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Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchs-bescheids vom 6. November 2017 verpflichtet, der Klägerin fünf Tage Erholungsurlaub gutzuschreiben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten jeweils vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über den Umfang des der Klägerin als Beamtin der Bundeswehr zu gewährenden (Rest-) Erholungsurlaubs für das Jahr 2016.
3Die am 11. M. 19XX geborene Klägerin wurde mit Wirkung vom 1. August 20XX von der Beklagten unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Medizinalrätin ernannt. Zuletzt wurde die Klägerin am 30. August 20XX zur Medizinaldirektorin befördert.
4Mit Verfügung des Bundesamts für das Q. der C. - C1. - vom 10. August 2015 wurde die Klägerin zum Zentrum für Sportmedizin der C. in X. versetzt. Die wöchentliche Arbeitszeit wurde auf Antrag der Klägerin mit den Verfügungen des C1. vom 13. Juli 2015 und 23. Februar 2016 zeitweise auf 35 bzw. 37 Stunden pro Woche reduziert, allerdings unter Beibehaltung von 5 Arbeitstagen pro Woche.
5Der Klägerin stand zum Ende des Kalenderjahrs 2015 ein verbleibender Erholungsurlaub von 7 Tagen zu. Für das Jahr 2016 wurden ihr 30 Tage Erholungsurlaub gutgeschrieben. Im Jahr 2016 nahm sie - neben 21 Gleittagen zum Abbau ihres Arbeitszeitkontos - 12 Tage Erholungsurlaub in Anspruch, sodass sie das Kalenderjahr 2016 mit einem Anspruch auf Erholungsurlaub von 25 Tagen abschloss.
6Am 14. November 2016 beantragte die Klägerin beim C1. die Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit ab dem 1. Januar 2017 auf 31 Stunden, verteilt auf 4 Arbeitstage pro Woche. Mit Verfügung des C1. vom 15. Dezember 2016 wurde die Arbeitszeit antragsgemäß festgesetzt.
7Mit Schreiben vom 1. Februar 2017 teilte das C1. unter Hinweis auf § 5 Abs. 1 und 5 der Verordnung über den Erholungsurlaub der Beamtinnen, Beamten und Richterinnen und Richter des Bundes (Erholungsurlaubsverordnung - EurlV -) der Klägerin das Ergebnis einer Neuberechnung des ihr für das Kalenderjahr 2017 zustehenden Erholungsurlaubs mit. Unter Berücksichtigung ihres (Rest-) Erholungsurlaubs von 25 Tagen sowie des Erholungsurlaubs von 30 Tagen für das Jahr 2017 ergebe sich danach aus Sicht des C1. bei einer Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 4 Tage für das Jahr 2017 insgesamt ein Erholungsurlaub in Höhe von 44 Tagen (25 Tage geteilt durch 5, multipliziert mit 4 [= 20 Tage] für das Jahr 2016, zuzüglich 30 Tage für das Jahr 2017 geteilt durch 5, multipliziert mit 4 [= 24 Tage]).
8Unter Bezugnahme auf diese Berechnung beantragte die Klägerin am 25. April 2017, ihr den Erholungsurlaub aus dem Jahr 2016 vollumfänglich - anstatt im Verhältnis von 4/5 gekürzt - zu gewähren. In diesem Zusammenhang legte sie eine Bescheinigung des stellvertretenen Leiters des Zentrums für Sportmedizin der C. vom 10. April 2017 vor, in der dieser im Wesentlichen erklärte: Aufgrund verschiedener Umstände (u.a. Ausgleich des Gleitzeitkontos, hohes Patientenaufkommen) habe der Klägerin im Jahr 2016 zusätzlich zu den bereits gewährten Urlaubstagen im Oktober und November 2016 bis zum Wechsel auf ihren neuen Dienstposten im Januar 2017 kein weiterer Urlaub gewährt werden können.
