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1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,- € festgesetzt.
Gründe
2A. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen nicht die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung – ZPO -).
3B. Der – sinngemäß gestellte – Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums mit dem Aktenzeichen 6 K 7278/24 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 15. Oktober 2024 hinsichtlich der Fahrerlaubnisentziehung wiederherzustellen,
5hat keinen Erfolg.
6Der auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Fahrerlaubnisentziehung gerichtete Antrag ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO statthaft. Die Klage hat insofern nicht schon kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung (vgl. § 80 Abs. 1 VwGO), weil die Antragsgegnerin in der Entziehungsverfügung vom 15. Oktober 2024 die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat. Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig.
7Er hat in der Sache keinen Erfolg.
8I. Die in dem Bescheid verfügte Anordnung der sofortigen Vollziehung ist zunächst formell rechtmäßig, insbesondere sind die sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden Begründungserfordernisse gewahrt. Nach dieser Vorschrift ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Die Behörde genügt dem formalen Begründungserfordernis, wenn sie schlüssig und konkret darlegt, aus welchen Gründen sie gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung als gegeben ansieht und das Interesse des Rechtsbehelfsführers am Bestehen der gesetzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung zurückzutreten hat.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2002 – 1 DB 2.02 -, juris, Rn. 6; OVG NRW, Beschlüsse vom 15. November 2021 - 2 B 940/21 -, juris, Rn. 11, und vom 11. Dezember 2015 - 2 B 1214/15 -, juris, Rn. 9.
10Die Antragsgegnerin hat die Vollziehungsanordnung schriftlich gesondert begründet und ausgeführt, dass die weitere Teilnahme des als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehenden Antragstellers am Straßenverkehr ein Gefahrenrisiko darstelle, das jederzeit in einen Sach- oder Personenschaden umschlagen könne; vor diesem Hintergrund könne nicht bis zum Abschluss eines möglichen Hauptsacheverfahrens zugewartet werden. Insbesondere könnten im Fall des Antragstellers aggressive Impulse – auch sofort – zu Fehlverhaltensweisen im Straßenverkehr führen.
11Diese Begründung genügt dem formalen Begründungserfordernis. Sie lässt Gründe erkennen, aus denen die Antragsgegnerin gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung angenommen hat.
12II. Die in der Sache vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Gunsten des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung aus.
13Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt wiederherstellen, wenn bei einer Interessenabwägung das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung vorrangig ist. Ein überwiegendes privates Aussetzungsinteresse ist gegeben, wenn der Rechtsbehelf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird, das heißt, wenn die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtswidrig ist. Hingegen setzt sich das gegenläufige öffentliche Vollzugsinteresse durch, wenn die angefochtene Ordnungsverfügung als offensichtlich rechtmäßig anzusehen ist und darüber hinaus ein besonderes öffentliches Interesse an ihrer Umsetzung vor Abschluss des Rechtsschutzverfahrens in der Hauptsache besteht.
14Dies zugrunde gelegt überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse.
15Die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 15. Oktober 2024 ist nach der gebotenen summarischen Prüfung rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten und es besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung.
161. a. Die Entziehung der Fahrerlaubnis findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) i.V.m. § 46 Abs. 1 und 3 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV).
17Durchgreifende, zu Erfolgsaussichten des Antrags führende Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung bestehen zunächst nicht. Insbesondere wurde der Antragsteller mit Schreiben vom 13. September 2024 zu der beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis angehört (vgl. zum Anhörungserfordernis: § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - VwVfG NRW -). Dass die Antragsgegnerin den Antragsteller vorliegend bereits mit Schreiben vom 13. September 2024 und damit vor Ablauf der Frist zur Gutachtenbeibringung (am 27. September 2024) zu der beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis angehört hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken, da nach der Ankündigung des Antragstellers, kein Gutachten vorzulegen, zu diesem Zeitpunkt bereits feststand, dass dieser das Gutachten nicht beibringen würde. Der Antragsteller hatte mit E-Mail vom 5. September 2024 (Bl. 269 der Beiakte - BA -) sogar darum gebeten, ihm die Fahrerlaubnis schon frühzeitig, vor Ablauf der Frist zu entziehen.
18Vgl. zur Entziehung der Fahrerlaubnis vor Ablauf der Frist zur Gutachtenbeibringung: VG München, Beschluss vom 19. März 2019 - M 26 S 18.5538 -, juris, Rn. 43.
