Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
§ 212 Abs. 1 Satz 2 TKG begründet eine zwingende Entscheidungsfrist, deren Einhaltung die Bundesnetzagentur organisatorisch sicherzustellen hat.
Bei einer Nichtentscheidung binnen dieser Frist, ist der Weg der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) in Form der Bescheidungsklage eröffnet.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Anträge der Klägerin vom 6. April 2023 in der Fassung vom 8. August 2023 im Streitbeilegungsverfahren BK2-23/002 zu bescheiden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über ihre Streitbeilegungsanträge im Verfahren BK2-23/002.
3Die Klägerin betreibt ein öffentliches Telekommunikationsnetz in P. und bietet auf dem Endkundenmarkt Telekommunikationsdienste an. Mit der Telefónica Germany GmbH & Co. OHG (fortan: Telefónica) verhandelte sie über einen sog. Full MVNO-Zugang zu deren Mobilfunknetz. Am 6. April 2023 beantragte sie bei der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (fortan: BNetzA) die Durchführung eines Streitbeilegungsverfahrens und Entscheidung gemäß § 212 Abs. 1 TKG gegen die Telefónica. Zur Begründung machte sie einen Verstoß gegen das Verhandlungsgebot nach Ziffer III.4.15 der Präsidentenkammerentscheidung BK1-17/001 vom 26. November 2018 und der der Telefónica erteilten Frequenzzuteilungsbescheide vom 10. Juni 2020 und 14. Dezember 2020 geltend. Das Streitbeilegungsverfahren wird bei der Beschlusskammer 2 der BNetzA unter dem Az. BK2-23/002 geführt.
4Am 18. April 2023 legte die Klägerin eine um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bereinigte Fassung ihrer Antragsschrift vom 6. April 2023 vor. Hiervon ausgehend setzte die Beschlusskammer 2 die Entscheidungsfrist zunächst auf den 18. August 2023 fest.
5Unter dem 25. Mai 2023 nahm die Klägerin eine erste Änderung ihrer Streitbeilegungsanträge vor.
6Der ursprünglich für den 16. Juni 2023 vorgesehene Termin für die öffentliche mündliche Verhandlung vor der Beschlusskammer wurde wegen eines gerichtlichen Eilantrags der Telefónica zum Umfang der Schwärzungen der Antragsschrift der Klägerin (VG Köln, Az. 1 L 1095/23) auf den 4. Juli 2023 verlegt. Die Verfahrensbeteiligten erhielten anschließend Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 8. August 2023.
7Unter dem 6. Juli 2023 teilte die Beschlusskammer 2 mit, die Entscheidungsfrist bis zum 30. September 2023 zu verlängern. Anlass für die Verschiebung sei zum einen der Umstand, dass die Klägerin ihre Anträge am 25. Mai 2023 teilweise geändert habe. Zum anderen hätten die Beigeladenen des Streitbeilegungsverfahrens (wegen des gerichtlichen Eilantrags der Telefónica) in Teile der Antragsschrift erst zum 30. Juni 2023 Einblick erhalten. Die Verlängerung sei erforderlich, damit die Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit hätten, den Streitgegenstand sinnvoll zu erörtern.
8Unter dem 8. August 2023 nahm die Klägerin erneut Änderungen an ihren Streitbeilegungsanträgen vor. Infolgedessen verlängerte die Beschlusskammer 2 die Entscheidungsfrist bis zum 30. November 2023.
9Mit Schreiben vom 21. November 2023 teilte die Beschlusskammer 2 mit, dass beabsichtigt sei, förmliche Auskunftsersuchen an die drei Mobilfunknetzbetreiber U. P. GmbH, Q. GmbH und Telefónica zu richten betreffend die Vorleistungskonditionen mit deren Diensteanbietern im Mobilfunk und die durchschnittlichen Datenübertragungsraten. Die zuvor am 12. September 2023 nicht-förmlich gestellten Auskunftsersuchen seien nicht ausreichend beantwortet worden. Der Termin für die öffentliche mündliche Verhandlung über den Erlass der Auskunftsersuchen sei auf den 15. Dezember 2023 bestimmt worden. Eine Entscheidung im Streitbeilegungsverfahren sei wegen der Vorgreiflichkeit der Auskunftsersuchen erst nach Abschluss dieser Verfahren möglich.
10In den Folgemonaten erteilten die Mobilfunknetzbetreiber der BNetzA freiwillig die angefragten Auskünfte, sodass es keiner förmlichen Auskunftsersuchen bedurfte. Dies teilte die Beklagte der Klägerin am 27. März 2024 auf eine telefonische Sachstandsanfrage hin mit. Sie wies ergänzend darauf hin, mit Blick auf den Beschluss des VG Köln vom 15. März 2024 (Az. 1 L 2288/23) eine öffentliche Anhörung zum Entscheidungsentwurf durchführen zu wollen. Auf weitere telefonische Nachfragen der Klägerin vom 23. April 2024, 7. Mai 2024 und 22. Mai 2024 teilte die Beklagte jeweils mit, dass intensiv an der Entscheidung gearbeitet werde.
