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Die vorherige Durchführung einer Vor-Ort-Untersuchung nach § 137 TKG ist keine zwingende Voraussetzung für einen Mitnutzungsantrag nach § 138 TKG.
Der Zwangsgeldrahmen aus § 202 Abs. 5 TKG ist im Rahmen einer Beschlusskammerentscheidung nach § 211 TKG weder entsprechend noch unmittelbar anwendbar. Mangels anderweitiger Regelung gilt für die Durchsetzung von Beschlusskammerentscheidungen nach §§ 211 Abs. 2, 149 TKG der Zwangsgeldrahmen aus § 11 Abs. 3 VwVG.
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 1 K 5359/23 gegen den Beschluss der Antragsgegnerin vom 18. September 2023, Az. BK11-23-008, wird hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 des Beschlusses angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen und der Antragsgegnerin zu 4/5. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu je 1/10. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
2Der Antrag der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 1 K 5359/23 gegen den Beschluss der Antragsgegnerin vom 18. September 2023, Az. BK11-23-008, anzuordnen,
4hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
5Der zulässige Antrag ist hinsichtlich Ziffer 1 des Beschlusses der Antragsgegnerin unbegründet, hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 des Beschlusses der Antragsgegnerin jedoch begründet.
6Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt von vornherein kraft bundesgesetzlicher Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 217 Abs. 1 TKG, wenn – wie hier – die Bundesnetzagentur eine Entscheidung trifft. Das Gericht der Hauptsache kann allerdings in einem solchen Fall gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO die aufschiebende Wirkung anordnen.
7Voraussetzung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollziehungsinteresse der Allgemeinheit überwiegt. Davon kann angesichts der in § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 217 Abs. 1 TKG getroffenen gesetzgeberischen Grundentscheidung nur ausgegangen werden, wenn der gegenständliche Verwaltungsakt sich aufgrund der im einstweiligen Rechtsschutz allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage entweder bereits als offensichtlich rechtswidrig erweist oder wenn in Anlehnung an die Wertung des § 80 Abs. 4 S. 3 VwGO zumindest ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.
8Gemessen an diesem Maßstab hat der Antrag nur teilweise Erfolg. Der Beschluss der Antragsgegnerin vom 18. September 2023 erweist sich nach summarischer Prüfung hinsichtlich Ziffer 1 als offensichtlich rechtmäßig (1.) und hinsichtlich Ziffer 2 als offensichtlich rechtswidrig (2.).
91.Rechtsgrundlage für die Verpflichtung in Ziffer 1 des Beschlusses, mit der gegenüber der Antragstellerin angeordnet wurde, der Beigeladenen „ein Angebot über die Mitnutzung eines Leerrohrs mit einem Innendurchmesser von mindestens 9 mm im Bereich des Bahnübergangs am Bahnkilometer N01 in 00000 W. zu unterbreiten“, ist § 149 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 138 Abs. 2 TKG.
10Nach § 149 Abs. 1 Nr. 1 TKG kann die Antragsgegnerin als nationale Streitbeilegungsstelle nach § 211 i. V. m. § 214 TKG angerufen und eine verbindliche Entscheidung beantragt werden, wenn der Eigentümer oder Betreiber eines öffentlichen Versorgungsnetzes innerhalb der in § 138 Abs. 2 TKG genannten Frist kein Angebot zur Mitnutzung abgibt oder keine Einigung über die Bedingungen der Mitnutzung zustande kommt. Nach § 138 Abs. 2 Satz 1 TKG müssen Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Versorgungsnetze Antragstellern nach § 138 Abs. 1 TKG innerhalb von zwei Monaten nach Antragseingang ein Angebot über die Mitnutzung ihrer passiven Netzinfrastruktur für den Einbau von Komponenten von Netzen mit sehr hoher Kapazität unterbreiten. Nach § 138 Abs. 1 TKG können Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze (hier: die Beigeladene) bei den Eigentümern oder Betreibern öffentlicher Versorgungsnetze (hier: die Antragstellerin) die Mitnutzung der passiven Netzinfrastrukturen der öffentlichen Versorgungsnetze für den Einbau von Komponenten von Netzen mit sehr hoher Kapazität beantragen.
