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1.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
2Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 23 K 6265/24 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 27. August 2024 wiederherzustellen bzw. bezüglich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO stellt das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels dann wieder her oder ordnet sie an, wenn das private Aussetzungsinteresse gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die streitige Ordnungsverfügung bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren alleine gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig erweist.
6Gemessen hieran überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers nicht. Die im Hauptsacheverfahren angefochtene Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin stellt sich als offensichtlich rechtmäßig dar.
7Entgegen der Auffassung des Antragstellers genügt die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Schreiben vom 17. Dezember 2024 den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Die Antragsgegnerin hat ausgeführt, es könne nicht hingenommen werden, dass der Vollzug der Forderung durch ein eventuelles Klageverfahren gehemmt werde und die Situation gerade im Hinblick auf die erfahrungsgemäß lange Dauer eines Rechtsmittelverfahrens bis zur endgültigen Entscheidung in dieser Sache weiterhin andauere. Insbesondere überwiege das öffentliche Interesse unter Würdigung des Nachbarschutzes das private Interesse von einer sofortigen Vollziehung verschont zu bleiben.
8Diese Begründung trägt die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung schematisch angeordnet hat. Vielmehr ist vorliegend die Ordnungsverfügung zunächst ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung ergangen und mit Blick auf einen Einschreitensantrag eines Nachbarn nachgeholt worden. Es gibt kein normativ verankertes überwiegendes Interesse eines Nutzers einer baulichen Anlage, eine formell illegale Nutzung fortführen zu können, sondern es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass aus einer ungenehmigten Nutzung keine Rechtsvorteile erwachsen sollen. Dies führt dazu, dass es regelmäßig ermessensgerecht ist, wenn die Bauaufsichtsbehörde allein aufgrund der formellen Illegalität einer Nutzung diese unter Anordnung der sofortigen Vollziehung untersagt. Auf genau diese Erwägung zielt die Begründung der Antragsgegnerin.
9Die Nutzungsuntersagung ist auch formell rechtmäßig. Der Antragsteller wurde am 24. Juli 2024 vor deren Erlass angehört.
10Die Verfügung ist des Weiteren materiell rechtmäßig.
11Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung, die Nutzung der kompletten betonierten Parkplatzfläche mit insgesamt 22 Stellplätzen einschließlich der zwei vermieteten Stellplätze auf dem Grundstück G01, Flur 00, Flurstücke 000, 000 und 0000/000 vollständig und dauerhaft einzustellen, ist § 82 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung untersagen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Ferner haben die Bauaufsichtsbehörden nach § 58 Abs. 2 Satz 2 BauO NRW im Rahmen ihrer Aufgabe, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften bei der Errichtung, der Änderung, dem Abbruch, der Nutzung, der Nutzungsänderung sowie der Instandhaltung baulicher Anlagen zu überwachen, nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
12Hier erfolgt ausweislich der Feststellungen der Antragsgegnerin eine Nutzung der der Fläche als Parkplatz ohne die dafür erforderliche Baugenehmigung.
13Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die Nutzung nicht von einer bestehenden Baugenehmigung gedeckt.
14Die Baugenehmigung vom 16. März 2021 (Az.: N01 )zur Änderung einer Gaststätte mit mehr als 40 Gastplätzen durch Verlegung und Erweiterung des bestehenden Biergartens auf insgesamt 50 Sitzplätze zu der bestehenden Außengastronomie von 28 Sitzplätzen, sowie Errichtung von 2 Carports (4 Einstellplätze und 5 Einstellplätze) und 6 PKW Stellplätze im Freien ist nicht umgesetzt worden und damit erloschen. Da es sich um eine einheitliche Baugenehmigung handelt wirkt sich die Nichtumsetzung des Umbaus der Gastronomie auch auf die Stellplätze aus, selbst wenn durchgehend auf der Fläche geparkt worden ist. Die Baugenehmigung ist insgesamt erloschen.
