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1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.400,00 € festgesetzt.
Gründe:
2Der sinngemäße Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –,
3die aufschiebende Wirkung seiner bei dem beschließenden Gericht erhobenen Klage vom 00.00.0000 – 2 K 490/23 – hinsichtlich der im angefochtenen Bescheids des Antragsgegners vom 00.00.0000 verfügten Fahrtenbuchauflage wiederherzustellen,
4hat keinen Erfolg. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
5Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung u.a. in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Im vorliegenden Fall entfaltet die Klage des Antragstellers gegen die im Bescheid vom 00.00.0000 verfügte Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs aufgrund der behördlicherseits erfolgten Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung.
6Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den rechtlichen Anforderungen in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner war sich des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst und hat dies in der angefochtenen Verfügung hinreichend zum Ausdruck gebracht. Dem stehen auch möglicherweise formelhaft klingende Wendungen angesichts der Vielzahl vergleichbarer Verfahren, in denen es um Fahrtenbuchauflagen geht, und der jeweils sehr ähnlich gelagerten widerstreitenden Interessen in diesen Verfahren nicht entgegen.
7Die gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung und dem Interesse des Antragstellers, vorläufig bis zum Eintritt der Bestandskraft der Verfügung von der Vollziehung verschont zu bleiben, fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Diese Abwägung richtet sich in erster Linie nach den Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Im Rahmen der im vorliegenden Verfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung erweist sich die Verfügung des Antragsgegners als offensichtlich rechtmäßig.
8Rechtsgrundlage der Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches ist § 31a Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung – StVZO –. Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltungsbehörde einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuches auferlegen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
9Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO sind erfüllt.
10Mit dem auf den Antragsteller zugelassenen Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen N. wurde am 00.00.0000 um 00.00.00 Uhr in I. auf der [Straßenbezeichnung] in Fahrtrichtung I. die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 70 km/h um 27 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten. Es handelt sich um eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 25 Abs. 2a des Straßenverkehrsgesetzes – StVG –; §§ 41 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2, 49 der Straßenverkehrsordnung – StVO –, §§ 24 Abs. 1, 3 Nr. 5, 25 StVG, Nr. 11.3.5 der Tabelle 1 des Anhangs zu Nummer 11 der Anlage zur Bußgeldkatalog-Verordnung – BKatV –. Dass diese Zuwiderhandlung tatsächlich begangen wurde, steht aufgrund des in dem Verwaltungsvorgang des Antragsgegners befindlichen Messfotos fest.
11Die Feststellung des Fahrzeugführers war im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Die Angemessenheit der Aufklärung beurteilt sich danach, ob die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können.
12Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.05.1997 – 3 B 28.97 –, juris; BVerwG, Beschluss vom 09.12.1993 – 11 B 113.93 –, juris; BVerwG, Beschluss vom 21.10.1987 – 7 B 162.87 –, Buchholz 442.16 § 31a StVZO, Nr. 18; OVG NRW, Urteil vom 29.04.1999– 8 A 699/97 –, NJW 1999, 3279; OVG NRW, Urteil vom 16.12.1983 – 19 A 816/83 –, DÖV 1983, 437 (438).
13Zu den danach angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört in erster Linie, dass der Fahrzeughalter möglichst umgehend - im Regelfall innerhalb von zwei Wochen - von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Eine solche Benachrichtigung begründet für den Halter eine Obliegenheit, zur Aufklärung des mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört es insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Lichtbild erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert.
14Vgl. dazu etwa OVG NRW, Beschluss vom 15.05.2018 – 8 A 740/18 –, juris, Rn. 30 ff., m. w. N.
15Die Mitwirkungsobliegenheit des Fahrzeughalters besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob ihm ein Foto vorgelegt wird, weil ein solches für die Verfolgung einer Verkehrsordnungswidrigkeit nicht erforderlich ist und oftmals auch gar nicht gefertigt werden kann. Dasselbe gilt, wenn zwar ein Foto vorgelegt wird, dieses aber – gleich aus welchen Gründen – keine Identifikation ermöglicht.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.06.2020 – 8 A 1423/19 –, juris, Rn. 23.
17Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der Bußgeldbehörde können sich im Weiteren an den Erklärungen des Fahrzeughalters – bei anwaltlicher Vertretung auch an den Erklärungen des Rechtsanwalts – ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Person ab und liegen der Bußgeldbehörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vor, ist es dieser regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben.