11Die formellen Voraussetzungen für die Einleitung eines Verfahrens nach § 149 Abs. 1 Nr. 5 TKG lagen zum Zeitpunkt der Antragstellung vor.
12Die Beigeladene stellte am 6. Oktober 2022 bei der Antragstellerin einen Antrag auf Mitnutzung öffentlicher Versorgungsnetze, welcher den Anforderungen des § 138 Abs. 1 Satz 2 TKG gerecht wird.
13Nach § 138 Abs. 1 Satz 2 TKG muss der Antrag eine detaillierte Beschreibung des Projekts und der Komponenten des öffentlichen Versorgungsnetzes, für die die Mitnutzung beantragt wird (Nr. 1), einen genauen Zeitplan für die Umsetzung der beantragten Mitnutzung (Nr. 2) und die Angabe des Gebiets, das mit Netzen mit sehr hoher Kapazität erschlossen werden soll (Nr. 3) enthalten.
14Die Beschreibung der Komponente des öffentlichen Versorgungsnetzes, für die die Mitnutzung beantragt wird, hat den für den konkreten Einzelfall ausreichenden Detailgrad i.S.d. § 138 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TKG. Zwar enthält der Antrag der Beigeladenen keine Koordinaten der Ein- und Ausstiegspunkte, sondern erfragt diese erst noch bei der Antragstellerin. Der Antrag enthält jedoch eine genaue Bezeichnung des Bahnübergangs, in dessen Bereich die Mitnutzung eines vorhandenen Leerrohres in der Querung der Bahngleise zur Erschließung einzelner Kunden im Bereich nördlich des Bahnübergangs mit Glasfaserkabeln beantragt wird. Beigefügt ist ein Lageplan, auf welchem der Bahnübergang gekennzeichnet ist. Dies ist hier bei der begehrten Mitnutzung einer Querung von Bahngleisen an einem bestimmten Bahnübergang ausreichend. Denn letztlich kommt es der mitnutzungsbegehrenden Beigeladenen nicht darauf an, welches konkrete Leerrohr ihr im Bereich des Bahnübergangs zur Verfügung gestellt wird. Sie überlässt die Benennung des konkreten Rohrs in zulässiger Weise der Antragstellerin.
15Der Antrag enthielt auch einen genauen Zeitplan für die Umsetzung der beantragten Mitnutzung (Nr. 2) und die Angabe des Gebiets, das mit Netzen mit sehr hoher Kapazität erschlossen werden soll (Nr. 3).
16Die Antragstellerin hat innerhalb der in § 138 Abs. 2 TKG genannten Frist von zwei Monaten kein Angebot zur beantragten Mitnutzung abgegeben.
17Auch in materieller Hinsicht ist die Verpflichtung der Antragstellerin, der Beigeladenen „ein Angebot über die Mitnutzung eines Leerrohrs mit einem Innendurchmesser von mindestens 9 mm im Bereich des Bahnübergangs am Bahnkilometer N01 in 00000 W. zu unterbreiten“, nicht zu beanstanden.
18Insbesondere war die Beigeladene nicht gehalten, vor der Stellung des Mitnutzungsantrags nach § 138 Abs. 1 TKG einen Antrag auf Vor-Ort-Untersuchung nach § 137 TKG zu stellen.
19Nach § 137 Abs. 1 Satz 1 TKG können Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze bei den Eigentümern oder Betreibern öffentlicher Versorgungsnetze eine Vor-Ort-Untersuchung der passiven Netzinfrastrukturen beantragen.
20Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die vorherige Durchführung einer Vor-Ort-Untersuchung nach § 137 TKG keine zwingende Voraussetzung für einen Mitnutzungsantrag nach § 138 TKG.
