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Vorliegen begründeter Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass der berufliche Betreuer die Betreuungen dauerhaft unqualifiziert führt i.S.d. § 27 Abs. 1 Nr. 3 BtOG.
Fortsetzung von VG Köln, Beschluss vom 26. Juni 2024 – 1 L 953/24 –.
1. Unter Abänderung des Beschlusses der Kammer vom 26. Juni 2024 – 1 L 953/24 – wird der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage – 1 K 3065/24 – gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. April 2024 abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
2Der sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juni 2024 – 1 K 3065/24 – gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. April 2024 wiederherzustellen,
4ist nicht begründet.
5Für die auf § 80 Abs. 7 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu stützende Entscheidung ist das beschließende Gericht als Gericht der Hauptsache ungeachtet der vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen anhängigen Beschwerde der Antragsgegnerin – 4 B 628/24 – gegen den Beschluss der Kammer vom 26. Juni 2024 zuständig.
6Vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 200.
7Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache jederzeit von Amts wegen einen Beschluss über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ändern oder aufheben. Prozessrechtliche Voraussetzung für die Ausübung der dem Gericht der Hauptsache eröffneten Abänderungsbefugnis ist eine Änderung der maßgeblichen Umstände, auf die die frühere Entscheidung gestützt war. Das Verfahren der Abänderung eröffnet die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage oder zuvor nicht geltend gemachten Umständen Rechnung zu tragen. Die Beteiligten wurden zu der Absicht des Gerichts gehört.
8Mit der Vorlage weiterer Verwaltungsvorgänge durch die Antragsgegnerin hat sich die Erkenntnislage der Kammer entscheidungserheblich geändert. Prüfungsmaßstab für die Entscheidung ist, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist. Die dabei vorzunehmende Interessenabwägung ist regelmäßig in erster Linie an den Erfolgsaussichten des Verfahrens der Hauptsache auszurichten.
9Im vorliegenden Fall wird das Klageverfahren nach der jetzigen Erkenntnislage der Kammer voraussichtlich ohne Erfolg für den Antragsteller bleiben. Der unter dem 29. April 2024 erfolgte Widerruf der dem Antragsteller mit Bescheid vom 9. November 2023 erteilten Registrierung als beruflicher Betreuer nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 Betreuungsorganisationsgesetz (fortan: BtOG) ist nach Würdigung der nunmehr vorliegenden Verwaltungsvorgänge und des schriftlichen Vorbringens der Beteiligten voraussichtlich rechtmäßig erfolgt.
10Begründete Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Antragsteller die Betreuungen dauerhaft unqualifiziert führt. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 BtOG widerruft die Stammbehörde unbeschadet § 49 VwVfG NRW die Registrierung, wenn begründete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der berufliche Betreuer die Betreuungen dauerhaft unqualifiziert führt; dies ist in der Regel der Fall, wenn der berufliche Betreuer mehrfach wegen fehlender Eignung aus dem Betreuerverhältnis entlassen worden ist.
11Zwar erfüllt der Antragsteller weiterhin nicht das gesetzliche Regelbeispiel, da er bislang nur einmal, nämlich im Fall des Betreuten V. durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 28. Juni 2023 – N02 – wegen mangelnder Eignung entlassen worden ist.
12Begründete Tatsachen für die Annahme der unqualifizierten Betreuungsführung ergeben sich aber aus den von der Antragsgegnerin übersandten weiteren Verwaltungsvorgängen. Diese bestehen aus Auszügen aus den gerichtlichen Betreuungsakten für die vom Antragsteller in der Vergangenheit betreuten Herren Q. Z., N., O. und U..
