Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen die Anordnung der C. E. zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen auf Legionellen der wasserführenden Behandlungseinheiten ihrer Zahnarztpraxis.
3Am 00.00.0000 fand eine Begehung der zahnärztlichen Praxisräume der Kläger zur Überprüfung der Einhaltung medizinproduktrechtlicher Vorschriften durch den Sachverständigen Dr. O. statt. Eine mikrobiologische Wasseruntersuchung der zahnärztlichen Betriebseinheiten konnten die Kläger ausweislich des Inspektionsberichts vom 00.00.0000 nicht vorlegen.
4Dazu teilte der Kläger zu 1. dem Gutachter mit Schreiben vom 00.00.0000 mit, dass die Untersuchung auf Legionellen nach den Angaben des Robert Koch-Instituts im jährlichen Intervall sinnvoll erscheine. Aus dieser Formulierung eine Verpflichtung herzuleiten, „erscheine“ ihm sehr weit hergeholt. Die Behandlungseinheiten unterlägen strengen Wartungsintervallen und seien mit Entkeimungsanlagen ausgestattet. Eine weitere Überprüfung „erscheine“ daher nicht sinnvoll.
5Herr Dr. O. teilte den Klägern daraufhin mit Schreiben vom 00.00.0000 mit, dass die C. E. mit der Einschätzung des Robert Koch-Instituts übereinstimme und daher eine mindestens jährlich durchzuführende Testung als Nachweis für eine nicht vorhandene Kontamination des Wassers zusammen mit der mindestens einmal jährlich durchzuführenden Prüfung der KBE bei 36°C verlange. Er bitte entsprechende Nachweise zu erbringen.
6Mit Schreiben vom 00.00.0000 forderte die C. E. die Kläger unter Fristsetzung auf, für jede Behandlungseinheit in der Praxis die Ergebnisse einer mikrobiologischen Prüfung auf Legionellen vorzulegen.
7Dies lehnten die Kläger mit Schreiben vom 00.00.0000 ab.
8Nach Anhörung wies die C. E. die Kläger mit Bescheiden vom 00.00.0000 - jeweils zugestellt am 00.00.0000 - an, für jede Behandlungseinheit ihrer Zahnarztpraxis eine mikrobiologische Untersuchung auf Legionellen durch ein für Wasseruntersuchung nachweislich geeignetes Fachlabor, z.B. eine nach § 15 Abs. 4 TrinkwV zugelassene Untersuchungsstelle, durchführen zu lassen und spätestens bis zum 00.00.0000 das Ergebnis der jeweiligen Untersuchung vorzulegen (Ziffer 1). Zudem drohte sie den Klägern im Falle der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 1.000 Euro pro Behandlungseinheit an (Ziffer 2). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass Rechtsgrundlage für die Anordnung der Durchführung von mikrobiologischen Untersuchungen der wasserführenden Systeme der zahnärztlichen Behandlungseinheiten §§ 26, 28 Abs. 1 und 2 Medizinproduktegesetz (MPG) und § 14 MPG i.V.m. § 4 Abs. 1 und 6 Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) seien. Die C. E. sei danach als zuständige Behörde befugt, alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten vor Gefahren durch Medizinprodukte zu treffen. Im Falle einer drohenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit oder Ordnung sei sie insbesondere befugt, die Inbetriebnahme, das Betreiben, die Anwendung von Medizinprodukten zu untersagen, zu beschränken oder von der Einhaltung bestimmter Auflagen abhängig zu machen. Eine drohende Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit und Ordnung bestehe, wenn diese mehr als allgemein üblich gefährdet würden. Als Betreiber und Anwender unterlägen die Kläger der Überwachung der C. . Konstruktionsbedingt (z.B. komplexes verzweigtes Leitungssystem, Stagnation des eingespeisten Wassers, Ablagerungen im Leitungssystem) könne es in zahnärztlichen Behandlungseinheiten zur Biofilmbildung an den inneren Wandungen der Wasser führenden Systeme kommen, wodurch sich die mikrobiologische Wasserqualität verschlechtere. Biofilme bildeten eine komplexe Lebensgemeinschaft unterschiedlicher Mikroorganismen. Eine besondere Eigenschaft von Biofilmen sei ihre geringe Sensivität gegen Desinfektionsmittel, Mikroorganismen würden daher nur teilweise abgetötet. Das Zersetzungsmaterial werde von den lebenden Mikroorganismen als Nährstoff aufgenommen. Insgesamt könnten sich in solchen Systemen und unter derartigen Bedingungen eine Vielzahl von Bakterien (z.B. Legionellen), Pilzen und Protozoen ansiedeln. Neben diesem systembedingten Gefahrenherd könne das Betriebswasser auch über Patienten retrograd kontaminiert werden durch Blut und Sekret. Aus diesem Grunde müsse das Wasser an den Entnahmestellen der Dentaleinheiten nachweislich von unbedenklicher mikrobiologischer Qualität sein, da wasserführende Systeme in zahnärztlichen Behandlungseinheiten besonders anfällig für die Besiedlung mit unterschiedlichen Mikroorganismen seien. Es seien Maßnahmen erforderlich, um einer mikrobiellen Kontamination entgegenzuwirken. Die Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers, sicherheitsbezogene Informationen und Instandhaltungshinweise seien zu beachten. Eine installierte Entkeimungsanlage und ausgiebige regelmäßige Spülvorgänge trügen zur Risikoverringerung bei. Der Nachweis jedoch, ob die vorstehend genannten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu dem in infektionspräventiver Hinsicht erforderlichen Resultat, nämlich Wasser in angemessener mikrobiologischer Qualität für die Anwendung am Patienten zu führen, erfolge durch die Untersuchung der Parameter Gesamtkeimzahl und Legionellen entsprechend der Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut („Infektionsprävention in der Zahnheilkunde“). Entsprechend hoch sei die Gefährdung, wenn das Betriebswasser von zahnärztlichen Behandlungseinheiten nicht regelmäßig kontrolliert werde. Wenn es optisch oder olfaktorisch auffällig werde, sei es schon viel zu spät. Nur durch vorsorgende Kontrollen könne diesem Problem begegnet werden. Entgegen der Auffassung der Kläger handele es sich bei der Mitteilung der KRINKO nicht um eine bloße Empfehlung, deren Beachtung im Ermessen des Betreibers einer medizinischen Einrichtung liege. Vielmehr hätten Betreiber einer Zahnarztpraxis nach § 23 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sicherzustellen, dass sie nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderliche Maßnahmen getroffen würden, um nosokomiale Infektionen zu verhüten. Der Nachweis, ob die vorstehend genannten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu dem in infektionspräventiver Hinsicht erforderlichen Resultaten führten, erfolge durch die Untersuchung i.S.d. o.g. Mitteilung. Dieser Fachstandard des Robert Koch-Instituts sei auch in medizinprodukterechtlicher Hinsicht einzuhalten. Medizinprodukte dürften nach § 14 MPG nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie Mängel aufwiesen, durch die Patienten gefährdet werden könnten. Neben der technisch einwandfreien Beschaffenheit müsse auch das an der Behandlungseinheit zum Einsatz kommende Betriebswasser in mikrobiologischer Hinsicht von einwandfreier Beschaffenheit sein, um vermeidbare Gefährdungen von Patienten zu begegnen. Mögliche Gefährdungen durch Legionellen seien in der wissenschaftlichen Literatur und in den fachlichen Veröffentlichungen des Robert Koch-Instituts umfangreich beschrieben („Robert Koch-Institut-Ratgeber Legionellose“). Legionellen fänden im warmen Wasser gute Wachstumsbedingungen vor und gelangten in der Regel durch das Einatmen eines fein zerstäubten Wassernebels (Aerosol) in den menschlichen Körper, wo sie z.B. eine schwere Pneumonie hervorrufen könnten. Gefährdet seien insbesondere vulnerable Patientengruppen, z.B. ältere Menschen oder immunsupprimierte Patienten. Bei zahnärztlichen Behandlungen mit Anwendung von Wasser (z.B. Kühl- oder Spraywasser) entstünden Aerosole, die vom Patienten eingeatmet würden. Das Praxispersonal könne sich durch Tragen von Masken während der Behandlung schützen, der Patient hingegen nicht. Insofern sei über die technischen und betrieblich-organisatorischen Maßnahmen hinaus eine regelmäßige mikrobiologische Kontrolle des Betriebswassers von zahnärztlichen Behandlungseinheiten erforderlich, um einen ggf. vorliegenden Mangel der Wasserqualität überhaupt zu erkennen und die unverzüglich erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels ergreifen zu können. Wenn in einer Zahnarztpraxis risikominimierende Maßnahmen umgesetzt würden, wie z.B. die regelmäßige ordnungsgemäße Instandhaltung der Dentaleinheiten sowie der Betrieb von Desinfektionsanlagen und keine Anhaltspunkte für Mängel vorlägen, werde dem Rechnung getragen, indem Kontrollen des Betriebswassers alle 12 Monate als ausreichend angesehen würden. Diese Zeitspanne sei jedoch nur dann anzunehmen, wenn es keine Anhaltspunkte für Mängel gebe; in diesem Falle sei umgehend zu reagieren. Ein vollständiges Entfallen der mikrobiologischen Wasseruntersuchungen sei in der o.g. Mitteilung der KRINKO jedoch nicht vorgesehen. Dies erkläre sich dadurch, dass selbst bei gut gewarteten Behandlungseinheiten das Betriebswasser nicht keimfrei sei. Vielmehr seien Richtwerte definiert, bei deren Überschreitung eine ausgedehnte Biofilmbesiedlung anzunehmen und aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes unverzüglich zu reagieren sei. Daher seien regelmäßige mikrobiologische Kontrollen des Betriebswassers der Dentaleinheiten in Bezug auf die Gesamtkeimzahl und Legionellen unverzichtbar. Auch wenn über einen längeren Zeitraum bei jährlichen Wasseruntersuchungen keine Mängel festgestellt worden seien, könne dies nicht dazu führen, künftig auf die Wasseruntersuchung zu verzichten und darauf zu vertrauen, dass die Richtwerte auch zukünftig nicht überschritten würden. In diesem Falle würde eine Patientengefährdung zumindest billigend in Kauf genommen. Zudem zeige die langfähige Erfahrung - der C. E. - bei der Inspektion von Zahnarztpraxen, dass auffällige Werte des Betriebswassers jederzeit auch bei bisher unauffälligen Überprüfungen auftreten könnten. Der Eingriff in das Recht, weiterhin die Behandlungseinheiten ohne vorhergehende mikrobiologische Untersuchung nutzen zu können, sei deutlich weniger intensiv als der mögliche Eingriff in das Recht der Patienten auf körperliche Unversehrtheit. Das öffentliche Interesse an einem größtmöglichen Schutz vor Infektionsrisiken überwiege das wirtschaftliche Interesse, von der Umsetzung dieser Verfügung und den damit verbundenen Kosten, die sich auf etwa 70 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer pro Behandlungseinheit beliefen, verschont zu bleiben. Ein milderes gleichwohl geeignetes Mittel sei nicht vorhanden.
9Der Kläger zu 1. hat am 00.00.0000 für alle drei Inhaber der als GbR geführten Gemeinschaftspraxis Klage erhoben. Die Kläger zu 2. und 3. haben am 00.00.0000 eine unterschriebene Klage eingereicht.
