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Die aufschiebende Wirkung der Klage 23 K 4123/25.A gegen die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 30. April 2025 wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin jeweils zur Hälfte.
Gründe
2Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung seiner Klage 23 K 4123/25.A gegen Ziffer 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 30. April 2025 anzuordnen und
4der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bezüglich Ziffer 2 des Bescheids vom 30. April 2025 aufzugeben, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu unterbleiben haben,
5hat teilweise Erfolg.
6Der Antrag des Antragstellers war im vorerwähnten Sinne auszulegen, §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO.
7Mit seinem wörtlichen Antrag, der Beklagten durch einstweilige Anordnung gemäß § 123 VwGO seine Abschiebung nach Bulgarien aufgrund der Abschiebungsandrohung in ihrem Bescheid vom 21. Dezember 2023 während des laufenden Klageverfahrens zu untersagen, wendet er sich nicht nur gegen die Ablehnung der Abänderung des Bescheids hinsichtlich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG, sondern auch gegen die unter Ziffer 1 getroffene Unzulässigkeitsentscheidung.
8Die Antragsgegnerin hat das Begehren als Folgeantrag bewertet und den Antrag auf Durchführung eines Folgeverfahrens auf der Grundlage des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unter Ziffer 1 ihres Bescheides als unzulässig abgelehnt. Mit Blick auf die Regelung des § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG hat sie zudem vom Erlass einer erneuten Abschiebungsandrohung abgesehen.
9Wird ein Folgeantrag als unzulässig abgelehnt und keine neue Abschiebungsandrohung erlassen, ist die Anfechtungsklage im Hauptsacheverfahren der statthafte Rechtsbehelf. Denn bei der Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens handelt es sich um einen belastenden Verwaltungsakt, nach dessen Aufhebung das Bundesamt das Asylverfahren fortzuführen hat.
10Vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Dezember 2016 – 1 C 4.16 –, juris Rn. 16 und vom 20. Mai 2020 – 1 C 34.19 –, juris Rn. 10.
11Auch in einer derartigen Konstellation ist vorläufiger Rechtsschutz über § 80 Abs. 5 VwGO zu suchen.
12Dies folgt aus einer systematischen Zusammenschau mit § 71 Abs. 5 Satz 1 und 3 AsylG. § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG bestimmt, dass es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung bedarf, wenn der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag stellt, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt. In diesem Falle darf die Abschiebung gemäß § 71 Abs. 5 Satz 3 AsylG jedoch erst nach Ablauf der Frist nach § 74 Abs. 1 Hs. 2 AsylG und im Falle eines – wie hier – innerhalb der Frist gestellten Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO erst nach der gerichtlichen Ablehnung dieses Antrags vollzogen werden.
13Vgl. hierzu auch VG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 17. Juni 2024 – A 10 K 2227/24 –, juris Rn. 4 ff. m.w.N.; VG Köln, Beschluss vom 13. Februar 2025 – 22 L 203/25.A –, juris Rn. 6 ff. m.w.N.
14In Bezug auf die unter Ziffer 2 des Bescheids verfügte Ablehnung des Antrags des Antragstellers auf Abänderung des Bescheids vom 21. Dezember 2023 betreffend die Feststellung zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG ist in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage statthaft, sodass um einstweiligen Rechtsschutz insoweit über § 123 VwGO zu ersuchen ist.
15Der so verstandene Antrag hat hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 30. April 2025 Erfolg (dazu unter I.). Im Übrigen ist dem vorläufigen Rechtsschutzgesuch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO nicht zu entsprechen (dazu unter II.).
16I. Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 30. April 2025 ist begründet.
17Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 1 des Bescheides vom 30. April 2025 getroffene Unzulässigkeitsentscheidung anordnen, wenn das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des angefochtenen Bescheids überwiegt. Das öffentliche Interesse überwiegt in der Regel dann, wenn die Klage wegen der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids keine Aussicht auf Erfolg hat. Dagegen überwiegt das private Aussetzungsinteresse, wenn der angegriffene Bescheid rechtswidrig ist.
18Gemessen hieran überwiegt das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids.