15Unabhängig davon stellt die nunmehr gegebene Stellplatzsituation mit 22 Stellplätzen ausschließlich im Freien statt solcher innerhalb von abschirmenden Carports ein aliud zur genehmigten Nutzung des Außenareals als Stellplatzfläche dar. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die Baugenehmigung also nicht umgesetzt worden.
16Dies gilt erst Recht in Ansehung des Umstandes, dass der Antragsteller zwei Stellplätze an die Firma V. vermietet hat und einen Parkscheinautomaten für die Gaststättenbesucher aufgestellt hat. Insoweit dürfte auch in Ansehung seines Vortrages, eine Gewinnerzielung sei nicht beabsichtigt, eine gewerbliche Nutzung vorliegen. Eine solche ist ebenfalls nicht genehmigt.
17Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass eine formell illegale Nutzung regelmäßig rechts- und ermessensfehlerfrei alleine wegen des Fehlens der notwendigen Baugenehmigung untersagt werden kann,
18vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2006 – 10 B 2159/05 –, juris Rn. 9, Beschluss vom 1. März 2011 – 7 B 18/11 –, juris 9 ff. und Beschluss vom 8. Mai 2020 – 2 B 457/20 –, juris Rn. 8ff.
19Eine andere rechtliche Bewertung folgt auch nicht daraus, dass derzeit eine Legalisierung der Nutzung angestrebt wird.
20Ein Bauantrag steht dem Erlass einer auf formelle Illegalität gestützten Nutzungsuntersagung ausnahmsweise dann entgegen, wenn dieser Antrag auch nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde offensichtlich genehmigungsfähig ist und der Erteilung der Baugenehmigung auch sonst keine Hindernisse entgegenstehen.
21Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Oktober 2017 – 7 B 912/17 –, juris, Rn. 13; 22. Dezember 2016 – 7 B 1182/16 –¸ juris, Rn. 7; Beschluss vom 14. Februar 2014 – 2 A 1181/13 –, juris, Rn. 9 ff.; 12. Juli 2007 – 7 E 664/07 –, juris, Rn. 6 und vom 6. Juli 2009 – 10 B 617/09 –, juris, Rn. 5.
22Eine derartige Konstellation ist hier offenkundig nicht gegeben.
23Hier haben die Eigentümer des Grundstücks, K. und B. U., zwar unter dem 20. September 2024 einen Bauantrag zur Legalisierung der Stellplätze und Erweiterung der Außengastronomie auf dem Grundstück J.-straße 00-00 gestellt und sich dabei auf Genehmigung im Verfahren N01 bezogen.
24Zudem hat der Antragsteller aktuell eine Geräuschimmissionsprognose der TÜV Rheinland Energy & Environment GmbH vom 31. Januar 2025 zur Erweiterung der Außengastronomie des Restaurants „D. H.“ und Anpassung der Parkplatzsituation an der J.-straße 00-00 in 00000 X. vom 31. Januar 2025 vorgelegt, ausweislich derer an den Immissionspunkten Io 1 bis Io 10 b (J.-straße 00a, 00, 00, 00, 00, 00 und 00a) unter Zugrundelegung der Schutzanforderungen eines Mischgebiets mit einem zulässigen Beurteilungspegel bis 60 db(A) tags keine unzulässigen Geräuschimmissionen zu erwarten sind.
25Inwieweit sich die im Gutachten zugrunde gelegte Betriebszeit (bis 22.00 Uhr sollen sich weder Gäste noch deren Pkw auf dem Grundstück befinden) im Legalisierungsantrag widerspiegelt, ist nicht bekannt. Der Antragsteller hat insoweit nur das Deckblatt seines Antrages vorgelegt, aus dem sich die zur Genehmigung gestellten Betriebszeiten der Gastronomie nicht ergeben. Der zuvor erteilten Baugenehmigung vom 16. März 2021 lag eine Betriebszeit der Gastronomie bis 22.00 Uhr zugrunde, was zwangsläufig zur Folge hat, dass der Abfahrverkehr erst in den Nachtstunden nach 22.00 Uhr abgewickelt ist.