9Mit Bescheid vom 10. Mai 2017 lehnte das C1. den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung machte es im Wesentlichen geltend: Der Erholungsurlaub in Höhe des unionrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs könne u.a. nur dann erhalten bleiben, wenn gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EUrlV der Erholungsurlaubsanspruch aufgrund der Ablehnung oder des Widerrufs des Erholungsurlaubs nicht gewährt werden konnte. Dies setze voraus, dass - was hier nicht der Fall sei - ein Antrag auf Gewährung von Erholungsurlaub abgelehnt worden sei.
10Am 13. K. 2017 erhob die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch und führte zur Begründung im Wesentlichen an: Es sei nachvollziehbar, dass ihr ab dem Jahr 2017 nur noch ein Erholungsurlaub im Umfang von 24 Tagen pro Jahr zustehe. Allerdings sei die Reduzierung des aus dem Jahr 2016 verbleibenden Erholungsurlaubs von 25 auf 20 Tage rechtswidrig. Insoweit fehle es an einer tragfähigen Rechtsgrundlage, da § 5a EUrlV im Lichte der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in Sachen C2. (Beschluss vom 13. K. 2013 - C-415/12 -, juris) und Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols (Urteil vom 22. April 2010 - C-486/08 -, juris) unionsrechtswidrig sei. Sie habe ihren Antrag auf Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit am 14. November 2016 gestellt. In der verbleibenden Zeit sei es ihr u.a. aufgrund dringender dienstlicher Verpflichtungen nicht möglich gewesen, ihren Erholungsurlaub zu nehmen. Von ihr in dieser Situation zu verlangen, einen Urlaubsantrag zu stellen, wäre „reine Förmelei“ gewesen.
11Mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2017, gegen Empfangsbekenntnis zugestellt an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Empfangsbekenntnis am 8. November 2017, wies das C1. den Widerspruch zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte es die im Ausgangsbescheid angestellten Erwägungen. Ergänzend hierzu führte es im Wesentlichen aus: Die Reduzierung des Erholungsurlaubs beruhe auf § 5a EUrlV. Ein Ausnahmefall nach § 5a Abs. 1 Nr. 1 bis 5 EUrlV läge nicht vor. Insbesondere habe die Klägerin keinen Urlaubsantrag gestellt, der abgelehnt oder widerrufen worden sei. Die Vorschrift sei mit Unionsrecht zu vereinbaren.
12Die Klägerin hat am 8. Dezember 2017 Klage erhoben, zu deren Begründung sie ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend macht sie im Wesentlichen geltend: Soweit der Europäische Gerichtshof auf die Möglichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme des Erholungsurlaubs verweise, seien die konkreten Gegebenheiten des Beschäftigungsverhältnisses zu berücksichtigen. Dabei komme es nicht auf das gesamte Urlaubsjahr an, sondern nur auf den Zeitraum nach der Antragstellung bzw. Genehmigung der Arbeitszeitreduzierung. Vom 14. November 2016 bis zum 31. Dezember 2016 habe nachweislich keine Möglichkeit bestanden, den Erholungsurlaub zu nehmen. Abgesehen davon habe sie erst am 19. Dezember 2016 erfahren, dass ihrem Antrag auf Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit stattgegeben worden sei. Vor diesem Zeitpunkt habe für sie keine Veranlassung bestanden, in besonderem Umfang Erholungsurlaub zu nehmen. Überdies habe sie nachweislich im gesamten Jahr 2016 nicht die Möglichkeit gehabt, die weiteren Tage Erholungsurlaub zu nehmen. Eine Umrechnung des (Rest-) Erholungsurlaubs könne auch nicht auf den Umstand gestützt werden, dass sie keinen Urlaubsantrag gestellt habe. Jedenfalls habe der Dienstherr die Verpflichtung gehabt, sie hinreichend individuell u.a. auf die tatsächliche Möglichkeit der Inanspruchnahme ihres Erholungsurlaubs sowie auf die Regelungen der EUrlV hinzuweisen. Dieser u.a. aus § 94 des Bundesbeamtengesetzes - BBG - folgende Hinweispflicht sei die Beklagte nicht hinreichend nachgekommen. Ein Hinweis auf die rechtlichen Folgen einer Teilzeitbeschäftigung sei weder mündlich noch schriftlich erfolgt. Auch ein Merkblatt sei ihr nicht ausgehändigt worden. Ebenso wenig habe die Beklagte darauf hingewirkt, dass sie den Erholungsurlaub noch rechtzeitig in Anspruch nehme. Jedenfalls habe sie den ihr zustehenden Resturlaub im Jahre 2016 nicht mehr in Anspruch nehmen können, weil es aufgrund dienstlicher Notwendigkeiten keine Möglichkeit gegeben habe, dem Dienst urlaubsbedingt fernzubleiben. Sie sei davon ausgegangen, den im Jahr 2016 verbleibenden Resturlaub auch nach Reduzierung ihrer Arbeitszeit im Folgejahr in Anspruch nehmen zu können.
13Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
14die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2017 zu verpflichten, ihr aus dem Jahr 2016 fünf weitere Urlaubstage gutzuschreiben.
15Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
16die Klage abzuweisen,
17und verweist auf die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Ausführungen. Ergänzend macht sie geltend: § 5a EUrlV stehe nicht im Widerspruch zu den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in Sachen C2. und Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols. Vielmehr seien mit der Vorschrift die Vorgaben konsequent umgesetzt worden. Grundsätzlich obläge dem Dienstherrn die Entscheidung, ob dienstliche Gründe einer Inanspruchnahme von Erholungsurlaub entgegenstünden. Dies setze die Stellung eines Urlaubsantrags voraus, zumal eine nachträglich Erklärung, ein Erholungsurlaub habe nicht genommen werden können, nicht mehr objektiv nachprüfbar sei. Bereits die erfolgte Gewährung von freien Tagen zum Ausgleich des Gleitzeitkontos im Jahr 2016 zeige, dass zwingende dienstliche Gründe einer Inanspruchnahme des Erholungsurlaubs nicht entgegengestanden hätten. Bei der Frage, ob die Klägerin die tatsächliche Möglichkeit zur Inanspruchnahme ihres Erholungsurlaubs gehabt habe, sei nach § 7 Abs. 1 EUrlV auf das gesamte Kalenderjahr abzustellen. Dass ihr dies nicht möglich gewesen sei, habe sie nicht nachgewiesen. Eine Hinweispflicht des Dienstherrn habe nicht bestanden. Soweit eine solche in der Rechtsprechung bejaht worden sei, betreffe dies ausschließlich Konstellationen, in denen Urlaub ohne Dienstbezüge beantrag worden sei. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.
18Ferner sei die Klägerin auch hinreichend gemäß § 94 BBG über die Folgen einer Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit hingewiesen worden. Ein entsprechender Hinweis sei zwar nicht schriftlich, jedoch fernmündlich durch die zuständige Sachbearbeiterin erfolgt. Eine Pflicht zur Aushändigung eines Merkblatts bestehe nicht. Ohnehin sei Rechtsfolge einer unterbliebenen Belehrung die Verpflichtung zur Leistung eines durch die fehlende Information bedingten Schadens. Wäre der Klägerin jedoch ein schriftlicher Hinweis erteilt worden, wäre es zu derselben Umrechnung gekommen, wie vorliegend geschehen. Dies sei damit zu erklären, dass die Klägerin bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von vier Tagen pro Woche lediglich 24 Tage benötige, um auf eine Urlaubszeit von sechs Wochen zu kommen. Dies entspreche einem Urlaubsanspruch von 30 Tagen bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von fünf Tagen. In beiden Fällen ergebe sich ein Urlaubsanspruch von insgesamt sechs Arbeitswochen. Mit Blick auf den hohen Verwaltungsaufwand, der in Zusammenhang mit ihrem Antrag auf Teilzeit entstanden sei und durch den Umfang des diesbezüglichen Verwaltungsvorgangs dokumentiert werde, sei ihr Vorbringen, sie hätte den Antrag auf Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit wohlmöglich zurückgenommen, wenn sie von dem Verlust der Urlaubstage Kenntnis erlangt hätte, darüber hinaus nicht überzeugend.
