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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Erstattung der an ihre Arbeitnehmerin W. H4. C. als Verdienstausfallentschädigung bezeichneten Zahlung.
3Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft der U. Unternehmensgruppe, die am Standort Rheda („J. in 33378 Rheda-Wiedenbrück“) einen Werksverkauf in einem der Öffentlichkeit zugänglichen Ladenlokal betreibt. Neben der Klägerin haben am Standort Rheda eine Vielzahl weiterer Gesellschaften der U. Unternehmensgruppe ihren Sitz, die in nahezu allen, inhaltlich sehr unterschiedlichen Bereichen einer vertikal integrierten Lebensmittelproduktion tätig sind.
4Die Arbeitnehmerin W. H4. C. (geboren am 10. Dezember 1964) ist ausweislich des Arbeitsvertrags vom 23. Februar 2016 seit dem 1. März 2016 ununterbrochen bei der Klägerin als „Kassiererin/Verkäuferin“ im Werksverkauf angestellt. Dieser Arbeitsvertrag war ursprünglich bis zum 28. Februar 2017 befristet und wurde mit Vertrag vom 24. November 2017 ab dem 1. März 2018 unbefristet fortgeführt. Auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifverträge o.ä. existieren nicht. § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vom 23. Februar 2016 lautet: „Ist der Mitarbeiter aufgrund eines Tätigkeitsverbots gleich welcher Art an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert, entfällt sein Vergütungsanspruch auch dann, wenn dieses Tätigkeitsverbot ohne sein Verschulden aus in seiner Person liegenden Gründen für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ausgesprochen wird.“ Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30. August 2022 von der Klägerin kündigt.
5Frau C. war auch im Juni 2020 im Werksverkauf tätig, und zwar überwiegend im Verkauf hinter der Fleischtheke. Sie wurde nach Angaben der Klägerin als sog. erste Kraft eingesetzt und war unter anderem für die Gestaltung und Befüllung der Bedienungstheke verantwortlich. Darüber hinaus kümmerte sie sich um die Dokumentationen für das Fleischherkunftsbezeichnungssystem „Orgainvent“ und führte die Putz- und Hygienepläne aus. Das Ladenlokal liegt direkt vor dem Verwaltungsgebäude der U. Unternehmensgruppe. Es werden Fleisch, Wurst und andere Lebensmittel des täglichen Bedarfs zum Verkauf angeboten.
6Nach Angaben der Prozessbevollmächtigten in einem Parallelverfahren hat die U. Unternehmensgruppe bis Oktober 2020 ihren Mitarbeitern keine Unterkünfte zur Verfügung gestellt. Die Gruppe hat ihren Mitarbeitern auch keine Unterkünfte vermittelt oder Gemeinschaftsunterkünfte betrieben. Ebenso wurden Fahrten von der Wohnstätte der Arbeitnehmer zum Betrieb und zurück nicht durch die U. Unternehmensgruppe organisiert.
7Am 15. Mai 2020 kontrollierte die Gewerbeaufsicht der Bezirksregierung Detmold, „ob und wie die vorgeschriebenen SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) in der U. I. ApS & Co. KG umgesetzt worden sind.“ Bei der U. I. ApS & Co. KG handelt es sich um die I. -Gesellschaft der U. Unternehmensgruppe, die (ebenfalls) am Standort „J. in 33378 Rheda-Wiedenbrück“ ihren Firmensitz hat. Bei der Begehung wurden ausweislich des Anhörungsschreibens der Bezirksregierung Detmold vom 18. Mai 2020 alle Abteilungen und Bereiche des Schlachthofes, „inklusive der von der U1. D. GmbH und U. M. GmbH & Co. KG genutzten Räumlichkeiten besichtigt“. Dazu wurde festgehalten, dass das von der U. Unternehmensgruppe erstellte Hygienekonzept „sich im absoluten Einklang mit den Arbeitsschutzstandards des BMAS befindet“. Allerdings werde das Konzept nicht in allen Bereichen umgesetzt, insbesondere hinsichtlich des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung und des Einhaltens von Abständen in der Kantine.
8Am 29. Mai 2020 kontrollierte die Gewerbeaufsicht der Bezirksregierung Detmold, „ob die am 15. Mai 2020 bei einer Betriebsbegehung festgestellten Mängel“ bei der U. I. beseitigt worden seien. Aufgesucht wurden ausweislich eines Aktenvermerks der Bezirksregierung Detmold vom selben Tag „die Betriebsbereiche der Unternehmensgruppe, in denen die zum Teil gravierenden Mängel in Bezug auf die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards festgestellt worden waren“. Zusammenfassend kam die Bezirksregierung u.a. zu dem Ergebnis, dass die BMAS SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards in der Unternehmensgruppe fast vollständig erfüllt seien. Viele Maßnahmen zur Einhaltung der Arbeitsschutzstandards würden bereits erfolgreich umgesetzt. Die vormals aufgezeigten Mängel seien beseitigt worden oder zumindest soweit beseitigt worden, dass die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards eingehalten seien. Dauerhafte Lösungen seien in der Planung und Umsetzung.
9Im Rahmen einer am 16. Juni 2020 durchgeführten Reihentestung stellte das Gesundheitsamt des Kreises Gütersloh bei 730 von 1.106 Abstrichen von in der Zerlegung auf dem Werksgelände der Unternehmensgruppe U. in Rheda-Wiedenbrück tätigen Personen einen positiven Befund auf das Coronavirus SARS-CoV-2 fest (vgl. Kreis Gütersloh, Zwei neue Coronabehandlungszentren, Bundeswehr unterstützt bei Reihentestungen, 18. Juni 2020, abrufbar unter: https://kurzelinks.de/yeuq). Bis zum 21. Juni 2020 wurde bei 1.413 von 6.139 Untersuchungen von auf dem Betriebsgelände tätigen Personen eine Infektion festgestellt. Bei den Testungen zeigte sich, dass die Zahl der positiven Befunde außerhalb der Zerlegung deutlich niedriger war als in diesem Betriebsteil (vgl. Kreis Gütersloh, Testung auf dem U. -Gelände abgeschlossen, 21. Juni 2020, abrufbar unter: https://kurzelinks.de/hjyk). Diese 1.413 positiven Befunde wurden auch bei in dieser Zeit insgesamt 7.504 durchgeführten (behördlichen und unternehmenseigenen) Tests ermittelt (vgl. Exner/Gebel, Beurteilung des von der Firma U. vorgelegten Konzeptes zur HEPA-Filtration und weiteren raumlufttechnischen Maßnahmen in besonderen Risikobereichen, 17. Juli 2020).
10Das Testergebnis für Frau C. war nach ihren eigenen Angaben negativ.
11Der Landrat des Kreises Gütersloh ordnete am 17. Juni 2020 zunächst mündlich die Schließung des Betriebsstandorts der U. Unternehmensgruppe in Rheda-Wiedenbrück an. Unter dem 10. August 2020 bestätigte er gegenüber der U. I. ApS & Co. KG die Allgemeinverfügung zur Schließung des Betriebs der Unternehmensgruppe U. am Betriebsstandort „J. , 33378 Rheda-Wiedenbrück“ schriftlich. Untersagt wurden alle betrieblichen Tätigkeiten auf dem Betriebsstandort, soweit sie nicht ausnahmsweise zugelassen wurden (Ziffer 1). Auf Antrag konnten Ausnahmen von der angeordneten Betriebsschließung durch den Kreis Gütersloh verfügt werden. Dies galt insbesondere für Tätigkeiten auf dem Betriebsgelände, die erforderlich waren, um eine geordnete Schließung des Betriebsstandorts zu ermöglichen und für Tätigkeiten im Rahmen sogenannter Arbeitsquarantäne in einzelnen Betriebsbereichen (Ziffer 4). Dazu führte der Kreis Gütersloh zur Begründung aus, dass mit der Betriebsschließung im Wege von Einzelausnahmen das Betreten verschiedener Teile des Betriebsstandorts für einen vorrübergehenden Zeitraum zugelassen worden seien, um eine geordnete Schließung des Betriebsstandorts zu ermöglichen. Der letzte Ausnahmezeitraum habe am 21. Juni 2020 um 23:00 Uhr geendet. Zudem seien über Einzelausnahmen in einzelnen Betriebsbereichen Tätigkeiten im Rahmen sogenannter Arbeitsquarantäne erlaubt worden.