21Sinn und Zweck der Vor-Ort-Untersuchung nach § 137 TKG ist es, dem Telekommunikationsnetzeigentümer/-betreiber die Möglichkeit zu geben, sich ein genaueres Bild der passiven Netzinfrastruktur zu verschaffen. Dadurch können frustrierte Aufwendungen vermieden werden, welche entstehen könnten, falls sich ansonsten erst beim Einbau der Komponenten von Netzen mit sehr hoher Kapazität etwa die Ungeeignetheit der passiven Netzinfrastruktur oder ein sonstiges Hindernis ergeben sollte. Den Regelungen der §§ 136 ff. TKG lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der Telekommunikationsnetzeigentümer/-betreiber nicht bewusst auf die vorherige Vor-Ort-Untersuchung verzichten und das Risiko solcher frustrierten Aufwendungen eingehen könnte.
22Der Wortlaut der §§ 137, 138 TKG spricht ebenfalls gegen die Annahme, dass es sich bei der Vor-Ort-Untersuchung um eine zwingende Voraussetzung der Mitnutzung handelt.
23Nach § 137 Abs. 1 Satz 1 TKG „können“ Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze eine Vor-Ort-Untersuchung beantragen. Die Norm ist durch diese Formulierung eindeutig als Recht und nicht als Pflicht der Telekommunikationsnetzeigentümer/-betreiber gegenüber den Versorgungsnetzeigentümern/ ‑betreibern ausgestaltet.
24Auch der Wortlaut des § 138 TKG enthält hierfür keine Anhaltspunkte. § 138 Abs. 1 Satz 2 TKG regelt notwendige Angaben im Antrag nach § 138 Abs. 1 Satz 1 TKG. Wenn der Gesetzgeber hätte regeln wollen, dass es sich bei der Vor-Ort-Untersuchung um eine zwingende Voraussetzung des Mitnutzungsantrags handeln soll, wäre zu erwarten gewesen, dass er an dieser Stelle als notwendige Angabe im Antrag auch etwa das Durchführungsdatum oder das Ergebnis der Vor-Ort-Untersuchung nennt.
25Auch aus der den Regelungen der §§ 136 ff. TKG zugrundeliegenden Richtlinie 2014/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation (im Folgenden: RL 2014/61/EU) ergibt sich nichts anderes.
26Art. 4 Abs. 5 Satz 1 RL 2014/61/EU regelt, dass die Mitgliedstaaten vorzuschreiben haben, dass Versorgungsnetzeigentümer/-betreiber auf konkreten schriftlichen Antrag eines Telekommunikationsnetzeigentümers/-betreibers zumutbaren Anträgen auf Vor-Ort-Untersuchung bestimmter Komponenten ihrer physischen Infrastrukturen stattgeben müssen. Erwägungsgrund 22 der RL 2014/61/EU spricht davon, dass Telekommunikationsnetzeigentümer/-betreiber „die Möglichkeit haben“ sollten, „Vor-Ort-Untersuchungen durchzuführen“. Daraus ergibt sich, dass die Vor-Ort-Untersuchung nach dem Willen des Richtliniengebers der Erweiterung des Rechtskreises der Telekommunikationsnetzeigentümer/-betreiber dienen sollte und nicht als zwingende Voraussetzung eines Mitnutzungsantrags gedacht war.
27Der Informationsanspruch nach § 136 TKG und die Vor-Ort-Untersuchung nach § 137 TKG sind nur insoweit „dem Mitnutzungsanspruch logisch vorausgehende Stufen“,
28so VG Köln, Beschluss vom 29. Dezember 2022 – 1 L 1150/22 –, Rn. 32, juris,
29als dass deren Geltendmachung zeitlich nach Stellung des Antrags auf Mitnutzung nach § 138 TKG nicht mehr zielführend wäre. Wenn überhaupt ein Antrag nach § 136 TKG oder § 137 TKG gestellt wird, dann zeitlich vor Stellung des Antrags nach § 138 TKG.
