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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Anerkennung ärztlicher Tätigkeit als Weiterbildungszeit für das Gebiet Allgemeinmedizin und die Zulassung zur mündlichen Prüfung in der Zusatz-Weiterbildung Notfallmedizin.
3Der Kläger absolvierte in Uruguay sein Studium der Humanmedizin und erlangte dort am 15. Dezember 2017 einen entsprechenden Abschluss. Bei diesem Abschluss handelt es sich um eine geeignete Referenzqualifikation, die dem deutschen Arztberuf im Sinne der Bundesärzteordnung (BÄO) zuzuordnen ist.
4Am 23. Dezember 2017 stellte der Kläger einen Antrag auf Erteilung der Approbation und einer Berufserlaubnis. Letzte wurde ihm von der Bezirksregierung E. für die Zeit ab dem 25. Mai 2018 erteilt.
5Ab dem 1. Juni 2018 war der Kläger am M. C. tätig.
6Mit Bescheid vom 11. Oktober 2019 teilte die Bezirksregierung E. dem Kläger mit, dass seine in Uruguay erworbene Berufsqualifikation absolvierte ärztliche Ausbildung nicht gleichwertig sei mit einem im Bundesgebiet erworbenen Ausbildungsstand. Daraufhin beantragte der Kläger am 21. Oktober 2019 die Teilnahme an der Kenntnisprüfung. Nachdem er die Kenntnisprüfung am 25. Juni 2020 erfolgreich absolviert hatte, wurde ihm mit Wirkung vom selben Tag die Approbation als Arzt erteilt.
7Am 17. Juli 2020 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Anerkennung von Weiterbildungsabschnitten im Gebiet Allgemeinmedizin mit Blick auf seine Tätigkeit ab dem 1. Juni 2018 im M. -Krankenhaus in C. . Am 11. Dezember 2020 stellte er bei der Beklagten einen Antrag auf Anerkennung der Bezeichnung Notfallmedizin.
8Mit Bescheid vom 2. September 2021 - zugestellt am 9. September 2021 - lehnte die Beklagte den Antrag auf Anerkennung der ärztlichen Tätigkeit am M. -Krankenhaus in C. als anrechnungsfähige Weiterbildung im Gebiet Allgemeinmedizin ab. Mit Bescheid vom 7. September 2021 - zugestellt am 9. September 2021 - lehnte die Beklagte den Antrag auf Anerkennung der Zusatz-Weiterbildung Notfallmedizin und Zulassung zur Weiterbildungsprüfung ab. Zur Begründung führte sie jeweils aus, dass der Kläger die erforderlichen Weiterbildungszeiten nicht erfülle. Die vor dem 25. Juni 2020 begonnene Tätigkeit im M. -Krankenhaus C. könne nicht als Weiterbildungszeit angerechnet werden. Mit einer Weiterbildung könne erst begonnen werden, wenn eine ärztliche Approbation oder eine Berufserlaubnis, der eine als gleichwertig anerkannte ärztliche Ausbildung zu Grunde liege, erteilt sei. Die Gleichwertigkeit des in Uruguay absolvierten Studiums sei aber erst mit Erhalt der Approbation am 25. Juni 2020 festgestellt worden.
9Der Kläger hat am 6. Oktober 2021 Klage erhoben.
10Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass mit der ärztlichen Weiterbildung nach dem Heilberufsgesetz NRW u.a. begonnen werden dürfe, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben sei. Danach sei nicht der Tag maßgeblich, an dem die Gleichwertigkeit durch Urkunde ausgewiesen werde, sondern derjenige, an dem die Gleichwertigkeit tatsächlich gegeben sei. Mit erfolgreich absolvierter Kenntnisprüfung habe festgestanden, dass die Gleichwertigkeit - retrospektiv - bereits mit Abschluss des Studiums in Uruguay gegeben gewesen sei. Dass davon abweichend in der Weiterbildungsordnung der Beklagten eine als gleichwertig anerkannte ärztliche Ausbildung verlangt werde, sei wegen des gesetzlichen Vorrangs unbeachtlich.
