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Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Gründe
2Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage (Az. 8 K 2972/24.A) gegen die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Mai 2024 ergangene Abschiebungsandrohung nach Rumänien anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Der zulässige Antrag ist unbegründet. Das Gericht darf die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Derartige Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung im Hauptsacheverfahren wahrscheinlich nicht standhält.
6Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris, Rn. 99.
7Solchen ernstlichen Zweifeln unterliegt die Abschiebungsandrohung bezüglich Rumänien in Ziffer 3 des angegriffenen Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) nicht.
8Die Abschiebungsandrohung in Bezug auf Rumänien kann im vorliegenden Einzelfall voraussichtlich in materiell rechtmäßiger Weise auf §§ 34 Abs. 1 Satz 1, 35, 36 Abs. 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 Nr. 2 (ein Fall von Nr. 4 liegt nicht vor) AsylG gestützt werden. Hiernach droht das Bundesamt dem Ausländer in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG – der Gewährung des internationalen Schutzes an den Ausländer durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union – die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.
9Der Asylantrag der Antragstellerin ist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig. Denn ihr ist ausweislich der behördlichen Erkenntnisse der Antragsgegnerin am 11. Juli 2023 in Rumänien – einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union – internationaler Schutz gewährt worden, nachdem die Antragstellerin dort am 23. Mai 2023 einen Asylantrag gestellt hatte.
10Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig dürfte vorliegend auch nicht deswegen ausgeschlossen sein, weil die Antragstellerin in Rumänien solche Lebensverhältnisse erwarten würde, die sie der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EU-GR-Charta zu erfahren
11Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32 (Asylverfahrensrichtlinie) dahin auszulegen, dass er einem Mitgliedstaat verbietet, von der durch diese Vorschrift eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen, weil dem Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat bereits die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz gewährt worden ist, wenn die Lebensverhältnisse, die ihn in dem anderen Mitgliedstaat erwarten würden, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta, der mit Art. 3 EMRK inhaltsgleich ist, zu erfahren.
12Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 – C-297/17 u. a. –, juris, Rn. 101.
13An das Vorliegen einer solchen Gefahr stellt der Europäische Gerichtshof sehr strenge Anforderungen. Im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gilt danach die Vermutung, dass die Behandlung der Antragsteller und Schutzberechtigten in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Allerdings kann nach der vorstehenden Rechtsprechung nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass ein ernsthaftes Risiko besteht, dass Antragsteller oder Schutzberechtigte bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist.
14Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 – C-163/17 –, juris, Rn. 82 f. und 87 bis 98.
15Art. 4 der EU-GR-Charta und in gleicher Weise auch Art. 3 EMRK sind dahin auszulegen, dass sie einer Überstellung entgegenstehen, wenn das zuständige Gericht feststellt, dass die Antragstellerin einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta zu erfahren, weil sie sich im Fall der Überstellung unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände.
16Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 – C-163/17 –, juris, Rn. 98; Beschluss vom 13. November 2019 – C-540/17 und C-541/17 –, juris, Rn. 39; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2019 – 2 BvR 1380/19 –, juris, Rn. 15.
17Dabei ist es für die Anwendung des Art. 4 EU-GR-Charta gleichgültig, ob es zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss dazu kommt, dass die betreffende Person auf Grund ihrer Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren. Die Überstellung eines Antragstellers oder Schutzberechtigten in einen Mitgliedstaat ist in all jenen Situationen ausgeschlossen, in denen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Überstellung oder infolge seiner Überstellung in eine solche Gefahr geraten wird. Insoweit ist das zuständige Gericht verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen. Derartige Schwachstellen fallen nur dann unter Art. 4 EU-GR-Charta, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt. Diese besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit ist erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hat, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar ist.
18Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 – C-163/17 –, juris, Rn. 87 bis 92; Beschluss vom 13. November 2019 – C-540/17 und C-541/17–, juris, Rn. 38 f..