12Mit Allgemeinverfügung zur fortbestehenden Schließung und den Voraussetzungen einer schrittweise möglichen Wiederaufnahme des Betriebs der Unternehmensgruppe U. am Betriebsstandort „J. , 33378 Rheda-Wiedenbrück“ vom 2. Juli 2020 verfügte der Bürgermeister der Stadt Rheda-Wiedenbrück eine weitere Schließung bis zum 17. Juli 2020. Untersagt wurden alle betrieblichen Tätigkeiten auf dem Betriebsstandort, soweit sie nicht in der Verfügung ausnahmsweise zugelassen wurden. Insoweit wurden „im zwingend erforderlichen Umfang“ Einzelausnahmen in einzelnen Betriebsbereichen (z.B. Standortverwaltung, Geschäftsleitung, Reinigung, Sicherheit) im Rahmen sogenannter Arbeitsquarantäne erlaubt und in „begründeten Einzelfällen“ auf Antrag Ausnahmen erteilt.
13Mit Allgemeinverfügung zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne vom 18. Juni 2020 ordnete der Landrat des Kreises Gütersloh in Ziffer 1 die Absonderung in häusliche Quarantäne gegenüber allen im „Betrieb der Firma U. “ in Rheda-Wiedenbrück in der Produktion tätigen Personen an. Ziffer 2 enthielt einen Ausnahmetatbestand für alle seit dem 16. Juni 2020 durch Beauftragte des Gesundheitsamtes negativ getesteten Personen, die auch bei Erhalt des Testergebnisses noch keinerlei Symptome aufwiesen. Gleichzeitig wurde der Fall geregelt, dass der Betroffene zwar negativ getestet worden ist, aber im Rahmen der Kontaktnachverfolgung als Kontaktperson der Kategorie 1 nach den Kriterien des Robert-Koch-Instituts ermittelt wurde. In diesem Fall sollte das Gesundheitsamt mitteilen, bis wann die Absonderung zu erfolgen hat.
14Mit Allgemeinverfügung zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne vom 20. Juni 2020 hob der Landrat des Kreises Gütersloh die Allgemeinverfügung vom 18. Juni 2020 auf und ordnete für alle auf dem „Betriebsgelände der Firma U. “ in Rheda-Wiedenbrück tätigen Personen die Absonderung in häusliche Quarantäne bis zum 2. Juli 2020, 24:00 Uhr, an. Zugleich erließ er Ausnahmeregelungen für die sog. Arbeitsquarantäne für bestimmte Personengruppen. So durften z.B. im „notwendigen Umfang“ Personen in den Bereichen Standortverwaltung, Geschäftsführung, Reinigung und Sicherheit weiterhin arbeiten. Bis (spätestens) 21. Juni 2020, 23:00 Uhr waren auch Tätigkeiten zur Entsorgung der Schlachtabfälle und Konfiskaten zulässig.
15Mit Allgemeinverfügung zum Schutz der Bevölkerung vor der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 gegenüber im „Betrieb der Firma U. “ am Standort „J. , 33378 Rheda-Wiedenbrück“ tätigen und mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen durch Absonderung in häuslicher Quarantäne vom 1. Juli 2020 ordnete das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) ab dem 3. Juli 2020, 00:00 Uhr gegenüber allen Personen, die im Zeitraum vom 3. Juni 2020 bis zum 17. Juni 2020 an mindestens einem Tag auf dem „Betriebsgelände der Firma U. “ am Standort „J. , 33378 Rheda-Wiedenbrück“ tätig waren, unabhängig davon, ob sie unmittelbar bei dieser Firma, einem Subunternehmer oder einer Leiharbeitsfirma angestellt sind oder für diese tätig waren, die Absonderung in häusliche Quarantäne bis zum 17. Juli 2020, 24:00 Uhr an. Zugleich erließ das MAGS Ausnahmeregelungen für eine sog. Arbeitsquarantäne für bestimmte Personengruppen sowie Bestimmungen für die Aufhebung der Absonderungsverpflichtung durch Freitestung.
16Ebenfalls am 20. Juni 2020 führte die Gewerbeaufsicht der Bezirksregierung Detmold eine „Technische Kontrolle zur Ursachenforschung der Coronainfektion“ auf dem Gelände der U. Unternehmensgruppe durch. In dem Aktenvermerk vom selben Tag hielt die Bezirksregierung einerseits fest, dass keine Infektionen möglich gewesen wären, wenn alle dort arbeitenden Mitarbeiter eine „geeignete“ Mund-Nasen-Bedeckung korrekt getragen hätten. Andererseits wurde in dem Vermerk ausgeführt, dass hierbei allerdings zu berücksichtigen sei, dass eine einfache Mund-Nasen-Bedeckung ohne Zertifizierung (wie die bisher verwendete sog. Astrohaube) nicht ausreiche, um sich bei den (vorhandenen) Arbeits- und Umgebungsbedingungen wirkungsvoll gegen das Coronavirus zu schützen. Im Übrigen wurden weitere Infektionsmöglichkeiten in den Blick genommen und das Ausbruchsgeschehen auf multifaktorielle Ursachen zurückgeführt.
17Die Arbeitnehmerin C. durfte die Absonderung nach eigenen Angaben aufgrund der Mitteilung der Stadt Langenberg zum 14. Juli 2020 beenden. In der Zeit zwischen dem 26. Juni 2020 und dem 6. Juli 2020 arbeitete sie für eine Woche in Arbeitsquarantäne und wurde von der Klägerin gemäß Arbeitsvertrag vergütet.
18Am 22. Juli 2020 stellte die Klägerin unter der Vorgangskennung „20-SE-LWL-000-764-680-722“ beim M. (M. ) einen „Antrag auf Ausgleich des Verdienstausfalls aufgrund eines behördlich angeordneten Tätigkeitsverbots oder einer Absonderung nach § 56 Abs. 1 IfSG“ für die Arbeitnehmerin C. für den Zeitraum vom 22. Juni 2020 bis zum 25. Juni 2020 (vier Arbeitstage). Am 14. September 2020 stellte sie unter der Vorgangskennung „20-SE-LWL-001-173-400-914“ einen weiteren Antrag. Dieser betrifft den Zeitraum vom 6. Juli 2020 bis zum 12. Juli 2020 (fünf Arbeitstage). Für den Zeitraum, in dem die Arbeitnehmerin C. in Arbeitsquarantäne gearbeitet hat, beantragte die Klägerin keine Erstattung. Die Klägerin bestätigte jeweils, dass die vorgenannte Arbeitnehmerin während der Absonderung keine Möglichkeit gehabt habe, die Arbeit zur Gänze von zu Hause auszuüben. Die Arbeitnehmerin habe während der Absonderung keine Lohnfortzahlung nach § 616 BGB oder nach § 19 BBiG erhalten. Sie sei während der Absonderung nicht arbeitsunfähig krank gewesen und habe im Vorfeld keinen genehmigten Urlaub gehabt. Auch sei die Arbeitnehmerin während der Absonderung nicht arbeitsbefreit aufgrund eines kranken Kindes nach § 45 SGB V gewesen. Die Klägerin bestätigte ferner, dass die Arbeitnehmerin über das angegebene Einkommen hinaus kein weiteres Einkommen aus Arbeitslosengeld I, Zuschuss-Wintergeld, Ersatztätigkeit, Kurzarbeitergeld oder Arbeitgeber-Zuschüssen bezogen habe und sie keine anderen Arbeitstätigkeiten im betroffenen Zeitraum habe durchführen können bzw. keine Möglichkeit zu anderen Arbeitstätigkeiten böswillig unterlassen habe.
19Mit Bescheid vom 24. März 2021, bei der Klägerin eingegangen am 30. März 2021, lehnte der M. die unter der Vorgangskennung „20-SE-LWL-000-764-680-722“ zusammengefassten Erstattungsanträge ab. Der Klägerin könne „keine Entschädigung des Verdienstausfalls“ für die Arbeitnehmerin C. gewährt werden, da sie beim Einsatz ihrer Arbeitnehmerin Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften, insbesondere Hygienevorgaben verletzt habe. Aus diesem Grund habe die Arbeitnehmerin einen Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin als Arbeitgeberin, sodass ein Verdienstausfall i.S.v. § 56 Abs. 1 IfSG und damit ein entsprechender Erstattungsanspruch nicht vorlägen. Zudem sei der Betrieb, in dem die Arbeitnehmerin eingesetzt gewesen sei, vom 16. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2020 aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen gewesen. Ein Einsatz der Arbeitnehmerin sei somit bereits aus betrieblichen Gründen nicht möglich gewesen. Im Zeitraum der Betriebsschließung habe bereits aus diesem Grund kein Verdienstausfall vorgelegen, da die Arbeitnehmerin einen Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin als Arbeitgeberin gehabt habe, sodass ein möglicher Entschädigungsanspruch entfalle.
20Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 26. April 2021 Klage erhoben.
21Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor: Die Anspruchsvoraussetzungen des Erstattungsanspruchs seien erfüllt. Die Arbeitnehmerin C. habe aufgrund ihrer Absonderung einen Verdienstausfall erlitten. Insbesondere sei sie nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet gewesen. § 616 BGB sei nicht anwendbar, weil diese Vorschrift arbeitsvertraglich ausgeschlossen worden sei. Bei der Absonderung handele es sich um ein Tätigkeitsverbot. Darüber hinaus seien aber auch die Voraussetzungen von § 616 BGB nicht erfüllt. Bei der Absonderung handele es sich um ein objektives, nicht um ein subjektives Leistungshindernis. Außerdem handele es sich bei einem Absonderungszeitraum von insgesamt neun Tagen nicht mehr um einen unerheblichen Zeitraum. Ein Lohnfortzahlungsanspruch nach § 615 BGB sei ebenfalls nicht gegeben. Ein Verstoß gegen arbeitsrechtliche Fürsorgepflichten sei nicht erkennbar. Die anderen, ebenfalls am Standort Rheda ansässigen Betriebsteile der U. Unternehmensgruppe seien darüber hinaus räumlich deutlich vom Arbeitsplatz der Frau C. getrennt gewesen. Zudem sei die Arbeitnehmerin C. im Absonderungszeitraum nicht leistungsfähig gewesen, sodass die Voraussetzungen des Annahmeverzugs nicht erfüllt seien. Die Absonderung der Arbeitnehmerin C. sei auch kausal für den Verdienstausfall gewesen. Dass die Betriebe am Standort „J. in Rheda-Wiedenbrück“ während des Absonderungszeitraums geschlossen gewesen seien, spiele keine Rolle.
22Die Klägerin beantragt,
23das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheids des M. vom 24. März 2021 zu verpflichten, ihr für die Arbeitnehmerin W. H4. C. , betreffend den Zeitraum vom 22. Juni 2020 bis zum 12. Juli 2020 eine Erstattung in Höhe von 311,80 Euro Nettoverdienstausfall zuzüglich 322,80 Euro geleisteter Sozialabgaben zu bewilligen,
24sowie das beklagte Land zu verpflichten an sie Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
25Das beklagte Land beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Zur Begründung trägt es vor: Die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs seien nicht erfüllt. Die Arbeitnehmerin habe schon keinen Verdienstausfall erlitten, weil die Klägerin zur Lohnfortzahlung verpflichtet gewesen sei. Die Voraussetzungen von § 616 BGB seien erfüllt. Es liege eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit der Absonderung vor. Das Arbeitsverhältnis sei zuletzt unbefristet geschlossen gewesen und habe bereits seit mehreren Jahren bestanden. Auch sei die Norm nicht wirksam abbedungen worden. Jedenfalls sei die Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam. Darüber hinaus komme der Lohnfortzahlungsanspruch nach § 615 BGB zur Anwendung. Die Klägerin trage das Betriebsrisiko der Absonderung. Ihr falle ein schwerwiegender Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften zur Last. Außerdem müsse sie sich das Infektionsgeschehen, welches sich auf dem Betriebsstandort „J. in Rheda-Wiedenbrück“ ereignet habe, zurechnen lassen. Die Klägerin sei aus demselben Grund weit überwiegend für die Absonderung von Frau C. verantwortlich gewesen, sodass auch deswegen ein Lohnfortzahlungsanspruch bestehe. Ungeachtet dessen sei die Absonderung auch nicht kausal für den Verdienstausfall gewesen, weil der Betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum ohnehin geschlossen gewesen sei.
28Die Kammer hat die Arbeitnehmerin C. als Zeugin gehört. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom heutigen Tage verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und weiterer Akten.
29E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
30A. Die Klage hat keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet.
31Der Bescheid des beklagten Landes vom 24. März 2021 ist - im Ergebnis - rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihr steht kein Anspruch auf Erstattung der an ihre Arbeitnehmerin C. als Verdienstausfallentschädigung bezeichnete Zahlung i.H.v. 311,80 Euro Nettoverdienstausfall (A.) zuzüglich 322,80 Euro geleisteter Sozialabgaben (B.) zu, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO. Daher besteht auch kein Anspruch auf Zahlung der begehrten Prozesszinsen (C.).
32A. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Erstattung der an ihre Arbeitnehmerin geleisteten Aufwendungen aus § 56 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 5 IfSG.
33I. Maßgeblich ist insoweit die vom 23. Mai bis zum 18. November 2020 gültige Gesetzesfassung, dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf Entschädigung entstanden wäre.
34Vgl. im Einzelnen: VG Minden, Urteile vom 26. Januar 2022 - 7a K 424/21 -, juris, und vom 20. September 2022 - 16 K 1086/21 -, juris.
35II. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 IfSG liegen nicht vor.
36Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG erhält eine Entschädigung in Geld, wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet. Das Gleiche gilt nach § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG für Personen, die als Ausscheider, Ansteckungsverdächtige oder Krankheitsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können.
37Satz 3 des § 56 Abs. 1 IfSG bestimmt zudem, dass eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 nicht erhält, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein Verbot in der Ausübung ihrer bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.
38Gemäß § 56 Abs. 5 IfSG hat der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen (Satz 1). Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (Satz 2). Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt (Satz 3).
39Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 5 IfSG sind nicht erfüllt.
40Der für den Erstattungsanspruch der Klägerin primär erforderliche ursprüngliche Entschädigungsanspruch der Frau C. gegen das beklagte Land nach § 56 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 IfSG besteht nicht. Zwar hat die Arbeitnehmerhin C. einen Verdienstausfall erlitten (1.). Allerdings steht dem Anspruch entgegen, dass der nach § 56 Abs. 1 IfSG erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Verdienstausfall und Absonderungsverfügung nicht besteht (2.).
41Die Arbeitnehmerin C. musste sich aufgrund der wirksamen,
42vgl. dazu z.B.: VG Minden, Gerichtsbescheid vom 26. August 2022 - 16 K 1113/21 -, und Urteil vom 20. September 2022 - 16 K 1086/21 -, juris,
43Allgemeinverfügungen des Kreises Gütersloh vom 20. Juni 2020 sowie des MAGS vom 1. Juli 2020 (jedenfalls) in der Zeit vom 22. Juni 2020 bis zum 13. Juli 2020 in Absonderung (i.S.d. § 30 IfSG) begeben, da sie sich - unstreitig - in dem für die Absonderung maßgeblichen Zeitraum zu Arbeitszwecken auf dem Gelände der Unternehmensgruppe U. am Standort „J. in Rheda-Wiedenbrück“ aufgehalten hat.
44Unabhängig davon, ob § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG in seiner hier maßgeblichen Fassung über die dort ausdrücklich geregelten Fälle dahingehend zu verstehen ist, dass allgemein bei Vermeidbarkeit der Absonderung durch den Abgesonderten die Entschädigung ausscheidet,
45vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 94,
46ist hier nicht zu erkennen, dass die Absonderung vom 22. Juni bis zum 13. Juli 2020 - während des Zeitraums, in dem keine Arbeitsquarantäne bestand - für die Arbeitnehmerin vermeidbar gewesen sein könnte. Ab dem 20. Juni 2020 bestand zunächst keine Möglichkeit einer unmittelbaren Freitestung für Ansteckungsverdächtige wie die Arbeitnehmerin (mehr). Des Weiteren hat sich die Arbeitnehmerin selbst bzw. durch ihren Sohn ausweislich ihrer glaubhaften Bekundungen in der mündlichen Verhandlung durch mehrfache Nachfragen beim Gesundheitsamt bemüht, von der ab dem 3. Juli 2020 wieder eröffneten Möglichkeit der Freitestung Gebrauch zu machen. Dass diese Bemühungen erst zum 14. Juli 2020 erfolgreich waren, ist der Arbeitnehmerin nicht anzulasten.