13So ergibt sich aus den Auszügen zur Betreuungsakte L.Amtsgericht Köln, N03), dass die für das Betreuungsverfahren zuständige Richterin am Amtsgericht S. in einem Schreiben vom 10. Mai 2023 an die Betreuungsstelle der Antragsgegnerin festhält, dass erhebliche Bedenken hinsichtlich der Geeignetheit des Antragstellers bestünden. In einem Schreiben an den Antragsteller vom 5. Februar 2024 wiederholt sie die Bedenken und führt aus, dass Anhaltspunkte für eine Verletzung der Pflicht zur Vermögenssorge des Betroffenen vorlägen. So sei eine belgische Zusatzrente des Betroffenen trotz Sozialhilfebezugs bis Juli 2023 nicht in vollem Umfang an das Heim weitergeleitet worden, weshalb nun Rückforderungen zu Lasten des Betroffenen in Höhe von 3.127,05 Euro aufgelaufen seien. Der Antragsteller habe den Sachverhalt nicht aufklären können. Ferner sei im letzten Jahresbericht des Antragstellers zum Betreuten für das Jahr 2023 ein Wohngeldbezug angegeben, der tatsächlich nicht erfolgt sei. Höchst problematisch seien die monatlichen Überweisungen von dem Konto des Betroffenen auf das Konto des Antragstellers. Selbst bei Annahme einer Schuldentilgung für „Vorauslagen" für den Betroffenen entsprechend den Angaben des Antragstellers im Schreiben vom 11. Januar 2023, würde es sich um ein nach § 1854 Nr. 2 BGB genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft handeln. Eine solche Genehmigung sei nicht beantragt worden und liege deswegen auch nicht vor. Da Anhaltspunkte vorlägen, dass der Betroffene bei Abschluss der „Vereinbarung“ nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei, wofür die Ergebnisse des ärztlichen Gutachtens von Herrn A. vom 18. Juli 2018 sprächen, würde es sich zudem um ein unzulässiges Insichgeschäft handeln.
14Den Auszügen der Betreuungsakte lässt sich entnehmen, dass der Antragsteller über die Verhältnisse des Betreuten unvollständig an das Betreuungsgericht berichtet hat. Aus dem Bericht des im Januar 2024 bestellten, dem Antragsteller nachfolgenden Betreuers ergibt sich, dass die belgische Zusatzrente des Betreuten nicht vollständig dem Pflegeheim überwiesen worden und auch gegenüber dem Sozialamt nicht in vollständiger Höhe mitgeteilt worden sei, sodass es zu Überzahlungen gekommen sei. Ferner lässt sich dem Bericht entnehmen, dass der Antragsteller gegenüber dem Betreuungsgericht bislang über ein Girokonto des Betroffenen bei der Sparkasse KölnBonn nicht berichtet habe. Auf dieses Konto ist laut den beigefügten Schreiben der belgischen Kasse die belgische Zusatzrente überwiesen worden. Von diesem Konto seien per Online-Banking Zahlungen auf das Konto des Antragstellers erfolgt. Der Betreuer führte Nachweise zu seinem Bericht an das Betreuungsgericht in Form von Kontoauszügen und Schriftverkehr mit den belgischen Rentenbehörden bei. Die Auszüge aus der Betreuungsakte enthalten den Jahresbericht 2023 des Antragstellers über den Betroffenen, in diesem ist das Girokonto nicht aufgeführt.
15Die Einlassungen des Antragsstellers können die Anhaltspunkte für eine unqualifizierte Betreuung durch ihn im Fall X. nicht entkräften. So räumt der Antragsteller die Überweisungen vom Girokonto des Betroffenen auf ein eigenes Konto ein, behauptet aber, dieses sei allein infolge von drei fehlerhaften Buchungen durch die Mitarbeiterin des Antragstellers geschehen. Mittlerweile sei die Fehlüberweisung durch Rückzahlungen ausgeglichen. Die Rente sei angezeigt worden und an das Heim durch Dauerauftrag weitergeleitet worden. Diese Einlassung des Antragstellers erklärt indes nicht, warum über das weitere Girokonto des Betreuten X. bei der Sparkasse KölnBonn, dass dem Antragsteller bekannt war, nicht berichtet wurde und warum der Dauerauftrag zur Weiterleitung der belgischen Zusatzrente nicht vollständig erfolgte.
