Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Es wird festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, der S. Frau J. N. als ihre wirtschaftlich Berechtigte zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand
2Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie Frau J. N. nicht als ihre wirtschaftlich Berechtigte zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen hat.
3Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft mit einem haftungsbeschränkten Komplementär (Q.). Kommanditisten der Klägerin sind die Verlagsgesellschaft N. Q. mit einer Einlage von N01 DM und die O. mit einer Einlage von 000.000 DM. Komplementärin der Klägerin ist die Beteiligungsgesellschaft W. mit beschränkter Haftung. Sämtliche Geschäftsanteile der Beteiligungsgesellschaft W. mit beschränkter Haftung werden von der Verlagsgesellschaft N. Q. gehalten.
4Die Verlagsgesellschaft N. Q. hat zurzeit insgesamt 32 Kommanditisten. Das Gesellschaftskapital beträgt ausweislich § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags 00.000.000 Euro. Auf Frau J. N. entfallen als eine der Kommanditistinnen 00,0000 Prozent der Kapitalanteile. Komplementärin der Verlagsgesellschaft N. Q. und als solche allein vertretungsberechtigt ist die Y.. Diese ist zudem mit 0,000 Prozent am Kapital der Verlagsgesellschaft N. Q. beteiligt. In der Gesellschafterversammlung der Verlagsgesellschaft N. Q. gewähren gemäß § 19 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags 0,001 Prozent des Gesamtkapitals jeweils eine Stimme. Die Beschlüsse werden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst. Die Gesellschaft besitzt zudem einen Aufsichtsrat mit vier bis sechs Mitgliedern, die von der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit gewählt werden (§ 17 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q.). Aufgabe des Aufsichtsrates ist insbesondere die Überwachung und Beratung der Geschäftsführung sowie die Entscheidung über die Einwilligung zu allen Beschlüssen der Gesellschafterversammlung der Komplementärin Y. (§ 18 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags). Im Falle der Änderung des Einwilligungserfordernisses im Gesellschaftsvertrag der Y. oder der fehlenden Einholung der erforderlichen Einwilligung des Aufsichtsrates scheidet diese gemäß § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags als Komplementärin aus. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag verwiesen.
5Die Y. hat wiederum fünf Gesellschafter. Größte Anteilseignerin ist Frau J. N. mit einem Geschäftsanteil in Höhe von 65 Prozent des Stammkapitals. In der Gesellschafterversammlung der Y. wird ausweislich § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags nach dem Stimmverhältnis abgestimmt, das der Kommanditanteilsbesitz den einzelnen Gesellschaftern in dem Falle gewährt, dass sie in der Gesellschafterversammlung der Verlagsgesellschaft N. Q. abstimmen. Alle fünf Gesellschafter sind auch Kommanditisten der Verlagsgesellschaft N. Q.. Für Frau J. N. ergibt sich daraus ein Stimmanteil in der Gesellschafterversammlung von 00,000 Prozent. Sämtliche Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bedürfen zudem nach § 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages zu ihrer Wirksamkeit, soweit dies gesetzlich zulässig ist, der Einwilligung des Aufsichtsrates der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co KG.
6Das Bundesverwaltungsamt ist nach § 25 Abs. 6 GwG Aufsichtsbehörde für die mit der Führung des Transparenzregisters beliehene S. und zudem gemäß § 56 Abs. 5 Satz 2 GwG für die Sanktionierung von Verstößen im Zusammenhang mit den Eintragungspflichten zum Transparenzregister nach § 56 Abs. 1 Nr. 54–66 GwG zuständig.
7Am 26. Oktober 2020 erhielt die S. von einem Dritten eine Unstimmigkeitsmeldung aufgrund der fehlenden Eintragung der Klägerin in das Transparenzregister. Die S. forderte daraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 28. Oktober 2020 zur Meldung des wirtschaftlichen Berechtigten auf. Mit Antrag vom 29. Oktober 2020 meldete die Klägerin als fiktiv wirtschaftlich Berechtigte die Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft W. mit beschränkter Haftung an. Mit E-Mail vom 15. Januar 2021 teilte die S. mit, dass die Unstimmigkeit fortbestehe und forderte die Gesellschaftsverträge der Klägerin an.
8Unter dem 13. April 2021 hörte die Beklagte die Klägerin wegen einer Ordnungswidrigkeit an, da die Meldung eines wirtschaftlich Berechtigten verspätet erfolgt sei. Darüber hinaus entspreche auch die verspätet vorgenommene Meldung nicht den gesetzlichen Anforderungen. Mittelbar wirtschaftlich berechtigt im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2–4 GwG seien auch solche Personen, die eine Mehrheit der Kapitalanteile an einem Komplementär besäßen. Die Meldung sei umgehend zu berichtigen. Die Nichtberichtigung sei eine Ordnungswidrigkeit nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 GwG.
9Mit Schreiben vom 11. Mai 2021 erklärte die Klägerin, dass sie keinen tatsächlich wirtschaftlich Berechtigten besitze. Die Kommanditanteile an der Verlagsgesellschaft N. Q. blieben unter den gesetzlich vorgesehenen Schwellenwerten. Zudem fehle es an einem beherrschenden Einfluss der Y. auf die Verlagsgesellschaft N. Q..
10Mit Schreiben vom 20. Mai 2021 erwiderte die Beklagte, dass sie an ihrer Rechtsauffassung festhalte. Durch den beherrschenden Einfluss von Frau J. N. auf die Y. und deren Stellung als Komplementärin der Verlagsgesellschaft N. Q. sei Frau J. N. wirtschaftlich Berechtigte der Klägerin. Auch im weiteren Austausch hielten die Beteiligten an ihren Rechtsauffassungen fest.
11Die Klägerin hat am 25. November 2021 Klage auf Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, der S. Frau J. N. als mittelbar wirtschaftlich Berechtigte zur Eintragung in das Transparenzregister nach dem Geldwäschegesetz zu melden, erhoben.
12Zugleich hat sie einen Eilantrag auf eine einstweilige Anordnung entsprechenden Inhalts gestellt. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat diesem mit Beschluss vom 23. Juni 2023 (Az. 4 B 352/22) auf die Beschwerde der Klägerin gegen den ablehnenden Beschluss des Gerichts vom 25. Februar 2022 (Az. 14 L 2107/21) stattgegeben.
13Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, dass das erforderliche konkrete Rechtsverhältnis im vorliegenden Fall aus dem von der Beklagten mit der Anhörung und der späteren Bekräftigung ihrer Rechtsauffassung in Aussicht gestellten Bußgeldverfahren folge. Der Klägerin sei es nicht zumutbar, verwaltungsrechtliche Zweifelsfragen erst „von der Anklagebank herab“ in einem gegen den Erlass eines Bußgeldbescheides gerichteten Verfahren klären zu können.
