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Der Bescheid des beklagten Versorgungswerks vom 24. April 2019 wird insoweit aufgehoben, als darin für den Beitragsmonat Dezember 2018 ein Beitrag von mehr als 4.007,56 € festgesetzt wird.
Das beklagte Versorgungswerk trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Versorgungswerk kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
2Der Kläger ist als zugelassener Rechtsanwalt Mitglied des beklagten Versorgungswerks und wendet sich gegen die Festsetzung seiner Beiträge für das Jahr 2018. Er steht als Rechtsanwalt im Angestelltenverhältnis bei der L. M1. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Für diese Tätigkeit ist er nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Daneben ist der Kläger als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität C. beschäftigt. Mit letzterer Tätigkeit erzielte der Kläger im Jahre 2018 ein Arbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 28.352,72 € (11.214,85 € vom 1. Januar bis 31. Mai und 17.137,87 € vom 1. Juni bis 31. Dezember), woraus Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 5.273,62 € (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) abgeführt wurden.
3Mit Beitragsbescheid vom 24. April 2019, dem Kläger am 26. April 2019 zugestellt, setzte das beklagte Versorgungswerk die für das 2018 zu entrichtenden Monatsbeiträge nach § 30 Abs. 6 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen - SVR - auf einen Beitrag in Höhe von insgesamt 14.508,00 € fest. Grundlage der Beitragsberechnung sei das Arbeitsentgelt gemäß Arbeitgeberbescheinigung. Insgesamt legte das beklagte Versorgungswerk Monatsentgelte von 35,223,36 € und einmalige Entgelte in Höhe von 42.776,64 € zu Grunde. Von der L. M1. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Dezember 2018 bis einschließlich März 2019 an den Kläger geleistete Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 57.345,00 € (29.345,00 € im Dezember 2018, 8.000,00 € im Januar 2019, 16.000,00 € im Februar 2019 und 4.000,00 € im März 2019) berücksichtigte das beklagte Versorgungswerk in Höhe von 41.065,69 € und schlug diesen Betrag dem Beitragsmonat Dezember 2018 zu, für den ein Beitrag von 8.342,74 € festgesetzt wurde. Im Einzelnen wird hinsichtlich der festgesetzten Monatsbeiträge und der jeweils zu Grunde gelegten monatlichen und einmaligen Entgelte auf Bl. 10 der Gerichtsakte verwiesen.
4Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 27. Mai 2019, einem Montag, Klage erhoben. Zur Begründung trägt er - soweit für das letztendlich zur Entscheidung gestellte Klagebegehren noch von Interesse - vor: Sein Einkommen überschreite insgesamt die Beitragsbemessungsgrenze sowohl für die gesetzliche Rentenversicherung als auch für das beklagte Versorgungswerk. Er habe mithin maximal Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder zum Versorgungswerk von insgesamt 14.508,00 € (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zu zahlen. Tatsächlich sei er mit Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und zum beklagten Versorgungswerk in Höhe von zusammengerechnet 19.781,62 € belastet. In seinem Fall müsse die Vorschrift des § 22 Abs. 2 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch - SGB IV - zur Anwendung kommen. Nach dieser Norm gilt:
5„Treffen beitragspflichtige Einnahmen aus mehreren Versicherungsverhältnissen zusammen und übersteigen sie die für das jeweilige Versicherungsverhältnis maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze, so vermindern sie sich zum Zwecke der Beitragsberechnung nach dem Verhältnis ihrer Höhe so zueinander, dass sie zusammen höchstens die Beitragsbemessungsgrenze erreichen. Die beitragspflichtigen Einnahmen aus dem jeweiligen Versicherungsverhältnis sind vor der Verhältnisrechnung nach Satz 1 auf die maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze zu reduzieren. Für die knappschaftliche Rentenversicherung und die allgemeine Rentenversicherung sind die Berechnungen nach Satz 1 getrennt durchzuführen.“
6Der Kläger ist der Auffassung, diese „Deckelung“ und quotale Reduzierung der Beiträge gelte auch für das Zusammentreffen von zwei Beschäftigungsverhältnissen, die der Beitragspflicht zum beklagten Versorgungswerk unterliegen, und auch dann, wenn die Versicherungspflicht in zwei unterschiedlichen Alterssicherungssystemen bestehe. Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 22 Abs. 2 SGB IV sei, ob die Satzung des beklagten Versorgungswerks selbst Vorschriften zur Bestimmung der Beitragsbemessungsgrenze enthalte oder auf die Vorschriften des SGB IV oder anderer Sozialgesetzbücher verweise. Die Regelungen zur Beitragsbemessungsgrenze in der SVR seien lückenhaft. Eine Regelung zur Bestimmung der Beitragsbemessungsgrenze finde sich lediglich in § 30 SVR. Darin werde umfänglich auf die Regelungen zur Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung verwiesen. Als eigenständige Regelungen sähen § 30 Abs. 7 und Abs. 8 SVR die Berücksichtigung von rentenversicherungspflichtigen Einkünften vor. Diese regelten den seiner Situation ganz ähnlichen Fall, dass ein Mitglied Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zusätzlich Beiträge aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit an das Versorgungswerk entrichte. Hierbei seien die Beiträge wie im Fall des § 22 Abs. 2 SGB IV zusammenzurechnen und auf den maximalen Betrag von 14.508,00 € gedeckelt. Es sei in der SVR aber insbesondere nicht der Fall geregelt, dass ein Rechtsanwalt aus zwei Beschäftigungen Beiträge an das beklagte Versorgungswerk abführen müsse. Auch in diesem Fall sei § 22 Abs. 2 SGB IV entsprechend anzuwenden, da die Satzung insoweit keine Regelung treffe. Die Konstellation einer angestellten versorgungswerkpflichtigen Tätigkeit und einer angestellten rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit könne nicht anders behandelt werden. Es handele sich offensichtlich um eine planwidrige Regelungslücke. Der Sinn und Zweck der Beitragsbemessungsgrenze sei es, den Versicherten zwar auf ein Mindestmaß zum Einkommen abzusichern, diese Absicherung aber ab einem bestimmten Betrag zu deckeln. Der Beschäftigte solle, soweit er den maximalen Beitrag aus seinem Gehalt zahle, über den überschießenden Betrag frei verfügen können. Dem laufe es zuwider, wenn aufgrund der beruflichen Situation ein jeder Versorgungsträger für sich bis zur Beitragsbemessungsgrenze Beiträge verlange. Daher sei durch die zahlreichen Verweise auf die Sozialgesetzbücher auch die dort enthaltene Vorschrift des § 22 Abs. 2 SGB IV oder aber seien die Vorschriften des § 30 Abs. 7 und 8 SVR entsprechend anzuwenden und die an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlten Beiträge auf die Beitragsbemessungsgrenze anzurechnen. Dieses Ergebnis müsse auch schon deshalb gelten, weil er - wenn auch nur geringfügige - Einkünfte aus selbstständiger anwaltlicher Tätigkeit habe. Die analoge Anwendung des § 22 Abs. 2 SGB IV werde von der weit überwiegenden Zahl der Versorgungswerke für Rechtsanwälte in anderen Bundesländern praktiziert. Angesichts dessen sei das Vorgehen des beklagten Versorgungswerks willkürlich. Er, der Kläger, habe auch nicht die Wahl, bei teilweiser anwaltlicher Tätigkeit gänzlich in das Versorgungswerk zu wechseln, da eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung für seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter nicht möglich sei. Durch die Nichtberücksichtigung der an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlten Beiträge werde er gegenüber anderen Mehrfachbeschäftigten, welche zwei Beschäftigungsverhältnissen bei dem gleichen Versorgungsträger nachgehen, ungleich behandelt. Ein rentenversicherungspflichtiger und nebenbei selbstständiger Rechtsanwalt könne sich alle gezahlten Beiträge an die Rentenversicherung anrechnen lassen. Sofern der Rechtsanwalt aber bei gleichem Verdienst angestellt sei, müsse er die Beiträge zweimal abführen. Für diese Ungleichbehandlung gebe es keinen nachvollziehbaren Grund, sodass eine Verletzung von Art. 3 GG und Art. 14 GG vorliege.
