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Das Verfahren wird eingestellt, soweit es die Beteiligten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Bei dem Kläger handelt es sich um einen Verein, der Aktionen und Kampagnen gesellschaftlich-politischer Art durchführt. Unter dem 13. Dezember 2021 begehrte er gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) Auskunft über die beim Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesamt) über ihn gespeicherten Daten. Er gab an, erfahren zu haben, dass aufgrund einer von ihm durchgeführten Aktion ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei, wobei der Sachverhalt dem Gemeinsamen Extremismus- und Terrorabwehrzentrum (GETZ) vorgetragen worden sei. Auch habe er Aktionen zur Demokratisierung der Geheimdienste sowie kritische Kampagnen mit Bezug zu den Sicherheitsbehörden (etwa eine sog. „Cop Map“) durchgeführt. Es bestehe daher Anlass, einen Entzug der Gemeinnützigkeit und in der Folge den Verlust der Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit öffentlich geförderten Institutionen zu befürchten. Mit Bescheid vom 22. Dezember 2021 lehnte das Bundesamt die Auskunftserteilung mit der Begründung ab, nach den gesetzlichen Grundlagen müsse es sich bei dem eine Auskunft begehrenden Antragsteller um eine natürliche Person handeln.
3Mit Schreiben vom 27. Januar 2022 legte der Kläger Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Diesen begründete er mit einer im Wege der verfassungskonformen Auslegung anzunehmenden Anspruchsberechtigung auch juristischer Personen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG. Hilfsweise ergebe sich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung durch analoge Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG oder aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
4Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2022 wies das Bundesamt den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Widerspruchsbescheid ging dem Kläger zunächst nicht zu. Nach erneutem Versand am 6. Juli 2022 wurde er dem Kläger am 7. Juli 2022 zugestellt. Das Bundesamt führte aus, dass § 15 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG keine Anspruchsberechtigung juristischer Personen begründe. Dies ergebe sich aus Wortlaut und Zweck der Norm. Der Auskunftsanspruch sei eine Ausformung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, das seine Grundlagen im allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie der Menschenwürdegarantie habe und somit nicht auf juristische Personen übertragbar sei. Das Recht auf effektiven Rechtsschutz sei nicht betroffen. Im Falle einer Auskunftserteilung sei die nachrichtendienstliche Arbeit sinnvoll nicht mehr durchführbar, da der gesamte Informationsbestand auch zu einzelnen Mitgliedern gegenüber der juristischen Person zu offenbaren wäre. Eine verfassungskonforme Auslegung oder Analogie komme nicht in Betracht. Auch ein Anspruch nach Ermessen des Bundesamts bestehe nicht. Es sei keine Möglichkeit ersichtlich, dem Kläger Auskunft zu erteilen.
5Bereits am 14. Juni 2022 hat der Kläger Klage erhoben.
6Der Kläger macht geltend, er sei durch die ablehnenden Bescheide in seinen Rechten verletzt. Ihm stehe ein Auskunftsanspruch zu. Die Frage einer Anspruchsberechtigung juristischer Personen sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärt. Jedenfalls ein Ermessensanspruch sei auch juristischen Personen zuzubilligen. Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG sprächen für eine Anspruchsberechtigung auch juristischer Personen, die jedenfalls im Wege der verfassungskonformen Auslegung anzunehmen sei. Die Norm knüpfe allein an „Betroffene“ an. Soweit der Begriff „Person“ Verwendung finde, schließe dies auch juristische Personen ein. § 27 Nr. 2 BVerfSchG und § 46 Nr. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) stünden dem nicht entgegen. § 15 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG verwende den Begriff der personenbezogenen Daten nicht. Das BVerfSchG setze juristische Personen als Beobachtungsgegenstand voraus. Selbst das BDSG finde insoweit auf juristische Personen Anwendung, als eine enge Beziehung zu den hinter dieser Person stehenden natürlichen Personen vorliege. Ein solcher sei hier gegeben, weil Anknüpfungspunkt nachrichtendienstlicher Maßnahmen regelmäßig Meinungsäußerungen und Tätigkeiten natürlicher Personen seien. Die Voraussetzungen eines „konkreten Sachverhalts“ sowie eines „besonderen Interesses“ liefen zudem nicht leer. Sie seien vielmehr im Lichte der Grundrechte auszulegen. Es sei nicht hinreichend dargelegt, dass dies der Fall sei oder dass eine Auskunftsberechtigung natürlicher Personen die nachrichtendienstliche Arbeit erheblich erschwerte. Verfassungsrechtlich sei die Anspruchsberechtigung juristischer Personen geboten, da Auskunftsansprüche das grundlegende Kontrollrecht datenschutzrechtlich Betroffener seien; es bestehe die Gefahr einer Abschreckungswirkung, wenn staatliche Informationsbestände intransparent blieben. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sei seinem Wesen nach auch auf juristische Personen anwendbar, soweit sich eine Datensammlung negativ auf die zweckmäßige Tätigkeit der juristischen Person auswirke und eine Auskunft dem entgegenzuwirken vermöge. Die Situation stelle sich nicht anders dar als im Falle betroffener natürlicher Personen. Hinreichende Verfahrensgarantien seien anderenfalls nicht ersichtlich, sodass jedenfalls eine verfassungskonforme Auslegung vorzunehmen sei. Die Eingriffsbefugnisse in §§ 8 ff. BVerfSchG seien nur bei Annahme eines solchen Auskunftsanspruches verhältnismäßig. Dies entspreche etwa der Rechtsprechung zum Gentechnikgesetz (GenTG). Die Ansicht, die einzelnen Mitglieder politischer Vereine könnten als solche Auskünfte nach § 15 BVerfSchG einholen, sei unzutreffend. Entsprechende Auskünfte wären für die juristische Person jedenfalls lückenhaft. Viele Äußerungen bzw. Tätigkeiten seien allein der juristischen Person als solcher zurechenbar. Vor dem Hintergrund dieser verfassungsrechtlichen Situation sei jedenfalls eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 1 BVerfSchG gerechtfertigt. Soweit § 15 BVerfSchG weder direkt noch analog anwendbar sei, sei jedenfalls ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung der Auskunft anzunehmen, wobei das Ermessen hier auf Null reduziert sei. Ausforschungsgefahren bestünden nicht; auch sei kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand anzunehmen. Es bestehe ein gesteigertes Auskunftsinteresse angesichts der Möglichkeit negativer Auswirkungen etwaiger informationeller Maßnahmen auf die Vergabe öffentlicher Fördergelder. Eine Verletzung der Rechte einzelner Mitglieder der juristischen Person drohe nicht, da § 15 Abs. 2 Nr. 4 BVerfSchG eine Auskunftsverweigerung zum Schutz berechtigter Interessen Dritter ermögliche. Organisationen, die nicht im Verfassungsschutzbericht genannt seien, komme ein gesteigertes Auskunftsinteresse zu.
7Der Kläger hat ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihm gemäß seinem Antrag vom 13. Dezember 2021 unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 22. Dezember 2021 und seines Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2022 Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen. Mit Schriftsatz vom 13. März 2025 hat die Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht mitgeteilt, dass keine Daten zum Kläger bei ihr vorgehalten würden und dass dieser kein Beobachtungsobjekt des Bundesamtes sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt, soweit dieses den Auskunftsanspruch des Klägers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 und § 15 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG betrifft.
8Der Kläger beantragt zuletzt,
9festzustellen, dass die Versagung der Auskunftserteilung gemäß dem Antrag vom 13. Dezember 2021 durch das Bundesamt für Verfassungsschutz durch seinen Bescheid vom 22. Dezember 2021 und seinen Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2022 rechtswidrig gewesen ist.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren macht sie geltend, die Klage sei bereits unzulässig. In Ermangelung der Möglichkeit einer Verletzung eigener subjektiver Rechte des Klägers sei dieser nicht klagebefugt. Auch sei keine fristgerechte Einbeziehung des Widerspruchsbescheids in das Klageverfahren erfolgt. Der Widerspruchsbescheid sei am 7. Juli 2022 bestandskräftig geworden. Eine Anspruchsberechtigung juristischer Personen im Rahmen des § 15 BVerfSchG sei nicht anzunehmen. Dies folge auch aus der entstehungsgeschichtlichen Auslegung der Norm. Sie diene der Stärkung der Rechte natürlicher Personen. Auch das Datenschutz- Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU (DSAnpUG-EU) beziehe sich dem Kontext nach auf natürliche Personen. Zudem verweise § 15 Abs. 4 Satz 3 BVerfSchG mit der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) auf eine ausschließlich für natürliche Personen zuständige Stelle. Ein Auskunftsanspruch stehe nur den Mitgliedern juristischer Personen zu. Insoweit bestehe keine Regelungslücke. Auch seien juristische Personen in diesem Zusammenhang nicht Träger des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Der Kläger sei nicht in seiner grundrechtlich gewährleisteten Freiheit gefährdet. Negative Auswirkungen auf die Vergabe öffentlicher Fördergelder seien nicht zu erwarten, da etwaige informationelle Maßnahmen hierzu öffentlich bekannt werden müssten. Eine Ermessensreduktion auf Null sei danach nicht anzunehmen. Auch Art. 15 DS-GVO schütze juristische Personen nicht. Die Notwendigkeit einer entsprechenden Anwendung der Vorschriften des BDSG gem. § 27 Nr. BVerfSchG ergebe sich bereits daraus, dass die Vorschriften in Teil 3 des BDSG unionsrechtlich determiniert seien und danach unmittelbar nur Strafvollzug und Polizei beträfen. Ein Auskunftsanspruch nach Ermessen des Bundesamtes komme zur Vermeidung möglicher Rückschlüsse auf seine Arbeitsweise nur für solche juristischen Personen in Betracht, die im Verfassungsschutzbericht genannt seien. Mit einer Auskunft werde das Recht der hinter der juristischen Person stehenden natürlichen Personen verletzt. Zudem beobachte das Bundesamt in der Regel Personenzusammenschlüsse, sodass etwaige Auskunftsansprüche juristischer Personen eine erhöhte Ausforschungsgefahr mit sich brächten. Natürlichen Personen erwachse kein Nachteil daraus, trotz Zugehörigkeit zu einer juristischen Person einzeln Auskunft zu beantragen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands werden der Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogene Verwaltungsvorgang in Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe
15Das Verfahren war in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben.