11Mit Schreiben vom 8. August 2024 trug die Klägerin ergänzend zu Marktpreisen vor, die ihr zwischenzeitlich zur Kenntnis gelangt waren. Sie regte an, bei den Mobilfunknetzbetreibern ergänzend die vereinbarten Preise für Inbound-Roamingdienste abzufragen. Das Schreiben wurde der Telefónica aufgrund eines Büroversehens der Beklagten erst am 24. Oktober 2024 zur Stellungnahme übermittelt.
12Am 11. Oktober 2024 teilte die Beklagte der Klägerin anlässlich einer weiteren Sachstandsanfrage telefonisch mit, die zwischenzeitlichen (nicht rechtskräftigen) Urteile des VG Köln vom 26. August 2024 (Az. 1 K 1281/22 und 1 K 8531/18), mit denen die Präsidentenkammerentscheidung BK1-17/001 vom 26. November 2018 aufgehoben worden war, würden getrennt vom vorliegenden Streitbeilegungsverfahren und insoweit nicht als Entscheidungshindernis gesehen.
13Am 4. November 2024 bat die Beklagte die Klägerin anlässlich entsprechender Kritik der Telefónica um Überprüfung ihrer Schwärzungen im Schriftsatz vom 8. August 2024. Dem kam die Klägerin am 12. November 2024 nach.
14Auf weitere telefonische Sachstandsanfragen der Klägerin vom 22. November 2024, 5. Dezember 2024 und 12. Dezember 2024 teilte die Beklagte mit, dass sich der Entscheidungsentwurf in der Abstimmung in der Beschlusskammer befinde.
15Die Klägerin hat am 18. Dezember 2024 Untätigkeitsklage erhoben mit dem Ziel der Bescheidung ihrer Streitbeilegungsanträge.
16Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:
17Die Untätigkeitsklage sei zulässig. Die Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO sei abgelaufen. § 212 Abs. 1 Satz 2 TKG sehe eine Entscheidung innerhalb von höchstens vier Monaten nach Stellung des Streitbeilegungsantrags vor. Selbst wenn für die Fristberechnung auf die geänderten Anträge vom 8. August 2023 abgestellt würde, sei die gesetzliche Entscheidungsfrist am 8. Dezember 2023 abgelaufen. Die Beklagte habe indes seit Aufhebung der zuletzt auf den 30. November 2023 bestimmten Entscheidungsfrist keine neue Frist festgesetzt und bis heute nicht über ihre Streitbeilegungsanträge entschieden.
18Die Untätigkeitsklage sei in Form der Bescheidungsklage zulässig. Es handele sich um ein inhaltlich komplexes Verfahren zur Schlichtung eines Streits über einen objektiv angemessenen Rahmen für Vertragsverhandlungen gemäß dem Verhandlungsgebot in Ziffer III.4.15 der Präsidentenkammerentscheidung BK1-17/001 vom 26. November 2018. Der Beklagten dürfte bei der Entscheidungsfindung nach § 212 Abs. 1 TKG ein Beurteilungsspielraum zukommen.
19Die Klage sei begründet. Die Beklagte habe ohne zureichenden Grund bis heute nicht über ihre Anträge vom 6. April 2023 in der Fassung vom 8. August 2023 entschieden.
20Die Nichtentscheidung sei von vornherein nicht zu rechtfertigen, weil § 212 Abs. 1 TKG eine absolute Höchstfrist von vier Monaten ab Anrufung der Beschlusskammer normiere. Ziel des Streitbeilegungsverfahrens sei es, Meinungsunterschiede zwischen Unternehmen möglichst effizient und gerade in dringenden Fällen ohne vermeidbaren Zeitverlust beizulegen. Dieser Funktion könne das Streitbeilegungsverfahren nur gerecht werden, wenn die gesetzlich vorgegebene Entscheidungsfrist eingehalten werde. Dies habe die Beklagte organisatorisch sicherzustellen. Von der in Art. 26 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie (EU) 2018/1972 des europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (fortan: EKEK) vorgesehenen Möglichkeit, die Entscheidungsfrist in Ausnahmesituationen zu verlängern, habe der Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht. Auch im Rahmen des Telekommunikationsmodernisierungsgesetzes (fortan: TKModG) habe er an dieser Stelle keinen Änderungsbedarf gesehen. Die Entscheidungsfrist stehe mithin nicht zur Disposition der Beklagten.
