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Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 25.10.2004 wird bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides insoweit wiederhergestellt, als die Antragsgegnerin angeordnet hat, dass der Antragsteller seine Approbationsurkunde und sämtliche Kopien der Urkunde bei ihr hinterlegen soll. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
3. Der Streitwert wird auf 20.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
2Der Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 28.10.2004 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.10.2004 wieder herzustellen,
4ist nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet. Im Übrigen ist er unbegründet.
5Die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Der Antragsgegnerin war der Ausnahmecharakter des Sofortvollzuges insoweit ersichtlich bewusst und der ausführlichen Begründung des umstrittenen Bescheides ist zu entnehmen, dass sie aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalles ausnahmsweise eine sofortige Vollziehung für angemessen hielt. Weitergehende Anforderungen stellt § 80 Abs. 3 VwGO nicht.
6Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 05.07.1994 - 18 B 1171/94 -, NWVBl. 1994, 424, vom 09.06.2004 - 18 B 22/04 -, vom 24.09.1993 - 5 B 1412/93 - (Juris) und vom 10.09.2003 - 13 B 1313/03 -.
7Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der streitigen Ruhensanordnung überwiegt hier in aus dem Tenor ersichtlichen Umfang das private Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung der Vollziehung. Denn die angefochtene Verfügung erweist sich bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage jedenfalls insoweit als offensichtlich rechtmäßig, als es um die Anordnung des Ruhens der Approbation geht. Außerdem fällt die Abwägung des Individualinteresses des Antragstellers an der Erlangung aufschiebender Wirkung seines Rechtsbehelfs und des öffentlichen Interesses an der schnellstmöglichen Durchsetzung von Behördenmaßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit hier insoweit zum Nachteil des Antragstellers aus.
8Das OVG NRW hat in seinem Beschluss vom 01.07.2004 - 13 B 2436/03 - hinsichtlich einer - wie hier - für sofort vollziehbaren Ruhensanordnung Folgendes ausgeführt:
9"Sowohl die Anordnung des Ruhens der Approbation selbst als auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ruhensanordnung sind als Eingriffe in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufsausübung und -wahl zu qualifizieren. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer behördlichen Maßnahme stellt einen selbständigen im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG relevanten Eingriff dar, der in seinen Wirkungen über diejenigen des materiell zu überprüfenden Verwaltungsakts hinausgeht, und erfordert deshalb auch eine eigenständige Prüfung am Maßstab dieser Verfassungsnorm.
10BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschlüsse vom 24. Oktober 2003 - 1 BvR 1594/03 -, NJW 2003, 3618, vom 16. Januar 1991 - 1 BvR 1326/90 -, NJW 1991, 1530, und vom 2. März 1977 - 1 BvR 124/76 -, BVerfGE 44, 105.
11Zwar lässt Art. 12 Abs. 1 GG einen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter zu. Überwiegende öffentliche Belange können es nämlich ausnahmsweise rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Wegen der gesteigerten Eingriffsintensität beim Sofortvollzug einer approbationsrechtlichen Maßnahme sind hierfür jedoch nur solche Gründe ausreichend, die in angemessenem Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen und die ein Zuwarten bis zur Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens ausschließen. Wegen der dem Grundrecht der Berufsfreiheit zuerkannten hohen Bedeutung kann dabei für die Beurteilung des Sofortvollzugs nicht schon die große Wahrscheinlichkeit genügen, dass das Hauptsacheverfahren zum gleichen Ergebnis führen wird. Vielmehr setzt eine solche Maßnahme gemäß Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot die zusätzliche Feststellung voraus, dass sie schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter erforderlich ist. Dieses Erfordernis entspricht der Funktion von Präventivmaßnahmen, mit denen für eine Zwischenzeit ein Sicherungszweck verfolgt wird, der es ausnahmsweise rechtfertigt, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt dabei von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter bzw. für Dritte befürchten lässt, wobei es Aufgabe der um vorläufigen Rechtsschutz ersuchten Verwaltungsgerichte ist, eine eigenständige Prognose der konkreten (Dritt- )Gefährdung anzustellen.
12Vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschlüsse vom 24. Oktober 2003 - 1 BvR 1594/03 - a.a.O., vom 4. März 1997 - 1 BvR 327/97 -, vom 16. Januar 1991 - 1 BvR 1326/90 -, a.a.O., und vom 2. März 1977 - 1 BvR 124/76 - a.a.O.; OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Februar 2004 - 13 B 2435/03 -, vom 3. Februar 2004 - 13 B 2369/03 -, vom 9. Dezember 2003 - 13 B 1944/03 - und vom 22. März 1999 - 13 B 193/99 -.