19Mit Kammerbeschluss vom 14. November 2019 wurde das Verfahren der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen (§ 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ferner auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die über die Klägerin geführte Personalakte Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22A. Die Einzelrichterin entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. Das dazu erforderliche Einverständnis der Beteiligten liegt vor. Die Beteiligten haben jeweils durch Schriftsätze vom 15. Dezember 2020 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
23B. Die als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO) statthafte auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der ablehnende Bescheid vom 10. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Gutschrift von (Ersatz-) Erholungsurlaub in einem Umfang von fünf Tagen zu.
24I. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch. Die ungeschriebenen tatbestandlichen Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs sind in ihren Strukturen weitgehend geklärt, auch wenn in der näheren dogmatischen Ableitung dieses Anspruchs unverändert unterschiedliche Auffassungen vertreten werden. Ein Anspruch auf Folgenbeseitigung ist jedoch nach insoweit unumstrittenem Stand der Rechtsprechung jedenfalls unter folgenden Voraussetzungen grundsätzlich gegeben: Es muss ein hoheitlicher Eingriff vorliegen, der ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt. Für den Betroffenen muss dadurch ein rechtswidriger Zustand entstanden sein, der andauert. Der Anspruch zielt auf Wiederherstellung des ursprünglich rechtmäßigen Zustands oder eines gleichwertigen Zustands, falls die identische Wiederherstellung nicht möglich ist oder unverhältnismäßige Aufwendungen erforderlich machen würde.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 - 4 C 24.91 -, juris Rn. 24; Beschluss vom 27. Mai 2015 - 7 B 14.15 -, juris Rn. 8; OVG NRW, ebenso Urteil vom 18. März 2019 - 6 A 2122/17 -, juris Rn. 98 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2016 - 5 S 531/13 -, juris Rn. 21; OVG Niedersachsen, Urteil vom 31. März 2004 - 13 LB 11/03 -, juris Rn. 23.
26II. Die Voraussetzungen dieses Anspruchs sind vorliegend gegeben. Die Beklagte hat hoheitlich eine subjektive Rechtsposition der Klägerin (hierzu unter 1.) verletzt, indem sie ihr den zustehenden Erholungsurlaub aufgrund des Übergangs von Voll- zu einer Teilzeitbeschäftigung zum 1. Januar 2017 ohne vorigen Hinweis auf die Folge dieses Übergangs auf die Ansprüche auf Erholungsurlaub um fünf Tage gekürzt hat (hierzu unter 2.). Als Rechtsfolge steht der Klägerin eine Gutschrift der bislang vorenthaltenen Urlaubstage zu (hierzu unter 3.).
271. Gemäß § 89 Satz 1 BBG steht Beamtinnen und Beamten jährlich ein Erholungsurlaub unter Fortgewährung der Besoldung zu. Die Bewilligung, die Dauer und die Abgeltung des Erholungsurlaubs regelt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (Satz 2). Daher findet dies ergänzend die Verordnung über den Erholungsurlaub der Beamtinnen, Beamten und Richterinnen und Richter des Bundes (Erholungsurlaubsverordnung - EUrlV -) Anwendung.
28Gemäß § 5 Abs. 1 EUrlV beträgt der Erholungsurlaub für Beamtinnen und Beamte, deren regelmäßige Arbeitszeit auf 5 Tage in der Kalenderwoche verteilt ist, für jedes Urlaubsjahr 30 Arbeitstage.
29Ein Anspruch auf Erholungsurlaub in dieser Höhe stand der Klägerin für das Kalenderjahr 2016 auch grundsätzlich zu, weil die von ihr regelmäßig zu leistende Arbeitszeit in diesem Jahr auf 5 Arbeitstage verteilt war.