21Die Klägerin erkenne an, dass sie die Fristverlängerungen der Beschlusskammer zunächst bis zum 30. September 2023 und sodann bis zum 30. November 2023 durch ihre Antragsänderungen mitveranlasst habe. Gleichwohl hätte auch bei unterstelltem erneuten Fristbeginn ab geänderter Antragstellung vom 8. August 2023 eine Entscheidungsfrist höchstens bis zum 8. Dezember 2023 bestimmt werden dürfen. Zudem sei es rechtswidrig, dass die Beklagte zuletzt überhaupt keine Entscheidungsfrist mehr festgesetzt habe. Sie sei offenbar nicht bereit, die gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten.
22Unabhängig hiervon lägen keine zureichenden Gründe für die Untätigkeit der Beklagten vor.
23Der Umfang ihrer Streitbeilegungsanträge könne keinen solchen Grund darstellen. Der Streitbeilegungsantrag bilde nach § 212 Abs. 1 TKG den Verfahrensgegenstand, über den die Beklagte unabhängig vom Umfang des Antrags innerhalb der gesetzlichen Frist zu entscheiden habe. Ihre Anträge hielten sich zudem im Rahmen des Verhandlungsgebots nach Ziffer III.4.15 der Präsidentenkammerentscheidung BK1-17/001 vom 26. November 2018. Dieses umfasse nach der Begründung der Präsidentenkammerentscheidung nicht nur die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, sondern auch die Ausgestaltung der Konditionen mit dem jeweiligen Nachfrager. Für konkrete Streitigkeiten über das Verhandlungsgebot werde ausdrücklich auf das Streitbeilegungsverfahren und die Rolle der Beklagten als „Schiedsrichterin“ verwiesen. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe im Urteil vom 20. Oktober 2021 (Az. 6 C 8.20) darauf abgestellt, dass es die Diensteanbieter selbst in der Hand hätten, konkrete Handlungspflichten der Zuteilungsinhaber, die sich aus dem Verhandlungsgebot ergäben, zum Gegenstand eines Streitbeilegungsantrags nach (jetzt) § 212 Abs. 1 Satz 1 TKG zu machen. In Übereinstimmung hiermit habe sie alle Vertragskonditionen streitig gestellt, über die erfolglos verhandelt worden sei und die aus ihrer Sicht objektiv unangemessen seien.
24Inhaltlich beträfen ihre Anträge typische Verhandlungsgegenstände wie Vorleistungspreise, Preisanpassungsregelungen, Datengeschwindigkeiten, Mindestvertragsdauer, Vertriebsbeschränkungen, Vertragsstrafen und Haftungsregelungen. Als Fachbehörde verfüge die Beklagte über umfassende Erfahrungen in der Gestaltung wettbewerbsfähiger Vorleistungsverträge, die sie im Streitbeilegungsverfahren zeiteffizient zugunsten der Einhaltung der gesetzlichen Entscheidungsfrist einbringen könne.
25Die aus Sicht der Beklagten erforderlichen Verfahrensschritte stellten keinen zureichenden Grund für die Nichtentscheidung dar. Die Beschlusskammer habe das Verfahren offenbar zum Anlass genommen, grundsätzliche Klärungen zum Verhandlungsgebot nach Ziffer III.4.15 der Präsidentenkammerentscheidung BK1-17/001 vom 26. November 2018 herbeizuführen. Dies zeigten die umfassende Erhebung von Marktdaten bei den Mobilfunknetzbetreibern und die Absicht, eine Anhörung zum Entscheidungsentwurf durchzuführen. Diese Verfahrensschritte seien indes nicht Bestandteil des Streitbeilegungsverfahrens nach § 212 TKG. Anders als bei Verfahren der Marktregulierung gehe es hier allein um die schnelle Lösung unternehmensindividueller Streitigkeiten. Im Übrigen sei für allgemeine Festlegungen zum Verhandlungsgebot nach § 100 Abs. 4 Nr. 4 TKG die Präsidentenkammer zuständig.
26Die zwischenzeitlich beabsichtigte Durchführung förmlicher Auskunftsverfahren gegen die Mobilfunknetzbetreiber komme schon deshalb nicht als Rechtfertigungsgrund in Betracht, weil die Daten Anfang 2024 freiwillig geliefert worden seien. Hierüber seien die Beteiligten des Streitbeilegungsverfahrens indes nicht informiert und das Streitbeilegungsverfahren auch nicht wie angekündigt abgeschlossen worden.
27Soweit die Beklagte zuletzt auf die behördeninterne Abstimmung verwiesen habe, liege es in ihrer organisatorischen Verantwortung, alle aus ihrer Sicht erforderlichen Verfahrensschritte innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist durchzuführen. Komme es, wie hier, zu einer Fristüberschreitung, sei die Beklagte jedenfalls verpflichtet, das Verfahren zu beschleunigen und alle noch offenen Verfahrensschritte unverzüglich durchzuführen.