13Die verfassungsrechtlichen Kriterien der zum Widerruf von Approbationen und zur Anordnung der sofortigen Vollziehung ergangenen Entscheidungen wendet der Senat auch bezüglich der hier in Frage stehenden Anordnung des Ruhens der Approbation an, weil auch beim Ruhen der Approbation der ärztliche Beruf nicht ausgeübt werden darf (§ 6 Abs. 3 BÄO) und deshalb auch insoweit ein (vorläufiges) Berufsverbot ansteht.
14Bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung und der dabei zu berücksichtigenden überschaubaren Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsmittels muss vor allem dem besonderen Charakter der Maßnahme des Ruhens der Approbation hinreichend Rechnung getragen werden. Bei der Anordnung des Ruhens der Approbation handelt es sich um eine vorübergehende Maßnahme, die dazu bestimmt ist, in unklaren Fällen oder Eilfällen einem Arzt die Ausübung ärztlicher Tätigkeit für bestimmte oder unbestimmte Zeit zu untersagen, wenn dies im Interesse der Allgemeinheit und zum Schutz der Patienten geboten ist. Sie ist auch im Verhältnis zu den Möglichkeiten der Rücknahme des Widerrufs der Approbation nach § 5 BÄO zu sehen und erfasst insbesondere die Fälle, in denen eine Ungeeignetheit zur Ausübung des ärztlichen Berufs (noch) nicht endgültig feststeht und eine solche vorübergehender Natur in Frage steht. Steht die Ungeeignetheit zur Ausübung des ärztlichen Berufs endgültig fest, darf die Approbation nicht zum Ruhen gebracht, sondern muss deren Widerruf nach § 5 Abs. 2 BÄO erwogen werden.
15Vgl. Narr, Ärztliches Berufsrecht, Stand: April 2003, Rdnr. 83; OVG NRW, Beschluss vom 11. Februar 2004 - 13 B 2435/03 -.
16Dementsprechend ist die Anordnung des Ruhens der Approbation, wenn sie den ihr zugedachten Zweck einer Präventionsmaßnahme zur Abwehr von Gefahren für einen unbestimmten Patientenkreis und damit zum Schutz der Allgemeinheit erfüllen soll, von ihrer Natur her insofern auf einen schnellen Vollzug angelegt, als es sich um eine vorläufige Berufsuntersagung und um eine vorübergehende Maßnahme handelt, die nach § 6 Abs. 2 BÄO aufzuheben ist, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Die Ruhensanordnung mit den begrenzten Auswirkungen in zeitlicher Hinsicht dient letztlich dem Schutz einer ordnungsgemäßen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, bei der es sich um ein hochrangiges Rechtsgut der Allgemeinheit handelt, und speziell dem Schutz der Patienten vor einem Tätigwerden von Personen, deren Eignung zur Ausübung des Arztberufs zweifelhaft geworden ist. Der Patientenschutz und die diesen bezweckende Anordnung des Ruhens der Approbation rechtfertigen es demnach auch, die Ruhensanordnung kurzfristig wirksam und vollziehbar werden zu lassen, um so ihrem Charakter als Präventionsmaßnahme schnellstmöglich gerecht zu werden."
17Diesen Erwägungen schließt sich die Kammer an.
18Bei ihrer Berücksichtigung ist die Verfügung der Antragsgegnerin vom 25.10.2004 hinsichtlich der Anordnung des Ruhens der Approbation nicht zu beanstanden. Sie ist gestützt auf § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO. Danach kann das Ruhen der Approbation angeordnet werden, wenn gegen den Arzt wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergeben kann, ein Strafverfahren eingeleitet ist. Ein Strafverfahren in diesem Sinne ist jedenfalls dann eingeleitet, wenn die Staatsanwaltschaft eine Anklageschrift verfasst und beim zuständigen Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens beantragt hat.
19Vgl. Schiwy, Deutsches Arztrecht, Kommentar, Stand: 01.06.2004, § 6 BÄO Rdnr. 1 a; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 16.03.2004 - 8 ME 164/03 -, NJW 2004, 1750, und vom 15.07.2003 - 8 ME 96/03 - (Juris); VG Lüneburg, Beschluss vom 19.06.2003 - 5 B 28/03 - (Juris); VG Leipzig, Beschluss vom 22.11.1999 - 5 K 1866/99 - (Juris); VG Schleswig, Beschluss vom 22.12.1989 - 12 B 80/89 - (Juris).
20Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Staatsanwaltschaft C. hat gegen den Antragsteller wegen des Verdachts einer Straftat nach § 174 c StGB zum Nachteil einer Patientin des Antragstellers unter dem Aktenzeichen 16 Js 312/04 ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und beim Amtsgericht I. unter dem 06.10.2004 beantragt, das Hauptverfahren gegen ihn zu eröffnen. Demgegenüber greift der Einwand des Antragstellers, der formale Umstand, dass die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittele, reiche zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO nicht aus, nicht durch. Denn dadurch, dass die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat, hat sie auch deutlich gemacht, dass sie eine Verurteilung für überwiegend wahrscheinlich hält.
21Der Verdacht, dass der Antragsteller die ihm vorgeworfene Straftat begangen hat, hat sich so weit konkretisiert und verdichtet, dass - bei dem gegenwärtigen Stand des Strafverfahrens und bei summarischer Prüfung - die Kammer davon ausgeht, dass eine Verurteilung des Antragstellers höchst wahrscheinlich ist. Dabei geht die Kammer aufgrund der sich aus den beigezogenen Strafakten der Staatsanwaltschaft C. ergebenden Aussagen der Patientinnen des Antragstellers davon aus, dass der Antragsteller am 04.06.2004 versucht hat, die im Behandlungsstuhl befindliche Zeugin H. mit seiner Hand sexuell zu erregen, und sie in seinem privaten Bad außerdem gebeten hat, ihn im Intimbereich zu rasieren. Die nachvollziehbare, ausführliche und detaillierte Schilderung der Zeugin H. hält die Kammer für glaubhaft, zumal die Zeugin nicht nur das eigentliche Tatgeschehen, sondern auch Randereignisse und ihre eigenen Gedanken und Gefühle dabei schildert. Sie hat in ihren Vernehmungen die Gespräche zwischen ihr und dem Antragsteller anlässlich der Behandlungen anschaulich wiedergegeben.
22Demgegenüber hält die Kammer die Einwendungen des Antragstellers gegen diese Schilderung nicht für glaubhaft. Der Antragsteller hat immerhin zugegeben, mit der Patientin H. in seinem privaten Bad gewesen zu sein und dort mit ihr über Rasuren im Intimbereich gesprochen zu haben. Einen medizinischen Anlass dazu hat es auch nach seiner Darstellung nicht gegeben, weil die Zeugin H. eben gerade nicht wegen Hautreizungen nach einer Rasur zu ihm gekommen war. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum der Antragsteller der Zeugin H. nach seiner Darstellung seinen eigenen Rasierschaum gezeigt haben will, um ihr deutlich zu machen, dass sie für ihre eigenen Intimrasuren einen spezielleren Schaum benutzen solle. Denn sein eigener Rasierschaum war nach seiner Darstellung gerade kein spezieller für Intimrasuren. Diese Ungereimtheit spricht für die Richtigkeit der Darstellung der Zeugin H. , die diesen Vorfall widerspruchsfrei geschildert hat. Aus welchen Gründen die Zeugin H. sich die von ihr erhobenen Vorwürfe hätte ausdenken sollen - wie der Antragsteller behauptet -, ist nicht ersichtlich. Für die Richtigkeit der Angaben der Zeugin H. spricht weiter, dass 7 andere Patientinnen den Antragsteller beschuldigen, sie in den Jahren 2000 bis 2002 aufgefordert zu haben, ihn im Intimbereich zu rasieren. Da diese Patientinnen keine vollständig identischen "Geschichten", sondern unterschiedliche Geschehensabläufe schildern und diese in Details auch zum Randgeschehen variieren, erscheinen auch diese Aussagen der Kammer glaubhaft. Eine dieser Patientinnen hatte den Antragsteller bereits im Juni 2002 wegen eines vergleichbaren Vorfalls sogar angezeigt. Der Vorwurf des Antragstellers, die Patientinnen hätten alle erst im Juli 2004 aus der Zeitung erfahren, um wen und um welche Vorwürfe es sich handele, sich dann dieselbe Geschichte ausgedacht und sich sozusagen gegen ihn verschworen, ist für die Kammer vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.
23Aus der dem Antragsteller vorgeworfenen Straftat - sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses - ergeben sich hier sowohl seine Unwürdigkeit als auch seine Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes.