16Der Kläger war gem. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) befugt, den ursprünglich angekündigten Klageantrag im Sinne des nunmehr anhängigen Fortsetzungsfeststellungsbegehrens analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO umzustellen.
17Die Klage hat indes keinen Erfolg, da sie ungeachtet der teilweisen Hauptsachenerledigungserklärungen - bereits unzulässig ist.
18Zwar ist sie als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Ein Fortsetzungsfeststellungsantrag ist auch nach Erledigung einer Verpflichtungsklage in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO grundsätzlich statthaft.
19Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 23. Januar 2007 – 1 C 1.06 –, juris Rn. 7.
20Das Verfahren ist hinsichtlich des ursprünglich angekündigten Antrags zudem vollständig erledigt. Im Rahmen einer Verpflichtungsklage ist hinsichtlich der Erledigung ausschließlich darauf abzustellen, ob sich das Begehren des Klägers auf Erlass eines ihn begünstigenden Verwaltungsakts erledigt hat. Hierbei kommt es nicht entscheidend auf den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt an. Maßgeblich ist allein die objektive Zielrichtung der Verpflichtungsklage.
21Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Urteil vom 8. Dezember 2020 – 7 B 19.1497 –, juris Rn. 17 m.w.N.
22Danach ist der Kläger hier in Form der Erteilung der begehrten Auskunft durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 13. März 2025 klaglos gestellt worden. Denn das auf Erteilung von Auskunft über bei der Beklagten vorgehaltene Daten mit Bezug zum Kläger gerichtete objektive Klageziel des Klägers wurde vollständig erfüllt. Die Beklagte hat glaubhaft dargelegt, dass in Bezug auf den Kläger keine Daten beim Bundesamt gespeichert seien und dass der Kläger kein Beobachtungsobjekt des Bundesamtes sei. Auch hat sie glaubhaft dargelegt, in ihren Systemen eine Suche nach der vollständigen Bezeichnung des Klägers vorgenommen und die daraufhin systemseitig ausgeworfenen Suchergebnisse stichprobenartig daraufhin überprüft zu haben, ob ein faktischer Bezug zum Kläger in den betroffenen Dokumenten vorliegt. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in der mündlichen Verhandlung war die Beklagte im hier betroffenen Einzelfall nicht gehalten, in ihrer Suche auch etwaige sonstige abstrakt aufgabenrelevante Sachbegriffe in Verbindung mit dem Namen des Klägers zu berücksichtigen. Denn dass überhaupt Daten mit Bezug zum Kläger und in Beziehung zu konkret identifizierbaren, im Wege der elektronischen Suche adressierbaren Sachgebieten beim Bundesamt gespeichert seien, ist hier nicht hinreichend konkret dargetan. Vor diesem Hintergrund ist durch das Vorbringen der Beklagten hinreichend plausibel dargelegt, dass gespeicherte Daten mit Bezug zum Kläger bei einer Suche nach dessen vollständiger Bezeichnung in den elektronischen Systemen der Beklagten als Suchergebnis auffindbar gewesen wären. Belastbare objektive Anhaltspunkte dafür, dass entgegen der Mitteilung der Beklagten Daten mit Bezug zum Kläger beim Bundesamt gespeichert wären, ergeben sich insbesondere nicht aus dem klägerischen Vorbringen hinsichtlich eines durch ein Mitglied des Klägers veranlassten Auskunftsverfahrens. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang keine der gerichtlichen Prüfung zugänglichen Tatsachen zur Speicherung von auf den Kläger bezogenen Daten beim Bundesamt vorgebracht.