14Die Klägerin müsse Frau J. N. nicht zum Transparenzregister melden, da sie nicht wirtschaftlich Berechtigte im Sinne des § 3 Abs. 1 GwG der Klägerin sei. Die Y., an der Frau J. N. mehrheitlich beteiligt sei, übe keinen beherrschenden Einfluss auf die Verlagsgesellschaft N. Q. entsprechend § 290 Abs. 2 HGB aus. Zwar liege im Falle einer Komplementär-GmbH regelmäßig ein Fall des § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB vor, da diese die Finanz- und Geschäftspolitik der Gesellschaft sogar selbst bestimme. Etwas anderes gelte jedoch, wenn die Kontrolle der Komplementär-GmbH über die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen tatsächlich ausgeschlossen sei. So liege der Fall hier, da die Y. nach den Gesellschaftsverträgen der Y. und der Verlagsgesellschaft N. Q. keine eigenen Gesellschafterbeschlüsse fassen und etwa ihre Geschäftsführer selbst bestimmen könne, sondern dies der Zustimmung des Aufsichtsrates der Verlagsgesellschaft N. Q. bedürfe. Der Aufsichtsrat werde aber von der Gesellschafterversammlung der Verlagsgesellschaft N. Q. bestimmt. Das Zustimmungserfordernis sei zudem dadurch abgesichert, dass in Streitfällen die Gesellschafterversammlung der Verlagsgesellschaft N. Q. entscheide und die Y. bei unterlassener Einholung der Zustimmung als Komplementärin der Verlagsgesellschaft N. Q. ausscheide. Da es an einem beherrschenden Einfluss der Y. auf die Verlagsgesellschaft N. Q. fehle, könne offen bleiben, ob Frau J. N. überhaupt einen beherrschenden Einfluss auf die Y. ausübe. Eine anderweitige wirtschaftliche Berechtigung der Frau J. N. sei nicht erkennbar.
15Die Klägerin verweist zur Begründung ihrer Klage auf die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts im Eilverfahren und trägt darüber hinaus noch vor, dass der Einfluss der Y. auf die Verlagsgesellschaft N. Q. sich im Wesentlichen auf die Stellung der Geschäftsführer beschränke. Diese könne sie aber gar nicht allein bestimmen. Erst recht könne Frau J. N. diese Geschäftsführer nicht bestimmen, da sie bei der Y. schon keine Stimmrechtsmehrheit habe. Da ein beherrschender Einfluss im Sinne des § 290 Abs. 2–4 HGB mit Mitteln der Privatautonomie begründet werden könne, müsse dieser auch – wie vorliegend – durch solche beschränkbar sein. Frau J. N. sei als Kommanditistin der Verlagsgesellschaft N. Q. im Übrigen nur eine von mehreren Minderheitsgesellschaftern. Auch hieraus könne eine wirtschaftliche Berechtigung nicht geschlossen werden.
16Die Klägerin beantragt,
17festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, der S. Frau J. N. als ihre wirtschaftlich Berechtigte zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung hält sie insbesondere an ihrer Rechtsauffassung fest, dass bereits die Stellung als Komplementärin den beherrschenden Einfluss der Y. auf die Verlagsgesellschaft N. Q. begründe. Entscheidend für die Annahme eines beherrschenden Einflusses sei entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen im Eilverfahren nicht das rechtliche Dürfen, sondern das rechtliche Können. Der Sinn und Zweck des eigentlich für die Bilanzierung geschaffenen § 290 Abs. 2–4 HGB weiche von demjenigen des GwG ab. Für das GwG müsse der Begriff des wirtschaftlichen Berechtigten weiter ausgelegt werden. Insofern genüge allein die Möglichkeit der Veranlassung einer einzelnen Transaktion. Auch nach § 290 HGB genüge im Übrigen die Möglichkeit der Ausübung eines beherrschenden Einflusses unabhängig von der ggf. durch schuldrechtliche Verträge oder staatliche Einflussnahme begrenzten tatsächlichen Lage.
21Der beherrschende Einfluss der Frau J. N. auf die Y. folge wiederum aus ihrer Kapitalmehrheit an dieser. Nach der Verwaltungspraxis des Bundesverwaltungsamtes begründe die Kapitalmehrheit, über die in § 290 Abs. 2 HGB vorgesehenen Fälle hinaus, ebenfalls einen beherrschenden Einfluss auf ein Unternehmen. Dies finde einen Anknüpfungspunkt in § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG ließe sich zudem entnehmen, dass nicht nur Kontrolle, sondern auch Eigentum zu einem beherrschenden Einfluss führen könne.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24A. Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Eine in diesem Zusammenhang allein denkbare abdrängende Sonderzuweisung ist nicht gegeben. Eine solche Zuweisung folgt hier insbesondere nicht aus § 62 oder §§ 67, 68 OWiG. Wird die Feststellung öffentlich-rechtlicher Pflichten vor einem drohenden oder während eines schwebenden Bußgeldverfahrens beantragt, so wird in der Sache um den Inhalt von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts gestritten, die den Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten begründen. Gehört die zu beurteilende Frage dem öffentlichen Recht im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO an, so verliert sie ihre diesbezügliche Rechtsnatur nicht dadurch, dass von ihrer Beantwortung auch strafrechtliche oder bußgeldrechtliche Bewertungen abhängen.
25Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1992 – 3 C 50.89 –, juris Rn. 27 und vom 7. Mai 1987 – 3 C 53.85 –, juris Rn. 18 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 6 f.
26So liegt es hier. Nach den Angaben der Beteiligten ist die Streitfrage noch nicht einmal Gegenstand eines anhängigen Bußgeldverfahrens. Ein solches ist mit Blick auf die von der Beklagten behauptete Unrichtigkeit der Meldung der Klägerin höchstens angedroht.
27Die Klage hat Erfolg.
28B. Sie ist zulässig.
29Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft.
30Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage insbesondere die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat (Feststellungsklage). Unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Als Bezugspersonen kommen dabei in Betracht der Normgeber, der Normadressat und (als Vollzugsbehörde) der Normanwender. Gegenstand der Feststellungsklage kann nur ein konkretes Rechtsverhältnis sein, es muss also die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig sein.
31Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. August 2007 – 7 C 2.07 –, juris Rn. 21, 27 und vom 28. Mai 2014 – 6 A 1.13 – juris Rn. 20 f.; OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 12 f.
32Auch bei Normen, aus denen sich unmittelbar Rechte und Pflichten ergeben, können sich normbetroffene Personen und eine die Norm vollziehende Behörde gegenüberstehen, die die Regelungen konkretisiert oder individualisiert und Anordnungen für den Einzelfall aufgrund gesetzlicher Befugnisse trifft. In solchen Fällen muss die Feststellung eines konkreten streitigen Rechtsverhältnisses zwischen Normadressat und Normanwender geklärt werden.
33Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 – 8 C 19.09 –, juris Rn. 29; OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 14.
34Ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis in diesem Sinne kann sich insbesondere auch aus der (Wiederholungs-)Gefahr wegen drohender (weiterer) Bußgeldverfahren auf der Grundlage umstrittener öffentlich-rechtlicher Pflichten ergeben.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2021 – 8 C 24.19 – juris Rn. 10; OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 16.
36Zwar ist der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz grundsätzlich nicht vorbeugend konzipiert. Um den Grundsatz der Gewaltenteilung und das der Verwaltung zugewiesene Handlungsfeld nicht übermäßig und „anlasslos“ zu beeinträchtigen, setzt die den Gerichten übertragene Kontrollfunktion gegen Maßnahmen der Behörden grundsätzlich erst nachgelagert ein. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erfordert daher regelmäßig den Erlass einer Maßnahme, der nachfolgend Gegenstand gerichtlicher Überprüfung ist. Vorbeugender Rechtsschutz gegen erwartete oder befürchtete Anordnungen der Verwaltung ist daher grundsätzlich unzulässig. Etwas anderes gilt indes dann, wenn dem Betroffenen ein weiteres Zuwarten, ob und wie die Behörde tätig werden wird, nicht zugemutet werden kann und daher ein schutzwürdiges Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Klärung besteht. Eine derartige Ausnahmekonstellation liegt insbesondere bei drohenden Sanktionen vor, die an verwaltungsrechtliche Vorfragen anknüpfen. Denn es ist nicht zumutbar, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen „von der Anklagebank herab“ führen zu müssen. Der Bürger hat dann ein schutzwürdiges Interesse daran, den Verwaltungsrechtsweg als sachnähere und „fachspezifischere“ Rechtsschutzform einzuschlagen, wenn ihm wegen verwaltungsrechtlicher Fragen ein Straf- oder Bußgeldverfahren droht. Es ist weder sinnvoll noch zumutbar, dem Bürger in einem derartigen Schwebezustand die Möglichkeit der verbindlichen Klärung streitiger Fragen des öffentlichen Rechts zu verwehren. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Bußgeld- bzw. Strafverfahren nicht bindend ist. Schon der Einfluss, den eine für den Betroffenen günstige Entscheidung auf die Beurteilung des Bußgeld- bzw. Strafverfahrens ausüben kann, rechtfertigt das Feststellungsbegehren.
37Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Juni 2016 – 2 C 18.15 –, juris Rn. 19 f., und vom 13. Januar 1969 – 1 C 86.64 –, juris Rn. 19; BVerfG, Beschluss vom 7. April 2003 – 1 BvR 2129/02 –, juris Rn. 14; siehe auch: OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 18, und vom 4. Februar 2021 – 4 B 1380/20 –, juris Rn. 118 m. w. N.
38Nach diesen Maßstäben besteht zwischen der Klägerin und der Beklagten bereits ein hinreichend konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Zwischen den Beteiligten besteht ein Meinungsstreit darüber, ob die Klägerin eine bestimmte wirtschaftlich Berechtigte zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen hat oder das Unterlassen dieser Mitteilung als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann. Mit Schreiben vom 13. April 2021 unter dem Betreff „Anhörung wegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 55 OWiG)“ wurde die Klägerin zu einer Ordnungswidrigkeit nach § 9 Abs. 1 OWiG i. V. m. §§ 20 Abs. 1 Satz 1 Var. 4, 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 55 lit. d Var. 4 GwG in Form einer leichtfertig verspäteten Mitteilung des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister angehört, weil ihr gesetzlicher Vertreter seiner Eintragungspflicht erst am 29. Oktober 2020 nachgekommen sei. Darüber hinaus erfolgte in dem Schreiben optisch durch die Überschrift „Ihre Mitteilung an das Transparenzregister“ abgesetzt, die Darlegung der Rechtsauffassung der Beklagten zu dem Inhalt der am 29. Oktober 2020 erfolgten Mitteilung. Die Beklagte führte aus, dass nach ihren Feststellungen die erfolgte Mitteilung der gesetzlichen Vertreter als fiktiv wirtschaftlich Berechtigte nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche. Nach ihren Nachforschungen gebe es einen tatsächlich (mittelbaren) wirtschaftlich Berechtigten. Die Eintragung sei unverzüglich zu berichtigen. Die Nichtberichtigung einer unrichtigen Mitteilung sei eine Ordnungswidrigkeit nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 GwG. Nachdem die Klägerin unter Darlegung ihrer Beteiligungsverhältnisse mitgeteilt hatte, sie habe keine wirtschaftlich Berechtigten, stellte die Beklagte mit Schreiben vom 20. Mai 2021 und 18. August 2021 klar, sie vertrete eine andere Rechtsauffassung, und konkretisierte diese dahingehend, dass aufgrund des beherrschenden Einflusses von Frau J. N. auf die Y. und deren Stellung als Komplementärin der Verlagsgesellschaft N. Q. davon ausgegangen werde, dass Frau J. N. mittelbar wirtschaftlich Berechtigte der Klägerin sei. Hierdurch hat die Beklagte die Klägerin eindeutig darüber in Kenntnis gesetzt, dass nach ihrer Auffassung die von der Klägerin vorgenommene Mitteilung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und Frau J. N. als mittelbar wirtschaftlich Berechtigte der Klägerin in das Transparenzregister einzutragen ist. Sie hat von dieser deshalb eine Berichtigung der Eintragung verlangt. Vor diesem Hintergrund war der Hinweis auf die Ordnungswidrigkeit nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 GwG in dem Schreiben vom 13. April 2021 so zu verstehen, dass die Beklagte für den Fall, dass die Eintragung nicht in dem verlangten Sinne korrigiert werde, berechtigt sei, ein Bußgeldverfahren gegen die Klägerin einzuleiten. Die Klägerin ist dieser Rechtsauffassung der Beklagten mit ihren Schreiben vom 11. Mai 2021, 9. Juli 2021 und 7. Oktober 2021 entgegengetreten.
39Ebenso bereits OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 20.
