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1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert beträgt 2.500,00 €.
Gründe:
2I.
3Die Kammer geht unter Berücksichtigung des gestellten Antrags und der diesem beigegebenen Begründung, die nur Ausführungen zur Rechtswidrigkeit der Entziehungsverfügung enthält, davon aus, dass sich der Antragsteller im vorliegenden Eilverfahren allein gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis wendet. Hingegen sind die nur für den Fall, dass der Führerschein wieder in seinen Besitz gelangen sollte, ausgesprochene Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins und die Gebührenfestsetzung nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
4II.
5Der dementsprechend vom Antragsteller sinngemäß gestellte Antrag,
6die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 19. April 2021 (9 K 1359/21) gegen die in der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 24. März 2021 enthaltene Entziehung der Fahrerlaubnis wiederherzustellen,
7hat keinen Erfolg.
8Er ist zwar zulässig, aber unbegründet.
9Das Gericht kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Fall VwGO die aufschiebende Wirkung wiederherstellen, wenn – wie bei der hier angegriffenen Entziehungsverfügung – gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts angeordnet worden ist. Bei dieser Entscheidung hat das Gericht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes gegen das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung vorläufig verschont zu bleiben, abzuwägen. Die Abwägung orientiert sich dabei maßgeblich an den Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist zudem unabhängig von einer Interessenabwägung aufzuheben, wenn sie formell rechtswidrig ergangen ist.
10Diese Voraussetzungen sind hier indes nicht gegeben. Weder ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtswidrig (1.) noch fällt die Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers aus (2.).
111. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung hinsichtlich der Entziehungsverfügung ist formell rechtmäßig ergangen. Insbesondere genügt die schriftliche Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
12Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Im Rahmen des § 80 Abs. 3 VwGO, der die Behörde dazu zwingen soll, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzuges besonders sorgfältig zu prüfen, ist jede schriftliche Begründung ausreichend, die – sei sie sprachlich oder gedanklich auch noch so unvollkommen – zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält.
13Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. November 2011 – 16 B 24/11 –, juris, Rn. 3 ff., und vom 7. April 2014 – 16 B 89/14 –, juris, Rn. 2.
14Diesen Mindestanforderungen entspricht die in der Ordnungsverfügung vom 24. März 2021 für die Entziehungsverfügung gegebene Begründung des Antragsgegners. Der Antragsgegner hat hinreichend deutlich gemacht, dass er sich des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehung bewusst war, und er hat mit dem Hinweis auf eine erhebliche Gefährdung anderer am Straßenverkehr teilnehmender Personen durch den Antragsteller und die hohe Bedeutung der Sicherheit des Straßenverkehrs Umstände dargelegt, die seiner – des Antragsgegners – Ansicht nach ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Entziehungsverfügung begründen. Ob diese Darlegungen jeweils zutreffend sind und die Anordnung der sofortigen Vollziehung inhaltlich zu rechtfertigen vermögen, ist im Rahmen der Formvorschrift des § 80 Abs. 3 VwGO ohne Bedeutung.
152. Auch die im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Fall VwGO durch das Gericht vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der – im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen – summarischen Prüfung erweist sich die in der Ordnungsverfügung vom 24. März 2021 enthaltene Entziehungsverfügung als offensichtlich rechtmäßig.
16a) Die Ordnungsverfügung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Insbesondere ist sie nicht wegen einer unterbliebenen Anhörung nach § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen – VwVfG NRW – fehlerhaft. Dabei kann dahinstehen, ob hier eine Anhörung nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW entbehrlich war. Denn ein etwaiger Anhörungsmangel wäre jedenfalls, weil es sich bei der Entziehung der Fahrerlaubnis um eine gebundene Entscheidung handelt, nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich.
17b) Die Entziehungsverfügung in der Ordnungsverfügung vom 24. März 2021 ist zudem offensichtlich materiell rechtmäßig.
18Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes – StVG – i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnisverordnung – FeV –. Danach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Als ungeeignet erweist sich ein Fahrerlaubnisinhaber nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen.
19Als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen darf die Fahrerlaubnisbehörde aber nach den §§ 46 Abs. 3 und 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auch denjenigen Fahrerlaubnisinhaber ansehen, der sich weigert, bei der Aufklärung zu befürchtender Eignungsmängel mitzuwirken, der insbesondere einer zu Recht ergangenen Aufforderung zur Beibringung eines Gutachtens eines Arztes in einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nicht nachkommt, indem er sich entweder schon der Begutachtung nicht unterzieht oder aber nach erfolgter Begutachtung das Gutachten nicht fristgerecht vorlegt. Das ist hier der Fall.