11Der Kläger beantragt,
12die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 2. September 2021 zu verpflichten, seine ärztliche Tätigkeit am M. -Krankenhaus in C. für die Zeit vor dem 25. Juni 2020 als anrechnungsfähige Weiterbildung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Weiterbildungsordnung nach Maßgabe seines Antrags vom 17. Juli 2020 anzuerkennen,
13die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. September 2021 zu verpflichten, die Bezeichnung „Zusatz-Weiterbildung Notfallmedizin“ nach Maßgabe seines Antrags vom 11. Dezember 2020 anzuerkennen und ihn zur Prüfung nach § 12 Weiterbildungsordnung zuzulassen bzw. festzustellen, dass die Voraussetzungen zur Zulassung zur genannten Prüfung gegeben sind.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Ihre Rechtsauffassung, wonach mit der Weiterbildung erst nach Anerkennung der Gleichwertigkeit einer im Ausland erworbenen Ausbildung begonnen werden dürfe, werde u.a. durch die Gesetzesbegründung und den Sinn und Zweck der Norm gestützt. Die hohe Qualität der Weiterbildung könne nur sichergestellt werden, wenn auf den Zeitpunkt der Anerkennung der Gleichwertigkeit abgestellt werde. Zudem entstünden Rechtsunsicherheiten, wenn es stattdessen auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Gleichwertigkeit ankäme.
17Überdies bescheinige eine bestandene Kenntnisprüfung nicht, dass das vom Kläger absolvierte Studium der Humanmedizin in Uruguay den Anforderungen von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO entspreche, sondern bedeute nur, dass der Kläger Kenntnisse besitze, die den im Rahmen der deutschen ärztlichen Grundausbildung vermittelten Kenntnisse gleichwertig seien. Der gleichwertige Ausbildungsstand werde losgelöst von seinem ausländischen Abschluss attestiert.
18Die Kammer hat die Beteiligten zu dem von ihr erwogenen Erlass eines Gerichtsbescheids angehört. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
20Die Kammer entscheidet nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der - entscheidungserhebliche - Sachverhalt geklärt ist (vgl. § 84 Abs. 1 VwGO).
21Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig aber unbegründet.
22Die Bescheide der Beklagten vom 2. September und 7. September 2021 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht kein Anspruch auf die begehrten Verpflichtungen zu (§ 113 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Anträge des Klägers auf Anerkennung seiner vor dem 25. Juni 2020 absolvierten ärztlichen Tätigkeit als anrechnungsfähige Weiterbildung auf dem Gebiet Allgemeinmedizin und auf Anerkennung der Zusatz-Weiterbildung Notfallmedizin sowie Zulassung zur mündlichen Prüfung zu Recht abgelehnt, weil er jedenfalls noch nicht die erforderlichen Weiterbildungszeiten erfüllt.
23Gemäß § 33 Satz 1 HeilBerG NRW können Kammerangehörige neben ihrer Berufsbezeichnung weitere Bezeichnungen führen, die auf besondere Kenntnisse in einem bestimmten beruflichen Gebiet (Gebietsbezeichnung) oder Teilgebiet (Teilgebietsbezeichnung) oder auf Bereiche (Zusatzbezeichnung) hinweisen. Dazu regelt § 35 Abs. 1 HeilBerG NRW, dass eine Bezeichnung nach § 33 HeilBerG NRW führen darf, wer eine Anerkennung erhalten hat (Satz 1). Die Anerkennung erhalten Kammerangehörige, die die vorgeschriebene Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen haben (Satz 2). Nach § 35 Abs. 2 Satz 1 HeilBerG NRW darf mit der ärztlichen Weiterbildung oder der besonderen Ausbildung in der Allgemeinmedizin erst begonnen werden, wenn die oder der Kammerangehörige eine ärztliche Grundausbildung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO abgeschlossen hat oder wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes und die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache gegeben sind. Die Anerkennung nach § 35 Abs. 1 HeilBerG NRW ist bei der Kammer zu beantragen, § 39 Abs. 1 Satz 1 HeilBerG NRW. Diese entscheidet über den Antrag aufgrund einer Prüfung, in der Inhalt, Umfang und Ergebnis der durchlaufenen Weiterbildungsabschnitte nachzuweisen und die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten mündlich oder praktisch darzulegen sind, § 39 Abs. 1 Satz 2 HeilBerG NRW. Die Zulassung zur Prüfung setzt voraus, dass die ordnungsgemäße Weiterbildung durch Zeugnisse nachgewiesen wird, § 39 Abs. 4 Satz 1 HeilBerG NRW. Nach § 39 Abs. 5 HeilBerG NRW bestimmen das Nähere über die Prüfung die Kammern in der Weiterbildungsordnung.
24Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Weiterbildungsordnung vom 21. September 2019 in der Fassung vom 1. Juli 2020 (WO) kann die Weiterbildung erst nach der ärztlichen Approbation oder der Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß Bundesärzteordnung, der eine als gleichwertig anerkannte ärztliche Ausbildung zugrunde liegt, begonnen werden. § 12 WO bestimmt, dass über die Zulassung zur Prüfung die Ärztekammer entscheidet. Die Zulassung wird erteilt, wenn die Erfüllung der zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen durch Zeugnisse und Nachweise einschließlich der Dokumentationen nach § 8 Abs. 1 WO belegt ist.
