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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahren trägt die Klägerin.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit Sitz in F.. Mit „Rechnung“ vom 26. Januar 2022, der Klägerin am 31. Januar 2022 zugegangen, setzte die Beklagte Gebühren für die Führung des Transparenzregisters in Bezug auf die Kalenderjahre 2021 und 2022 in Höhe von 11,47 Euro bzw. 20,80 Euro fest. Diese „Rechnung“ enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
3Am 3. März 2022 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht München erhoben.
4Am 20. Juli 2022 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die in der „Rechnung“ vom 26. Januar 2022 enthaltenen Gebührenfestsetzungen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Durch das Transparenzregister werde mit der Ausdehnung der Meldepflicht nach dem Übergang zu einem Vollregister eine unnötige und damit unzulässige Doppelbelastung für Unternehmen und Bürger erzeugt. Es sei einfacher, die über die bereits vorhandenen Register wie z.B. das Handelsregister vorhandenen Daten auszuweiten und für die internationale Vernetzung aufzubereiten. Das Transparenzregister sei nicht geeignet, die Transparenz zu erhöhen, da sich die zu sammelnden Daten bereits aus den vorhandenen Registern ergäben. Der Zweck, nämlich die Daten zu sammeln, die sich noch nicht aus anderen Registern ergäben, sei mit der Ausdehnung zum Vollregister weggefallen. Denn damit greife das Register nicht mehr auf andere Register zurück, so dass für die hier angegriffenen Gebühren keine Grundlage mehr bestehe.
5Mit der Ausweitung zum Vollregister und der Ausdehnung der Transparenzpflicht sei das Transparenzregister auch verfassungswidrig geworden. Es liege ein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie gegen die Berufsfreiheit vor. Problematisch sei es, dass mittlerweile jedermann zur Einsichtnahme in das Transparenzregister berechtigt sei. Diese Ausweitung sei, anders als bei den Daten aus dem Handelsregister, für den Geschäftsverkehr nicht erforderlich. Über diese verstärkte Transparenz sei das Ziel des Gesetzes (Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung) nicht erreicht, da zu befürchten sei, dass den Meldepflichten nicht vollumfänglich nachgekommen werde, sondern sich eintragungspflichtige Personen hinter Strohmännern versteckten. Zudem sei Art. 30 Abs. 5 der RL (EU) 2015/849 in der durch die Richtlinie 2018/843 geänderten Fassung, der durch das Geldwäschegesetz (GwG) in nationales Recht umgesetzt werde, unionsrechtswidrig. Die Offenlegungspflicht der wirtschaftlich Berechtigten von Gesellschaften verstoße hinsichtlich des Schutzes der betroffenen personenbezogenen Daten gegen Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere gegen Art. 7 und 8 der Grundrechte-Charta (GrCH).
6Mit Bescheid vom 3. November 2022 wies das Bundesverwaltungsamt den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die über das Transparenzregister zu erhebenden Daten, insbesondere die wirtschaftliche Berechtigung, würden über das aktuelle Registerwesen (Unternehmensregister, Handelsregister, Partnerschaftsregister, Genossenschaftsregister, Vereinsregister) nicht bzw. nicht vollumfänglich erfasst. Zudem würden verschiedene Daten, die für die europäische Vernetzung gefordert würden, wie Staatsangehörigkeit und Wohnsitzland, nicht in den vorhandenen Justizregistern erfasst. Daneben hätten die Daten nicht die erforderliche Qualität und seien nicht immer digital bzw. in strukturierter Form vorhanden. Das Transparenzregister schließe daher die vorhandenen Lücken. Die Schaffung einer einheitlichen Stelle zur zentralen Datensammlung und technischen Aufbereitung für eine Vernetzung auf europäischer Ebene sei daher zwingend erforderlich und zweckmäßig. Mit der in Deutschland vorhandenen Registerlage sei keine Grundlage für eine europäische Vernetzung gegeben.
7Die Regelungen zum Transparenzregister seien nicht verfassungswidrig. Insbesondere das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung und die Berufsfreiheit seien nicht verletzt. Eingriffe in Grundrechte seien verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn sie ein legitimes Ziel verfolgten und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügten. Das sei vorliegend der Fall. Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung seien legitime Ziele und Zwecke. Zweifel an der Eignung der hier angegriffenen Transparenzregelungen, diese Ziele zu erreichen, bestünden nicht. Die erforderliche Eignung sei gegeben, wenn der angestrebte Erfolg mit Hilfe der Regelung gefördert werden könne, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung ausreichend sei. Diese Eignung könne hier insbesondere unter der Würdigung der Vorstellungen des Richtliniengebers nicht in Frage gestellt werden. Die Regelungen des Transparenzregisters zielten darauf ab, Eigentums- und Kontrollverhältnisse an Unternehmen offenzulegen. Nur wenn die wirtschaftlich Berechtigten hinter den Unternehmen bekannt seien, könnten Geldwäsche und Terrorismus effektiv bekämpft werden. Die Pflicht, den öffentlichen Zugang zu den Daten zu gewähren, erhöhe und verstärke die Transparenz. Indem Zugangshürden zu den betreffenden Informationen gesenkt und Hemmschwellen abgebaut würden, werde der Zugang größer. Je größer der Zugang sei, desto größer sei die abschreckende Wirkung. Dass mit einer Einsichtnahme in das Transparenzregister die Eigenschaft als wirtschaftlich Berechtigter eines oder mehrerer Unternehmen(s) öffentlich bekannt werden könnte und die damit einhergehenden Folgen, sei(en) im Gesetzgebungsverfahren entsprechend berücksichtigt worden. Den Ausgleich zwischen dem Einsichtnahme- und Überprüfungsinteresse im Hinblick auf Transparenz und Richtigkeit der Daten einerseits und dem Interesse der wirtschaftlich Berechtigten am Schutz ihrer personenbezogenen Daten andererseits habe der Gesetzgeber dabei bereits vorgenommen.
8Art. 30 Abs. 5 der RL (EU) 2015/849 in der durch die Richtlinie 2018/843 geänderten Fassung sei nicht unionsrechtswidrig, insbesondere liege kein Verstoß gegen Art. 7 und Art. 8 GrCH vor. In den Ausführungen des Generalanwalts D. in den Schlussanträgen vom 20. Januar 2022 werde die Zulässigkeit des Transparenzregisters mit den damit verbundenen Offenlegungspflichten und der Zugangsgewährung für die Öffentlichkeit im Hinblick auf die DS-GVO und die Europäischen Grundrechte im Kern bestätigt. Die teilweise von ihm für ungültig erklärten Regelungen beträfen Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 2 und Unterabs. 3 RL (EU) 2015/849 in der durch die RL (EU) 2018/843 geänderten Fassung. In Unterabs. 2 gehe es ihm hierbei um die Öffnung des Zugangs durch den Begriff „mindestens“ zu weiteren Daten als den im selben Unterabsatz genannten Daten. In Unterabs. 3 könne unter Bedingungen, die im nationalen Recht festzulegen seien, der Zugang zu weiteren Informationen vorgesehen werden, die die Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers ermöglichten. Sowohl Unterabs. 2 als auch Unterabs. 3 seien jedoch nicht relevant, da diese keine Bedeutung für die deutschen Umsetzungsnormen im GwG hätten.
9Mit Beschluss vom 16. Februar 2023 hat sich das Verwaltungsgericht München als örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Verwaltungsgericht Köln verwiesen. Mit Beschluss vom 22. Juni 2023 lehnte das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der Klägerin auf Bestimmung eines zuständigen Gerichts ab.
10Zur Begründung ihrer Klage wiederholt und vertieft die Klägerin im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren. In der mündlichen Verhandlung trägt die Klägerin ergänzend vor, dass die Vorschriften des GwG in Bezug auf die unbegrenzten und jedermann zustehenden Einsichtsrechte verfassungswidrig seien. Das Gericht müsse das Verfahren dementsprechend nach Art. 100 Grundgesetz aussetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Die Verfassungswidrigkeit der genannten Vorschriften führe dazu, dass das Konzept des Transparenzregisters insgesamt verfassungswidrig sei und eine Gebührenerhebung aus diesem Grund ausscheide.
11Die Klägerin beantragt,
12den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 23. November 2022 aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung wiederholt und vertieft sie im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid des Bundesverwaltungsamts.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe
18Die Klage ist unbegründet.
19Der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2022 ist in der Gestalt des Widerspruchbescheids des Bundesverwaltungsamts vom 23. November 2022 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
20Rechtsgrundlage der Gebührenfestsetzung ist § 24 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1822) in der Fassung vom 25. Juni 2021 (BGBl. I. S. 2083) i. V. m. § 1 der Besonderen Gebührenverordnung des Bundesministeriums der Finanzen zum Transparenzregister (Transparenzregistergebührenverordnung – TrGebV) in der Fassung vom 8. Januar 2020 (BGBl. I S. 93) i. V. m. der Anlage (zu § 1) Gebührenverzeichnis, Nr. 1, in der Fassung vom 12. November 2021 (BGBl. I S. 4919). Nach diesen Vorschriften erhebt die registerführende Stelle von Vereinigungen nach § 20 GwG für die Führung des Transparenzregisters Gebühren. Der hier maßgebliche Gebührentatbestand lautet: „Führung des Transparenzregisters nach § 24 Abs. 1 des Geldwäschegesetzes“. Die Höhe der Gebühr beträgt für die hier relevanten Kalenderjahre 11,47 Euro jährlich (2021) bzw. 20,80 Euro jährlich (2022).
21Die hier streitgegenständliche Gebührenfestsetzung konnte auf dieser Rechtsgrundlage erfolgen, weil die genannten Vorschriften entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen.
22Gebühren sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken. Für die gebührenrechtliche Heranziehung des Einzelnen genügt es, dass er durch eine öffentliche Leistung einen besonderen tatsächlichen Vorteil erhält. In der individuellen Zurechenbarkeit liegt die Rechtfertigung dafür, dass die Amtshandlung nicht aus allgemeinen Steuermitteln, sondern ganz oder teilweise zu Lasten des Gebührenschuldners über Sonderlasten finanziert wird. Unter Beachtung dieser Kriterien verfügt der Gebührengesetzgeber über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen, welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er hierfür aufstellen und welche über die Kostendeckung hinausreichenden Zwecke, etwa einer begrenzten Verhaltenssteuerung in bestimmten Tätigkeitsbereichen, er mit einer Gebührenregelung anstreben will.
23Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 11. August 1998 – 1 BvR 1270/94 –, juris, Rn. 19; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 10. April 2019 – 9 B 3/19 –, juris, Rn. 7; jeweils m. w. N. aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
24Ausgehend von diesen Maßstäben liegt der in § 24 Abs. 1 Satz 1 GwG vom Gesetzgeber angeordneten Gebührenerhebung eine hinreichend konkret-individuelle Sonderrechtsbeziehung zwischen der Amtshandlung, mithin des Führens des Transparenzregisters, und den von der Amtshandlung Betroffenen, mithin den in den §§ 20, 21 GwG genannten juristischen Personen des Privatrechts, Personengesellschaften und sonstigen Rechtsgestaltungen, zu denen auch die Klägerin gehört, vor, wodurch die Finanzierung der Amtshandlung über Verwaltungsgebühren als Sonderlast ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung erfährt.
25Die Einrichtung des Transparenzregisters erfolgt objektiv im Interesse der in den §§ 20, 21 GwG genannten transparenzpflichtigen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Rechtsgestaltungen, indem es durch die durch das Register geschaffene Transparenz einen Beitrag dazu leistet, den Missbrauch der transparenzpflichtigen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Rechtsgestaltungen zu verhindern. Denn wird eine Vereinigung im Sinne des § 20 GwG etwa im Rahmen einer Geschäftspraktik, bei der durch eine Vielzahl von Transaktionen die Herkunft von Vermögenswerten verschleiert werden sollen (sog. „Layering“), zu einer gegenleistungsfreien Scheintransaktion angewiesen, so läuft dies dem regelmäßig auf Gewinnerzielung ausgerichteten unternehmenstragenden Gesellschaftszweck zuwider. Wird die Vereinigung im Rahmen des sog. „Layering“ zu neutralen Transaktionen (Verwirrspiel) veranlasst oder im Rahmen der Integration „nur“ zur Vermögensanlage benutzt, so ist dies zwar nicht unbedingt ökonomisch nachteilig, läuft mit der Verwendung zu Geldwäschezwecken aber dem objektiven Gesellschaftszweck zuwider. Denn bspw. gemäß § 1 GmbHG kann Gesellschaftszweck nur ein „gesetzlich zulässiger“ Zweck sein. Indem die durch das Register geschaffene Transparenz in Bezug auf den wirtschaftlich Berechtigten (§ 3 GwG) präventiv der Entstehung, zumindest aber der Ausnutzung der wirtschaftlichen Berechtigung zu Geldwäschezwecken entgegenwirkt, verhindert sie diesen Missbrauch.
26So zutreffend Seehafer, in: Herzog, Geldwäschegesetz, 5. Aufl. 2023, GwG § 24 Rn. 5.
27Ausweislich der Richtlinien- und Gesetzesbegründungen verfolgen sowohl der europäische wie auch der deutsche Gesetzgeber mit der Schaffung des Transparenzregisters den vorstehend beschriebenen Zweck. Der europäische Gesetzgeber hat die Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Art. 30 Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission (im Folgenden: Vierte EU-Geldwäscherichtlinie) dazu verpflichtet, ein zentrales Register für die Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten zu schaffen. Im Erwägungsgrund 14 heißt es dazu:
28„Im Interesse größerer Transparenz zwecks Bekämpfung des Missbrauchs von juristischen Personen sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Informationen über den wirtschaftlichen Eigentümer unter vollständiger Einhaltung des Unionsrechts in einem Zentralregister außerhalb der Gesellschaft gespeichert werden. Die Mitgliedstaaten können hierfür eine zentrale Datenbank, in der Informationen über wirtschaftliche Eigentümer gespeichert werden, das Handelsregister oder ein anderes Zentralregister verwenden.“
29Im Erwägungsgrund 30 der Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU (im Folgenden: Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie) heißt es ferner:
30„Durch den Zugang der Öffentlichkeit zu Angaben über die wirtschaftlichen Eigentümer wird eine größere Kontrolle der Informationen durch die Zivilgesellschaft (einschließlich Presse und zivilgesellschaftlichen Organisationen) ermöglicht und das Vertrauen in die Integrität der Geschäftstätigkeit und des Finanzsystems gestärkt. Auf diese Weise kann insofern ein Beitrag zur Bekämpfung des Missbrauchs von Gesellschaften und anderen juristischen Personen und ähnlichen Rechtsvereinbarungen für die Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung geleistet werden, als Ermittlungen erleichtert und Reputationseffekte bewirkt werden können, da jedem, der Geschäfte abschließen könnte, die Identität der wirtschaftlichen Eigentümer bekannt ist.“
31Der deutsche Gesetzgeber hat die durch die vorgenannten Richtlinien vorgegebene Verpflichtung zur Schaffung eines Transparenzregisters durch die §§ 18 ff. GwG in nationales Recht umgesetzt. In Bezug auf die Schaffung eines Gebührentatbestands führt der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung aus:
32„Im Hinblick auf die Finanzierung des Transparenzregisters legt Absatz 1 die Grundlage zur Erhebung von Gebühren, zu deren Zahlung Vereinigungen nach § 20 des Entwurfs und Rechtsgestaltungen nach § 21 des Entwurfs herangezogen werden können, unabhängig davon, ob diese ihren Transparenzpflichten tatsächlich nachkommen. In der Führung des Transparenzregisters liegt eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung, selbst wenn die Meldepflicht für Vereinigungen gemäß § 20 Absatz 2 des Entwurfs als erfüllt gilt. Auch in diesen Fällen stellt das Transparenzregister Informationen über deren wirtschaftlich Berechtigte zur Verfügung und trägt damit über die Erhöhung der Transparenz dazu bei, den Missbrauch der Vereinigungen zu verhindern. Denn erst aus der Tatsache, dass keine separate Eintragung im Transparenzregister aufgrund einer Mitteilung erfolgt ist, ergibt sich, dass im konkreten Fall die Stellung als wirtschaftlich Berechtigter aus der Gesellschafter- oder Geschäftsführerstellung herrührt.“ (BT-Drs. 18/11555, S. 134)
33Die hiergegen gerichteten Einwände der Klägerin greifen nicht durch. Die Klägerin meint, dass die Gebühr für die Führung des Transparenzregisters eine Doppelbelastung für juristische Personen des Privatrechts darstelle, weil die wesentlichen Informationen bereits im Handels- bzw. Unternehmensregister enthalten seien. Es sei im Übrigen kostengünstiger, die bestehenden Register zu verbessern, damit diese für die Zwecke des europaweiten Datenaustauschs geeignet seien. Dem Gesetzgeber steht insoweit jedoch – wie oben dargestellt – ein weiter Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum zu. Wenn sich der Gesetzgeber – wie hier – in Übereinstimmung mit den Vorschriften der europäischen Richtlinien dazu entschließt, nicht auf die bestehenden Register zurückzugreifen, sondern ein neues Register zu schaffen, um so den europäischen Vorgaben insbesondere in technischer Hinsicht zu entsprechen, dann geschieht dies innerhalb des weiten gesetzgeberischen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraums. Rechtlich ist insoweit nichts zu erinnern.
34Die Klägerin dringt auch nicht mit ihrem zentralen Einwand durch, dass das Transparenzregister als solches auf einem verfassungswidrigen Grundkonzept beruhe und eine Gebührenerhebung deshalb dem Grunde nach ausscheide. Nach Ansicht der Klägerin folge die Verfassungswidrigkeit des Transparenzregisters aus § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, Nr. 50 vom 19. Dezember 2019, S. 2602). Nach dieser Vorschrift ist „allen Mitgliedern der Öffentlichkeit“ die Einsichtnahme in das Transparenzregister bei Vereinigungen nach § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG und Rechtsgestaltungen nach § 21 GwG gestattet. Dieses unbegrenzte Einsichtsrecht stelle einen Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG dar. Wenn der Europäische Gerichtshof (im Folgenden: EuGH) die der nationalen Vorschrift zugrundeliegende Richtlinienvorschrift wegen Verstoßes gegen die Art. 7 und 8 der Grundrechtecharta für unionsrechtswidrig erklärt habe, könne für die nationale Vorschrift in Bezug auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung im Ergebnis nichts anderes gelten. Der nationale Gesetzgeber habe § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG jedoch bisher nicht an die EuGH-Rechtsprechung angepasst, so dass derzeit ein unions- und versfassungswidriges Transparenzregisterrecht in Kraft sei. Dass die Beklagte nach Verkündung der EuGH-Entscheidung ihre Verwaltungspraxis geändert und nunmehr – sozusagen contra legem – die alte Fassung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG anwende, wonach die Einsichtnahme in das Transparenzregister nur dann gestattet sei, wenn der Antragsteller der registerführenden Stelle ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme darlege, ändere an der grundsätzlich bestehenden Verfassungswidrigkeit des weiterhin geltenden Transparenzregisterrechts nichts.
35Die Argumentation der Klägerin geht fehl, weil sie von einer unzutreffenden Prämisse ausgeht. Entgegen der Ansicht der Klägerin besteht nach geltendem Recht kein uneingeschränktes Einsichtsrecht in das Transparenzregister für Jedermann. Dementsprechend verstößt das Transparenzregister in seiner derzeit geltenden Form nicht gegen Unionsrecht. Ein Verstoß gegen das (deutsche) Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor, weil die maßgeblichen Vorschriften des GwG wegen des Vorrangs des Unionsrechts nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes, sondern nur an den Unionsgrundrechten zu messen sind.
36Im Einzelnen:
37Ursprünglich hat der europäische Richtliniengeber für Mitglieder der Öffentlichkeit nur ein eingeschränktes Einsichtsrecht vorgesehen. Die Vorschrift in Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. c der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie sah vor, dass Angaben zu den wirtschaftlichen Eigentümern in allen Fällen zugänglich sind für alle Personen oder Organisationen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Richtlinienvorschrift umgesetzt durch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG in der Fassung vom 23. Juni 2017. Danach war die Einsichtnahme jedem gestattet, der der registerführenden Stelle darlegt, dass er ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme hat. Der europäische Richtliniengeber hat dann mit Art. 1 Nr. 15 Buchst. c der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie das Einsichtsrecht auf „alle Mitglieder der Öffentlichkeit“ ausgeweitet. Hintergrund dieser Änderung war, dass der europäische Richtliniengeber wegen des Fehlens einer einheitlichen Definition des Begriffs „berechtigtes Interesse“ praktische Schwierigkeiten festgestellt hatte.
38Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2022 – C-37/20 und C-601/20 – juris, Rn. 68.
39Der deutsche Gesetzgeber hat die Änderungsrichtlinie mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2602) umgesetzt. Seitdem bestimmt diese Vorschrift, dass die Einsichtnahme „allen Mitgliedern der Öffentlichkeit“ gestattet ist.
40Der EuGH hat dann mit Urteil vom 22. November 2022 (C-37/20 und C-601/20 – juris) entschieden, dass Art. 1 Nr. 15 Buchst. c der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/843) ungültig ist, soweit durch diese Bestimmung Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. c der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/849) dahin geändert wurde, dass dieser in seiner so geänderten Fassung vorsieht, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer der in ihrem Gebiet eingetragenen Gesellschaften oder anderen juristischen Personen in allen Fällen für alle Mitglieder der Öffentlichkeit zugänglich sind. Zur Begründung hat der EuGH im Wesentlichen ausgeführt, dass der Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer einen nicht gerechtfertigten Eingriff in Art. 7 (Achtung des Privat- und Familienlebens) und Art. 8 (Schutz der personenbezogenen Daten) der Grundrechtecharta darstelle. Zwar verfolge der Unionsgesetzgeber ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel. Denn er wolle dadurch, dass er den Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer vorsehe, die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung verhindern, indem er mit erhöhter Transparenz ein Umfeld schaffe, das weniger leicht für diese Zwecke genutzt werden könne.
41Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2022 – C-37/20 und C-601/20 – juris, Rn. 56 ff. mit Verweis auf die Erwägungsgründe 30 und 31 der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie.
42Auch sei der im Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit liegende Eingriff geeignet, zur Verwirklichung der dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung der Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung beizutragen. Der Eingriff sei aber im Ergebnis nicht erforderlich, weil er nicht auf das zur Zielerreichung Notwendige beschränkt sei. Hierzu führt der EuGH u.a. aus:
43„Auch die geltend gemachten Wirkungen und der Verweis in diesem Zusammenhang auf die Erläuterungen im 30. Erwägungsgrund der Richtlinie 2018/843 können die absolute Erforderlichkeit des in Rede stehenden Eingriffs nicht belegen. Soweit es in diesem Erwägungsgrund heißt, dass durch den Zugang der Öffentlichkeit zu Angaben über die wirtschaftlichen Eigentümer eine größere Kontrolle der Informationen durch die Zivilgesellschaft ermöglicht werde und insoweit ausdrücklich Presse und zivilgesellschaftliche Organisationen erwähnt werden, ist nämlich darauf hinzuweisen, dass sowohl die Presse als auch die zivilgesellschaftlichen Organisationen, die einen Bezug zur Verhütung und zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung aufweisen, ein berechtigtes Interesse am Zugang zu Angaben über die wirtschaftlichen Eigentümer haben. Gleiches gilt für die ebenfalls in diesem Erwägungsgrund erwähnten Personen, die die Identität der wirtschaftlichen Eigentümer einer Gesellschaft oder einer anderen juristischen Person in Erfahrung bringen möchten, da sie mit dieser Geschäfte abschließen könnten, oder für Finanzinstitute und Behörden, die an der Bekämpfung von Straftaten im Bereich der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung mitarbeiten, soweit die letztgenannten Einrichtungen nicht ohnehin bereits auf der Grundlage von Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a und b der geänderten Richtlinie 2015/849 Zugang zu den fraglichen Angaben haben. Im Übrigen ist, soweit im selben Erwägungsgrund klargestellt wird, dass der Zugang der Öffentlichkeit zu Angaben über die wirtschaftlichen Eigentümer zur Bekämpfung des missbräuchlichen Einsatzes von Gesellschaften und anderen juristischen Personen ‚einen Beitrag […] leisten kann‘ und dass er zu Strafermittlungen ‚beitragen [würde]‘, festzustellen, dass auch mit diesen Erwägungen nicht dargetan werden kann, dass diese Maßnahme absolut erforderlich ist, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern. Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Eingriff in die in den Art. 7 und 8 der Charta garantierten Rechte, der sich aus dem Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer ergibt, auf das absolut Erforderliche beschränkt ist.“ (EuGH, Urteil vom 22. November 2022 – C-37/20 und C-601/20 –, juris, Rn. 73 ff.)
44Darüber hinaus sei der Eingriff auch unverhältnismäßig, weil es an einer ausgewogenen Gewichtung der dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung und der in Rede stehenden Grundrechte fehle. Hierzu führt der EuGH u.a. aus:
45„Außerdem ist in Bezug auf die Gewichtung der in den Rn. 41 bis 44 des vorliegenden Urteils festgestellten Schwere dieses Eingriffs und der Bedeutung der dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung der Verhütung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung davon auszugehen, dass diese Zielsetzung in Anbetracht ihrer Bedeutung, wie in Rn. 59 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, zwar – selbst schwerwiegende – Eingriffe in die in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechte zu rechtfertigen vermag, zum einen die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung aber vorrangig den Behörden sowie Einrichtungen wie etwa Kreditinstituten und Finanzinstituten, denen aufgrund ihrer Tätigkeiten spezifische Pflichten in diesem Bereich auferlegt sind, obliegt. Aus diesem Grund müssen auch nach Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a und b der geänderten Richtlinie 2015/849 die Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer in jedem Fall den zuständigen Behörden und den zentralen Meldestellen ohne Einschränkung sowie den Verpflichteten im Rahmen der Erfüllung der Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden zugänglich sein. Zum anderen stellt im Vergleich zu einer Regelung wie Art. 30 Abs. 5 der Richtlinie 2015/849 in seiner vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2018/843 geltenden Fassung, die neben dem Zugang der zuständigen Behörden und bestimmter Einrichtungen den Zugang aller Personen oder Organisationen vorsah, die ein berechtigtes Interesse nachweisen konnten, die mit der letztgenannten Richtlinie eingeführte Regelung, die den Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer vorsieht, einen erheblich schwereren Eingriff in die in den Art. 7 und 8 der Charta verbürgten Grundrechte dar, ohne dass diese zusätzliche Schwere durch etwaige Vorteile kompensiert würde, die sich aus der letztgenannten Regelung im Vergleich zur früheren hinsichtlich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ergeben könnten.“ (EuGH, Urteil vom 22. November 2022 – C-37/20 und C-601/20 –, juris, Rn. 83 ff.)
46Aus diesem Urteil ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, Nr. 50 vom 19. Dezember 2019, S. 2602) wegen des europarechtlichen Anwendungsvorrangs in seinem Geltungsanspruch zwar unberührt bleibt, aber in der Anwendung soweit zurückgedrängt wird, wie es die EU-Verträge erfordern.
47Vgl. Wollenschläger, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2015, GG Art. 23, Rn. 13.
48Zurückgedrängt wird demzufolge nur die durch Art. 1 Nr. 15 Buchst. c der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie erfolgte Änderung von Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. c der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie. Denn der EuGH hat nur die Änderung für unwirksam erklärt, nicht aber Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. c der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie selbst. Daraus folgt auf nationaler Ebene, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 wegen Verstoßes gegen die Art. 7 und 8 GrCH nicht angewendet werden darf. Bei einer Vorlage nach Art. 267 AEUV käme der EuGH für die deutsche Regelung zu demselben Ergebnis wie für die luxemburgische, sodass von der Situation des acte éclairé auszugehen ist: Der EuGH hat bereits in einem identischen Fall entschieden, sodass eine Vorlage entbehrlich ist.
49Vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – C-283/81 –, juris, Rn. 13.
50Die Anwendung von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 23. Juni 2017 begegnet hingegen keinen europarechtlichen Bedenken.
51So im Ergebnis auch Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 5. September 2024 – 13 K 5433/19 – juris, Rn. 48 ff.
52Solche hat auch die Klägerin nicht vorgetragen.
53Mangels Anwendbarkeit von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 scheidet auch die von der Klägerin vorgebrachte Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG aus.