18Aus welchen Gründen der Halter keine Angaben zur Sache macht, ist unerheblich. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO setzt vor allem nicht voraus, dass der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers sonst zu vertreten hat. Die Fahrtenbuchauflage hat eine präventive und keine strafende Funktion. Sie stellt eine der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dienende Maßnahme der Gefahrenabwehr dar, mit der dafür Sorge getragen werden soll, dass künftige Feststellungen eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich sind. Die Führung eines Fahrtenbuchs kann daher auch dann angeordnet werden, wenn der Fahrzeughalter an der Feststellung mitgewirkt hat, die gebotenen Ermittlungsbemühungen der Behörde jedoch gleichwohl erfolglos geblieben sind.
19Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30.06.2020 – 8 A 1423/19 –, juris Rn. 27 und vom 20.05.2020 – 8 A 4299/19 –, juris, Rn. 10.
20Auch ein dem Halter möglicherweise zustehendes Aussageverweigerungsrecht steht der Auflage, ein Fahrtenbuch zu führen, nicht entgegen. Höchstrichterlich ist geklärt, dass mit der Auflage, ein Fahrtenbuch zu führen, das Recht des Betroffenen gewahrt bleibt, sich im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren auf ein etwa bestehendes Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht berufen zu dürfen. Das mit der Ausübung dieser Rechte verbundene Risiko, dass auch zukünftige Verkehrsverstöße ungeahndet bleiben, muss die Rechtsordnung hingegen nicht von Verfassungs wegen hinnehmen, weil sie sich damit für einen nicht unbeträchtlichen Teilbereich von vornherein der Möglichkeit begäbe, durch die Androhung von Sanktionen Verkehrsverstößen und den damit verbundenen Gefahren namentlich für andere Verkehrsteilnehmer im allgemeinen Interesse vorzubeugen.
21Vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.12.1981 – 2 BvR 1172/81 –, NJW 1982, 568; BVerwG, Beschluss vom 11.08.1999 – 3 B 96.99 –, BayVBl. 2000, 380; Beschluss vom 17.07.1986 – 7 B 234.85 –, NJW 1987, 143; Beschluss vom 12.02.1980 – 7 B 82.79 –, Buchholz 442.16 § 31 a StVZO Nr. 7; OVG NRW, Beschluss vom 27.02.2006 – 8 B 1224/06 –, juris.
22Der Halter eines Kraftfahrzeugs hat kein doppeltes Recht, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern oder auch nur einfach zu unterlassen und andererseits trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben.
23Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.06.1995 – 11 B 7.95 –, Buchholz 442.16 § 31 a StVZO Nr. 22; Beschluss vom 01.03.1994 – 11 B 130.93 –, VRS 88 (1995), 158 f.; OVG NRW, Beschluss vom 20.09.2005 – 8 A 2612/05 –.
24Dies gilt unabhängig davon, ob der Halter im Bußgeldverfahren zu seinem persönlichen Schutz von seinem Schweigerecht als Betroffener Gebrauch gemacht hat, oder ob er von einer Benennung des Täters oder zumindest des in Betracht kommenden Täterkreises absieht.
25So OVG NRW, Beschluss vom 19.12.2013 – 8 A 2375/13 – m. w. N. auf die obergerichtliche Rechtsprechung.
26Gemessen an diesen Maßstäben liegt hier ein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit nicht vor. Es wurden vielmehr von der zuständigen Bußgeldstelle alle angemessenen Maßnahmen ergriffen, um den verantwortlichen Fahrzeugführer zu ermitteln. So gab sie dem Antragsteller mit Schreiben vom 00.00.0000 nach § 55 OWiG und damit als Betroffenem Gelegenheit, sich zu dem Tatvorwurf zu äußern. Für den Fall, dass er die Ordnungswidrigkeit nicht begangen haben sollte, wurde er zugleich aufgefordert, sowohl seine als auch die Personalien des verantwortlichen Fahrers anzugeben. In diesem Fall habe er die Stellung eines Zeugen. Auf sein Aussage- und Zeugnisverweigerungsrecht wurde er ebenso hingewiesen wie auf die Möglichkeit der Auferlegung eines Fahrtenbuchs nach § 31a StVZO. Diese Hinweise begründen eine Mitwirkungsobliegenheit.