23Es liegt indes kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog vor.
24Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte regelmäßig nicht für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Erledigungseintritt wird gerichtlicher Rechtsschutz nur dann zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit hat. Dieses liegt etwa im Falle von Wiederholungsgefahr, eines Rehabilitationsinteresses des Klägers oder in Fällen intensiver Grundrechtseingriffe bei typischerweise sich kurzfristig erledigenden behördlichen Maßnahmen vor.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. April 2024 ‑ 6 C 2.22 ‑, juris Rn. 16; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 1. Oktober 2008 – 1 A 4543/06 –, juris Rn. 61; BayVGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 – 7 B 19.1497 –, juris Rn. 20.
26Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
27Es besteht keine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr. Bei erledigten Verpflichtungsklagen ist eine Wiederholungsgefahr gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass die Behörde in naher Zukunft auf einen gleichartigen Antrag hin eine auf gleichartigen Erwägungen beruhende negative Entscheidung treffen könnte. Die Gleichartigkeit einer Verwaltungsentscheidung kann grundsätzlich nur dann angenommen werden, wenn sich die tatsächlichen und rechtlichen Interessen seit dem Erlass der erledigten Verwaltungsentscheidung nicht geändert haben und diese Verhältnisse auch noch im Zeitpunkt der zukünftig zu erwartenden Verwaltungsentscheidung vorliegen werden oder wenn auch trotz veränderter Verhältnisse eine auf gleichartigen Erwägungen beruhende Entscheidung der Behörde zu erwarten ist, weil sie eine entsprechende Absicht zu erkennen gegeben hat. Für die Annahme einer Wiederholungsgefahr ist demnach erforderlich, dass die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sind. Ist ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt des erledigten Verwaltungsakts, kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden. Eine nur vage Möglichkeit einer sich im Wesentlichen wiederholenden Situation reicht für die Bejahung einer Wiederholungsgefahr nicht aus. Ob eine Wiederholungsgefahr vorliegt, beurteilt sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalls. Nicht hinreichend ist die vage Möglichkeit einer Wiederholung oder der Wunsch nach einer Klärung abstrakter Rechtsfragen.
28BayVGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 – 7 B 19.1497 –, juris Rn. 20; Beschluss vom 14. Juli 2020 – 4 ZB 07.2735 – juris Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 1. Oktober 2024 ‑ 15 A 1811/22 ‑, NRWE Rn. 41 ff. für das Versammlungsrecht; Riese, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht (Stand: August 2024), § 113 VwGO Rn. 126.
29Danach liegt eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr hier nicht vor. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger zur Begründung seines Auskunftsantrages auf mehrere spezifische von ihm durchgeführte Aktionen abstellte, die seiner Kenntnis nach zur Kenntnis deutscher Sicherheitsbehörden gelangten und die nach der Auskunft der Beklagten vom 13. März 2025 nicht zu einer Beobachtung führten, ist mit einer solchen auch zukünftig nach den hier erkennbaren Umständen des Einzelfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht zu rechnen. Denn es ist nicht dargetan, aus welchem Grund derartige Aktionen oder Kampagnen in Zukunft zu einer Beobachtung des Klägers führen können. Dieser hat hinsichtlich seiner vorgebrachten Besorgnis hinsichtlich einer zukünftigen Zusammenarbeit mit öffentlich geförderten Institutionen zudem eine ausdrückliche Bestätigung erhalten, kein Beobachtungsobjekt des Bundesamts zu sein. Danach ist zur Begründung der Wiederholungsgefahr allein eine allgemeine, eher vage Absicht des Klägers dargetan, zukünftig erneut Auskunftsanträge zu stellen. Allein der Wunsch nach der Klärung der Rechtslage hinsichtlich etwaiger Auskunftsansprüche, die juristischen Personen gegen das Bundesamt zustehen, begründet jedoch kein berechtigtes Feststellungsinteresse. Eine solche Annahme führte vielmehr dazu, dass im Zusammenhang mit Auskunftsklagen die strengen Maßstäbe hinsichtlich des Vorliegens einer Wiederholungsgefahr leerliefen, soweit deren Bestehen allein von einer entsprechenden Disposition des Klägers abhängig wäre. Soweit angesichts der öffentlich bekannten Vielzahl der vom Kläger in der Vergangenheit durchgeführten Aktionen das Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen diesen vereinzelt blieb, ist zudem nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Kläger in der Zukunft über einen hinreichenden sachlichen Anlass für entsprechende Auskunftsanträge verfügen wird.