25Die Beteiligten streiten vorliegend allein um die Frage, ob die ärztliche Tätigkeit des Klägers im M. -Krankenhaus in C. vom 1. Juni 2018 bis einschließlich zum 25. Juni 2020, dem Tag seiner Kenntnisprüfung und Erteilung der Approbation, als Weiterbildungszeit angerechnet werden kann. Zu entscheiden ist insoweit, wann im Sinne der hier maßgeblichen Variante 2 von § 35 Abs. 2 Satz 1 HeilBerG NRW „die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes“ eines im Ausland erworbenen ärztlichen Abschlusses „gegeben“ ist.
26Die Kammer geht davon aus, dass die Norm so auszulegen ist, dass mit der Weiterbildung erst begonnen werden darf, wenn - wie dies auch § 4 Abs. 1 Satz 1 WO vorschreibt - eine im Ausland erworbene ärztliche Ausbildung als gleichwertig i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 2 BÄO anerkannt worden ist. Dies setzt (jedenfalls) voraus, dass entweder eine Feststellung der Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation von der zuständigen Behörde getroffen worden ist (vgl. z.B. § 3 Abs. 3a Satz 2 BÄO) oder der Betroffene die Kenntnisprüfung i.S.d. § 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 6 BÄO bestanden hat.
27Zwar ist der Wortlaut von § 35 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 HeilBerG NRW insoweit unergiebig, denn die „Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes“ kann in zeitlicher Hinsicht sowohl bei einer Anknüpfung an eine formale Feststellung „gegeben“ sein als auch bei der Inbezugnahme eines tatsächlichen Zeitpunktes. Allerdings sprechen die Gesetzesmaterialen sowie teleologische Argumente für die hier bevorzugte Auslegung.
28Im Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 3. Mai 2019 (Zweites Gesetz zur Änderung des Heilberufsgesetzes) wurde (der mit dieser Gesetzesänderung neu eingefügte) § 35 Abs. 2 Satz 1 HeilBerG NRW zunächst wie folgt gefasst:
29„(2) Mit der ärztlichen Weiterbildung oder der besonderen Ausbildung in der Allgemeinmedizin darf erst begonnen werden, wenn die oder der Kammerangehörige eine ärztliche Grundausbildung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 der Bundesärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1218) in der jeweils geltenden Fassung abgeschlossen hat oder über einen gleichwertigen Kenntnisstand, der durch das Ablegen einer Kenntnisprüfung nachzuweisen ist, verfügt.“
30Dazu führte die Landesregierung aus:
31„Der neue Absatz 2 setzt Artikel 25 Absatz 1, 28 Absatz 1 und 35 Absatz 1 der Richtlinie 2005/36/EG um, die durch die Richtlinie 2013/55/EU neu gefasst wurden. Danach setzt die fach-(zahn-)ärztliche Weiterbildung bzw. die besondere Ausbildung in der Allgemeinmedizin voraus, dass eine Grundausbildung abgeschlossen wurde, durch die Kenntnisse erworben wurden, welche in der Richtlinie 2005/36/EG als Mindestvoraussetzungen für eine entsprechende Ausbildung definiert werden. Die Ausbildung muss jeweils von den nationalen Behörden anerkannt werden. Die Heilberufskammern prüfen zu gegebenem Zeitpunkt, ob die Voraussetzungen während der gesamten Weiterbildungsdauer vorlagen. Bei Buchstabe c handelt es sich um eine Folgeänderung.“
32Vgl. LT-Drs. 17/5978, S. 39, 83.
33In dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der FDP vom 20. November 2019 wurde vorgeschlagen, § 35 Abs. 2 Satz 1 HeilBerG NRW wie folgt zu fassen:
34„(2) Mit der ärztlichen Weiterbildung oder der besonderen Ausbildung in der Allgemeinmedizin darf erst begonnen werden, wenn die oder der Kammerangehörige eine ärztliche Grundausbildung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 der Bundesärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1218) in der jeweils geltenden Fassung abgeschlossen hat oder wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes und die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache gegeben sind.“
35Begründet wurde dies wie folgt:
36„§ 35 Absatz 2 bedurfte einer Anpassung, da die gutachterliche Feststellung der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes nicht berücksichtigt worden war.“
37Vgl. LT-Drs. 17/7921.
38Dementsprechend wurde der Gesetztext nach der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales folgendermaßen gefasst:
39„(2) Mit der ärztlichen Weiterbildung oder der besonderen Ausbildung in der Allgemeinmedizin darf erst begonnen werden, wenn die oder der Kammerangehörige eine ärztliche Grundausbildung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 der Bundesärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1218) in der jeweils geltenden Fassung abgeschlossen hat oder wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes und die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache gegeben sind.