26Gegen eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit spricht schließlich auch, dass keine belastbaren Angaben zur Reduzierung der Lichtimmissionen durch das Scheinwerferlicht der parkenden PKW gemacht worden sind. Insofern sah die ursprüngliche Genehmigung vom 16. März 2021 noch die Errichtung von zwei Carports mit einer Einstellmöglichkeit für insgesamt 9 PKW vor, bei denen abschirmende Wände die Lichtemissionen reduziert haben. Inwieweit nunmehr die Lichtemissionen abgeschirmt werden, ist nicht bekannt.
27Jedenfalls ergibt sich aus diesen offenen Fragen, dass von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht ausgegangen werden kann.
28Auch die Störerauswahl begegnet keinen Bedenken. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand handelt der Antragsteller als Bevollmächtigter für seine Eltern als Grundstückseigentümer und ist insoweit zu Recht herangezogen worden.
29Schließlich ist die Verfügung auch verhältnismäßig. Es entspricht der gesetzlichen Wertung, dass die Nutzung eines genehmigungspflichtigen Vorhabens erst nach der Genehmigung aufgenommen werden darf. Mit dem Erfordernis einer Baugenehmigung hat der Gesetzgeber dem öffentlichen Interesse an der Überprüfung eines Vorhabens Vorrang vor dem privaten Nutzungsinteresse eingeräumt. Der Nachteil, bis zur Erteilung einer Genehmigung eine beabsichtigte Nutzung nicht durchführen zu dürfen, entspricht der gesetzlichen Wertung.
30Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Antragstellers, die Verfügung sei unverhältnismäßig. Insoweit beruft sich der Antragsteller darauf, dass die Antragsgegnerin ursprünglich im Rahmen der Klageerwiderung vom 22. November 2021 im Verfahren 23 K 4642/21 davon ausgegangen sei, dass die Nutzungsuntersagung einer Abrissverfügung gleichkomme. An dieser Auffassung hält die Antragsgegnerin offenkundig nicht fest.
31Auch das Gericht folgt dieser Auffassung nicht: Die bloße Einstellung der Nutzung der betonierten Fläche als Stellplatz wirkt in keiner Weise auf die Substanz der Fläche ein.
32Für die Verhältnismäßigkeit der Nutzungsuntersagungsverfügung spricht schließlich das öffentliche Interesse, die Ordnungsfunktion des öffentlichen Baurechts effektiv zu gewährleisten. Ansonsten würde nämlich der Vorteil, eine ungenehmigte Nutzung bis zum Eintritt der Bestandskraft einer Nutzungsuntersagung wegen der aufschiebenden Wirkung der dagegen gerichteten Klage fortführen zu können, einen erheblichen Anreiz bieten, dies auch tatsächlich zu tun. Auf diese Weise würde nicht nur die Ordnungsfunktion des Bauaufsichtsrechts entwertet, sondern auch der gesetzestreue Bürger, der die Errichtung bzw. Nutzung einer baulichen Anlage nur auf der Grundlage einer vollziehbaren Baugenehmigung verwirklicht, gegenüber dem – bewusst oder unbewusst – rechtswidrig Handelnden in einer das Rechtsbewusstsein der Allgemeinheit erschütternden Weise bevorzugt. Nur im Wege der Anordnung des Sofortvollzuges können diese bedeutenden Allgemeininteressen gewahrt werden,
33vgl. Beschluss der Kammer vom 23. November 2018 – 23 L 1920/18 –; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. Juli 2013 – 5 L 624/13 –.
34Die gegenläufigen Interessen des Antragstellers an der weiteren nicht genehmigten Nutzung der Fläche als Stellplatz treten hinter dem dargelegten öffentlichen Vollzugsinteresse zurück.
35Auch die Zwangsgeldandrohung ist rechtmäßig. Sie genügt den Anforderungen der §§ 55 Abs. 1, 57, 60, 63 VwVG NRW. Insbesondere hat die Antragsgegnerin eine angemessene Frist zur Erfüllung der Verpflichtung bestimmt. Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes begegnet keinen Bedenken.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
38Rechtsmittelbelehrung
39Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
40Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
41Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
42Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
43Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
44Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
45Die Beschwerde ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
46Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
47Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.