30Es kann sich lediglich im Einzelfall eine faktische Notwendigkeit für die Durchführung einer Vor-Ort-Untersuchung nach § 137 TKG für den Telekommunikationsnetzeigentümer/-betreiber ergeben, wenn er ohne die vorherige Vor-Ort-Untersuchung nicht in der Lage wäre, die nach § 138 Abs. 1 Satz 2 TKG notwendigen Angaben im Mitnutzungsantrag zu machen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da der Antrag vom 6. Oktober 2022, wie oben ausgeführt, den Anforderungen des § 138 Abs. 1 Satz 2 TKG gerecht wird.
31Die Antragstellerin kann die Vor-Ort-Untersuchung auch nicht über ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Mitnutzungen als zwingende Voraussetzung eines Mitnutzungsantrags über § 138 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 TKG als „faire und angemessene Bedingung“ statuieren. Denn diese Norm regelt das auf den Antrag auf Mitnutzung hin erfolgende Angebot des Versorgungsnetzeigentümers/-betreibers. Dieser Verfahrensschritt kommt erst zum Tragen, wenn bereits das Vorliegen eines vollständigen Antrags nach § 138 Abs. 1 TKG bejaht wurde. In diesem späteren Verfahrensschritt können aber logischerweise keine zusätzlichen Voraussetzungen für einen vorherigen, bereits abgeschlossenen Verfahrensschritt aufgestellt werden.
32Die Antragstellerin dringt auch nicht mit dem Einwand durch, dass sie ohne vorherige Vor-Ort-Untersuchung nach § 137 TKG nicht in der Lage sei zu beurteilen, ob die passive Netzinfrastruktur, deren Mitnutzung beantragt ist, ausreichend Platz für die beabsichtigte Unterbringung der Komponenten von Netzen mit sehr hoher Kapazität bietet. Würde man der Argumentation der Antragstellerin folgen und die (nach § 137 Abs. 5 TKG für den Telekommunikationsnetzeigentümer/-betreiber kostenpflichtige) Vor-Ort-Untersuchung deshalb als zwingende Voraussetzung für eine Mitnutzung ansehen, würde dies die vom Gesetzgeber vorgesehene Darlegungs- und Beweislastverteilung unterlaufen. Denn die Frage des fehlenden Platzes für die beabsichtigte Unterbringung der Komponenten von Netzen mit sehr hoher Kapazität hat der Gesetzgeber in § 141 Abs. 2 Nr. 2 TKG als Einwendung des Versorgungsnetzeigentümers/-betreibers geregelt. Für die Einwendungen nach § 141 Abs. 2 TKG trägt der Versorgungsnetzeigentümer/-betreiber die Darlegungs- und Beweislast,
33so auch ausdrücklich der Gesetzgeber des DigiNetzG, BT-Drucks. 18/8332, S. 48.
34Dies entspricht auch der zugrundeliegenden Regelung in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 RL 2014/61/EU.
35Die Antragstellerin hat keinen Ablehnungsgrund i.S.d. § 141 Abs. 2 TKG dargelegt. Nach dieser Vorschrift darf der Antrag auf Mitnutzung nur abgelehnt werden, wenn einer der in den folgenden Nr. 1-7 genannten Gründe vorliegt.
36Den Ablehnungsgrund des fehlenden Platzes nach § 141 Abs. 2 Nr. 2 TKG hat die Antragstellerin schon deshalb nicht dargelegt, weil sie, wie bereits ausgeführt, lediglich geäußert hat, dass sie nicht wisse, ob ausreichend Platz vorhanden sei.