27Vgl. VG Minden, Beschluss vom 04.06.2020 – 2 L 156/20 –, juris, Rn. 49, m.w.N.
28Daraufhin teilte der Antragsteller der Bußgeldbehörde am 00.00.0000 mit, dass er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch mache. Weitergehende Angaben, etwa zu dem in Betracht kommenden Täterkreis, machte der Antragsteller nicht. Macht der Fahrzeughalter im Rahmen der Anhörung zu einem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß keine Angaben, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass es der Ermittlungsbehörde regelmäßig nicht mehr zuzumuten ist, noch weitere Ermittlungen zu betreiben. Dies gilt auch dann, wenn der Fahrzeughalter von einer Benennung des Täters oder zumindest des in Betracht kommenden Täterkreises unter Berufung auf ein Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht absieht.
29Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.11.2013 – 8 A 1668/13 –, juris, Rn. 8 ff. m.w.N.
30Die Ermittlungsbehörde durfte daher darauf schließen, dass der Antragsteller nicht bereit war, weiter an der Aufklärung der Ordnungswidrigkeit mitzuwirken.
31Es ist ferner unschädlich, dass der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Feststellung des Verkehrsverstoßes vom 00.00.0000 angehört worden ist, sondern erst mit Schreiben vom 00.00.0000. Die in der Rechtsprechung entwickelte Zweiwochenfrist für die Benachrichtigung des Fahrzeughalters gilt nur „regelmäßig“; sie ist kein formales Tatbestandskriterium des § 31a Abs. 1 StVZO und auch keine starre Grenze. Jene Fristbestimmung beruht vielmehr auf dem Erfahrungssatz, dass eine Person Vorgänge des persönlichen Lebensbereichs aus den letzten 14 Tagen im Regelfall wird erinnern oder jedenfalls noch rekonstruieren können. Deshalb darf angenommen werden, dass ein konkreter Anstoß innerhalb dieser Frist ausreicht, um zu verhindern, dass die Erinnerung entscheidend verblasst oder wesentliche, den Vorgang betreffende Unterlagen vernichtet werden, so dass es dem Fahrzeughalter in den sich an den Verkehrsverstoß anschließenden Verfahren möglich bleibt, seine Verteidigung auf dieser Grundlage einzurichten. Ungeachtet dessen bleibt es jedoch Sache des Fahrzeughalters, Angaben zur Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Die Zweiwochenfrist gilt daher für jene vom Regelfall abweichenden Gestaltungen nicht, in denen - bei typisierender Betrachtung - auch eine spätere Anhörung zur effektiven Rechtsverteidigung genügt. Ihre Nichteinhaltung ist außerdem unschädlich, wenn feststeht, dass sie für die Erfolglosigkeit der Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist. Das gilt namentlich, falls nach den gegebenen Umständen erkennbar ist, dass auch eine frühere Unterrichtung des Fahrzeughalters nicht zu einem Ermittlungserfolg geführt hätte, weil dieser ohnehin nicht bereit war, an der erforderlichen Aufklärung mitzuwirken.
32Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.04.1999 – 8 A 699/97 –, juris, Rn. 14 f., sowie Beschlüsse vom 18.12.2017 – 8 B 1104/17 –, juris, Rn. 26 f., vom 09.07.2014 – 8 B 591/14 –, juris, Rn. 8 ff., und vom 28.10.2013 – 8 A 562/13 –, juris, Rn. 8 ff., jeweils m. w. N.
33Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Überschreitung der Zweiwochenfrist hier unschädlich, weil der Antragsteller auch nach Ablauf der Zweiwochenfrist noch ohne Weiteres in der Lage war, an der Aufklärung der Ordnungswidrigkeit mitzuwirken. Dem Anhörungsbogen der Bußgeldbehörde war ein Lichtbild des Fahrzeugführers von noch hinreichender Qualität beigefügt. Auch wenn das auf dem Anhörungsbogen aufgedruckte Foto des Fahrers das Gesicht des Fahrers etwas unscharf wiedergibt, so hat der Antragsteller damit Kenntnis von einem Beweisfoto, das offensichtlich einen männlichen Fahrer mittleren Alters ausreichend erkennen lässt. Auf diesem Foto sind die Merkmale des Gesichts deutlich genug abgebildet, um - wenn schon nicht für Außenstehende - so doch in Kenntnis der betreffenden Person die Identifizierung desjenigen zu ermöglichen, der das Fahrzeug am Tattag fuhr, zumindest aber eine erhebliche, weitere Ermittlungsansätze gewährleistende Eingrenzung des möglichen Täterkreises zu erlauben. Damit ist hier nur das Wiedererkennungsvermögen gefordert. Insoweit hätte es dem Antragsteller oblegen, der Ermittlungsbehörde diejenige(n) Person(en) im Einzelnen zu benennen, die nach dem Foto als Fahrer in Betracht kamen.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.12.2017 – 8 B 1104/17 –, juris, Rn. 28.