28Für die von der Beschlusskammer beabsichtigte Anhörung zum Entscheidungsentwurf fehle es an einer Rechtsgrundlage. § 215 TKG komme nicht in Betracht. Bereits in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2023 seien alle Fragen diskutiert und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Auch sonst seien derartige „Marktkonsultationen“ nicht Gegenstand des Streitbeilegungsverfahrens nach § 212 TKG. Aus dem Beschluss des VG Köln vom 15. März 2024 (Az. 1 L 2288/23) ergebe sich nichts Anderes. Gegenstand dieser Entscheidung sei ein Streitbeilegungsverfahren über offenen Netzzugang nach § 149 Abs. 1 Nr. 5, § 155 TKG gewesen. In solchen Verfahren habe die Beklagte nach § 149 Abs. 4 TKG faire und diskriminierungsfreie Bedingungen einschließlich der Entgelte festzulegen. Vorliegend gehe es hingegen um die Entscheidung einer „sonstigen Streitigkeit zwischen Unternehmen“, die sich im Zusammenhang mit Verpflichtungen aus dem oder aufgrund des TKG ergäben. Daher sei es auch nicht gerechtfertigt, dass die Beklagte die verfahrensgegenständlichen Vertragskonditionen als grundsätzlich bedeutsam für den gesamten Markt werte und die beantragte Entscheidung faktisch einer Marktkonsultation unterwerfe. Verfahrensgegenständlich seien allein die streitigen Vertragsverhandlungen zwischen ihr und der Telefónica, weshalb im Übrigen zu erwarten sei, dass die öffentliche Fassung der Streitbeilegungsentscheidung in weiten Teilen geschwärzt werde.
29Dass der Fall rechtliche Schwierigkeiten aufweise, stelle ebenfalls keinen zureichenden Grund für die Nichtentscheidung dar. Behörden müssten in der Lage sein, auch schwierige und neue Rechtsfragen in angemessener Zeit zu entscheiden. Dies gelte erst recht, wenn die Entscheidung, wie hier, an eine gesetzliche Frist gebunden sei.
30Ein weiteres Zuwarten sei ihr nicht zumutbar. Ihr Anspruch auf diskriminierungsfreie Verhandlungen für einen Zugang zum Mobilfunknetz der Telefónica sei durch die äußerst lange Verfahrensdauer erheblich behindert. Sie sei für die beabsichtigte Tätigkeit im Mobilfunkendkundenmarkt auf die Entscheidung der Beklagten angewiesen. Deren Erlass sei weiterhin nicht konkret absehbar.
31Die Klägerin beantragt,
32die Beklagte zu verpflichten, ihre Anträge vom 6. April 2023 in der Fassung vom 8. August 2023 im Streitbeilegungsverfahren BK2-23/002 zu bescheiden.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie erwidert, dass die Klage unbegründet sei.
36Eine Untätigkeit liege nicht vor. Die Beschlusskammer habe während des gesamten Streitbeilegungsverfahrens notwendige Unterlagen und Auskünfte angefordert, Stellungnahmen und Unterlagen ausgewertet und damit an der Erstellung der Entscheidung gearbeitet. Zuletzt habe die Klägerin durch ihren neuen Sachvortrag vom 8. August 2024 selbst noch einmal Anlass gegeben, die Telefónica anzuhören. Die Stellungnahme der Telefónica sei am 29. November 2024 eingegangen, die der beigeladenen U. P. GmbH am 10. Dezember 2024. Ab der zweiten Dezemberhälfte sei der Beschlussentwurf finalisiert und im Januar 2025 in die hausinterne Abstimmung gegeben worden.
37Jedenfalls lägen zureichende Gründe für eine Untätigkeit vor.
38Das vorliegende Streitbeilegungsverfahren sei außergewöhnlich umfangreich und komplex. Die Klägerin habe 17 Haupt- und 32 Hilfsanträge gestellt, die im Einzelnen zu begutachten seien. Dabei handele es sich um neue und komplexe Rechtsfragen, die erstmals zu entscheiden seien. Die auszuwertenden Unterlagen seien ebenfalls besonders umfangreich. Dieser Verfahrensinhalt stehe deutlich in Konflikt mit dem gesetzlich vorgesehenen Entscheidungszeitraum von vier Monaten. Der Umfang des Verfahrens sei eher mit dem eines Standardangebotsverfahren nach § 29 TKG zu vergleichen, für das üblicherweise zwei bis drei Jahre benötigt würden. Darüber hinaus habe die Klägerin ihre Anträge zwei Mal geändert, wodurch die Frist des § 212 Abs. 1 Satz 2 TKG jeweils erneut zu laufen begonnen habe. Mithin könne, wie die Klägerin selbst vorgetragen habe, erst ab dem 9. Dezember 2023 von einer Fristüberschreitung ausgegangen werden. Zu berücksichtigen sei ferner, dass es zu Beginn des Streitbeilegungsverfahrens im Juni 2023 zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung über den Umfang von Schwärzungen von Stellungnahmen der Klägerin (VG Köln, Az. 1 L 1095/23) gekommen sei.