471. Die Arbeitnehmerin C. hat einen Verdienstausfall erlitten. Ihr stand nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ (§ 326 Abs. 1 BGB) im Zeitraum der Absonderung, in dem sie ihre Wohnung nicht verlassen durfte, kein Anspruch aus ihrem Arbeitsvertrag i.V.m. § 611a Abs. 2 BGB auf Zahlung ihres Arbeitslohns zu.
48Klarstellungshalber weist die Kammer darauf hin, dass dies vorliegend nicht für die Zeit gilt, in der die Arbeitnehmerin C. in Arbeitsquarantäne gearbeitet hat (eine Woche im Zeitraum vom 26. Juni 2020 bis zum 6. Juli 2020). In dieser Zeit war die Klägerin gemäß § 611a Abs. 2 BGB zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Ein Verdienstausfall ist der Arbeitnehmerin C. insofern nicht entstanden. Für diesen Zeitraum hat die Klägerin aber ohnehin keine Erstattung beantragt.
49Die Arbeitnehmerin C. konnte ihre Tätigkeit als Mitarbeiterin im Werksverkauf während der Absonderung offenkundig nicht im Home-Office erbringen. Überdies lag kein Fall vor, in dem die Klägerin gegenüber der Arbeitnehmerin nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zur Lohnfortzahlung trotz nicht geleisteter Arbeit verpflichtet gewesen wäre.
50a. Die Anspruchsvoraussetzungen von § 326 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 BGB und § 3 EFZG liegen offensichtlich nicht vor.
51Vgl. zu den rechtlichen Voraussetzungen im Einzelnen z.B.: VG Minden, Urteil vom 20. September 2022 - 16 K 1086/21 -, juris.
52b. Auch die Voraussetzungen von § 326 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB sind nicht erfüllt. Danach behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Arbeitgeber für den Umstand, auf Grund dessen der Arbeitnehmer nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist.
53Ungeachtet der Frage, ob die Klägerin selbst gegen Coronaschutzmaßnahmen verstoßen hat oder ihr die auf dem „produzierenden“ Teil des Betriebsgeländes begangenen Verstöße zurechenbar sind, ist eine überwiegende Verantwortlichkeit der Klägerin für die Absonderung der Arbeitnehmerin nicht gegeben.
54Die Kammer hat mit Urteil vom 20. September 2022 im Verfahren Az. 16 K 1086/21 für die zur U. Unternehmensgruppe gehörende und am Standort „J. in 33378 Rheda-Wiedenbrück“ angesiedelte Gesellschaft „U. M. GmbH & Co. KG“, die Schlacht- und Zerlegearbeiten durchführt, entschieden, dass die erforderliche - qualifizierte - Verantwortlichkeit der dortigen Klägerin nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht gegeben ist. Diese Erwägungen gelten auch im hiesigen Verfahren, sollten die insoweit festgestellten Verstöße der Klägerin zurechenbar sein. Ansonsten sind weitere relevante Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften bzw. Coronaschutzmaßnahmen - speziell der Klägerin -, die eine überwiegende Verantwortlichkeit begründen könnten, weder ersichtlich noch vom beklagten Land nachvollziehbar vorgetragen worden.
55c. Ein Lohnfortzahlungsanspruch der Frau C. gegen die Klägerin besteht zudem nicht unter dem Gesichtspunkt eines Annahmeverzugs (§§ 293 ff. BGB) der Klägerin gemäß § 615 Satz 1 BGB oder § 615 Satz 3 BGB.
56Speziell für Arbeitsverträge (u.a.) regelt § 615 Satz 1 BGB, dass die Arbeitnehmerin, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug kommt, für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen kann, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.
57Satz 3 des § 615 BGB bestimmt zudem, dass u.a. Satz 1 entsprechend in den Fällen gilt, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
58Beide Vorschriften wurden zwischen der Klägerin und Frau C. nicht abbedungen.
59Ein Annahmeverzug erfordert in beiden Fällen jedenfalls, dass die Arbeitnehmerin während des gesamten Verzugszeitraums leistungsbereit, d.h. leistungsfähig und leistungswillig, ist (§ 297 BGB). Der Annahmeverzug des Arbeitgebers endet für die Zukunft (ex-nunc), wenn eine dieser Voraussetzungen fortfällt. Unerheblich ist dabei die Ursache für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Das Unvermögen kann auf tatsächlichen Umständen (wie z.B. Arbeitsunfähigkeit) beruhen oder ihre Ursache im Rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches Beschäftigungsverbot besteht oder eine erforderliche Erlaubnis für das Ausüben der geschuldeten Tätigkeit fehlt.
60Vgl. z.B.: BAG, Urteile vom 28. September 2016 - 5 AZR 224/16 -, juris Rn. 23, und vom 21. Oktober 2015 - 5 AZR 843/14 -, juris, Rn. 22, vom 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 -, juris, Rn. 25 f., sowie vom 18. August 1961 - 4 AZR 132/60 -, juris Rn. 10; VG Münster, Urteil vom 19. Mai 2022 - 5a K 854/21 -, juris Rn. 59 ff.; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 31; Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 615 Rn. 7; Krause, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 615 Rn. 68.
61Das grundsätzliche Erfordernis des Annahmeverzugs ergibt sich für § 615 Satz 1 BGB - als arbeitsrechtliche Norm, die den Lohnfortzahlungszahlung im Falle der Leistungsstörung bei Realisierung des Wirtschaftsrisikos betrifft -,
62vgl. dazu: Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 121 a.E.; Waas/Palonka, in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, BGB, 4. Auflage 2017, § 615 Rn. 33,
63bereits aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. Die wohl vorherrschende - arbeitsrechtliche - Auffassung nimmt dieses Erfordernis ebenfalls bei Anwendung des als Rechtsgrundverweisung ausgestalteten § 615 Satz 3 BGB an. Dem arbeitsfähigen und arbeitswilligen Arbeitnehmer bleibt im Falle der Annahmeunmöglichkeit der Vergütungsanspruch aufrechterhalten, wenn der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
64Vgl. z.B.: BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 20; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 101 Rn. 6; U1. , in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 5. Auflage 2021, § 76 Rn. 82; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 97; Krause, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 615 Rn. 121; Weidenkaff, in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 615 Rn. 21: Leistungsfähiger und Leistungsbereiter Arbeitnehmer erforderlich; jedenfalls zur Anwendbarkeit von § 297 BGB (Leistungsfähigkeit) bei Betriebsrisikofällen: Gräf/Rögele: Zusammentreffen von Betriebs- und Wegerisiko, in: NZA 2013, 1120, 1123; a.M. dagegen: Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 122; Preis/Mazurek/Schmid, Rechtsfragen der Entgeltfortzahlung in der Pandemie, in: NZA 2020, 1137 (1144).
65Nur der leistungsfähige und leistungswillige Arbeitnehmer hat im doppelten Sinne des Wortes das Entgelt „verdient“.
66Vgl. Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 101 Rn. 12.
67Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs liegen - unter Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten - nicht vor. Die Arbeitnehmerin C. war im hier maßgeblichen Zeitraum (22. Juni 2020 bis zum 13. Juli 2020) wegen der behördlichen Anordnung zur häuslichen Absonderung nicht leistungsfähig. Dies gilt zwar nicht für den Zeitraum, in dem Frau C. in Arbeitsquarantäne gearbeitet hat. Da die Klägerin diesen Zeitraum aber bei der Geltendmachung ihres Erstattungsanspruchs ohnehin nicht mit einbezogen hat, ist dies vorliegend unerheblich. Die Arbeitnehmerin hatte offenkundig auch keine Möglichkeit, die geschuldete Tätigkeit als Mitarbeiterin im Werksverkauf in der eigenen Häuslichkeit (Home-Office) zu erbringen.
68Zudem hat das Gericht bereits entschieden, dass eine Arbeitgeberin - wie die Klägerin - in einer Fallkonstellation wie der Vorliegenden, in der jedenfalls kein weit überwiegendes Verschulden ihrerseits i.S.d. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB festgestellt werden kann, nicht wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben gehindert ist, sich auf die Leistungsunfähigkeit ihres Arbeitnehmers zu berufen.