19Eine erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EU-GR-Charta liegt nicht erst dann vor, wenn die betreffende Person ohne staatliche Hilfe dem Tod durch Hunger und Krankheit ausgesetzt wäre, sondern auch dann, wenn sie ohne staatliche Hilfe über einen längeren Zeitraum am Rande des wirtschaftlichen Existenzminimums dahinvegetieren müsste. Dies gilt auch, wenn das wirtschaftliche Existenzminimum zunächst gesichert ist, nachträglich aber wieder entfällt. Zudem reicht bereits ein relativ kurzer Zeitraum, während dessen sich eine Person in einer Situation extremer materieller Not befindet, aus, um einen Verstoß gegen Art. 4 EU-GR-Charta zu begründen. Anerkannte Schutzberechtigte, die vollständig auf staatliche Hilfe angewiesen sind, befinden sich bei Nichtgewährung des Existenzminimums im Aufnahmestaat in einer ausweglosen Situation, weil sie – was durch die Anerkennung als schutzberechtigt gerade zum Ausdruck kommt – anders als andere Drittstaatsangehörige der existentiellen Not im Aufnahmestaat nicht durch eine Rückkehr in ihr Heimatland ausweichen können.
20Vgl. die Nachweise bei VG Minden, Urteil vom 13. November 2019 – 10 K 7608/17.A –, juris, Rn. 40 ff.
21Große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person reichen nicht aus, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind. Das Fehlen familiärer Solidarität ist keine ausreichende Grundlage für die Feststellung einer Situation extremer materieller Not. Auch Mängel bei der Durchführung von Programmen zur Integration von Schutzberechtigten reichen für einen Verstoß gegen Art. 4 EU-GR-Charta nicht aus. Der bloße Umstand, dass im ersuchenden Mitgliedstaat die Sozialhilfeleistungen und/oder die Lebensverhältnisse günstiger sind als im normalerweise zuständigen Mitgliedstaat, kann nicht die Schlussfolgerung stützen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Überstellung tatsächlich der Gefahr ausgesetzt wäre, eine gegen Art. 4 EU-GR-Charta verstoßende Behandlung zu erfahren.
22Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 – C-163/17 –, juris, Rn. 93 f. und 96 f.; Beschluss vom 13. November 2019 – C-540/17 und C-541/17 –, juris, Rn. 39.
23Art. 4 EU-GR-Charta verpflichtet die Konventionsstaaten auch nicht, allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen das Recht auf eine Unterkunft und eine finanzielle Unterstützung zu gewährleisten, damit sie einen gewissen Lebensstandard haben.
24Vgl. zu Art. 3 EMRK: EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, EuGRZ 2011, 243, 245, Rn. 249.
25Erst recht lässt sich aus Art. 4 EU-GR-Charta kein Anspruch auf Bevorzugung gegenüber der einheimischen Bevölkerung herleiten.
26Vgl. zu Art. 3 EMRK: EGMR, Urteil vom 13. Dezember 2016 – 41738/10 –, NVwZ 2017, 1187, Rn. 189.
27Schutzberechtigte müssen sich auf den für Staatsangehörige des schutzgewährenden Landes vorhandenen Lebensstandard verweisen lassen (siehe etwa Art. 26 Abs. 2 und 3, Art. 29 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1 Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU). Durch Missstände im sozialen Bereich wird die Eingriffsschwelle von Art. 4 EU-GR-Charta nur unter strengen Voraussetzungen überschritten. Neben den rechtlichen Vorgaben ist dabei aber auch auf den (Arbeits-)Willen und reale Arbeitsmöglichkeiten abzustellen; zudem sind die persönlichen Entscheidungen des Betroffenen zu berücksichtigen.
28Vgl. die Nachweise bei VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid vom 25. Mai 2020 – 1a K 9184/17.A –, juris, Rn. 55 ff.
29Unter Umständen ist weiter auch die spezifische Situation des Betroffenen in den Blick zu nehmen. Dabei muss zwischen gesunden und arbeitsfähigen Flüchtlingen sowie besonders vulnerablen Gruppen mit besonderer Verletzbarkeit (z. B. Kleinkinder, minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, Hochschwangere, erheblich Erkrankte etc.) unterschieden werden. Bei Letzteren ist der Schutzbedarf naturgemäß anders bzw. höher.
30Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. Juli 2019 – A 4 S 749/19 –, juris, Rn. 41; vgl. auch Hess. VGH, Beschluss vom 11. Januar 2021 – 3 A 539/20.A –, juris, Rn. 24.
31Ausgehend hiervon droht der Antragstellerin im Falle einer Abschiebung nach Rumänien voraussichtlich keine unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. In Rumänien stellt sich die Lage nach den Erkenntnissen wie folgt dar:
32International Schutzberechtigte haben Zugang zu Bildung, Wohnungen, Erwachsenenbildung, Arbeit, öffentlicher Gesundheitsfürsorge und Sozialleistungen.
