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1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,- € festgesetzt.
Gründe
2Der Antrag des Antragstellers,
3den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache vorläufig zum Schuljahr 2025/2026 in die erste Jahrgangsstufe der O.-Schule, Gemeinschaftsgrundschule, V.-straße 00, 00000 N. aufzunehmen,
4hilfsweise den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts eine ermessensfehlerfreie Neubescheidung des Antrags auf – hilfsweise vorläufige – Aufnahme des Antragstellers zum Schuljahr 2025/2026 in die erste Jahrgangsstufe der O.-Schule, Gemeinschaftsgrundschule, V.-straße 00, 00000 N. durchzuführen,
5hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber mit Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.
6Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn sie aus anderen Gründen erforderlich ist. Insoweit sind ein Anordnungsanspruch und die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 ZPO). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
7Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Er hat gegen den Antragsgegner weder den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruch auf eine vorläufige Aufnahme in die erste Jahrgangsstufe der O.-Schule, Gemeinschaftsgrundschule, V.-straße 00, 00000 N. (GGS V.-straße) zum Schuljahr 2025/2026 noch den mit dem Hilfsantrag verfolgten Anspruch auf eine erneute Entscheidung über seinen Aufnahmeantrag. Der Ablehnungsbescheid der Schulleiterin vom 7. März 2025 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Schulamts für die Stadt N. vom 18. März 2025 ist rechtmäßig und der Antragsteller durch ihn nicht in seinen Rechten verletzt.
8Die Rechtsgrundlagen für einen Anspruch auf Aufnahme in eine Grundschule ergeben sich aus § 46 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG NRW) und § 1 Abs. 2, Abs. 3 der Verordnung über den Bildungsgang in der Grundschule (Ausbildungsordnung Grundschule - AO-GS). Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW entscheidet die Schulleiterin über die Aufnahme der Schülerin oder des Schülers in die Schule innerhalb des vom Schulträger hierfür festgelegten Rahmens, insbesondere der Zahl der Parallelklassen pro Jahrgang. Die Schulleiterin kann die Aufnahme in eine Schule ablehnen, wenn ihre Aufnahmekapazität erschöpft ist (§ 46 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW). Jedes Kind hat einen Anspruch auf die Aufnahme in die seiner Wohnung nächstgelegene Grundschule der gewünschten Schulart in seiner Gemeinde im Rahmen der vom Schulträger festgelegten Aufnahmekapazität, soweit der Schulträger – wie hier – keinen Schuleinzugsbereich gebildet hat (§ 46 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW, vgl. auch § 1 Abs. 2 Satz 1 AO-GS). Für andere Kinder als die in § 1 Abs. 2 AO-GS aufgeführten Kinder, nämlich Kinder, die eine andere als die nächstgelegene Grundschule besuchen wollen, bestimmt § 1 Abs. 3 AO-GS, dass die Grundschule sie im Rahmen freier Kapazitäten aufnimmt und bei einem Anmeldeüberhang ein Aufnahmeverfahren unter diesen Kindern durchführt.
9Ein Aufnahmeanspruch des Antragstellers scheitert, weil die GGS V.-straße für ihn nicht die nächstgelegene Grundschule ist und nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Auswahlverfahrens freie Kapazitäten für das Schuljahr 2025/26 nicht mehr bestehen.
10Ausgehend von vier Eingangsklassen hat sich die Schulleiterin, ersichtlich unter Berücksichtigung der sog. Verbleiber, auf eine Vergabe von 93 Plätzen im Aufnahmeverfahren beschränkt. Auf der Basis dieser Kapazität waren bei 114 Anmeldungen zunächst die 47 sog. Anspruchskinder, für die die GGS V.-straße die nächstgelegene GGS darstellt, vorrangig aufzunehmen. Das für die 46 Restplätze durchgeführte Auswahlverfahren unter den weiteren Anmeldungen, bei dem der Antragsteller mit der Rangnummer 107 nicht zum Zuge kam, weist keine Rechtsfehler auf.
11Nach § 1 Abs. 3 Satz 4 AO-GS berücksichtigt der Schulleiter oder die Schulleiterin Härtefälle und zieht im Übrigen eines oder mehrere der in der Norm aufgezählten Kriterien für eine Auswahl heran. Hier hat die Schulleiterin ausweislich des Bescheids vom 7. März 2025 die Kriterien „Geschwisterkinder“ (§ 1 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 AO-GS) und „Schulwege“ (§ 1 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 AO-GS), letzteres in Form einer reinen Schulweglänge, berücksichtigt. Die Anwendung dieser Kriterien führte dazu, dass 26 Plätze an Geschwisterkinder vergeben wurden. 20 Plätze verblieben für die Kinder mit der kürzesten Schulweglänge bis 1192,5 m. Der Antragsteller war danach wegen seines längeren Schulwegs von 7382,1 m abzulehnen.
12Einen vorrangig aufzunehmenden Härtefall hat die Schulleiterin nicht berücksichtigt. Dies gilt auch für den Antragsteller. Die Nichtberücksichtigung der vom Antragsteller vorgetragenen ihn betreffenden Umstände als Härtefall ist rechtlich nicht zu beanstanden.