16Auch aus den Auszügen zur Betreuungsakte des im Juli 2022 verstorbenen Herrn Z. (Amtsgericht Köln, N04) ergeben sich begründete Tatsachen für eine unqualifizierte Führung der Betreuungen durch den Antragsteller. Unter dem 24. Oktober 2022 äußert die Richterin am Amtsgericht F. als Betreuungsrichterin gegenüber der Betreuungsstelle bei der Antragsgegnerin Zweifel an der generellen Eignung des Antragstellers zur Übernahme von Betreuungen. Anlass für diesen Berichtsauftrag war ein Rechtsanwaltsschreiben vom 10. Oktober 2022, in dem die Anwälte des Bruders des verstorbenen Betreuten berichteten, dass der Antragsteller nach dem Tod des Betreuten noch versucht habe, eine Verfügung über 35.000,00 Euro vom Konto des Erblassers vorzunehmen. Die Überweisung sei lediglich wegen einer fehlerhaften Angabe der IBAN-Nummer gescheitert.
17Die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers räumte mit Schreiben vom 21. November 2022 an das Betreuungsgericht Köln eine fehlgeschlagene Überweisung in Höhe von 30.000,00 Euro ein, wonach nach dem Wunsch des Betreuten entsprechend Schulden ausgeglichen werden sollten und zwar solche „für die Betreuervergütung und der Krankenkasse“. Der Betreute habe diesen Wunsch „noch vor seinem Tode geäußert mit dem Ziel, ein schuldenfreies Erbe an die testamentarischen Erben zu übergeben“. Die Betreuungsstelle der Antragsgegnerin berichtete mit Schreiben vom 5. Dezember 2022 an das Betreuungsgericht über ein Gespräch mit dem Antragsteller am 29. November 2022, bei dem der Antragsteller gesagt habe, dass es ihm sehr leid täte, dass er gedankenlos den Fehler gemacht habe, besagte Überweisung vom Konto des Verstorbenen auf sein Treuhandkonto vorzunehmen. Er habe dem Betreuten zu Lebzeiten versprochen, dass von dem Erbe alle Restschulden gegenüber der Krankenkasse und einigen privaten Gläubigern getilgt würden, damit er ein schuldenfreies neues Leben führen könne. Der Transfer habe aufgrund eines Zahlendrehers nicht ausgeführt werden können. Insofern sei niemandem ein Schaden entstanden. Er könne nicht erklären, warum er Steuern statt Schulden auf der Überweisung vermerkt habe. Er habe eingeräumt, dass er als Berufsbetreuer habe wissen müssen, dass mit Eintritt des Todes des Betroffenen die Betreuung ende und er keine Verfügung mehr hätte erlassen dürfen.
18Weitere Tatsachen für die Annahme einer unqualifizierten Betreuung ergeben sich aus den Auszügen der Betreuungsakte des am 14. September 2022 verstorbenen Herrn N. (Amtsgericht Köln, N05). Denn mit Schreiben vom 3. Mai 2022 forderte Richter am Amtsgericht G. und mit Schreiben vom 15. November 2022 forderte Richter am Amtsgericht E. jeweils als Betreuungsrichter die Betreuungsstelle der Antragsgegnerin auf, über die erforderliche Eignung des Antragstellers zur Übernahme von Betreuungen zu berichten. Hintergrund dieser Anfragen war der Umstand, dass der Antragsteller wiederholt gerichtlichen Aufforderungen nicht nachgekommen war. Diese betrafen den Nachweis darüber, dass der Antragsteller die vom Konto des Betreuten auf das eigene Konto überwiesenen Beträge rückerstattet hat. Diese nach Aussagen des Antragstellers irrtümlichen Überweisungen wurden im April 2022 aktenkundig. Sie sollen nach Angaben des Antragstellers im November 2021 vorgefallen sein. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2022 wurde dem Antragsteller durch das Betreuungsgericht bei weiterer Nichterfüllung seiner Nachweispflichten schließlich ein Zwangsgeld angedroht. Nach dem Tod des Herrn N. im September 2022 teilte der Antragsteller dem Betreuungsgericht am 18. Oktober 2022 mit, die Nachweispflichten nun wegen Erlöschens der Betreuung durch Tod nicht mehr umsetzen zu können.