33Vgl. BFA: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Rumänien, 4. September 2023, S. 11; United States Department of State, Country Reports on Human Rights Practices for 2021, Romania, S. 19; Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 5. Dezember 2017, Gz. 508-516.80/49833, S. 4 f., und Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover vom 4. Februar 2022, Gz. 508-516.80/54385, S. 3 f.
34International Schutzberechtigte, die am staatlichen Integrationsprogramm teilnehmen und nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, können abhängig von deren Auslastung in den für die Unterbringung von Schutzsuchenden vorgesehenen staatlichen Regionalzentren wohnen. Sie dürfen dort zunächst für sechs Monate bleiben mit der Möglichkeit der Verlängerung um weitere sechs Monate in begründeten Fällen. Nach drei Monaten sind sie nach Art. 21 Abs. 5 der Eilverordnung der Regierung Nr. 44/2004 verpflichtet, hierfür Miete und Nebenkosten zu entrichten.
35Vgl. Asylum Information Database (AIDA), Country Report: Romania – 2022 Update, S. 152; Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 5. Dezember 2017, Gz. 508-516.80/49833, S. 5 f., und Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover vom 4. Februar 2022, Gz. 508-516.80/54385, S. 3 f.
36Die Höhe der Miete variiert nach den einzelnen Regionalzentren. Die Mietkosten können von Nichtregierungsorganisationen (im Folgenden: NGOs) übernommen werden, bis Schutzberechtigte andere Finanzhilfen erhalten.
37Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 153.
38Für besonders schutzbedürftige Personen – unbegleitete Minderjährige, Personen mit Behinderung, schwangere Frauen, Opfer von Menschenhandel oder Alleinerziehende mit noch nicht erwachsenen Kindern – besteht nach Art. 34 Abs. 2 und Abs. 3 der Eilverordnung der Regierung Nr. 44/2004 zusätzlich die Möglichkeit, unabhängig von einer Teilnahme am Integrationsprogramm bis zur Feststellung der Beendigung dieser besonderen Schutzgründe kostenlos in Aufnahmeeinrichtungen untergebracht zu werden.
39Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 152; Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 5. Dezember 2017, Gz. 508-516.80/49833, S. 5, und Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover vom 4. Februar 2022, Gz. 508-516.80/54385, S. 3 f.
40Zusätzlich hat der Jesuit Refugee Service (JRS) das Projekt „A New House“ in allen Regionalzentren eingeführt, finanziert durch das Nationalprogramm des Asylum, Migration and Integration Funds der Europäischen Union (AMIF), das die Miet- und Nebenkosten von international Schutzberechtigten zum Teil oder insgesamt trägt.
41Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 153.
42Die Regionalzentren verfügen über eine ausreichende Kapazität. Zum 1. Januar 2022 waren von den 751 verfügbaren Plätzen 501 belegt, davon 221 durch international Schutzberechtigte.
43Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2021 Update, S. 110 und 171.
44International Schutzberechtigte haben denselben Rechtsanspruch auf Zugang zu Sozialwohnungen gemäß Art. 20 Abs. 1 des rumänischen Asylgesetzes wie rumänische Staatsbürger. Nach Abschluss des staatlichen Integrationsprogramms oder sobald Schutzberechtigte eine Arbeit finden, hat nach Art. 28 der Eilverordnung der Regierung Nr. 44/2004 das General Inspectorate for Immigration – Directorate for Asylum and Integration (IGI-DAI) die betreute Person einer Gemeinde zuzuführen, in der freie Stellen zur Verfügung stehen, und sie zu informieren, wie sie eine Sozialwohnung beziehen kann.
45Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 153 f.
46Nach der Auskunftslage stehen aber Sozialwohnungen nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung, sodass international Schutzberechtigte überwiegend auf den freien Wohnungsmarkt angewiesen sind. Für eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt übernimmt das IGI für einen Zeitraum von maximal einem Jahr 50% der Mietkosten. Mietzuschüsse werden darüber hinaus auch im Rahmen EU-geförderter Projekte gewährt.
47Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 154.
48Zwar ist international Schutzberechtigten die Anmietung einer Unterkunft auf dem freien Wohnungsmarkt im Vergleich zu rumänischen Staatsbürgern jedenfalls dann erschwert, wenn sie der rumänischen Sprache nicht mächtig sind. Es wird auch von Schwierigkeiten berichtet, einen Mietvertrag zu erhalten, der die von den Behörden geforderten Bedingungen für einen registrierten Wohnsitz erfüllt, da die Vermieter den Behörden oftmals nicht mitteilen wollen, dass sie ihre Wohnungen vermietet haben.
49Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Rumänien, 4. September 2023, S. 11.
50Es gibt jedoch keine Berichte darüber, dass international Schutzberechtigte der Obdachlosigkeit anheimfallen, also gezwungen sind, ohne Zugang zu sanitären Einrichtungen oder Nahrungsmitteln auf der Straße zu leben, ohne ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen. Das vollständige Fehlen von Hinweisen auf extreme materielle Not bei gleichzeitiger vielseitiger Berichterstattung über Beschwernisse oberhalb extremer Armut lässt nur den Schluss zu, dass extreme Not nicht oder allenfalls äußerst ausnahmsweise auftritt.
51Vgl. auch VG Cottbus, Urteil vom 1. April 2021 – 5 K 1582/17.A –, juris, Rn. 29, m. w. N.
52Im Vergleich mit anderen EU-Mitgliedstaaten – etwa Italien oder Griechenland – hat Rumänien deutlich weniger Asylverfahren zu bearbeiten und anerkannte Schutzberechtigte zu integrieren. So wurden im Jahr 2022 nur 12.368 Asylanträge gestellt und in 1.013 Fällen wurde der internationale Schutz gewährt.
53Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 8.
54Die o. g. Leistungen stehen auch rückgeführten anerkannten Schutzberechtigten zu.
55Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 5. Dezember 2017, Gz. 508-516.80/49833, S. 5, und Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover vom 4. Februar 2022, Gz. 508-516.80/54385, S. 1, 3 f.
56Sowohl die Ausstellung als auch die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis durch die rumänischen Behörden bereiten in der Praxis keine Probleme.
57Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 137.
58Die im Zuge des Angriffskrieges der Russischen Föderation auf die Ukraine erfolgte Fluchtbewegung von Ukrainern auch nach Rumänien begründet nicht die Gefahr für die Antragstellerin, bei einer Rückkehr nach Rumänien keine menschenwürdige Unterkunft zu finden. Rumänien registrierte rund 80.000 ukrainische Flüchtlinge, die aber nicht in den allgemeinen Aufnahmezentren aufgenommen wurden, sondern vor allem privat organisierte Unterkünfte gefunden haben. Über 8.000 Ukrainer wurden zudem in öffentlichen Gebäuden und Schulen untergebracht.
59Vgl. Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 20. Juli 2022, S. 2 f.
60Anerkannte international Schutzberechtigte haben Zugang zum Arbeitsmarkt. Sie sind rumänischen Staatsbürgern hinsichtlich des Zugangs zum Arbeitsmarkt gemäß Art. 20 Abs. 2 des rumänischen Asylgesetzes gleichgestellt. Das Recht auf Zugang zum rumänischen Arbeitsmarkt besteht bereits nach dreimonatigem Aufenthalt, auch wenn das Asylverfahren noch anhängig ist. Erst recht wird dieser Zugang anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten gewährt. Erlaubt sind sowohl selbstständige Arbeit als auch abhängige Beschäftigungsverhältnisse.
61Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Rumänien, 4. September 2023, S. 11 f.; AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 154.
62Nach der Auskunftslage können international Schutzberechtigte in Rumänien trotz berichteter Schwierigkeiten eine Arbeit finden. In der Praxis können mangelnde Kenntnisse der rumänischen Sprache, und in einigen Fällen der englischen Sprache, den Zugang zum Arbeitsmarkt behindern. Der Zugang zum Arbeitsmarkt hängt dabei auch von der Wirtschaftskraft der Stadt oder Region ab.
63Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Rumänien, 4. September 2023, S. 12.
64Den Schutzberechtigten werden beim Zugang zum Arbeitsmarkt staatliche Unterstützungen gewährt. In Rumänien ist jede Behörde (Innenministerium, Bildungsministerium, Arbeitsministerium, Gesundheitsministerium, etc) in ihrem jeweiligen Fachgebiet für die Integration von ausländischen Staatsangehörigen verantwortlich. Die Koordination liegt bei dem beim Innenministerium angesiedelten IGI. Die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen umfassen zum einen den Zugang zu Arbeit, Wohnung, Bildung, Krankenversorgung und Sozialleistungen, zum anderen die Umsetzung spezieller Integrationsprogramme zum Erwerb der rumänischen Sprache sowie kultureller und staatsbürgerlicher Bildung.
65Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Rumänien, 4. September 2023, S. 11.