20Der Antragsteller hat das mit Schreiben vom 7. Januar 2021 von ihm verlangte Gutachten eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV nicht fristgerecht innerhalb der ihm bis zum 16. März 2021 eingeräumten Frist beigebracht.
21Der Antragsgegner durfte auch von dieser nicht fristgerechten Vorlage des Gutachtens auf die fehlende Eignung des Antragstellers schließen. Ein solcher Rückschluss aus der Nichtvorlage eines Gutachtens auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ist nur dann zulässig, wenn die Anordnung, das genannte Gutachten beizubringen, rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist, und für die Weigerung, das Gutachten vorzulegen, kein ausreichender Grund besteht.
22St. Rspr. vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2015 – 3 B 16.14 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 14. November 2014 – 16 E 886/14 –, juris, Rn. 5, vom 4. Juni 2020 – 16 B 672/20 –, juris, Rn. 4; s.a. Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 11 FeV, Rn. 51 m.w.N.
23Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
24aa) Die unter dem 7. Januar 2021 ergangene Aufforderung des Antragsgegners an den Antragsteller, ein Gutachten eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen, ist voraussichtlich rechtmäßig.
25(1) Die Anordnung ist formell ordnungsgemäß ergangen. Der Antragsgegner hat die durch die Untersuchung zu klärende Frage nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens hinreichend konkret formuliert.
26Vgl. zu den Anforderungen an die Fragestellung BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2015 – 3 B 16.14 –, juris, Rn. 8 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 4. September 2000 – 19 B 1134/00 –, juris, Rn. 5 f., und vom 4. Juni 2020 – 16 B 672/20 –, juris, Rn. 8; s.a. Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 11 FeV, Rn. 42 ff.
27Die Anordnung genügt auch den Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV. Danach muss der Fahrerlaubnisinhaber der aus sich heraus verständlichen Anordnung entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob die in ihr verlautbarten Gründe die behördlichen Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu rechtfertigen vermögen.
28Vgl. ausführlicher dazu BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 – 3 C 20.15 –, juris, Rn. 21; OVG NRW, Beschlüsse vom 14. November 2013 – 16 B 1146/13 –, juris, Rn. 9, vom 5. März 2014 – 16 B 1485/13 –, juris, Rn. 3, und vom 4. Juni 2020 – 16 B 672/20 –, juris, Rn. 6; s.a. Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 11 FeV, Rn. 42 ff.
29Dies ist hier der Fall. In der Gutachtenanordnung hat der Antragsgegner ausgeführt, wie er von den Erkrankungen des Antragstellers erfahren hat, von welchen Erkrankungen er ausgeht, warum diese allein und/oder im Zusammenwirken Bedenken an der Fahreignung begründen und dass die vom Antragsteller vorgelegte ärztliche Bescheinigung diese Bedenken nicht habe ausräumen können.
30Der Antragsgegner hat dem Antragsteller für die Beibringung des Gutachtens auch nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV eine angemessene Frist bis zum 16. März 2021 eingeräumt und schließlich enthält das Schreiben des Antragsgegners vom 7. Januar 2021 auch die erforderlichen Hinweise nach § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 bzw. Abs. 8 Satz 2 FeV.
31(2) Die Anordnung zur Vorlage eines Gutachtens eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
32Sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 46 Abs. 3, 11 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 Nr. 5 FeV. Nach diesen Vorschriften kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines Gutachtens eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt, anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Betroffenen begründen. Bedenken dieser Art bestehen gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 (der Fahrerlaubnisverordnung) hinweisen.
33Dies ist hier der Fall. Der Antragsgegner hat zutreffend die Ausführungen u.a. in dem anlässlich des Antrags auf Ausstellung eines Ersatzführerscheins vom Antragsteller eingereichten Bericht der Fachärztin für Innere Medizin L. der Gemeinschaftspraxis für lnnere Medizin, Nieren- und Hochdruckerkrankungen E. . T2. u.a. in H. vom 10. Oktober 2017 zum Anlass genommen, den Antragsteller zur Klärung von Eignungszweifeln zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung aufzufordern. Denn die in dem Bericht geschilderten Erkrankungen des Antragstellers begründen Bedenken an seiner körperlichen oder geistigen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen.