10Zur Begründung machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass es keine rechtsverbindliche Regelung gebe, aus der sich die Forderung nach einer Wasserbeprobung ohne konkrete Verdachtsmomente auf eine wasserbedingte Infektionsgefahr herleiten lasse. Ein konkreter Verdacht liege unstreitig nicht vor. Es handele sich also um eine rein prophylaktische Maßnahme.
11Das Thema sei seit Jahren in der Diskussion. Leitlinien zu den „hygienischen Anforderungen an das Wasser in zahnärztlichen Behandlungseinheiten“ seien zwar in Arbeit, allerdings noch nicht in Kraft getreten. Allgemeingültige, rechtlich verbindliche Regelungen für alle Zahnarztpraxen fehlten, in denen u.a. geregelt werde an welchen Stellen in der Praxis Proben zu entnehmen seien, welche Personen zur Probeentnahme berechtigt seien und wie Entkeimungsanlagen zu bewerten seien.
12Sie hätten in ihrer Praxis der Verhütung und Weiterverbreitung nosokomialer Infektionen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Im eigenen Interesse hätten sie mehrfach in den vergangenen Jahren Wasserproben auswerten lassen. Aufgrund dieser Ergebnisse kämen sie zu dem Schluss, dass regelmäßige Proben beim technischen Stand ihrer Wasserinstallation nicht nötig seien. Sie hätten den gesetzlichen Anforderungen genüge getan. So seien in ihrer Praxis am 00.00.0000 und am 00.00.0000 ausweislich der vorliegenden Untersuchungsberichte gezielt Wasserproben entnommen und ausgewertet worden.
13Ihre zahnärztlichen Behandlungseinheiten seien mit einer Entkeimungsanlage ausgestattet. Dabei handele es sich um serienmäßig vom Hersteller installierte Bestandteile. Entkeimungsanlagen reduzierten die Keimzahl zuverlässig auf Null, d.h. es gebe keine Keime im für die Patientenbehandlung verwendeten Wasser. Störungen der Funktion würden im Display angezeigt, oder die Anlage schalte sich aufgrund der Störung automatisch ab. Die Effektivität der Anlage hätten sie mehrfach an verschiedenen Stellen überprüft, in all den Proben hätten sich keine Keime befunden. Jährliche Keimzahlbestimmungen seien damit faktisch sinnlos.
14Bei der Bewertung der entstehenden Kosten für Hygienemaßnahmen seien die Gesamtzahl der Maßnahmen und die daran anknüpfenden Kosten zu berücksichtigen. Diese seien selbst für große Praxen zu einem relevanten Kostenfaktor geworden.
15Die Kläger beantragen - z.T. schriftsätzlich,
16die Bescheide vom 00.00.0000 aufzuheben.
17Das beklagte Land beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Die Gefahr, deren Abwehr Grund für die Anordnung der Untersuchung des Betriebswassers der Behandlungseinheiten auf Legionellen sei, ergebe sich aus den Verstößen gegen § 14 Satz 2 MPG a.F. bzw. § 11 Satz 1 Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) i.V.m. § 4 Abs. 1 MPBetreibV. Der Mangel liege darin, dass die zahnärztlichen Behandlungseinheiten nicht nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik betrieben würden. Denn ein solcher Betrieb erfordere eine regelmäßige Untersuchung des Betriebswassers der Behandlungseinheit auf Legionellen. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik seien u.a. in Ziffer 5 der Empfehlung „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene“ der KRINKO über „Wasser führende Systeme“ beschrieben. Zwar werde diese Empfehlung nicht fortgeführt, sie könne nach den Angaben auf der Homepage des Robert Koch-Instituts aber weiterhin als Referenz angesehen werden.
20Die Verwendung von Entkeimungsanlagen stelle keine Besonderheit dar. Sie könnten mikrobiologisch die Qualität des zugeführten Wassers verbessern und daher das Risiko für Verkeimungen in den komplex aufgebauten Behandlungseinheiten vermindern. Sie führten aber nicht dazu, dass allein dadurch z.B. die Bildung der gefürchteten Biofilme in der Anlage mit der Abgabe von Legionellen in das Betriebswasser verhindert werden könne. Durch eine Entkeimungsanlage werde weder steriles Wasser erzeugt noch seien die Systeme, die das Betriebswasser führten, steril. Eine geringe Keimbelastung (nicht mit Legionellen) befinde sich auch in mikrobiologisch einwandfreiem Betriebswasser, wie z.B. die Untersuchung aus dem Jahr 2018 in Ziffer 3 zur Behandlungseinheit 4 und Ziffer 6 zur Behandlungseinheit 1 belege.
21Legionellen seien ubiquitär vorhanden, sodass sie in jede Anlage gelangen könnten; kritisch daran sei die Gefahr einer Vermehrung in der Anlage. Die ordnungsgemäße Qualität des Betriebswassers hänge dabei nicht allein von der Qualität des zugeführten Wassers ab, sondern von verschiedenen Bedingungen unter denen die betriebsführenden Systeme der Behandlungseinheit betrieben würden, wie z.B. Alterung von Plastikmaterialien, Reinigung, Desinfektion, Spülung, möglicher Rückfluss, Wartung, Standzeiten.
22Die 0000 und 0000 vorgenommenen mikrobiologischen Untersuchungen umfassten lediglich ein Minimalprogramm. Es falle negativ auf, dass die Beprobung im Abstand von drei Jahren durchgeführt worden sei, die Proben jeweils an derselben Entnahmestelle gezogen worden seien und eine Beprobung der Behandlungseinheit 5 fehle. Die Behauptungen, dass die Entkeimungsanlagen die Keimzahl zuverlässig auf null reduziere, die Effizienz der Anlagen durch mehrfach an verschiedenen Stellen geprüft worden seien und sich in den Proben keine Keime befunden hätten, sei (daher) nicht zutreffend.