7Der Kläger hat zunächst sinngemäß beantragt, den Beitragsbescheid des beklagten Versorgungswerks vom 24. April 2019 aufzuheben und die Beiträge für das Jahr 2018 unter Berücksichtigung seiner an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlten Beiträge neu zu berechnen.
8Nach gerichtlichem Hinweis, dass der Klageantrag in dieser Form nicht hinreichend bestimmt sein dürfte, hat der Kläger diesen dahingehend konkretisiert, dass er beantragt,
9den Beitragsbescheid des beklagten Versorgungswerks vom 24. April 2019 in entsprechender Anwendung des § 22 Abs. 2 SGB IV insoweit aufzuheben, als er den Betrag von 10.172,82 € übersteigt.
10Mit Schriftsatz vom 8. März 2023 hat der Kläger erklärt, seinen Klagantrag dahingehend „anzupassen“, dass er beantragt, den Beitragsbescheid des beklagten Versorgungswerks vom 24. April 2019 in entsprechender Anwendung des § 22 Abs. 2 SGB IV insoweit aufzuheben, als er den Betrag von 10.640,29 € übersteigt.
11Der Kläger hatte zwischenzeitlich zudem geltend gemacht, er habe mit seiner anwaltlichen Tätigkeit im Jahre 2018 einen Verdienst von nur 66.672,37 € erzielt, und daraufhin zusätzlich „hilfsweise“ beantragt, die Beiträge für das Jahr 2018 auf Grundlage dieses Verdienstes neu zu berechnen. Nach Rücksprache mit der L. M1. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH hat der Kläger erklärt, dass sein Einkommen aus anwaltlicher Tätigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich die Beitragsbemessungsgrenze erreicht habe und er an dem „Hilfsantrag“ nicht mehr festhalte.
12Das beklagte Versorgungswerk beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Der Kläger habe im Kalenderjahr 2018 mit seiner anwaltlichen Tätigkeit ein Entgelt von zumindest 78.000,00 € und damit in Höhe der insoweit relevanten Beitragsbemessungsgrenze erzielt. Er müsse daher gemäß § 30 Abs. 6 SVR zur Aufrechterhaltung der Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zumindest den Beitrag entrichten, der ohne die Befreiung an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu entrichten wäre. Anderenfalls stehe der Widerruf der Befreiung im Raum. Eine Verpflichtung, dass kein weitergehender Beitrag erhoben werde, sei der Satzung gerade nicht zu entnehmen, wie die Wendung „mindestens“ belege. Auch wenn im Rahmen eines nicht befreiten Beschäftigungsverhältnisses der Höchstbeitrag an die Deutsche Rentenversicherung Bund entrichtet werden müsse, müsse grundsätzlich auch der sich aus § 30 Abs. 3 SVR ergebende Mindestbeitrag bei einer zusätzlichen selbstständigen oder nicht selbstständigen Tätigkeit entrichtet werden. Bei einem Arbeitsentgelt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze belaufe sich die Jahresbeitragspflicht auf 14.508,00 €. Damit korrespondiere der streitgegenständliche Bescheid. Unabhängig davon scheide eine Anwendung des § 22 Abs. 2 SGB IV aus, da es sich bei berufsständischen Versorgungswerken nicht um Leistungsträger im Sinne der §§ 12, 18 bis 29 SGB I handele. Berufsständische Versorgungsträger seien daher den Regelungen der Sozialgesetzbücher nicht unterworfen. Eine analoge Anwendung des § 22 Abs. 2 SGB IV scheide mangels planwidriger Regelungslücke aus. Eine ungewollte Regelungslücke liege nicht vor, da § 30 Abs. 6 SVR zu entnehmen sei, dass zumindest der Beitrag entrichtet werden müsse, der zur Deutschen Rentenversicherung ohne die Befreiung entrichtet werden müsste und die Deutsche Rentenversicherung darüber hinaus ihrerseits § 22 Abs. 2 SGB IV auch nicht mit Blick auf die beim Beklagten bestehende Beitragspflicht anwende. Eine Gleichbehandlung mit den Mitgliedern der Versorgungswerke der Rechtsanwälte anderer Bundesländer könne der Kläger nicht verlangen, weil den Regelungen in anderen Bundesländern zum in Rede stehenden kammergeführten Beruf keine Vorgreiflichkeit zukomme. Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei ausschließlich im eigenen Rechtsetzungsbereich zur Beachtung des Gleichheitssatzes verpflichtet. Normsetzungsentscheidungen anderer Versorgungswerke seien insoweit weder richtungsweisend noch vorgreiflich und verpflichteten nicht zu einer entsprechenden, ggf. auch nur analogen Behandlung.
15Mit Beschluss vom 26. Februar 2020 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des beklagten Versorgungswerks.
17Entscheidungsgründe:
18A. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung, nachdem sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben, §§ 101 Abs. 2 VwGO.
19B. Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist das klägerische Begehren in der Gestalt, die es mit dem klägerischen Schriftsatz vom 1. Februar 2023 erhalten hat. Wird ohne mündliche Verhandlung entschieden, ist das zuletzt formulierte Begehren maßgebend.
20Vgl. Bamberger, in: Wysk, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Auflage 2020, § 82 VwGO, Rn. 6.
21Der Kläger hat sein Klagebegehren mit Schriftsatz vom 1. Februar 2023 in zulässiger Weise konkretisiert, ohne dass darin eine an § 91 VwGO zu messende Klageänderung liegt. Zwar muss bereits die Klageschrift den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und soll einen bestimmten Antrag enthalten (§ 82 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO). Ist das Begehren unklar, kann der Kläger dieses aber jederzeit konkretisieren oder klarstellen und z. B. nicht sachdienliche Anträge berichtigen. Darin liegt in der Regel bei unverändertem Klagegrund keine Klageänderung. Dies gilt auch dann, wenn der zunächst angekündigte Antrag bei gleichbleibendem Klageziel umformuliert wird. Der Kläger muss nach § 82 Abs. 1 S. 1 VwGO bei Klageerhebung noch keinen bestimmten Antrag stellen und das Gericht hat das klägerische Begehren auszulegen sowie auf die Stellung eines sachdienlichen Antrages hinzuwirken (§ 86 Abs. 3 VwGO). Hierbei ist insbesondere Art. 19 Abs. 4 GG zu beachten.
22Vgl. Riese, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand: August 2022, § 91 VwGO, Rn. 10 f.; Porz, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht 5. Auflage 2021, § 91 VwGO, Rn. 4.
23Die eindeutige Bezifferung des Umfanges einer - hier vorliegenden - Teilanfechtungsklage kann daher auch noch nach Ablauf der Klagefrist vorgenommen werden.
24Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 30. September 2004 – 12 LC 201/04 –, juris, Rn. 34.
25Die vom Gericht angeregte Umformulierung und Konkretisierung des Klageantrags trägt dem Umstand Rechnung, dass der Klageantrag zunächst nicht hinreichend bestimmt war, da der Kläger nicht beziffert hatte, in welchem Umfang er die festgesetzten Beiträge für rechtswidrig hält. Dem Kriterium der hinreichenden Bestimmtheit des Klageantrags kommt gerade bei Teilanfechtungsklagen besondere Bedeutung zu, weil der nicht angefochtene Teil genau zu bestimmen sein muss, da er in Bestandskraft erwächst.
26Vgl. VG Göttingen, Urteil vom 28. April 2004 – 2 A 271/03 –, juris, Rn. 19.
27Wegen § 113 Abs. 2 VwGO kann der Antrag bezüglich einen Geldbetrag festsetzenden Verwaltungsakten zwar auch lauten, den Bescheid so abzuändern, dass der festgesetzte Betrag durch einen vom Gericht (§ 113 Abs. 2 Satz 1 VwGO) oder vom Beklagten (§ 113 Abs. 2 Satz 2 VwGO) nach Maßgabe der Klagebegründung neu zu berechnenden Betrag ersetzt wird.
28Vgl. Peters, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand: 1. Juli 2022, § 82 VwGO, Rn. 9.
29Allerdings muss sich auch hier der Klagebegründung entnehmen lassen, in welchem Umfang der Kläger gegen den angegriffenen Verwaltungsakt vorgeht.
30Vgl. Riese, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand: August 2022, § 113 VwGO, Rn. 160.
31Dies hätte hier aber vorausgesetzt, dass der Kläger sich auf eine konkrete Rechtsgrundlage festgelegt hätte, nach der sich die begehrte Berücksichtigung seiner Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung richten soll, um dem Gericht die eindeutige Bestimmung des angegriffenen Teils der Beitragsfestsetzung zu ermöglichen. Der Kläger hat aber sowohl eine analoge Anwendung des § 22 Abs. 2 SGB IV, als auch eine analoge Anwendung des § 30 Abs. 7 und 8 SVR in den Raum gestellt. Die Berechnungsmodalitäten dieser Vorschriften sind indes nicht identisch und führen bei Berücksichtigung der an die gesetzliche Rentenversicherung entrichteten Beiträge zu unterschiedlichen Beitragshöhen. Daraus lässt sich nicht zweifelsfrei entnehmen, in welchem Umfang der Kläger den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig bzw. welche Berechnungsweise er für gesetzmäßig erachtet. Es genügt für die hinreichende Bestimmtheit eines Klageantrags nicht, dem Gericht ohne Bezifferung oder sonstige nähere Konkretisierung des Klagebegehrens die Prüfung zu überlassen, ob und in welchem Umfang ein Verwaltungsakt rechtswidrig ist und eine Aufhebung bzw. Neufestsetzung in eben diesem Umfang zu verlangen.
32C. Das sonach zur Entscheidung gestellte Teilanfechtungsbegehren ist unter Berücksichtigung des erkennbaren Rechtsschutzziels des Klägers dahingehend auszulegen, dass er die Aufhebung des streitgegenständlichen Beitragsbescheids insoweit begehrt, als die darin festgesetzten Monatsbeiträge jeweils den Betrag übersteigen, der sich aus der Beitragsbemessung unter Anwendung des § 22 Abs. 2 SGB IV ergäbe. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 33 Abs. 1 der SVR vom 16. Juli 1985, JMBl. NRW S. 172, in der im Beitragsjahr geltenden Fassung der 29. Satzungsänderung gemäß der Bekanntmachung vom Juli 2017, JMBl. NW S. 199 bzw. der 30. Satzungsänderung gemäß der Bekanntmachung vom 15. Januar 2018, JMBl. NW S. 15, die Beiträge als Monatsbeiträge ausgestaltet sind. Maßgebend für die Berechnung des Beitrages nach § 30 Absatz 2 Satz 1 SVR ist beim Arbeitsentgelt nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 SVR der jeweilige Beitragszeitraum. Der streitgegenständliche Beitragsbescheid ist daher kein einheitlicher Verwaltungsakt, mit dem ein insgesamt zu zahlender Jahresbeitrag verbindlich festgesetzt wird. Die angegebenen monatlich zu zahlenden Beiträge sind nicht bloße Rechengrößen für die Berechnung eines Jahresbeitrags, sondern zwölf eigenständige Verwaltungsakte, mit denen jeweils ein Monatsbeitrag festgesetzt werden.
33So im Ergebnis etwa VG Köln, Urteil vom 17. April 2018 – 7 K 1072/16 –, juris.
34Die Auslegung des Klageantrags als gegen die Festsetzung der Monatsbeiträge gerichtetes Teilanfechtungsbegehren ist vom Rechtsschutzziel des Klägers, seine Beitragsbelastung für das Jahr 2018 auf maximal 10.172,82 € zu begrenzen, noch umfasst und geeignet, dieses Klageziel vollumfänglich zu erreichen. Schließlich hat auch der Kläger in seinem ursprünglichen Klageantrag noch die Neuberechnung der Beiträge für das Jahr 2018 - und nicht explizit des Jahresbeitrags - beantragt. Zugleich hat der Kläger damit den Rahmen der richterlichen Entscheidungsbefugnis (§ 88 VwGO) dahingehend absteckt, dass er eine Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids nur insoweit begehrt, als die festgesetzten Beiträge von 14.508,00 € insgesamt den Betrag von 10.172,82 € übersteigen.
35D. Soweit der Kläger seinen Antrag mit Schriftsatz vom 8. März 2023 dahingehend „angepasst“ hat, dass er nunmehr beantrage, den streitgegenständlichen Bescheid insoweit aufzuheben, als er einen Betrag von 10.640,29 € übersteigt, ist darin eine an § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 263, 264 Nr. 2 ZPO zu messende Klageerweiterung zu sehen, weil der Kläger damit den Umfang seines Teilanfechtungsbegehrens betragsmäßig erhöhen will. Die Klageerweiterung ist indes unzulässig. Denn soweit die im Bescheid vom 24. April 2019 festgesetzten Beiträge nicht innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO angegriffen worden sind, sind diese Festsetzungen bestandskräftig geworden.
36Streitgegenständlich geworden ist hier nur das Begehren, den Bescheid vom 24. April 2019 insoweit aufzuheben, als die darin festgesetzten Beiträge (insgesamt) einen Betrag von 10.172,82 € übersteigen. Zwar war auch dieser Antrag nicht innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO formuliert worden; indes war es dem Kläger - wie oben ausgeführt - auch nach Ablauf der Klagefrist unbenommen, seinen klärungsbedürftigen Antrag zu konkretisieren.
37Der Gegenstand der erhobenen Teilanfechtungsklage unterlag aber dann keinen Zweifeln mehr, als der Kläger mit Schriftsatz vom 1. Februar 2023 den angefochtenen Teil des Bescheids vom 24. April 2019 in eindeutiger Weise auf den die Summe von 10.172,82 € übersteigenden Betrag beziffert hat.
38Damit war das Begehren des Klägers verbindlich eingegrenzt worden mit der Folge, dass danach vorgenommene Änderungen des Streitgegenstandes nach Rechtshängigkeit nur unter den Voraussetzungen der §§ 91 und 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 ZPO in Betracht kamen.
39Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2009 – 1 A 2652/07 –, Rn. 41;
40Die Klageerweiterung im Schriftsatz vom 8. März 2023 stellt eine solche Änderung des Streitgegenstandes dar, weil sie sich nicht mehr im Rahmen des sonach bestimmten Klageziels hält.
41Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 3. November 2020 – 1 S 581/18 –, juris, Rn. 39.
42Sowohl bei einer Klageänderung (§ 91 VwGO) als auch bei einer Klageerweiterung (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO) müssen die Sachurteilsvoraussetzungen auch hinsichtlich des erweiterten Teils der Klage vorliegen und von Amts wegen geprüft werden. Dies gilt insbesondere für die Einhaltung der Klagefrist des § 74 VwGO.
43Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2010 – 8 B 125/09 –, juris, Rn. 19, m.w.N.
44Die Klageerweiterung erfolgte jedoch außerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO. In Höhe der Differenz zwischen dem im Bescheid vom 24. April 2019 festgesetzten Beiträgen in Höhe von 14.508,00 € und dem vom Kläger mit Schriftsatz vom 1. Februar 2023 bezifferten Anfechtungsteil von 10.172,82 € ist der Bescheid mithin bestandskräftig geworden.
45Der Bescheid vom 24. April 2019 ist hinsichtlich der darin festsetzten Beiträge auch ohne weiteres einer Teilbestandskraft fähig.
46Vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2010 – 8 B 125/09 –, juris, Rn. 16.
47Die nach Ablauf der Klagefrist eingetretene Unanfechtbarkeit kann nicht nachträglich durch eine spätere Erweiterung des Klagebegehrens wieder beseitigt werden.
48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2010 – 8 B 125/09 –, juris, Rn. 17.
49E. Schließlich ist in der Erklärung des Klägers, an seinem „Hilfsantrag“ nicht mehr festzuhalten, keine teilweise Klagerücknahme nach § 92 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu sehen, sodass das Verfahren insoweit auch nicht nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen war. Der mit Schriftsatz vom 26. Juli 2019 formulierte „Hilfsantrag“ stellt sich tatsächlich als angekündigte Klageerweiterung dar. Der Kläger hätte damit nicht etwa ein zusätzliches Begehren hilfsweise zur Entscheidung des Gerichts gestellt, sondern sein im Hauptantrag in seiner ursprünglichen Fassung enthaltenes Begehren erweitert. Der Kläger hatte zunächst nur die Neuberechnung seiner Beiträge unter Berücksichtigung seiner an die gesetzliche Rentenversicherung entrichteten Beiträge verlangt; dieses Begehren wäre durch den „Hilfsantrag“ insofern erweitert worden, als der Kläger damit zusätzlich die herangezogene Beitragsbemessungsgrundlage als zu hoch beanstandet und mithin eine nochmals verminderte Beitragsfestsetzung erstrebt hätte. Das Fallenlassen der angekündigten Klageerweiterung stellt weder eine Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO, noch eine teilweise Klagerücknahme nach § 92 Abs. 1 Satz 1 VwGO Vielmehr ist lediglich die angekündigte Klageerweiterung unterblieben.
50Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 – 10 BV 09.2259 –, juris, Rn. 43 f.; Brüning, in: BeckOK VwGO, Stand: 1. Juli 2022, § 103 VwGO, Rn. 13.
51F. Im demnach rechtshängigen Umfang ist die Klage zulässig und begründet.
52Der Beitragsbescheid vom 24. April 2019 ist jedenfalls im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
53Als Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung kommt nur § 30 der SVR vom 16. Juli 1985, JMBl. NRW S. 172 in der im Beitragsjahr geltenden Fassung der 29. Satzungsänderung gemäß der Bekanntmachung vom Juli 2017, JMBl. NW S. 199 bzw. der 30. Satzungsänderung gemäß der Bekanntmachung vom 15. Januar 2018, JMBl. NW S. 15) in Verbindung mit § 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung Nordrhein-Westfalen in Betracht.
54Nach Maßgabe dieser Bestimmungen hat das beklagte Versorgungswerk die von dem Kläger zu zahlenden Beiträge für Dezember 2018 im streitgegenständlichen Bescheid rechtsfehlerhaft zu hoch festgesetzt.
55Grundsätzlich zahlen Mitglieder des beklagten Versorgungswerks gem. § 30 Abs. 1 SVR den Regelpflichtbeitrag, welcher dem Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Mitglieder, deren Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht, zahlen den Beitrag gem. § 30 Abs. 2 SVR nach ihrem Einkommen gemäß dem Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn sie entsprechende Einkommensnachweise gem. § 30 Abs. 4 SVR erbringen. Einkommen im Sinne der Satzung ist nach § 30 Abs. 2 SVR, der auf die sozialversicherungsrechtlichen Legaldefinitionen der §§ 14, 15 SGB IV verweist, das aus selbständiger Tätigkeit erzielte "Arbeitseinkommen" und das im Rahmen abhängiger Beschäftigung eingenommene "Arbeitsentgelt". Gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 SVR zahlen Mitglieder, deren Einkommen (Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt i.S.d. §§ 14, 15 SGB IV) die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht, den Beitrag nach ihrem Einkommen gemäß dem Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung, sofern die Vertreterversammlung nicht einen anderen Beitragssatz festsetzt. Nach § 30 Abs. 3 SVR gilt, dass unabhängig von § 30 Abs. 2 SVR jedes Mitglied, welches die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht hat und nicht Rente bezieht, einen Beitrag in Höhe von 1/10 des Regelpflichtbeitrages zu leisten hat (Mindestbeitrag). Beim Arbeitseinkommen ist für die Beitragsberechnung grundsätzlich das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres zugrunde zu legen und anhand des Einkommensteuerbescheids nachzuweisen (§ 30 Abs. 4 Nrn. 1, 4 a) SVR). Für das Arbeitsentgelt wird der jeweilige Beitragszeitraum herangezogen; ein Nachweis erfolgt durch eine Arbeitgeberbescheinigung (§ 30 Abs. 4 Nrn. 1, 4 b) SVR).
56In der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ist geklärt, dass mit der Anknüpfung des § 30 Abs. 2 SVR an die Begriffe des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 SGB IV und des Arbeitseinkommens im Sinne von § 15 SGB IV sämtliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitsentgelt) oder aus freiberuflicher oder selbständiger Tätigkeit (Arbeitseinkommen) in die Bemessungsgrundlage eingehen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten als anwaltstypisch einzustufen sind.
57Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 2. März 2011 – 17 B 1505/10 –, juris, Rn. 4, m.w.N.
58Das beklagte Versorgungswerk hat den Beitragsfestsetzungen für das Jahr 2018 die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 159, 160 SGB VI) von 6.500 € monatlich und 78.000 € jährlich zu Grunde gelegt, vgl. § 160 Nr. 2 SGB VI i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2018 vom 16. November 2017 (BGBl. I S. 3778).
59Dies erweist sich als rechtsfehlerhaft und führt für den Dezember 2018 zu einer rechtswidrig zu hohen Beitragsfestsetzung. Denn auf Mitglieder, die - wie der Kläger - als abhängig Beschäftigte Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichten und zudem mindestens einer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI befreiten Beschäftigung nachgehen, ist die Vorschrift des § 30 Abs. 7 SVR analog anzuwenden. Daraus ergibt sich für den Kläger, dass für die Bemessung seiner Monatsbeiträge im Beitragsjahr 2018 nur sein Einkommen aus seiner angestellten anwaltlichen Tätigkeit bei der L. M1. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH heranzuziehen ist, und zwar nur in dem Umfang, in dem es zusammen mit seinem übrigen Einkommen aus seiner Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität C. nicht die Beitragsbemessungsgrenze des § 159 SGB VI übersteigt.