24"Unwürdigkeit" i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO liegt dann vor, wenn der Arzt durch sein Verhalten nicht mehr das zur Ausübung des ärztlichen Berufs erforderliche Ansehen und Vertrauen besitzt.
25Vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.01.1991 - 3 B 75/90 -, NJW 1991, 1557; OVG NRW, Beschluss vom 24.09.1993 - 5 B 1412/93 - (Juris).
26Dies ist hier der Fall. Denn gerade ein Frauenarzt, der die Lage einer Patientin, die ihm während der Behandlung auf dem gynäkologischen Stuhl in gewisser Weise ausgeliefert ist, zu sexuellem Missbrauch ausnutzt, genießt keinerlei Vertrauen und Ansehen der Bevölkerung mehr.
27Unzuverlässig als Arzt ist, wer nicht die Gewähr dafür bietet, den Beruf als Arzt künftig ordnungsgemäß auszuüben.
28Vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.01.1991, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 24.09.1993 - 5 B 1412/93 -, a.a.O.
29Dies ist hier ebenfalls der Fall. Aufgrund des Verhaltens des Antragstellers, wie es sich aus den Aussagen der Patientinnen ergibt, ist nicht davon auszugehen, dass er künftig jederzeit ordnungsgemäß als Arzt arbeiten und das sexuelle Selbstbestimmungsrecht seiner Patientinnen respektieren wird. Denn er hat bereits seit Jahren und wiederholt Patientinnen dazu aufgefordert, ihn im Intimbereich zu rasieren, und zwar auch noch, nachdem eine Patientin ihn im Juni 2002 deswegen angezeigt hatte und ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte klar sein müssen, dass seine diesbezüglichen Aufforderungen zu weit gegangen waren. Vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass auch ein erneuter sexueller Missbrauch während der Behandlung zu befürchten ist, zumal auch andere Patientinnen davon berichtet haben, dass er sie im Intimbereich gestreichelt habe. In diesem Zusammenhang ist es nicht von Bedeutung, dass die Staatsanwaltschaft die weiteren Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wegen der behaupteten Aufforderungen zur Rasur im Intimbereich eingestellt hat. Denn dies ist nur deswegen erfolgt, weil die damals erforderlichen Strafanträge verspätet eingegangen sind. Die Antragsgegnerin ist - wie das Verwaltungsgericht - dadurch nicht daran gehindert, die Aussagen der betroffenen Patientinnen als Indiz für die Glaubwürdigkeit der Zeugin H. und als Indiz für eine etwaige Wiederholungsgefahr zu berücksichtigen.
30Auch der Einwand des Antragstellers, die ihm vorgeworfenen Taten bewegten sich jedenfalls an der unteren Grenze des durch § 174 c StGB pönalisierten Verhaltens, steht der Verfügung der Antragstellerin nicht entgegen. Denn zum einen zeigt schon das Mindeststrafmaß des § 174 c StGB, dass der Gesetzgeber solchen Taten einiges Gewicht einräumt. Zum anderen müssen Patientinnen auch vor solchen Vergehen eines Frauenarztes geschützt werden, schon weil die psychischen Folgen solcher Handlungen nicht abzusehen sind.
31Der Einwand des Antragstellers, die Verfügung der Antragsgegnerin verstoße gegen die Unschuldsvermutung, greift ebenfalls nicht durch. Denn diese wird nicht dadurch verletzt, dass berufsrechtliche Maßnahmen sich auf den Verdacht einer näher qualifizierten Straftat stützen.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24.09.1993 - 5 B 1412/93 - a.a.O. mit Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 29.05.1990 - 2 BvR 254, 1343/88 -, NJW 1990, 2741; VGH Mannheim, Beschluss vom 19.07.1991 - 9 S 1227/91 -, NJW 1991, 2366.
33Die Behörden sind insoweit befugt, die Aussagen der verschiedenen Zeugen in den Ermittlungsakten, die in den Ermittlungsakten enthaltenen Urkunden und die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft heranzuziehen und eigenständig zu bewerten.
34Vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.01.1991 - 1 BvR 1326/90 -, NJW 1991, 1530; OVG NRW, Beschluss vom 03.02.2004 - 13 B 2369/03 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
35Die Ruhensanordnung lässt weiter keine Ermessensfehler erkennen. Die Antragsgegnerin hat erkannt, dass es sich bei ihrer Entscheidung um eine Ermessensentscheidung handelt und dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzuhalten ist. Sachwidrige Erwägungen liegen der Entscheidung nicht zu Grunde, zumal bei einer Regelung zum Schutz öffentlicher Interessen die behördliche Schutzmaßnahme die Regel und ein Absehen davon die Ausnahme ist, für die besondere Gründe vorliegen müssen.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 01.07.2004 - 13 B 2436/03 - m.w.N.