39Auch das Verhalten der Klägerin trage zu einer Verzögerung des Verfahrens bei. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Umfang ihrer rund 50 Streitbeilegungsanträge, sondern auch aus ihren widersprüchlichen Rechtsauffassungen. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2023 habe die Klägerin die Marktdatenerhebung und die Durchführung eines förmlichen Auskunftsersuchens bei den Mobilfunknetzbetreibern begrüßt. Es verwundere, dass sie die Marktabfrage nun für überflüssig halte. Unabhängig hiervon dürfe die Beschlusskammer im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens nach § 212 TKG zu allen Mitteln, Verfahren und Techniken greifen, die sie für ihre Entscheidungsfindung notwendig erachte. Wie sich aus § 212 Abs. 4 TKG ergebe, könne sie insbesondere Auskunft verlangen (§ 203 TKG), Ermittlungen führen (§ 205 TKG) und Beschlagnahmen vornehmen (§ 206 TKG). Einschränkungen ließen sich dem Gesetz nicht entnehmen. Vielmehr stehe ihr ein Spielraum bei der Verfahrensgestaltung zu. Daher sei auch eine Abfrage von Marktdaten möglich. Es sei logisch, dass allein die Vorlage der Unterlagen und Einreichung der Auskünfte, die Sichtung, die Überprüfung ihrer Vollständigkeit, mögliche Nachfragen und die Auswertung einige Zeit in Anspruch nähmen. Vorliegend habe sich dieser Prozess über mehrere Monate im Jahr 2024 erstreckt. Zu den Verzögerungen im Herbst 2024 habe wiederum die Klägerin beigetragen, indem sie im August 2024 neuen Sachvortrag eingebracht habe.
40Des Weiteren sei vor Erlass der endgültigen Entscheidung noch eine Anhörung der Verfahrensbeteiligten notwendig. Das Gericht habe im Beschluss vom 15. März 2024 (Az. 1 L 2288/23) ausgeführt, dass nach einer Marktdatenanalyse, auch unter Berücksichtigung geltender Entscheidungsfristen, eine Anhörung der Verfahrensbeteiligten zu erfolgen habe. Die Begründung des Gerichts sei allgemein auf Streitbeilegungsverfahren nach dem TKG zu übertragen und gelte daher auch im vorliegenden Verfahren. Die Anhörung sei zwischenzeitlich erfolgt. Der Entscheidungsentwurf sei den Verfahrensbeteiligten am 26. März 2025 mit Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 10. April 2025 übersandt worden.
41Mit Beschluss vom 5. März 2025 hat die Berichterstatterin den Antrag der Telefónica auf Beiladung zum vorliegenden Klageverfahren abgelehnt.
42In der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2025 hat die Beklagte mitgeteilt, dass die Streitbeilegungsentscheidung noch nicht ergangen sei.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
44Entscheidungsgründe
45Die Klage ist zulässig (dazu 1.) und begründet (dazu 2.).
461.Die Klage ist zulässig.
47Die Klage ist als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) in Gestalt der Untätigkeitsklage nach § 75 Satz 1 VwGO statthaft. Nach dieser Vorschrift ist die Klage ohne Durchführung des in den §§ 68 ff. VwGO vorgeschriebenen Vorverfahrens zulässig, wenn über einen Widerspruch oder – was hier wegen des Ausschlusses des Vorverfahrens in § 212 Abs. 4 i.V.m. § 217 Abs. 2 TKG allein in Betracht zu ziehen ist – über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist (Untätigkeitsklage).
48Die Klage ist nach Ablauf der Frist des § 75 Satz 2 VwGO erhoben worden. Danach kann die Klage nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Die Einhaltung der Frist des § 75 Satz 2 VwGO ist eine besondere Prozessvoraussetzung, nach deren Ablauf eine daraufhin erhobene Klage unabhängig davon zulässig ist, ob sich die Verzögerung der Verwaltungsentscheidung als unzureichend begründet erweist oder nicht,
49vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 – 1 C 18.17 –, juris Rn. 14 m.w.N.
50Es kann dahinstehen, ob die Frist des § 75 Satz 2 VwGO auch dann Geltung beansprucht, wenn der Behörde – wie hier in § 212 Abs. 1 Satz 2 TKG – eine gesetzliche Entscheidungsfrist von mehr als drei Monaten eingeräumt ist. Denn jedenfalls sind vorliegend sowohl die dreimonatige Frist des § 75 Satz 2 VwGO als auch die viermonatige Frist des § 212 Abs. 1 Satz 2 TKG abgelaufen, letzteres unabhängig davon, ob auf die Stellung der Streitbeilegungsanträge am 6. April 2023 oder die letzte Antragsänderung vom 8. August 2023 abgestellt wird.