23Über eine automatische Erkennung von Keimwachstum verfügten die Behandlungseinheiten nicht, sodass insbesondere eine Verkeimung „im Display“ nicht angezeigt werde und damit unerkannt bleibe. Die jährliche Wartung und Funktionsprüfung der Behandlungseinheiten bleibe unvollständig, da über die mikrobiologische Qualität des Betriebswassers nur durch entsprechende Untersuchungen nach den allgemeinen Regeln der Technik eine zuverlässige Aussage über den mikrobiologischen Zustand der wasserführenden Systeme getroffenen werden könne.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der C. .
25Entscheidungsgründe:
26Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet. Die angefochtenen Bescheide vom 12. November 2020 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
271. Die Anordnung der C. E. zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen bei allen wasserführenden Behandlungseinheiten in der Zahnarztpraxis der Kläger ist rechtmäßig und verletzt diese nicht in ihren Rechten.
28Gemäß § 26 Abs. 2 Sätze 1 bis 4 MPG in der bis zum 25. Mai 2021 geltenden Fassung (a.F.) hat sich die zuständige Behörde u.a. davon zu überzeugen, dass die Vorschriften über Medizinprodukte beachtet werden. Sie prüft in angemessenem Umfang unter besonderer Berücksichtigung möglicher Risiken, ob die Voraussetzungen zum Inverkehrbringen, zur Inbetriebnahme, zum Errichten, Betreiben und Anwenden erfüllt sind. Satz 2 gilt entsprechend für die Überwachung von klinischen Prüfungen und von Leistungsbewertungsprüfungen sowie für die Überwachung der Aufbereitung von Medizinprodukten, die bestimmungsgemäß keimarm oder steril angewendet werden. Die zuständige Behörde ergreift die Maßnahmen, die notwendig sind, um festgestellte Verstöße zu beseitigen und künftigen Verstößen vorzubeugen. Nach § 28 Abs. 1 MPG a.F. trifft die nach diesem Gesetz zuständige Behörde alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutze der Gesundheit und zur Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten vor Gefahren durch Medizinprodukte, soweit nicht das Atomgesetz oder eine darauf gestützte Rechtsverordnung für Medizinprodukte, die ionisierende Strahlen erzeugen oder radioaktive Stoffe enthalten, für die danach zuständige Behörde entsprechende Befugnisse vorsieht. Die zuständige Behörde ist gemäß § 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 MPG a.F. insbesondere befugt, Anordnungen, auch über die Schließung des Betriebs oder der Einrichtung, zu treffen, soweit es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit oder Ordnung geboten ist. Sie kann das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme, das Betreiben, die Anwendung der Medizinprodukte sowie den Beginn oder die weitere Durchführung der klinischen Prüfung oder der Leistungsbewertungsprüfung untersagen, beschränken oder von der Einhaltung bestimmter Auflagen abhängig machen oder den Rückruf oder die Sicherstellung der Medizinprodukte anordnen.
29§ 14 MPG a.F. bestimmt, dass Medizinprodukte nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung gemäß § 37 Abs. 5 MPG betrieben und angewendet werden. Medizinprodukte dürfen nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie Mängel aufweisen, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden können.
30Das Medizinproduktegesetz wurde durch Gesetz vom 28. April 2020 (BGBl I S. 960) in der Fassung des Gesetzes vom 19. Mai 2020 (BGBl I S. 1018) mit Wirkung vom 26. Mai 2021 weitestgehend aufgehoben. An seine Stelle sind nunmehr die Regelungen der Medizinprodukteverordnung (Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates in der Fassung der Verordnung (EU) 2020/561 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2020 zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte hinsichtlich des Geltungsbeginns einiger ihrer Regelungen - Medical Devices Regulation - MDR, im Folgenden: Medizinprodukteverordnung) sowie des Gesetzes zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend Medizinprodukte (Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz - MPDG) getreten.
31Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 MPDG hat sich die zuständige Behörde u.a. davon zu überzeugen, dass die medizinproduktrechtlichen Vorschriften beachtet werden. Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 MPDG ergreift die zuständige Behörde unbeschadet der Vorschriften der Verordnung (EU) 2017/745 zur Marktüberwachung und des § 74 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 MPDG die Maßnahmen, die notwendig sind, um einen Verstoß zu beseitigen und künftigen Verstößen vorzubeugen. Sie ist insbesondere befugt Anordnungen zu treffen, die zur Abwehr einer drohenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit oder Ordnung geboten sind (§ 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MPDG).
32§ 11 MPDG bestimmt, dass Produkte und Produkte nach § 2 Abs. 2 MPDG nicht betrieben oder angewendet werden dürfen, wenn sie Mängel aufweisen, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden können. Produkte und Produkte nach § 2 Abs. 2 MPDG dürfen nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 MPDG betrieben und angewendet werden.
33Auf der Grundlage der vormals in § 37 MPG, jetzt in § 88 MPDG enthaltenen Ermächtigungen ist u.a. die Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (Medizinprodukte-Betreiberverordnung - MPBetreibV) ergangen, die weiterhin Bestand hat.
34Vgl. Häberle, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 237 EL. Juli 2021, M 60. Medizinproduktegesetz, Vorbemerkungen Rn. 8.
35Nach § 4 Abs. 1 MPBetreibV dürfen Medizinprodukte nur ihrer Zweckbestimmung entsprechend und nach den Vorschriften dieser Verordnung sowie den allgemein anerkannten Regeln der Technik betrieben und angewendet werden.
36Zunächst muss nicht entschieden werden, ob maßgebliche Rechtsgrundlage das Medizinproduktegesetz in der bis zum 25. Mai 2021 geltenden Fassung ist oder die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Regelungen des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes sowie der Medizinprodukteverordnung ist.
37Vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt z.B.: Nds. OVG, Beschluss vom 29. September 2017 - 13 LA 4/16 -, juris m.w.N.; VG Köln, Urteil vom 29. November 2016 - 7 K 1587/15 -, juris.
38Jedenfalls wäre ein Austausch der Ermächtigungsgrundlage zulässig, weil die Vorschriften mit dem Schutz der Gesundheit und der Sicherheit von Patienten, Anwendern und sonstigen Personen („Dritten“) vor Gefahren durch Medizinprodukte identische Ziele verfolgen und zudem eine deutliche strukturelle Gleichheit aufweisen. Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen stimmen im Wesentlichen überein.
39Vgl. dazu auch: OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23. September 2021 - 3 MB 22/21 -, juris Rn. 13.
40Sachlich und örtlich zuständige Behörde ist weiterhin die C. E. , vgl. § 1 Abs. 1 Verordnung über die Zuständigkeiten im Humanarzneimittel-, Medizinprodukte- und Apothekenwesen sowie auf dem Gebiet des Schutzes vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen Vom 25. Januar 2022 (GV. NRW. 2022 S. 100) und § 1 Abs. 2 Verordnung über Zuständigkeiten im Arzneimittelwesen und nach dem Medizinproduktegesetz vom 11. Dezember 1990 (GV. NRW. S. 659), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 16. März 2021 (GV. NRW. S. 304) geändert worden ist, i.V.m. § 5 Abs. 3 des Landesorganisationsgesetzes NRW sowie § 4 Abs. 1 Ordnungsbehördengesetz NRW.
41Ebenso haben sich die Erkenntnisse zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik über den Betrieb und die Anwendung von Medizinprodukten seit Erlass der Ordnungsverfügung vom 12. November 2020 nicht geändert.
42Dies vorangestellt hält die Anordnung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids der C. E. einer inhaltlichen Kontrolle stand. Sie ist hinreichend bestimmt (a.). Zudem sind die Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlass der Anordnung erfüllt (b.), Ermessensfehler liegen nicht vor (c.).
43a. Die Anordnung zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen der wasserführenden Behandlungseinheiten in der Zahnarztpraxis der Kläger ist inhaltlich hinreichend bestimmt, § 37 Abs. 1 VwVfG NRW. Aus dem Tenor der Verfügung lässt sich eindeutig erlesen, dass „jede“ Behandlungseinheit speziell auf „Legionellen“ untersucht werden soll, und zwar von einem „Fachlabor“, z.B. einer nach § 15 Abs. 4 TrinkwV zugelassenen Untersuchungsstelle. Jedenfalls nach Klarstellung in der mündlichen Verhandlung ist auch unzweifelhaft, dass eine Beprobung - unter Berücksichtigung der geltenden wissenschaftlichen Standards - nur an einer Zapfstelle pro Behandlungseinheit erforderlich ist.
44b. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung der C. E. zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen auf Legionellen aller wasserführenden Behandlungseinheiten der Zahnarztpraxis liegen vor.
45Bei zahnärztlichen Behandlungseinheiten wird Wasser über die Behandlungseinheit zur Kühlung der Instrumente oder als Spülflüssigkeit für und durch den Patienten verwendet.
46Die zahnärztliche Behandlungseinheit einschließlich des innen befindlichen Betriebswassers sind unzweifelhaft Medizinprodukte, vgl. §§ 2, 3 MPG a.F. bzw. §§ 2 Abs. 1, 3 Nr. 1 MPDG i.V.m. Art. 2 Nr. 1 Medizinprodukteverordnung. Die Trinkwasserverordnung ist dagegen nicht anwendbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TrinkwV), es handelt sich bei dem Wasser um sog. Betriebswasser. Die Kläger sind auch Betreiber, denen die Pflicht obliegt, ein sicheres und ordnungsgemäßes Anwenden der in ihrer Gesundheitseinrichtung am Patienten eingesetzten Medizinprodukte zu gewährleisten, vgl. §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 MPBetreibV.
47Die Anordnung dient der Abwehr einer drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen. Eine „Gefahr“ (im polizeirechtlichen Sinne) bezeichnet eine Lage, in der bei ungehindertem Ablauf des Geschehens ein Zustand oder ein Verhalten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden hinsichtlich der einschlägigen Schutzgüter führen würde.
48Vgl. Wagner, in: Rehmann/Wagner, 3. Auflage 2018, MPG, § 28 Rn. 13; Webel, in: Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, MPG, 3. Auflage 2018, § 28 Rn. 5; Häberle, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, MPDG, 237. EL Juli 2021, § 78 Rn. 3.
49„Drohend“ ist eine Gefahr, wenn ihr Eintritt alsbald bevorsteht; ein unmittelbares Bevorstehen ist nicht erforderlich, sonst hätte der Gesetzgeber den hierfür allgemein üblichen Begriff der gegenwärtigen Gefahr verwendet.
50Vgl. Wagner, in: Rehmann/Wagner, 3. Auflage 2018, MPG, § 28 Rn. 13.
51Ein Einschreiten auf der Grundlage dieser Normen erfordert dabei nicht, wie die Kläger meinen, den Nachweis eines konkreten Gefahreneintritts. Die Anordnungsbefugnis setzt bereits präventiv im Vorfeld einer Gefahr an und begegnet Verstößen gegen Bestimmungen, die dazu dienen, das Auftreten von Gefahren zu verhindern.
52Vgl. VG Köln, Urteil vom 29. November 2016 - 7 K 1587/15 -, juris Rn. 23.
53Es muss zudem stets ein Zusammenhang zwischen der drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit mit dem Zweck des MPG/MPDG bestehen,
54vgl. Wagner, in: Rehmann/Wagner, MPG, 3. Auflage 2018, § 28 Rn. 13,
55der nach § 1 MPG a.F. bzw. §§ 1, 2 MPDG i.V.m. Medizinprodukteverordnung darin liegt, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter zu sorgen.
