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Die Bescheide des beklagten Versorgungswerks vom 26. November 2020 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt das beklagte Versorgungswerk.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung des Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Gerichtsbescheids beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger ist als zugelassener Rechtsanwalt Mitglied des beklagten Versorgungswerks. Er war bis zum 31. März 2015 selbstständig als Rechtsanwalt in der Kanzlei I. in V. tätig. Seit dem 1. April 2015 und jedenfalls noch im streitgegenständlichen Zeitraum war der Kläger als angestellter Anwalt in der Kanzlei K. in S. beschäftigt. Mit Bescheid vom 2. Mai 2018 setzt das beklagte Versorgungswerk die monatlichen Beiträge des Klägers für das Jahr 2017 auf insgesamt 6.788,10 € fest. Grundlage der Beitragsberechnung war das Arbeitsentgelt des Klägers gemäß Arbeitgeberbescheinigung. Zugleich forderte es den Kläger auf, Kopien seiner Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2014, 2015 und 2016 zu übersenden oder, soweit er zur Abgabe eine Einkommenssteuererklärung nicht verpflichtet gewesen sei, eine Bescheinigung des für ihn zuständigen Finanzamtes, dass er für das betreffende Jahr weder einen Einkommenssteuerbescheid erhalten, noch eine Einkommenssteuererklärung abgegeben habe und zur Abgabe einer Einkommenssteuererklärung auch nicht verpflichtet sei.
3Mit Schreiben vom 8. Juni 2018 erinnerte das beklagte Versorgungswerk den Kläger an die Vorlage der vorgenannten Unterlagen. Daraufhin übersandte der Kläger unter dem 30. Oktober 2018 seinen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2016. Darin werden Einkünfte in Höhe von 34.467 € ausgewiesen, die sämtlich aus nichtselbstständiger Arbeit stammen.
4Mit Bescheiden vom 19. Februar 2019 setzt das beklagte Versorgungswerk die monatlichen Beiträge des Klägers für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2018 auf insgesamt 7.568,54 € fest. Grundlage der Beitragsberechnung war das Arbeitsentgelt des Klägers gemäß Arbeitgeberbescheinigung. Nachdem der Kläger trotz mehrfacher Erinnerungen weder den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015, noch eine Bescheinigung des für ihn zuständigen Finanzamtes, dass für er für das betreffende Jahr weder einen Einkommenssteuerbescheid erhalten, noch eine Einkommenssteuererklärung abgegeben habe und zur Abgabe einer Einkommenssteuererklärung auch nicht verpflichtet sei, vorgelegt hatte, setzte das beklagte Versorgungswerk mit Bescheid vom 26. November 2020 den monatlichen Beitrag des Klägers für das Jahr 2017 auf 621,78 € fest. Die Beitragsbemessung erfolge mangels Vorlage der angeforderten Einkommensnachweise nach § 30 Abs. 1 seiner Satzung. Berechnungsgrundlage sei die Differenz zwischen der Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2017 in Höhe von 76.200,00 € und dem im Jahre 2017 erzielten sozialversicherungspflichtigen Bruttoentgelt in Höhe von 36.300,00 €. Mit weiterem Bescheid vom 26. November 2020 setzte das beklagte Versorgungswerk den monatlichen Beitrag des Klägers für das Jahr 2018 auf 578,29 € fest. Die Beitragsbemessung erfolge mangels Vorlage der angeforderten Einkommensnachweise nach § 30 Abs. 1 seiner Satzung. Berechnungsgrundlage sei die Differenz zwischen der Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2018 in Höhe von 78.000,00 € und dem im Jahre 2018 erzielten sozialversicherungspflichtigen Bruttoentgelt in Höhe von 40.691,05 €.
5Gegen die beiden Bescheide vom 26. November 2020 hat der Kläger am 23. Dezember 2020 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass er in den Jahren 2017 und 2018 keinerlei Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erzielt habe.