51Die Klägerin hat ein Rechtsschutzbedürfnis für die auf Bescheidung beschränkte Untätigkeitsklage.
52Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine reine Bescheidungsuntätigkeitsklage kommt in solchen Fällen in Betracht, in denen nach § 113 Abs. 5 VwGO eine Beschränkung der gerichtlichen Pflicht anerkannt ist, die Sache spruchreif zu machen.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 – 1 C 18.17 –, juris Rn. 36.
54So ist es in besonders gelagerten Fällen, insbesondere mit komplexen technischen Sachverhalten, nicht Aufgabe des Gerichts, ein „steckengebliebenes“ Genehmigungsverfahren in den Einzelheiten durchzuführen und im Verwaltungsverfahren noch nicht behandelte komplexe Fragen erstmals im gerichtlichen Verfahren zu prüfen.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 1989 – 4 C 52.87 –, juris Rn. 18; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. Februar 2023 – 5 K 171/22 OVG –, juris Rn. 73 f.
56Dies gilt auch für das Streitbeilegungsverfahren nach § 212 TKG. Dem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren vor der BNetzA kommt eine hervorgehobene Stellung zu. Es handelt sich um ein formalisiertes Beschlusskammerverfahren mit besonderen Verfahrensgarantien. Spezialisierte Beschlusskammern, bestehend aus drei Mitgliedern (§ 212 Abs. 4 i.V.m. § 211 Abs. 3 TKG), entscheiden aufgrund einer mündlichen Verhandlung (§ 212 Abs. 4 i.V.m. § 215 Abs. 3 Satz 1 TKG) über Streitigkeiten zwischen Unternehmen. Es erfolgt eine „gerichtsähnliche Behandlung der Angelegenheit“,
57so BT-Drs. 15/2316, S. 101 zu § 135 TKG-E.
58Der BNetzA kommt eine „Schiedsrichterfunktion“ zu,
59so BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2021 – 6 C 8.20 –, juris Rn. 71 zur Vorgängervorschrift des § 133 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F.
60Davon ausgehend ist es nicht Aufgabe des Gerichts, der Entscheidung der Beschlusskammer über die Streitbeilegungsanträge der Klägerin vorzugreifen und die Sache spruchreif zu machen.
612.Die Klage ist begründet.
62Ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung der Streitbeilegungsanträge der Klägerin liegt nicht vor. Das Verfahren war daher nicht auszusetzen und der Beklagten keine Frist zur Sachentscheidung zu setzen (§ 75 Satz 3 VwGO).
63Ob ein „zureichender Grund" für die Verzögerung vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein „zureichender Grund" vorliegt, sind neben den vielfältigen Umständen, die eine verzögerte behördliche Entscheidung dem Grunde nach zu rechtfertigen geeignet sind, auch eine etwaige besondere Dringlichkeit einer Angelegenheit für den Kläger zu berücksichtigen. Zureichende Gründe sind dabei nur solche, die mit der Rechtsordnung in Einklang stehen. Als mögliche zureichende Gründe für eine Verzögerung sind u.a. anerkannt worden ein besonderer Umfang und besondere Schwierigkeiten der Sachaufklärung oder die außergewöhnliche Belastung einer Behörde, auf die durch organisatorische Maßnahmen nicht kurzfristig reagiert werden kann.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 – 1 C 18.17 –, juris Rn. 16 m.w.N.
65Eine Verzögerung verstößt gegen zwingendes Recht, wenn eine gesetzliche Entscheidungsfrist nicht eingehalten wird. Auf die tatsächlichen Gründe für die Verzögerung kommt es dabei nicht an.
66Vgl. zur Arzneimittelzulassung BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 1991 – 3 C 56.90 –, juris Rn. 10.
67So liegt der Fall hier. Die tatsächlichen Gründe für die Nichtbescheidung der Streitbeilegungsanträge der Klägerin können dahinstehen, weil die Nichtbescheidung gegen zwingendes Recht – hier § 212 Abs. 1 Satz 2 TKG – verstößt.
68Nach § 212 Abs. 1 Satz 2 TKG hat die Beschlusskammer innerhalb einer Frist von höchstens vier Monaten, beginnend mit der Anrufung durch einen der an dem Streitfall Beteiligten, über die Streitigkeit zu entscheiden.
