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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Der Kläger, Einwohner und Bürger der Stadt C., begehrt vom Beklagten die Aufnahme von ihm sogenannter Bürgeranträge in die Tagesordnung von Sitzungen des Rats der Stadt C. sowie die Einräumung eines Rederechts zur Begründung dieser Anträge.
3Der Kläger reicht seit mehreren Jahren monatlich eine Vielzahl von Anträgen zu verschiedenen Anliegen bei der Stadt C. ein. Die Anträge reicht er regelmäßig im Namen eines sogenannten Bürgerforums C. ein. Hierbei handelt es sich nicht um eine im Rat der Stadt C. vertretene Fraktion oder Wählergruppe. In den Jahren 2013 bis 2017 behandelte der Rat der Stadt C. in jeder Ratssitzung zwischen 24 und 68 Anträge des Klägers.
4In seiner Sitzung am 3. Juli 2018 beschloss der Rat der Stadt C., die Hauptsatzung der Stadt C. dahin zu ändern, dass der beklagte Bürgermeister die Zahl der Eingaben pro Antragsteller und Ratssitzung begrenzen könne, wobei die Zahl von fünf Anträgen pro Antragsteller nicht unterschritten werden dürfe. Infolgedessen ist es nunmehr üblich, dass der Beklagte (insgesamt) 20 Anträge pro Ratssitzung zulässt.
5Gegen diese Änderung der Hauptsatzung der Stadt C. reichte der Kläger am 25. Januar 2021 einen weiteren Antrag ein, den der Rat in seiner Sitzung am 6. September 2022 behandelte und zurückwies. Zudem reichte der Kläger am 13. März 2023 gegen die beschränkte Zulassung von Anträgen eine Petition beim Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Mit E-Mail vom 9. November 2023 teilte das Ministerium mit, dass die zahlenmäßige Limitierung der Anregungen und Beschwerden pro Ratssitzung der gängigen Praxis entspreche und nach Ansicht des Petitionsausschusses nicht zu beanstanden sei.
6Der Kläger hat am 14. November 2023 Klage erhoben.
7Zugleich hat er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, gerichtet auf die Verpflichtung des Beklagten, alle vom Kläger form- und fristgerecht eingereichten „Bürgeranträge“ in die Tagesordnung der Sitzung des Rats der Stadt C. am 28. November 2023 aufzunehmen und dort zu behandeln. Mit Beschluss vom 22. November 2023 (Aktenzeichen 4 L 2271/23) hat das erkennende Gericht den Eilantrag mangels Vorliegens eines Anordnungsgrunds abgelehnt. Am 1. Februar 2024 hat der Kläger einen weiteren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, um den Beklagten zu verpflichten, alle von ihm form- und fristgerecht eingereichten „Bürgeranträge“ nunmehr in die Tagesordnung der Sitzung des Rats der Stadt C. am 5. März 2024 aufzunehmen und dort zu behandeln. Mit Beschluss vom 19. Februar 2024 (Aktenzeichen 4 L 184/24) hat das erkennende Gericht den weiteren Eilantrag erneut mangels Vorliegens eines Anordnungsgrunds abgelehnt.
8Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, die Anzahl der „Bürgeranträge“ sei in § 24 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) ausdrücklich nicht begrenzt. Obwohl die Verwaltung der Stadt C. nicht berechtigt sei, an den Rat adressierte Anträge eigenmächtig einzubehalten, leite sie „auf Empfehlung“ des Städte- und Gemeindebundes seit Jahren höchstens 20 „Bürgeranträge“ pro Sitzung an den Rat weiter. Die bindenden Vorgaben des § 24 GO NRW könnten jedoch seitens der Stadtverwaltung nicht nach Belieben durch Änderungen der eigenen Hauptsatzung eingeschränkt und praktisch außer Kraft gesetzt werden. Der Ratsbeschluss vom 3. Juli 2018 zur Begrenzung der „Bürgeranträge“ sei gänzlich anfechtbar, da ein Rat nicht berechtigt sei, sich durch Beschlüsse über die Anordnungen des § 24 GO NRW zum Zweck der eigenen Arbeitsentlastung hinwegzusetzen. Zudem habe die Verwaltung in der Vergangenheit teilweise erst nach über zwei Jahren form- und fristgerechte „Bürgeranträge“ dem Rat vorgelegt. Diese seien dann thematisch meist längst überholt gewesen bzw. es hätten vorgetragene Kritikpunkte an städtischen Planungen und Vorhaben nicht mehr berücksichtigt werden können. Außerdem führe die Begrenzung entgegen der Ansicht des Beklagten nicht dazu, dass sich die Ratsmitglieder umfassender mit den einzelnen Eingaben befassen könnten. So habe der Beklagte in der Ratssitzung vom 5. März 2024 13 Anträge des Klägers innerhalb von acht Minuten ohne eine einzige Wortmeldung der Ratsmitglieder behandelt. Zudem sei keiner seiner Anträge an einen Fachausschuss weitergeleitet worden. Darüber hinaus verstoße auch das Ausbleiben von städtischen Benachrichtigungen über Beratungsergebnisse zu eingereichten Anträgen gegen § 24 GO NRW. Er habe außerdem einen Anspruch auf angemessene Entschädigung aufgrund der seit Jahren von der Stadt C. im Hinblick auf eingereichte Anträge betriebenen „Blockadepolitik mit massiven rechtswidrigen Vorgehensweisen“ und des daraus resultierenden stetigen zeit- und kostenintensiven Mehraufwands. Im Übrigen agiere er nicht bloß als „Einzelperson unter dem Namen Bürgerforum“, sondern werde kontinuierlich von Bürgern und Bürgerinnen aus verschiedenen Ortsteilen der Stadt C. zu unterschiedlichsten Themenbereichen um Unterstützung bei der Formulierung und Einreichung entsprechender Anträge gebeten.
9Der Kläger beantragt mit bei Gericht eingegangenen Schreiben vom 14. November 2023 sowie 1. Februar 2024 wörtlich,
10den Erlass einer Einstweiligen Verfügung, wodurch die Stadt C. verpflichtet wird, alle form- und fristgerecht eingereichten Bürgeranträge in die Tagesordnung der Sitzung des Rates der Stadt C. am 5. März 2024 aufzunehmen und dort zu behandeln;
11die Stadt C. zu verpflichten, unter Hinweis auf den § 24 der GO NRW künftig durch Aufnahme aller vorliegender, form- und fristgerecht eingereichter Bürgeranträge in die Tagesordnung von Ratssitzungen endlich rechtskonform zu handeln;
12die Stadt C. zu verpflichten, den Antragstellern von Bürgeranträgen, wie im Falle von Fraktionsanträgen längst üblich, ein zeitlich festgesetztes Rederecht zur Begründung ihrer Eingaben einzuräumen;
13die Stadt C. zur Zahlung einer Entschädigung an ihn in Höhe von 5.000,00 Euro zu verurteilen, da die Behandlung von form- und fristgerecht eingereichten Bürgeranträgen mit teils zweijähriger Verspätung eine grob fahrlässige und vorsätzliche Verletzung der Grundsatzpflichten sowohl der städtischen Verwaltung als auch der Ratsmitglieder darstellt und somit eine ordnungsgemäße Erledigung der Gemeindeaufgaben nicht mehr gewährleistet bzw. gesichert ist (§§ 43, Punkt 4, Absatz a und 125 GO NRW).