19Dabei nimmt das Gericht in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
20vgl. Nichtannahmebeschluss vom 23. Juli 2020 – 2 BvR 939/20 –, juris Rn. 19 ff.,
21nicht nur eine summarische Überprüfung der Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vor.
22Der Bescheid vom 30. April 2025, mit dem das Bundesamt unter Ziffer 1 den erneuten Asylantrag gemäß §§ 29 Abs. 1 Nr. 5, 71 Abs. 1 AsylG als unzulässig abgelehnt hat, ist rechtswidrig.
23Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist – wenn wie hier eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergeht – der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, vgl. § 77 Abs. 1 Hs. 2 AsylG.
24Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG getroffen. Nach dieser Norm ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrags nach § 71 AsylG oder eines Zweitantrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
25Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG sind nicht erfüllt. Denn bei dem vom Antragsteller am 13. März 2025 gestellten Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens handelt es sich – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin – nicht um einen Folgeantrag i.S.d. § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Die Voraussetzungen für den Austausch der Rechtsgrundlage liegen auch nicht vor.
26Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags (Folgeantrag) auf Antrag ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, wenn neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Ausländer vorgebracht worden sind, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für den Ausländer günstigeren Entscheidung beitragen, oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 Zivilprozessordnung gegeben sind und der Ausländer ohne eigenes Verschulden außerstande war, die Gründe für den Folgeantrag im früheren Asylverfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
27Ein Antrag ist nicht als Folgeantrag i.S.d. § 71 AsylG zu qualifizieren, wenn im früheren Asylverfahren eine sachliche Prüfung des Schutzbegehrens nicht erfolgt ist.
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2021 – 1 C 55.20 –, juris Rn. 18 für den Fall der vorherigen Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG.
29Stellt ein Antragsteller – wie hier – erneut einen Asylantrag, nach dem sein früherer Asylantrag als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG wegen der Gewährung internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bestandskräftig abgelehnt wurde, ist dieser neue Antrag mangels inhaltlicher Prüfung eines Anspruchs auf internationalen Schutz im früheren Verfahren nicht als Folgeantrag zu qualifizieren.
30A.A. Sächs. OVG, Urteil vom 15. März 2022 – 4 A 506/19.A –, juris Rn. 23; VG Göttingen, Urteil vom 6. Februar 2023 – 3 A 81/22 – juris Rn. 25; VG Augsburg, Urteil vom 4. April 2024 – Au 9 K 23.31180 –, juris Rn. 32; VG München, Urteil vom 13. September 2023 – M 22 K 19.30442 –, juris Rn. 21; VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. April 2025 – 22 L 884/25.A –, juris Rn. 14.
31Zwar ist die Legaldefinition des Folgeantrags in § 71 AsylG –
32„Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag“
33– weit gefasst. Ausgehend vom bloßen Wortlaut könnte daher auch eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unter den Betriff der „unanfechtbaren Ablehnung“ subsumiert werden.
34Indes gebieten der in den Gesetzesmaterialien zur Neufassung des § 71 AsylG im Rahmen des am 26. Februar 2024 in Kraft getretenen Rückführungsverbesserungsgesetzes (BGBl. 2024 I Nr. 54 vom 26. Februar 2024) zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers und der Wortlaut der Art. 33 Abs. 2 lit. d) und Art. 40 der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie) ein anderes Verständnis.
35Die Neufassung des § 71 AsylG dient nach der Gesetzesbegründung der Umsetzung der unionsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Folgeantrag gemäß Art. 40 der Asylverfahrensrichtlinie.
36Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz), BT-Drs. 20/9463, S. 23, 58 f.
37Nach Art. 40 Abs. 2 der Asylverfahrensrichtlinie wird ein Folgeantrag auf internationalen Schutz für die Zwecke der gemäß Art. 33 Abs. 2 lit. d) zu treffenden Entscheidung über die Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz zunächst daraufhin geprüft, ob neue Elemente oder Erkenntnisse betreffend die Frage, ob der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist (vgl. Art. 40 Abs. 3), zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind.