19b. Die materiellen Voraussetzungen der mit Verfügung vom 15. Oktober 2024 ausgesprochenen Fahrerlaubnisentziehung liegen ebenfalls vor.
20Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde einem Kraftfahrzeugführer die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der Fahrerlaubnisverordnung vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Voraussetzung der Entziehung ist dabei grundsätzlich, dass die Nichteignung positiv festgestellt wird. Wenn Tatsachen bekannt werden, die (lediglich) Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde hingegen unter den in den §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen bzw. medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§§ 3 Abs. 1 Satz 3, 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV) und je nach Ergebnis der Eignungsuntersuchung in einem zweiten Schritt eine Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis zu treffen. Wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder wenn er das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen.
21Dies zugrunde gelegt lagen beim Antragsteller die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis bei der gebotenen summarischen Prüfung vor. Die Antragsgegnerin durfte aus dem Umstand, dass der Antragsteller das von ihm geforderte fachärztliche Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie mit dem zusätzlichen Fachgebiet „Verkehrsmedizin“ oder eines ärztlichen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung nicht vorgelegt hat, auf dessen Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen und ihm die Fahrerlaubnis entziehen (vgl. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV i.V.m. § 46 Abs. 3 FeV).
22aa. Aus der Nichtbeibringung eines von der Fahrerlaubnisbehörde verlangten Gutachtens darf nur dann nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Fahrungeeignetheit des Betroffenen geschlossen werden, wenn die Anordnung, ein solches Gutachten beizubringen, in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig, namentlich anlassbezogen und verhältnismäßig war und die nicht fristgemäße Vorlage des Gutachtens ohne ausreichenden Grund erfolgte.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 -, juris, Rn. 22; OVG NRW, Beschlüsse vom 14. November 2014 - 16 E 886/14 -, juris, Rn. 5 und vom 16. Mai 2012 - 16 A 1782/11 -, juris, Rn. 11.
24Da eine Gutachtensanordnung nicht selbstständig anfechtbar ist, sondern nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen eine daran anknüpfende Fahrerlaubnisentziehung oder sonstige in Rechte des Betroffenen eingreifende Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde inzident auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden kann, ist es ein Gebot effektiven Rechtsschutzes, an die Begutachtungsanordnung strenge Anforderungen zu stellen. Diese muss im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein. Für den Betroffenen muss ausgehend von der für die jeweilige Fallgestaltung in Betracht kommenden Befugnisnorm in der Fahrerlaubnis-Verordnung erkennbar sein, was der Anlass für die angeordnete Untersuchung ist und ob die in ihr aufgeführten Gründe die behördlichen Bedenken an der Kraftfahreignung rechtfertigen. Denn nur auf der Grundlage dieser Information kann er sachgerecht einschätzen, ob er sich trotz der mit einer Untersuchung verbundenen Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts und der Kostenbelastung der Begutachtung stellen oder die mit der Verweigerung der Begutachtung verbundenen Risiken eingehen möchte.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. November 2014 - 16 E 886/14 -, juris, Rn. 7, m.w.N.
26bb. Die Gutachtensaufforderung vom 24. Juni 2024, hinsichtlich der Fragestellung korrigiert durch das Schreiben vom 8. Juli 2024, ist in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig.
27Rechtsgrundlage für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens ist § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 FeV. Danach kann die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens angeordnet werden, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung begründen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere dann, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen.
28Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
29Die Gutachtensaufforderung ist zunächst formell rechtmäßig. Sie enthält alle nach § 11 Absätze 6 und 8 FeV notwendigen Mitteilungen und Hinweise.
30Sie ist auch materiell rechtmäßig ergangen. Vorliegend sind Tatsachen bekannt geworden, die auf eine Erkrankung nach Ziffer 7 der Anlage 4 zur FeV hinweisen.
