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Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
2Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung seiner Klage - 2 K 8140/24 - gegen mit der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 11.11.2024 ausgesprochene Nutzungsuntersagung wiederherzustellen und gegen die ebenfalls mit der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 11.11.2024 ausgesprochene Zwangsgeldandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Die vom Antragsgegner gegebene Begründung für das Bestehen eines besonderen Interesses am sofortigen Vollzug der Ordnungsverfügung genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Der Antragsgegner hat mit der angefochtenen Ordnungsverfügung (S. 5 f.) einzelfallbezogen begründet, warum er im Falle des Antragstellers vom Vorliegen eines besonderen Vollzugsinteresses für die Nutzungsuntersagung ausgeht.
6Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vom Gericht zu treffende Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers, vorerst von der sofortigen Vollziehung verschont zu bleiben und dem öffentlichen Interesse an deren sofortiger Vollziehbarkeit geht zu Lasten des Antragstellers aus, denn die von ihm erhobene Anfechtungsklage (Az. 2 K 8140/24) gegen die Nutzungsuntersagung in der Ordnungsverfügung vom 11.11.2024 wird voraussichtlich keinen Erfolg haben.
7Die Nutzungsuntersagung erweist sich bei der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig.
8Rechtsgrundlage für die Nutzungsuntersagung ist § 82 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW. Nach dieser Vorschrift kann bei Anlagen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden, diese Nutzung untersagt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein- Westfalen,
9vgl. nur Beschluss vom 11. Juli 2011 – 7 B 634/11 – juris m.w.n.,
10ist die Bauaufsichtsbehörde - auch im Falle der Nutzung zu Wohnzwecken - in Ausübung des ihr eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens zur Wahrung der Ordnungsfunktion des formellen Baurechts berechtigt, sofort vollziehbare Nutzungsuntersagungen auszusprechen, wenn die ausgeübte Nutzung formell illegal ist, es sei denn, der erforderliche Bauantrag ist gestellt, nach Auffassung der Bauaufsichtsbehörde offensichtlich genehmigungsfähig und der Erteilung der beantragten Baugenehmigung steht auch sonst nichts im Wege.
11Diese Voraussetzungen sind für die Nutzung des Zimmers des Antragstellers im Vorderhaus F.-straße 00 in 00000 Y. gegeben. Die vom Antragsteller derzeit ausgeübte Wohnnutzung ist von der für das Gebäude erteilten Baugenehmigung nicht gedeckt und stellt sich als gem. § 60 Abs. 1 BauO NRW genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar, für die die erforderliche Baugenehmigung fehlt.
12Die bestehende Baugenehmigung vom 07.06.1995 erlaubt die Nutzung des streitbefangenen Gebäudes in drei separaten Wohneinheiten (Wohneinheit –WE - 1 im Vorderhaus, WE 2 im Quergebäude, WE 3 im Hinterhaus). Die jetzige Nutzung des Gesamtgebäudes weicht von der genehmigten Nutzung ab. Die ursprünglich genehmigten drei Wohneinheiten bestehen nicht mehr. Anlässlich der vom Antragsgegner am 18.07.2024 durchgeführten Ortsbesichtigung wurde festgestellt, dass das Gebäude in 19 separat genutzte Nutzungseinheiten (Zimmer) aufgeteilt worden ist. Die zur Einzelnutzung überlassenen Zimmer sind jeweils mit Zylinderschlössern versehen. Die Mieter der einzelnen Zimmer haben jeweils Einzelmietverträge mit dem Eigentümer des Gebäudes abgeschlossen. Die Schlüsselgewalt über das einzelne Zimmer hat nur der jeweilige einzelne Mieter. In dem vom Antragsteller bewohnten Vorderhaus bestehen 10 separate Nutzungseinheiten nebst Räumen für Küche/Bad/Wohnbereich, die den Mietern einzelnen Nutzungseinheiten zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung stehen. Die vom Antragsteller bewohnte Nutzungseinheit im Vorderhaus des Gebäudes wurde mit der genannten Baugenehmigung vom 07.06.1995 als „Büro“ genehmigt.
13Die geänderte Nutzung ist auch genehmigungspflichtig. Von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung ist auszugehen, wenn die neue Nutzung sich von der bisherigen dergestalt unterscheidet, dass sie anderen oder weitergehenden Anforderungen bauordnungs- oder bauplanungsrechtlicher Art unterworfen ist oder unterworfen werden kann. Eine Nutzungsänderung ist also baurechtlich bereits dann anzunehmen, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens nach den Bauvorschriften anders beurteilt werden kann.
14Vgl. z.B. OVG NRW, Urteil vom 21.11.2005 - 10 A 1166/04 -, juris m.w.N..
15Diese Voraussetzungen liegen hier. Die Auflösung der ursprünglich zusammenhängenden drei Wohneinheiten und die neue Aufteilung des Gebäudes in 19 separate Nutzungseinheiten führt dazu, dass möglicherweise brandschutzrechtlich andere Vorgaben an die neue Nutzung des Gebäudes zu stellen sind. Es stellt sich insbesondere die Frage, ob jede der 19 separaten Nutzungseinheiten für sich allein die Vorgaben zum Bestehen eines ersten und zweiten Rettungsweges gem. § 33 BauO NRW erfüllt. Ob die von der bisherigen Genehmigungslage abweichende Nutzung des Gebäudes mit 19 eigenständigen Nutzungseinheiten die erhöhten brandschutzrechtlichen Vorgaben beachtet, ist im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens zu klären.