38Nach Art. 33 Abs. 2 lit. d) der Asylverfahrensrichtlinie können Mitgliedstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz unter anderem als unzulässig betrachten, wenn es sich um einen Folgeantrag handelt, bei dem keine neuen Umstände oder Erkenntnisse zu der Frage, ob der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind. Diese Vorschrift hat der nationale Gesetzgeber in § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG umgesetzt.
39Indem Art. 33 Abs. 2 und Art. 40 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 der Asylverfahrensrichtlinie als (erste) Voraussetzung eines Folgeantrages vorsehen, dass neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind, die erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, wird impliziert, dass bei einem Folgeantrag i.S.d. Asylverfahrensrichtlinie auch im Erstverfahren eine materielle Bewertung des Asylantrags vorgenommen worden sein muss.
40Vgl. dazu VG Sigmaringen, Urteil vom 16. Februar 2021 – A 13 K 3481/18 –, juris Rn. 34; VG Hamburg, Beschluss vom 8. Mai 2024 – 12 AE 1859/24 –, juris Rn. 28 ff.; VG Berlin, Beschluss vom 27. März 2025 – 34 L 262/24 A –, juris Rn. 30; Beschluss der Kammervom 10. April 2025 – 23 L 631/25.A –, juris Rn. 29; Gerichtsbescheid der Kammer vom 6. Mai 2025 – 23 K 2648/25.A (n. v.).
41Dieses Verständnis ist bei der Anwendung des § 71 AsylG zugrunde zu legen, da der Gesetzgeber mit der Neufassung der vorerwähnten Norm die unionsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Folgeantrag nach der Asylverfahrensrichtlinie umsetzen wollte.
42Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz), BT-Drs. 20/9463, S. 23, 58 f.
43Bei dem neuen Antrag des Antragstellers vom 13. März 2025 handelt es sich sinngemäß um einen Antrag auf Wiederaufgreifen seines mit Bescheid vom 21. Dezember 2023 bestandskräftig mit einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abgeschlossenen Asylverfahrens i.S.d. § 51 VwVfG. Der Antragsteller begehrt die Änderung dieses Bescheids im Sinne einer Feststellung der Zulässigkeit seines Asylantrags und dem folgend die Fortführung seines Asylverfahrens. Er macht sinngemäß geltend, dass sich seine Ehefrau sowie seine erkrankte Tochter nunmehr in der Bundesrepublik aufhalten und somit ein Abschiebungsverbot anzunehmen sei.
44Vgl. zur Annahme eines Antrags auf Wiederaufgreifen i.S.d. § 51 VwVfG im Falle eines erneuten Antrags nach Ablauf der Überstellungsfrist nach bestandskräftiger Entscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) AsylG BVerwG, Urteil vom 17. August 2021 – 1 C 55.20 –, juris Rn. 18; im Nachgang zu OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. August 2020 – OVG 3 B 35.19 –, juris Rn. 23.
45Das Gericht kann im gerichtlichen Verfahren die Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Asylantrags auch nicht austauschen und Ziffer 1 des Bescheids statt auf § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG auf die einschlägige Norm des § 51 Abs. 1 VwVfG stützen.
46Die nachträgliche Heranziehung einer anderen als der im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Rechtsgrundlage ist nach den zur Zulässigkeit des Nachschiebens von Gründen entwickelten Grundsätzen nur dann zulässig und geboten, soweit der Bescheid dadurch nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtig wird.
47Vgl. BVerwG, Urteile vom 31. März 2010 – 8 C 12.09 –, juris Rn. 16 und vom 16. Januar 1997 – 3 C 22.96 –, juris Rn. 19; OVG NRW, Urteil vom 6. Oktober 2017 – 11 A 353/17 –, juris Rn. 34.
48Gemessen hieran wäre die Umdeutung des Bescheids im Sinne einer Entscheidung nach § 51 VwVfG unzulässig. Hierdurch würde der Bescheid in seinem Wesen verändert. Durch den Austausch der Rechtsgrundlage würden sich nicht nur die Tatbestandsvoraussetzungen ändern, sondern auch der Tenor des Bescheids würde sich von der Feststellung der Unzulässigkeit zur Ablehnung des Antrags auf Wiederaufgreifen ändern.