37Die von der Antragstellerin in der Antragserwiderung im Verwaltungsverfahren geltend gemachte und in der mündlichen Verhandlung vor der Beschlusskammer der Antragsgegnerin wiederholte Ablehnung nach § 141 Abs. 2 Nr. 4 TKG („konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die beantragte Mitnutzung die Integrität oder Sicherheit bereits bestehender öffentlicher Versorgungsnetze, insbesondere nationaler Kritischer Infrastrukturen, gefährdet“) bezog sich auf den Fall, dass die Beigeladene beabsichtigen sollte, selbst ein Mikrorohr zu verlegen. Darauf war der Mitnutzungsantrag der Beigeladenen aber nicht gerichtet. Beantragt war vielmehr von Anfang an (nur) die Mitnutzung eines bereits vorhandenen Leerrohres mit einem Mindestdurchmesser von 9 mm. Entsprechend lautet auch der Tenor des streitgegenständlichen Beschlusses der Antragsgegnerin. Im Übrigen dürfte es sich bei der Frage, ob das Kabel mit einem es umschließenden (zusätzlichen) Mikrorohr verlegt werden soll, eher um eine Frage des „Wie“ der Mitnutzung handeln als um eine Frage des „Ob“. § 141 TKG regelt jedoch nur Ablehnungsgründe für das „Ob“ der Mitnutzung. Regelungen für das „Wie“ der Mitnutzung finden sich demgegenüber in § 138 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Abs. 3 TKG (dazu sogleich).
38Auf die von der Antragsgegnerin im angefochtenen Beschluss bejahte Frage, ob Versagungsgründe nur innerhalb der Frist nach § 138 Abs. 2 TKG geltend gemacht werden können und bei Nichtgeltendmachung innerhalb dieser Frist präkludiert sind, kommt es demnach hier nicht an.
39Ebenso wenig kommt es zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Beschlusses darauf an, ob die Antragstellerin im Rahmen der „fairen und angemessenen Bedingungen“ nach § 138 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 TKG und zur Wahrung der Anforderungen der öffentlichen Sicherheit und der anerkannten Regeln der Technik nach § 138 Abs. 3 TKG Vorgaben hinsichtlich der zu verwendenden Kabelmodelle machen kann. Denn Tenor des streitgegenständlichen Beschlusses ist lediglich, dass die Antragstellerin der Beigeladenen „ein Angebot über die Mitnutzung eines Leerrohrs mit einem Innendurchmesser von mindestens 9 mm im Bereich des Bahnübergangs am Bahnkilometer N01 in 00000 W. zu unterbreiten“ hat. Der streitgegenständliche Beschluss trifft also keine verbindliche Regelung hinsichtlich der Modalitäten der Mitnutzung. Dennoch sei zur Vermeidung eines möglichen Folgeverfahrens an dieser Stelle angemerkt, dass § 138 Abs. 3 TKG zwar Anforderungen an die Art und Qualität der zu verwendenden Kabel stellt, eine einseitige abschließende Auflistung bestimmter Kabelmodelle von bestimmten Herstellern durch den Versorgungsnetzeigentümer/-betreiber aber wohl nicht zulässig sein dürfte. Der Versorgungsnetzeigentümer/-betreiber hat keine Kompetenz abschließend festzustellen, welche Kabelmodelle welcher Hersteller den spezifischen Anforderungen seines Versorgungsnetzes genügen und welche nicht.
402.Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Beschlusses ist offensichtlich rechtswidrig.
41Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 6 Abs. 1, 9, 11 und 13 VwVG.
42Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Zwangsgeldandrohung sind zwar gegeben. Auf Rechtsfolgenseite liegt aber ein Ermessensfehler hinsichtlich der Höhe des angedrohten Zwangsgelds vor. Die Antragsgegnerin hat ihren diesbezüglichen Ermessenserwägungen zu Unrecht den gegenüber § 11 Abs. 3 VwVG (bis zu 25.000 Euro) deutlich erhöhten Zwangsgeldrahmen des § 202 Abs. 5 TKG zugrunde gelegt. Nach dieser Vorschrift kann zur Durchsetzung der Anordnungen nach § 202 Abs. 2 TKG nach Maßgabe des VwVG ein Zwangsgeld von mindestens 1.000 Euro bis höchstens 10 Mio. Euro festgesetzt werden.
43§ 202 Abs. 5 TKG ist im Rahmen einer Beschlusskammerentscheidung nach § 211 TKG weder entsprechend noch unmittelbar anwendbar.