35Die Fristversäumnis ist auch deshalb nicht kausal für die Unaufklärbarkeit geworden, weil der Antragsteller sich nicht zur Sache geäußert, aber nicht zugleich geltend gemacht hat, wegen der verzögerten Anhörung keine Erinnerung an den Fahrzeugführer oder den Kreis der Fahrzeugnutzer zu haben. Denn rechtlich relevant ist eine Überschreitung der bei der Anhörung regelmäßig einzuhaltenden Frist, falls gerade die verzögerte Anhörung für die Nichtermittlung des Fahrzeugführers ursächlich war; dies kann nur angenommen werden, wenn die Ergebnislosigkeit der Ermittlungen auf Erinnerungslücken des Halters beruht, wem er - wenn er am Tattag nicht selbst gefahren ist - das Fahrzeug seinerzeit zur Benutzung überlassen hatte. Die Feststellung einer solchen Gedächtnislücke als einer subjektiven Tatsache ist Dritten verschlossen. Mangelndes Erinnerungsvermögen findet deshalb im Rahmen des § 31a Abs. 1 StVZO ausschließlich dann Berücksichtigung, wenn sich der Halter selbst - in Kenntnis des mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes - hierauf beruft, und zwar bevor das deswegen eingeleitete Ermittlungsverfahren eingestellt wird.
36Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 12.11.2007 – 11 CS 07.1802 –, juris, Rn. 12; Hess. VGH, Urteil vom 22.03.2005 – 2 UE 582/04 –, juris, Rn. 23.; VG Lüneburg, Urteil vom 16.10.2019 – 1 A 43/18 –, juris, Rn. 20; VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.01.2014 – 14 L 2620/13 –, juris, Rn. 35.
37Auf ein mangelndes Erinnerungsvermögen hat der Antragsteller sich bis zur Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens jedoch nicht berufen.
38Zudem ist nach den konkreten Umständen in dem vorliegenden Fall davon auszugehen, dass der Antragsteller von vornherein nicht bereit war, an der Aufklärung der Ordnungswidrigkeit im gebotenen Umfang mitzuwirken. Ungeachtet einer verstrichenen zweiwöchigen Frist zur Anhörung bleibt es nämlich Sache des Fahrzeughalters, Angaben zu der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Dabei obliegt es dem Halter, wie ausgeführt, insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreise der Nutzungsberechtigten fördert.
39Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 09.07.2014 – 8 B 591/14 –, juris, vom 21.04.2008 – 8 B 491/08 –, juris, Rn. 7 ff., vom 15. 03.2007 – 8 B 2746/06 –, juris, Rn. 13, vom 23.02.2007 – 8 A 3960/06 – und vom 19.07.2007 – 8 A 1553/06 –, jew. n.v., sowie Urteile vom 29.04.1999 – 8 A 699/97 –, juris, und vom 30.11.2005 – 8 A 280/05 –, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 22.09.2014 – 6 K 8838/13 –, juris, Rn. 101.
40Dem ist der Antragsteller nicht hinreichend nachgekommen. Denn er hätte bei lebensnaher Betrachtung zumindest den Personenkreis potentieller Fahrzeugführer auch ungeachtet des Ablaufs der Zweiwochenfrist weiter eingrenzen können, um der Bußgeldbehörde dadurch ggf. weitere eigene Ermittlungen zu ermöglichen.
41Vgl. zu ähnlichen Konstellationen OVG NRW, Beschlüsse vom vom 21.04.2008 – 8 B 491/08 –, juris, Rn. 7 ff. und vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, juris; VG Aachen, Beschluss vom 14.12.2021 – 10 L 702/21 –, juris, Rn. 34; VG Düsseldorf, Urteil vom 22.09.2014 – 6 K 8838/13 –, juris, Rn. 101.