60§ 30 Abs. 7 SVR bestimmt, dass Mitglieder, die als abhängig Beschäftigte Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichten, nur für die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit Pflichtbeiträge zum Versorgungswerk leisten müssen, die zusammen mit dem Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze nach § 159 SGB VI nicht übersteigen, wobei § 30 Abs. 3 SVR unberührt bleibt.
61Diese Vorschrift findet analoge Anwendung auf Mitglieder, die - wie der Kläger - als abhängig Beschäftigte Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichten und zugleich Einkommen aus mindestens einer weiteren, nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreiten, abhängigen Beschäftigung erzielen, auf das Beiträge zum beklagten Versorgungswerk erhoben werden. Solche Mitglieder müssen nur auf das Arbeitsentgelt aus den nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragspflichtigen Tätigkeiten Pflichtbeiträge zum beklagten Versorgungswerk leisten, und zwar nur insoweit, als es zusammen mit dem Arbeitsentgelt aus der nicht befreiten Tätigkeit die Beitragsbemessungsgrenze nach § 159 SGB VI nicht übersteigt. Auch insoweit gilt die Beitragsuntergrenze des § 30 Abs. 3 SVR.
62Die Voraussetzungen für eine Analogie – eine planwidrige Regelungslücke sowie eine vergleichbare Interessenlage – sind erfüllt. Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein (planwidrige Regelungslücke). Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (vergleichbare Interessenslage).
63Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. April 2015 – 2 C 35.13 –, juris, Rn. 23, m.w.N.; zur Anwendung dieser Grundsätze auf Satzungen etwa OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. Januar 2010 – 4 L 64/09 –, juris, Rn. 10 ff.
64Die für eine für eine analoge Anwendung des § 30 Abs. 7 SVR notwendige Regelungslücke liegt vor. Die Satzung des beklagten Versorgungswerks regelt nicht die Auswirkungen auf die Beitragspflicht für den Fall, dass Mitglieder in mehreren abhängigen Beschäftigungsverhältnissen stehen, aber nicht für sämtliche Beschäftigungsverhältnisse nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind.
65Dieser Fall wird nicht vom unmittelbaren Anwendungsbereich des § 30 Abs. 7 SVR erfasst. Nach ihrem Wortlaut regelt diese Satzungsbestimmung allein das Zusammentreffen einer abhängigen Beschäftigung, für die - mangels Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI - Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet werden, mit einer selbstständigen Tätigkeit. Ein darüber hinausgehender Anwendungsbereich kann der Norm auch sonst nicht im Wege der Auslegung entnommen werden.
66Für die Auslegung einer Satzungsregelung ist der in der Norm zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Satzungsgebers maßgeblich, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Die Grenze der Auslegung ist erreicht, wenn sich ein Sachverhalt nicht mehr unter den Wortlaut einer Norm subsumieren lässt.
67Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 16. März 2016 – 20 K 1928/15 –, juris, Rn. 31.
68Die Regelung des § 30 Abs. 7 SVR kann in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich nicht dahingehend verstanden werden, dass eine Beschränkung der Beitragspflicht auf etwaige Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (Arbeitseinkommen) nur besteht, soweit das Mitglied aus einer abhängigen Beschäftigung Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet; das übrige Arbeitsentgelt aus abhängiger, aber nicht befreiter Beschäftigung also weiterhin - neben dem Arbeitseinkommen - nach § 30 Abs. 1 SVR in die Beitragsbemessung bei dem beklagten Versorgungswerk eingehen soll. Dieser Auslegung steht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen; sie ist vom möglichen Wortsinn als äußerster Grenze der Auslegung nicht gedeckt.
69Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28. September 2017 – 5 C 10.16 –, juris, Rn. 9; BVerwG, Urteil vom 27. März 2014 – 2 C 2.13 –, juris, Rn. 15; BGH, Entscheidung vom 30. Juni 1966 – KZR 5/65 –, BGHZ 46, 74-87, juris, Rn. 13; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Juli 1980 – IV 1189/78 –, juris, Rn. 15; Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Auflage 2006, S. 61.
70Eine Auslegung des § 30 Abs. 7 SVR dahingehend, dass Pflichtbeiträge zum beklagten Versorgungswerk (nur noch) für Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zu leisten sind, sobald auch nur für eine von mehreren daneben ausgeübten abhängigen Beschäftigungen Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet werden, wäre offenkundig zu weitgehend und würde dem objektivierten Willen des Satzungsgebers zuwiderlaufen. Denn bei diesem Normverständnis unterläge das Mitglied mit dem Einkommen aus jeder weiteren abhängigen Beschäftigung, für die eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vorliegt, weder in der gesetzlichen Rentenversicherung, noch im beklagten Versorgungswerk der Beitragspflicht; das Einkommen aus dieser Tätigkeit würden in keinem der beiden Alterssicherungssysteme verbeitragt. Der Sinn und Zweck des § 30 Abs. 7 SVR besteht indes nur darin, das betreffende Mitglied durch die Begrenzung der Beitragsbemessungsgrundlage auf Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit vor einer doppelten Verbeitragung desjenigen Einkommens, auf das bereits Beiträge zur gesetzlichen Versicherung erhoben werden, zu bewahren und zugleich versorgungswerkseitig sicherzustellen, dass die Mitglieder in beiden Alterssicherungssystemen insgesamt nicht über Beitragsbemessungsgrenze des § 159 SGB VI hinaus herangezogen werden. Dadurch wird dem an berufsständische Versorgungswerke mit Zwangsmitgliedschaft gerichteten Gebot, auf die wirtschaftliche Belastbarkeit der Mitglieder Rücksicht zu nehmen und eine unzumutbare Überversorgung zu vermeiden
71- vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 30. August 1996 – 1 B 29.96 –, juris, Rn. 7, und vom 23. März 2000 – 1 B 15.00 –, juris, Rn. 10 -,
72Rechnung getragen.
73Vgl. LSG NRW, Urteil vom 19. März 2004 – L 4 RA 12/03 –, juris, Rn. 42.
74Mithin stellt § 30 Abs. 7 SVR - soweit es um die Begrenzung der Beitragsbemessung auf Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit geht - das Pendant zu der Vorschrift des § 6 Abs.1 S.1 Nr.1 SGB VI dar. Mit der einem Mitglied der berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI eingeräumten Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht koordiniert das SGB VI die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Koordinationsregelung soll den Berufsangehörigen die Verpflichtung nehmen, Beiträge zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen zahlen zu müssen
75- vgl. LSG NRW, Urteil vom 19. März 2004 – L 4 RA 12/03 –, juris, Rn. 28, m.w.N. -
76und eine ungewollte Doppelversorgung vermeiden.
77Vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Januar 2020 – L 11 BA 1596/19 –, juris, Rn. 56.
78§ 30 Abs. 7 SVR bildet hierzu die zur Vermeidung einer doppelten Verbeitragung erforderliche Komplementärregelung für den Fall, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI nicht vorliegen oder auf eine solche verzichtet wird.
