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1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
3. Der Streitwert wird auf 1.250 € festgesetzt.
Gründe
2Der Antrag,
3die Antragsgegnerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, dem Antragsteller eine Duldung zu erteilen,
4hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
5Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden.
6Der Antragsteller hat das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs auf Erteilung einer Duldung nicht glaubhaft gemacht.
7Der Antragsteller begehrt der Sache nach die Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 60a Abs. 4 AufenthG über die Aussetzung seiner Abschiebung nach der hier als Rechtsgrundlage allein in Betracht kommenden Bestimmung des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Danach ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
8Gründe für eine Unmöglichkeit seiner Abschiebung hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
9Rechtliche Gründe, die der Abschiebung entgegenstehen, hat er nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
10Tatsächliche Gründe stehen der Abschiebung vom maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts aus betrachtet nicht entgegen. Ein Duldungsgrund resultiert nicht aus dem vom Antragsteller allein geltend gemachten Umstand, dass sich er nach seinen eigenen Angaben bereits seit Juli 2022 in Deutschland aufhält und die Abschiebung bisher noch nicht vollzogen wurde.
11Das Gesetz geht davon aus, dass ein ausreisepflichtiger Ausländer entweder abgeschoben wird oder zumindest eine Duldung erhält. Die tatsächliche Hinnahme des Aufenthalts außerhalb förmlicher Duldung, ohne dass die Vollstreckung der Ausreisepflicht betrieben wird, sieht das Gesetz nicht vor.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2000 – 1 C 23.99 –, juris, Rn. 13; BVerfG, Beschluss vom 06.03.2003 – 2 BvR 397/02 –, juris, Rn. 37.
13Das Rechtsinstitut der Duldung soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die Ausreisepflicht eines Ausländers nicht in allen Fällen ohne Verzögerung durchgesetzt werden kann und ihre Durchsetzung auf nicht absehbare Zeit unmöglich ist. Eine Duldung ist grundsätzlich auch dann zu erteilen, wenn die Abschiebung zwar möglich ist, die Ausreisepflicht des Ausländers aber nicht ohne Verzögerung durchgesetzt werden kann. Die Ausländerbehörde hat daher im Rahmen der Prüfung einer Aussetzung der Abschiebung nicht nur zu untersuchen, ob die Abschiebung des Ausländers überhaupt durchgeführt werden kann, sondern auch, innerhalb welchen Zeitraums eine solche möglich ist. Wenn dieser Zeitraum ungewiss ist, ist eine Duldung zu erteilen.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.1997 – 1 C 3/97 –, juris, Rn. 22; BVerfG, Beschluss vom 06.03.2003 – 2 BvR 397/02 –, juris, Rn. 37.
15Dabei ist zu berücksichtigen, dass der für die Durchführung der Abschiebung notwendige Zeitraum diese nicht zeitweise unmöglich macht. Dies kann indessen nur für den üblicherweise erforderlichen Zeitraum gelten. Ergeben sich Hindernisse, die eine erhebliche Verzögerung der Abschiebung nach sich ziehen, ist eine Duldung zu erteilen.
16Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.1997 – 1 C 3/97 –, juris, Rn. 23; insgesamt zu den vorgenannten Maßgaben auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 20.01.2022 – 9 CE 21.2437 –, juris, Rn. 14; VG Köln, Beschluss vom 29.02.2024 – 5 L 87/24 –, juris, Rn. 11 ff.
17Von diesen Grundsätzen ausgehend besteht für den Antragsteller kein Duldungsanspruch. Die Antragsgegnerin hat bereits begonnen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen einzuleiten und damit die Vollstreckung der Ausreisepflicht zu betreiben. Anhaltspunkte, dass es zu einer ungewissen oder zumindest erheblichen Verzögerung der Abschiebung kommt, bestehen nicht.
18Gegen die mit Bescheid vom 19.12.2023 verfügte Abschiebungsandrohung hat der Antragsteller am selben Tag vor dem erkennenden Gericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und Klage erhoben (12 L 2591/23 und 12 K 7080/23). Den Eilantrag hat das Gericht mit Beschluss vom 11.03.2024 abgelehnt, Rechtskraft trat nach Ablauf der Rechtsmittelfrist Ende März 2024 ein. Das Hauptsacheverfahren wurde durch Klagerücknahme am 27.05.2024 beendet. Bei der Vorsprache des Antragstellers am 14.06.2024 wollte die Antragsgegnerin dessen Reisepass einziehen, jedoch gab der Antragsteller laut Vermerk vom 14.06.2024 an, keinen Pass zu besitzen. Darauf traf die Antragsgegnerin nach dem vorgenannten Vermerk die Entscheidung, ein „Laissez-passer“ für den Antragsteller zu beschaffen. Damit hat die Antragsgegnerin zeitnah im Anschluss an den Abschluss der verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers eingeleitet. Die Antragsgegnerin hat die Vorbereitung der avisierten Abschiebung in der Folgezeit auch weiter betrieben: Am 28.06.2024 ersuchte sie die Zentrale Ausländerbehörde M., die Ausstellung eines Passersatzpapiers zu prüfen und wies dabei auf die Absicht hin, den Antragsteller auf den nächstmöglichen Flug zu buchen. Eine Rückmeldung der Zentralen Ausländerbehörde M. mit der Aufforderung an die Antragsgegnerin, weitere Unterlagen zur Fluganmeldung vorzulegen, erfolgte am 02.07.2024. Bei der Vorsprache des Antragstellers am 12.07.2024 wurde ein am 28.03.2022 ausgestellter und bis 27.03.2032 gültiger Pass des Antragstellers eingezogen und im Anschluss zur Dokumentenprüfung gegeben. Zu weiteren Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung kam es dann aus nachvollziehbaren Gründen zunächst nicht mehr, nachdem die Antragsgegnerin auf den Eingang des vorliegenden Eilantrags des Antragstellers vom 30.08.2024 eine sog. Stillhaltezusage abgegeben hat.
19Eine solche Zusage für die Dauer des vorläufigen Rechtsschutzverfahren begründet indes keinen Duldungsanspruch zugunsten des Antragstellers. Sie erfolgt nämlich nur im Hinblick auf das Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG im Verhältnis des Gerichts zu der entsprechenden Behörde und rechtfertigt deshalb nicht die Annahme, aufenthaltsbeendende Maßnahmen würden nicht zeitnah erfolgen.
20Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 15.03.2017 – 8 L 475/16 – juris, Rn. 59; VG Köln, Beschluss vom 22.02.2024 – 5 L 280/24 –, juris, Rn. 24 f.
21Schließlich spricht bei der vorzunehmenden Prognose zum zeitlichen Horizont einer Abschiebung auch alles dafür, dass die Antragsgegnerin die Vorbereitungen für eine Abschiebung des Antragstellers, die sie bereits vor dem vorliegenden Eilverfahren unternommen hat, nach dessen Beendigung zeitnah wieder aufnehmen und eine Abschiebung alsbald durchführen wird. Der Antragsgegnerin liegt inzwischen der Reisepass des Antragstellers vor, wodurch das bereits angestrengte Verfahren zur Ausstellung eines Passersatzpapiers obsolet geworden ist. Flugverbindungen von Deutschland nach Albanien bestehen täglich. Sonstige Gründe dafür, dass sich eine Abschiebung des Antragstellers entsprechend der oben dargelegten Maßgaben um einen ungewissen oder zumindest erheblichen Zeitraum verzögert, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
23Der festgesetzte Wert entspricht der Bedeutung der Sache (§§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG).
24Rechtsmittelbelehrung
25Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung bei dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz, 50667 Köln oder Postfach 10 37 44, 50477 Köln) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist eingeht bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
26Die Beschwerde ist einzulegen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
27Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist nicht selbstständig anfechtbar.
28Gegen die Festsetzung des Streitwerts kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem diese Entscheidung Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz, 50667 Köln oder Postfach 10 37 44, 50477 Köln) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Hierfür besteht kein Vertretungszwang. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.