30Ein Rehabilitationsinteresse ergibt sich aus der Ablehnung eines Auskunftsantrags aus rechtlichen Gründen nicht, soweit sich diese Gründe wie hier auf die objektiven Voraussetzungen der Auskunftserteilung beziehen.
31Auch ein intensiver Grundrechtseingriff dürfte – ungeachtet der weiteren Voraussetzungen dieser Fallgruppe des Feststellungsinteresses – nicht anzunehmen sein.
32Vgl. zur Terminologie BVerwG, Urteil vom 24. April 2024 – 6 C 2.22 –, juris Rn. 22; OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2010 – 11 A 1918/08 –, juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 1. Oktober 2024 ‑ 15 A 1811/22 ‑, NRWE Rn. 55 ff. für das Versammlungsrecht; Beschluss vom 21. Februar 2014 – 12 A 2838/12 ‑, juris Rn. 17 ff.
33Bei der danach erforderlichen Beurteilung der Eingriffsintensität ist nach der Art. des Eingriffs zu differenzieren. Im Rahmen der Einzelfallwürdigung ist – der Ermittlung des durch Art. 19 Abs. 2 GG garantierten Wesensgehalts des jeweiligen Grundrechts vergleichbar – zum einen dessen besondere Bedeutung im Gesamtsystem der Grundrechte zu berücksichtigen und zum anderen zu bewerten, inwieweit die fragliche Maßnahme die Möglichkeit individueller Selbstbestimmung in dem durch das Grundrecht erfassten Lebensbereich beschränkt.
34BVerwG, Urteil vom 24. April 2024 – 6 C 2.22 –, juris Rn. 34.
35Ein qualifizierter Grundrechtseingriff ist vornehmlich bei solchen Eingriffen anzunehmen, die schon das Grundgesetz – wie in den Fällen der Art. 13 Abs. 2 GG und Art. 104 Abs. 2 und 3 GG – unter Richtervorbehalt gestellt hat. Daneben liegt ein solcher regelmäßig auch dann vor, wenn durch die Maßnahme in den Kernbereich von speziellen Grundrechten wie etwa der Versammlungsfreiheit eingegriffen wird.
36OVG NRW, Urteil vom 7. Dezember 2021 – 5 A 2000/20 –, juris Rn. 45 f. m.w.N.
37Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insbesondere steht angesichts der Betroffenheit des Klägers als juristischer Person keine Verletzung der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG in Frage. Auch liegt kein objektiv willkürliches behördliches Handeln vor.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. April 2024 – 6 C 2.22 –, juris Rn. 33.
39Das hier etwaig verletzte Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist in Bezug auf den Kläger als juristische Person allein in Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG verankert.
40Selbst bei Zugrundelegung einer rechtswidrigen Ablehnung des Antrags durch die Beklagte ergibt sich aus der danach anzustellenden Einzelfallwürdigung kein hinreichend qualifizierter Grundrechtseingriff. Ein solcher ist auch nicht aufgrund der erforderlichen Berücksichtigung des Kontexts der umstrittenen Maßnahme anzunehmen, da dieser insbesondere nicht durch weitere Grundrechtseingriffe erheblichen Gewichts geprägt ist.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. April 2024 – 6 C 2.22 –, juris Rn. 35.
42Nichts Anderes ergibt sich aus dem Recht des Klägers auf effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 Abs. 4 GG.
43Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gem. § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO war nach Grundsätzen der Billigkeit über die Kosten zu entscheiden, soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands waren die Kosten danach der Beklagten aufzuerlegen. Denn das erledigende Ereignis, die Auskunftserteilung durch den Schriftsatz vom 13. März 2025, rührt aus ihrer Handlungssphäre her. Soweit die Beklagte die Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache aus eigenem Entschluss herbeigeführt hat, entspricht ihre alleinige Kostentragungspflicht der Billigkeit.
44Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der ZPO.
45Anlass, die Berufung oder Sprungrevision zuzulassen, bestand aufgrund der Abweisung der Klage als unzulässig nicht.
46Rechtsmittelbelehrung
47Innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils kann bei dem Verwaltungsgericht Köln schriftlich beantragt werden, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster die Berufung zulässt. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
48Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster schriftlich einzureichen.
49Der Antrag ist zu stellen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
50Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
51Beschluss
52Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
535.000,- Euro
54festgesetzt.
55Gründe
56Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Der festgesetzte Wert entspricht dem Auffangstreitwert.
57Rechtsmittelbelehrung
58Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Köln schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der genannten Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.