42Insofern hätte der Antragsteller wenigstens den Kreis der Nutzungsberechtigten konkret - mit Namen und Anschriften - benennen müssen. Dies muss dem Antragsteller offenkundig auch nach Ablauf der Zweiwochenfrist möglich gewesen sein; denn durch seine Berufung auf das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 StPO hat er zu erkennen gegeben, dass er den Kreis der Nutzungsberechtigten und damit den möglichen Täterkreis zumindest insoweit eingrenzen konnte, als er zum Fahrer in einem in § 52 Abs. 1 StPO bezeichneten Angehörigenverhältnis steht. Es ist vorliegend auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Antragsteller daneben die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der in Betracht kommenden Fahrer gefördert hätte bzw. dass entsprechende Nachfragen erfolglos geblieben wären; auch dies hätte jedoch zu den Mitwirkungsobliegenheiten des Antragstellers als Fahrzeughalter gehört.
43Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.04.2008 – 8 B 491/08 –, juris, Rn. 7 ff.; VG Augsburg, Urteil vom 12.05.2016 – Au 3 K 15.1218 –, juris, Rn. 50, m.w.N.
44Nichts anderes gilt, wenn sich der Antragsteller als juristischer Laie nur irrtümlich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen haben sollte, tatsächlich aber von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen wollte, weil er selbst den Verkehrsverstoß begangen hat. Denn dann wäre es ihm bei lebensnaher Betrachtung erst Recht noch möglich gewesen, sich selbst als Täter zu benennen.
45Vor diesem Hintergrund durfte die Bußgeldbehörde davon ausgehen, dass der Antragsteller nicht bereit war, an der Aufklärung der Ordnungswidrigkeit mitzuwirken. Weitere Ermittlungen sind in einem solchen Fall der Mitwirkungsverweigerung grundsätzlich nicht erforderlich
46- vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 31.10.2006 – 12 LA 463/05 –, juris, Rn. 4, m. w. N.; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 30.07.2020 – 8 A 1441/20 –, n.V., S. 8 des Beschlussabdrucks -
47und als überobligatorisch anzusehen.
48Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14.04.2021 – 12 ME 39/21 –, juris, Rn. 16.
49Nur wenn sich im Einzelfall besondere Beweisanzeichen ergeben haben, die auf die Person des Fahrzeugführers hindeuten, oder wenn besondere Umstände des Einzelfalls es naheliegend erscheinen lassen, dass der Halter bei Kenntnis bestimmter Ermittlungsergebnisse doch mitwirkungsbereit sein könnte, muss die Behörde weiter ermitteln.
50Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 15.10.2018 – 11 CS 18.1240 – juris, Rn. 14; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 31a StVZO Rn. 39, m.w.N.
51Dabei hängt es unter anderem vom dem – wie auch immer – erreichten Zwischenstand der Ermittlungen ab, ob daraufhin in Betracht zu ziehende weitere Ermittlungen ihrerseits (noch) überobligatorisch wären. Die Behörde muss daher vielversprechenden sich aufdrängenden Ermittlungsansätzen auch dann nachgehen, wenn diese durch überobligatorische Ermittlungen aufgefunden wurden.
52Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 14.04.2021 – 12 ME 39/21 –, juris, Rn. 16; VG Göttingen, Beschluss vom 10.04.2019 – 1 B 488/18 –, juris, Rn. 12.
53Solche weitergehenden Ermittlungsansätze boten sich der Ermittlungsbehörde hier nicht. Die von der Ermittlungsbehörde veranlasste persönliche Inaugenscheinnahme des Antragstellers ist daran gescheitert, dass dieser am 00.00.0000 nicht zu Hause angetroffen werden konnte, und lieferte daher keine weiteren Anhaltspunkte zur Täterermittlung. Wem das Fehlschlagen dieser Ermittlungsmaßnahme anzulasten ist, ist unerheblich.
54Denn es handelte sich dabei nach dem Vorstehenden um eine überobligatorische Ermittlungsmaßnahme, zu der die Ermittlungsbehörde nicht verpflichtet war. Es reicht indes für eine durchschlagende Kritik am Handeln der Ermittlungsbehörde nicht aus, wenn überobligatorisch begonnene Ermittlungen von dieser (lediglich) nicht konsequent oder nicht im Einzelnen nachvollziehbar dokumentiert und geführt wurden.