69Vgl. dazu im Einzelnen: VG Minden, Urteil vom 26. Januar 2022 - 7a K 424/21 -, juris Rn. 178 ff.
70d. Schließlich geht die Kammer davon aus, dass der Arbeitnehmerin gegen die Klägerin kein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 Satz 1 BGB zusteht.
71Entscheidend ist hier, dass der Lohnfortzahlungsanspruch - grundsätzlich - einen Kausalzusammenhang zwischen persönlichem Hinderungsgrund und der Nichtleistung verlangt. Der persönliche Hinderungsgrund muss die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall und damit für den Verlust des Vergütungsanspruchs sein (Erfordernis der Monokausalität). Denn der Bestimmung liegt das Lohnausfallprinzip zu Grunde. Der betroffene Arbeitnehmer soll die Vergütung erhalten, die er ohne persönliches Leistungshindernis erzielt hätte.
72Vgl. BAG, Urteile vom 6. Dezember 1995 - 5 AZR 237/94 -, juris Rn. 28, und vom 7. Juni 1988 - 1 AZR 597/86 -, juris Rn. 29, sowie vom 22. August 1984 - 5 AZR 539/81 -, juris Rn. 22 f.; Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Juli 2022, § 616 Rn. 35, m.w.N.; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2022, § 616 Rn. 92 ff.; Baumgärtner, BeckOK, BGB, 62. Edition, 1. Mai 2022, § 616 Rn. 8; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 12, 26; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 62; Boecken, in: NK-Gesamtes Arbeitsrecht, BGB, 1. Auflage 2016, § 616 Rn. 17; Hohenstatt/Krois, Lohnrisiko und Entgeltfortzahlung während der Corona-Pandemie, NZA 2020, 413 (415).
73Nach dieser Maßgabe ist § 616 BGB nicht anwendbar. Die Arbeitnehmerin C. hätte aufgrund der Betriebsschließung auch ohne Absonderung nicht gearbeitet und deswegen keinen Lohn erhalten. Zudem hätte sie nicht, wie noch zu zeigen sein wird (s. unter 2.), ohne Absonderung temporär an einen anderen Betriebsstandort versetzt werden können und es hätte ihr kein an die Betriebsschließung anknüpfender Lohnfortzahlungsanspruch zugestanden.
74Ohne dass es in der Sache darauf ankäme, weist die Kammer vorsorglich auf Folgendes hin: Sollte der Begriff der Monokausalität - im vorliegenden Fall - nicht derart streng verstanden werden (z.B. weil das Gesetz - wie von der Klägerin zur Kausalität in § 56 IfSG vorgetragen - einen Zusatz wie „allein durch“ oder „nur durch“ vermissen lässt) und daher eine Ausnahme von diesem Grundsatz zuzulassen sein, so hätte die Arbeitnehmerin C. gegen die Klägerin einen Lohnfortzahlungsanspruch nach § 616 Satz 1 BGB und daher schon keinen Verdienstausfall. Nach dieser Regelung wird der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.
75§ 616 Satz 1 BGB ist ungeachtet der zuvor benannten Kausalitätsfrage anwendbar (aa.), die sonstigen tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm liegen vor (bb.).
76aa. § 616 Satz 1 BGB findet Anwendung. Die Kammer hat bereits entschieden,
77vgl. VG Minden, Gerichtsbescheid vom 26. August 2022 - 16 K 1113/21 -,
78dass die Abrede „Ist der Mitarbeiter aufgrund eines Tätigkeitsverbotes gleich welcher Art die Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert, entfällt sein Vergütungsanspruch auch dann, wenn dieses Tätigkeitsverbot ohne sein Verschulden aus in seiner Person liegenden Gründen für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ausgesprochen wird.“, die sich (auch) in § 4 Abs. 2 des zwischen der Klägerin und ihrer Arbeitnehmerin C. geschlossenen bzw. übernommenen Arbeitsvertrags wiederfindet, nicht so zu verstehen ist, dass § 616 Satz 1 BGB auch mit Blick auf die hier streitgegenständliche Anordnung einer Absonderung i.S.d. § 30 IfSG abbedungen worden ist.
79Vgl. auch: VG Münster, Urteil vom 1. September 2022 - 5a K 1073/21 -.
80Die Klägerin hat zudem weder vorgetragen noch ist anderweitig ersichtlich, dass sich eine Unanwendbarkeit z.B. aus Tarifvertrag ergeben könnte.
81Es handelt sich bei der - streitgegenständlichen - Absonderungsanordnung, die an einen aus dem Betriebsumfeld der Arbeitnehmerin resultierenden Ansteckungsverdacht mit dem SARS-CoV-2 Coronavirus anknüpft, um ein subjektiv persönliches Hindernis.
82Vgl. dazu im Einzelnen: VG Minden, Urteil vom 26. Januar 2022 - 7a K 424/21 und 7a K 877/21 -, juris.
83Ob die Verfügung mit Blick auf den Adressatenkreis rechtmäßig ist, ist auch in dieser Hinsicht unerheblich, da jedenfalls die Verhinderung der Tätigkeit auf einem der Arbeitnehmerin zugeschriebenen Ansteckungsverdacht beruht.
84bb. Die Tatbestandsmerkmale von § 616 Satz 1 BGB sind erfüllt.
85Für ein Verschulden der Arbeitnehmerin mit Blick auf ihre Verhinderung an der Arbeitsleistung liegen weder Anhaltspunkte vor noch wurde dazu substantiiert vorgetragen.
86Die hier maßgebliche Leistungsunfähigkeit der Arbeitnehmerin bestand nur für einen unerheblichen Zeitraum.
87Der Zeitraum wurde von der Klägerin für die Zeit ab dem 20. Juni 2020 bis zum 12. Juli 2020 angegeben, wobei sie den Verhinderungszeitraum auf neun Arbeitstage innerhalb eines dreieinhalb Wochenzeitraums (24 Tage) beziffert. In die Bewertung eingestellt werden - unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Regelungen, die eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vorsehen - nur die in diesem Zeitraum enthaltenen und von der Klägerin benannten neun Tage, an denen die Arbeitnehmerin C. tatsächlich nicht gearbeitet hat, obwohl sie zur Arbeit verpflichtet gewesen wäre. Danach werden weder die arbeitsfreien Tage (z.B. Wochenenden) noch Tage der Arbeitsquarantäne berücksichtigt, da nach dem Wortlaut der Norm auf die Zeit abzustellen ist, in welcher der Arbeitnehmer an der Arbeitsleistung gehindert ist. Nur bei Nichtleistung der Arbeit an Tagen mit Arbeitsverpflichtung kann die Anspruchsgrundlage des § 616 Satz 1 BGB als Ausnahme vom Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ überhaupt zur Anwendung kommen.
88Diese neun Absonderungstage sind, trotz der dazwischen liegenden Arbeitsquarantäne, als ein einheitlich zu betrachtender Zeitraum im Rahmen des § 616 BGB zu beurteilen. Die Absonderung im Juni/Juli 2020 beruhte auf für den gesamten Zeitraum einheitlich geltenden Absonderungsverfügungen (Allgemeinverfügung des Kreises Gütersloh vom 20. Juni 2020 sowie Allgemeinverfügung des MAGS vom 1. Juli 2020), welchen jeweils der gleiche Ansteckungsverdacht zugrunde lag. Unter diesen Umständen stellt sich die zwischenzeitliche Arbeitsaufnahme während der Arbeitsquarantäne nicht als Zäsur zwischen zwei selbstständigen Verhinderungsfällen dar, sondern lediglich als zeitlich begrenzte Unterbrechung des singulären Hinderungsgrundes.
89Vgl. zu der Einordnung von zwei Absonderungszeiträumen: VG Minden, Urteil vom 15. November 2022 - 16 K 1556/21 -, juris.
90Dies vorangestellt, handelt es sich im vorliegenden Fall um einen nicht erheblichen Absonderungszeitraum. Die Kammer hat bereits ausgeführt,
91vgl. dazu z.B.: VG Minden, Gerichtsbescheid vom 26. August 2022 - 16 K 1113/21 -, vgl. auch: Urteil vom 26. Januar 2022 - 7a K 424/21 -,
92dass unter Berücksichtigung des gesetzlichen Wortlauts bei der Beurteilung der „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ (auch) im Falle der Absonderung eines ansteckungsverdächtigen bzw. ausscheidenden Arbeitnehmers in erster Linie das Verhältnis zwischen bisheriger Dauer des Arbeitsverhältnisses und Dauer der Arbeitsverhinderung maßgeblich ist. Daneben werden in die Abwägung weitere Umstände des Einzelfalls einbezogen.