19Aus den Auszügen der Betreuungsakte des Herrn O. (Amtsgericht Köln, N06) ergeben sich ebenfalls Tatsachen für eine unqualifizierte Betreuung. Mit Schreiben vom 27. Juli 2023 bat das Betreuungsgericht die Betreuungsbehörde der Antragsgegnerin um Aufklärung, ob nach Auffassung der Betreuungsbehörde der Antragsteller die Vermögenssorge in diesem Fall ordnungsgemäß ausgeübt habe. Das Gericht führte aus, dass unterschiedliche Angaben des Betroffenen und des Antragstellers hinsichtlich der Vornahme von Überweisungen per Online-Banking vorlägen. Der ehemalig betreute Herr T. begehrte eine Schlussrechnung vom Antragsteller. Der Antragsteller erklärte unter dem 7. März 2023, er könne keine Schlussrechnung erstellen, da er zu keiner Zeit Zugriff auf das Konto hatte. Er versicherte an Eides Statt, keine Überweisungen getätigt zu haben. Den Dauerauftrag für den Lebensunterhalt des Betreuten in Höhe von 500,- Euro habe er nach Rücksprache mit diesem vor Ort in der Bank einrichten lassen. Der ehemalig Betreute bestand im Mai 2023 auf Erstellung einer Schlussrechnung und führte aus, dass der Antragsteller nach Auskunft der Bensberger Bank die Zugangsdaten zum Konto unter dem 30. August 2022 per Post zugeschickt bekommen habe. Ferner legte er Quittungen über Bargeldauszahlungen im Jahr 2022 von seinem Konto vor, die von dem Antragsteller quittiert worden sind. Zudem reichte bei dem Betreuungsgericht einen Kontoauszug seines Girokontos vom 30. Dezember 2022 ein, nachdem der Antragsteller Empfänger einer am 10. Dezember 2022 um 0.38 Uhr getätigten Echtzeitüberweisung in Höhe von 100,- Euro mit dem Betreff „Rückzahlung Schulden“ sei. Mit Schreiben vom 4. Juli 2023 gab der Antragsteller gegenüber dem Betreuungsgericht an, dass er zur Beilegung der „Streitigkeit“ bereit sei, auf seine an Herrn O. verliehenen Beiträge von knapp 1.000,- Euro zu verzichten.
20In der Betreuungsakte (Amtsgericht Köln N07) des Herrn U. finden sich wiederholt sowohl Überweisungen und Gutschriften vom Konto des Antragstellers auf das Konto des Betreuten als auch umgekehrt.
21Nach den Kontoauszügen des Girokontos des Betreuten erfolgte am 29. Juni 2023 eine Überweisung vom Konto des Antragstellers an den Betreuten mit dem Betreff „Leihe“ in Höhe von 100,- Euro. Am 25. September 2023 erfolgte vom Konto des Antragstellers eine Gutschrift in Höhe von 50,- Euro auf das Konto des Betreuten. Am 15. Dezember 2023 erfolgte eine Gutschrift in Höhe von 150,- Euro mit dem Betreff „wie besprochen“. Am 27. Dezember 2023 erfolgte eine Gutschrift von 50,- Euro und unter dem 26. Februar 2024 eine Gutschrift in Höhe von 50,- Euro.