14Der Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Klage sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass sämtliche von ihm gestellten Anträge in der nächsten Ratssitzung der Stadt C. eingebracht und bearbeitet werden. § 24 GO NRW beinhalte keine konkrete Frist, in welchem Zeitraum eine Eingabe beschieden werden müsse. Auch aus Art. 17 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) folge kein konkreter fristgebundener Zeitrahmen, in dem die Eingabe in der nächsten Ratssitzung behandelt werden müsse. Ferner sei in § 48 GO NRW gesetzlich festgelegt, welche konkreten Anliegen in die Tagesordnung der nächsten Ratssitzungen aufzunehmen seien, und „Bürgeranträge“ seien dort gerade nicht genannt. Die Festsetzungskompetenz liege hierbei grundsätzlich beim Beklagten. Im Übrigen räume § 48 GO NRW nicht einmal einem Einzelratsmitglied, sondern lediglich einer Fraktion oder einem Fünftel der Ratsmitglieder das Recht ein, die Aufnahme eines Anliegens in die Tagesordnung zu beantragen. Darüber hinaus habe der Ratsbeschluss vom 3. Juli 2018 zur Änderung der Hauptsatzung Bindungswirkung für den Beklagten. Durch die Begrenzung der Anzahl an „Bürgeranträgen“ pro Ratssitzung solle sichergestellt werden, dass der Rat sich mit seinen grundsätzlichen Angelegenheiten und eigenen politischen Eingaben befassen könne. Ziel sei es, die Funktionsfähigkeit des Rats zu erhalten und nicht mit einer unüberschaubaren Menge an Anträgen zu gefährden. Die Tagesordnungen der Ratssitzungen würden auf diese Weise nicht mehr nur von Anträgen beherrscht, was den ehrenamtlich tätigen Ratsmitgliedern Gelegenheit gebe, sich mit den aufgenommenen Anträgen zeitlich ausgiebiger zu befassen. In den letzten Jahren sei es daher gängige Praxis geworden, dass in jeder Ratssitzung der Stadt C. unter Ausübung des Ermessens in jedem Fall 20 Bürgeranträge in die Tagesordnung aufgenommen würden. Somit werde sichergestellt, dass die Anträge des Klägers chronologisch abgearbeitet und Anträge von anderen Antragstellern zeitnah in der nächsten Ratssitzung behandelt würden. Es handele sich hierbei um keine absolute Grenze, sondern diese diene vielmehr zur Orientierung und Transparenz. Die von der Stadt C. seit Jahren praktizierte Vorgehensweise beschränke den Kläger auch nicht in seinen Rechten, da die mengenmäßige Beschränkung von Anträgen in Ratssitzungen nicht sein Recht zu schriftlichen Anregungen und Beschwerden unterlaufe. Darüber hinaus sei ihm auch kein Rederecht im Rat zur Begründung seiner Anträge einzuräumen, da keine gesetzliche Vorschrift ein derartiges Rederecht vorsehe. Schließlich sei die Stadt C. aus keinem rechtlichen oder tatsächlichem Gesichtspunkt verpflichtet, eine Entschädigung in Höhe von 5.000,00 Euro an den Kläger zu zahlen.
17Mit Schreiben vom 14. November 2024 sowie vom 21. November 2024 haben die Beteiligten Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem und in den Verfahren 4 L 2271/23 und 4 L 184/24 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die Kammer konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
21Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.
22I.
23Der Klageantrag zu 1) ist bereits unzulässig.
24Im Hinblick auf die mit dem Klageantrag zu 1) begehrte Aufnahme von sogenannten Bürgeranträgen in die Tagesordnung der Ratssitzung vom 5. März 2024 fehlt es dem Kläger jedenfalls am Rechtsschutzbedürfnis, da sich sein Begehren im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (28. November 2024) durch Zeitablauf erledigt hat. Hinzu kommt, dass der Rat der Stadt C. jedenfalls einen Teil seiner bis dahin eingereichten Anträge in der Ratssitzung am 5. März 2024 behandelt hat. Im Übrigen verweist das erkennende Gericht auf die Ausführungen in den Beschlüssen vom 22. November 2023 (Aktenzeichen 4 L 2271/23) sowie vom 19. Februar 2024 (Aktenzeichen 4 L 184/24).
25II.
26Der Klageantrag zu 2) ist ebenfalls unzulässig.
27Dem Kläger fehlt es jedenfalls am erforderlichen – qualifizierten – Rechtsschutzbedürfnis.
28Der Kläger begehrt insoweit die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes, da es ihm – losgelöst von konkreten, zeitlich näher bestimmten Ratssitzungen – um die vorbeugende Abwendung etwaiger Rechtseingriffe im Zusammenhang mit künftigen Ratssitzungen geht.