40Angesichts dieser bereits zwischen der Klägerin und der Beklagten geführten schriftlichen Auseinandersetzung über den Inhalt der unmittelbar durch § 20 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 19 Abs. 1 GwG begründeten verwaltungsrechtlichen Mitteilungspflicht der Klägerin zur Eintragung in das Transparenzregister ist für das Vorliegen eines hinreichend konkreten feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses irrelevant, dass nach der im Geldwäschegesetz vorgesehenen Kompetenzaufteilung der S. als registerführender Stelle die Führung des Transparenzregisters und die Überprüfung von Unstimmigkeitsmeldungen obliegt (§§ 18 Abs. 2 und 3, 23a Abs. 3 GwG, § 25 Abs. 1 GwG i. V. m. § 1 Transparenzregisterbeleihungsverordnung vom 27. Juni 2017, BGBl. I S. 1938) und erst nach Überprüfung der Unstimmigkeitsmeldung durch die S. eine Übergabe an die Beklagte allein im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 54 bis 66 GwG erfolgt (§§ 18 Abs. 3a, 23a Abs. 4 GwG). Denn die schriftliche Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und der Beklagten betraf inhaltlich einen möglichen Verstoß gegen die verwaltungsrechtliche Mitteilungspflicht der Antragstellerin, für deren Sanktionierung die Beklagte als Normanwenderin zuständig wäre. Demgegenüber ist für die Beurteilung eines konkretisierten Rechtsverhältnisses zur Beklagten als Normanwenderin mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht entscheidend, dass gerichtlich angreifbare, nachträgliche behördliche Maßnahmen zur Umsetzung der Vorschriften des Transparenzregisters im GwG deutlich eingeschränkt sind und gesetzlich insbesondere keine verdachtsunabhängige Überwachung der Einhaltung der Gebote des Geldwäschegesetzes in einem Verwaltungsverfahren außerhalb eines Bußgeldverfahrens durch die Beklagte selbst vorgesehen ist. Diese von der Beklagten aufgezeigten Zusammenhänge erfordern gerade im gegebenen Fall zur Klärung der tatsächlich bestehenden Rechtsunsicherheiten zwischen den Beteiligten die Eröffnung vorbeugenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes für die Klägerin. Da das GwG keine verwaltungsrechtlichen Kompetenzen zur Durchsetzung der Eintragungspflicht vorsieht, stellt die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage die einzige Möglichkeit dar, fachspezifischen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen.
41Ebenso bereits OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 21.
42Im Streitfall kann der Klägerin nach den vorbezeichneten Maßstäben zudem ein weiteres Zuwarten, ob und wie die Beklagte tätig werden wird, ebenso wenig zugemutet werden wie sie darauf verwiesen werden darf, sie könne den Schuldvorwurf in einem rechtsstaatlich ausgestalteten Bußgeld- bzw. Strafverfahren überprüfen lassen. Dabei ist unerheblich, dass eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung keine Bindungswirkung für ein Bußgeld- bzw. Strafverfahren entfaltet. Insbesondere hängt die Unzumutbarkeit der Klärung des Inhalts einer verwaltungsrechtlichen Pflicht im Rahmen eines Bußgeld- bzw. Strafverfahrens nicht von der Unzumutbarkeit im Einzelfall ab, wie etwa der Höhe des drohenden Bußgeldes. Sie ergibt sich abstrakt daraus, dass es, wenn – wie hier – eine umstrittene verwaltungsrechtliche Frage für den Ausgang eines Bußgeld- bzw. Strafverfahrens relevant ist, es für den Betroffenen schlechthin unzumutbar ist, sich in die Position des „Angeklagten“ zu begeben und die Klärung der verwaltungsrechtlichen Frage den zur Entscheidung im Bußgeld- bzw. Strafverfahren berufenen, bezüglich der verwaltungsrechtlichen Frage aber fachfremden ordentlichen Gerichte zu überlassen.
43Ebenso bereits OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 22 f. m. w. N.
44C. Die Klage ist auch begründet.
45Die Klägerin ist nicht verpflichtet, der S. Frau J. N. als wirtschaftlich Berechtigte zur Eintragung in das Transparenzregister nach dem Geldwäschegesetz mitzuteilen.
46I. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG haben juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften die in § 19 Abs. 1 GwG aufgeführten Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten dieser Vereinigungen einzuholen, aufzubewahren, auf aktuellem Stand zu halten und der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen.
47Nach § 3 Abs. 1 GwG ist wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine juristische Person, sonstige Gesellschaft oder eine Rechtsgestaltung im Sinne des Abs. 3 letztlich steht (Nr. 1), oder die natürliche Person, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird (Nr. 2). Unter anderem für Gesellschaften, die nicht an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 WpHG notiert sind und keinen dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegen, bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 2 GwG i. V. m. § 3 Abs. 2 GwG regelbeispielhaft, wer wirtschaftlich Berechtigter ist. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG zählt bei diesen Gesellschaften zu den wirtschaftlich Berechtigten jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile hält (Nr. 1), mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert (Nr. 2) oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt (Nr. 3). Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 GwG liegt eine mittelbare Kontrolle insbesondere vor, wenn entsprechende Anteile von einer oder mehreren Vereinigungen nach § 20 Abs. 1 GwG gehalten werden, die von einer natürlichen Person kontrolliert werden. Kontrolle liegt nach § 3 Abs. 2 Satz 3 GwG insbesondere vor, wenn die natürliche Person unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die Vereinigung nach § 20 Abs. 1 GwG ausüben kann. Für das Bestehen eines beherrschenden Einflusses gilt § 290 Abs. 2–4 HGB entsprechend.
48Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23. Juli 2017 (BGBl. I S. 1822), mit dem das Transparenzregister erstmals eingeführt wurde, die vormals in § 1 Abs. 6 GwG a. F. enthaltene Definition des wirtschaftlich Berechtigten in den heutigen § 3 GwG überführt sowie diese um die heutigen Regelungen zur mittelbaren Kontrolle ergänzt. Ziel dieser Regelung war es, die Begriffe der Kontrolle und der mittelbaren Kontrolle näher zu definieren, um verschachtelte Konzernstrukturen künftig besser zu durchdringen. Das Bestehen eines beherrschenden Einflusses auf eine zwischengeschaltete Gesellschaft richtet sich dabei in erster Linie nach § 290 Abs. 2 HGB. Die Absätze 3 und 4 dienen nur der näheren Ausformung der in § 290 Abs. 2 HGB festgelegten Grundsätze.
49Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 30, unter Bezug auf BT-Drs. 18/11555, S. 1, 108 f.; Figura, in: Herzog/Figura, Geldwäschegesetz, 4. Aufl. 2020, § 3, Rn. 7, 10; Kaetzler, in: Zentes/Glaab, Frankfurter Kommentar zum Geldwäschegesetz, Stand: 30. August 2022, § 3, Rn. 81 ff., 86 ff.
50Die angeführten einfachgesetzlichen Anforderungen für die Beurteilung einer die wirtschaftliche Berechtigung begründenden Kontrolle folgen der Definition des „wirtschaftlichen Eigentümers“ in Art. 3 Nr. 6 der Richtlinie (EU) 2015/849 (Vierten Geldwäscherichtlinie). Dieser stellt für die Frage, ob eine juristische Person letztlich im direkten oder indirekten Eigentum oder unter Kontrolle einer natürlichen Person steht, auf einen Aktienanteil oder eine Beteiligung von 25 Prozent am Kunden ab. Andere Formen der Kontrolle können danach unter anderem gemäß den Kriterien bestimmt werden, die in Art. 22 Abs. 1–5 der Richtlinie (EU) 2013/34 aufgeführt sind und die in § 290 Abs. 2 bis 4 HGB inhaltlich aufgegriffen sind (vgl. auch § 291 Abs. 2 Nr. 2 und 3 HGB).