37Es ist unschädlich, dass die Antragsgegnerin in der angegriffenen Verfügung noch davon ausgegangen ist, dass das Ermittlungsverfahren 56 Js 1402/03 wegen des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen weiter betrieben wird, und nicht berücksichtigt hat, dass dieses bereits im August 2004 nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt worden war, was dem Prozessbevollmächtigtem des Antragstellers bei der Abfassung seines Schreibens vom 22.10.2004 ebenfalls noch nicht bekannt war. Denn die Antragsgegnerin hat gemäß § 114 S. 2 VwGO ihre Ermessenserwägungen insoweit mit ihrem Schriftsatz vom 10.11.2004 ergänzt. Darin führt sie aus, dass dieses Verfahren jedenfalls zeige, dass der Antragsteller geneigt sei, gesetzliche Vorschriften zu missachten, und dass es für die Anordnung des Ruhens der Approbation entscheidend sei, dass der Antragsteller sich im Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit, nämlich bei der Behandlung seiner Patientinnen, nicht ordnungsgemäß verhalten habe. Dagegen ist nichts zu erinnern.
38Die allgemeine Interessenabwägung fällt hier zum Nachteil des Antragstellers aus. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Ruhens der Approbation begegnet auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit behördlicher Maßnahmen, keinen Bedenken. Würde dem Antragsteller die Möglichkeit belassen, seinen Beruf als Frauenarzt vorläufig weiter auszuüben, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen für das Ruhen der Approbation erfüllt sind, bestünde nach den oben gemachten Ausführungen eine konkrete Gefahr für die körperliche und seelische Unversehrtheit der Patientinnen des Antragstellers. Wie oben dargelegt, ist auch von einer Wiederholungsgefahr auszugehen. Diese entfällt nach Ansicht der Kammer nicht dadurch, dass der Antragsteller erklärt hat, zukünftig nur noch in Anwesenheit einer Arzthelferin zu behandeln. Denn diese bei ihm abhängig Beschäftigte könnte einerseits nicht umfassend beurteilen und überprüfen, was medizinisch notwendig ist. Andererseits erlauben die Tätigkeiten der Arzthelferinnen es ihnen typischerweise nicht, den Arzt ununterbrochen zu kontrollieren.
39Die Berufsausübungsfreiheit, die wirtschaftlichen Interessen und das Interesse des Antragstellers daran, dass sein Ruf nicht ruiniert wird, haben hier zurückzutreten. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin das Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seines Praxisbetriebes dadurch berücksichtigt, dass sie ihm nach § 6 Abs. 4 BÄO gestattet hat, die Praxis durch einen approbierten Arzt oder eine approbierte Ärztin mit der erforderlichen Qualifikation weiterzuführen.
40Hinsichtlich der Aufforderung zur Herausgabe/Hinterlegung der Approbationsurkunde nebst Fotokopien überwiegt hingegen das private Aufschubinteresse des Antragstellers. Insoweit ist die Verfügung offensichtlich rechtswidrig.
41Ungeachtet der Frage, ob § 52 S. 1 VwVfG NRW dazu ermächtigt, auch Kopien von einer von der Behörde erteilten Urkunde herauszuverlangen, ist die von der Antragsgegnerin nach § 52 S. 1 VwVfG NRW verfügte Anordnung, das Original der Approbationsurkunde und sämtliche Kopien der Urkunde zur Hinterlegung bei ihr abzugeben, schon deswegen rechtswidrig, weil ein Ermessensnichtgebrauch vorliegt. Aus der angefochtenen Verfügung ergibt sich weder, dass sich die Antragsgegnerin dessen bewusst war, dass § 52 S. 1 VwVfG NRW ihr Ermessen einräumt, noch, aufgrund welcher Ermessenserwägungen sie den Antragsteller dazu aufgefordert hat, die Approbationsurkunde und die Kopien bei ihr zu hinterlegen. Da die Widerspruchsbehörde diesen Fehler beseitigen kann, ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers insoweit nur bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides wiederherzustellen.
42Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 S. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. § 53 Abs. 3 GKG. Der Anordnung auf Herausgabe der Approbationsurkunde und sämtlicher Kopien kommt keine streitwerterhöhende Bedeutung zu, wenn sie - wie hier - zusammen mit dem Ruhen der Approbation verfügt und angefochten wird.