69Es kann dahinstehen, ob die Entscheidungsfrist des § 212 Abs. 1 Satz 2 TKG im Falle einer Änderung des verfahrenseinleitenden Streitbeilegungsantrags neu beginnt. Für diese von der Beschlusskammer praktizierte Auffassung,
70zustimmend Gurlit, in: Säcker/Körber, Kommentar TKG – TTDSG, 4. Auflage 2023, § 212 TKG Rn. 17,
71könnte sprechen, dass der Streitbeilegungsantrag den Verfahrensgegenstand bestimmt, über den die Beschlusskammer zu entscheiden hat. Vorliegend kommt es auf diese Frage indes nicht an, weil selbst bei Annahme eines neuen Fristbeginns zum Zeitpunkt der Antragsänderung am 8. August 2023 die Entscheidungsfrist des § 212 Abs. 1 Satz 2 TKG am 8. Dezember 2023 abgelaufen ist.
72Die Überschreitung der Entscheidungsfrist ist nicht zu rechtfertigen. Weder sieht § 212 Abs. 1 Satz 2 TKG Ausnahmen von der Entscheidungsfrist vor, noch entsprechen diese dem Sinn und Zweck des Streitbeilegungsverfahrens und der der Beschlusskammer gesetzten Entscheidungsfrist.
73Sinn und Zweck des Streitbeilegungsverfahrens ist es, Meinungsunterschiede zwischen den Unternehmen möglichst effizient und – gerade in dringenden Fällen – ohne vermeidbaren Zeitverlust beizulegen.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2007 – 6 C 47.06 –, juris Rn. 20 zur Vorgängervorschrift des § 133 TKG a.F.
75Dass für das Streitbeilegungsverfahren ein Beschleunigungsgebot gilt, ergibt sich auch aus den zugrundeliegenden unionsrechtlichen Vorgaben. Gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EKEK hat die nationale Regulierungsbehörde die Streitbeilegungsentscheidung „so rasch wie möglich“ (englische Fassung: „in the shortest possible time-frame“) zu treffen. Als Höchstfrist („in jedem Fall“) nennt Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EKEK vier Monate, abgesehen von Ausnahmesituationen (englische Fassung: „in any case within four months except in exceptional circumstances“). Schon in Art. 20 Abs. 1 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste war vorgesehen, dass Streitigkeiten zwischen Unternehmen „schnellstmöglich, auf jeden Fall aber – außer in Ausnahmesituationen – innerhalb von vier Monaten“ beigelegt werden.
76Der deutsche Gesetzgeber hat in § 212 Abs. 1 Satz 2 TKG die Höchstfrist von vier Monaten übernommen, allerdings ohne die Möglichkeit, hiervon in Ausnahmesituationen abzusehen. In den Gesetzesentwürfen zum TKModG und auch zuvor zu § 133 TKG a.F. wird dieser Verzicht auf die unionsrechtlich eröffnete Fristverlängerung nicht begründet.
77Vgl. zum TKModG BT-Drs. 19/26108, S. 380 zu § 211 TKG-E, und zu § 133 TKG a.F. BT-Drs. 15/2316, S. 100 f. zu § 131 TKG‑E.
78Zugleich verdeutlicht der in der Gesetzesbegründung zu § 133 TKG a.F. enthaltene Verweis auf § 37 TKG 1996,
79BT-Drs. 15/2316, S. 100 zu § 131 TKG-E,
80dass dem Gesetzgeber die Möglichkeit, der Regulierungsbehörde eine Verlängerung der Entscheidungsfrist zu erlauben, bekannt war. Im Umkehrschluss ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei § 133 TKG a.F. bewusst auf eine Ausnahmeregelung verzichtet hat und eine „absolute“ Entscheidungsfrist normieren wollte.
81Diese Auslegung wird gestützt durch systematische und teleologische Erwägungen.
82Zum einen ist festzustellen, dass der BNetzA in den ebenfalls fristgebundenen Streitbeilegungsverfahren nach § 149 TKG – anders als in § 212 Abs. 1 Satz 2 TKG – eine Fristverlängerungsbefugnis eingeräumt ist. Nach § 149 Abs. 8 Satz 1 TKG kann die BNetzA die ihr (in § 149 Abs. 7 TKG) gesetzten Fristen für die Streitbeilegung bei außergewöhnlichen Umständen um höchstens zwei Monate verlängern. Zur Vorgängervorschrift des § 77n TKG a.F. führte der Gesetzgeber aus, dass die Vorschrift „somit auf eine schnelle Klärung von im Einzelfall komplexen Fragen ab[ziele]“,
83BT-Drs. 18/8332, S. 55.
84Auch in anderen Bereichen ist der BNetzA die Möglichkeit eröffnet, Entscheidungsfristen zu verlängern bzw. zu überschreiten, etwa in § 35 Abs. 1 Satz 3, § 106 Abs. 5 Satz 2, § 160 Abs. 1 Satz 2 und § 161 Abs. 2 Satz 3 TKG. Demgegenüber sah der Gesetzgeber in Bezug auf § 212 TKG auch im Rahmen des TKModG „kein[en] Änderungsbedarf“,
85BT-Drs. 19/26108, S. 380 zu § 211 TKG-E.