49Mit der Neufassung des § 71 AsylG hat der Gesetzgeber den ursprünglichen Verweis auf die Regelungen zum Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG aufgegeben und die Tatbestandsvoraussetzungen an die unionsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art. 40 der Asylverfahrensrichtlinie angeglichen.
50Vgl. dazu Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung, BT-Drs. 20/9463, S. 58 f.
51Die Tatbestandsvoraussetzung des § 71 AsylG für die Annahme eines zulässigen Folgeantrags sind weiter als die in § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG geregelten Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens. So sind etwa Elemente und Erkenntnisse auch neu i. S. v. § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG, wenn die Tatsachen und Umstände bereits im Asylerstverfahren vorlagen, dem Bundesamt aber nicht zur Kenntnis gebracht und daher nicht bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnten.
52Vgl. dazu Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung, BT-Drs. 20/9463, S. 59.
53Dagegen ist zur Geltendmachung einer Änderung der Sachlage als Wiederaufgreifensgrund i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nicht ausreichend, wenn dem Betroffenen eine bereits vor Erlass des Verwaltungsaktes gegebene Sach- oder Rechtslage erst nach dessen Erlass bekannt wird.
54Vgl. BeckOK VwVfG/Falkenbach, Stand: 1. Januar 2025, § 51 Rn. 31.
55II. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.
56Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn diese Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO.
57Nach Maßgabe dieser Normen hat der Antragsteller – unabhängig vom Bestehen eines Anordnungsgrundes – jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
58Der Antragsteller hat gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des mit Bescheid vom 21. Dezember 2023 bestandskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungsverboten.
59Abgesehen davon, dass dem Antragsteller aus § 51 Abs. 1 VwVfG nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zustehen würde, fehlt es schon an dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für ein Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 1 VwVfG.
60Nach dieser Vorschrift hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1) oder neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind (Nr. 3).
61Vorliegend greift keiner der Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 Nr. 1-3 VwVfG.
62Es liegt keine nachträgliche Änderung der dem Verwaltungsakt zugrundeliegenden Sach- oder Rechtslage zugunsten des Betroffenen i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG vor.
63Eine nachträgliche Änderung ist gegeben, wenn sich die für den ergangenen Verwaltungsakt entscheidungserheblichen Rechtsnormen oder tatsächlichen Grundlagen geändert haben, sodass die Änderung eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung erfordert oder doch ermöglicht. Die Sach- oder Rechtslage muss sich hinsichtlich solcher Umstände geändert haben, die für den bestandskräftigen Verwaltungsakt tatsächlich maßgeblich waren.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2018 – 1 C 23.17 –, juris Rn. 13.
65Eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung muss aufgrund der Änderung objektiv ernsthaft in Betracht kommen.
66Vgl. BeckOK VwVfG/Falkenbach, § 51 Rn. 33 m.w.N.
67Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Antragsteller eine relevante Änderung in Gestalt einer neuen Sachlage, die eine günstigere Entscheidung in Bezug auf Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG rechtfertigt, nicht geltend gemacht.
68Zunächst erwächst ein inländisches Abschiebungsverbot nicht aus familiären Bindungen i. S. v. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG. Es besteht kein Abschiebungsverbot in Bezug auf die Ehefrau und die Tochter des Antragstellers, die in Deutschland einen noch nicht beschiedenen Asylantrag gestellt haben.
69Der Antragsteller macht insoweit geltend, dass seine Ehefrau und Tochter sich nunmehr in Deutschland aufhalten würden und sie auf seine Unterstützung angewiesen seien, insbesondere wegen einer Erkrankung seiner Tochter.
70Weder Art. 6 GG, noch Art. 7 GRCh i.V.m. Art. 8 EMRK gewähren dem Ausländer einen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt im Bundesgebiet, sie verpflichten aber die Behörden und Gerichte, bei entsprechenden Entscheidungen die familiäre Bindung an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen zu berücksichtigen. Erforderlich ist eine Einzelfallbetrachtung, bei der die familiären Bindungen, aber auch sonstige Umstände wie die Trennungsdauer oder die Möglichkeit der Herstellung der Familieneinheit nur im Bundesgebiet abzuwägen sind.
71Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2022 – 1 C 8.21 –, juris Rn. 20.