56Die Kläger verletzen die öffentliche Sicherheit mit Blick auf den von ihnen zu gewährleistenden Gesundheitsschutz ihrer Patienten, indem sie ihre Dentaleinheiten benutzen, obwohl sie entgegen den allgemein anerkannten Regeln der Technik (§ 4 Abs. 1 MPBetreibV) die angeordneten mikrobiologischen Untersuchungen der Wasserqualität auf Legionellen nicht vornehmen lassen.
57In der Zahnmedizin ist die Verwendung von Kühl- und Spülwasser unabdingbar. Dazu sind die Dentaleinheiten an Leitungen angeschlossen, in die Wasser aus dem öffentlichen Wassernetz eingespeist wird. Die Zuständigkeit der Trinkwasserverordnung endet an der Übergabestelle des Wassers in die Behandlungseinheit. Sie gilt also für das Wasser in der Dentaleinheit, das als „Betriebswasser“ bezeichnet wird, nicht.
58Vgl. Deutscher Arbeitskreis für Hygiene in der Zahnmedizin (DGHK), Hygieneleitfaden, 14. Auflage 2021, Stand: 12. Februar 2021, S. 43, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/Berufsaus%C3%BCbung/ Hygiene/Hygieneleitfaden_des_Deutschen_Arbeitskreises_f%C3%BCr_ Hygiene_in_der_Zahnmedizin.pdf.
59Wenn dieses Wasser wieder aus dem Gerät austritt und bestimmungsgemäß mit der Schleimhaut von Patientinnen und Patienten in Berührung kommt, gelten dafür in Deutschland mikrobiologische Qualitätsanforderungen, die sich an den Vorgaben der Trinkwasserverordnung orientieren und in Bezug auf bestimmte Parameter bzw. spezifische Patientengruppen teilweise auch darüber hinausgehen.
60In der KRINKO-Empfehlung „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene“ aus dem Jahr 2006 sind Anforderungen an die mikrobiologische Qualität von Betriebswasser aus Dentaleinheiten enthalten. Bei den in dieser Empfehlung niedergelten Grundsätzen handelt es sich (weiterhin) um die aktuellen und allgemein anerkannten Regeln der Technik. Zwar wird die Empfehlung seit Anfang 2021 nicht mehr unter den aktuellen Empfehlungen der KRINKO geführt, sondern ist nunmehr unter „Frühere Empfehlungen“ bzw. unter „Alte, nicht überarbeitete Empfehlungen“ der Kommission zu finden. Eine Neufassung der o.g. Empfehlung ist von der KRINKO nicht geplant. Kriterien für die Bewertung der mikrobiologischen Qualität von Wasser aus Dentaleinheiten sollen in der zukünftigen KRINKO-Empfehlung „Hygienische Untersuchungen in medizinischen Einrichtungen“ thematisiert werden, welche derzeit erarbeitet wird. Solange es keinen aktuelleren wissenschaftlichen Kenntnisstand zur mikrobiologischen Qualität von Wasser aus Dentaleinheiten gibt, können die Aussagen der KRINKO-Empfehlung aus dem Jahr 2006 grundsätzlich weiterhin als Referenz angesehen werden. Wie in den Hinweisen zu „Früheren Empfehlungen“ ausgeführt wird, sind bei der Umsetzung, Anwendung und fachlichen Bewertung der älteren Empfehlungen die Adressaten der Richtlinie gehalten, den Abgleich mit dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand selbst vorzunehmen.
61Vgl. dazu: Robert Koch-Institut, Nach welchen Kriterien kann die mikrobiologische Qualität von Wasser aus Dentaleinheiten in Deutschland bewertet werden?, Stand: 31. März 2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/ThemenAZ/Z/FAQ_Wasser_aus_Dentaleinheiten_FG14_2021-03-19_final_002.html.
62Dass es einen von den Empfehlungen abweichenden aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand gibt, wurde weder vorgetragen noch ist dies anderweitig ersichtlich.
63Vgl. auch: Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, Leitfaden Wasser führende Systeme, Stand: Juli 2021, abrufbar unter: https://phb.lzk-bw.de/PHB-CD/QM/Leitfaden_Wasser.pdf; Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, Hygienische Anforderungen an das Wasser in zahnärztlichen Behandlungseinheiten“ - Rg.Nr. 075-002, Stand: 18. September 2014, abrufbar unter: https://zahnaerzte-sh.de/app/uploads/2017/04/Leitlinie_Hyg_Anforderungen_an-Wasser_in_Zahnarztpraxis.pdf.
64Mikroorganismen aus dem Trinkwasser können an der Innenwandung der Leitungen sog. Biofilme bilden. Vor allem in Phasen der Stagnation des Wassers (z.B. über Nacht und am Wochenende bzw. Urlaub) und wegen relativ hoher Umgebungstemperaturen kann es zu Kontaminationen des Kühl- und Spülwassers kommen.
65Vgl. Deutscher Arbeitskreis für Hygiene in der Zahnmedizin (DGHK), Hygieneleitfaden, 14. Ausgabe 2021, Stand: 12. Februar 2021, S. 43, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/Berufsaus%C3%BCbung/ Hygiene/Hygieneleitfaden_des_Deutschen_Arbeitskreises_f%C3%BCr_ Hygiene_in_der_Zahnmedizin.pdf.