6Der Kläger beantragt,
7die Bescheide des beklagten Versorgungswerks vom 26. November 2020 aufzuheben.
8Das beklagte Versorgungswerk beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung führt es aus, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Nach § 30 Abs. 1 seiner Satzung sei jedes Mitglied verpflichtet, den Regelpflichtbetrag zu entrichten. Für eine davon abweichende Beitragsfestsetzung sei nur Raum, wenn gemäß § 30 Abs. 4 der Satzung ein Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze nachgewiesen werde. Der Kläger habe weder die Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2017 und 2018, noch eine Bestätigung des Finanzamtes, dass entsprechende Einkommenssteuerbescheide noch nicht ergangen seien, vorgelegt.
11Mit Beschluss vom 27. Juni 2023 hat die Kammer das Verfahren gemäß § 6 Abs. 1 VwGO dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Versorgungswerks (zwei Bände) Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14Das Gericht durfte nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der - streitentscheidende - Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO).
15Die zulässige, insbesondere als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafte Klage hat Erfolg.
16Der Beitragsbescheid vom 26. November 2020, mit dem die (weiteren) Beiträge des Klägers für das Jahr 2018 festgesetzt wurden, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
17Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung ist § 30 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen - SVR - i.V.m. § 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung Nordrhein-Westfalen.
18Grundsätzlich zahlen Mitglieder des beklagten Versorgungswerks gem. § 30 Abs. 1 SVR den Regelpflichtbeitrag, welcher dem Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Mitglieder, deren Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht, zahlen den Beitrag gem. § 30 Abs. 2 SVR nach ihrem Einkommen gemäß dem Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn sie entsprechende Einkommensnachweise gem. § 30 Abs. 4 SVR erbringen. Einkommen im Sinne der Satzung ist nach § 30 Abs. 2 SVR, der auf die sozialversicherungsrechtlichen Legaldefinitionen der §§ 14, 15 SGB IV verweist, das aus selbständiger Tätigkeit erzielte "Arbeitseinkommen" und das im Rahmen abhängiger Beschäftigung eingenommene "Arbeitsentgelt". Gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 SVR zahlen Mitglieder, deren Einkommen (Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt i.S.d. §§ 14, 15 SGB IV) die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht, den Beitrag nach ihrem Einkommen gemäß dem Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung, sofern die Vertreterversammlung nicht einen anderen Beitragssatz festsetzt.
19Nach Maßgabe dieser satzungsrechtlichen Bestimmungen ist die mit Bescheid vom 26. November 2020 vorgenommene (weitere) Beitragsfestsetzung für das Jahr 2018 rechtswidrig. Das beklagte Versorgungswerk hat darin zu Unrecht die Differenz zwischen den von dem Kläger bereits aufgrund seines Arbeitsentgeltes zu zahlenden und mit Bescheiden vom 19. Februar 2019 bestandskräftig festgesetzten Beiträgen und dem Regelpflichtbeitrag als weiteren Beitrag festgesetzt. Der Kläger schuldet nur die mit bestandskräftigen Bescheiden vom 19. Februar 2019 auf Grundlage seines durch Vorlage entsprechender Arbeitgeberbescheinigungen nachgewiesenen Arbeitsentgeltes festgesetzten Beiträge, nicht aber den Regelpflichtbeitrag. Denn sein für die Beitragsfestsetzung 2018 maßgebliches Einkommen hat die im Jahr 2018 geltende Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 159, 160 SGB VI) in Höhe von 6.500 € monatlich und 78.000 € jährlich (vgl. § 160 Nr. 2 SGB VI i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2018 vom 16. November 2017 (BGBl. I S. 3778)) nicht erreicht, sodass er gem. § 30 Abs. 2 SVR Beiträge nur nach seinem Einkommen gemäß dem Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen hat. Maßgebend für die Berechnung des Beitrages nach § 30 Abs. 2 Satz 1 SVR ist beim Arbeitseinkommen das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres und beim Arbeitsentgelt der jeweilige Beitragszeitraum (§ 30 Abs. 4 Nr. 1 SVR). Einkommen aus selbständiger Tätigkeit bzw. sein Fehlen ist anhand des Einkommenssteuerbescheids nachzuweisen (§ 30 Abs. 4 Nr. 4 a) SVR).
