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In eine laufende Personalratswahl darf das Gericht grundsätzlich nicht durch eine einstweilige Verfügung eingreifen.
Der Antrag wird abgelehnt.
Gründe
2Der Antrag,
3im Wege der einstweiligen Anordnung den Antragsgegner zu verpflichten, die auf den 20. März 2024 datierende Liste der Wahlvorschläge der Gruppe der Soldaten für die Wahl des Bezirkspersonalrats beim Kommando T., dort die Vorschlagsliste Nr. 3 – Deutscher BundeswehrVerband, für unheilbar ungültig zu erklären und von der Liste der Wahlvorschläge zu streichen.
4über den die Fachkammer – angesichts des Umstands, dass die Stimmabgabe ab dem 13. Mai 2024 erfolgen soll – wegen der Dringlichkeit der Sache ohne mündliche Anhörung der Beteiligten und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter entscheidet (§ 108 Abs. 2 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG), § 85 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), § 944 Zivilprozessordnung (ZPO)), hat keinen Erfolg.
5Nach den gemäß § 108 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 85 Abs. 2 ArbGG entsprechend anwendbaren Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung kann eine einstweilige Verfügung erlassen werden, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts eines Beteiligten vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO), oder wenn die Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 940 ZPO). Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt in beiden Fällen voraus, dass der zu Grunde liegende materielle Anspruch (Verfügungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Verfügungsgrund) glaubhaft gemacht sind.
6Ausgehend davon ist der Antrag unbegründet. Die Antragsteller haben keinen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht. Das Personalvertretungsgesetz sieht zur Geltendmachung von Wahlfehlern alleine die Wahlanfechtung gemäß § 26 BPersVG vor. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung stellt demgegenüber einen erheblichen Eingriff in ein laufendes Wahlverfahren dar, der den bisher mit der Wahl verbundenen Aufwand vollständig oder weitgehend entwertet. Mit ihr wird vorweggenommen, was eigentlich erst mit einem erfolgreichen Wahlanfechtungsverfahren zur Hauptsache erreichbar ist. Wegen der knappen zur Verfügung stehenden Zeit ist typischerweise der Erkenntnisstand des Gerichts vorläufig und seine Prüfung summarisch. Eine auf dieser Grundlage ergangene einstweilige Verfügung kann nicht verhindern, dass die Personalratswahl später gleichwohl erfolgreich angefochten wird. Solches kann etwa der Fall sein, wenn sich die vorläufige Auffassung des Gerichts im Verfahren zur Hauptsache nicht bestätigt oder dort erstmals geltend gemachte oder bekannt gewordene Wahlanfechtungsgründe durchgreifen.
7Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2008 – 6 P 6.08 –, juris, Rn. 5.
8Vor diesem Hintergrund kann eine einstweilige Verfügung während eines laufenden Wahlverfahrens grundsätzlich nur ergehen, wenn derart schwerwiegende Mängel glaubhaft gemacht werden, dass sie zur Nichtigkeit der Wahl führen würden. Eine Nichtigkeit der Wahl liegt vor, wenn gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl in einem derart hohen Maße verstoßen wurde, dass nicht einmal mehr von dem Anschein einer Wahl nach dem Gesetz gesprochen werden kann. In Fällen, in denen Wahlrechtsverstöße unterhalb dieser Schwelle geltend gemacht werden, ist dem Verwaltungsgericht ein Eingriff in ein laufendes Wahlverfahren durch Erlass einer einstweiligen Verfügung allenfalls ausnahmsweise in Fällen gestattet, in denen ein erheblicher Mangel des Wahlverfahrens vorliegt, der in offensichtlicher Weise eine Wahlanfechtung rechtfertigt.
9Vgl. (den Erlass einer einstweiligen Verfügung außer in den Fällen einer Nichtigkeit generell ablehnend) Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 13. März 1997 – 17 PC 96.160 –, juris (Leitsatz) = BeckRS 1996, 17056, beck-online; ferner Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Februar 2005 – PL 15 S 434/05 –, Rn. 11, juris, Rn. 11; Rehak in: Lorenzen u.a., Bundespersonalvertretungsgesetz, § 108 BPersVG, Rn. 431; aus der Literatur zum – insoweit inhaltlich im Wesentlichen gleichen – Landespersonalvertretungsrecht Bülow, Wahlordnung zum Landespersonalvertretungsgesetz Nordrhein-Westfalen, VIII. Rechtliche Auseinandersetzungen, Rn. 137; Bieler in: Leuze u.a., Das Personalvertretungsrecht in Baden-Württemberg, § 21, Rn. 32.
10Dies zugrunde gelegt, haben die Antragsteller einen Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Ihnen ist zuzumuten, den gerügten Wahlfehler ggf. in einem Wahlanfechtungsverfahren geltend zu machen. Einen Fehler, der zur Nichtigkeit der Wahl führen würde, machen sie offenkundig nicht geltend. Es liegt aber auch kein Ausnahmefall im dargelegten Sinne vor, bei dem auch unterhalb der Schwelle der Nichtigkeit der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht käme. Denn auch einen erheblichen Mangel des Wahlverfahrens, der in offensichtlicher Weise eine Wahlanfechtung rechtfertigen würde, haben die Antragsteller nicht geltend gemacht. Es liegt zumindest kein offensichtlicher Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren in dem Umstand, dass auf dem im Antrag näher bezeichneten Wahlvorschlag als Kandidatin Frau Q. P. R. geführt wird. Mit diesem Namen wird die betroffene Person, wie die Antragsteller selbst ausführen, durch einen Zusatzausweis der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität ausgewiesen. Dass vor diesem Hintergrund die Aufnahme der Person mit dem genannten Namen in den Wahlvorschlag unzulässig gewesen wäre, drängt sich jedenfalls nicht auf. Auch die Frage, ob ein Wahlfehler in dem Umstand liegt, dass offenbar dieselbe natürliche Person auf einem Wahlvorschlag zur Wahl des Hauptpersonalrats mit einem abweichenden, männlichen Namen geführt wird, lässt sich nicht offensichtlich in die eine oder andere Richtung beantworten. Unzutreffend ist jedenfalls die Auffassung der Antragsteller, dass es sich bei der Wahl von Bezirkspersonalrat und Hauptpersonalrat „um eine Wahl handelt“. Vielmehr sind beide Wahlen rechtlich selbstständig. Daran ändert der Umstand nichts, dass Wahlunterlagen aus Kosten- und Praktikabilitätsgründen ggf. gemeinsam in einem Umschlag versendet werden.
11Für eine Kostenentscheidung ist im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren kein Raum.
12Rechtsmittelbelehrung
13Gegen diesen Beschluss findet die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster (Fachsenat) statt.
14Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses durch Einreichung einer Beschwerdeschrift schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster einzulegen. Sie muss den Beschluss bezeichnen, gegen den die Beschwerde gerichtet ist, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt wird.
15Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses schriftlich zu begründen.
16Die Beschwerdebegründung muss angeben, auf welche im Einzelnen anzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird.
17Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
18Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung müssen von einem Rechtsanwalt oder einer nach § 11 Abs. 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes zur Vertretung befugten Person unterzeichnet sein.