44Der von der Antragsgegnerin als Verweisungsvorschrift herangezogene § 212 Abs. 4 TKG, welcher die entsprechende Geltung der §§ 202 bis 207, 211 und 213 bis 217 TKG anordnet, ist nicht auf das Tätigwerden einer Beschlusskammer nach § 211 TKG anwendbar. Das ergibt sich aus der systematischen Stellung der Verweisung in § 212 TKG. § 212 TKG regelt die Zuständigkeit der Beschlusskammer für „sonstige Streitigkeiten zwischen Unternehmen“, welche gerade nicht von den in § 211 TKG geregelten Fällen abgedeckt sind. Vorliegend wurde die Beschlusskammer nicht nach § 212 TKG, sondern nach § 211 Abs. 2 i.V.m. § 149 TKG tätig.
45Ganz eindeutig wird die Trennung der Verfahren des § 211 TKG von den sonstigen nach § 212 TKG daraus, dass § 212 Abs. 4 TKG auch die entsprechende Geltung der §§ 211 und 213 bis 217 TKG anordnet. Die §§ 213 bis 217 TKG gelten jedoch für das Tätigwerden einer Beschlusskammer nach § 211 TKG unmittelbar. Der Gesetzgeber hatte also bei Schaffung des § 212 Abs. 4 TKG nur das Tätigwerden einer Beschlusskammer nach § 212 Abs. 1 bis 3 TKG im Sinn und nicht das nach § 211 TKG.
46Eine analoge Anwendung der Verweisung in § 212 Abs. 4 TKG auf § 202 Abs. 5 TKG für Beschlusskammerentscheidungen scheidet mangels Regelungslücke aus. Zwar mag es wenig sinnvoll erscheinen, dass für „sonstige Streitigkeiten“ i.S.d. § 212 TKG der deutlich erhöhte Zwangsgeldrahmen des § 202 Abs. 5 TKG gelten soll, nicht aber bei den zu den Kernaufgaben der Beschlusskammer gehörenden Entscheidungen nach §§ 211 Abs. 2, 149 TKG. Eine Regelungslücke liegt jedoch nicht vor, weil stattdessen der allgemeine Zwangsgeldrahmen nach § 11 Abs. 3 VwVG von bis zu 25.000,00 Euro greift.
47Eine mit § 212 Abs. 4 TKG vergleichbare Verweisung auf § 202 Abs. 5 TKG ist auch sonst nicht ersichtlich. Eine solche findet sich insbesondere nicht in den Vorschriften zur Mitnutzung öffentlicher Versorgungsnetze in Teil 8 Abschnitt 2 des TKG (§§ 136 ff. TKG).
48§ 202 Abs. 5 TKG ist auch nicht unmittelbar anwendbar. Die vorliegende Beschlusskammerentscheidung lässt sich – anders als es die Antragsgegnerin in Randnummer 108 des streitgegenständlichen Beschlusses auszuführen scheint – nicht als Maßnahme i.S.d. § 202 Abs. 2 TKG einordnen. § 202 Abs. 2 TKG gewährt der Antragsgegnerin Befugnisse, geeignete Maßnahmen zu erlassen, sofern Unternehmen (bzw. sonstige Eigentümer und Betreiber öffentlicher Versorgungsnetze i.S.d. § 202 Abs. 6 TKG) ihren telekommunikationsrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen. Die hier streitigen Regelungsbefugnisse der Antragsgegnerin nach § 149 TKG sind jedoch lex specialis gegenüber der Generalklausel des § 202 TKG und verdrängen diese vollständig. Der Gesetzgeber hat die Regelungen in § 202 TKG nicht als allgemeine Regelung für jedes Tätigwerden der Antragsgegnerin angesehen, sondern als Auffangnorm. Das ergibt sich etwa aus der Anordnung der entsprechenden Geltung des § 202 TKG in § 212 Abs. 4 TKG. Würde § 202 TKG ohnehin für jedes Tätigwerden der Antragsgegnerin aufgrund des TKG gelten, wäre die dortige Verweisung obsolet.
