Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1. Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 12 K 286/25 geführten Klage gegen Ziffern 4 und 5 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 19.12.2024 wird angeordnet.
Im Übrigen wird der Eilantrag abgelehnt.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller fünf Sechstel und die Antragsgegnerin ein Sechstel.
3. Der Streitwert wird auf 7.500,- € festgesetzt.
Gründe
2Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 12 K 286/25 geführten Klage gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 19.12.2024 anzuordnen,
4hilfsweise,
5die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Abschiebung des Antragstellers auszusetzen,
6hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
7Der Antrag des die türkische Staatsangehörigkeit besitzenden Antragstellers nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist, soweit er konkludent auf die eine Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 2 Abs. 1 AuslG 1965 konkludent ablehnende Ziffer 1 der angefochtenen Ordnungsverfügung gerichtet ist, gemäß §§ 123 Abs. 5 und 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bzw. § 21 Abs. 3 Satz 2 AuslG 1965 statthaft, weil durch die konkludente Entscheidung der Antragsgegnerin unmittelbar die Fortbestandsfiktion gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 AuslG 1965 entfallen ist.
8Über die Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis auf der vom Antragsteller selbst geltend gemachten Grundlage des § 2 Abs. 1 AuslG 1965 hat die Antragsgegnerin bereits in Ziffer 1 der angefochtenen Ordnungsverfügung, wenn auch nur konkludent, entschieden. Denn deren Verfahrensgegenstand ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zwecks Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit. Dabei können die diesbezüglich in Betracht kommenden Normen gegeneinander ausgetauscht werden, soweit sie gleichlaufende Voraussetzungen aufstellen, wobei allerdings rechtlich maßgeblich nur diejenige Ermächtigungsgrundlage ist, die aus Rechtsgründen allein anwendbar ist. Die Antragsgegnerin hat danach mit Ziffer 1 der angefochtenen Ordnungsverfügung eine auch nach § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 relevante Entscheidung getroffen, indem sie auf ein fehlendes Visum abgestellt hat.
9Zu einer vergleichbaren Konstellation: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 14.06.2012 – 16 L 322/12 –, juris Rn. 50 (für den Fall einer gleichlaufenden Ermessensentscheidung gemäß § 21 AufenthG und nach § 2 Abs. 1 AuslG 1965).
10Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AuslG 1965 bedurften Ausländer, die in den Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland einreisen und sich hier aufhalten wollten, einer Aufenthaltserlaubnis. Gemäß § 5 Abs. 1 AuslG 1965 konnte die Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise oder nach der Einreise erteilt werden. Nach § 5 Abs. 2 AufenthG 1965 bestimmte der Bundesminister des Innern, wenn die Belange der Bundesrepublik Deutschland es erforderten, durch Rechtsverordnung, dass die Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise oder vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks eingeholt werden musste. Letzteres stellt das Visumverfahren dar. Dieses hat der Bundesminister des Innern in § 5 der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes (DVAuslG), zuletzt geändert durch Verordnung vom 13.09.1972 geregelt und damit vor dem Stichtag des 01.01.1973, der für den hier relevanten Art. 41 des am 01.01.1973 in Kraft getretenen Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12.09.1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (Zusatzprotokoll – ZP) gilt.
11Nach der Fiktionsregelung in § 21 Abs. 3 Satz 1 AuslG 1965 galt der Aufenthalt eines Ausländers, der nach der Einreise die Aufenthaltserlaubnis beantragte, bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde vorläufig als erlaubt.
12Zwar gilt nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG der bisherige Aufenthaltstitel eines Ausländers, der vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragt, vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. § 21 Abs. 3 Satz 1 AuslG 1965 ist indes dann, wenn § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG strengere Voraussetzungen als die erstgenannte Norm aufstellt, einschlägig, weil Art. 41 ZP als Stillhalteklausel bestimmt, dass die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einführen.
13Art. 41 Abs. 1 ZP normiert eine klare, nicht an Bedingungen geknüpfte und damit unmittelbar geltende rechtliche Unterlassungspflicht. Denn er untersagt es den Mitgliedstaaten, nach Inkrafttreten des Zusatzprotokolls neue Maßnahmen zu erlassen, die zum Zweck oder zur Folge haben, dass die Niederlassung (als selbstständig Erwerbstätiger) und damit verbunden der Aufenthalt eines türkischen Staatsangehörigen in dem Mitgliedstaat strengeren Bedingungen als denjenigen unterworfen werden, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art. 41 Abs. 1 ZP galten (Stand-Still-Klausel). Ob eine Erschwerung der Situation eines türkischen Staatsangehörigen im Verhältnis zu den Vorschriften vorliegt, die für ihn im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls galten, ist jeweils vom nationalen Gericht festzustellen.
14EuGH, Urteile vom 11.05.2000 – C-37/98 – (Savas), InfAuslR 2000, 326 Rn. 64 und 71 dritter Gedankenstrich, und vom 21.10.2003 – C-317/01 und C-369/01 – (Abatay), InfAuslR 2004, 32 = juris Rn. 62.
15§ 81 Abs. 4 AufenthG stellt strengere Voraussetzungen als § 21 Abs. 3 Satz 1 AuslG 1965 auf, weil zwar eine Bestandsfiktion nach Satz 1 des § 81 Abs. 4 AufenthG geregelt ist, dieser Satz aber mit Satz 2 dieser Norm zusammen zu lesen ist, wonach die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG nicht für ein Visum nach § 6 Abs. 1 AufenthG, also unter anderem nicht für ein Schengen-Visum gilt. Eine solche Ausnahme konnte § 21 Abs. 3 Satz 1 AuslG 1965 schon deswegen nicht aufstellen, weil es zu diesem Zeitpunkt Schengen-Visa noch nicht gab. Gerade vorliegend steht aber ein Schengen-Visum, mit dem der Antragsteller im Jahr 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, in Rede.
16Ist danach der Antrag des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bezüglich der Ziffer 1 der angefochtenen Ordnungsverfügung statthaft und auch im Übrigen zulässig, hat er indes in der Sache keinen Erfolg. Die gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (“kann“) erforderliche Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit der ablehnenden Entscheidung der Antragsgegnerin hinsichtlich einer Aufenthaltserlaubnis nach § 2 Abs. 1 AuslG 1965, gegen die eine (Anfechtungs-)Klage gleichermaßen gemäß § 21 Abs. 3 Satz 2 AuslG 1965 wie nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung hat, gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Aufhebung der sofortigen Vollziehbarkeit zwecks Wegfalls seiner Ausreisepflicht (gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 AuslG 1965 wie auch nach § 50 Abs. 1 AufenthG) fällt zulasten des Antragstellers aus. Denn die konkludent zu § 2 Abs. 1 AuslG 1965 getroffene ablehnende Entscheidung seitens der Antragsgegnerin in (ausdrücklich lediglich bezüglich der Rechtsgrundlage des § 21 AufenthG ergangenen) Ziffer 1 ihrer Ordnungsverfügung, die deshalb auch konkludent angefochten worden ist, ist offensichtlich rechtmäßig.
17Insoweit ist vorliegend nicht der Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats vom 19.09.1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) einschlägig, weil der Antragsteller einen Aufenthaltstitel nicht zwecks Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer, sondern als mittlerweile alleiniger Gesellschafter einer Gesellschaft zwecks Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit begehrt.
18Hier ist für den Antragsteller hinsichtlich seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zwecks Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit auch nicht § 21 AufenthG einschlägig, weil diese Vorschrift im Sinne des Art. 41 ZP insoweit strengere Voraussetzungen als § 2 Abs. 1 AuslG 1965 normiert,
19so: Breidenbach in: BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 43. Edition, Stand: 01.10.2024, § 21 AufenthG Rn. 7; J. Nusser in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 14. Aufl. 2022, § 21 AufenthG Rn. 17; Hocks in: Hofmann, Ausländerrecht, 3. Aufl. 2023, § 21 AufenthG Rn. 6; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 22.01.2010 – 11 L 1052/09 –, juris; offengelassen von VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 14.06.2012 – 16 L 322/12 –, juris; a.A.: Nds. OVG, Beschluss vom 14.12.2006 – 11 ME 342/06 –, juris Rn. 25,
20als der Ausländerbehörde erst bei Erfüllung der in § 21 Abs. 1 AufenthG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen Ermessen eingeräumt ist, wohingegen § 2 Abs. 1 AuslG 1965 lediglich bestimmte, dass Ausländer, die in den Geltungsbereich dieses Gesetzes einreisen und sich darin aufhalten wollten, einer Aufenthaltserlaubnis bedurften (Satz 1) und die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden durfte, wenn die Anwesenheit des Ausländers Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht beeinträchtigte (Satz 2). Dabei hatten zwar die Tatbestandskriterien des derzeit geltenden § 21 Abs. 1 AufenthG auch schon bei einer Entscheidung nach § 2 Abs. 1 AuslG 1965 Bedeutung, aber dort – im Gegensatz zu § 21 Abs. 1 AufenthG – vollständig im Rahmen des der Ausländerbehörde durch § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 eröffneten Ermessens, das deshalb hinsichtlich der genannten Kriterien gegebenenfalls eher zu einem dem Ausländer günstigen Ergebnis führen konnte als es heute nach den zwingenden Tatbestandsmerkmalen des § 21 Abs. 1 AufenthG rechtlich möglich wäre.
21Insbesondere folgt nicht aus § 21 Abs. 2 AufenthG, dass § 21 Abs. 1 AufenthG mit § 2 Abs. 1 AuslG 1965 vergleichbar wäre. Nach § 21 Abs. 2 AufenthG kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit auch erteilt werden, wenn völkerrechtliche Vergünstigungen auf der Grundlage der Gegenseitigkeit bestehen. Das wäre dann auch bereits unter Geltung des § 2 Abs. 1 AuslG 1965 möglich gewesen, wenn es bereits damals entsprechende völkerrechtliche Verträge gab. Ein solcher bestand zwar in Form des Art. 41 Abs. 2 ZP. Ein Niederlassungs- oder Aufenthaltsrecht ist Art. 41 Abs. 2 ZP i. V. m. Art. 13 des Assoziierungsabkommens aber nicht zu entnehmen. Denn beide Artikel weisen nur allgemein unter Bezugnahme auf die entsprechenden Bestimmungen des EG-Vertrags darauf hin, dass zwischen der Türkei und der Bundesrepublik Deutschland Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit aufzuheben sind, ohne jedoch selbst genaue Regelungen für die Erreichung dieses Ziels aufzustellen. Art. 41 Abs. 2 ZP sieht vielmehr vor, dass der Assoziationsrat die Einzelheiten zunächst festzulegen hat. Ein derartiger Beschluss des Assoziationsrats zur Freizügigkeit von Selbständigen ist jedoch bislang nicht ergangen. Mangels einer klaren und eindeutigen Verpflichtung, deren Erfüllung oder deren Wirkungen nicht noch vom Erlass weiterer Akte abhängen, kommt diesen Bestimmungen daher keine unmittelbare Wirkung zu.
22Nds. OVG, Beschluss vom 14.12.2006 – 11 ME 342/06 –, juris m. w. N. aus der Rechtsprechung.
23Zwar bestand auch bereits unter der Geltung des § 2 Abs. 1 AuslG 1965 das Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 12.01.1927 (RGBl. I, 76, 454; BGBl 1952 II, 608) – Niederlassungsabkommen (NAK). Dieses enthält aber keine eigenständigen Voraussetzungen. Art. 2 Satz 3 NAK gewährleistet türkischen Staatsangehörigen die Freiheit der Einreise und Niederlassung nur vorbehaltlich der nationalen Einwanderungsbestimmungen. Zu diesen Be-stimmungen gehörten die Vorschriften des Ausländergesetzes über die Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung. Art. 4 NAK führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach dieser Vorschrift sind die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten berechtigt, im Gebiet des jeweils anderen Vertragsstaats jede Art von Industrie und Handel zu betreiben sowie jede Erwerbstätigkeit und jeden Beruf auszuüben, soweit diese nicht den eigenen Staatsangehörigen vorbehalten sind. Diese Regelung ist berufsrechtlicher Art und setzt voraus, dass sich der Ausländer zu der von ihm beabsichtigten Tätigkeit im Bundesgebiet aufhalten darf. Sie wirkt als Ausdruck eines der Vertragszwecke lediglich dahin, dass türkische Staatsangehörige nicht generell von Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet aufenthaltsrechtlich ausgeschlossen werden dürfen, was auch nicht geschieht.
24BVerwG, Urteil vom 24.01.1995 – 1 C 2.94 –, juris.
25Ist nach Auffassung des Einzelrichters deshalb vorliegend nicht § 21 AufenthG, sondern § 2 Abs. 1 AuslG 1965 die maßgebliche Rechtsgrundlage für das Begehren des Antragstellers, einen Aufenthaltstitel zwecks Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zu erhalten, konnte dem Antragsteller danach ebenso wenig wie auf der Grundlage des § 21 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden.
26Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Firmengründung bzw. zum Einstieg in die W. Unternehmensberatung e. K. beantragte der Antragsteller unter Verweis auf § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 24.06.2014 (Bl. 984 der Beiakte). Er beabsichtigt auch weiterhin, diese Tätigkeit auszuüben, auch wenn er mit seiner Klage die Erteilung einer – von der Antragsgegnerin in Ziffer 1 ihrer Ordnungsverfügung abgelehnten – Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 21 AufenthG nicht weiterverfolgt.
27Insoweit hat die Antragsgegnerin zu Recht bereits mangels zweckentsprechenden Visums – konkludent – die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 2 Abs. 1 AuslG 1965 abgelehnt.
28Eine Visumpflicht verstieß auch ab dem 01.01.1973 nicht gegen § 41 ZP. Die für den Antragsteller geltende Visumpflicht stellt keine "neue Beschränkung" im Sinne des Art. 41 Abs. 1 ZP dar. Weder bei Inkrafttreten des Zusatzprotokolls am 01.01.1973 noch zu einem späteren Zeitpunkt waren türkische Staatsangehörige zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt, ohne vorherige Einholung eines Visums in das Bundesgebiet einzureisen.
29Wann die Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks einzuholen war, normierte unter Geltung des Ausländergesetzes 1965 die Vorschrift des § 5 DVAuslG. Gemäß dessen Abs. 1 Nr. 1 war die Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks einzuholen von Ausländern, die im Geltungsbereich des Ausländergesetzes eine Erwerbstätigkeit ausüben wollten, und nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 DVAuslG von Staatsangehörigen eines Staats, der in der Anlage zu dieser Verordnung nicht aufgeführt war. In dieser Anlage war allerdings unter anderem die Türkei aufgeführt. Die weiteren Bestimmungen des § 5 DVAuslG sind vorliegend nicht einschlägig.
30Eine generelle Visumpflicht für türkische Staatsangehörige wurde dagegen erst 1980 mit der 11. Verordnung zur Änderung der DVAuslG vom 01.07.1980 eingeführt.
31BVerwG, Urteil vom 19.02.2015 – 1 C 9.14 –, juris Rn. 19 f.
32Der Antragsteller reiste zwar im Jahr 2014 mit einem Visum, allerdings mit einem Schengen-Visum in die Bundesrepublik Deutschland ein. Das ist indes auch unter heutiger Heranziehung des § 2 Abs. 1 AuslG 1965 vorliegend kein ausreichendes Visum im Sinne der genannten Vorschrift.
33Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung stellte sich Rechtslage unter Geltung des § 2 AuslG 1965 nämlich wie folgt dar:
34Zu den Belangen im Sinne der sog. Negativschranke des § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 („Die Aufenthaltserlaubnis darf erteilt werden, wenn die Anwesenheit des Ausländers Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht beeinträchtigt.“) zählte auch das öffentliche Interesse an der Einhaltung des Aufenthaltsrechts einschließlich der Einreisevorschriften. Aus dem Zusammenhang dieser Regelung mit § 5 Abs. 2 AuslG 1965 (i. V. m. § 5 DVAuslG) ergab sich, dass die Anwesenheit eines ohne erforderlichen Sichtvermerk eingereisten Ausländers regelmäßig Belange der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG beeinträchtigte mit der Folge, dass die Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis nicht erteilen durfte und der Ausländer auf das Sichtvermerksverfahren verwiesen war (bzw. vorliegend: verwiesen ist). Das öffentliche Interesse, die Einreise auf dem gesetzlich vorgesehenen Weg zu steuern und zu kontrollieren, machte es erforderlich, grundsätzlich den ohne notwendigen Sichtvermerk der Auslandsvertretung begründeten Aufenthalt nicht nachträglich im Wege der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch die örtliche Ausländerbehörde zu legalisieren; andernfalls wäre die Wirksamkeit des Sichtvermerksverfahrens nicht gewährleistet gewesen.
35Diese Grundsätze galten (sogar), wenn der Ausländer, der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 DVAuslG als Staatsangehöriger eines Staats, der in der Anlage zur Durchführungsverordnung – anders als Türkei – nicht aufgeführt war, für eine Einreise – gleich zu welchem Zweck und für welche Dauer – eine Aufenthaltserlaubnis in der Form des Sichtvermerks benötigte, zwar für einen bestimmten Zweck (antragsgemäß) die Erlaubnis erhalten hatte, tatsächlich aber mit seiner Aufenthaltnahme von vornherein einen anderen (weiter gehenden) Zweck verfolgte, insbesondere statt des ihm erlaubten vorübergehenden Aufenthalts einen Daueraufenthalt anstrebte, obwohl für die Sichtvermerkspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 DVAuslG der Zweck der Einreise und des Aufenthalts unerheblich war. Zweck und Dauer des beabsichtigten Aufenthalts waren nämlich von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Hätten Ausländer, deren Einreisesichtvermerk auf falschen Angaben über den Aufenthaltszweck beruhte, erhoffen können, nach der Einreise von der (inländischen) Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis zu dem von vornherein verfolgten, im Sichtvermerksverfahren aber gerade nicht erlaubten Zweck zu erhalten, so hätte sich auch in diesem Zusammenhang die mit dem Sichtvermerkszwang beabsichtigte (wirksame) vorherige Steuerung und Kontrolle von Einreise und Aufenthalt nicht hinreichend verwirklichen lassen. Deswegen musste nach dem sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG i. V. m. § 5 Abs. 2 AuslG sowie § 5 DVAuslG ergebenden Zusammenhang auch dann grundsätzlich die Negativschranke eingreifen mit der Folge, dass die Aufenthaltserlaubnis nicht nach der Einreise erteilt werden durfte, der Ausländer vielmehr ebenfalls auf das Sichtvermerksverfahren verwiesen blieb.
36Allerdings griff die Negativschranke nicht ein, wenn ein Ausländer bei seiner Einreise einen Aufenthalt anstrebte, dessen Zweck entweder sichtvermerksfrei oder durch den eingeholten Sichtvermerk gedeckt war, aber nach seiner Einreise den Entschluss fasste, den Aufenthalt zu einem anderen – an sich sichtvermerkspflichtigen – Zweck fortzusetzen. Auch in solchen Fällen war der Ausländer ohne Verstoß gegen Sichtvermerksvorschriften eingereist; er hatte sich den Aufenthalt nicht durch Täuschung über seine Absichten „erschlichen", sondern sich bei der Einreise korrekt verhalten. Dagegen musste der illegal eingereiste Ausländer in aller Regel aus generalpräventiven Gründen möglichst schnell zur Ausreise veranlasst und auf die Durchführung des Sichtvermerksverfahrens in seinem Heimatland verwiesen werden, denn nur auf diese Weise ließ sich sichern, dass der Sichtvermerkszwang ernstgenommen wurde. Hatte der Ausländer dagegen die Sichtvermerksvorschriften bei der Einreise eingehalten, war ein generalpräventives Einschreiten gegenstandslos: Von einer legalen Einreise und von einer nachträglichen Änderung des Aufenthaltswunsches konnte und sollte niemand abgehalten werden. In diesen Fällen war es daher nicht ohne weiteres geboten, den Ausländer zur Rückkehr ins Heimatland und zur Beantragung eines Sichtvermerks zu nötigen. Hätte ohne weiteres festgestanden, dass der gewünschte weitere Aufenthalt des legal eingereisten Ausländers unbedenklich erlaubt werden konnte, wäre die Verweisung auf das Sichtvermerksverfahren sogar unsinnig gewesen. Nach diesen Grundsätzen stand die Negativschranke der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass der Ausländer schon bei seiner Einreise einen Daueraufenthalt im Bundesgebiet beabsichtigte.
37Dem Umstand, dass in der Frage, wann ein Ausländer einen bestimmten Entschluss gefasst hat, kein voller Beweis möglich ist, mussten die Beweisanforderungen Rechnung tragen. Reiste ein Ausländer als Tourist ein und gab er nach der Einreise zu erkennen, dass er hier einen weiter gehenden Aufenthaltszweck verfolgen wollte (z.B. einer Erwerbstätigkeit nachgehen, ein Studium betreiben oder aus Gründen des Familiennachzugs im Bundesgebiet bleiben wollte), war ein entsprechender, erst nach der Einreise eingetretener Sinneswandel nur glaubhaft, wenn er durch besondere Umstände plausibel gemacht wurde. Fehlte es daran, war nach der Lebenserfahrung regelmäßig der Schluss gerechtfertigt, dass der Ausländer von vornherein einen über den – allein erlaubten – Besuchszweck hinausgehenden Aufenthalt angestrebt hatte und somit bei weiterem Aufenthalt grundsätzlich Belange im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG beeinträchtigen würde.
38Zu dieser Rechtslage unter Geltung des § 2 AuslG 1965: BVerwG, Urteil vom 04.09.1986 – 1 C 19.86 –, BVerwGE 75, 20-26 = juris Rn. 11-15 und 18.
39Hier liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller in Wahrheit von vornherein beabsichtigt hatte, zwecks Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit nach Deutschland einzureisen. Denn er beantragte eine zu diesem Zweck erforderliche Aufenthaltserlaubnis nicht lang nach seiner letzten Einreise am 29.03.2014, nämlich am 24.06.2014, war vor seiner letzten Einreise aufgrund einer ihm seitens der Antragsgegnerin ausgehändigten, bis zum 27.01.2014 geltenden Grenzübertrittsbescheinigung erst am letzten Tag ihrer Gültigkeit aus dem Bundesgebiet ausgereist und hatte bereits nach seiner davor am 29.09.2013 erfolgten Einreise in das Bundesgebiet den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufnahme einer Tätigkeit bei genau derselben Firma beantragt, die für die hier im Streit stehende Aufenthaltserlaubnis in Rede steht. Diese Anhaltspunkte hat der Antragsteller nicht ansatzweise entkräftet. Damit verstieß er gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 AuslG 1965, wonach die Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise in Form des Sichtvermerks einzuholen war von Ausländern, die im Geltungsbereich des Ausländergesetzes eine Erwerbstätigkeit ausüben wollten. Danach stellte das ihm erteilte Schengen-Visum, mit dem er erneut nach Deutschland einreiste, nicht nur nicht das zweckentsprechende Visum für seine Einreise im Jahr 2014 dar, sondern steht gemäß den obigen Erläuterungen der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch die – allein wegen Art. 41 ZP anzuwendende – Negativschranke des § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 entgegen.
40Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG anwendet, dessen Regelungen weder im Ausländergesetz 1965 noch in der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes eine Entsprechung hatten, hat der Eilantrag keinen Erfolg.
41Von der Visumpflicht kann gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 AufenthG abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind. Auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 2 Abs. 1 AuslG 1965 bestand indes kein – strikter, sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender – Anspruch, vielmehr stand eine solche Erteilung im Ermessen der Ausländerbehörde.
42Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 AufenthG ist von einem Visum abzusehen, wenn es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Solche Umstände sind bezogen auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 2 Abs. 1 AuslG 1965 zwecks Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in Deutschland weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Sie liegen auch nicht aufgrund der vom Kläger im Zusammenhang mit seinem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG geltend gemachten Pflege seiner in Deutschland lebenden Mutter vor. Zum einen beruft sich der Antragsteller bezogen auf seinen auf § 2 Abs. 1 AuslG 1965 gestützten Antrag insoweit auf nachträglich eingetretene Umstände. Zum anderen liegen solche Umstände auch in Ansehung der Pflegebedürftigkeit seiner in Deutschland lebenden Mutter nicht vor, weil sein Bruder ebenfalls als Betreuer bei der Pflege ihrer Mutter miteingebunden ist und aus dem Pflegegutachten hervorgeht, dass dies bezüglich der Pflege auch hinsichtlich zweier weiblicher Verwandter der Fall ist. Substantiierte Angaben dazu, dass jenseits des für seine Mutter schmerzlichen Verlusts eines ihrer Söhne, eines Bruders des Antragstellers, angesichts weiterer sich um sie kümmernder Verwandter dennoch ein Fall des § 36 Abs. 2 AufenthG vorliegt, der voraussetzt, dass nicht nur eine Härte oder eine besondere Härte, sondern eine außergewöhnliche Härte vorliegt, hat der Antragsteller nicht gemacht.
43Schon aus dem letztgenannten Grund hat auch der in Ansehung der vom Antragsteller begehrten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO keinen Erfolg.
44Dasselbe gilt im Ergebnis für seinen von der Antragsgegnerin mit der angefochtenen Ordnungsverfügung abgelehnten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift soll einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG ist, abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Dies setzt gemäß § 25b Abs. 1 Satz 2 AufenthG regelmäßig unter anderem voraus, dass der Ausländer sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt (Nr. 2).
45Der Antragsteller hat indes bislang kein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland abgegeben.
46Schließlich hat der Hauptantrag, sollte er auch auf die von der Antragsgegnerin in Ziffer 6 ihrer angefochtenen Ordnungsverfügung festgesetzte Verwaltungsgebühr bezogen sein, schon deshalb keinen Erfolg, weil dieser Eilantrag unzulässig ist. Gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des – hier betroffenen – § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO ein Eilantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das setzt eine vorherige Befassung der Behörde durch den Antragsteller voraus. Dies ist indes nicht geschehen. Diese Voraussetzung stellt nicht lediglich eine Sachentscheidungsvoraussetzung, sondern eine echte Zulässigkeitsvoraussetzung dar, die nicht nachgeholt werden kann.
47Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2021 – 9 B 567/21 –, juris Rn. 2.
48Es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass hier die Tatbestandsvoraussetzungen des davon dispensierenden § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO erfüllt wären.
49Da dem Antragsteller kein Aufenthaltstitel zusteht und er darüber hinaus auch nicht aus sonstigen Rechtsvorschriften das Recht zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat, ist er zwar gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 AuslG 1965 wie nach § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig. Sein bezogen auf Ziffer 4 der angefochtenen Ordnungsverfügung (Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung) gestellter, gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. § 112 JustG NRW statthafter und auch im Übrigen zulässiger Eilantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist jedoch begründet.
50Zwar sind beim Antragsteller keine Abschiebungsverbote, kein entgegenstehendes Kindeswohl und kein der Abschiebung entgegenstehender Gesundheitszustand ersichtlich. Es kann hier offenbleiben, ob auch keine der Abschiebung entgegenstehenden familiären Bindungen vorliegen; hinsichtlich seiner pflegebedürftigen, in Deutschland lebenden Mutter gilt, wie bereits oben ausgeführt, dass sie von seinem anderen Bruder weiter gepflegt werden kann und sich um sie offenbar auch zwei weibliche Verwandte kümmern.
51Jedoch fehlt die gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG grundsätzlich erforderliche Fristsetzung im Rahmen der Abschiebungsandrohung. Diese Vorschrift ist für den Antragsteller günstiger als die des § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 AuslG 1965, wonach die Abschiebung schriftlich angedroht und dabei eine Frist bestimmt werden sollte, innerhalb derer der Ausländer auszureisen hatte, obwohl bereits gemäß §13 Abs. 2 Satz 4 AuslG 1965 von der Androhung der Fristsetzung (nur) abgesehen werden konnte, wenn dies durch besondere Gründe gerechtfertigt war. Denn nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG “ist“ unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise die Ausreise anzudrohen, wenn die in dieser Vorschrift weiter normierten Umstände vorliegen. Da die Fristsetzung wesentlicher Bestandteil der Abschiebungsandrohung ist, führt ein dabei unterlaufener Fehler zur Rechtswidrigkeit der gesamten Abschiebungsandrohung.
52So: OVG NRW, Beschluss vom 19.09.1996 – 18 B 3505/95 –, juris Rn. 5; a.A.: VGH B-W, Urteil vom 29.04.2003 – 11 S 1188/02 –, juris Ls. 3 im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 03. 04.2001 – 9 C 22.00 –, BVerwGE 114, 122-132 = juris Rn. 9 (im Rahmen des Asylrechts).
53Demgemäß führt auch das vollständige Fehlen der Fristbestimmung in der Abschiebungsandrohung zur Rechtswidrigkeit der gesamten Abschiebungsandrohung, es sei denn, es liegen in § 59 AufenthG geregelte Ausnahmetatbestände vor, die hier aber weder von der Antragsgegnerin dargelegt oder in der Begründung ihrer angefochtenen Ordnungsverfügung benannt worden noch sonst ersichtlich sind.
54Daraus folgt zugleich, dass auch der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hinsichtlich des in Ziffer 5 der angefochtenen Ordnungsverfügung angeordneten abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbots begründet ist. Denn dieses ist akzessorisch zur Abschiebungsandrohung, wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 AufenthG ergibt.
55Aus diesen Gründen kommt es auf den Hilfsantrag,
56die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Abschiebung des Antragstellers auszusetzen,
57nicht an. Nichts Anderes gilt dann, wenn insoweit allein die Ziffern 1 bis 3 der angefochtenen Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin in den Blick genommen werden, hinsichtlich derer der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO aus den oben erläuterten Gründen keinen Erfolg hat (bzw. bezüglich der Rechtsgrundlage des § 21 Abs. 1 AufenthG mit der Klage nicht angefochten worden ist). Das resultiert bereits aus gesetzessystematischen Gründen, weil aus der Konzeption des § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG folgt, dass ein vorläufiges Bleiberecht im Fall der Beantragung von Aufenthaltstiteln nur dann besteht, wenn eine Fiktionswirkung nach diesen Vorschriften eintritt. Ist in diesem Fall ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft, kann deshalb im Fall seiner Unbegründetheit nicht auf einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ausgewichen werden, weil dies die Gefahr bergen würde, die gesetzliche Konstellation und die auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO getroffene Entscheidung zu unterminieren.
58Etwas Anderes gilt zwar dann, wenn anderenfalls das in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verankerte Recht auf effektiven Rechtsschutz verletzt würde. Das ist der Fall, wenn effektiver Rechtsschutz deshalb nicht vom Ausland aus betrieben werden könnte, weil allein aufgrund des Auslandsaufenthalts des Ausländers aus materiellrechtlichen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis, die den Inlandsaufenthalt voraussetzt, nicht erteilt werden kann. Das trifft grundsätzlich auf die – auch hier vom Antragsteller beantragte Erteilung einer – Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG zu, weil sie gemäß Abs. 1 Satz 1 der genannten Vorschrift unter anderem geduldeten Ausländern bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen erteilt werden soll, die Duldung gemäß § 60a AufenthG aber lediglich die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung darstellt und der Ausländer deshalb sich deshalb noch im Bundesgebiet aufhält. Auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG hat der Antragsteller indes aus den oben genannten Gründen keinen Anspruch hat mit der Folge, dass ein nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlicher Anordnungsanspruch fehlt.
59Dagegen kann der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG ohne weiteres auch vom Ausland her geltend gemacht werden. Schon deshalb kann nach Auffassung des Einzelrichters nichts Anderes wegen einer möglichen Fallgestaltung nach der – gegenüber der Durchführungsverordnung zum Ausländergesetz 1965 für Ausländer günstigeren – Vorschrift des § 39 Satz 1 AufenthV gelten, wonach ein Aufenthaltstitel im Bundesgebiet (also ohne vorheriges Visumverfahren) eingeholt werden kann. Insoweit läge zwar für den Antragsteller eine materiellrechtliche Erschwerung, aber kein Vorenthalten wirksamen Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vor. Im Übrigen hat der Antragsteller aus den oben genannten Gründen auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG.
60Nichts Anderes gilt schließlich im Hinblick auf den vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 2 Abs. 1 AuslG 1965. Abgesehen von der nach Auffassung des Einzelrichters grundsätzlichen Unstatthaftigkeit eines Eilantrags nach § 123 Abs. 1 VwGO allein aufgrund des Vorliegens eines in § 39 Satz 1 AufenthV geregelten Umstands ist der Antragsteller auch nicht nach Nr. 3 Variante 2 dieser Norm von der Einholung eines Visums befreit. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn er ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind. Die darin weiter geregelten Ausnahmen sind hier nicht einschlägig. Die Voraussetzungen auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 2 Abs. 1 AuslG 1965 sind zum einen aber nicht erst nach der Einreise entstanden, weil der Antragsteller bereits im Zeitpunkt seiner Einreise nach Deutschland die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit beabsichtigte, wie oben erläutert worden ist. Zum anderen hat der Antragsteller keinen Anspruch auf die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels, weil § 2 Abs. 1 AuslG 1965 – wie ebenfalls oben erläutert worden ist – keinen strikten Anspruch unmittelbar aus dem Gesetz ohne Zwischenschalten behördlicher Akte beinhaltet, sondern einen im Ermessen der Ausländerbehörde stehenden Aufenthaltstitel regelt. Schließlich lägen aus den ebenfalls bereits oben erläuterten Gründen auch nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 2 Abs. 1 AuslG 1965 vor.
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der festgesetzte Streitwert beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG und berücksichtigt, dass vorliegend drei unterschiedlichen Zwecken dienende Aufenthaltserlaubnisse in Rede stehen.
62Rechtsmittelbelehrung
63Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung bei dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz, 50667 Köln oder Postfach 10 37 44, 50477 Köln) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist eingeht bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
64Die Beschwerde ist einzulegen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
65Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist nicht selbstständig anfechtbar.
66Gegen die Festsetzung des Streitwerts kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem diese Entscheidung Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz, 50667 Köln oder Postfach 10 37 44, 50477 Köln) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Hierfür besteht kein Vertretungszwang. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.