51II. Ausgehend von den gesetzlich normierten Regelbeispielen ist Frau J. N. nicht wirtschaftlich Berechtigte der Klägerin.
52Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft i. S. d. § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG in Form einer Q..
531. Frau J. N. gehört mangels unmittelbaren Einflusses auf die Gesellschaft nicht zu den unmittelbar wirtschaftlich Berechtigten im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG, denn unmittelbar an der Klägerin beteiligt sind lediglich die Verlagsgesellschaft N. Q., die O. und die Beteiligungsgesellschaft W. mit beschränkter Haftung.
542. Sie hält auch nicht im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GwG mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile an der Klägerin, da ihre Kapitalbeteiligung bei der Muttergesellschaft Verlagsgesellschaft N. Q. lediglich 00,0000 Prozent beträgt. Auch ihre Mehrheitsbeteiligung an der Y. kann ersichtlich nicht eine entsprechende Kapitalbeteiligung vermitteln, weil diese lediglich einen 0,000-prozentigen Kapitalanteil an der Verlagsgesellschaft N. Q. hält.
553. Auch kontrolliert sie nicht im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GwG mittelbar mehr als 25 Prozent der Stimmrechte der Klägerin. Auf der Ebene der Muttergesellschaft Verlagsgesellschaft N. Q. beträgt der Kapitalanteil der Frau J. N. 19,8468 Prozent. Gemäß § 19 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q. verschaffen den Gesellschaftern bei Gesellschafterbeschlüssen volle 0,001 Prozent des Gesamtkapitals eine Stimme. Aufgrund der Kapitalverteilung entspricht der Kapitalanteil folglich im Wesentlichen auch dem Stimmanteil in der Gesellschafterversammlung. Selbst unter Hinzurechnung des Stimmanteils der Y. (auf Grundlage von 0,000 Prozent Kapitalanteil), auf die die Beklagte einen beherrschenden Einfluss der Frau J. N. behauptet, bliebe es bei deutlich unter 25 Prozent der Stimmrechte, die Frau J. N. kontrollieren könnte. Dass Frau N. aufgrund anderweitiger Vereinbarungen oder der Kontrolle anderer Gesellschafter der Verlagsgesellschaft N. Q. darüber hinausgehende Stimmrechte kontrollieren könnte, ist weder von der Beklagten behauptet worden noch ersichtlich. Die Kontrolle von mehr als 25 Prozent der Stimmrechte bei der Y. vermittelt wiederum aufgrund des geringen Stimmrechtsanteils dieser bei der Verlagsgesellschaft N. Q. keine Kontrolle von mehr als 25 Prozent der Stimmrechte an der Verlagsgesellschaft N. Q. und erst recht nicht an der Klägerin als deren Tochterunternehmen.
564. Frau J. N. übt über die Klägerin auch keine mittelbare Kontrolle auf vergleichbare Weise nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bzw. nach § 3 Abs. 2 Satz 2–4 GwG aus.
57Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus ihren hierfür allein in Betracht kommenden Einflussmöglichkeiten auf die Y. sowie auf die weiteren im Verhältnis zur Klägerin zwischengeschalteten Gesellschaften, die Verlagsgesellschaft N. Q. und die Beteiligungsgesellschaft W. mbH.
58a. Der Annahme, Frau J. N. übe über diese Beteiligungen eine mittelbare Kontrolle auf die Klägerin aus, steht schon entgegen, dass die Y. nicht die hierfür notwendige Kontrolle in Form eines beherrschenden Einflusses entsprechend § 290 Abs. 2 HGB auf die den Einfluss auf die Klägerin auf der vorletzten Ebene vermittelnde Verlagsgesellschaft N. Q. ausübt. Die in § 290 Abs. 2 HGB vorgesehenen Regelbeispiele für einen beherrschenden Einfluss sind im Verhältnis der Y. zu der Verlagsgesellschaft N. Q. nicht einschlägig.
59Ein beherrschender Einfluss der Y. ergibt sich nicht schon aus deren Position als Komplementärin, also persönlich haftender Gesellschafterin, der Verlagsgesellschaft N. Q.. Zwar erfüllt eine Komplementär-GmbH die Voraussetzungen des § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB, wenn die Kommanditgesellschaft nach dem gesetzlichen Normalstatut organisiert ist. In diesem Fall ist die Komplementär-GmbH – unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung am Gesellschaftskapital der Q. – zur Geschäftsführung und Vertretung der Q. berechtigt und verpflichtet, während die Kommanditisten von der Führung der Gesellschaft ausgeschlossen sind und zur Vertretung der Gesellschaft nicht ermächtigt sind (§§ 161 Abs. 2, 164, 170 HGB). Aufgrund dieser Stellung bestimmt sie die Finanz- und Geschäftspolitik der Q. und ist daher selbst als das maßgebliche Leitungsorgan anzusehen, das seinerseits durch ihre Geschäftsführer vertreten wird. Der Komplementär-GmbH steht dann sogar ein stärkeres Recht zu als das in § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB genannte Bestellungsrecht. Gleichzeitig ist sie als Komplementärin Gesellschafterin der Q. i. S. d. § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB.
60So bereits im Eilverfahren OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 40; Mueller-Thuns, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch Q., 22. Aufl. 2020, § 7 Rechnungslegung und Publizität, Rn. 7.129; BaFin, Emittentenleitfaden, Modul B, Informationen über bedeutende Stimmrechtsanteile / Notwendige Informationen für die Wahrnehmung von Rechten aus Wertpapieren, Stand: 30. Oktober 2018, https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/BoersenMaerkte/Emittentenleitfaden/emittentenleitfaden_node.html, S. 20.
61Auch der Gesetzgeber ging bei offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften davon aus, dass bei den vertretungsberechtigten Gesellschaftern wegen ihrer starken gesellschaftsrechtlichen Stellung regelmäßig von der Ausübung der Kontrolle ausgegangen werden könne.
62Vgl. BT-Drs. 18/11555, S. 92.
63Mit der Formulierung „regelmäßig“ wird in der Gesetzesbegründung jedoch zugleich deutlich gemacht, dass dies nicht gelten soll, wenn die grundsätzlich vorgesehene starke gesellschaftsrechtliche Stellung des Komplementärs im Einzelfall nicht besteht und die zumindest im Innenverhältnis eingeschränkten Befugnisse dazu führen, dass die Komplementär-GmbH die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen letztlich gerade nicht kontrolliert, sie also trotz ihrer Befugnisse zur Geschäftsführung nicht durchsetzen kann, wenn sie umstritten sind.
