gericht die insoweit maßgebenden Gründe substantiiert zu unterbreiten, damit es prüfen kann, ob ausnahmsweise auf die ladungsfähige Anschrift verzichtet werden kann.
22Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Februar 2001 – 22 A 3200/97 –, juris Rn. 32.
23Eine ladungsfähige Anschrift der Klägerin bzw. Umstände, die ausnahmsweise die Angabe einer solchen entbehrlich machten, sind dem Gericht innerhalb der Ausschlussfrist – und auch bis zum heutigen Tage – nicht mitgeteilt worden.
24Anhaltspunkte für die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 82 Abs. 2 Satz 3 VwGO i.V.m. § 60 VwGO sind nicht erkennbar.
25Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 83b Abs. 1 AsylG.
26Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.