72Ausgehend hiervon kann kein inlandsbezogenes Abschiebungsverbot angenommen werden.
73In die Betrachtung ist zunächst einzustellen, dass der Antragsteller Syrien nach eigenen Angaben 2021 verlassen hat. Seine Ehefrau hat angegeben – die Verfahrensakte zu dem Asylverfahren der Ehefrau und Kinder liegen dem Gericht vor –, Syrien mit ihrer Tochter am 1. Dezember 2024 verlassen zu haben. Somit haben die Eheleute mindestens drei Jahre getrennt voneinander gelebt. Die Tochter wurde am 00. 00. 2019 geboren, also bereits im Zeitpunkt der Ausreise des Antragstellers. Zwar erkrankte sie – nach Angaben des Antragstellers – erst im Alter von zweieinhalb Jahren, sodass die Möglichkeit besteht, dass der Antragsteller Syrien verlassen hat, bevor er von ihrer Erkrankung Kenntnis hatte. Dagegen spricht jedoch, dass der Antragsteller im Rahmen seiner Anhörung angegeben hat, dass er wegen der Krankheit seiner Tochter aus Syrien ausgereist sei. Maßgebende Bedeutung kommt aber ohnehin dem Umstand zu, dass sich die Eheleute bewusst für verschiedene Ausreisewege und -zeiten mit dem Risiko der Begründung verschiedener Zuständigkeiten für die Prüfung des jeweiligen Asylgesuchs entschieden haben.
74Vor diesem Hintergrund muss sich der Antragsteller darauf verweisen lassen, dass er zur Wahrung der Familieneinheit eine entsprechende Familienzusammenführung in Bulgarien im Rahmen eines Visumsverfahrens beantragen kann. Eine Familienzusammenführung hätte der Antragsteller im Übrigen bereits unmittelbar nach seiner Schutzgewährung in Bulgarien am 10. März 2022 betreiben können.
75Anerkannt Schutzberechtigte wie der Antragsteller haben das Recht, ohne Ablauf einer Wartezeit – insbesondere hinsichtlich ihres Ehegatten und ihrer Kinder – einen Antrag auf Familienzusammenführung zu stellen. Diese erhalten dann denselben Schutzstatus wie ihre Familienmitglieder und die damit einhergehenden Rechte.
76Vgl. zu den Voraussetzungen einer Familienzusammenführung: aida, Country Report: Bulgaria, update 27. März 2025, S. 120 f.
77Aufgrund der Tatsache, dass der Antragsteller bereits mehr als drei Jahre von seiner Familie getrennt war, ist ihm und seiner Ehefrau sowie der sechsjährigen Tochter eine weitere Trennung für eine Übergangszeit zuzumuten. Hierbei hat es der Antragsteller selbst in der Hand, durch einen zeitnahen Antrag auf Familienzusammenführung bei den bulgarischen Behörden die Trennungsdauer so kurz wie möglich zu halten.
78Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass es dem Antragsteller und seiner Ehefrau in Bulgarien nicht möglich sein wird, für den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen. Es ist dem Antragsteller zuzumuten, eine Tätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie aufzunehmen. Während der Jahre, die er bereits in Bulgarien gelebt hat, war der Antragsteller in einer Aluminiumfabrik beschäftigt. Von dem Lohn, den er dort erhalten hat, konnte er sogar die Miete für ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft zahlen. Zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie ist es im Übrigen auch der Ehefrau des Antragstellers zuzumuten, in Bulgarien einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Zur Gewährleistung der Betreuung für das Kind könnte etwa eine Teilzeitbeschäftigung für einen Elternteil in Betracht gezogen werde. Dass dem Antragsteller und seiner Ehefrau die Aufteilung von Betreuungs- und Arbeitszeiten möglich ist, haben sie während der Jahre, die sie gemeinsam in Syrien gelebt haben und in denen ihre Tochter geboren wurde demonstriert – der Antragsteller war während dieser Zeit erwerbstätig.