66Ausweislich der vorbenannten KRINKO-Empfehlung darf in Dentaleinheiten gemäß § 3 TrinkwV nur Wasser eingespeist werden, das den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht. Auch bei Einhaltung dieses Standards werden die Wasser führenden Systeme z.B. Übertragungsinstrumente, Mehrfunktionsspritzen, Ultraschall zur Zahnreinigung, Mundspülung) häufig durch verschiedene Mikroorganismen besiedelt. Diese kolonisieren und vermehren sich an den inneren Wandungen der Wasser führenden Systeme. Diese Biofilme können in Perioden der Stagnation zu einer z.T. massiven Kontamination des Kühlwassers führen.
67Bei der Kontamination der Wasser führenden Systeme ist unterschieden zwischen der Kontamination durch Stagnation des eingespeisten Wassers (Biofilmbildung) und der Kontamination durch Blut/Sekret des Patienten.
68Die nachfolgend erläuternden Maßnahmen stellen sowohl einzeln als insbesondere auch in Kombination taugliche Mittel dar, mikrobiellen Kontaminationen in Wasser führenden Systemen in Dentaleinheiten entgegenzuwirken:
69- Die Angaben der Gerätehersteller sind zu berücksichtigen und die relevanten Betriebsparameter zu kontrollieren.
70- Mit Desinfektionsanlagen für die Wasser führenden Systeme der Behandlungseinheiten, deren Wirksamkeit unter praxisnahen Bedingungen nachgewiesen und belegt ist, kann eine Verringerung der mikrobiellen Kontamination des Kühlwassers erreicht werden.
71- […]
72Obwohl das Erkrankungsrisiko für gesunde Patienten oder Behandler aufgrund der aus einer Biofilmbildung unter Umständen resultierenden Kontamination des Kühl- und Spülwassers als gering einzuschätzen ist bzw. ein Zusammenhang mit zahnärztlichen Behandlungen nur in Form von Einzelfallberichten vorliegt, entspricht es den allgemein anerkannten Prinzipien der Infektionsprävention, das Risiko von Gesundheitsschäden durch Verwendung mikrobiologisch unbedenklichen Wassers zu reduzieren.
73Aufgrund der vorbenannten Bewertung des gegenwärtigen Standes von Wissenschaft und Technik sowie der diesbezüglichen geführten Diskussion wird die Untersuchung der folgenden Parameter als geeignet angesehen, den sachgerechten Betrieb einer Dentaleinheit unter dem Aspekt der mikrobiologischen Qualität des Wassers zu überprüfen:
74Die mikrobiologische Überprüfung umfasst die Bestimmung der Koloniezahl bei 36°C sowie die Bestimmung von Legionellen durch ein Labor mit entsprechender Erfahrung. Die Entnahme der zu untersuchenden Probe erfolgt nach Ablaufen des Wassers über einen Zeitraum von 20 Sekunden und soll durch geschultes Personal durchgeführt werden.
75Da bei gut gewarteten Behandlungseinheiten in der Regel eine Koloniezahl von 100/ml nicht überschritten wird, können diese Werte hier als Richtwert angesehen werden; höhere Koloniezahlen sprechen für eine ausgedehnte Biofilmbesiedlung und erfordern eine Intensivierung der Spülung vor Patientenbehandlung und ggf. eine Desinfektion in Abstimmung mit dem Hersteller.
76Das Risiko einer Legionelleninfektion im Zusammenhang mit zahnärztlicher Behandlung ist derzeit aufgrund unzureichender epidemiologischer Untersuchungen nicht sicher zu charakterisieren. Aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes sollte der international etablierte Richtwert von unter 1 KBE Legionellen/1 ml nicht überschritten werden.
77Die Festlegung von Untersuchungsintervallen unterliegt pragmatischen Überlegungen. Liegen keine Anhaltspunkte für Mängel vor, erscheinen Abstände von 12 Monaten sinnvoll.
78Jeder Verdacht auf eine Wasser bedingte Infektion durch zahnärztliche Behandlung muss eine anlassbezogene Nachuntersuchung nach sich ziehen.
79Vgl. Robert Koch-Institut, Infektionsprävention in der Zahnheilkunde, Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, Erscheinungsdatum: 4. Oktober 2006, S. 381 ff., Bundesgesundheitsblatt 4/2006, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaus hygiene/Kommission/Downloads/Zahn_Rili.pdf?__blob=publicationFile.
80In den letzten Jahren sind einzelne Berichte von Infektionsübertragungen durch kontaminiertes Wasser aus Dentaleinheiten publiziert worden. So wurde 2012 eine schwere Legionella pneumophila-Infektion mit letalem Ausgang bei einer älteren Patientin beschrieben, welche auf kontaminiertes Wasser aus der Dentaleinheit in einer Zahnarztpraxis zurückzuführen war, wo die Patientin zuvor behandelt worden war. 2015 erlitten mehrere Kinder eine odontogene Infektion, mit teilweise schwerem Verlauf. Die Kinder hatten sich nachweislich während einer Zahnbehandlung über das Wasser aus Dentaleinheiten, welches mit Mycobacterium abscessus verunreinigt war, angesteckt.
81Vgl. dazu: Robert Koch-Institut, Nach welchen Kriterien kann die mikrobiologische Qualität von Wasser aus Dentaleinheiten in Deutschland bewertet werden?, Stand: 31. März 2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/ThemenAZ/Z/FAQ_Wasser_aus_Dentaleinheiten_FG14_2021-03-19_final_002.html.