34So wird im Bericht als Diagnose u.a. angegeben: chronische Niereninsuffizienz im Stadium G3bA1 bei Verdacht auf Nephrosklerose, sekundärer Hyperparathyreoidismus, normochrome normozytäre Anämie, arterielle Hypertonie, Eingefäß-Koronare Herzkrankheit im Zustand nach einem Nicht-ST-Hebungsinfarkt mit PTCA und DE-Stenting, kombiniertes Mitralklappenvitium, leichtgradige Trikuspidalklappeninsuffizienz, Diabetes mellitus Typ 2, Adipositas Grad I und lleus bei Zustand nach Colonteilresektion. Diese Erkrankungen, namentlich die Nieren-, Herz- und Diabetes-Erkrankungen, deren Vorliegen der Antragsteller nicht grundsätzlich in Abrede stellt, können die Fahreignung ausschließen.
35So kann nach Nr. 4.2 der Anlage 4 zur FeV und Nr. 3.4.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung der Bundesanstalt für Straßenwesen, Stand: 31. Dezember 2019, eine arterielle Hypertonie unter bestimmten Voraussetzungen die Fahreignung ausschließen. Ebenso kann bei anderen ebenfalls beim Antragsteller festzustellenden Herzerkrankungen wie der Koronaren Herzkrankheit oder der Herzinsuffizienz in besonderen Konstellationen eine Fahreignung entfallen (vgl. Nr. 4.5 der Anlage 4 zur FeV und Nr. 3.4.4 und 3.4.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung). Nach Nr. 5. der Anlage 4 zur FeV und Nr. 3.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung kann auch bei einer Diabetes-Erkrankung, wenn sie zu bestimmten Ausfällen führt, eine Fahreignung zu verneinen sein. Schließlich ist nach Nr. 10. der Anlage 4 zur FeV und Nr. 3.6 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung auch bei Nierenerkrankungen, wenn sie ein schweres Ausmaß haben, eine Fahreignung nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen gegeben.
36Zwar hat der Antragsteller für einige dieser Erkrankungen ärztliche Bescheinigungen vorgelegt, nach denen die jeweilige Erkrankung keine Auswirkungen auf die Fahreignung haben sollen. So gaben die Fachärzte für Innere Medizin und Diabetologie E. . B. und N. in ihrer Bescheinigung vom 12. November 2020 an, dass der Antragsteller an Diabetes mit Komplikationen der Niere leide, der Stoffwechsel aber stabil sei, es zudem in den letzten zwölf Monaten keine Hypoglykämien gegeben habe, Unterzuckerungen rechtzeitig erkannt und adäquat behandelt würden und auch keine Minderung der Aufmerksamkeit oder des Konzentrationsvermögens vorliege. In einer weiteren ärztlichen Bescheinigung vom 7. Dezember 2020 führte der Facharzt für Innere Medizin und Diabetologie N. zudem aus, beim Antragsteller bestehe eine diabetische Nephropathie und eine chronische Niereninsuffizienz Stadium III, eine spezielle medikamentöse Behandlung sei nicht erforderlich und die aktuelle Medikation sei bei eingeschränkter Nierenfunktion angepasst. Aus ärztlicher Sicht bestünden keine Bedenken bezüglich der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen von Klasse AM, A1, A2, A, L, T, B, BE (Gruppe 1).
37Hinsichtlich der anderen Erkrankungen, namentlich der diversen Herzerkrankungen und der Schilddrüsenerkrankung, hat der Antragsteller indes keine Bescheinigungen vorgelegt und auch aus der ärztlichen Bescheinigung des Facharztes für Innere Medizin und Diabetologie N. vom 7. Dezember 2020 kann nicht entnommen werden, dass die Herzerkrankungen keine Auswirkungen auf die Fahreignung des Antragstellers haben. Zwar hat der Arzt bescheinigt, dass aus ärztlicher Sicht keine Bedenken bezüglich der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen von Klasse AM, A1, A2, A, L, T, B, BE (Gruppe 1) bestünden. Diese Aussage kann vor dem Hintergrund der zuvor gestellten Diagnose „diabetische Nephropathie und eine chronische Niereninsuffizienz Stadium III“ nur als Bewertung der Auswirkung dieser Erkrankungen auf die Fahreignung verstanden werden. Insoweit begründen jedenfalls die Herzerkrankungen schon Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers.