22In umgekehrter Richtung erfolgte am 10. Juli 2023 eine Überweisung vom Konto des Betreuten an den Antragsteller in Höhe von 100,- Euro. Am 10. Oktober 2023 findet sich eine Überweisung in Höhe von 50,- Euro. Am 14. Dezember 2023 erfolgte eine Überweisung von 150,- Euro mit dem Betreff „Rückzahlung Vorschuss“. Am 11. Januar 2024 erfolgten Überweisungen zugunsten des Antragstellers in Höhe von zusammen 100,- Euro. Am 8. Februar 2024 erfolgten zwei Überweisungen in Höhe von 55,- Euro und 50,- Euro.
23Die Kammer berücksichtigt bei der Bewertung dieser Umstände, dass in den Fällen der betreuten Herren Q. Z., N., und O. den Betreuungsrichtern selbst Zweifel an der Eignung des Antragstellers zur Betreuung aufkamen und entweder in Vorbereitung einer Abberufung des Antragstellers bei der Betreuungsbehörde der Antragsgegnerin nachfragten oder aber die grundsätzliche Eignung des Antragstellers bei der Antragsgegnerin in Frage stellten.
24Den Zweifeln der Betreuungsrichter kommt wegen ihrer Sachkenntnis und Erfahrungen im Betreuungswesen besondere Bedeutung zu. Deren Zweifel an der betreuungsrechtlichen Eignung des Antragstellers gründeten insbesondere auf der Art und Weise seiner Vermögensbetreuung. Dabei fällt die Praxis der „Gefälligkeitsdarlehen“ auf, im Rahmen derer der Antragsteller verschiedenen Betreuten kleinere Geldbeträge lieh und sie wieder durch Online-Überweisung auf sein Konto zurücküberwies. Die Gestaltung solcher Rechtsgeschäfte des Antragstellers mit den Betreuten, die sämtlich auch unter Vermögensbetreuung standen, war intransparent. Zwar kann nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es sich um unzulässige Insichgeschäfte entgegen § 181 BGB handelte, da die Betreuten nicht unter Einwilligungsvorbehalt nach § 290 FamFG bei vermögensrechtlichen Geschäften standen. Jedoch sollten sie gerade in Vermögensangelegenheiten durch die Bestellung eines Betreuers auf diesem Gebiet geschützt werden. Diese „Gefälligkeitsdarlehen“ setzen, wenn sie überhaupt zulässig sind, gegenüber dem Betreuungsgericht offene, vollständige und auf eigener Initiative initiierte Berichte voraus, damit das Betreuungsgericht in die Lage gesetzt wird, die Vermögensbetreuung des Betreuten durch den Antragsteller zu überprüfen.
25Der Antragsteller räumte die „Gefälligkeitsdarlehen“ im Fall des betreuten Herrn U. mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2024 ein und rechtfertigte sich mit der finanziell bedrängten Situation des Herrn U. nach Verlust des Arbeitsplatzes und vor Auszahlung des Arbeitslosengelds. Da sich die Praxis der „Gefälligkeitsdarlehen“ von Kleinbeträgen im Fall U. über ein halbes Jahr hinzog, ist die Begründung eines plötzlichen und kurzfristigen Liquiditätsengpasses nicht überzeugend. Denn der Antragsteller legt nicht da, dass er als Betreuer im Rahmen der Betreuung alles getan habe, um die Auszahlung des Arbeitslosengelds zu beschleunigen oder zur Überbrückung Sozialleistungen beantragt hat. Auch die Argumentation, anders als durch diese Darlehen hätte sich der Antragsteller wohl wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar gemacht, leuchtet nicht ein, sondern ist fernliegend. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 323c StGB lagen mangels Unglücksfalls oder gemeiner Gefahr oder Not offensichtlich nicht vor. Zudem wären die Kleinbeträge von 50,- bis 100,- Euro voraussichtlich nicht geeignet, eine eklatante Notlage kurzfristig zu überbrücken.