93Überdies geht die Kammer davon aus,
94vgl. VG Minden, Urteil vom 15. November 2022 - 16 K 1556/21 -, juris,
95dass in die Bewertung des erheblichen Verhinderungszeitraums die Besonderheiten des Pandemiegeschehens zum Zeitpunkt der Absonderung aufgrund eines Ansteckungsverdachts mit dem Virus SARS-CoV-2 einzustellen sind. Zum damaligen Zeitpunkt der Anfangsphase der Pandemie ist mit Blick auf die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Inkubationszeit und die fehlenden umfassenden Test- oder Impfmöglichkeiten in absoluter Regelmäßigkeit bei Ansteckungsverdacht eine 14-tägige Absonderung angeordnet worden. Der Absonderungszeitraum wurde zum Teil um weitere zwei Wochen im Falle einer Hausgemeinschaft des Ansteckungsverdächtigen mit einer nachweislich mit dem Coronavirus infizierten Person ohne nachgewiesene Ansteckung nach Ablauf der Inkubationszeit verlängert.
96Vgl. dazu: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 6. Juli 2020 - 20 L 860/20 -; OVG NRW, Beschuss vom 10. Juli 2020 - 13 B 981/20 -.
97Nach dieser Maßgabe überschreitet der Verhinderungszeitraum die Erheblichkeitsschwelle nicht. Maßgeblich ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Arbeitnehmerin über vier Jahre bei der Klägerin beschäftigt war, als die Absonderung angeordnet worden ist. Auch war sie unbefristet eingestellt. Dass sie ihr Arbeitsverhältnis zum 30. August 2022 gekündigt hat, um zu einem anderen Arbeitgeber zu wechseln, ändert nichts an der Prognose einer langfristigen Beschäftigung zum Zeitpunkt der Absonderung. Demgegenüber beläuft sich der fragliche Verhinderungszeitraum auf lediglich neun Arbeitstage. Weder die Eigenart des Arbeitsverhältnisses noch die Eigenart der Verhinderung im vorliegenden Fall rechtfertigen eine andere Beurteilung. Zwar bestand die Verpflichtung zur Absonderung hier insgesamt vom 20. Juni 2020 bis zum 13. Juli 2020 und dauerte damit deutlich länger an als die damals übliche Absonderung. Der darin enthaltene Verhinderungszeitraum von neun Arbeitstagen entspricht aber in etwa demjenigen, der bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden auch bei der damals üblichen Absonderung entstanden wäre.
982. Die erforderliche Kausalität („dadurch“) im Sinne des § 56 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 5 IfSG,
99vgl. dazu: Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 12. Edition, 1. Juli 2022, § 56 Rn. 38,
100zwischen dem zuvor festgestellten Verdienstausfall und der Absonderung ist nicht gegeben. Der Verdienstausfall muss „dadurch“ verursacht worden sein, dass gegenüber dem Betroffenen eine Absonderungspflicht wirksam geworden ist.
101Kausalität in diesem Sinne bedeutet Monokausalität. Das heißt, die Absonderungspflicht muss die alleinige Ursache des Verdienstausfalls darstellen. Für diese Sichtweise spricht, dass der Entschädigungsanspruch eine Billigkeitsregelung darstellt und der Gesetzgeber die Betroffenen mit der Gruppe der Kranken, die über das Entgeltfortzahlungsgesetz geschützt sind, in dem dieser Grundsatz ebenfalls gilt, gleichstellen wollte.
102Vgl. Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 12. Edition, 12. Januar 2022, § 56 Rn. 38 und Rn. 1; Gerhardt, in: Gerhardt, IfSG, 6. Auflage 2022, § 56 Rn. 11; Kümper, in: Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 56 Rn. 25; vgl. zum EFZG z.B. Müller-Glöge, in: Münchener Kommentar zum BGB, EFZG, § 3 Rn. 14; vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 2021 - I-11 U 60/21 -, juris Rn. 13.
103Der erforderliche Kausalzusammenhang entfällt demnach, wenn der Arbeitnehmer - die Absonderung hinweggedacht - ohnehin einen Verdienstausfall erlitten hätte. Das ist der Fall, wenn dem Arbeitnehmer - auch ohne Absonderungsverpflichtung - im streitrelevanten Zeitraum (aus anderen Gründen) kein Lohnfortzahlungsanspruch gegen seine Arbeitgeberin zugestanden hätte.
104Dieses Erfordernis der Monokausalität ist nicht unbillig. Der von einer Quarantäneverfügung Betroffene soll durch die Entschädigungsregelungen nicht besser gestellt werden, als ein Arbeitnehmer ohne Absonderungspflicht. Anders als die Klägerin meint, besteht daher kein Bedarf, die Conditio-sine-qua-non-Formel im Sinne einer alternativen Kausalität zu modifizieren. Diese vornehmlich im Straf- und Haftungsrecht angewendete Formel dient dazu, unplausible Ergebnisse in diesen Rechtsgebieten zu vermeiden. Eine Übertragung auf § 56 IfSG erscheint verfehlt.
105Sinn und Zweck von § 56 Abs. 1 IfSG oder ein Vergleich zum Entgeltfortzahlungsgesetz gebieten ebenfalls keine andere Auslegung des Kausalitätserfordernisses.
106Vgl. dazu im Einzelnen: VG Minden, Urteil vom 20. September 2022 - 16 K 1086/21 - juris, und Gerichtsbescheid vom 3. November 2022 - 16 K 1116/21 -.
107Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass Schließungsanordnung und Absonderungsverfügung auf demselben Sachverhalt beruhen. Denn die Betriebsschließung hat ausweislich der behördlichen Begründung den zusätzlichen Zweck verfolgt, - bei noch unbekannter Ursache des Ausbruchsgeschehens - zu verhindern, dass vom persönlichen Anwendungsbereich der Quarantäneverfügung nicht erfasste Personen den Betrieb jenseits der bewilligten Ausnahmen auf dem Betriebsstandort fortsetzen bzw. den Betriebsstandort betreten. Ein solches Vorgehen wäre durch den auf dem Betriebsgelände damals üblichen Einsatz von Werkunternehmern durchaus naheliegend gewesen. Insoweit ist der Kammer aus der eigenen Spruchpraxis bekannt, dass bei anderen Coronaausbrüchen über die Absonderungsverfügungen hinaus keine Betriebsschließung verfügt worden ist.
108Nach dieser Maßgabe ist der Ausfall der Vergütung nicht durch die Absonderung verursacht worden.
109a. Die Arbeitnehmerin hätte ihre arbeitsvertraglich geschuldete Leistung aufgrund der angeordneten Betriebsschließung des Standorts Rheda gegenüber der Klägerin (ohnehin) nicht erbringen können. Nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ wäre ihr Lohnanspruch entfallen. Das ergibt sich aus Folgendem:
110Der Betriebsstandort der Klägerin unter der Adresse „J. in 33378 Rheda-Wiedenbrück“ war zunächst aufgrund der mündlichen Verfügung des Landrates des Kreises Gütersloh vom 17. Juni 2020, schriftlich bestätigt durch Verfügung vom 10. August 2020, in der Zeit vom 17. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 um 24:00 Uhr geschlossen. Im direkten Anschluss war der Betriebsstandort aufgrund der Allgemeinverfügung der Stadt Rheda-Wiedenbrück vom 2. Juli 2020 bis zum 17. Juli 2020 geschlossen. Die Verfügungen betrafen nach ihrem eindeutigen Wortlaut alle am o.g. Betriebsstandort ansässigen Unternehmen der Unternehmensgruppe U. , zu der nach eigenen Angaben sowie dem vorliegenden „Organigramm U. “ auch die Klägerin gehört. Dass die schriftliche Bestätigung vom 10. August 2020 allein der U. I. ApS & Co. KG bekannt gegeben wurde, ändert an der Schließung des Betriebs der Klägerin nichts. Unerheblich ist auch, dass in den Verfügungen Ausnahmen von der Betriebsschließung für bestimmte Personengruppen vorgesehen waren, denn unter diese Regelungen fiel die Arbeitnehmerin im hier relevanten Zeitraum nicht. Ob die (wirksamen) Verfügungen rechtmäßig waren, ist ebenso wenig relevant.