302. Die insofern der Klägerin zustehenden Rechtsposition (Anspruch auf Erholungsurlaub in Höhe von 30 Tagen pro Urlaubsjahr) hat die Beklagte in rechtswidriger Weise verletzt. Zwar kam im Falle der Klägerin grundsätzlich eine Verringerung des Urlaubsanspruchs gemäß § 5a EUrlV ab dem 1. Januar 2017 in Betracht (hierzu unter a)). Jedoch ist eine solche Kürzung aufgrund eines Verstoßes gegen die der Beklagten obliegenden Hinweispflicht rechtswidrig erfolgt (hierzu unter b)).
31a) Gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 EUrlV ist der Urlaubsanspruch, der über den Urlaubsanspruch nach § 5a Abs. 1 EUrlV hinausgeht, ab dem Zeitpunkt des Übergangs von einer Voll- zu einer Teilzeitbeschäftigung im selben Verhältnis zu verringern wie die Zahl der wöchentlichen Arbeitstage. Aus § 5a EUrlV geht hervor, dass ein zum Zeitpunkt des Übergangs von Vollzeit- zu Teilzeitbeschäftigung bereits erworbener Erholungsurlaub sich entsprechend dem Umfang der Teilzeitbeschäftigung verringert, sofern es sich nicht um „geschützten“ Erholungsurlaub handelt. Geschützt im Sinne des § 5a Abs. 1 EUrlV ist Erholungsurlaub nur, wenn kumulativ zwei Bedingungen erfüllt sind, und zwar muss mindestens eine der Voraussetzungen des § 5a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 EUrlV vorliegen (1. Voraussetzung) und der Erholungsurlaub muss Teil des unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs sein (2. Voraussetzung).
32b) Auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen kommt es vorliegend jedoch nicht an, da die Beklagte gegen die in § 94 Bundesbeamtengesetz - BBG - geregelte Hinweispflicht verstoßen hat.
33Vgl. zu entsprechenden Fällen VG Bayreuth, Urteil vom 29. Juli 2014 - B 5 K 12.581 -, juris Rn. 38.
34Nach § 94 BBG sind die Beamtinnen und Beamten bei Beantragung einer Verkürzung der Arbeitszeit oder einer langfristigen Beurlaubung auf die Folgen verkürzter Arbeitszeit oder langfristiger Beurlaubungen hinzuweisen, insbesondere auf die Folgen für Ansprüche aufgrund beamtenrechtlicher Regelungen sowie auf die Möglichkeit einer Befristung mit Verlängerung und deren Folgen.
35Dass der Gesetzgeber es hinsichtlich angestrebter Beurlaubungen bzw. dem Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung für angezeigt erachtet hat, den Dienstherrn zu bestimmten Hinweisen zu verpflichten, bindet den Dienstherrn kraft Art. 20 Abs. 3 GG unmittelbar. Nach dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe ist die Verwaltung und damit auch der Dienstherr grundsätzlich und gegenüber jedermann - also auch gegenüber den Dienstnehmern - an Gesetz und Recht gebunden, mithin verpflichtet, einer auferlegten Hinweispflicht gerecht zu werden. Die Hinweise müssen, um sinnvoll zu sein, so rechtzeitig vor einer antragsgemäßen Bewilligung gegeben werden, dass dem Beamten angemessen Gelegenheit bleibt, zu reagieren und gegebenenfalls seinen Antrag zurückzunehmen oder zu ändern. Die Hinweispflicht dient dem Schutz weniger rechtskundiger Beamter und macht das Bestehen der Hinweispflicht tatbestandlich nicht davon abhängig, dass die Sach- und/oder Rechtslage so verworren ist, dass der Beamte selbst die partiell nachteiligen Folgen der beantragten Beurlaubung nicht hatte erkennen können.
36Vgl. auch OVG Saarland, Urteil vom 23. September 2015 - 1 A 219/14 -, juris Rn. 31 und 36 jeweils m.w.N.
37aa) § 94 BBG stellt eine Abweichung von dem Grundsatz dar, dass der Dienstherr die im Rahmen seiner Fürsorgepflicht zu einer allgemeinen Belehrung über die mit dem Handeln des Beamten verbundenen Folgen grundsätzlich nicht verpflichtet ist. Aufgrund dieser Ausnahmeregelung ist der Dienstherr daher verpflichtet, vor der Entscheidung über den Antrag über die damit verbundenen rechtlichen Folgen hinzuweisen.