26Angesichts dieser Umstände erscheint der Widerruf der Registrierung als beruflicher Betreuer auch unter Berücksichtigung des Grundrechts des Antragstellers der Berufswahlfreiheit aus Art. 12 GG verhältnismäßig und mildere Mittel wie Mahnungen und Auflagen zur Betreuungsführung nicht ausreichend.
27Denn der Antragsteller hat auch in Kenntnis des laufenden Widerrufsverfahrens im Januar 2024 seine Praxis der Leihe von Geldbeträgen an Betreute und Gutschriften durch Online-Banking auf sein Konto fortgeführt, ohne diese gegenüber dem Betreuungsgericht anzuzeigen und die Notwendigkeit eines solchen Vorgehens darzulegen.
28Die Kammer verkennt nicht die Schwere des Eingriffs in das Grundrecht der Berufswahlfreiheit des Antragstellers. Auf der anderen Seite stehen die Rechtsgüter der Betreuten ebenfalls unter grundrechtlichem Schutz: Die Bestellung eines Betreuers nach § 1814 Abs. 1 BGB ist ein staatlicher Hoheitsakt, der auch dann einen Eingriff in die Privatsphäre und allgemeine Handlungsfreiheit des Betreuten aus Art. 2 Abs. 1 GG darstellt, wenn dieser der Betreuung zustimmt. Der mit einer Betreuung verbundene Eingriff in die Handlungsfreiheit des Betroffenen ist schwerwiegend und schränkt je nach Gegenstand und Umfang der erfassten Aufgabenkreise das Grundrecht des Betreuten aus Art. 2 Abs. 1 GG massiv ein. Gleichwohl kann der Eingriff auf gesetzlicher Grundlage und unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zulässig sein.
29vgl. BVerfG , 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 20. Januar 2015 – 1 BvR 665/14, juris.
30Die Bestellung eines Betreuers gegen den Willen des zu Betreuenden setzt voraus, dass der Betreute tatsächlich seinen Willen nicht frei bestimmen kann (vgl. § 1896 Abs. 1 Buchst. a BGB). Durch die Bestellung erhält der Betreuer nicht nur Kenntnisse über das Privatleben, einschließlich der Vermögensverhältnisse der Betreuten. Er erhält auch rechtliche Möglichkeiten innerhalb seines Aufgabenbereichs, das Privatleben des Betreuten zu gestalten. Diese erworbenen Kenntnisse und Möglichkeiten muss der Betreuer im Sinne der Betreuten nutzen, vgl. § 1821 Abs. 2 BGB, dazu muss er die staatliche Kontrolle in Form von Berichts- und Anzeigepflichten gemäß § 1863 ff BGB, sowie der Rechnungslegungspflicht nach § 1865 BGB über die Betreuung dulden.
31Wenn wie vorliegend in einem Fall die Abberufung wegen mangelnder Eignung erfolgt ist, in weiteren Fällen die Ungeeignetheit durch die Betreuungsrichter im Verhältnis zur Betreuungsbehörde unter Begründung auf betreuungsrelevantes Verhalten angesprochen wird und sich das Verhalten des Betreuers auch in der Folge nicht beanstandungsfrei entwickelt, überwiegen die Grundrechte der Betreuten auf Wahrung ihrer Privatsphäre das Berufswahlrecht des Betreuers.
32Es besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs als beruflicher Betreuer. Mit den sich aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen ergebenen Umständen bestehen hinreichend Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr der fortgesetzten Verletzung der betreuungsrechtlichen Pflichten durch den Antragsteller, die eine entsprechende Interessenabwägung zu seinen Lasten rechtfertigen.
33Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
34Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Ziffer 14.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Betrag ist wegen des nur vorläufigen Charakters der hier vorliegenden Eilentscheidung halbiert worden (vgl. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
35Rechtsmittelbelehrung
36Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
37Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
38Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
39Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
40Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
41Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
42Die Beschwerde ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
43Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
44Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.