79Gleichzeitig gewährleistet § 30 Abs. 7 SVR, dass die Mitglieder des beklagten Versorgungswerks insgesamt nicht über die Beitragsbemessungsgrenze des § 159 SGB VI hinaus mit ihrem Einkommen herangezogen werden. Die Satzungsbestimmung ist insofern notwendig, als die Regelung des § 22 Abs. 2 SGB IV, wonach bei Vorliegen mehrerer Versicherungspflichtverhältnisse (z.B. selbstständige Tätigkeit nach § 2 Satz 1 SGB VI und abhängige Beschäftigung) die Arbeitsentgelte bzw. Arbeitseinkommen zusammenzurechnen und daraus nach Maßgabe des § 22 Abs. 2 SGB IV insgesamt Beiträge bis zur Bemessungsgrenze zu entrichten sind, entgegen der Auffassung des Klägers nicht (analog) auf die vorliegende Konstellation der doppelten Versicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung auf der einen Seite und die berufsständische Versorgung auf der anderen Seite anzuwenden ist.
80Vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Januar 2020 – L 11 BA 1596/19 –, juris, Rn. 56.
81Soweit der Kläger vorträgt, dass die Versorgungswerke der Rechtsanwälte anderer Bundesländer die Regelung des § 22 Abs. 2 SGB IV analog anwenden würden, folgt daraus nichts anderes. Eine Gleichbehandlung der Mitglieder des beklagten Versorgungswerks nach Art. 3 Abs. 1 GG mit den Mitgliedern der Versorgungswerke der Rechtsanwälte anderer Bundesländer ist bereits deshalb nicht geboten, weil der Gleichheitssatz den Satzungsgeber nur in seinem jeweiligen Kompetenzbereich bindet.
82Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2002 – 6 C 9.01 –, juris, Rn. 29; OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2003 – 4 A 4643/02 –, n.V., S. 5 des Beschlussabdrucks.
83Dass das beklagte Versorgungswerk mit der Begrenzung der Beitragspflicht auf Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zum Versorgungswerk bei Zahlung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung in § 30 Abs. 7 SVR darüber hinaus die vollständige Beitragsfreiheit - und damit ggf. auch eine Versorgungslücke im Ruhestand - hinsichtlich solcher weiterer Einkommen aus Beschäftigungsverhältnissen, für die eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vorliegt und für die daher auch keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden, in Kauf nehmen wollte, kann nicht angenommen werden; dies ließe sich mit der nach der Satzung des beklagten Versorgungswerks bezweckten Vollversorgung schlechthin nicht in Einklang bringen. Für diese ist es erforderlich, grundsätzlich alle Einnahmen aus Tätigkeiten und Beschäftigungen des Mitglieds zur Grundlage der Beitragsbemessung und damit des Umfangs der Rentenanwartschaft zu machen, um über den späteren Rentenbezug den sozialen und wirtschaftlichen Status des Mitglieds zu gewährleisten.
84Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Juni 2010 – 17 A 1997/08 –, juris, Rn. 38.
85Mit Blick auf dieses Ansinnen des Satzungsgebers rechtfertigt sich die Ausnahmeregelung des § 30 Abs. 7 SVR nur dann, wenn das nach dieser Vorschrift aus der Beitragsbemessungsgrundlage herausfallende Arbeitsentgelt anderweitig - nämlich in der gesetzlichen Rentenversicherung - verbeitragt wird und dort zu höheren Anwartschaften führt.
86Eine vergleichbare Interessenlage ist im entscheidenden Punkt gegeben. Der zu beurteilende Sachverhalt ist mit dem vom Satzungsgeber in § 30 Abs. 7 SVR geregelten Tatbestand im Hinblick auf die Interessensituation so vergleichbar, dass die Erstreckung der in § 30 Abs. 7 SVR vorgesehenen Rechtsfolge in Anbetracht des Regelungszwecks und -plans des Satzungsgebers geboten erscheint. Denn der dargestellte Normzweck – die Vermeidung doppelter Verbeitragung von Einkommen sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung als auch bei dem beklagten Versorgungswerk und die Einhaltung der Beitragsbemessungsgrenze des § 159 SGB VI unter Berücksichtigung sämtlichen Einkommens – ist unabhängig davon einschlägig, ob das erzielte Einkommen aus abhängiger Beschäftigung oder selbstständiger Tätigkeit herrührt. Es ist daher anzunehmen, dass der Normgeber die hier vorliegende Konstellation bei konsequenter Verwirklichung des Normzwecks des § 30 Abs. 7 SVR in diese Vorschrift einbezogen bzw. hierfür eine entsprechende Regelung geschaffen hätte, wenn er die insoweit entstandene Regelungslücke bedacht hätte.
87Dies ist zugleich ein starkes Indiz für die Planwidrigkeit der Regelungslücke, das nicht durch gegenteilige Anhaltspunkte widerlegt ist. Der Satzungsgeber hatte bei der Formulierung des § 30 Abs. 7 SVR offenbar nur das Zusammentreffen eines einzigen rentenversicherungspflichtigen Angestelltenverhältnisses mit einer gleichzeitigen selbstständigen Tätigkeit, nicht aber den - wohl ungleich selteneren Fall - mehrerer abhängiger Beschäftigungen seiner Mitglieder vor Augen.
88Daraus kann indes nicht auf eine bewusste Entscheidung des Satzungsgebers geschlossen werden, den Wortlaut des § 30 Abs. 7 SVR so zu fassen, dass die hier zu beurteilende Situation von Einkommen sowohl aus rentenversicherungspflichtigen als auch aus befreiten abhängigen Beschäftigungen gänzlich ungeregelt bleibt.
89Die nach alledem vorzunehmende Analogie zu dem Tatbestand des § 30 Abs. 7 SVR zwingt dazu, auch die Rechtsfolge der Norm an die durch den modifizierten Tatbestand erfasste Situation wie oben beschrieben anzupassen.
90Vgl. zur Zulässigkeit und Notwendigkeit einer solchen analogiebedingten Anpassung der Rechtsfolge: Regenfus, JA 2009, 579, 581; Häublein, WuM 2010, 391, 394, m.w.N.; implizit auch OLG München, Beschluss vom 6. September 2005 – 32 Wx 83/05 –, juris.
91Somit darf die Veranlagung des Klägers für die Monate Januar bis Dezember 2018 in analoger Anwendung des § 30 Abs. 7 SVR nur an das Arbeitseinkommen des Klägers aus seiner angestellten anwaltlichen Tätigkeit bei der L. M1. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH jeweils in dem Umfang anknüpfen, in dem dieses Einkommen zusammen mit dem von dem Kläger in dem jeweiligen Monat mit seiner Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität C. erzielten Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze des § 159 SGB VI nicht übersteigt. Die monatlichen Beiträge zum beklagten Versorgungswerk sind daher auf die Differenz zwischen der für 2018 maßgeblichen monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 6.500 € und dem monatlichen Arbeitsentgelt für seine Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter gedeckelt; dies ist die - sich aus der analogen Anwendung von § 30 Abs. 7 SVR und nicht aus § 22 Abs. 2 SGB IV (analog) ergebende „effektive monatliche Beitragsbemessungsgrenze“ für den Kläger.
92Das beklagte Versorgungswerk wendet bei der Ermittlung Beitragsbemessungsgrundlage zudem offensichtlich § 23a Abs. 1 bis 4 SGB IV an. Nach § 23a Abs. 1 Satz 3 SGB IV ist einmalig gezahltes Arbeitsentgelt dem Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem es gezahlt wird, soweit die Absätze 2 und 4 nichts Abweichendes bestimmen. Nach § 23a Abs. 3 SGB IV ist das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt bei der Feststellung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts für Beschäftigte zu berücksichtigen, soweit das bisher gezahlte beitragspflichtige Arbeitsentgelt die anteilige Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht. Die anteilige Beitragsbemessungsgrenze ist der Teil der Beitragsbemessungsgrenze, der der Dauer aller Beschäftigungsverhältnisse bei demselben Arbeitgeber im laufenden Kalenderjahr bis zum Ablauf des Entgeltabrechnungszeitraumes entspricht, dem einmalig gezahlten Arbeitsentgelt zuzuordnen ist; auszunehmen sind Zeiten, die nicht mit Beiträgen aus laufendem Arbeitsentgelt belegt sind.
93Der maßgebenden anteiligen Jahresbeitragsbemessungsgrenze ist das beitragspflichtige Arbeitsentgelt bei demselben Arbeitgeber und desselben Beschäftigungszeitraumes (ohne die zu beurteilende Einmalzahlung) gegenüber zu stellen; auch bereits früher gezahlte und nach Abs. 3 beitragspflichtige Einmalzahlungen sind dabei zu berücksichtigen. Wird die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze dadurch nicht überschritten, so ist die Einmalzahlung insoweit beitragspflichtig, als sie zusammen mit den beitragspflichtigen Arbeitsentgelten die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze nicht überschreitet. Ggf. unterliegt die Einmalzahlung damit nicht in voller Höhe (sondern nur in Höhe des Differenzbetrages) der Beitragspflicht. Erreichen die beitragspflichtigen Gesamtarbeitsentgelte bereits die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze, so sind aus der Einmalzahlung keine Sozialversicherungsbeiträge mehr abzuführen.
94Vgl. Nieder, in: Kreikebohm/Dünn, SGB IV, 4. Aufl. 2022, § 23a SGB IV Rn. 8.
95Nach § 23a Abs. 4 SGB IV (sog. Märzklausel) ist das in der Zeit vom 1. Januar bis 31. März einmalig gezahlte Arbeitsentgelt ausnahmsweise nicht dem Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem es gezahlt wurde, sondern dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum des vergangenen Kalenderjahres, wenn es vom Arbeitgeber dieses Entgeltabrechnungszeitraumes gezahlt wird und zusammen mit dem sonstigen für das laufende Kalenderjahr festgestellten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt die anteilige Beitragsbemessungsgrenze übersteigt. Ist diese Voraussetzung erfüllt, ist der Gesamtbetrag – und nicht nur der die anteilige BBG überschreitende Betrag – dem Vorjahr zuzuordnen.
96Vgl. Stäbler, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: September 2022, § 23a SGB IV Rn. 20.
97Nach der Zuordnung ins vorangegangene Kalenderjahr ist die Ermittlung der Beitragspflicht der Einmalzahlung entsprechend Abs. 3 vorzunehmen. Es verbleibt auch dann bei der Zuordnung zum Vorjahr, wenn dort die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze bereits ausgeschöpft oder diese wegen nicht vorhandener Beschäftigungstage bei demselben Arbeitgeber (z.B. wegen Arbeitsunfähigkeit) 0,00 € beträgt. Die Einmalzahlung ist dann in voller Höhe beitragsfrei.
98Vgl. Nieder, in: Kreikebohm/Dünn, SGB IV, 4. Aufl. 2022, § 23a SGB IV Rn. 12.
99In Anwendung dieser Maßgaben hat das beklagte Versorgungswerk die von Dezember 2018 bis einschließlich März 2019 gezahlten einmaligen Arbeitsentgelte - was auch der Kläger nicht anzweifelt - im Grundsatz korrekt dem Beitragsmonat Dezember 2018 zugeordnet; sodass sich zusammen mit dem auf den Dezember 2018 entfallenden Monatsentgelt in Höhe von 3.787,80 € eine Bemessungsgrundlage von 61.132,80 € für den Dezember 2018 ergäbe. Dieser Betrag kann jedoch nicht in voller Höhe und auch nicht in Höhe des vom beklagten Versorgungswerk angesetzten Betrages von 41.065,69 € zu Grunde gelegt werden. Zwar ist grundsätzlich unerheblich, dass die Beitragsbemessungsgrundlage von 61.132,80 € die insoweit maßgebliche monatliche Beitragsbemessungsgrenze von 4.051,74 € überschreitet; denn das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt ist gemäß § 23 a Abs. 3 S. 1 SGB IV solange zu berücksichtigen, soweit das bisher gezahlte beitragspflichtige Arbeitsentgelt die anteilige Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht. Diese ist hier jedoch überschritten. Die anteilige Beitragsbemessungsgrenze (in Bezug auf die Beiträge zum Versorgungswerk) entsprach im Dezember 2018 der Jahresbeitragsbemessungsgrenze; diese lag bei analoger Anwendung des § 30 Abs. 7 SVR bei 49.647,33 €. Einschließlich der dem Dezember 2018 zuzuordnenden Einmalzahlungen in Höhe von 57.345,00 € betrug das zu Grunde gelegte Jahreseinkommen des Klägers aus seiner nicht befreiten Beschäftigung 94.279,11 €, sodass die anteilige Beitragsbemessungsgrenze um 44.631,78 € überschritten war. Um diesen Betrag sind die Einmalzahlungen zu kürzen. Für den Dezember 2018 ist daher ein Arbeitsentgelt von 12.713,22 € + 3.787,80 € = 16.501,02 € zu Grunde zu legen. Der Beitragssatz im Jahr 2018 betrug mangels anderweitiger Festsetzung durch das beklagte Versorgungswerk (§ 30 Abs. 2 SVR) 18,6 %
100- vgl. Beitragssatzverordnung 2018 vom 18. Dezember 2017 (BGBl. I S. 3976) -,
101sodass sich ein Beitrag von 3.069,19 € errechnet.