111Die Arbeitnehmerin hätte auch nicht - hypothetisch - durch Ausübung des Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO bzw. § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags in einen anderen Betrieb der Klägerin versetzt werden können. Einen solchen gab es nicht. Etwas anderes hat die Klägerin auch nicht vorgetragen.
112Vgl. zur Unternehmensstruktur: U. , Unsere Standorte, abrufbar unter: https://www.u. /, abgerufen am: 15. September 2022; vgl. auch Organigramm U. in der Akte der Staatsanwaltschaft Az. 911 Js 788/20, „SB Unterlagen Bezirksregierung Detmold, S. 3; vgl. zur Ausübung des Direktionsrechts schon: VG Minden, Urteil vom 15. November 2022 - 16 K 1556/21 -, juris.
113Auch eine Versetzung innerhalb der Unternehmensgruppe wäre mangels Konzernversetzungsklausel nicht möglich gewesen.
114Vgl. Schiefer, in: Hümmerich/Reufels, Gestaltung von Arbeitsverträgen, 4. Auflage 2019, § 1 Rn. 4201; Maschmann, in: BeckOGK, GewO, 1. August 2022, § 106 Rn. 136 ff.; Becker, in: Däubler/Hjort, Arbeitsrecht, GewO, 5. Auflage 2022, § 106 Rn. 18; Reichold, in: Münchener Kommentar zum Arbeitsrecht, Band 1, Individualarbeitsrecht I, Arbeitspflicht und Arbeitszeit, 5. Auflage 2021, § 40 Rn. 56 f.; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 45 Rn. 61.
115Die Versetzung in einen Drittbetrieb scheidet unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Regelungen sowie des Unternehmensgegenstands ebenfalls aus.
116Vgl. anders z.B.: VG Minden, Urteile vom 15. November 2022 - 16 K 1084/21 -, und vom 15. Dezember 2022 - 16 K 1163/21 -, für nicht am Standort „J. in Rheda-Wiedenbrück“ angesiedelte Unternehmen der U. Gruppe, deren Unternehmensgegenstand und arbeitsvertragliche Abreden mit den Arbeitnehmern auf die Erbringung von Werk- und Dienstleistungen in nicht gesellschaftseigenen Produktionsstätten ausgerichtet war.
117b. Der Arbeitnehmerin hätte in diesem Zeitraum auch kein Lohnfortzahlungsanspruch zugestanden. Eine alleinige oder weit überwiegende Verantwortlichkeit i.S.d. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB lässt sich auch für die Betriebsschließung nicht feststellen. Die 2. Variante von § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB wäre jedenfalls deshalb nicht einschlägig, weil die Unmöglichkeit der Leistungserbringung bereits reflexartige Folge des Annahmeverzugs wegen des Fixschuldcharakters des Arbeitsverhältnisses ist und nicht erst Folge der Betriebsschließung. § 616 BGB greift für den Fall der Betriebsschließung schon nicht ein.
118Vgl. dazu insgesamt: VG Minden, Urteil vom 22. September 2022 - 16 K 1086/21 -, juris.
119Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 615 Satz 1 BGB scheidet aus. § 615 Satz 1 BGB erfasst im Arbeitsverhältnis nicht unmittelbar die Fälle der sog. „Annahmeunmöglichkeit“, in denen der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers annehmen möchte, aber nicht annehmen kann.
120Vgl. BAG, Urteile vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 14 ff., und vom 4. Mai 2022 - 5 AZR 366/21 -, juris Rn. 14.
121Ein solcher Fall der Annahmeunmöglichkeit liegt hier jedoch vor. Der Klägerin war es aufgrund der grundsätzlichen Betriebsschließung naturwissenschaftlich-betriebs-technisch unmöglich, die Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin C. im streitgegenständlichen Zeitraum anzunehmen.
122Vgl. in Abgrenzung dazu: VG Minden, Urteile vom 15. November 2022 - 16 K 1084/21 -, und vom 15. Dezember 2022 - 16 K 1163/21 -.
123Wegen der konkreten Ausgestaltung der Schließungsanordnung ist dabei kein Fall der unter § 615 Satz 1 BGB zu subsumierenden „Annahmeunwilligkeit“,
124vgl. BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 14 ff., m.w.N.; Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Juli 2022, § 615 Rn. 109,
125anzunehmen. Zwar wurde zur Ermöglichung der geordneten Schließung des Betriebsstandorts einzelnen Mitarbeitern bis zum 21. Juni 2020, 23:00 Uhr im Rahmen der Arbeitsquarantäne erlaubt, Tätigkeiten zur Entsorgung der Schlachtabfälle und Konfiskaten durchzuführen und darüber hinaus durfte im „notwendigen Umfang“ v.a. im Bereich der Verwaltung und - was die Arbeitsquarantäne der Abreitnehmerin C. bestätigt - wohl zeitweise auch im Bereich der Verpflegung der in Arbeitsquarantäne befindlichen Mitarbeiter weitergearbeitet werden. Unabhängig davon, ob im Rahmen dieser Ausnahme die Möglichkeit (weiter) bestand, die Arbeitnehmerin auch im streitgegenständlichen Zeitraum im Rahmen der Verpflegung einzusetzen - was angesichts der Beauftragung eines externen Caterers zweifelhaft erscheint -, bedeutet das Erfordernis, die für die Arbeitsquarantäne in Betracht kommenden Mitarbeiter auszuwählen, aber nicht, dass die Klägerin die grundsätzlich einsatzfähigen (z.B. Erfordernis eines negatives Testergebnisses) aber nicht eingesetzten Mitarbeiter nicht einsetzen wollte. Sie war stattdessen aufgrund der Anordnungen des Kreises Gütersloh, der Stadt Rheda-Wiedenbrück sowie des MAGS, die den Kreis der Adressaten auf Einzelausnahmen limitiert hatten, an der Beschäftigung gehindert.
126§ 615 Satz 3 BGB begründet - hypothetisch - ebenfalls keinen Anspruch der Arbeitnehmerin C. . Denn vorliegend hat sich nicht das Betriebs(standort)risiko der Klägerin, sondern das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht, für welches die Klägerin als Arbeitgeberin das Entgeltrisiko nicht trägt.
127Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko, weil er den Betrieb leitet, die betrieblichen Abläufe organisiert, die Verantwortung trägt und die Erträge bezieht. Deshalb muss er dafür einstehen, dass die Arbeitsleistung aus Gründen unmöglich wird, die in ihrem Einflussbereich liegen, wie etwa der Ausfall von Maschinen, Betriebsstoffen oder anderer für den Betriebsablauf notwendiger Betriebsmittel. Über diese „internen Betriebsstörungen“ hinaus trägt der Arbeitgeber grundsätzlich auch das Risiko für von außen auf das Unternehmen einwirkende Umstände, die sich als höhere Gewalt darstellen, wie z.B. die Überschwemmung eines Fabrikgebäudes aufgrund einer Naturkatastrophe, die Zerstörung der Betriebseinrichtungen durch Brand, den Ausfall einer Ölheizung im Betrieb wegen eines plötzlichen Kälteeinbruchs oder den Stromausfall infolge einer Störung im Elektrizitätswerk. Dasselbe gilt, wenn der Arbeitgeber aufgrund äußerer Einflüsse Entscheidungen trifft, die zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung führen, etwa wenn ein Zement- und Baustoffhandel aufgrund der Witterung ihren Betrieb vorübergehend einschränkt oder stilllegt er den Betrieb für eine vorgeschriebene Inventur kurzzeitig schließt.
128Vgl. BAG, Urteile vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 22, und vom 4. Mai 2022 - 5 AZR 366/21 -, juris Rn. 17.
129Liegt - wie hier - die Ursache einer „Betriebsstörung“ in einer hoheitlichen Maßnahme, die die zuständigen staatlichen Stellen zur Bekämpfung der Pandemie für erforderlich halten, richtet sich die Frage, ob der Arbeitgeber das Entgeltrisiko trägt, insbesondere nach dem Zweck der Maßnahme.