38Vgl. BeckOK, Beamtenrecht Bund, 20. Edition (Stand: 1. April 2020), § 94 BBG Rn. 1.
39bb) Eine Hinweispflicht im Sinne von § 94 BBG ist vorliegend entstanden. Die Klägerin hat zum einen mit ihrem Antrag vom 14. November 2016 die Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit ab dem 1. Januar 2017 auf 31 Stunden, verteilt auf 4 Arbeitstage pro Woche, beantragt. Eine solche Reduzierung der Arbeitszeit hat gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 EUrlV eine Verringerung des Urlaubsanspruchs zur Folge.
40Vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 29. K. 2016 - 2 B 118.15 -, juris Rn. 10 und Rn. 15.
41Gleichwohl hat die Beklagte die Klägerin nicht pflichtgemäß auf die Folgen der Verkürzung der Arbeitszeit hingewiesen. Dies folgt aus einer Gesamtschau des Vorbringens der Beteiligten sowie den dem Gericht vorliegenden Verwaltungsvorgängen.
42(1) Dass die Beklagte der ihr nach § 94 BBG obliegenden Hinweispflicht in schriftlicher Form nachgekommen wäre, ist dem Verwaltungsvorgang nicht zu entnehmen.
43Es entspricht den üblichen Gepflogenheiten einer geordneten Aktenführung, Unterlagen, mit denen die Erfüllung bestehender Pflichten und Obliegenheiten nachgehalten werden, zu Beweiszwecken ebenfalls zu den Akten zu nehmen. Fehlen Unterlagen, so muss im Umkehrschluss davon ausgegangen werden, dass das, was mit den Unterlagen belegt werden soll, gerade nicht geschehen ist.
44Vgl. sinngemäß VG Cottbus, Urteil vom 14. März 2012 - 1 K 28/09 -, Rn. 36 m.w.N.
45Auch wenn von der Beklagten bereits schriftsätzlich zugestanden, weist das Gericht klarstellungshalber darauf hin, dass sich im Verwaltungsvorgang kein Vermerk über eine ggf. schriftlich erfolgte Belehrung der Klägerin befindet. Ebenso wenig befindet sich im Verwaltungsvorgang darüber hinaus ein Vermerk über eine mündlich erfolgte Belehrung der Klägerin. Der Verwaltungsvorgang enthält jedoch einige mitunter handschriftlich gefertigte Telefonvermerke, die den Inhalt eines geführten Telefonats zumindest grob skizzierend widergeben. Daher muss bei lebensnaher Betrachtungsweise und unter Berücksichtigung einer ordnungsgemäßen Aktenführung davon ausgegangen werden, dass bei Erteilung eines - immerhin gesetzlich erforderlichen - Hinweises ein jedenfalls handschriftlicher Aktenvermerk angefertigt worden wäre. Da dies vorliegend nicht der Fall ist, geht das Gericht davon aus, dass nicht nur ein schriftlicher, sondern auch ein fernmündlicher Hinweis unterblieben ist.
46Dies folgt ergänzend zu dem bereits Ausgeführten auch aus dem § 444 ZPO innewohnenden allgemeinen Rechtsgedanken. Nach dieser Vorschrift können Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit und den Inhalt einer Urkunde als bewiesen angesehen werden, wenn eine Urkunde von einer Partei in der Absicht, ihre Benutzung dem Gegner zu entziehen, beseitigt oder zur Benutzung untauglich gemacht wird. Diesbezüglich weist das Gericht - klarstellungshalber - darauf hin, dass vorliegend nicht ansatzweise Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die zugrunde liegenden Verwaltungsvorgänge in einer § 444 ZPO entsprechenden Art und Weise verändert worden sind. Das Gericht knüpft lediglich an den dieser Vorschrift zugrunde liegenden Rechtsgedanken an. Dieser ermöglicht es der Einzelrichterin, die Tatsache, dass den Verwaltungsvorgängen eine Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Hinweispflicht durch die Beklagte nicht zu entnehmen ist, dahingehend zu werten, dass ein solcher Hinweis nicht ergangen ist.