86Zum anderen setzt sich der Beschleunigungsgedanke über das behördliche Streitbeilegungsverfahren hinaus fort. Dies kommt im Verzicht auf ein Vorverfahren (§ 212 Abs. 4 i.V.m. § 217 Abs. 2 TKG) und in der Beschränkung des gerichtlichen Verfahrens auf eine Tatsacheninstanz (§ 212 Abs. 4 i.V.m. § 217 Abs. 3 TKG) zum Ausdruck. Die entsprechende Vorgängervorschrift des § 137 TKG a.F. begründete der Gesetzgeber mit dem Ziel, in dem sich dynamisch entwickelnden Telekommunikationssektor die Rechts- und Planungssicherheit der Unternehmen durch effektiven Rechtsschutz in angemessener Verfahrensdauer zu gewährleisten. Lange dauernde Verfahren führten zu Rechtsunsicherheiten und demzufolge zu Investitionshemmnissen der beteiligten Parteien und könnten die wirtschaftliche Lage auf den Telekommunikationsmärkten negativ beeinflussen.
87Vgl. BT-Drs. 15/2316, S. 101 vor § 135 TKG-E.
88Zur Verkürzung des verwaltungsgerichtlichen Instanzenzugs führte der Gesetzgeber wörtlich aus:
89„Der Telekommunikationssektor war bis 1996 monopolistisch strukturiert. Durch die Liberalisierung sind neue Wettbewerber auf den Markt gekommen, deren Existenz und Marktchancen zum größten Teil von Leistungen des ehemaligen Monopolisten abhängen. Daher hat der Faktor Zeit, wann eine abschließende rechtsgültige Entscheidung z. B. über Zugangsansprüche zu Leistungen des ehemaligen Monopolisten erfolgt, existentielle Bedeutung für die Wettbewerber und damit für die Förderung von Wettbewerb im ehemals monopolistisch strukturierten Telekommunikationsmarkt. Von den Zugangsansprüchen hängen in entscheidendem Maße auch innovative Geschäftsmodelle ab (etwa Endnutzerflatrate), die für die Entwicklung der informationsbasierten Gesellschaft von Bedeutung sind. Hinzu kommt, dass Entscheidungen der Reg TP, insbesondere bei Entgeltgenehmigungen, oft mit einer Frist versehen werden. Eine Entscheidung nach Ablauf dieser Frist führt quasi zu einer Verweigerung des Rechtsschutzes.“
90BT-Drs. 15/2316, S. 101 zu § 135 TKG-E.
91Für das Streitbeilegungsverfahren nach § 212 TKG gilt nicht Anderes. Wie der vorliegende Fall zeigt, ist die Streitbeilegungsentscheidung der Beschlusskammer für die Klägerin von grundlegender Bedeutung für den von ihr begehrten Zugang zum Mobilfunknetz der Telefónica und der damit einhergehenden Möglichkeit, Telekommunikationsdienste auf Endkundenebene anzubieten. Dem Faktor Zeit kommt mithin eine herausragende Bedeutung zu.
92Handelt es sich nach alledem bei § 212 Abs. 1 Satz 2 TKG um eine zwingende Entscheidungsfrist, hat die BNetzA deren Einhaltung organisatorisch sicherzustellen,
93so auch Attendorn, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, 5. Auflage 2023, § 212 Rn. 46. Vgl. zur verlängerbaren Entscheidungsfrist des § 77n TKG a.F. auch Stelter, in: Scheurle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 3. Aufl. 2018, § 77n Rn. 13, wonach die Regulierungsbehörde verpflichtet sei, die zuständige Beschlusskammer personell derart auszustatten, dass sie das üblicherweise erwartbare Arbeitsvolumen ohne Weiteres so abarbeiten könne, dass die regelmäßige Fristvorgabe eingehalten werde.
94Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
95Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 135, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
96Rechtsmittelbelehrung
97Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
98Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln schriftlich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten einzulegen und muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Sie ist schriftlich innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils durch einen Bevollmächtigten mit der genannten Qualifikation gegenüber dem Verwaltungsgericht zu begründen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil des Verwaltungsgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besondere Regelung in § 67 Abs. 4 Sätze 5, 6 und 8 VwGO wird hingewiesen.
99Über die Beschwerde entscheidet, sofern ihr das Verwaltungsgericht nicht abhilft, das Bundesverwaltungsgericht.
100Beschluss
101Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
1025.000,- Euro
103festgesetzt.
104Gründe
105Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Der festgesetzte Wert entspricht dem Auffangstreitwert.
106Rechtsmittelbelehrung
107Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Köln schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der genannten Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.