64So bereits im Eilverfahren OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 44; Mueller-Thuns, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch Q., 22. Aufl. 2020, § 7 Rechnungslegung und Publizität, Rn. 7.130 ff., m. w. N.; Senger/Hoehne, in: Münchener Kommentar zum Bilanzrecht, 1. Aufl. 2013, § 290 HGB, Rn. 21; a. A., jedenfalls für die Praxis des Bilanzrechts von Keitz, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Stand: November 2023, § 290 HGB, Rn. 85.
65So liegt es hier. Aufgrund der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags der Y. sowie des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q. entspricht die Stellung der Y. nicht dem gesetzlichen Regelfall. Stattdessen wird durch sie gerade die auf die gesetzliche Befugnis zur Geschäftsführung gestützte starke Stellung der Komplementär-GmbH derart abgeschwächt, dass ihr keine maßgebliche Leitungsfunktion zukommt. Sie hat keinen beherrschenden Einfluss auf die Verlagsgesellschaft N. Q.. Nach den Gesellschaftsverträgen der Y. sowie der Verlagsgesellschaft N. Q. kann die Y. ihre Geschäftsführer, denen zugleich die Geschäftsführung der Verlagsgesellschaft N. Q. obliegt, nicht ohne Einwilligung des Aufsichtsrates der Verlagsgesellschaft N. Q. bestellen.
66Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden gemäß § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q. durch ihre Gesellschafterversammlung gewählt. In der Gesellschafterversammlung gewähren gemäß § 19 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q. bei Gesellschafterbeschlüssen volle 0,001 Prozent des Gesamtkapitals eine Stimme. Die Y. ist nur in Höhe von 000.000 Euro, also 0,0000 Prozent (vgl. § 6 Abs. 2 Ziffer I. des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q.), an der Verlagsgesellschaft N. Q. beteiligt, sodass ihr in der Gesellschafterversammlung keine Stimmrechtsmehrheit zukommt. Stattdessen liegt die überwiegende Mehrheit der Stimmrechte bei den Kommanditisten (vgl. § 6 Abs. 2 Ziffer II., § 19 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q.), deren Interessen der Aufsichtsrat nach § 18 Abs. 1 lit. c) des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q. zu vertreten hat.
67Die Bestimmung der Geschäftsführung obliegt faktisch den Kommanditisten der Verlagsgesellschaft N. Q. und nicht – wie im gesetzlich vorgesehenen Regelfall – den Gesellschaftern des Komplementärs. Gemäß § 14 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q. ist die Y. zur Geschäftsführung der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. Sie nimmt diese Rechte und Pflichten durch ihre Geschäftsführer wahr. Diese werden gemäß § 11 Abs. 1 lit. a) des Gesellschaftsvertrags der Y. zwar durch die ordentliche Gesellschafterversammlung der Y. bestellt und abberufen. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 i. V. m. § 11 Abs. 1 lit. b) und c) des Gesellschaftsvertrags der Y. bedürfen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, soweit gesetzlich zulässig und es sich nicht um die Genehmigung des Jahresabschlusses sowie Verwendung und Verteilung des Jahresüberschusses handelt, aber der Einwilligung des in § 17 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q. bestellten Aufsichtsrats. Lehnt der Aufsichtsrat die Einwilligung – auch bezogen auf Bestellung oder Abberufung der Geschäftsführer – ab, so entscheidet gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags der Y. die Gesellschafterversammlung der Verlagsgesellschaft N. Q.. Holt die Y. die in § 12 ihrer Satzung vorgesehene Zustimmung nicht ein oder hält sie sich daran aus anderen Gründen nicht mehr für gebunden, so scheidet sie nach § 5 Abs. 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q. als deren persönlich haftende und geschäftsführende Gesellschafterin aus.
68Der Aufsichtsrat der Verlagsgesellschaft N. Q. überwacht nach § 18 Abs. 1 lit. a) des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q. zudem die Geschäftsführung durch die Y.. Die maßgeblichen Beschränkungen bei der Bestimmung der Geschäftsführer der Geschäftsführungs-GmbH werden nach § 18 Abs. 2 lit. a) des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. Q. noch dadurch ergänzt, dass alle Angelegenheiten, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen und die nicht durch Gesetz oder diesen Gesellschaftsvertrag der Gesellschafterversammlung vorbehalten sind, der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrates bedürfen. Auch die Klägerin selbst im Speziellen betreffende Angelegenheiten, wie die Bestellung von Geschäftsführern und Prokuristen (§ 18 Abs. 2 lit. a Nr. 3), die Aufnahme, Einstellung oder wesentliche Änderung von Medien (§ 18 Abs. 2 lit. a Nr. 10) oder die wesentliche Veränderung des Bildes, des Charakters und/oder der Tendenz von verlegten Tageszeitungen (§ 18 Abs. 2 lit. a Nr. 11) unterliegen explizit dem Einwilligungserfordernis.
69Inhaltlich mit gleicher Bewertung OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 46.
70Die Gesellschaftsverträge der Verlagsgesellschaft N. Q. und der Y. schließen damit letztlich die im gesetzlich verankerten Normalstatut vorgesehene dominierende Rolle des Komplementärs aufgrund seiner Geschäftsführungsbefugnis aus. Entgegen dem Einwand der Beklagten sind diese gesellschaftsvertraglichen Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis auch bei der Bestimmung des wirtschaftlich Berechtigten zur Eintragung in das Transparenzregister zu beachten. Zwar besteht im Gesellschaftsrecht hinsichtlich der Gesellschaftsformen ein gesetzlicher numerus clausus. Jedoch wird die Gesellschaft ebenso wie die mit ihr verbundenen Rechte der Gesellschafter und der gesetzlichen Vertreter erst durch den Gesellschaftsvertrag begründet. Würde man bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Berechtigten im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 GwG die Regelungen des Gesellschaftsvertrages außer Betracht lassen und maßgeblich auf das gesetzliche Normalstatut abstellen, handelte es sich lediglich um eine vereinfachte Abbildung der Verhältnisse, die tatsächliche Einflussmöglichkeiten nicht berücksichtigen würde. Damit würde der Zweck einer transparenten Darstellung der tatsächlichen Einflussmöglichkeiten,
71vgl. etwa BT-Drs. 18/11555, S. 108,
72regelmäßig verfehlt.