82Nach dieser Maßgabe ist die streitgegenständliche Anordnung gegenüber den Klägern, in deren Zahnarztpraxis bereits seit mehreren Jahren (unstreitig) keine Untersuchungen der wasserführenden Behandlungseinheiten auf Legionellen durchgeführt worden sind, nicht zu beanstanden. Ihr steht insbesondere nicht entgegen, dass es sich bei der KINKO-Empfehlung nicht um eine „rechtsverbindliche Regelung“ in dem Sinne handelt, dass dort z.B. Überprüfungsintervall und Beprobung verbindlich, d.h. ohne Entscheidungsspielraum der zuständigen Fachbehörde festgelegt werden. Denn die Anordnung zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen der wasserführenden Behandlungseinheiten kann erlassen werden, wenn - wie hier - der Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage, die sich im MPG bzw. MPDG befindet, erfüllt ist. Ergänzt wird dieser Tatbestand durch § 4 MPBetreibV, der die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik voraussetzt. Ausgefüllt wird der unbestimmte Rechtsbegriff der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ durch die Stellungnahmen der Fachgremien wie der KRINKO bzw. dem Robert Koch-Institut. Letztendlich entscheidet die C. als Fachbehörde aber selbst und in der Sache verbindlich, ob eine drohende Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht und welche Maßnahmen deswegen zu ergreifen sind. Der nach der Empfehlung „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene“ bestehende Entscheidungsspielraum wird - auch mit Blick auf zu berücksichtigende aktuelle Entwicklungen und Erkenntnisse in der Wissenschaft - von der Behörde ausgefüllt.
83Anders als die Kläger meinen, ist auch kein konkreter Verdacht einer Wasser bedingten Infektionsgefahr mit Legionellen erforderlich. Es genügt - wie dargelegt - eine drohende Gefahr. Unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten Prinzipien der Infektionsprävention, das Risiko von Gesundheitsschäden durch Verwendung mikrobiologisch unbedenklichen Wassers zu reduzieren, sind hinreichende Verdachtsmomente für das Vorliegen dieser - nach gewissen Zeitabständen regelhaft eintretenden - drohenden Gefahr, wie die C. nachvollziehbar dargelegt hat, dass die ordnungsgemäße Qualität des Betriebswassers nicht allein von der Qualität des zugeführten Wassers abhängt, sondern von verschiedenen Bedingungen, unter denen die betriebsführenden Systeme der Behandlungseinheit betrieben werden, wie z.B. die Alterung von Plastikmaterialien, Reinigung, Desinfektion, Spülung, möglicher Rückfluss, Wartung, Standzeiten. Überdies zeigen die langjährigen Erfahrungen der Überwachungsbehörde bei Inspektionen von Zahnarztpraxen, dass auffällige Werte des Betriebswassers jederzeit auch bei bisher unauffälligen Überprüfungen auftreten könnten.
84Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Behandlungseinheiten jeweils über eine Entkeimungsanlage verfügen. Über eine automatische Erkennung von Keimwachstum verfügen die Behandlungseinheiten nicht, sodass insbesondere eine Verkeimung im Display nicht angezeigt wird und damit unerkannt bleibt. Im Übrigen zeigen die von den Klägern selbst vorgelegten Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2018, dass das Wasser in einzelnen Behandlungseinheiten - wenn auch in geringem Umfang - keimbelastet war. Die von ihnen propagierte Keimfreiheit durch die Entkeimungsanlage trifft damit nicht zu. Hinzu kommt, dass es zu einem Keimwachstum in wasserführenden Systemen trotz Verwendung einer Entkeimungsanlage kommen kann. Schließlich ist die Nutzung einer Desinfektionsanlage auch nach den Empfehlungen der KRINKO nur eine Maßnahme von mehreren, die letztlich die drohende Gefahr der Legionellenentstehung und -verbreitung verhindern soll.
85Schließlich führen auch die Untersuchungen in den Jahren 0000 und 0000 nicht dazu, dass die Anordnung nicht hätte erlassen werden dürfen. Zum einen liegen die Beprobungen bereits über drei Jahre zurück, sodass das übliche Intervall von 12 Monaten längst überschritten ist. Zum anderen basieren die Ergebnisse aus dem Jahr 0000 auf einer nicht akkreditierten Entnahme durch den Kläger zu 1. und ist die Untersuchung insgesamt unzureichend, weil die Proben in den Jahren 0000/0000 jeweils an derselben Entnahmestelle gezogen worden sind und eine Begutachtung der Behandlungseinheit 5 gänzlich fehlt.
86Im Übrigen wird zur weiteren Begründung und Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen auf die Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid der C. , denen sich die erkennende Einzelrichterin nach eigener Würdigung nach Sach- und Rechtslage anschließt.
87c. Ist der Tatbestand erfüllt, steht im Ermessen, welche Maßnahme die zuständige Behörde im Einzelfall anordnet. Sie hat dabei den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten.
88Vgl. Wagner, in: Rehmann/Wagner, 3. Auflage 2018, MPG, § 28 Rn. 13; Häberle, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, MPDG, 237. EL Juli 2021, § 78 Rn. 3.
89Dies berücksichtigend ist die Anordnung im Rahmen der insoweit eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungskompetenz (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) nicht zu beanstanden. Die C. hat erkannt, dass ihr Ermessen eingeräumt ist. Sie hat das ihr eingeräumte Ermessen am Zweck der gesetzlichen Regelung ausgerichtet und es in einer nicht zu beanstandenden Weise ausgeübt. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen. Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass ein Ermessensfehler auch nicht deswegen vorliegt, weil in der Zahnarztpraxis neben der für die Wasseruntersuchung anfallenden Kosten weitere Ausgaben zum Schutz der Patienten zu tätigen sind. Ungeachtet dessen haben die Kläger weder die anfallenden Kosten konkretisiert noch ansatzweise nachvollziehbar eine deswegen bestehende Unzumutbarkeit dargelegt.
902. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 der Verfügungen vom 00.00.0000 ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Sie beruht auf §§ 55, 60, 63 VwVG NRW. Zur Begründung und Vermeidung von Wiederholungen nimmt die erkennende Einzelrichterin Bezug auf die Ausführungen im Bescheid der C. , denen sie sich nach eigener Würdigung anschließt.
91Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anordnungen über die vorläufige Vollsteckbarkeit beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 f. ZPO.