29Begehrt der Kläger – wie hier – vorbeugenden Rechtsschutz, ist das Rechtschutzbedürfnis nur dann zu bejahen, wenn ein spezielles, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse besteht. Für einen vorbeugenden Rechtsschutz ist jedoch dort kein Raum, wo und solange der Betroffene in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen, gegebenenfalls auch vorläufigen Rechtsschutz verwiesen werden kann.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1983 – 8 C 43.81 –, juris, Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1986 – 8 C 5.85 –, juris, Rn. 26 ff.
31Vorbeugender Rechtsschutz kommt mithin nur dann in Betracht, wenn für den Kläger mit dem Abwarten der befürchteten Maßnahme (Handlung oder Unterlassung) Nachteile verbunden wären, die ihm auch unter Berücksichtigung der Möglichkeiten vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 VwGO oder § 123 VwGO nicht zumutbar sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Rechtsnachteile drohen, die mit einer späteren Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nicht mehr ausräumbar sind, oder wenn sonst ein nicht wiedergutzumachender Schaden droht.
32Vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, 28. Aufl. 2022, § 43 VwGO Rn. 24; Marsch in: Schoch/Schneider, 45. EL Januar 2024, § 43 VwGO Rn. 34a (jeweils zum qualifizierten Feststellungsinteresse bei einer vorbeugenden Feststellungsklage).
33Der Kläger hat vorliegend weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass er ein solches – nur in Ausnahmefällen anzunehmendes – qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes besitzt. Es ist ihm vielmehr zumutbar, die von der Verwaltungsgerichtsordnung vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Er kann etwa im Vorfeld zu einer konkret anberaumten Sitzung des Rats der Stadt C. eine Leistungsklage erheben, um die Verurteilung des Beklagten zur Erledigung – konkreter – bereits eingereichter Anregungen und Beschwerden gemäß § 24 Abs. 1 GO NRW zu erreichen. Im Nachgang zu einer Ratssitzung bleibt es ihm zudem unbenommen, gegebenenfalls eine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zu erheben, um gerichtlich feststellen zu lassen, dass – konkrete – bereits eingereichte Anregungen und Beschwerden noch nicht erledigt sind. Im Übrigen stünde ihm in besonders dringenden Angelegenheiten die Möglichkeit offen, um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen,
34zu den Anforderungen vgl. die Beschlüsse des erkennenden Gerichts vom 22. November 2023 (Aktenzeichen 4 L 2271/23) sowie vom 19. Februar 2024 (Aktenzeichen 4 L 184/24).
35Sowohl die Erhebung einer Leistungsklage als auch die zulässige Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes bieten dabei hinreichende Gelegenheit auch zur Klärung der zwischen den Beteiligten streitigen Frage einer Begrenzung der Anzahl von Bürgeranträgen in der Tagesordnung von Ratssitzungen der Stadt C.,
36vgl. dazu bereits die Ausführungen des erkennenden Gerichts im Beschluss vom 22. November 2023 (Aktenzeichen 4 L 2271/23), S. 4 des Beschlussabdrucks.
37Dass ihm trotz dieser durch die Verwaltungsgerichtsordnung eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten ohne die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes unzumutbare oder irreversible Nachteile entstünden, hat der Kläger nicht dargelegt; Anhaltspunkte dafür sind auch sonst nicht ersichtlich.
38III.
39Der Klageantrag zu 3) hat ebenfalls keinen Erfolg.
40Dem Kläger steht kein Anspruch auf Einräumung eines zeitlich festgesetzten Rederechts in den Sitzungen des Rats der Stadt C. zu. Insoweit fehlt es bereits an einer Anspruchsgrundlage, die dem Kläger ein solches Recht einräumen könnte.
41Ein Anspruch auf Einräumung eines Rederechts in den Ratssitzungen folgt zunächst nicht aus § 24 GO NRW. Weder in § 24 Abs. 1 GO NRW noch in § 24 Abs. 2 i. V. m. § 6 der Hauptsatzung der Stadt C. im Rhein-Sieg-Kreis vom 7. Oktober 1999 (Hauptsatzung) ist ein Rede- oder mündliches Begründungsrecht in Ratssitzungen zugunsten von Einwohnern bzw. Einwohnerinnen (ausdrücklich) geregelt. Dasselbe gilt im Hinblick auf die Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse der Stadt C. vom 7. Oktober 1999 (GeschO Rat), die schon generell keine (ergänzenden) Regelungen zu der Vorschrift des § 24 GO NRW enthält.
42Zudem folgt weder aus § 24 GO NRW noch aus § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) ein Anspruch des Petenten auf eine Anhörung, da das Eingabeverfahren des § 24 GO NRW nicht mit einem Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG NRW abgeschlossen wird.
43Vgl. Peters in: BeckOK KommunalR NRW, 29. Ed. 1.10.2024, § 24 GO NRW Rn. 23 (m.w.N.).
44Darüber hinaus gebieten auch der Sinn und Zweck des § 24 GO NRW nicht die Einräumung eines Rechts zur mündlichen Begründung einer eingereichten Anregung oder Beschwerde.
45Die Vorschrift begründet ein Petitionsrecht auf Gemeindeebene.
46Peters in: BeckOK KommunalR NRW, 29. Ed. 1.10.2024, § 24 GO NRW Rn. 1.
47Das Petitionsrecht gewährt dem Bürger die Möglichkeit, auch außerhalb förmlicher Rechtsbehelfe und ungeachtet verfahrensrechtlicher Vorgaben sein Anliegen mit dem Anspruch auf sachliche Befassung durch die Vertretungsorgane zur Sprache bringen zu dürfen.
48OVG NRW, Urteil vom 23. Februar 1993 – 15 A 2273/92 –, juris, Rn. 39.
49Ausgehend davon ist dem Zweck des Petitionsrechts genügt, wenn eine solche sachliche Befassung stattgefunden hat und dem Petenten deren Ergebnis eröffnet worden ist (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 4 GO NRW sowie § 24 Abs. 2 GO NRW i. V. m. § 6 Abs. 9 Hauptsatzung).
50Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Februar 1993 – 15 A 2273/92 –, juris, Rn. 41.
51Dies zugrunde gelegt, kann der Kläger seinen Anliegen ausreichend dadurch Geltung verschaffen, dass diese in Textform (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 GO NRW sowie § 24 Abs. 2 GO NRW i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 2 Hauptsatzung) einzureichen sind und § 24 GO NRW ihm einen Anspruch auf Weiterleitung seiner Anliegen an den Rat sowie auf sachliche Befassung des Rats (bzw. der Ausschüsse) mit seinen Anliegen einräumt,
52vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Februar 1993 – 15 A 2273/92 –, juris, Rn. 27; Peters in: BeckOK KommunalR NRW, 29. Ed. 1.10.2024, § 24 GO NRW Rn. 17 ff., 22.
53Soweit sich der Kläger auf die bei Fraktionsanträgen längst übliche Einräumung eines Rederechts beruft und damit auf eine entsprechende Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 GO NRW abzielt, folgt daraus nichts anderes.
54Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 GO NRW hat der Bürgermeister Vorschläge in die Tagesordnung aufzunehmen, die ihm von einem Fünftel der Ratsmitglieder oder einer Fraktion vorgelegt werden (sogenanntes Initiativrecht). Zusätzlich wird den insoweit Antragsberechtigten – über den Wortlaut der Vorschrift hinaus – ein Rederecht bzw. ein Recht zur mündlichen Erläuterung ihres Tagesordnungsvorschlags in den Ratssitzungen eingeräumt,
55vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 1988 – 15 A 951/87 –, juris, Rn. 4 ff.; Rohde in: BeckOK KommunalR NRW, 29. Ed. 1.10.2024, § 48 GO NRW Rn. 10.
56Der Kläger kann sich auf die Vorschrift schon mangels Rats- oder Fraktionsmitgliedschaft nicht unmittelbar berufen. Darüber hilft auch nicht hinweg, dass er seine Eingaben mitunter im Namen eines sogenannten Bürgerforums C. eingereicht hat bzw. einreicht. Denn dabei handelt es sich weder um ein Fünftel der Ratsmitglieder noch um eine Fraktion des Rats der Stadt C..
57Darüber hinaus scheidet auch eine entsprechende Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 GO NRW zugunsten des Klägers aus. Denn die GO NRW differenziert gerade (abschließend) zwischen der Einräumung subjektiver Rechte (wie etwa § 24 GO NRW) einerseits und organschaftlicher Rechte (wie etwa § 48 Abs. 1 Satz 2 GO NRW) andererseits. Einwohnerinnen und Einwohner im Sinne des § 24 GO NRW sind Ratsmitgliedern bzw. einer Fraktion, die jeweils besondere organschaftliche Rechte gerade im Hinblick auf ihre Mitgliedschaft im Rat genießen, weder gleichgestellt noch vergleichbar.
58Dies wird zudem durch den Schutzzweck des § 48 Abs. 1 Satz 2 GO NRW unterstrichen. Das Initiativrecht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 GO NRW – und das daran anknüpfende Recht zur mündlichen Erläuterung – dient dem Minderheitenschutz und soll gewährleisten, dass die politischen Vorstellungen auch der kleinen Fraktionen vor den Rat gebracht werden können und allein dieser darüber befindet, ob und in welcher Weise er sich mit der jeweiligen Angelegenheit befassen will,
59näher OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 1988 – 15 A 951/87 –, juris, Rn. 6.
60Eines solchen – weitergehenden – Minderheitenschutzes bedürfen Einwohnerinnen und Einwohner im Sinne des § 24 GO NRW mangels (unmittelbarer) Teilhabe und Mitwirkung an der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung im Rat nicht, zumal § 24 GO NRW – wie oben dargelegt – dem Petenten ohnehin bereits einen Anspruch auf Weiterleitung seines Anliegens an den Rat sowie auf sachliche Befassung des Rats (bzw. der Ausschüsse) mit seinem Anliegen einräumt.
61IV.
62Der Klageantrag zu 4) hat ebenfalls keinen Erfolg.
63Regelungen, die eine solche Entschädigungszahlung an eine Einwohnerin bzw. einen Einwohner einer Gemeinde – wie den Kläger – gewähren, kennt die GO NRW nicht. Die von dem Kläger zitierte Vorschrift des § 43 Abs. 4 lit. a) GO NRW räumt vielmehr einer Gemeinde selbst einen Schadensersatzanspruch gegen Ratsmitglieder im kommunalrechtlichen Innenverhältnis ein, wenn sie infolge eines Ratsbeschlusses einen Schaden erleidet. Von dieser Haftung im Innenverhältnis zu unterscheiden und von § 43 Abs. 4 lit. a) GO NRW gerade nicht erfasst ist hingegen die Amtshaftung der Gemeinde im Außenverhältnis für etwaige Schäden, die einem Dritten durch amtspflichtwidrige Beschlüsse des Rats entstehen,
64vgl. Frenzen in: BeckOK KommunalR NRW, 29. Ed. 1.10.2024, § 43 GO NRW Rn. 20 (m.w.N.).
65Die von dem Kläger weiter zitierte Vorschrift des § 125 GO NRW regelt bereits keinen Entschädigungs- oder Schadensersatzanspruch, sondern betrifft eine Maßnahme der Kommunalaufsicht gegenüber der Gemeinde (Auflösung des Rats). Dass etwaige andere Anspruchsgrundlagen zu seinen Gunsten in Betracht kommen, hat der Kläger weder substantiiert vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich.
66Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
67Gründe für die Zulassung der Berufung im Sinne der § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.
68Rechtsmittelbelehrung
69Innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils kann bei dem Verwaltungsgericht Köln schriftlich beantragt werden, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster die Berufung zulässt. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
70Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster schriftlich einzureichen.
71Der Antrag ist zu stellen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
72Beschluss
73Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
745.000,- Euro
75festgesetzt.
76Gründe
77Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Die Kammer beziffert sämtliche Klageanträge zusammenfassend mit dem Auffangstreitwert. Insbesondere ergaben sich aus dem zu Ziffer IV. formulierten Antrag des Klägers keine Anhaltspunkte für eine Erhöhung des Streitwerts.
78Rechtsmittelbelehrung
79Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Köln schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der genannten Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.
80Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.