20Vgl. VG Köln, Gerichtsbescheide vom 21. Mai 2021 – 7 K 172/20 –, juris, Rn. 11 und vom 8. Dezember 2021 – 7 K 608/20 –, juris, Rn. 24, 26.
21Für Arbeitsentgelt wird der Einkommensnachweis durch Vorlage einer vom Arbeitgeber ausgestellten Bescheinigung über das Arbeitsentgelt für den Beitragszeitraum erbracht (§ 30 Abs. 4 Nr. 4 b) SVR). Entgegen der Auffassung des beklagten Versorgungswerks hat der Kläger die erforderlichen Einkommensnachweise erbracht. Eine Arbeitgeberbescheinigung über das im Jahre 2018 erzielte Arbeitsentgelt in Höhe von 40.691,05 € hat der Kläger unstreitig vorgelegt; darauf beruht die auch die einkommensbezogene Beitragsfestsetzung vom 19. Februar 2019. Der Kläger hat durch Vorlage seines Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2016 zudem schon vorprozessual den Nachweis erbracht, dass er in dem maßgebenden vorletzten Kalenderjahr vor dem Beitragszeitraum 2018 kein Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit erzielt hat. Eine Veranlagung zum Regelpflichtbeitrag scheidet danach aus.
22Der die Beiträge für das Jahr 2017 festsetzende Bescheid vom 26. November 2020 ist ebenfalls rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
23Das beklagte Versorgungswerk geht auch insofern unzutreffend davon aus, dass der Kläger für das Jahr 2017 nach § 30 Abs. 1 SVR den Regelpflichtbeitrag zu entrichten habe. Zwar hat der Kläger hat den vom beklagten Versorgungswerk verlangten Nachweis, dass der Beitrag für das Jahr 2017 nach der Höhe seiner Einkünfte zu reduzieren wäre, nicht geführt. Er hat insoweit lediglich die Höhe seines Arbeitsentgelts im Jahre 2017 belegt. Mangels Vorlage des für die Berechnung Beitragspflicht im Jahre 2017 maßgebenden Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2015 ist er aber einen Nachweis über ein (fehlendes) Arbeitseinkommen in jenem Jahr schuldig geblieben. Ebenso wenig hat der Kläger eine Bescheinigung des für ihn zuständigen Finanzamtes beigebracht, dass für er für das betreffende Jahr weder einen Einkommenssteuerbescheid erhalten, noch eine Einkommenssteuererklärung abgegeben habe und zur Abgabe einer Einkommenssteuererklärung auch nicht verpflichtet sei. Gleichwohl erweist sich die Beitragsfestsetzung als rechtswidrig, weil der Kläger im Beitragszeitraum 2017 unstreitig keiner selbstständigen Tätigkeit nachgegangen ist. Die in § 30 Abs. 4 Nr. 1 SVR geregelte Beitragsfestsetzung anhand des Arbeitseinkommens des vorletzten Kalenderjahres setzt voraus, dass im maßgeblichen Beitragszeitraum – hier im Jahre 2017 – überhaupt eine auf die Erzielung von Arbeitseinkommen gerichtete selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Für eine Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt ist kein Raum, wenn im Beitragszeitraum ausschließlich Arbeitsentgelt als angestellter Rechtsanwalt erzielt wird. Das OVG Berlin-Brandenburg hat zur Regelung des § 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte in Brandenburg, die inhaltlich mit der Bestimmung des § 30 Abs. 4 Nr. 1 SVR identisch ist, in seinem Urteil vom 20. Januar 2023 – OVG 12 B 23/22 –, juris (dort Rn. 17 ff.) entschieden:
24„Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass ein einkommensbezogener Beitrag, der - wie hier - für einen bestimmten Zeitraum erhoben wird, vom Grundsatz her an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen in diesem Zeitraum anknüpfen muss. Maßgeblich für die Beitragsermittlung ist danach regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des beitragspflichtigen Mitglieds im jeweiligen Beitragszeitraum, die sich nach seinen Einkommensverhältnissen bemisst. Dies liegt ersichtlich auch der Regelung des § 33 Abs. 2 der Satzung zugrunde, die im Falle des Klägers mangels Erreichens der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung für die Bestimmung des Beitrags einschlägig ist. Soweit danach auf die Summe des jeweils nachgewiesenen Arbeitseinkommens (aus selbständiger Tätigkeit) und Arbeitsentgelts (aus unselbständiger Tätigkeit) abzustellen ist, soll sichergestellt werden, dass sämtliche Einkünfte des Betroffenen im Zeitraum der Beitragserhebung erfasst werden. Der Kläger hat im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von September bis Dezember 2016 unstreitig allein Arbeitsentgelt aus seiner Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt erworben. Eine auf die Erzielung von Arbeitseinkommen gerichtete selbständige Tätigkeit hat er im Beitragszeitraum nicht (mehr) ausgeübt. Dementsprechend bemisst sich der von ihm zu entrichtende Beitrag allein nach dem nachweislich erzielten Arbeitsentgelt; für eine Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt ist kein Raum. Dies gilt auch in Ansehung der Regelung des § 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung.
25§ 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung sieht vor, dass für die Berechnung des Beitrags nach Absatz 2 Satz 1 beim Arbeitseinkommen - anders als beim Arbeitsentgelt, bei dem auf den jeweiligen Beitragszeitraum abgestellt wird - das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres maßgebend ist; der Einkommensnachweis wird durch Vorlage des Einkommensteuerbescheids für das vorletzte Kalenderjahr erbracht (§ 33 Abs. 4 Nr. 4 der Satzung). Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt es die Vorschrift nicht zu, den Beitrag auf der Grundlage von Arbeitseinkommen des vorletzten Jahres festzusetzen, unabhängig davon, ob im maßgeblichen Beitragszeitraum - wie im Falle des Klägers - überhaupt eine auf die Erzielung von Arbeitseinkommen gerichtete selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Zutreffend hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass § 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung weder einen (abweichenden) Beitragszeitraum bezeichnet noch die grundsätzliche Anknüpfung an die wirtschaftlichen Verhältnisse des beitragspflichtigen Mitglieds im Zeitpunkt der Beitragserhebung in Frage stellt. Die gegenteilige Argumentation des Beklagten geht an dem bereits erstinstanzlich dargelegten Sinn und Zweck der Regelung vorbei. Die Beitragsberechnung anhand des Arbeitseinkommens des vorletzten Kalenderjahres trägt dem Umstand Rechnung, dass eine - an sich gebotene - Anknüpfung an das im Jahr der Beitragserhebung erzielte Einkommen regelmäßig eine aufwändige eigene Einkommensermittlung durch den Beklagten erfordern würde, weil für selbständig Tätige zu diesem Zeitpunkt in der Regel noch kein Einkommensteuerbescheid als verlässlicher Einkommensnachweis vorliegt. Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität soll die Veranlagung und Berechnung des Beitrags im Interesse der Mitglieder und des Versorgungswerks durch den Rückgriff auf das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres vereinfacht werden. Die darin liegende Typisierung beruht auf der Annahme, dass sich die Einkommensverhältnisse der beitragspflichtigen selbständigen Rechtsanwälte in der Regel über die Jahre hinweg nicht wesentlich verändern und daher regelmäßig den wirtschaftlichen Verhältnissen im Beitragszeitraum entsprechen. Zwar trifft es zu, dass eine derartige Beitragsermittlung, die an das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres anknüpft, in der Rechtsprechung mit den vorstehenden Erwägungen grundsätzlich für rechtmäßig erachtet wird (vgl. zur Rechtsanwaltsversorgung in Berlin: Beschluss des Senats vom 25. August 2010 - OVG 12 N 41.10 - juris Rn. 9 f.; zu den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen: VGH München, Urteil vom 16. August 1999 - 9 B 96.2276 - juris Rn. 39; OVG Münster, Urteil vom 15. Februar 2013 - 17 A 986/11 - juris Rn. 34; OVG Bautzen, Urteil vom 4. Mai 2022 - 6 A 804/19 - juris Rn. 32). Dies ändert aber nichts daran, dass § 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung nur „für die Berechnung“ des Beitrags auf das Arbeitseinkommen des vorletzten Kalenderjahres abstellt. Der Beitragszeitraum, für den der Beitrag erhoben wird, bleibt unberührt. Ein Rückgriff auf das Einkommen des vorletzten Jahres - als „Berechnungsmethode“ - kommt daher nur dann in Betracht, wenn und soweit im maßgeblichen Beitragszeitraum tatsächlich Arbeitseinkommen als selbständiger Rechtsanwalt erzielt wird. Ist dies nicht der Fall, ist für eine Beitragsberechnung anhand des Einkommens des vorletzten Kalenderjahres nach den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts von vornherein kein Raum. Die erstinstanzliche Auslegung des § 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung erweist sich danach entgegen der Auffassung des Beklagten weder als „falsch“ (Bl. 121 d.A.) noch ist es „völlig widersinnig“ (Bl. 84), dass der Kläger die Beitragsfestsetzung für die Monate Januar bis August 2016, in denen er noch selbständig tätig war, akzeptiert hat und sich allein gegen die Beitragsfestsetzung für September bis Dezember 2016 wendet, in denen er ausschließlich als angestellter Rechtsanwalt gearbeitet hat. Ebenso wenig kann sich der Beklagte mit Erfolg darauf berufen, dass nach dem Verständnis des Verwaltungsgerichts tatsächlich - hier: im Jahr 2014 - erzieltes Arbeitseinkommen „unverbeitragt“ bleibe. Inwieweit dies zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Mitgliedern führen soll, die ausschließlich selbständig tätig sind, und Mitgliedern, die im Laufe des Beitragsjahres in eine abhängige Beschäftigung wechseln, ist weder dargetan noch ersichtlich. In beiden Fällen kommt es, dem Charakter eines monatlichen einkommensbezogenen Beitrags entsprechend, für die Beitragserhebung auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds im jeweiligen Beitragszeitraum an, die sich nach den Einkommensverhältnissen bemisst. Im Übrigen ist eine fehlende (vollständige) „Verbeitragung“ von Arbeitseinkommen der Satzung des Beklagten nicht fremd. Auch erhebliche Einkommensschwankungen, bei denen die mit der Anknüpfung an das Arbeitseinkommen des vorletzten Kalenderjahres verbundene Typisierung im Wesentlichen unveränderter Einkommensverhältnisse nicht trägt, können dazu führen, dass ein Teil des Arbeitseinkommens aus selbständiger Tätigkeit im Zeitraum der Beitragserhebung „unverbeitragt“ bleibt, wie die Sonderregelung in § 33 Abs. 4 Nr. 3 der Satzung zeigt.“
26Diesen Ausführungen, die sich auf die Satzung des beklagten Versorgungswerks übertragen lassen, schließt sich der erkennende Einzelrichter an. Da eine Veranlagung des Klägers im Beitragszeitraum unter Heranziehung von Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit folglich in jedem Fall ausscheidet, kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger das Fehlen eines solchen Einkommens nachgewiesen hat.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.
28Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 84 Abs. 1 Satz 3, 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung