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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt 9/10 und die Beklagte 1/10 der Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger, gehört zur Volksgruppe der Fulla und ist islamischen Glaubens. Nach seiner Einreise im Februar 2019 stellte er einen Asylantrag.
3In seiner Anhörung am 11.05.2018 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab der Kläger im Wesentlichen zu seinem Verfolgungsschicksal an, dass er Guinea wegen eines unrechtmäßigen Haftbefehls gegen ihn verlassen habe. Er sei seit 2013 aktives Mitglied der Partei UFDG und sei vorrangig dafür zuständig gewesen, den Kontakt zu Jugendlichen herzustellen und zu erhalten, um sie zur Teilnahme an politischen Aktivitäten zu motivieren. Beruflich habe er einen eigenen Videoclub betrieben. Am 14.03.2018 sei er wegen einer nicht genehmigten Demonstration verhaftet worden. Nach einem Urteil sei er während seines Gefängnisaufenthaltes mehrfach gefoltert worden. Am 07.11.2018 habe er an einer Demonstration mitgewirkt. Er sei für die Straßensperrung zuständig gewesen. Dort sei er von der Polizei identifiziert worden. In der Nacht sei er vom Militär angegriffen worden. Er habe mit seinen Freunden in seinem Videoclub Fußball geschaut. Nachdem zwei Freunde vom Gebet aus einer naheliegenden Moschee zurückgekehrt seien, seien zwei Motorradfahrer mit roten Mützen aufgetaucht. Dabei habe es sich um zwei Soldaten gehandelt, welche normalerweise die Tankstelle in der Nähe bewachen würden. Auf ihren Motorrädern hätten die beiden Soldaten direkt das Feuer auf ihn und seine Freunde eröffnet. Zwei seiner Freunde seien sofort tot gewesen. Danach seien die Soldaten schnell weggefahren. Im Anschluss seien Anwohner und ein Lokalpolitiker gekommen, um sich die Lage anzuschauen. Am 08.11.2018 habe er mit seiner Partei spontan eine Demonstration organisiert, um Gerechtigkeit für die ermordeten Freunde zu fordern. Sie hätten eine Untersuchung gefordert und dabei Kritik an der Polizei geübt. Als die Polizei die Demonstranten angegriffen habe, sei es zu einer Panik gekommen. Er sei von einem Polizisten unter dem Auge verletzt worden und bewusstlos geworden. Die anderen Demonstranten seien daraufhin gegen die Polizei vorgegangen. Die Polizei habe sich zurückziehen müssen und dabei sei ein Polizist zu Tode gelyncht worden. Am Nachmittag desselben Tages seien die Polizei und ein Lokalpolitiker in sein Stadtviertel gekommen und hätten ihn persönlich für den Tod des Polizisten verantwortlich gemacht, da er für die Mobilisierung der Jugendlichen zuständig gewesen sei. Daraufhin sei ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden, was er von einem Freund erfahren habe, der zum Sicherheitspersonal des Parteivorsitzenden gehöre. Aufgrund dieser Umstände sei er zunächst nach Labé geflohen und habe dann das Land verlassen.
4Nach der Anhörung stellte das Bundesamt dem Auswärtigen Amt eine Anfrage zur Überprüfung, ob ein Haftbefehl gegen den Kläger vorliege und ob die vorgetragenen Ereignisse stattgefunden hätten. Das Auswärtige Amtes teilte unter dem 10.07.2020 mit, dass nach den Erkenntnissen des Kooperationsanwalts der Botschaft Conakry gegen den Kläger kein Haftbefehl vorliege. Eine Überprüfung der Register der Gerichte Conakrys habe keinen Hinweis auf ein (Straf-) Verfahren gegen den Kläger ergeben. Auch habe es den erwähnten Vorfall nicht gegeben. Es seien keine Zeugen gefunden worden und es gebe keine Belege oder Hinweise. Die Mitgliedskarte der Partei UFDG sei als solche erkannt worden, aber eine Mitgliedschaft könne nicht bestätigt werden, da sich niemand an den Kläger erinnere.
5Mit Bescheid vom 09.10.2020 lehnte das Bundesamt die Anträge des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), Anerkennung als Asylberechtigter (Nr. 2), Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Nr. 3) als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Nr. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Guinea angedroht (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
6Der Kläger hat am 20.10.2020 Klage erhoben und einen Eilantrag gestellt.
7Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, dass an der Rechtmäßigkeit einer Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ erhebliche Zweifel bestehen. Soweit sich die Beklagte auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes stütze, könne dies nicht überzeugen.
8Mit Beschluss vom 18.11.2020 (Az. 1 L 1951/20.A) hat das erkennende Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid angeordnet.
9Der Kläger hat mit der guineischer Staatsangehöriger Frau Z. Y. mittlerweile zwei Kinder in Deutschland, die im September 2021 und im Januar 2023 geboren sind.
10Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 17.05.2024 die Ziffern 5 und 6 des angefochtenen Bescheids aufgehoben hatte, haben die Beteiligten das Verfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
11Der Kläger beantragt,
12die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 09.10.2020 zu verpflichten,
13ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
14hilfsweise, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,
15hilfsweise, festzustellen, dass bei ihm Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen,
16hilfsweise, das Offensichtlichkeitsurteil aufzuheben.
17Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
18die Klage abzuweisen.
19Zur Begründung verweist sie auf den angegriffenen Bescheid.
20In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger zu seinem Verfolgungsschicksal informatorisch angehört worden. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.11.2024 verwiesen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe
23Das Gericht konnte entscheiden, obwohl die Beklagte nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, weil sie mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, § 102 Abs. 2 VwGO.
24Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird es in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingestellt.
25Im Übrigen hat die überwiegend zulässige Klage keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.
26Der Bescheid vom 09.10.2020 ist nach der im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO.
27Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG (unten 1.) sowie auf Anerkennung als Asylberechtigter (unten 2.) oder Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 AsylG (unten 3.). Auch hat er keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG (unten 4.).
281. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 AsylG. Denn er ist kein Flüchtling im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG.
29Danach setzt die Flüchtlingseigenschaft voraus, dass der Ausländer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner politischen Überzeugung oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslands befindet. Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, drohen.
30Vgl. BVerwG, Urteile vom 04.07.2019 – 1 C 37.18 –, Rn. 13 f., juris; und vom 20.02.2013 – 10 C 23.12 –, Rn. 19, 32, juris.
31Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft setzt nach § 3a AsylG eine Verfolgungshandlung von bestimmter Art und Schwere voraus, die an einen der in § 3 Abs. 1 AsylG genannten und in § 3b Abs. 1 AsylG näher erläuterten Gründe anknüpft und vom Staat, einer den Staat beherrschenden Gruppierung oder Organisation oder einem nichtstaatlichen Handelnden ausgeht (§ 3c AsylG). Gegen diese Verfolgung darf es darüber hinaus keinen effektiven Schutz im Herkunftsland geben (vgl. §§ 3d, 3e AsylG).
32Aus den in Art. 4 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie – QRL) geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Schutzsuchenden ist, die tatsächlichen Grundlagen für eine Schutzgewährung darzulegen, insbesondere also ein Verfolgungsschicksal und eine (noch) anhaltende Gefährdungssituation. Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine flüchtlingsrelevante Verfolgung droht. Dies erfordert einen substantiierten, im Wesentlichen widerspruchsfreien und nicht wechselnden Tatsachenvortrag, der geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen, und der auch mit den objektiven Umständen in Einklang zu bringen ist. Hierzu gehört insoweit, dass der Schutzsuchende die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, schildert. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigen werden.
33Vgl. ständige Rechtsprechung der Obergerichte, stellvertretend: OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2014 – 1 A 1139/13.A – , juris Rn. 35 mit Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG zu Art. 16a GG.
34Ausgehend von diesen Grundsätzen steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger sich aus begründeter Furcht vor (politischer) Verfolgung außerhalb seines Herkunftslandes aufhält. Die diesbezüglichen Angaben des Klägers zu den angeblichen fluchtauslösenden Ereignissen sind – auch aufgrund des persönlichen Eindrucks, den die Einzelrichterin von dem Kläger bei dessen Vortrag in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat – bereits nicht glaubhaft.
35Der Kläger ist nicht in der Lage gewesen, von sich aus einen zusammenhängenden und widerspruchsfreien Sachverhalt zu schildern, der die behauptete politisch motivierte Verfolgung aufgrund der vermeintlichen Verantwortlichkeit für den Tod eines Polizisten im Rahmen einer Protestaktion am 08.11.2018 mitsamt dem daraus resultierenden Haftbefehl gegen ihn lückenlos belegt.
36Sowohl der Vortrag im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt als auch die Aussagen im Rahmen der informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung blieben zum Teil äußerst vage und oberflächlich. Sie wiesen insbesondere in Bezug auf die Ereignisse am 08.11.2018 keinen Detailreichtum auf, den man auch unter Berücksichtigung des Bildungsstandes des Klägers erwarten kann, wenn man berücksichtigt, dass gerade das behauptete Verfolgungsschicksal ein einschneidendes und prägendes Erlebnis im Leben des Klägers sein muss. So konnte der Kläger auf die Frage seines Prozessbevollmächtigten nicht angeben, wie viele Personen ungefähr an der Protestaktion beteiligt gewesen sein sollen. Seine diesbezüglichen Aussagen stehen in einem auffälligen Kontrast zu seinen sonstigen Angaben, zum Beispiel zu seiner politischen Aktivität. Auf Nachfragen war der Kläger durchaus in der Lage diesbezüglich ein einigermaßen nachvollziehbares Bild darzulegen.
37Mit Blick auf den vom Kläger eingereichten Presseartikel der „Bezugsquelle wurde entfernt“ vom 11.11.2018 zu den Ereignissen am 07. und 08.11.2018, legt sein Aussageverhalten die Vermutung nahe, dass die behaupteten Ereignisse durchaus einen wahren Kern haben, aber der Kläger nicht persönlich darin involviert war. Das geltend gemachte Verfolgungsgeschehen erscheint vielmehr fiktiv überladen.
38Denn die Version der behaupteten Ereignisse, die der Kläger beim Bundesamt geschildert hat, weicht von seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung ab: So hatte er beim Bundesamt angegeben, dass es aufgrund der Ereignisse am 08.11.2018 einen offiziellen Haftbefehl gegen ihn gebe, von dem er von seinem Freund erfahren habe, der zum Sicherheitspersonal des Parteivorsitzenden gehöre. Gegenüber dem Gericht hat der Kläger hingegen einen solchen Haftbefehl nicht erwähnt. Auf die Frage, weshalb er Guinea verlassen habe, führte er vielmehr an, dass er nach dem Tod seiner Freunde geäußert habe diese zu rächen und die Polizei ihn aufgrund der Organisation der Protestaktion für den Tod des Polizisten verantwortlich gemacht habe. Auch auf die Frage, was er bei seiner Rückkehr nach Guinea befürchte, hat er lediglich pauschal angeführt, dass er Angst um sein Leben habe, da seine Sicherheit nicht gewährleistet sei. Auf Vorhalt, dass er beim Bundesamt einen Haftbefehl gegen ihn erwähnt habe und dieser vom Auswärtigen Amt nicht gefunden wurde, gab er keine plausible Erklärung für die fehlende Erwähnung des Haftbefehls, sondern verwies pauschal darauf, dass die Regierung alles bestreiten könne. Dieses wechselnde Aussageverhalten lässt darauf schließen, dass der Kläger unter anderem in Bezug auf einen angeblichen Haftbefehl unwahre Angaben gemacht hat. Der Kläger konnte auch keinen Haftbefehl vorlegen. Darüber hinaus konnte ein solcher im Rahmen der Ermittlungen des Auswärtigen Amtes an den entsprechenden Registergerichten Conakrys auch nicht gefunden werden. Zudem wurden keine Hinweise auf ein Strafverfahren gegen den Kläger ermittelt. Soweit der Prozessbevollmächtigte das Ermittlungsverfahren des Auswärtigen Amtes in Frage gestellt hat, ist eine weitergehende Aufklärung im Hinblick auf den unglaubhaften Vortrag des Klägers nicht geboten.
39Auch in Bezug auf die weiteren Darstellungen gibt es Unstimmigkeiten der geschilderten Versionen bzw. einen wechselnden Tatsachenvortrag. Im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt hat der Kläger zunächst angegeben, dass er beim Streikaufruf seiner Partei UFDG am 07.11.2018 von der Polizei mittels Videoüberwachung identifiziert worden sei, weshalb es am Abend desselben Tages zu den Schüssen der Männer mit den roten Baretts auf ihn und seine Freunde in seinem Videoclub gekommen sei. Im weiteren Verlauf der Anhörung hat er spekuliert, dass er einen Laden in dem Stadtviertel habe und die Männer mit den roten Baretts dies nicht wollten. In der mündlichen Verhandlung hat er hingegen angegeben, dass er nicht wisse warum auf ihn und seine Freunde geschossen worden sei. Auch hat er nicht angegeben, dass er am 07.11.2018 während des Streikaufrufs von der Polizei identifiziert worden sei. Zudem hat er im Rahmen der Darstellung der Ereignisse in der mündlichen Verhandlung neue Tatsachen in Bezug auf die Männer mit den roten Baretts, dem (vermeintlichen) Militär, vorgetragen. Er hat erstmals berichtet, dass die Männer mit den roten Baretts aufgrund eines vorherigen Überfalls der Tankstelle zu deren Bewachung eingesetzt gewesen seien. Für diesen Überfall seien Protestierende einer früheren Protestaktion verantwortlich gemacht worden, obwohl eigentlich die Polizei den Überfall verübt hätte. Nach dem Verständnis der Einzelrichterin, sollte dies einen weiteren spekulativen Grund für die Schüsse auf ihn und seine Freunde darstellen. Sein wechselndes Aussageverhalten mit der Darstellung weiteren Randgeschehens, um die Ereignisse plausibel erscheinen zu lassen, spricht nicht dafür, dass der Kläger persönliche Erlebnisse schildert.
40Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht mehr eine Identifizierung durch die Polizei geltend gemacht hat, ist auch ein Zusammenhang zu der geschilderten (vermeintlichen) Inhaftierung angesichts einer Protestaktion im März 2018 für die Einzelrichterin nicht nachvollziehbar. Jedenfalls blieben auch die diesbezüglichen Schilderungen des Klägers detailarm. Gegenüber dem Gericht hat der Kläger -entgegen seinen Darstellungen im Rahmen der Bundesamtsanhörung – keine Ausführungen zu Haftbedingungen oder Folter gemacht. Sofern es sich bei einer mehrmonatigen Inhaftierung regelmäßig um ein prägendes und einschneidendes Erlebnis handelt, insbesondere bei einer vermeintlichen Folter, erscheint es daher wenig nachvollziehbar, dass der Kläger nunmehr keine Angaben dazu gemacht hat. Auch diesbezüglich spricht das wechselhafte Aussageverhalten des Klägers daher für unwahre Angaben.
41Darüber hinaus können die vom Kläger eingereichten Bildaufnahmen dessen Ausführungen nicht stützen. Bei den Aufnahmen handelt es sich überwiegend um Bilder des Klägers und dessen Freunde in Guinea. Soweit auch Aufnahmen von vermeintlichen Opfern des Schusswechsels am 07.11.2018 eingereicht wurden, ist dem Gericht eine Verifizierung nicht möglich.
42Von einer staatlichen Verfolgung ist nach der Überzeugung des Gerichts deshalb nicht auszugehen.
43Der geltend gemachte Grund für eine Verfolgung des Klägers, dessen vermeintliche Verantwortlichkeit für den Tod des Polizisten während der Protestaktion am 08.11.2018 steht jedenfalls auch nicht im Zusammenhang mit einem Verfolgungsgrund des § 3 Abs. 1 AsylG. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die behauptete Protestaktion wegen der Ermordung der Freunde des Klägers nicht im Rahmen seiner politischen Tätigkeit für die Partei UFDG organisiert wurde. Vielmehr handelte es sich um einen privaten Aufruf des Klägers und seiner überlebenden Freunde.
44Ferner geht das Gericht nicht davon aus, dass der Kläger eine besonders exponierte Stellung in der Partei UFDG gehabt hat, die zu einer Gefahrerhöhung führen würde. Dies folgt schon nicht aus den geschilderten Ereignissen, wonach der Kläger lediglich in seinem Stadtviertel für die Jugendarbeit zuständig gewesen sein soll. Auch der Auskunft des Auswärtigen Amtes lässt sich nichts Anderes entnehmen. Danach konnte der Kläger noch nicht einmal als einfaches Parteimitglied identifiziert werden. Eine überregionale Bekanntheit des Klägers wurde weder geltend gemacht, noch ist diese ersichtlich.
45Selbst wenn man davon ausginge, dass die geschilderten Geschehnisse des Klägers – entgegen der soeben getroffenen Würdigung – im Kern zutreffen sollten, bestehen erhebliche Zweifel daran, ob überhaupt noch ein Verfolgungsinteresse in Bezug auf den Kläger besteht.
462. Aus den gleichen Gründen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Unabhängig davon scheidet ein solcher Anspruch bereits deshalb aus, weil der Kläger auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland und damit aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist, Art. 16a Abs. 2 S. 1 und 2 GG.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 07.11.1995 – 9 C 73.95 –, juris Rn. 8.
483. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG.
49Nach dieser Vorschrift ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gelten die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder die ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). Die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens muss von einem Verfolgungsakteur i. S. d. §§ 4 Abs. 3 Satz 1, 3c AsylG ausgehen.
50Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 AsylG wegen einer Straftat gesucht werden und bei seiner Rückkehr die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe besteht, liegen im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen nicht vor.
51Dem Kläger droht im Fall der Rückkehr aus den zu § 3 AsylG genannten Gründen auch keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
52Es besteht auch keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Klägers infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG).
534. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
54Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
55Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Schlechte humanitäre Bedingungen im Zielgebiet, die nicht einem verantwortlichen Akteur zuzurechnen sind, können nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebungsverbot im Sinne von Art. 3 EMRK darstellen und damit zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung sprechen. Dies kommt allerdings nur in ganz außergewöhnlichen Einzelfällen in Betracht und erfordert ein sehr hohes Schädigungsniveau.
56Vgl. EGMR, Urteil vom 28.06.2011 – 8319/07 und 11449/07 – (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich), NVwZ 2012, 681, Rn. 278, 282 f.; BVerwG, Urteile vom 21.04.2022 – 1 C 10.21 –, Rn. 15, juris; und vom 31.01.2013 – 10 C 15.12 –, Rn. 23, juris; und Beschluss vom 08.08.2018 – 1 B 25.18 –, Rn. 9, juris; OVG NRW, Urteil vom 18.06.2019 – 13 A 3930/18.A –, Rn. 89 ff., juris.
57Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gerichtshofes der Europäischen Union sowie des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist dies der Fall, wenn sich ein Rückkehrer unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen bei einer Rückkehr in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihm nicht erlaubte, seine elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die seine physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder ihn in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Diese Schwelle der Erheblichkeit kann in Bezug auf vulnerable Personen schneller erreicht sein als etwa in Bezug auf gesunde und erwerbsfähige erwachsene Personen. Für die Erfüllung der vorbezeichneten Grundbedürfnisse gelten – gerade bei nicht vulnerablen Personen – nur an dem Erfordernis der Wahrung der Menschenwürde orientierte Mindestanforderungen. Das wirtschaftliche Existenzminimum ist immer dann gesichert, wenn erwerbsfähige Personen durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können. Zu den im vorstehenden Sinne zumutbaren Arbeiten zählen auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, selbst wenn diese im Bereich der sogenannten "Schatten- oder Nischenwirtschaft" angesiedelt sind.
58Vgl. EGMR, Urteil vom 13.10.2011 – 10611/09, Husseini/ Schweden –, juris, Rn. 25; BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 – 10 C 15.12 –, juris, Rn. 23 und 39; EuGH, Urteil vom 17.02.2009 – C-465/07 (Elgafaji) –, juris, Rn. 28; BVerwG, Urteile vom 21.04.2022 – 1 C 10.21 –, Rn. 16 f., juris; vom 18.02.2021 – 1 C 4.20 –, Rn. 65, juris; und vom 31.01.2013 – 10 C 15.12 –, Rn. 22, juris; EuGH, Urteile vom 19.03.2019, C-297/17, Rn 89, juris; und vom 19.03.2019, C-163/17 (Jawo), Rn. 90, juris.
59Im Rahmen des Art. 3 EMRK ist eine tatsächliche Gefahr („real risk“) erforderlich, d. h. es muss eine ausreichende reale, nicht nur auf bloßen Spekulationen gegründete Gefahr („a sufficiently real risk“) bestehen. Die tatsächliche Gefahr einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung muss danach aufgrund aller Umstände des Falles hinreichend sicher und darf nicht hypothetisch sein. Erforderlich ist danach die konkrete Gefahr der Folter oder unmenschlichen Behandlung. Es gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d. h. die für eine Verfolgung sprechenden Umstände müssen ein größeres Gewicht haben als die dagegensprechenden Tatsachen. Die Gefahr muss in dem Sinne konkret sein, dass die drohende Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Würde der Person in einem solchen engen zeitlichen Zusammenhang mit der Abschiebung durch den Vertragsstaat eintritt, dass bei wertender Betrachtung noch eine Zurechnung zu dieser Abschiebung – in Abgrenzung zu späteren Entwicklungen im Zielstaat oder gewählten Verhaltensweisen des Ausländers – gerechtfertigt erscheint.
60Vgl. EGMR, Urteil vom 28.06.2011 – 8319/07 und 11449/07 – (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich), NVwZ 2012, 681; BVerwG, Urteile vom 21.04.2022 – 1 C 10.21 –, Rn. 20 ff., juris; und vom 27.04.2010 – 10 C 5.09 –, Rn. 22, juris.
61Der Prognose, welche Gefahren einem Asylsuchenden bei Rückkehr in den Herkunftsstaat drohen, ist eine – zwar notwendig hypothetische, aber doch – realitätsnahe Rückkehrsituation zugrunde zu legen. Lebt der Asylsuchende auch in Deutschland in familiärer Gemeinschaft mit der Kernfamilie, ist hiernach für die Bildung der Prognose der hypothetische Aufenthalt des Asylsuchenden im Herkunftsland in Gemeinschaft mit den weiteren Mitgliedern dieser Kernfamilie zu unterstellen. Eine im Regelfall gemeinsame Rückkehr im Familienverband ist der Gefährdungsprognose auch dann zugrunde zu legen, wenn einzelnen Mitgliedern der Kernfamilie bereits bestandskräftig ein Schutzstatus zuerkannt oder für diese ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt worden ist.
62Vgl. BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 – 1 C 45/18 –, juris, Rn. 16 ff., 19.
63Diese Regelvermutung gemeinsamer Rückkehr als Grundlage der Prognose setzt eine familiäre Gemeinschaft voraus, die zwischen den Eltern und ihren minderjährigen Kindern (Kernfamilie) bereits im Bundesgebiet tatsächlich als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft (fort-)besteht und infolgedessen die Annahme rechtfertigt, sie werde bei einer Rückkehr in das Herkunftsland dort fortgesetzt werden. Für eine in diesem Sinne "gelebte" Kernfamilie reichen allein rechtliche Beziehungen, ein gemeinsames Sorgerecht oder eine reine Begegnungsgemeinschaft nicht aus.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 – 1 C 45/18 –, juris, Rn. 15.
65In Guinea droht nur in ganz besonderen Ausnahmefällen wegen der dortigen schlechten humanitären Verhältnisse eine Verletzung von Art. 3 EMRK. Regelmäßig ist nach der Erkenntnislage davon auszugehen, dass gesunde und arbeitsfähige Erwachsene das Existenzminimum jedenfalls durch Gelegenheitsarbeiten sichern können.
66Vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 09.08.2023 – 6 A 55/21.A –, Rn. 9, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 14.05.2024 – 5 AE 1954/24 –, Rn. 39, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 29.01.2024 – 23 K 2358/22.A –, Rn. 107 ff., juris; VG Köln, Urteil vom 03.11.2023 – 1 K 8637/18.A –, Rn. 38 ff., juris; VG Berlin, Urteil vom 13.09.2023 – VG 31 K 79/21.A –, juris; VG Leipzig, Urteil vom 04.05.2023 – 3 K 396/21.A –, juris, alle m. w. N.
67Dies gilt in der Regel auch bei zurückkehrenden Familien. Auch wenn nur ein Elternteil erwerbsfähig ist, da sich der andere Partner um die Kinder kümmert.
68Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 07.05.2024 – 14 K 8584/22.A – juris.
69Ein besonderer Ausnahmefall kann insbesondere dann vorliegen, wenn es sich bei dem Asylsuchenden um eine vulnerable Person handelt, die über kein familiäres Netzwerk verfügt.
70Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 22.12.2021 – 1 K 452/16.WI.A –, juris (Person mit Traumata und psychischen Beeinträchtigungen), VG Aachen, Urteil vom 03.11.2022 – 1 K 3005/20.A –, juris, VG Osnabrück Urteil vom 05.04.2023 – 4 A 163/20 – (jeweils alleinerziehende Mutter).
71Gemessen hieran liegt im Fall des Klägers ein besonderer Ausnahmefall nicht vor. Einer Rückkehr steht nicht entgegen, dass der Kläger gegebenenfalls mit seinen zwei noch sehr jungen, minderjährigen Kindern und dessen Mutter zurückkehren würde.
72Der Kläger hat mit der guineischen Staatsangehörigen Frau Z. Y. zwei minderjährige Kinder in Deutschland und für diese die Vaterschaft anerkannt. Der Kläger lebt mit der Mutter und seinen Kindern nicht in häuslicher Gemeinschaft., aber er besucht die Kinder wöchentlich von Freitag bis Montag und verbringt auch Urlaube mit ihnen gemeinsam. Soweit er einer Tätigkeit nachging, zahlte er auch Unterhalt für die Kinder. Ob es sich trotz fehlender häuslicher Gemeinschaft um eine „gelebte“ Kernfamilie handelt, kann vorliegend dahinstehen. Denn selbst wenn man dies annehmen würde, ist es dem Kläger im Fall der Rückkehr der gesamten Familie möglich für diese in Guinea ein Existenzminimum zu erwirtschaften. Er ist ein junger und erwerbsfähiger Mann mit einem familiären Netzwerk in Labé. Im Falle der gemeinsamen Rückkehr wäre es daher möglich, dass sich ein Partner um die Kinder kümmert und der andere Partner einer Arbeit nachgeht oder beide sich abwechseln, falls keine anderweitigen Betreuungsmöglichkeiten durch weitere Familienmitglieder zur Verfügung stünden. Dass die Mutter und die Kinder über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG verfügen, hindert sie indes nicht an der gemeinsamen Ausreise mit dem Kläger. Anhaltspunkte die gegen eine mögliche Sicherung des Existenzminimums sprechen, wurden weder vorgetragen, noch sind sie ersichtlich.
73Auch fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten für die Annahme eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
74Zur weiteren Begründung wird ergänzend gemäß § 77 Abs. 3 AsylG auf die im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen der Beklagten in dem angegriffenen Bescheid Bezug genommen.
75Die hilfsweise auf das Offensichtlichkeitsurteil beschränkte Anfechtung ist bereits unzulässig, da dem Kläger insoweit das Rechtsschutzinteresse fehlt. Nachdem das Offensichtlichkeitsurteil im angefochtenen Bescheid auf § 30 Abs. 1 AsylG a. F. (in der bis zum 26.02.2024 geltenden Fassung) und nicht auf § 30 Abs. 3 AsylG a. F. bzw. jetzt § 30 Abs. 1 Nr. 3 bis 7 AsylG (in der ab dem 27.02.2024 geltenden Fassung), gestützt war, kommt eine isolierte Aufhebung insoweit nicht in Betracht.
76Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.07.2023 – 3 L 36/23 –, juris, Rn. 14 und VG Karlsruhe, Urteil vom 18.06.2020 – 12 K 1714/18 –, juris, Rn. 12 ff. (zur a. F. des AsylG).
77Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich des streitigen Teils aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beruht die Kostenentscheidung auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 83 b AsylG. Danach entspricht es billigem Ermessen der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sie die Ziffern 5 und 6 des streitgegenständlichen Bescheids angesichts der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Beschluss vom 15.02.2023 – C-484/22, juris) aufgehoben hat.
78Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
79Rechtsmittelbelehrung
80Binnen eines Monats nach Zustellung dieses Urteils kann bei dem Verwaltungsgericht Köln schriftlich beantragt werden, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster die Berufung zulässt. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen und die Zulassungsgründe im Sinne des § 78 Abs. 3 Asylgesetz darlegen.
81Der Antrag ist durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten zu stellen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.