73Zudem ließen sich die nach der Ansicht der Beklagten maßgeblichen Umstände bereits dem Handelsregister entnehmen. Die gesetzlichen Regelungen weisen jedoch gerade darauf hin, dass gesellschaftsvertragliche Regelungen maßgeblich für die Bestimmung des wirtschaftlichen Berechtigten für die Meldung an das Transparenzregister sein können. So ist die registerführende Stelle nach §§ 18 Abs. 3, 23a Abs. 3, 3a GwG zur Einholung von Informationen zum wirtschaftlich Berechtigten bei dem nach § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG zur Meldung Verpflichteten berechtigt. Dass es sich bei diesen Informationen insbesondere um die Gesellschaftsverträge der beteiligten Unternehmen handeln dürfte, ist naheliegend und entspricht auch der den Verwaltungsvorgängen zu entnehmenden Praxis der registerführenden Stelle. Käme es hingegen – wie die Beklagte wohl annimmt – auf das gesetzliche Normalstatut und davon abweichend nur auf ohnehin zum Handelsregister zu meldende Tatsachen, wie den Ausschluss von der Vertretung der Gesellschaft an, bedürfte es einer entsprechenden Ermächtigung gar nicht. Denn dann ließen sich diese Umstände bereits den öffentlichen Registern entnehmen. Auch finden sich im von § 3 Abs. 2 Satz 4 GwG in Bezug genommenen § 290 Abs. 2–4 HGB Regelungen, die eindeutig klarstellen, dass ein beherrschender Einfluss durch gesellschaftsvertragliche Regelungen begründet werden kann. So spricht § 290 Abs. 2 Nr. 3 HGB konkret von einem Recht, auf Grund „einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens“ die Finanz- und Geschäftspolitik zu bestimmen. Warum ein solcher beherrschender Einfluss dann nicht auch durch gesellschaftsvertragliche Regelungen ausgeschlossen werden können soll, erschließt sich nicht. Dies entspricht im Übrigen auch, soweit erkennbar, der Auffassung zum § 290 Abs. 2 HGB.
74Vgl. etwa Bach, in: Koller/Kindler/Drüen, HGB, 10. Aufl. 2023, § 290, Rn. 4; Pfaff, in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl. 2024, § 296, Rn. 11 f., m. w. N.; Senger/Hoehne, in: Münchener Kommentar zum Bilanzrecht, 1. Aufl. 2013, § 290 HGB, Rn. 21.
75Etwas anderes mag bei individualvertraglichen Absprachen zur Beschränkung von Geschäftsführungsbefugnissen gelten. Eine solche ist aber vorliegend nicht streitgegenständlich. Zwischen den verbindlich gesellschaftsstatuierenden Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag und schuldrechtlichen außerhalb dieses ist zu unterscheiden.
76Vgl. etwa zum Einfluss schuldrechtlicher Stimmrechtsbeschränkungen BGH, Urteil vom 22. September 2020 – II ZR 399/18 –, juris Rn. 14 ff.
77Auf letztere fehlt der registerführenden Stelle abseits besonderer Anhaltspunkte auch jeglicher Zugriff. Die Besorgnis der Beklagten hinsichtlich möglicher Geheimklauseln oder Nichtausübungsabsprachen mit Blick auf die Verschleierung des tatsächlich wirtschaftlich Berechtigten ist hingegen bei ausdrücklicher Regelung im Gesellschaftsvertrag unbegründet.
78b. Frau J. N. übt darüber hinaus auch keine mittelbare Kontrolle über die Y. im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bzw. Satz 2–4 GwG aus.
79Es fehlt insofern jedenfalls an einem beherrschenden Einfluss gemäß § 3 Abs. 2 Satz 4 GwG i. V. m. § 290 Abs. 2 HGB. Die in § 290 Abs. 2 HGB vorgesehenen Regelbeispiele für einen beherrschenden Einfluss sind im Verhältnis der Frau J. N. zu der Y. nicht einschlägig.
80Insbesondere liegt aufgrund der Regelung zur Stimmrechtsverteilung in der Gesellschafterversammlung der Y. in § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags kein Fall des § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB vor. Frau J. N. vermag in der Gesellschafterversammlung trotz Mehrheit der Kapitalanteile im Verhältnis zu den übrigen Gesellschaftern nur entsprechend ihrer Kommanditanteile an der Verlagsgesellschaft N. Q. abstimmen. Ihr Stimmrechtsanteil liegt danach, wie festgestellt, bei etwa 00,000 Prozent und somit unter der erforderlichen Mehrheit von 50 Prozent plus eins der Stimmen.
81Frau J. N. steht auch nicht das Recht zu, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen (§ 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB) oder die Finanz- und Geschäftspolitik auf Grund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages oder auf Grund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen (§ 290 Abs. 2 Nr. 3 HGB). Umstände, die auf eine über die Abstimmung in der Gesellschafterversammlung hinausgehende diesbezügliche Handlungsmacht der Frau J. N. hindeuten würden, sind nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgetragen.
82Auch § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB ist vorliegend – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht einschlägig. Nach dieser Regelung besteht ein beherrschender Einfluss eines Mutterunternehmens (bzw. hier der natürlichen Person) stets, wenn es bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Zweckgesellschaft). Entscheidend für die Qualifizierung als Zweckgesellschaft ist die Eingrenzung des Unternehmens auf eine bestimmte Funktion. Sowohl die Zielsetzung als auch der Tätigkeitsbereich einer Zweckgesellschaft sind im Vergleich zu anderen Unternehmen so eingeschränkt, dass Veränderungen des äußeren Umfelds der Zweckgesellschaft keine wesentlichen Anpassungsnotwendigkeiten auslösen. Aufgrund der fehlenden Notwendigkeit laufender geschäftspolitischer Entscheidungen ist daher kein aktives Management erforderlich.
83Vgl. Grottel/Kehrer, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 290 HGB, Rn. 74.
84Bei der Y. handelt es sich nicht um eine solche Zweckgesellschaft. Denn Zweck dieser ist die Ausübung der Geschäftsführung der Verlagsgesellschaft N. Q., die wiederum zahlreiche eigene Tochterunternehmen im Medienbereich besitzt. Hierbei handelt es sich um eine komplexe Aufgabe, die umfangreiche Koordinierung und laufende Geschäftstätigkeit erfordert.
85Dementsprechend behauptet auch die Beklagte nicht, dass es sich bei der Y. tatsächlich um eine Zweckgesellschaft handelt. Sie geht vielmehr davon aus, dass aufgrund der gemäß § 3 Abs. 2 Satz 4 GwG lediglich entsprechenden Anwendung des § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB auf das Erfordernis einer Zweckgesellschaft verzichtet werden könne und der erforderliche beherrschende Einfluss allein aus dem Tragen der Mehrheit der Chancen und Risiken des Unternehmens, von dem im vorliegenden Fall der Kapitalanteilsmehrheit auszugehen sei, folge.
86Dem ist jedoch nicht zu folgen. Zunächst fehlt es bereits an einem entsprechenden Anhaltspunkt im Rahmen der gesetzlichen Verweisungskette. Warum gerade das Tatbestandsmerkmal „Zweckgesellschaft“ bei der entsprechenden Anwendung des § 290 Abs. 2–4 HGB ausgeklammert werden sollte, erschließt sich nicht. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Anwendungsbereich der Vorschrift durch eine Beschränkung auf das Merkmal des Tragens der Mehrheit der Risiken und Chancen bedeutend ausgeweitet würde. Hätte der Gesetzgeber diese Fälle (im Wesentlichen solche einer Mehrheitsbeteiligung am Gesellschaftskapital) erfassen wollen, hätte sich eine explizite Regelung angeboten. Dies wird auch dadurch verdeutlicht, dass er im Bereich des § 3 GwG bereits eigene Regelungen zur Kapitalbeteiligung geschaffen hat. So wird die wirtschaftliche Berechtigung gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GwG auch durch eine mittelbare Kapitalbeteiligung in Höhe von mehr als 25 Prozent begründet. Dafür, dass darüber hinaus die bloße Anteilsinhaberschaft auch Kontrolle im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bzw. Satz 2–4 GwG begründen sollte, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt. Die Unterscheidung zwischen der Anteilsinhaberschaft und der sonstigen Kontrolle eines Unternehmens ist bereits in der Vierten Geldwäscherichtlinie angelegt. So differenziert diese bei der Bestimmung des „wirtschaftlichen Eigentümers“ in Art. 3 Absatz 6 lit. (a)(i) zwischen direktem und indirektem Eigentum an mehr als 25 Prozent der Anteile einer Gesellschaft und anderen Formen der Kontrolle, die unter anderem anhand der Kriterien in Art. 22 Abs. 1 bis 5 der Richtlinie (EU) 2013/34, die in § 290 Abs. 2 bis 4 HGB inhaltlich aufgegriffen sind, bestimmt werden. Diese Unterscheidung nimmt der Gesetzgeber in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG explizit auf. Auch in § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG wird zwischen dem Halten von Kapitalanteilen, der Kontrolle von Stimmrechten und vergleichbarer Kontrolle unterschieden. Wäre die Mehrheit der Anteile zugleich ein Unterfall der „vergleichbaren Kontrolle“ bedürfte es dieser Unterscheidung nicht.
87Fehlt es demnach an der erforderlichen Kontrolle der Frau J. N. auf die Y., vermag die Beklagte diese zur Begründung der wirtschaftlichen Berechtigung auch nicht etwa unter Verweis auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 GwG durch das Eigentum an dieser zu ersetzen. Denn bezogen auf die Klägerin ist eine Kontrolle über Kapitalanteile durch Frau J. N. nicht gegeben, weil – wie oben bereits dargelegt – diese gerade nicht unmittelbar oder mittelbar 25 Prozent der Kapitalanteile hält.
88Für die von der Beklagten insoweit praktizierte isolierte Betrachtung der verschiedenen Beteiligungsebenen fehlt es an jedem Anhalt im Gesetz. Diese kann auch nicht über eine „geldwäscherechtliche Auslegung“ des § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB hergeleitet werden. Die Kombination von Eigentum und Kontrolle über mehrere Beteiligungsebenen kann nämlich gerade zu Fehldarstellungen hinsichtlich der tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten führen. Dies erschließt sich anhand des vorliegenden Falls unmittelbar. Da die Beklagte auf der Ebene der Verlagsgesellschaft N. Q. allein auf die tatsächliche Befugnis zur Geschäftsführung abstellt, und somit auf einen Unterfall der Kontrolle mittels eines beherrschenden Einflusses im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 3 und 4 GwG, auf der Ebene der Y. hingegen allein auf die Anteilsinhaberschaft, rechnet sie der Frau J. N. einen beherrschenden Einfluss zu, den diese tatsächlich gar nicht ausüben kann. Denn auch wenn die Geschäftsführer der Y. die Geschäfte der Verlagsgesellschaft N. Q. maßgeblich beeinflussen könnten, könnte Frau J. N. mangels Stimmrechtsmehrheit in der Gesellschafterversammlung der Y. diese weder selbst bestimmen noch zu einem bestimmten Verhalten anweisen. Allein die Inhaberschaft der Mehrheit der Kapitalanteile begründet keinen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft. Frau J. N. kann deshalb auch gerade nicht – wie von der Beklagten behauptet – bestimmen, dass auch nur eine einzelne Geschäftsbeziehung der Verlagsgesellschaft N. Q. – und erst recht nicht der Klägerin – begründet wird.
89Insofern stützt auch die von der Beklagten vorgeschlagene Unterscheidung zwischen rechtlichem Können und Dürfen letztlich die Argumentation der Klägerin. Denn Frau J. N. darf nicht nur keine Entscheidungen für die Klägerin treffen, sondern kann dies auch nicht. Weder kann sie Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Y. selbst herbeiführen noch wären solche ohne Einwilligung des Aufsichtsrates der Verlagsgesellschaft N. Q. wirksam. Dass die Geschäftsführer der Y. eine einzelne Geschäftsbeziehung der Verlagsgesellschaft N. Q. – und möglicherweise auch der Klägerin – begründen können, kann ihr demnach auch nicht zur Begründung ihrer eigenen wirtschaftlichen Berechtigung zugerechnet werden.
905. Ob außerhalb der gesetzlich normierten Regelbeispiele aufgrund anderer Umstände nach der Definition des wirtschaftlich Berechtigten in § 3 Abs. 1 Satz 1 GwG eine wirtschaftliche Berechtigung überhaupt in Betracht kommt, kann vorliegend offen bleiben.
91Vgl. dazu Kaetzler, in: Zentes/Glaab, Frankfurter Kommentar zum Geldwäschegesetz, Stand: 30. August 2022, § 3 Rn. 35.
92Denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bei Frau J. N. ein solcher Fall gegeben sein könnte.
93Insbesondere stellt sich die unmittelbare Beteiligung von Frau J. N. an der Verlagsgesellschaft N. Q. auch nicht als wesentliche Minderheitsbeteiligung im Verhältnis zu den im Übrigen nur deutlich geringeren Beteiligungen anderer Minderheitsgesellschafter dar.
94Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2023 – 4 B 352/22 –, juris Rn. 50; Kaetzler, in: Zentes/Glaab, Frankfurter Kommentar zum Geldwäschegesetz, Stand: 30. August 2022, § 3 Rn. 95; BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Stand: Oktober 2021, https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Auslegungsentscheidung/dl_ae_auas_gw.pdf?__blob=publicationFile&v=1, S. 45.
95Laut aktuellem Handelsregisterauszug der Verlagsgesellschaft N. Q. ist Frau J. N. mit 19,8468 Prozent der Kapitalanteile als Kommanditistin unmittelbar an der Verlagsgesellschaft N. Q. beteiligt. Daneben gibt es mit der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft mbH jedenfalls einen weiteren Gesellschafter mit einer die Beteiligung von Frau J. N. übersteigenden Beteiligung von 23,0830 Prozent.
96Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
97Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
98Rechtsmittelbelehrung
99Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1001. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
107Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
108Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
109Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
110Ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter ergeht der folgende
111Beschluss
112Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
1135.000,- €
114festgesetzt.
115Gründe
116Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 GKG).
117Rechtsmittelbelehrung
118Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
119Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
120Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
121Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.