66Um diese Ziele zu erreichen, unterstützt das IGI über seine Regionalzentren und im Rahmen eines bis zu zwölfmonatigen Integrationsprogramms die Schutzberechtigten mit verschiedenen Maßnahmen. Das Programm kann in Ausnahmefällen bei entsprechender Begründung sowie insbesondere bei Vulnerablen über die vorgesehene maximale Dauer von einem Jahr hinaus verlängert werden. Die Teilnahme am Migrationsprogramm muss binnen 90 Tagen ab Statuszuerkennung beantragt werden.
67Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Rumänien, 4. September 2023, S. 11.
68Des Weiteren wird den Schutzberechtigten die Teilnahme an einem Sprachkurs ermöglicht. Arbeitslose Berechtigte können zudem Umzugs-, Mobilitäts- oder sonstige Beihilfen erhalten, um sich in wirtschaftlich stärkeren Teilen des Landes niederzulassen und eine Arbeit zu finden. Die angebotenen Leistungen stehen auch rückgeführten anerkannten Schutzberechtigten zu.
69Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Rumänien, 4. September 2023, S. 12.; Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 5. Dezember 2017, Gz. 508-516.80/49833, S. 5, und Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover vom 4. Februar 2022, Gz. 508-516.80/54385, S. 3 f.
70Die rumänische Nationalbank hat auf die von Schutzberechtigten berichteten Schwierigkeiten reagiert, Konten zu eröffnen, und erklärt, dass Banken verpflichtet sind, jedem ein Konto zu eröffnen. Trotz der noch immer bestehenden Schwierigkeiten finden sich in allen Landesteilen Banken, die auch international Schutzberechtigten ein Konto eröffnen.
71Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 139.
72NGOs unterstützen Schutzberechtigte, eine Arbeit zu finden. In Kooperation der Global Help Association, der Internationalen Organisation für Migranten (IOM) und der Ökumenischen Vereinigung der Kirchen in Rumänien (AIDRom) wurde in Giugiu ein regionales Integrationszentrum eröffnet. Aufgabe des Zentrums ist es, die soziale Eingliederung von Personen mit internationalem Schutzstatus und anderen Drittstaatsangehörigen unterstützen, die sich in den Bezirken Giurgiu, Calarasi, Ialomita, Teleorman, Olt und Dolj im Südosten Rumäniens niedergelassen haben. Das Zentrum bietet Unterstützung in Form von Informationen, Beratung, Bildung, kulturellen und sozialen Dienstleistungen und Sachleistungen und erleichtert Flüchtlingen und Migranten den Zugang zu Wohnraum, Gesundheitsversorgung und zum Arbeitsmarkt.
73Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Rumänien, 4. September 2023, S. 12.
74Nach Auskunftslage sind Arbeitsplätze verfügbar, auch wenn das Lohnniveau regelmäßig recht gering ist. Insbesondere im Westen des Landes übersteigt das Angebot an Arbeitsplätzen die Anzahl der zur Verfügung stehenden Arbeitnehmer. Dort werden Arbeitskräfte selbst für unqualifizierte Arbeit gesucht. Hinderungsgründe, Arbeit in Rumänien finden zu können, bestehen insofern jedenfalls dann nicht, wenn von den Integrationsangeboten zur Sprachförderung und gegebenenfalls zur Qualifizierung Gebrauch gemacht und eine vergleichsweise niedrige Entlohnung in Kauf genommen wird.
75Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2025 Update, S. 154 ff.; Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 5. Dezember 2017, Gz. 508-516.80/49833, S. 7 f., und Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover vom 4. Februar 2022, Gz. 508-516.80/54385, S. 3 f.
76Die nach Rumänien geflüchteten Ukrainer haben die Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht wesentlich verändert. Da ein erheblicher Teil von ihnen aufgrund ihres Alters (ältere Menschen oder Kinder) oder aufgrund der Verantwortung für die Kinderbetreuung nicht arbeiten kann, sind in Rumänien weiterhin Arbeitsstellen auf dem offiziellen Arbeitsmarkt für Personen mit internationalem Schutzstatus verfügbar.
77Vgl. Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 20. Juli 2022, S. 3.
78Der rumänische Staat gewährt Personen und Familien, deren monatliches Prokopfeinkommen bei 200 Lei oder darunter liegt, abhängig von den individuellen Umständen finanzielle Unterstützung durch geldwerte Leistungen und Sachleistungen, z. B. die kostenlose Bereitstellung von Strom und Heizung.
79Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 5. Dezember 2017, Gz. 508-516.80/49833, S. 6, und Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover vom 4. Februar 2022, Gz. 508-516.80/54385, S. 3 f.