54Ungeachtet dessen ist § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 nicht an Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG, sondern ausschließlich an den Artikeln 7 und 8 der GrCH zu messen. Denn im Geltungsbereich des Rechts der Europäischen Union hängt die Bestimmung der für deutsche Behörden und Gerichte maßgeblichen Grundrechtsverbürgungen grundsätzlich davon ab, ob die zu entscheidende Rechtsfrage unionsrechtlich vollständig determiniert ist. Dies richtet sich in aller Regel nach den Normen, aus denen die Rechtsfolgen für den streitgegenständlichen Fall abzuleiten sind, also danach, ob das streitgegenständliche Rechtsverhältnis und die sich aus ihm konkret ergebenden Rechtsfolgen durch das Unionsrecht oder das nationale Recht festgelegt werden. Maßgeblich sind die im konkreten Fall anzuwendenden Vorschriften in ihrem Kontext, nicht eine allgemeine Betrachtung des in Rede stehenden Regelungsbereichs.
55BVerfG, Beschlüsse vom 27. April 2021 – 2 BvR 206/14 – juris, Rn. 35 und 42, und vom 6. November 2019 – 1 BvR 276/17 –, juris Rn. 78; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 14. Dezember 2021 – 9 A 1531/16 – juris, Rn. 144, und vom 21. Februar 2022 – 9 A 361/18 –, juris, Rn. 107, und Beschluss vom 17. Mai 2023 – 13 B 783/22 –, juris, Rn. 16 ff.
56Aus der gewählten Handlungsform (Art. 288 AEUV) allein lassen sich dabei keine abschließenden Konsequenzen ableiten: Auch Verordnungen (Art. 288 Abs. 2 AEUV) können durch Öffnungsklauseln Gestaltungsfreiräume für Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten begründen, ebenso wie Richtlinien (Art. 288 Abs. 3 AEUV) zwingende und abschließende Vorgaben machen können. Die Frage nach der vollständigen unionsrechtlichen Determinierung eines Rechtsverhältnisses ist vielmehr auf der Grundlage einer methodengerechten Auslegung des unionalen Sekundär- und Tertiärrechts zu entscheiden. Sie hat sich daran zu orientieren, ob die in Rede stehenden Normen des Unionsrechts auf die Ermöglichung von Vielfalt und die Geltendmachung unterschiedlicher Wertungen angelegt sind oder ob eingeräumte Spielräume nur dazu dienen sollen, besonderen Sachgegebenheiten hinreichend flexibel Rechnung zu tragen, und das unionale Fachrecht vom Ziel einer gleichförmigen Rechtsanwendung getragen ist.
57Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. April 2021 – 2 BvR 206/14 –, juris, Rn. 43 f. m. w. N.
58Ausgehend von diesen Maßstäben ist § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 unionsrechtlich vollständig determiniert. Art. 1 Nr. 15 Buchst. c der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie ist vom Ziel einer gleichförmigen Rechtsanwendung getragen. Hiervon ist auch der deutsche Gesetzgeber ausgegangen. In der Gesetzesbegründung heißt es:
59„Die Änderung in § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 dient der Umsetzung von Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe c der Änderungsrichtlinie. Demnach müssen alle Mitglieder der Öffentlichkeit Zugang zu bestimmten (eingeschränkten) Daten von wirtschaftlich Berechtigten erhalten.“ (BT-Drs. 19/13827, S. 90 – Hervorhebung hinzugefügt)
60Die Gebührenfestsetzung begegnet auch der Höhe nach keinen rechtlichen Bedenken. Da die einschlägige Gebührentarifstelle eine Festgebühr vorsieht, hatte die Beklagte kein der gerichtlichen Kontrolle nach § 114 VwGO unterliegendes Ermessen auszuüben. Die Klägerin ist auch richtige Gebührenschuldnerin und damit richtige Adressatin des angegriffenen Gebührenbescheids. Sonstige Fehler bei der Gebührenfestsetzung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
62Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
63Rechtsmittelbelehrung
64Innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils kann bei dem Verwaltungsgericht Köln schriftlich beantragt werden, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster die Berufung zulässt. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
65Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster schriftlich einzureichen.
66Der Antrag ist zu stellen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
67Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
68Beschluss:
69Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
7032,27 Euro
71festgesetzt.
72Gründe
73Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG. Der festgesetzte Wert entspricht der streitigen Geldleistung.
74Rechtsmittelbelehrung
75Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Köln schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der genannten Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.