49Vgl. auch ausdrücklich die Gesetzesbegründung zur Vorgängernorm von § 202 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 100; ebenfalls darauf verweisend BVerwG, Urteil vom 17. August 2011 – 6 C 9.10 –, BVerwGE 140, 221-245, Rn. 24.
50Gegen die Einordnung einer Beschlusskammerentscheidung nach §§ 211 Abs. 2, 149 TKG als Maßnahme i.S.d. § 202 Abs. 2 TKG spricht ferner, dass es an einem Abhilfeverlangen i.S.d. § 202 Abs. 1 TKG fehlen würde. § 202 Abs. 1 und 2 TKG sind durch ihr Stufenverhältnis derart detailliert ausgestaltet, dass sich das gänzlich anders ausgestaltete Beschlusskammerverfahren nach den §§ 211, 213 ff., 149 TKG nicht darunter fassen lässt.
51Eine gesonderte Vorschrift zur Anhebung des Zwangsgeldrahmens existiert ebenfalls nicht, anders als etwa im Bereich der Zugangsregulierung in Teil 2 Abschnitt 2 des TKG. Dort normiert § 35 Abs. 7 Satz 2 TKG für Beschlusskammerentscheidungen nach §§ 211 Abs. 1 Satz 1, 35 Abs. 1 TKG über Anordnungen im Rahmen der Zugangsregulierung einen Zwangsgeldrahmen von bis zu einer Million Euro. Auch an einer Vielzahl weiterer Stellen hat der Gesetzgeber im TKG unterschiedlich erhöhte Zwangsgeldrahmen geregelt (vgl. §§ 47 Abs. 2, 103 Abs. 2 Satz 2, 108 Abs. 4 Satz 2, 123 Abs. 8, 183 Abs. 5, 190 Abs. 2 und 204 Abs. 7 TKG). Dies verdeutlicht ebenfalls, dass der Zwangsgeldrahmen des § 202 Abs. 5 TKG nicht allgemein für Maßnahmen der Antragsgegnerin gilt.
52Das hier angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 Euro liegt zwar im auch nach § 11 Abs. 3 VwVG geltenden Rahmen. Allerdings hat die Antragsgegnerin in ihrer Ermessensentscheidung zur Höhe des angedrohten Zwangsgelds in Randnummer 118 des Beschlusses ausdrücklich auf den Zwangsgeldrahmen nach § 202 Abs. 5 TKG Bezug genommen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass sie bei Zugrundelegung des richtigen (deutlich niedrigeren) Rahmens zu einer anderen Höhe gelangt wäre.
53Das Gericht hat von einem Hinweis auf die vorstehend dargelegte Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung mit Gelegenheit zur Stellungnahme vor Erlass des Eilbeschlusses im Hinblick auf das berechtigte Interesse der Beteiligten an einer schnellstmöglichen Entscheidung im Eilverfahren betreffend die Grundverfügung in Ziffer 1 der Beschlusskammerentscheidung abgesehen. Im Übrigen bleibt es der Antragsgegnerin unbenommen, jederzeit erneut – allerdings unter ermessensfehlerfreier Zugrundelegung des Zwangsgeldrahmens des § 11 Abs. 3 VwVG – ein entsprechendes Zwangsgeld anzudrohen. Die Antragstellerin wird mit Blick auf die Bußgeldvorschrift des § 228 Abs. 2 Nr. 3 lit. c) TKG auch nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung gehalten sein, der vollziehbaren Anordnung in Ziffer 1 der Beschlusskammerentscheidung nachzukommen.
54Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden gem. § 162 Abs. 3 VwGO anteilig der Antragstellerin auferlegt, da die Beigeladene durch Stellung eines Antrags auch ein Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen ist.
55Der gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG festgesetzte Streitwert entspricht in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit der Hälfte des Betrags, der im Hauptsacheverfahren anzusetzen ist.
56Rechtsmittelbelehrung
57Ziffer 1 dieses Beschlusses ist unanfechtbar, § 217 Abs. 3 Satz 1 TKG, § 158 Abs. 1 VwGO.
58Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
59Die Beschwerde ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
60Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
61Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.