80Daneben stehen im Bedarfsfall auch Sozialleistungen in Form von Geldleistungen an Schutzsuchende und Schutzberechtigte zur Verfügung.
81Personen mit internationalem Schutzstatus, die aus objektiven Gründen nicht über die notwendigen Mittel zum Lebensunterhalt verfügen, haben auf Antrag im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Staates Anspruch auf eine monatliche Beihilfe für einen Zeitraum von höchstens zwölf Monaten. Die Höhe der Beihilfe steht im Zusammenhang mit dem sozialen Referenzindikator gemäß den durch Regierungsbeschluss festgelegten Bedingungen. Um die Beihilfe zu erhalten, müssen international Schutzberechtigte an dem staatlichen Integrationsprogramm teilnehmen.
82Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 160 ff.
83Bargeldleistungen werden nach Anerkennung zunächst in Höhe des an Asylbewerber ausgezahlten Betrages (10 Lei pro Tag, entspricht ca. 68 € monatlich) für einen Zeitraum von zwei Monaten fortgezahlt. Danach erhalten anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte Zuschüsse in Höhe von monatlich 540 Lei (ca. 120 €) für einen Zeitraum von sechs Monaten mit der Möglichkeit der Verlängerung um weitere sechs Monate.
84Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Rumänien, 4. September 2023, S. 11 f.; Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 5. Dezember 2017, Gz. 508-516.80/49833, S. 6, und Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover vom 4. Februar 2022, Gz. 508-516.80/54385, S. 3 f.
85Die für die Gewährung der Beihilfe zuständige Behörde ist die Bezirksagentur für Zahlungen und Sozialaufsicht (Agenția Județeanăpentru Plățiși Inspecție Socială, AJPIS).
86Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 162.
87Daneben leisten auch karitative Einrichtungen und verschiedene NGOs im Rahmen unterschiedlicher meist EU-geförderter Projekte konkrete Hilfestellung. Die staatlichen und zivilgesellschaftlichen Unterstützungsleistungen für international Schutzberechtigte gehen dabei teilweise sogar über das hinaus, was rumänischen Staatsangehörigen im Fall ihrer Hilfsbedürftigkeit angeboten wird.
88Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 5. Dezember 2017, Gz. 508-516.80/49833, S. 4 f., und Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover vom 4. Februar 2022, Gz. 508-516.80/54385, S. 3 f.
89Des Weiteren haben Personen mit internationalem Schutzstatus, die am Integrationsprogramm teilnehmen, unter denselben Voraussetzungen wie rumänische Staatsangehörige Anspruch auf Sozialhilfe in Form des garantierten Mindesteinkommens.
90Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 164.
91Auch die medizinische Versorgung ist in Rumänien gewährleistet. Anerkannte Schutzberechtigte haben in Rumänien denselben Zugang zur Gesundheitsversorgung durch die gesetzliche Krankenversicherung wie rumänische Staatsbürger. Soweit Personen, die keiner Arbeit nachgehen, Krankenversicherungsbeiträge entrichten müssen, können sie diese unter Umständen (jedenfalls zum Teil) von NGOs erstattet bekommen. Nichtversicherte Personen haben Zugang zu medizinischer Notfallversorgung.
92Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 164; Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 5. Dezember 2017, Gz. 508-516.80/49833, S. 4, und Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover vom 4. Februar 2022, Gz. 508-516.80/54385, S. 3 f.
93NGOs leisten auch Unterstützung bei der Überwindung praktischer Hindernisse, die sich für Personen mit internationalem Schutz aus Unkenntnis des rumänischen Gesundheitssystems etwa beim Zugang zum sog. Krankenversicherungshaus (Casa de Asigurări de Sănatate, CAS) oder zu einer hausärztlichen Versorgung ergeben können.
94Vgl. AIDA, Country Report: Romania – 2022 Update, S. 164.
95Ausgehend von oben dargestelltem Maßstab und den ausgeführten Erkenntnissen wird die Antragstellerin im Falle einer Rückkehr nach Rumänien keiner ernsthaften Gefahr ausgesetzt sein, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK zu erfahren. Es ist nicht zu erwarten, dass sie sich infolge der Gleichgültigkeit der rumänischen Behörden unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befinden wird, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden. Gründe, aus denen sich in dieser Hinsicht Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides ergeben könnten, hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich.
96Ferner ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass in Bezug auf Rumänien die Voraussetzungen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots für die Antragstellerin nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen könnten.
97Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
98Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.