102Insgesamt ergeben sich unter Berücksichtigung des maßgeblichen Beitragssatzes von 18,6 % folgende Monatsbeiträge für das Jahr 2018:
103Monat |
Monatsentgelt aus befreiter Beschäftigung |
einmaliges Entgelt aus befreiter Beschäftigung |
Monatsentgelt aus rentenversicherungspflichtiger Beschäftigung |
monatliche „effektive BBG“ |
Beitrag |
Januar |
2.750,00 € |
0,00 € |
2.242,97 € |
4.257,03 € |
511,50 € |
Februar |
2.750,00 € |
0,00 € |
2.242,97 € |
4.257,03 € |
511,50 € |
März |
2.101,16 € |
0,00 € |
2.242,97 € |
4.257,03 € |
390,82 € |
April |
2.750,00 € |
1.474,08 € |
2.242,97 € |
4.257,03 € |
785,68 € |
Mai |
2.826,00 € |
0,00 € |
2.242,97 € |
4.051,74 € |
525,64 € |
Juni |
2.850,00 € |
0,00 € |
2.448,26 € |
4.051,74 € |
530,10 € |
Juli |
2.750,00 € |
0,00 € |
2.448,26 € |
4.051,74 € |
511,50 € |
August |
2.840,80 € |
201,29 € |
2.448,26 € |
4.051,74 € |
565,82 € |
September |
2.892,00 € |
0,00 € |
2.448,26 € |
4.051,74 € |
537,92 € |
Oktober |
3.420,00 € |
0,00 € |
2.448,26 € |
4.051,74 € |
636,12 € |
November |
3.505,60 € |
35,38 € |
2.448,26 € |
4.051,74 € |
658,66 € |
Dezember |
3.787,80 € |
57.345,00 €,davon zu berücksichtigen: 12.713,22 € |
2.448,26 € |
4.051,74 € |
3069,18 € |
Insgesamt |
35.223,36 € |
14.423,97 € |
28.352,67 € |
49.647,33 €(= effektive „Jahres-BBG“) |
9.234,44 € |
Rechtsfehlerhaft zu hoch angesetzt ist daher nur die Veranlagung für den Beitragsmonat Dezember 2018. Insoweit ist der streitgegenständliche Bescheid indes nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben. Zwar hätte der Kläger für Dezember 2018 nur einen Beitrag in Höhe von 3069,18 € und somit für das Jahr 2018 insgesamt nur Beiträge in Höhe von 9.234,44 € zu entrichten. Eine weitergehende Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids kommt gleichwohl nicht in Betracht. Der Kläger verlangt die Aufhebung des streitgegenständlichen Beitragsbescheids - wie ausgeführt - nur insoweit, als die festgesetzten Beiträge von 14.508,00 € insgesamt den Betrag von 10.172,82 € übersteigen, also in Höhe von maximal 4.335,18 €. Damit hat er sein Aufhebungsbegehren nach oben begrenzt. Darüber darf das Gericht wegen § 88 VwGO nicht hinausgehen (“ne ultra petita“). Das Gericht kann die einzelnen Festsetzungen der Monatsbeiträge daher nur in dem Umfang aufheben, in dem sie rechtswidrig sind und zudem insgesamt nur in Höhe von 4.335,18 €. Die Aufhebung der allein rechtswidrigen Festsetzung für den Monat Dezember 2018 kann daher nur bis zum Betrag von 4.007,56 € erfolgen.
105Da dem klägerischen Begehren damit schon vollumfänglich genüge getan ist, kann auch dahingestellt bleiben, ob die SVR mangels direktem Verweis überhaupt eine hinreichende Grundlage für die Anwendung des § 23a Abs. 1 bis 4 SGB IV bei der Beitragsbemessung durch das beklagte Versorgungswerk bietet und ob insofern auch der Verweis auf einzelne Vorschriften des SGB IV, etwa auf §§ 14, 15 SGB IV in § 30 Abs. 1 SVR, für die Einbeziehung auch der „Märzklausel“ ausreichend sein könnte.
106Anders als das beklagte Versorgungswerk meint, ergibt sich auch aus der Anwendung des § 30 Abs. 6 SVR keine höhere Beitragspflicht des Klägers.
107Gemäß § 30 Abs. 6 SVR hat ein Mitglied, das von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI befreit ist, abweichend von den Absätzen 1, 2, 3 und 5 mindestens den Beitrag zu entrichten, der ohne die Befreiung an die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlen wäre. Da durch diese Vorschrift nur gewährleistet werden soll, dass das Beitrags- und Versorgungsniveau der Mitglieder des beklagten Versorgungswerks nicht dasjenige der gesetzlichen Rentenversicherung unterschreitet, sind bei der anzustellenden Vergleichsberechnung sämtliche für die (fiktive) Beitragsbemessung maßgeblichen rentenversicherungsrechtlichen Vorschriften und damit auch die Regelung des § 23a Abs. 3 SGB IV anzuwenden. Die dem Monat Dezember 2018 zugeordneten einmalig gezahlten Entgelte können danach ebenfalls nur in Höhe von 12.713,22 € berücksichtigt werden.
108Insoweit ist zu berücksichtigen, dass bei der Feststellung des bislang beitragspflichtigen Arbeitsentgelts nicht nur das Arbeitsentgelt von dem Arbeitgeber, der die Einmalzahlung gewährt, heranzuziehen ist; die zeitgleich aus weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen des Arbeitnehmers resultierenden beitragspflichtigen Arbeitsentgelte im laufenden Kalenderjahr sind ebenfalls zu berücksichtigen. Das folgt aus dem Rechtsgedanken des § 22 Abs. 2 SGB IV, wonach auch bei Mehrfachbeschäftigungen keine Heranziehung zu Sozialversicherungsbeiträgen über die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze (hier: der gesetzlichen Rentenversicherung) hinaus stattfinden soll. Überschreitet die Summe der Arbeitsentgelte aus mehreren Beschäftigungsverhältnissen die jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen der Kranken- bzw. Rentenversicherung, sind aus sämtlichen Beschäftigungsverhältnissen Beiträge insgesamt nur einmal aus einem durch die Beitragsbemessungsgrenze limitierten Betrag zu zahlen.
109Vgl. Zieglmeier, in: Kassler Kommentar, Stand: 1. März 2022, § 22 SGB IV Rn. 51.
110Folgerichtig sind bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen für die Ermittlung, in welchem Umfang die anteilige Beitragsbemessungsgrenze bereits ausgeschöpft ist und Einmalzahlungen demnach noch berücksichtigungsfähig sind, die bislang beitragspflichtigen Arbeitsentgelte aus allen Beschäftigungen heranzuziehen. Für in der Zeit vom 2. Januar bis zum 31. März einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, das unter den Voraussetzungen des § 23a Abs. 4 Satz 1 SGB IV (sog. März-Klausel) dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum des vergangenen Kalenderjahres zuzuordnen ist, gilt für Arbeitnehmer mit mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungen dasselbe.
111Vgl. auch Gemeinsames Rundschreiben zum Meldeverfahren zwischen der Bundesagentur für Arbeit beziehungsweise den kommunalen Leistungsträgern und den Krankenkassen (GRGR-SpVSozVersTr): Gemeinsame Grundsätze zur Beitragsberechnung nach § 22 Abs. 2 SGB IV bei Arbeitnehmern mit mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungen-Gemeinsame Grundsätze zur Beitragsberechnung bei Mehrfachbeschäftigung, Rechtsstand: 12. November 2014.
112Würde der Kläger mit seinem gesamten Arbeitsentgelt allein zur gesetzlichen Rentenversicherung veranlagt, ergäben sich bis zum Ablauf des Dezember 2018 erzielte laufende beitragspflichtige Arbeitsentgelte aus beiden Beschäftigungen in Höhe von insgesamt 65.286,78 €. Die dem Monat Dezember 2018 zuzuordnenden Einmalzahlungen wären aufgrund der anteiligen Beitragsbemessungsgrenze von 78.000 € ebenfalls nur in Höhe von 12.713,22 € zu berücksichtigen, woraus sich ein Beitrag von 3.069,18 € ergebe.
113Schließlich unterschreiten die Monatsbeiträge des Klägers im Jahre 2018 auch unter analoger Anwendung des § 30 Abs. 7 SVR nicht die Beitragsuntergrenze des § 30 Abs. 3 SVR. Der Regelpflichtbeitrag entsprach im Jahre 2018 mangels anderweitiger Festsetzung des beklagten Versorgungswerks dem Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.209,00 € (18,6% von 6.500,00 €). Der Mindestbeitrag betrug im Jahre 2018 daher 120,90 €.
114G. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
115H. Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die hier entscheidungserhebliche und verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage der analogen Anwendbarkeit des § 30 Abs. 7 SVR auf Konstellationen wie die hier vorliegende war, soweit ersichtlich, bislang nicht Gegenstand der Rechtsprechung und ist potentiell für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle entscheidend.