130Vgl. BAG, Urteile vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 31 f., und vom 4. Mai 2022 - 5 AZR 366/21 -, juris Rn. 20 f.; vgl. dazu auch VG Minden, Gerichtsbescheid vom 3. November 2022 - 16 K 1116/21 -.
131Zielt eine behördliche Maßnahme darauf, einem im Betrieb des Arbeitgebers angelegten besonderen Risiko zu begegnen, etwa, weil die vom Arbeitgeber gewählten Produktionsmethoden oder -bedingungen oder von ihm zu verantwortende Arbeitsbedingungen (wie z.B. in Teilen der Fleischwirtschaft und bei Saisonkräften in der Landwirtschaft) eine besonders hohe Ansteckungsgefahr innerhalb der Belegschaft in sich bergen, trifft ihn das Risiko des Arbeitsausfalls und ist er nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 und § 611a Abs. 2 BGB zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Der Arbeitgeber trägt die Verantwortung für die von ihm gewählten und organisierten betrieblichen Abläufe und hat dafür einzustehen, dass ihre Arbeitnehmer durch diese nicht im Vergleich zur Allgemeinheit zusätzlichen Gesundheitsrisiken ausgesetzt werden.
132Vgl. BAG, Urteile vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 33, und vom 4. Mai 2022 - 5 AZR 366/21 -, juris Rn. 22.
133Für die Zurechnung des Betriebsrisikos in diesen Fällen genügt eine bloße „(besondere) Eigenart“ des Betriebs oder ihre „Publikumsaffinität“ nicht ohne weiteres. Hinzukommen muss vielmehr eine objektive Verantwortung für die die Verbreitung des die Pandemie auslösenden Krankheitserregers in besonderer Weise begünstigenden Arbeits- und Produktionsbedingungen in dem betroffenen Betrieb. Nur in diesem Fall handelt es sich auch um einen Grund „auf Seiten“ des Gläubigers, der es rechtfertigt, dem Arbeitgeber das Entgeltrisiko zuzuweisen.
134Vgl. BAG, Urteile vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 34, und vom 4. Mai 2022 - 5 AZR 366/21 -, juris Rn. 23.
135Eine solche objektive Verantwortung der Klägerin ist nicht ersichtlich.
136Zutreffend ist zwar, dass sich der Betriebsstandort der Klägerin unter der Anschrift „J. in Rheda-Wiedenbrück“ befand. Die Kammer,
137vgl. VG Minden, Gerichtsbescheide vom 3. November 2022 - 16 K 1079/21 und 16 K 1116/21 -,
138hat in Bezug auf zwei der U. Unternehmensgruppe angehörende und an demselben Standort angesiedelte Gesellschaften, die ebenfalls der Betriebsschließung unterlagen, obwohl sie im Jahr 2020 keine Schlacht- und Zerlegearbeiten durchgeführt haben, nach den Maßstäben des Bundesarbeitsgerichts,
139vgl. BAG, Urteile vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, und vom 4. Mai 2022 - 5 AZR 366/21 -, jeweils juris,
140entschieden, dass sich für diese Unternehmen das Betriebsrisiko realisiert hat. Neben dem Zweck der Maßnahme (hier: Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus, auch indem verhindert wird, dass vom persönlichen Anwendungsbereich der Quarantäneverfügung nicht erfasste Personen den Betrieb jenseits der bewilligten Ausnahmen auf dem Betriebsstandort fortsetzen bzw. den Betriebsstandort betreten) spricht für diese Sichtweise auch, dass die dortigen Klägerinnen mit weiteren Unternehmen der U. Unternehmensgruppe (einschließlich der Schweinezerlegung) auf einem gemeinsamen Betriebsgelände angesiedelt waren und eine (nahezu) einheitliche Bewertung des Gefährdungspotenzials im Rahmen des gesellschafts- und betriebsteilübergreifenden Hygienekonzepts und der Gefährdungsbeurteilung für alle Mitarbeiter vorgenommen hatten, die u.a. dieselben Eingänge, Flure, Laufwege und Verpflegungsstätten sowie das Testcenter - unter Anordnung von u.a. Einbahnstraßenregelungen, Maskenpflichten und Aufenthaltsverboten - nutzen konnten.
141Diese Erwägungen gelten für die Klägerin allerdings nicht. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Klägerin aufgrund ihres Betriebssitzes unter der Anschrift „J. in Rheda-Wiedenbrück“ von den Schließungsanordnungen erfasst war. Insoweit bezweckten diese Maßnahmen auch, einem von den entscheidenden Behörden angenommenen, aus dem Betrieb der Klägerin resultierenden besonderen Infektionsrisiko zu begegnen. Allerdings fehlte es in dem Betrieb der Klägerin an Arbeits- und Produktionsbedingungen, die die Verbreitung des Coronavirus in besonderer Weise begünstigt haben. Denn ihr Betriebsstandort lag außerhalb des besonders gefahrgeneigten „produzierenden“ Bereichs der U. Unternehmensgruppe, in dem verschiedenste Teilbereiche tierischer Lebensmittelerzeugung - unter Ausnutzung der dadurch entstehenden Synergieeffekte - angesiedelt waren und der nur über gesonderte Zugänge zu erreichen war. Der Werksverkauf lag südlich und in deutlichem Abstand zur Hauptzugangsschleuse. Er verfügte über einen gesonderten Mitarbeitereingang und eigene Sozialräume. Eine relevante Überschneidung der Mitarbeiterinfrastruktur unter Ausnutzung besonderer Synergieeffekte bestand nicht. Die Anlieferung der Waren erfolgte nach übereinstimmenden Angaben der Klägerin und der Zeugin C. über einen externen Anlieferungsweg, der auch von den anderen Lieferanten (z.B. Edeka) genutzt wurde. Dass der Werksverkauf ausschließlich oder nur überwiegend von den Mitarbeitern des Betriebsstandorts aufgesucht worden wäre, ist nach den Angaben während der mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht erkennbar. Insgesamt lässt sich keine objektive Verantwortung der Klägerin feststellen, die es nach den Maßstäben des Bundesarbeitsgerichts rechtfertigen würde, ihr das Entgeltrisiko zuzuweisen.
142Liegt nach alledem ein Fall der Annahmeunmöglichkeit vor und ergibt die wertende Betrachtung im Rahmen von § 615 Satz 3 BGB, dass der Arbeitgeber das verwirklichte Risiko nicht tragen muss, verbleibt es dabei, dass sich aus § 615 BGB kein Lohnersatzanspruch ergibt und es bei dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ verbleibt. Dass in diesen Fällen letztlich dem Arbeitnehmer das „Pandemierisiko“ zugewiesen ist, ist als gesetzgeberische Entscheidung zu respektieren. Das Bestehen nachgelagerte Ansprüche hat auf die Auslegung der bürgerlich-rechtlichen Anspruchsgrundlagen keinen Einfluss. Es ist unerheblich, ob der Staat für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch seinen hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile tatsächlich gesorgt hat.
143Vgl. BAG, Urteile vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 37 ff., und vom 4. Mai 2022 - 5 AZR 366/21 -, juris Rn. 26 ff.
144Ob auf Sekundärebene etwaige Schadensersatzansprüche die Arbeitnehmerin wegen der Betriebsschließung gegenüber der Klägerin bestehen, ist für die Prüfung des Vorliegens eines Verdienstausfalls nicht relevant.
1453. Der Klägerin steht auch aus anderen Rechtsgrundlagen (etwa § 56 IfSG analog oder Aufopferungsanspruch o.ä.) und mit Blick auf die Betriebsschließung kein Anspruch auf Erstattung der an ihren Arbeitnehmer gezahlten Verdienstausfallentschädigung gegen das beklagte Land zu.
146Vgl. dazu im Einzelnen: Gerhardt, in: Gerhardt, IfSG, 6. Auflage 2022, § 56 Rn. 42 ff.; vgl. auch: BGH, Urteil vom 17. März 2022 - III ZR 79/21 -, juris Rn. 19.
147B. Der Klägerin steht danach der begehrte Anspruch auf Erstattung der von ihr verauslagen Sozialabgaben nach Maßgabe des § 57 IfSG ebenso wenig zu.
148C. Entsprechendes gilt hinsichtlich des geltend gemachten Zinsanspruchs, der denknotwendig das hier nicht gegebene Bestehen eines Zahlungsanspruchs voraussetzt.
149Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.