38Hinzu kommt, dass die beim Antragsteller diagnostizierten Erkrankungen, selbst wenn sie – wie es bei der Diabetes- und Nierenerkrankung möglicherweise (die Bescheinigung betrifft nur die Fahrerlaubnis der Klassen der Gruppe 1) der Fall ist – teilweise für sich genommen eine Fahreignung (noch) nicht ausschließen, sich aber wechselseitig ungünstig beeinflussen können. Solch ein negatives Beeinflussen von Erkrankungen oder Auffälligkeiten, die für sich allein noch keinen Eignungszweifel auslösen, dahingehend, dass die Auffälligkeiten in ihrem Zusammenwirken Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen rechtfertigen können, ist allgemein anerkannt (vgl. Nr. 2.7 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung) und wird für Nierenerkrankungen und die Komplikationen und Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit und Diabetes mellitus sogar nochmals ausdrücklich in Nr. 3.6 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung („insbesondere unter Beachtung der Kombinationen“) betont. Dabei kommt es hier auf die Frage, ob beim Antragsteller ein solches negatives wechselseitiges Beeinflussen seiner Erkrankungen letztlich auch vorliegt und es ein solches Gewicht hat, dass es seine Fahreignung entfallen lässt, überdies nicht an. Denn diese Fragen sind im Rahmen der Beibringungsanordnung nicht Prüfungsgegenstand, sondern ihnen sollte die angeordnete Untersuchung durch einen Arzt bei einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung erst noch nachgehen.
39Waren demnach jedenfalls wegen der möglichen Kombinationen und Wechselwirkungen der verschiedenen Erkrankungen des Antragstellers Zweifel an dessen Fahreignung begründet, war es auch nicht zu beanstanden, eine Untersuchung durch einen Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung zu fordern. Zwar sieht § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV auch die Gutachten anderer Ärzte als solcher in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vor. Die Entscheidung, welche Art von Arzt und welcher Qualifikation der begutachtende Arzt sein soll, trifft indes die Fahrerlaubnisbehörde nach Ermessen,
40vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 24. April 2012 – 7 L 427/12 –, juris, Rn. 8,
41das der Antragsgegner hier fehlerfrei ausgeübt hat. Gerade weil sich die verschiedenen Erkrankungen wechselseitig ungünstig beeinflussen können, war hier eine Begutachtung durch einen Arzt einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, statt die Einholung mehrerer Gutachten durch mehrere für die jeweilige Erkrankung spezialisierte Ärzte ermessensfehlerfrei. Dies wird insbesondere auch von den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sogar ausdrücklich empfohlen (vgl. Nr. 2.7 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung a.E.: „Es kann erforderlich werden, dass gerade bei Auffälligkeiten oder Mängeln, die unabhängig voneinander zu sein scheinen, […] eine Begutachtungsstelle für Fahreignung mit der Begutachtung beauftragt werden müssen.“).
42bb) Weil der Antragsteller der nach alledem rechtmäßigen Aufforderung, seinen Gesundheitszustand zusammenfassend durch einen Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung begutachten zu lassen, ohne ausreichenden Grund nicht nachgekommen und ein entsprechendes Gutachten nicht fristgerecht beigebracht hat, durfte der Antragsgegner nach § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Antragstellers schließen und ihm war zwingend die Fahrerlaubnis nach §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 FeV zu entziehen. Ein Ermessen stand dem Antragsgegner hier nicht zu.
43c) Anhaltspunkte dafür, dass trotz der somit anzunehmenden offensichtlichen Rechtmäßigkeit der Grundverfügung – der Entziehung der Fahrerlaubnis – den Interessen des Antragstellers daran, von der sofortigen Durchsetzung des Verwaltungsaktes vorläufig verschont zu bleiben, der Vorrang gebührt, sind nicht ersichtlich. Bereits die von der Teilnahme ungeeigneter Fahrer am motorisierten Straßenverkehr ausgehende abstrakte Gefahr rechtfertigt in aller Regel – und so auch hier – die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung. Demgegenüber haben die privaten Interessen des Antragstellers zwar Gewicht, vermögen aber gegenüber dem überragend wichtigen Gemeinschaftsgut der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs nicht den Ausschlag zu geben. Dabei gilt schon grundsätzlich, dass die Entziehung einer Fahrerlaubnis die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers gravierend beeinflussen und im Einzelfall bis zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage reichen kann. Es wird aber allgemein davon ausgegangen, dass der Betroffene die mit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis und Abgabe seines Führerscheins verbundenen persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten für ihn jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbaren Auftrags der Straßenverkehrsbehörde zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinnehmen muss.
44Vgl. allg. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. April 2014 – 16 B 89/14 –, juris, Rn. 14, vom 4. Dezember 2017 – 16 B 390/17 –, juris, Rn. 29, und vom 17. Februar 2020 – 16 B 885/19 –, juris, Rn. 26; s.a. BVerfG, Beschlüsse vom 15. Oktober 1998 – 2 BvQ 32/98 –, juris, Rn. 5, und vom 25. September 2000 – 2 BvQ 30/00 –, juris, Rn. 4.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG –.