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Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Gründe
2I.
3Die Klägerin und Rügeführerin wendet sich in Form einer Anhörungsrüge gegen die Kostenentscheidung im Einstellungsbeschluss der Kammer vom 20. Dezember 2023 (Az. 22 K 2766/18).
4Am Tag der mündlichen Verhandlung des Verfahrens 22 K 2766/18, dem 15. November 2023, teilte der Ehemann der Klägerin einer Mitarbeiterin der Geschäftsstelle des Gerichts gegen 10:00 Uhr telefonisch mit, dass er von der Klägerin bevollmächtigt worden sei, als ihr Vertreter an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Da soeben die Bahnstrecke Richtung Köln gesperrt worden sei, sei ihm eine Teilnahme an der auf 11:30 Uhr terminierten mündlichen Verhandlung jedoch nicht möglich. Er bitte aus diesem Grund um eine Verlegung des Termins.
5Zur mündlichen Verhandlung, die um 11:40 Uhr eröffnet wurde, erschien weder die Klägerin persönlich noch ein Vertreter der Klägerin. Die Beklagte hob den streitgegenständlichen Gebührenbescheid vom 31. Januar 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. März 2018 nach Erörterung der Sach- und Rechtslage auf Hinweis des Gerichts im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf.
6Mit Schreiben vom 15. November 2023, eingegangen bei Gericht am 17. November 2023, teilte die Klägerin mit, dass sie ihrem Ehemann für den Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. November 2023 um 11:30 Uhr eine Vollmacht ausgestellt habe, weil sie diesen Termin wegen einer Gehbehinderung nicht habe wahrnehmen können. Angesichts der Sperrung der Bahnstrecke zwischen Au und Köln Hauptbahnhof und des damit einhergehenden Zugausfalls am Vormittag des 15. November 2023 sei allerdings auch ihrem Ehemann eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nicht möglich gewesen. Sie bitte daher um Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung.
7Mit Urteil vom 15. November 2023, der Klägerin am 01. Dezember 2023, der Beklagten am 05. Dezember 2023 zugestellt, wies die Kammer die Klage ab. Auf den Inhalt der Entscheidung wird im Einzelnen Bezug genommen.
8Daraufhin erklärte die Klägerin mit Schriftsatz vom 07. Dezember 2023 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragte, die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen. Ferner trug sie mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2023 vor, die Ausführungen im Urteil zur Einschätzung der Anreiseschwierigkeiten ihres Ehemannes entsprächen nicht den gegebenen Tatsachen. Ihrem Ehemann sei vom Bahnpersonal am Bahnhof Herchen um kurz vor 10 Uhr mitgeteilt worden, dass der Zugverkehr auf der Siegstrecke nach mehreren angekündigten Verspätungen gänzlich eingestellt werde. Nach eigenen Beobachtungen der Klägerin und ihres Ehemannes – ihr Haus stehe oberhalb des Bahnhofs – habe im Verlauf des Vormittags keinerlei Zugverkehr und auch kein Schienenersatzverkehr stattgefunden. Auch einem Artikel des Generalanzeigers vom 15. November 2023 zufolge seien die Züge erst am frühen Nachmitttag wieder gefahren. Zudem habe ihr Ehemann nicht die Möglichkeit gehabt, mit dem Taxi rechtzeitig zum Gerichtstermin zu erscheinen. Einen Taxistand in ihrer Ortschaft gebe es nicht; längere Fahrten wie eine solche nach Köln, seien bei dem Taxiunternehmen vorher anzumelden. Selbst die Anfahrt eines Taxis aus dem entfernt liegenden Ort Windeck hätte weitere 20 Minuten in Anspruch genommen und hätte Kosten in Höhe von 180 bis 200 Euro verursacht. Ferner sei es aufgrund des Zugausfalls auch zu einer Überlastung der Taxibetriebe gekommen. Ihr selbst sei es aufgrund einer erheblichen Gehbehinderung mit starken Schmerzen nicht möglich gewesen, den Termin persönlich wahrzunehmen.
9Die Beklagte erklärte den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2023 ebenfalls in der Hauptsache für erledigt.
10Mit Beschluss vom 20. Dezember 2023 stellte die Kammer das Verfahren 22 K 2766/18 aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen ein, erklärte das Urteil vom 15. November 2023 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung für wirkungslos und legte der Klägerin nach billigem Ermessen (§ 161 Abs. 2 VwGO) von den Gerichtskosten 2,0 der Verfahrensgebühr auf. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
11Mit Schriftsatz vom 03. Januar 2024 erhob die Klägerin Anhörungsrüge gegen die Kostenentscheidung des Einstellungsbeschlusses und beantragte, der Beklagten alle Kosten aufzuerlegen. Zur Begründung führte sie aus, sie habe in ihren Schriftsätzen vom 15. November 2023 und 12. Dezember 2023 ausführlich begründet, warum sie bzw. ihr Ehemann schuldlos verhindert gewesen seien, den Gerichtstermin wahrzunehmen. Die Begründung des Einstellungsbeschlusses gehe nicht auf dieses Vorbringen ein. Ferner habe es die Beklagte bisher versäumt, eine Kostenübernahmeerklärung abzugeben.
12Die Beklagte äußerte sich mit Schriftsatz vom 23. Januar 2024 dahingehend, dass ihr selbst die Teilnahme an dem mündlichen Verhandlungstermin mittels der Nutzung eines PKW möglich war. Auch stelle sich die Frage, welcher Taxistand seitens der Klägerin bzw. deren Bevollmächtigten in Betracht gezogen worden sei und ob die zeitlichen Komponenten, die anfallenden Kosten und Verfügbarkeit überhaupt nachgewiesen werden könnten. Weiterhin sei aus dem von der Klägerin selbst vorgelegten Artikel sowie auch des Artikels „ntv – Regionalnachrichten“ vom 15. November 2023 um 12:47 Uhr ersichtlich, dass Ersatzbusse im Einsatz gewesen seien.
13Mit Schriftsatz vom 29. Januar 2024 trug die Klägerin ergänzend vor, aufgrund des Alters ihres Ehemannes sei die Zugverbindung ergänzt durch einen kurzen Gang zum Verwaltungsgericht das allein in Frage kommende Verkehrsmittel. Sich überhastet ohne jegliche Vorbereitung in einen nicht überschaubaren Zeitablauf zu begeben habe ihrem Ehemann nicht angeraten erschienen, da nicht einmal gesichert gewesen sei, dass der gerichtliche Termin eingehalten würde.
14II.
15Die Anhörungsrüge der Klägerin und Rügeführerin vom 03. Januar 2024 hat keinen Erfolg. Sie ist als unbegründet zurückzuweisen, § 152 a Abs. 4 Satz 2 VwGO.
16Nach § 152 a Abs. 1 Satz 1 VwGO ist das Verfahren fortzuführen, wenn kein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung gegeben ist und das Gericht den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
17Gegen die Kostenlastentscheidung im Einstellungsbeschluss vom 20. Dezember 2023 war ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 158 Abs. 2 VwGO). Das Gericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör jedoch nicht verletzt.
18Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte sind aber nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen ausdrücklich zu befassen. Aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich auch keine Pflicht eines Gerichts, der von der Partei vertretenen Rechtsauffassung zu folgen. Nur wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass das Gericht aus seiner Sicht erhebliche, zum Kern des Beteiligtenvorbringens gehörende Gesichtspunkte nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hat, ist Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
19Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2024 – 4 B 46/24 –, juris, Rn. 7; BVerwG, Beschlüsse vom 18. Januar 2017 – 8 B 16.16 –, juris, Rn. 4, und vom 09. Mai 2017 ‒ 1 WNB 3.16 ‒, juris, Rn. 7, sowie Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 C 35.13 –, juris, Rn. 42, jeweils m. w. N.
20Die Anhörungsrüge ist kein Instrument, mit dem die Rechtskraft überspielt und eine neue inhaltliche Überprüfung in der Sache erreicht werden kann. Art. 103 Abs. 1 GG vermittelt keinen Anspruch darauf, dass das zur Entscheidung berufene Gericht den Kläger „erhört“ und der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgt.
21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2024 – 4 B 46/24 –, juris, Rn. 9; BVerwG, Beschluss vom 30. August 2012 – 2 KSt 1.11 –, juris, Rn. 3.
22Nach diesen Maßgaben ist ein Gehörsverstoß nicht gegeben. Die Kammer hat das Vorbringen der Klägerin, insbesondere auch aus den Schriftsätzen vom 15. November 2023 und 12. Dezember 2023, zur Kenntnis genommen und im Rahmen der Kostenentscheidung berücksichtigt. Eine ausdrückliche Aufnahme des Vortrags in die Gründe des Beschlusses war nicht erforderlich. Dass die Kammer auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vortrags zu den Anreiseschwierigkeiten der Klägerin bzw. ihres Ehemannes an ihrer bereits in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 15. November 2023 geäußerten Einschätzung festgehalten und insofern zu einer anderen Einschätzung als die Klägerin gekommen ist, führt nicht zu einem Verstoß gegen das rechtliche Gehör.
23Eine Streitwertfestsetzung erfolgt nicht. Die Gerichtsgebühr ergibt sich unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.
24Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2024 – 4 B 46/24 –, juris, Rn. 13.
26Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).