16Erweist sich die derzeitige Nutzung des streitbefangenen Gebäudes durch den Antragsteller als formell illegal, sind Ermessensfehler der Nutzungsuntersagung nicht ersichtlich. Sie ist insbesondere nicht unverhältnismäßig. Die im öffentliche Interesse bestehende Ordnungsfunktion des formellen Baurechts rechtfertigt es, die Nutzung einer baulichen Anlage solange zu untersagen, bis ihre Vereinbarkeit mit materiellem Baurecht in einem Baugenehmigungsverfahren abschließend geprüft ist. Eine abschließende Prüfung der Vereinbarkeit der veränderten Nutzung mit materiellem Baurecht ist bislang nicht erfolgt. Der Eigentümer des streitbefangenen Grundstücks hatte zwar unter dem 28.09.2023 beim Antragsgegner einen Bauantrag für die Umnutzung des Gebäudes gestellt. Dieser Bauantrag gilt jedoch gem. § 71 Abs. 1 BauO NRW als zurückgenommen, weil der Grundstückseigentümer trotz Aufforderung durch den Antragsgegner keine vollständigen Bauvorlagen vorgelegt hat. Ein neuer Bauantrag mit dem vom Antragsgegner geforderten Brandschutzkonzept wurde bislang vom Grundstückseigentümer nicht vorgelegt.
17Die mit der Nutzungsuntersagung gesetzte Frist von mehr als drei Monaten bis zum 01.03.2025 zur Einstellung der Wohnnutzung erweist sich nicht als unverhältnismäßig. Sie lässt dem Antragsteller ausreichend Zeit, für sich eine andere Wohnung zu finden. Hier ist zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller die Baurechtswidrigkeit seiner Wohnnutzung bereits seit seiner Anhörung vom 22.02.2024 bekannt war. Ihm war es deshalb zuzumuten, dass er bereits vor Erlass der streitigen Verfügung vom 11.11.2024 - zeitlich parallel zu der mit dem Antragsgegner geführten Korrespondenz zur Verlängerung der Auszugsfrist – Anstrengungen zur Suche nach einer anderen Wohnung unternimmt. Soweit der Antragsteller meint, die Nutzungsuntersagung sei unverhältnismäßig, weil der Grundstückseigentümer mit dem Verbleib des Antragstellers einverstanden sei, verkennt er, dass es für die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung nicht auf die Einschätzung des Vermieters, sondern allein auf die öffentlich-rechtliche Baurechtswidrigkeit der Wohnnutzung ankommt. Dass der Antragsgegner nach Angaben des Antragstellers anderen Bewohnern des Gebäudes längere Auszugsfristen – etwa bis Ende April 2025 – eingeräumt hat, rechtfertigt nicht die Annahme eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz zu Lasten des Antragstellers. Der Antragsgegner hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Fristsetzungen an die einzelnen Bewohner des Gebäudes nach Maßgabe der konkreten Lage ihrer Zimmer und der daraus resultierenden brandschutztechnischen Gefährdung bemessen wurden. Damit hat der Antragsgegner unterschiedlich lange Auszugsfristen nach Maßgabe sachlich gerechtfertigter Gründe bestimmt.
18Die Inanspruchnahme des Antragstellers als Störer ist nicht zu beanstanden. Die Effektivität der Gefahrenabwehr im Bauordnungsrecht rechtfertigt und gebietet es regelmäßig, Nutzungsuntersagungen gegen den Nutzer auszusprechen. Das ist hier der Antragsteller als Mieter.
19Erweist sich somit die Nutzungsuntersagung als offensichtlich rechtmäßig, besteht mit der Wahrung der Ordnungsfunktion des formellen Baurechts auch ein besonderes Interesse an deren sofortigem Vollzug.
20Die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht auch in Bezug auf die Androhung der Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500,- € zu Lasten des Antragstellers aus. Die Androhung ist rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 63 VwVG NRW i.V.m. §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2 und 60 VwVG NRW. Das angedrohte Zwangsgeld steht in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck, den Willen des Pflichtigen zu beugen und ihn zur dauerhaften Aufgabe der Nutzung zu veranlassen. Denn das Zwangsmittel, das von der Vollzugsbehörde angedroht wird, soll ein fühlbares Ausmaß erreichen, damit der beabsichtigte Erfolg auch erreicht wird.
21Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
22Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht hat wegen der Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens die Hälfte des Auffangstreitwertes von 5.000,- € angesetzt.
23Rechtsmittelbelehrung
24Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung bei dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz, 50667 Köln oder Postfach 10 37 44, 50477 Köln) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist eingeht bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
25Die Beschwerde ist einzulegen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
26Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist nicht selbstständig anfechtbar.
27Gegen die Festsetzung des Streitwerts kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem diese Entscheidung Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz, 50667 Köln oder Postfach 10 37 44, 50477 Köln) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Hierfür besteht kein Vertretungszwang. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.