31So lässt sich der Stellungnahme des Herrn Dr. S. C., Chefarzt der Psychiatrie der N.-Klinik W., und des Herrn Prof. Dr. M. O., Chefarzt der Neurologie der N.-Klinik W., vom 7. November 2022 (Bl. 230 ff. BA) sowie den Feststellungen des Landgerichts Düsseldorf im Urteil vom 5. August 2019 (7 Ks-10 Js 6/19 - 1/19) (Bl. 50 ff., 97 ff. BA) entnehmen, dass beim Antragsteller eine paranoide Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wurde. In der Stellungnahme vom 7. November 2022 wird zusammenfassend festgestellt, dass der Antragsteller an einer psychischen Störung mit überdauerndem Wahnerleben leide, das medikamentös teilweise gedämpft werden könne. Es blieben zusätzlich paranoide und narzisstische Persönlichkeitszüge. Infolgedessen falle es dem Antragsteller äußerst schwer, juristische und soziale Grenzen zu akzeptieren (Bl. 231 BA). Nach den Feststellungen des Landgerichts Düsseldorf liegt bei dem Antragsteller eine paranoide Persönlichkeitsstörung mit damit differentialdiagnostisch einhergehender anhaltender wahnhafter Störung in der Untergruppe der querulatorischen Störung mit deutlichen narzisstischen Persönlichkeitsstörungsanteilen vor (Bl. 97 BA).
32Die (auch medikamentös) behandlungsbedürftige psychische Erkrankung kann Auswirkungen auf die Fahreignung haben. Ob hiervon bereits mit Blick auf eine Nennung der Erkrankung in der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung bzw. in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung auszugehen ist, namentlich, ob die Erkrankung des Antragstellers unter die in Ziff. 7.6 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung bzw. in Ziffer 3.12.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung genannten „Schizophrenen Psychosen“ fällt, kann vorliegend offenbleiben. Die Aufzählung in der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung/in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung ist nicht abschließend. Denn sie enthält nur Erkrankungen und Mängel, die typischerweise die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen über längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können, während Erkrankungen, die seltener vorkommen oder nur kurzzeitig andauern, nicht aufgenommen sind (vgl. Vorbemerkung 1 zur Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung, vgl. Ziffer 2.4 der Begutachtungsleitlinien). Auch Krankheitsbilder, die nicht aufgelistet sind, können danach für die Feststellung der individuellen Fahreignung bedeutsam sein. Während aber die Erkrankungen, die in der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung und den Begutachtungsleitlinien genannt sind, die Vermutung der Fahreignungsrelevanz in sich tragen, ist bei sonstigen Erkrankungen neben der Frage des Vorliegens bzw. des Ausprägungsgrades auch zu fragen, ob ein hinreichend enger Zusammenhang mit den spezifischen Anforderungen der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr gegeben ist.
33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. März 2015 - 16 A 1741/13 -, juris, Rn. 32.
34Letzteres ist bezogen auf die beim Antragsteller diagnostizierte paranoide Persönlichkeitsstörung und die herangezogenen Sachverhalte, die zur Verurteilung des Antragstellers und seiner Unterbringung in der N.-Klinik geführt haben, ersichtlich der Fall. Die Persönlichkeitsstörung hatte erheblichen Einfluss auf das Handeln und die Wahrnehmung des Antragstellers. Nach der Diagnosebeschreibung im ICD-10 Katalog von 2025 (https://klassifikationen.bfarm.de/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2025/block-f60-f69.htm, zuletzt abgerufen am 20. Dezember 2024) ist die paranoide Persönlichkeitsstörung durch übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung, Nachfragen von Kränkungen, durch Misstrauen, sowie eine Neigung, Erlebtes zu verdrehen gekennzeichnet, indem neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich missgedeutet werden, wiederkehrende unberechtigte Verdächtigungen hinsichtlich der sexuellen Treue des Ehegatten oder Sexualpartners, schließlich durch streitsüchtiges und beharrliches Bestehen auf eigenen Rechten. Die paranoide Tönung seiner Gedankenwelt machte nach den Feststellungen des Landgerichts im Urteil vom 5. August 2019 das gesamte Erleben des Antragstellers aus, woran dieser sodann sein Handeln anknüpfte (Bl. 97 BA). Nach den Feststellungen des Landgerichts stellte der Antragsteller seit 2017 seiner Ex-Freundin nach, drohte ihr, ihrer Familie und ihren Freunden und ließ sich hieran auch von Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz nicht hindern, sondern bedrohte die zuständige Richterin und die Polizeibeamten. Der Antragsteller zeigte nach der Stellungnahme vom 7. November 2022 auch nach seiner Verhaftung und Unterbringung in der N.-Klinik in W. wiederholt ein deliktsnahes Verhalten. So nahm er unerlaubt Kontakt zu einer Freundin seiner Ex-Freundin auf, die diesen Vorgang zur Anzeige brachte. Der Antragsteller beschwerte sich daraufhin gemäß der Stellungnahme wiederholt und in einem Maße telefonisch bei der Polizeiinspektion V., dass diese mit der N.-Klinik Kontakt mit der Bitte aufnahm, die andauernden Telefonanrufe zu unterbinden (Bl. 231 BA). Die diagnostizierte Persönlichkeitsstörung und das von dem Antragsteller an den Tag gelegte exzessive Verhalten sind erkennbar geeignet, sein Urteilsvermögen zu beeinträchtigen und Zweifel hinsichtlich der Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs zu begründen.
35Die Antragsgegnerin hat insofern ihre Bedenken bezüglich der Fahreignung des Antragstellers in der Gutachtensaufforderung schlüssig dargelegt. Sie hat darauf abgehoben, dass die psychische Störung das Realitätsurteil des Antragstellers in erheblichem Maß beeinträchtigen könne und in unvorhergesehenen Situationen aufgrund einer möglichen Überschreitung der psychischen und/oder körperlichen Belastbarkeit ein Zusammenbruch der motorischen Funktionen und damit eine erhebliche Unfallgefahr (auch für andere Verkehrsteilnehmer) drohe.
36Es bestehen nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Diagnose über die psychische Erkrankung vom November 2022 bzw. die Feststellungen des Sachverständigen G.-E., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie im Zuge des Strafverfahrens vor dem Landgericht Düsseldorf heute als überholt anzusehen wären. Der Antragsteller hat die von der Antragsgegnerin vor der Gutachtensaufforderung mit Schreiben vom 3. Januar 2024 erbetene aktuelle fachärztlich-psychiatrische Bescheinigung zu seinen Erkrankungen/Diagnosen und der aktuellen Medikation nicht vorgelegt. Dass die vorgenannte Diagnose überholt ist, ergibt sich – anders als der Antragsteller meint – auch nicht aus der Mail von Herrn Prof. Dr. D. Y. vom 6. November 2023 (Bl. 192 BA). In dieser bezieht sich Herr Prof. Dr. Y. auf eine von ihm abgegebene Stellungnahme im Rahmen eines gerichtlichen Anhörungstermins, wonach der Antragsteller unter der Behandlung und unter den partiell symptomsuppressiven Neuroleptika sehr wahrscheinlich in seiner Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit nicht erheblich beeinträchtigt gewesen sei. Diese für sich schon nicht aussagekräftige Bezugnahme auf eine frühere Aussage des Arztes ohne gleichzeitige Offenlegung der Beurteilungsgrundlagen, stellt die Diagnose des Antragstellers und das Vorliegen einer psychischen Erkrankung nicht infrage. Soweit der Antragsteller geltend macht (Bl. 191 BA), dass die ihn behandelnden Ärzte mündlich geäußert hätten, dass er Auto fahren dürfe und keine Bedenken dagegen bestünden, dass er aktiv am Straßenverkehr teilnehme, bleibt dies ohne belastbare Nachweise. Das gilt auch für die Angabe, dass das von ihm benötigte Medikament Abilify 10 mg seine Fahrtauglichkeit nicht beeinträchtige.
37Der Gutachtensanordnung steht keine sich aus § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG ergebende Bindungswirkung des Strafurteils entgegen, da das Strafurteil keine Ausführungen zur Fahreignung des Antragstellers enthält.
38Ermessensfehler der Fahrerlaubnisbehörde sind nicht ersichtlich. Sie hat erkannt, dass ihr durch § 11 Abs. 2 FeV ein Entschließungsermessen eingeräumt ist und hat dieses Ermessen auch rechtsfehlerfrei ausgeübt.
39Der Antragsteller hat ohne sachlichen Grund kein Gutachten vorgelegt.
40Die mit Verfügung vom 14. Juni 2024 gesetzte Frist von 15 Wochen (bis zum 27. September 2024) zur Vorlage des Gutachtens ist angemessen. Rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 8. Juli 2024 die Fragestellung „Ist Herr Z. trotz der vorliegenden Erkrankung ‚Paranoide Persönlichkeitsstörung‘, die nach Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV), Nr. 7 Psychische (geistige) Störungen, die Fahreignung in Frage stellt, in Verbindung mit den aktenkundigen Vorfällen der Nachstellung u.a. insbesondere auch charakterlich in der Lage den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 gerecht zu werden?“ in die Fragestellung „Ist Herr Z. trotz der vorliegenden Erkrankung ‚Paranoide Persönlichkeitsstörung‘, die nach Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV), Nr. 7 Psychische (geistige) Störungen, die Fahreignung in Frage stellt, insb. unter Berücksichtigung der Ausprägung der Erkrankung, sichtbar anhand der aktenkundigen Vorfälle der Nachstellung, in der Lage den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 gerecht zu werden? “ korrigiert hat. Die Korrektur bezieht sich lediglich auf einen Teil der Fragestellung und lässt die ursprüngliche Fragestellung nach der Fahreignung des Antragstellers im Hinblick auf seine Erkrankung und die aktenkundigen Vorfälle im Wesentlichen unberührt. Für den Antragsteller war für den gesamten Fristzeitraum ohne weiteres erkennbar und prüfbar, was der Anlass für die angeordnete Untersuchung ist und ob die in ihr aufgeführten Gründe die behördlichen Bedenken an der Kraftfahreignung rechtfertigen.
41Vgl. zur Ergänzung einer Gutachtensanordnung: Bay. VGH, Beschluss vom 18. Februar 2016 – 11 ZB 15.2733 -, juris, Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 5. März 2014 - 16 B 1485/13 -, juris, Rn. 3 ff.
42Die mit Schreiben vom 8. Juli 2024 nicht verlängerte Frist war überdies auch im Zeitpunkt der Korrektur mit über 11 Wochen noch ausreichend bemessen. Insofern ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller auf seinen Antrag vom 27. August 2024 keine dreimonatige Fristverlängerung gewährt hat.
43Das Fehlen finanzieller Mittel stellt grundsätzlich keinen ausreichenden Grund für die Verweigerung der Begutachtung dar.
44Vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Auflage 2023, § 11 FeV Rn. 53, m.w.N.
45Gründe, weshalb im Falle des Antragstellers hiervon eine Ausnahme gemacht werden müsste, sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Antragsteller keine Umstände geltend gemacht, aus denen sich eine Unzumutbarkeit, die Kosten aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter, z.B. seiner Familienangehörigen, aufzubringen, ergibt.
46Da die Gutachtensanordnung rechtmäßig war und der Antragsteller ein Gutachten nicht vorgelegt hat, durfte - und musste - die Behörde, da ihr insoweit trotz der Formulierung „darf“ in § 11 Abs. 8 FeV kein Ermessen zukommt,
47vgl. Saarl. OVG, Beschluss vom 22. Juli 2024 – 1 B 43/24 -, juris, Rn. 12; Bay. VGH, Beschluss vom 5. Juli 2012 - 11 C 12.874 -, juris, Rn. 15; Siegmund, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 11 FeV (Stand: 12. September 2024), Rn. 179,
48aus der Nichtvorlage gemäß § 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 11 Abs. 8 FeV auf die fehlende Kraftfahreignung des Antragstellers schließen. Dass der Antragsteller bisher keine Auffälligkeiten im Straßenverkehr gezeigt hat, ist insoweit ohne Bedeutung.
49Vgl. in einem ähnlichen Fall: VG München, Urteil vom 13. Mai 2019 - M 6 K 19.1563 -, juris, Rn. 20.
502. Die weitere Interessenabwägung fällt ebenfalls zu Ungunsten des Antragstellers aus.
51Regelmäßig trägt allein die voraussichtliche Rechtmäßigkeit einer auf den Verlust der Kraftfahreignung gestützten Ordnungsverfügung die Aufrechterhaltung der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Zwar kann die Fahrerlaubnisentziehung die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundsätzlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers und auch die über Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungsrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit gravierend beeinflussen. Derartige Folgen muss der Betroffene jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinnehmen.
52Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Februar 2015 – 16 B 8/15 -, juris, Rn. 13, m.w.N.
53C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54Der gemäß §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) festgesetzte Streitwert entspricht in Anlehnung an Ziffern 1.5, 46.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit der Hälfte des Betrags, der im Hauptsacheverfahren anzusetzen ist.
55Rechtsmittelbelehrung
56Gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz, 50667 Köln oder Postfach 10 37 44, 50477 Köln) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist eingeht bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster.
57Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung bei dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz, 50667 Köln oder Postfach 10 37 44, 50477 Köln) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist eingeht bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
58Die Beschwerde ist einzulegen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
59Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist nicht selbstständig anfechtbar.
60Gegen die Festsetzung des Streitwerts kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem diese Entscheidung Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz, 50667 Köln oder Postfach 10 37 44, 50477 Köln) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Hierfür besteht kein Vertretungszwang. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.