47(2) Auch sieht die Einzelrichterin kein Bedürfnis einer darüber hinausgehenden Sachaufklärung.
48Zwar trägt die Beklagte vor, eine Belehrung sei durch die zuständige Sachbearbeiterin erfolgt. Gleichwohl begründet dies keinen Anlass für weitere Ermittlungen. Zum einen hat die Klägerin das Vorbringen der Beklagten, sie habe sie, die Klägerin, ordnungsgemäß belehrt, hinreichend bestritten. Anlass, am Vorbringen der Klägerin zu zweifeln, sieht das Gericht unter Berücksichtigung des bereits erläuterten Akteninhalts nicht.
49Ohnehin ist das Vorbringen der Beklagten, die zuständige Sachbearbeiterin habe die Klägerin hinreichend über die Folgen der Umstellung von Voll- auf Teilzeit aufgeklärt, zu pauschal, um Anlass für eine weitere Sachaufklärung zu begründen. Wann und unter welchen Umständen sowie mit welchem konkreten Inhalt eine solche Belehrung stattgefunden haben soll, trägt die Beklagte nicht vor. Auch liefert sie keine Anhaltspunkte, die es erklären würden, warum trotz der behördenintern offenbar bestehenden Praxis, handschriftliche Telefonvermerke zu fertigen, über die erforderliche Belehrung ein entsprechender Vermerk gerade nicht erstellt wurde.
503. Der Folgenbeseitigungsanspruch ist auf die Wiederherstellung des ursprünglich rechtmäßigen Zustandes gerichtet, da er bis heute anhält. Denn die Beklagte hat der Klägerin die zu Unrecht verringerten Urlaubstage bislang nicht gutgeschrieben.
51Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. September 2000 - 2 C 5.99 -, juris; Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 35.02 -, juris; VG Bayreuth, Urteil vom 29. Juli 2014 - B 5 K 12.581 -, juris Rn. 38.
52a) Darüber hinaus war es der Klägerin offensichtlich auch nicht möglich, den eingetretenen rechtswidrigen Zustand (s.o.) dadurch abzuwenden, dass sie den für das Kalenderjahr 2016 noch verbleibenden Resturlaub noch vor Ablauf des 31. Dezember 2016 in Anspruch nimmt. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass die Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit erst am 15. Dezember 2016 erfolgt ist und der Klägerin erst am 19. Dezember 2016 bekannt wurde.
53b) Als Rechtsfolge soll der Folgenbeseitigungsanspruch diesen rechts- und fürsorgewidrigen Zustand mit der rechtsnormativen Lage in der Weise wieder in Einklang bringen, dass der ursprünglich rechtmäßige Zustand wieder hergestellt und dadurch die Fortdauert des rechtswidrigen Zustands beendet wird.
54Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 1984 - 4 C 51.80 -, juris Leitsatz und Rn. 15; VG Oldenburg, Urteil vom 22. November 2017 - 5 A 2233/16 -, juris Rn. 47.
55Eine Beseitigung des rechtswidrigen Zustands kann vorliegend nur durch die Gutschrift der zu Unrecht verringerten Urlaubszeit erfolgen.
56Vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 29. Juli 2014 - B 5 K 12.581 -, juris Rn. 38.
57III. Ob eine Reduzierung des aus dem Jahr 2016 verbleibenden Erholungsurlaubs von 25 auf 20 Tage mit Blick auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in Sachen C2. (Beschluss vom 13. K. 2013 - C-415/12 -, juris) und Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols (Urteil vom 22. April 2010 - C-486/08 -, juris) unionsrechtswidrig ist, braucht demnach vorliegend nicht abschließend geklärt zu werden.
58C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht jeweils auf § 167 VwGO i.V.m §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.