13Über die Umstände, die einen Härtefall ausmachen, entscheidet die Schulleiterin nach Ermessen. Die Ermessensausübung hat sich, als grobe Zielvorgabe, daran auszurichten, ob eine außergewöhnliche Sondersituation eines einzelnen angemeldeten Kindes vorliegt, in der es gewichtige, in seiner Person oder familiären Situation liegende individuelle Gründe unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten rechtfertigen, es auch unter Inkaufnahme einer Minderung der Aufnahmechancen konkurrierender Schüler und ihrer Eltern bevorzugt aufzunehmen,
14vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2016 - 19 B 1142/16 -, juris Rn. 10.
15Nach diesen Maßgaben war die Schulleiterin nicht gehalten, den Antragsteller als Härtefall vorrangig bei der Schulaufnahme zu berücksichtigen. Die von ihr getroffene Entscheidung, die vom Antragsteller vorgetragenen Gründe nicht als ausreichend anzusehen, um ihn bevorzugt und unter Hintanstellung eines anderen Schülers in der GGS V.-straße aufzunehmen, ist nicht zu beanstanden.
16Bei der Anmeldung des Antragstellers an der GGS V.-straße wurde ein Antrag, ihn als Härtefall vorrangig zu berücksichtigen, nicht ausdrücklich gestellt. Es wurde in der Rubrik Förderschwerpunkte des am 11. Oktober 2024 ausgefüllten Anmeldeformulars lediglich der Punkt „körperlich/motorische Entwicklung“ angekreuzt, ohne dies weiter zu erläutern. Gleichzeitig verneinten die Eltern den Wunsch nach einer sonderpädagogischen Unterstützung, etwa in Form des Gemeinsamen Lernens. Allein aufgrund dieser Antragsangaben konnte nicht erwartet werden, dass die Schulleiterin eine bevorzugte Aufnahme des Antragstellers als Härtefall in Betracht zu ziehen hätte.
17Auch angesichts der im Widerspruchsschreiben der Eltern enthaltenen Erläuterungen hinsichtlich des besonderen Förderbedarfs des Antragstellers stellt sich die Entscheidung der Schulleiterin vom 17. März 2025, weiterhin keinen Härtefall anzunehmen und dem Widerspruch nicht abzuhelfen, als rechtmäßig dar. Die Eltern beschrieben unter Vorlage verschiedener Testergebnisse zwar einen besonderen Förderbedarf des Antragstellers, insbesondere im viso-motorischen Bereich. Eine besondere Notwendigkeit, dass der Antragsteller deshalb gerade die von ihnen gewünschte GGS V.-straße besuchen muss, haben sie in ihrem Schreiben jedoch nicht hinreichend dargelegt. Die von ihnen beschriebenen besonderen Fördermöglichkeiten dieser O.-Schule mag sie für Kinder mit besonderem Förderungsbedarf, evtl. gerade auch im Bereich Motorik und Wahrnehmung, besonders geeignet machen. Dies gilt dann jedoch nicht nur für den Antragsteller, sondern für alle Kinder mit einem derartigen Förderbedarf. Dennoch kann nicht all diesen Kindern ein Anspruch auf Aufnahme an einer O.-Schule zustehen. Bei Bejahung eines Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung findet die Förderung dieser Kinder vielmehr grundsätzlich an allen allgemeinen Schulen, an denen ein Angebot zum Gemeinsamen Lernen eingerichtet ist, oder an Förderschulen statt.
18Schließlich sind auch die vom Antragsteller im vorliegenden Eilverfahren nunmehr vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht geeignet, seinen geltend gemachten Anspruch auf Aufnahme in die GGS V.-straße zusätzlich zu untermauern. Sie enthalten in erster Linie eine exakte ärztliche Diagnose der Erkrankung des Antragstellers und eine nähere Darstellung ihrer Auswirkung auf den Antragsteller, nämlich der schon von den Eltern beschriebenen körperlichen Entwicklungsverzögerung und den daraus resultierenden Schwächen im visuell-motorischen Kontext und im Bereich Konzentration und Merkfähigkeit. Diese Beschreibung war bereits Grundlage der Ermessensentscheidung der Schulleiterin vom 17. März 2025. Darüberhinausgehende wesentliche Aspekte, die es als unzumutbar erscheinen lassen könnten, eine andere als die gewünschte GGS V.-straße zugewiesen zu bekommen, enthalten die Bescheinigungen nicht. So empfiehlt die Ärztliche Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche K. Z. einerseits eine spezialisierte Schule, in der Sonderpädagogen sowie Physio-, Ergo- und Logotherapeutinnen und Pflegekräfte zusammenarbeiten. Um eine solche Schule handelt sich bei der GGS V.-straße jedoch unzweifelhaft nicht. Andererseits hält sie ein integratives Konzept für notwendig, das selbstbestimmtes Arbeiten in verständnisvoller Umgebung ermöglicht. Dass dies nur auf der GGS V.-Straße verwirklicht werden kann, ist nicht ersichtlich.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
20Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer im vorliegenden Eilverfahren die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts in Höhe des gesetzlichen Auffangstreitwerts zugrunde gelegt hat.
21Rechtsmittelbelehrung
22Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung bei dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz, 50667 Köln oder Postfach 10 37 44, 50477 Köln) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist eingeht bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
23Die Beschwerde ist einzulegen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
24Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist nicht selbstständig anfechtbar.
25Gegen die Festsetzung des Streitwerts kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem diese Entscheidung Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz, 50667 Köln oder Postfach 10 37 44, 50477 Köln) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Hierfür besteht kein Vertretungszwang. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.