79Dies gilt auch für den Fall, dass die Ehefrau des Antragstellers schwanger sein könnte. Entsprechende Nachweise wurden – soweit für das Gericht ersichtlich – im Verfahren noch nicht vorgelegt. Selbst wenn dem so wäre, würde es sich naturgemäß um einen nur vorübergehenden Zustand handeln, der der dauerhaften und langfristigen Sicherung des Lebensunterhalts der Familie nicht entgegenstehen dürfte.
80Darüber hinaus besteht für die Familie die Möglichkeit, staatliche und nichtstaatliche Unterstützungsangebote in Bulgarien in Anspruch zu nehmen.
81Anerkannt Schutzberechtigte haben in Bulgarien nach ihrer Registrierung als Flüchtling die Möglichkeit unter denselben Bedingungen wie bulgarische Staatsangehörige beitragsunabhängige Sozialleistungen auf der Grundlage des Gesetzes für Soziale Unterstützung (GSU) zu erhalten. Diese Sozialleistungen umfassen insbesondere eine monatliche Sozialhilfe, einmalige Absicherung des Lebensunterhaltes (maximal das Fünffache des garantierten Mindesteinkommens) und Mietkostenübernahme für eine Gemeindewohnung.
82Vgl. zum GSU: https://lex.bg/laws/ldoc/-13038592; zur Sozialhilfe allgemein (Stand 2017): Auswärtiges Amt, Amtshilfeersuchen des OVG Niedersachsen in Asyl- und Rückführungsangelegenheiten vom 18. Juli 2017, 508-516,80/49185, S. 7 und aida, Country Report: Bulgaria, update 27. März 2025, S. 124.
83Die staatlichen Angebote können notfalls unter Einholung gerichtlicher Hilfe durchgesetzt werden. Zudem werden Hilfs- und Unterstützungsleistungen von verschiedenen NGOs wie dem UNHCR, IOM, Caritas und dem bulgarischen Roten Kreuz erbracht. Umfasst sind neben Hilfen bei der Wohnungs- und Arbeitssuche und der Vermittlung von Sprachkenntnissen Sachleistungen oder einmalige finanzielle Hilfen in Notsituationen, z.B. erbracht durch das Bulgarische Rote Kreuz.
84Unter anderem auf der vom Bulgarian Council of Refugees und Migrants betriebenen Internetplattform,
85https://refugee-integration.bg/en/, zuletzt aufgerufen am 30. April 2025,
86werden Hilfen in Bezug auf die Erlangung von Ausweisdokumenten, Wohnungssuche, Gesundheitswesen, Ausbildung, Anstellung, Sozialhilfe, Familienzusammenführung und Staatsbürgerschaft angeboten.
87Vor dem Hintergrund der langen Trennungsdauer in der Vergangenheit erschließt sich zuletzt nicht, weshalb die Ehefrau und die Tochter des Antragstellers nunmehr auf seine Unterstützung angewiesen sein sollten. Etwas anderes könnte geltend, wenn Anhaltspunkt für eine akute Erkrankung der Tochter vorliegen würden. Entsprechende Nachweise liegen dem Gericht jedoch nicht vor. Der Verfahrensakte der Ehefrau und der Tochter lässt sich ein Attest entnehmen, dass jedoch von November 2021 datiert und daher keine Auskunft über den aktuellen Gesundheitszustand der Tochter geben kann. Zudem liegt dem Gericht eine Selbstauskunft betreffend der Tochter des Antragstellers vor, nach der akute gesundheitliche Probleme und chronische Erkrankungen nicht bestehen.
88Zu berücksichtigen ist zuletzt, dass dem Antragsteller auch eine Unterstützung seiner Familie während der Übergangszeit einer Trennung von Bulgarien aus möglich wäre, etwa durch Geldleistungen. Dass er zur Hilfeleistung im Stande ist hat er in der Vergangenheit bewiesen, in der er die Einreise seiner Ehefrau in die Bundesrepublik nach ihren Angaben organisiert hat. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Familie des Antragstellers in Deutschland nicht finanziell schutzlos gestellt, da sie jedenfalls Leistungen nach dem AsylbLG geltend machen können. Zudem hat der Antragsteller angegeben, dass sich seine Großfamilie in Deutschland aufhalte, die auch Unterstützung leisten kann.
89Ein Abschiebungsverbot erwächst ebenso wenig aus § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 4 GRCh.