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.11.2013 – 8 A 1668/13 –, juris, Rn. 29; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14.04.2021 – 12 ME 39/21 –, juris, Rn. 16.
56Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO hatte auch nicht deshalb zu unterbleiben, weil der Antragsteller vor Ablauf der Verfolgungsverjährung aufgrund des Messfotos und der Feststellung seiner Haltereigenschaft beweiskräftig als Täter der in Rede stehenden Verkehrsordnungswidrigkeit überführt worden wäre.
57Dabei ist die Feststellung des Fahrers auch dann unmöglich i. S. v. § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO, wenn die Ermittlungen zwar auf einen bestimmten Täter hindeuten und eine Person ernsthaft verdächtigt ist, die Behörde jedoch keine ausreichende Überzeugung von der Täterschaft des Verdächtigen gewinnen konnte.
58Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.05.2018 – 8 A 740/18 –, juris, Rn. 39 ff., m. w. N.
59Die Täterschaft des Antragstellers war nicht aufgrund des Abgleichs des in der „[Name der Zeitung]“ vom 00.00.0000 abgedruckten Fotos von ihm mit dem Messfoto des Verkehrsverstoßes mit der für den Erlass eines Bußgeldbescheides erforderlichen Sicherheit feststellbar.
60Ob anhand eines Fotos von einer Verkehrsordnungswidrigkeit die Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO möglich gewesen ist, beurteilt sich nicht nach der subjektiven Einschätzung einer Ermittlungsperson. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Foto objektiv von solcher Qualität ist, dass die Behörde auf dieser Grundlage den Fahrzeugführer mit der für den Erlass eines Bußgeldbescheides im Ordnungswidrigkeitenverfahren erforderlichen Sicherheit bestimmen konnte. Dies setzt voraus, dass es keine vernünftigen Zweifel an der Täterschaft geben durfte; im Bußgeldverfahren gilt der Grundsatz „in dubio pro reo“ entsprechend.
61Vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 17.07.2007 – 6 A 433/06 –, juris, Rn. 24.
62Nach diesen Maßstäben war es vorliegend unmöglich, den Antragsteller als verantwortlichen Fahrzeugführer anhand des Beweisfotos und des in der „[Name der Zeitung]“ abgedruckten Fotos mit der erforderlichen Gewissheit zu identifizieren. Dabei kann dahinstehen, ob das Messfoto objektiv von ausreichender Qualität ist, um einem Außenstehenden die Identifikation des Fahrers anhand signifikanter, unterscheidungskräftiger Eigenheiten der Gesichtszüge mit der für den Erlass eines Bußgeldbescheides erforderlichen Sicherheit zu ermöglichen. Denn es fehlte für die hinreichend sichere Identifikation des Täters jedenfalls an tauglichem Bildmaterial des Antragstellers, das einen Vergleich mit der auf dem Messfoto abgebildeten Person anhand physiognomischer Merkmale ermöglich hätte. Ein Pass- oder Personalausweisbild lag offenbar aufgrund der österreichischen Staatsangehörigkeit des Antragstellers nicht vor. Das in der „[Name der Zeitung]“ abgedruckte Foto genügt für einen Abgleich mit dem Messfoto bereits deshalb nicht, weil es den Antragsteller im Profil zeigt, während das Messfoto den Täter und dessen prägende Merkmale der Physiognomie in der Frontalansicht zeigt. Ein Abgleich der prägenden äußeren Eigenheiten – etwa der Kopf-, Nasen-, Ohren- und Kinnform – ist damit nur eingeschränkt möglich und erlaubt keine sichere Identifikation. Zudem war das Foto in der „[Name der Zeitung]“ im Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes vom 00.00.0000 mehr als dreieinhalb Jahre alt und bildet den Antragsteller somit nicht hinreichend aktuell ab.
63Die Ermittlungsbehörde war auch nicht gehalten, sich um weiteres Bildmaterial des Antragstellers zwecks Abgleichs mit dem Messfoto zu bemühen, weil eine solche Ermittlungsmaßnahme bereits überobligatorisch gewesen wäre.
64Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.10.2013 – 8 A 666/13 –, juris, Rn. 11; VG Arnsberg, Urteil vom 04.10.2019 – 7 K 3942/17 –, juris, Rn. 33; VG Düsseldorf, Urteil vom 14.08.2014 – 14 K 1685/14 –, juris, Rn. 48.