40Vgl. LT-Drs. 17/7935, S. 27.
41Diese Formulierung entspricht der heute gültigen Gesetzesfassung.
42Die ursprüngliche Gesetzesfassung, wonach der Betroffene seinen gleichwertigen Kenntnisstand durch Ablegen einer Kenntnisprüfung nachzuweisen hat sowie der Umstand, dass mit der Neufassung lediglich sichergestellt werden sollte, dass (neben der Möglichkeit zur Kenntnisprüfung) auch die gutachterliche Feststellung der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes Berücksichtigung finden sollte, spricht dafür, dass die „Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes“ frühestens „gegeben“ ist, wenn der Antragsteller dies durch eine bestandene Kenntnisprüfung belegt hat.
43Für diese Sichtweise spricht auch der Sinn und Zweck der Kenntnisprüfung, die nur eine Ausgleichsmaßnahme,
44vgl. Schelling, in: Spickhoff, 3. Auflage 2018, BÄO, § 3 Rn. 35,
45für die Fälle darstellt, in denen die Gleichwertigkeitsprüfung wegen eines unangemessenen zeitlichen oder sachlichen Aufwands nicht durchgeführt werden kann oder die Prüfung zu einer Feststellung von wesentlichen Unterschieden des Ausbildungsstandes geführt hat. Mit bestandener Kenntnisprüfung wird nur die Gleichwertigkeit des aktuellen Ausbildungsstandes bestätigt, nicht aber die Gleichwertigkeit der universitären ärztlichen Ausbildung.
46Eine andere Sichtweise würde im Übrigen zu Unsicherheiten bei der Bestimmung des Zeitpunktes führen, ab dem die Weiterbildung begonnen werden darf. Der Betroffene wird zwischen Erwerb des Abschlusses im Ausland und Ablegen der Kenntnisprüfung regelmäßig auf Grundlage einer Berufserlaubnis eine ärztliche Tätigkeit ausüben und damit weitere praktische und theoretische Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, die ihm ggf. erst das Bestehen der Kenntnisprüfung ermöglichen. Den exakten Zeitpunkt der „Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes“ zu bestimmen, dürfte in diesen Fällen unmöglich sein.
47Gestützt wird die hier vertretene Auffassung auch durch einen Vergleich mit der 1. Variante des § 35 Abs. 2 Satz 1 HeilBerG NRW. Nach dessen Wortlaut darf mit der ärztlichen Weiterbildung oder der besonderen Ausbildung in der Allgemeinmedizin erst begonnen werden, wenn die oder der Kammerangehörige eine ärztliche Grundausbildung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO abgeschlossen hat. Ungeachtet der Frage, ob § 4 Abs. 1 Satz 1 WO diese gesetzliche Regelung in unzulässiger Weise einschränkt, wird insoweit jedenfalls ein formeller Akt (Bestehen der ärztlichen Prüfung) verlangt, der den genauen Zeitpunkt für den Beginn der Weiterbildung fixiert. Gleiches muss auch für die hier streitgegenständliche 2. Variante des § 35 Abs. 2 Satz 1 HeilBerG NRW gelten.
48Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass nur so die hohe Qualität der Weiterbildung sichergestellt werden kann. Die ärztliche Weiterbildung zielt vornehmlich auf eine berufspraktische spezialärztliche Befähigung ab. Die Weiterbildungsordnung sieht dementsprechend lange Weiterbildungszeiten vor und regelt im Einzelnen inhaltlich, inwieweit der weiterzubildende Arzt in seiner Berufspraxis mit den Gegenständen des Spezialgebiets vertraut zu machen ist. Am Ende der Weiterbildung steht ein Facharztgespräch, das lediglich dem Nachweis der theoretischen Kenntnisprüfung dient. Um die angestrebte fachliche Qualifizierung zu erreichen, muss daher sichergestellt werden, dass der Arzt bei Aufnahme seiner Weiterbildung jedenfalls über die notwendigen grundlegenden Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Niveau einer deutschen Ausbildung verfügt.
49Dass es durch diese Verfahrensweise (z.B. Begutachtung der Gleichwertigkeit, Absolvierung der Kenntnisprüfung) zu zeitlichen Verzögerungen mit Blick auf den Beginn der Weiterbildung kommen kann, ist auch mit Blick auf die von Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit nicht durchgreifend bedenklich.
50Es ist auch weder ersichtlich noch vorgetragen worden, dass der Kläger die erforderlichen Weiterbildungszeiten - nunmehr - auch ohne Anrechnung seiner vor dem 25. Juni 2020 geleisteten ärztlichen Tätigkeit erfüllt hätte.
51Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.