90Art. 4 GRCh steht der Überstellung einer Person, die internationalen Schutz beantragt hat, in einen anderen Mitgliedstaat entgegen, sofern im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte festzustellen ist, dass sie in diesem Mitgliedstaat einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren.
91Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 – C-163/17 (Jawo) –, juris Rn. 85 u. 98.
92Ein Verstoß gegen Art. 4 GRCh liegt aber nur dann vor, wenn die drohende Behandlung eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreicht, die von sämtlichen Umständen des Einzelfalles abhängt. Diese besonders hohe Schwelle ist grundsätzlich erst dann erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre.
93Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 – C-163/17 (Jawo) –, juris Rn. 87 ff. sowie Beschluss vom 13. November 2019 – C-540/17 u. C-541/17 (Hamed und Omar) –, juris Rn. 39; OVG NRW, Beschlüsse vom 22. August 2023 – 11 A 3374/20.A –, juris Rn. 42 und vom 21. Juli 2023 – 11 A 3153/20.A –, juris Rn. 52 m.w.N.
94Der Antragsteller hat solche systemischen Mängel inhaltlich schon nicht geltend gemacht. Darüber hinaus ist für das Gericht nicht ersichtlich, inwieweit es sich bei den geltend gemachten Gesichtspunkten um nachträgliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Antragstellers handeln sollte.
95Zunächst rechtfertigen medizinische Gesichtspunkte nicht die Annahme eines systemischen Missstandes.
96Es ist gesetzlich vorgesehen, dass Dublin-Rückkehrer wie er Antragsteller automatisch und ohne zeitliche Verzögerung Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung haben, welche die medizinische Grundversorgung sicherstellt. Dieser Zugang ist – wie bei bulgarischen Staatsangehörigen – durch Beitragszahlungen möglich. Der Mindestbeitrag liegt für Arbeitslose bei ca. 19,13 Euro monatlich. Zudem sind gegenwärtig alle Aufnahmezentren mit Sprechzimmern ausgestattet und bieten eine medizinische Grundversorgung, wenn auch deren Umfang von der Verfügbarkeit medizinischer Dienstleister am jeweiligen Standort abhängt.
97Vgl. aida, Country Report: Bulgaria, update 27. März 2025, S. 124.
98Im Übrigen ist die medizinische Notfallversorgung für alle sich in Bulgarien aufhaltenden Personen zugänglich.
99Vgl. Auswärtiges Amt, Amtshilfeersuchen des OVG Hamburg in Asyl- und Rückführungsangelegenheiten vom 7. April 2024, S. 2.
100Zwar umfasst das nationale Gesundheitspaket nach den aktuellen Erkenntnissen nicht die Behandlung aller chronischen Krankheiten oder chirurgischen Eingriffe, Prothesen, Implantate oder andere notwendige Medikamente oder Hilfsmittel.
101Vgl. BFA Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Version 6; Datum der Veröffentlichung: 29. Juli 2024. S. 16, 18.
102Allerdings bestehen nach dem vorerwähnten Länderinformationsblatt auf eigene Kosten entsprechende Behandlungsmöglichkeiten.
103Demnach ist der Antragsteller gehalten, notwendige Behandlungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden, – wie bulgarische Staatsbürger – auf eigene Kosten in Anspruch zu nehmen.
104Auch der Umstand, dass der Antragsteller zu 1) nach seiner Einreise Fingerabdrücke abgeben musste, begründet keinen Verfahrensmangel. Hierbei handelt es sich um eine auch in anderen EU-Mitgliedstaaten gebräuchliche erkennungsdienstliche Maßnahme.
105Systemische Mängel ergeben sich schließlich auch nicht aus dem Vortrag des Antragstellers, wonach ihm in Bulgarien mit einer Gefängnisstrafe gedroht worden sei. Soweit der Antragsteller durch einzelne Personen rechtswidrig behandelt worden sein sollte, erwächst hieraus kein systemischer Mangel des bulgarischen Asylsystems im Ganzen.
106Schließlich liegen auch die Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 und 3 VwVfG nicht vor.
107Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO i.V.m. § 83b AsylG.
108Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.