65Ausgehend davon, dass die vorliegenden Beweismittel nur den Verkehrsverstoß, nicht aber die Täterschaft belegen, genügt allein der Umstand, dass der Antragsteller Halter des Fahrzeuges ist, mit dem die Ordnungswidrigkeit begangen wurde, nicht, um ihm den Tatvorwurf nachzuweisen. Die dadurch verbliebenden Zweifel an der Täterschaft des Antragstellers und an deren Nachweisbarkeit boten hinreichenden Anlass, vom Erlass eines Bußgeldbescheides abzusehen. Es blieb mit Blick auf die verweigerte Aussage unklar, ob dem Antragsteller die Tat im Ordnungswidrigkeitenverfahren mit dem erforderlichen Grad an Überzeugung nachweisbar sein würde.
66Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.03.2021 – 3 M 19/21 –, juris, Rn. 7.
67Zu keiner anderen Bewertung führt es, dass der Antragsteller im vorliegenden gerichtlichen Verfahren – und demnach nach Verstreichen der Verfolgungsverjährungsfrist – sinngemäß eingeräumt hat, den in Rede stehenden Verkehrsverstoß begangen zu haben. Eine nach Ablauf der Verjährungsfrist ggf. erfolgte Feststellung des Täters ist für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unbeachtlich. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung im Zusammenhang mit der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage ist grundsätzlich der Eintritt der Verfolgungsverjährung. Denn Maßnahmen zur Aufklärung von Verkehrsordnungswidrigkeiten haben nur dann einen Sinn, wenn der Täter dadurch so rechtzeitig bekannt wird, dass die von ihm begangene Ordnungswidrigkeit noch geahndet werden kann.
68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.03.2018 – 8 B 233/18 –, juris, Rn. 5, und vom 05.09.2012 – 8 A 1052/11 –, n. V.
69Die Voraussetzung der Nichtfeststellbarkeit des verantwortlichen Fahrzeugführers entfällt deshalb nur dann, wenn derjenige, der eine Verkehrsübertretung mit dem Fahrzeug des Halters begangen hat, noch vor Ablauf der Verjährungsfrist für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit bekannt geworden ist.
70Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 06.10.1997 – 11 B 96.4036 –, MDR 1998, 153.
71Die Anordnung, für die Dauer von zwölf Monaten ein Fahrtenbuch zu führen, ist vorliegend auch verhältnismäßig. Sie ist als Maßnahme zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs geeignet zu erreichen, dass künftig - zumindest innerhalb der nächsten zwölf Monate - die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich ist. Dazu ist sie auch erforderlich. Ein milderes, gleich geeignetes Mittel ist insofern nicht ersichtlich. Die Fahrtenbuchauflage ist zudem auch angemessen. Die hier den Anlass gebende Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h stellt einen Verkehrsverstoß von erheblichem Gewicht dar, der die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage rechtfertigt. Das Gewicht einer Verkehrszuwiderhandlung ist nach dem Punktsystem der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV - zu bemessen. Dieses Punktsystem teilt die in das Fahreignungsregister einzutragenden Verkehrsstraftaten und -ordnungswidrigkeiten in drei Gruppen ein, denen eine nach der Schwere des Verstoßes gestaffelte Punktzahl zugeordnet ist. Die Gruppenbildung, die an die Einstufung im Bußgeldkatalog anknüpft, enthält eine typisierende Bewertung von Verkehrsverstößen nach dem Maße ihrer Gefährlichkeit. Sie bildet die Grundlage für die Beurteilung der tatbestandlichen Voraussetzungen jener Maßnahmen, die § 4 Abs. 3 StVG zum Schutz vor solchen Gefahren vorsieht, die von wiederholt gegen Verkehrsvorschriften verstoßenden Fahrzeugführern und -haltern ausgehen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 StVG). Diese Zielsetzung des § 4 Abs. 3 StVG stellt zugleich einen wesentlichen Normzweck des § 31a StVZO dar, der die Ermittlung von Fahrzeugführern sicherstellen will, die Verkehrsvorschriften verletzen. Es entspricht daher in besonderer Weise dem Gleichbehandlungsgrundsatz, das Punktsystem als Ausgangspunkt für die Beurteilung von Verkehrszuwiderhandlungen im Rahmen der Auferlegung einer Fahrtenbuchauflage als einer behördlichen Maßnahme im Vorfeld derjenigen Anordnungen zugrunde zu legen, die gemäß § 4 Abs. 3 StVG bei wiederholten Verkehrsverstößen zu ergreifen sind. Geht jeder einzelne den Vorgaben der Anlage 13 FeV entsprechend in das Fahreignungsregister eingetragene Punkt in ein „Punktekonto“ ein, das bei Erreichen bestimmter Salden zwingend zu Anordnungen nach § 4 Abs. 3 StVG führt, erscheint die unter anderem das Ergehen solcher Maßnahmen sichernde Fahrtenbuchauflage auch bei erstmaliger Begehung einer mit wenigstens einem Punkt zu erfassenden Verkehrsordnungswidrigkeit erforderlich und angemessen, ohne dass es des Hinzutretens etwa einer unklaren Verkehrslage oder konkreter Gefährdungen bedarf.
72Vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.09.1999 – 3 B 94.99 – und Urteil vom 17.05.1995 – 11 C 12.94 –, jeweils juris; OVG NRW, Beschluss vom 13.06.2007 – 8 B 219/07 –, n. v., sowie Urteile vom 30.11.2005 – 8 A 280/05 – und vom 29.04.1999 – 8 A 699/97 –, jeweils juris.
73Dies gilt umso mehr nach der Reform des Punktesystems zum 01.05.2014, wonach Punkte nur noch für Verstöße vergeben werden, welche die Verkehrssicherheit beeinträchtigen.
74Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.01.2016 – 8 A 1217/15 –, juris, Rn. 4 ff., m. w. N.
75Gemessen daran begegnet es vorliegend keinen Bedenken, dass der Antragsgegner dem Antragsteller aufgrund der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h (nach Toleranzabzug) das Führen eines Fahrtenbuchs für einen Zeitraum von 12 Monaten aufgegeben hat. Nach Nr. 3.2.2 der Anlage 13 zu § 40 der Fahrerlaubnis-Verordnung i. V. m. Nr. 11.3.5 der Tabelle 1 Buchstabe c des Anhangs zur Bußgeldkatalog-Verordnung wäre dieser Verstoß mit einem Punkt in das Fahreignungsregister einzutragen gewesen. Er rechtfertigt nicht nur die Auferlegung eines Fahrtenbuches, sondern unter Berücksichtigung der Schwere des Verstoßes auf die Dauer der Fahrtenbuchauflage von zwölf Monaten.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.01.2016 – 8 A 1030/15 –, juris, Rn. 15; VG Münster, Beschluss vom 20.05.2022 – 10 L 306/22 –, juris, Rn. 31.
77Die Bestimmung eines Ersatzfahrzeugs, für das die Fahrtenbuchauflage gelten soll, beruht auf § 31a Abs. 1 Satz 2 StVZO. Die weiteren in der Verfügung bestimmten Einzelheiten zur Führung eines Fahrtenbuches und die Pflicht zu seiner Aufbewahrung und Vorlage ergeben sich aus § 31a Abs. 2 und Abs. 3 StVZO.
78Auch die allgemeine, von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache losgelöste Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus. Es liegt im besonderen öffentlichen Interesse, dass alles Erforderliche getan wird, um den bei Verkehrsverstößen oder Straftaten in Betracht kommenden Personenkreis so schnell wie möglich zu erfassen. Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage ist es, Kraftfahrer mit mangelnder Einstellung zu den Verkehrsvorschriften zu ermitteln und geeignete Maßnahmen gegen sie ergreifen zu können. Die Effizienz behördlichen Handelns bei Sicherheitsgefahren wäre in Frage gestellt, wenn durch die Einlegung eines Rechtsmittels über einen längeren Zeitraum die Wirksamkeit der Maßnahme hinausgezögert werden könnte. Da das Führen eines Fahrtenbuches für den Antragsteller auch keine allzu schwerwiegende Belastung mit sich bringt und über eine gewisse, mit geringem Zeitaufwand verbundene Belästigung nicht hinausgeht, überwiegt nach alledem das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse des Antragstellers, zunächst von der Führung des Fahrtenbuches verschont zu bleiben.
79Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
80Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, Abs. 3 GKG. Dabei legt die Kammer hinsichtlich der Fahrtenbuchauflage nach Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit einen Betrag von 400,- € je Monat (hier: 12 x 400 € = 4.800 €) zugrunde und reduziert diesen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Anwendung der Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte (2.400 €).