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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Beschränkung der Einsichtnahme in das sog. Transparenzregister.
3Das Transparenzregister ist ein Instrument im Rahmen des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz - GwG) vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1822), zuletzt geändert durch Artikel 34 Abs. 21 des Gesetzes vom 22. Dezember 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 411, S. 67). Der Zweck des Registers besteht darin, jenseits verschachtelter gesellschaftsrechtlicher Strukturen diejenigen natürlichen Personen kenntlich zu machen, die am Ende dieser Strukturen stehen. Diese Erhöhung der Transparenz soll dazu beitragen, den Missbrauch der genannten Vereinigungen und Rechtsgestaltungen zum Zweck der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern (Gesetzesbegründung BTDrucks. 18/11555, S. 89).
4Das Geldwäschegesetz, insbesondere die Regelungen über das Transparenzregister und die Einsichtsberechtigung beruhen auf der Vierten Geldwäsche-Richtlinie (EU) 2015/849,
5Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission, ABl. L 141/3,
6in der Fassung der Fünften Geldwäsche-Richtlinie (EU) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 (ABl. 2018, L 156, S. 43),
7Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABl. L 141/43,
8im Folgenden: Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert). Maßgeblich ist hier Art. 30 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert).
9Nach § 18 Abs. 1 GwG wird ein Register zur Erfassung und Zugänglichmachung von Angaben über den wirtschaftlich Berechtigten (Transparenzregister) eingerichtet. Das Transparenzregister wird als hoheitliche Aufgabe des Bundes von der Beklagten als registerführende Stelle elektronisch geführt. Daten, die im Transparenzregister gespeichert sind, werden als chronologische Datensammlung angelegt, § 18 Abs. 2 GwG. Wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des GwG ist unter anderem die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine juristische Person, sonstige Gesellschaft oder eine Rechtsgestaltung im Sinne des § 3 Abs. 3 GwG letztlich steht, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG. Bei juristischen Personen (außer rechtsfähigen Stiftungen und bei sonstigen Gesellschaften, die nicht an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 des Wertpapierhandelsgesetzes notiert sind und keinen dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegen) zählt nach § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG zu den wirtschaftlich Berechtigten jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile hält (Nr. 1), mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert (Nr. 2) oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt (Nr. 3). Den wirtschaftlich Berechtigten bei rechtsfähigen Stiftungen regelt im Einzelnen § 3 Abs. 3 GwG. Verpflichtete, d.h. Adressaten des GwG, aber auch mögliche (Mit-)Täter einer Geldwäsche nach § 261 StGB sind in § 2 GwG im Einzelnen aufgelistet, vor allem Banken und Zahlungsdienstleister sowie Gewerbetreibende.
10Nach § 19 Abs. 1 GwG sind im Transparenzregister im Hinblick auf Vereinigungen nach § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG und Rechtsgestaltungen nach § 21 GwG folgende Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten nach Maßgabe des § 23 GwG zugänglich: der Vor- und Nachname (Nr. 1), das Geburtsdatum (Nr. 2), der Wohnort (Nr. 3), Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses (Nr. 4) sowie – seit dem 1. Januar 2020 – alle Staatsangehörigkeiten (Nr. 5).
11Zugängliche Dokumente und Einsichtnahme in das Transparenzregister sind in § 22 und § 23 GwG geregelt. So sind über die Internetseite des Transparenzregisters nach Maßgabe des § 23 zugänglich unter anderem Listen der Gesellschafter von Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie Gesellschafterverträge (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GwG) und Eintragungen im Handelsregister (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GwG). Zugänglich in dem nach den besonderen registerrechtlichen Vorschriften für die Einsicht geregelten Umfang sind nur solche Dokumente und Eintragungen (nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 9 GwG), die aus dem Handelsregister, Genossenschaftsregister, Partnerschaftsregister, Unternehmensregister oder Vereinsregister elektronisch abrufbar sind, § 22 Abs. 1 Satz 2 GwG. Weitere Einzelheiten regelt die Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung (TrEinV),
12Verordnung über die Einsichtnahme in das Transparenzregister (Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung - TrEinV) vom 19. Dezember 2017 (BGBl. I S. 3984), geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2083) sowie neu erlassen aufgrund von § 23 Abs. 7 GwG n.F. unter dem 16. März 2023 (BGBl. I Nr. 83).
13Die im Jahr N01 geborene Klägerin ist die Witwe des deutschlandweit bekannten Unternehmers P. F.. Als solche ist sie Destinatärin der X.-Stiftung mit Sitz in E.. Die X.-Stiftung hält 19,5 % der Anteile sowie 25 % der Stimmrechte an der Unternehmensgruppe R. M. und (somit) ein Stiftungsvermögen von mehreren Milliarden Euro. Ausschüttungen der Stiftung in Millionenhöhe unter anderem an die Klägerin und damit verbundene Streitigkeiten innerhalb ihrer Familie waren zuletzt Gegenstand von überregionaler Berichterstattung.
14Unter dem 27. Oktober 2017 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Einsichtnahme in das Transparenzregister gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GwG hinsichtlich der X.-Stiftung vollständig zu beschränken. Zur Begründung ihres Antrages führte sie aus, es lägen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass sie durch die Einsichtnahme der Gefahr ausgesetzt würde, Opfer einer der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 GwG aufgeführten Straftaten zu werden. Dies folge zunächst aus dem außergewöhnlichen Vermögen und der damit im Zusammenhang stehenden Bekanntheit der Unternehmerfamilie F.. Familienmitglieder seien zudem in der Vergangenheit bereits Ziel entsprechender Delikte gewesen. Ihr Schwiegervater sei etwa Opfer eines in Deutschland allgemein bekannten Entführungsfalles geworden. Dies begründe bis heute die Gefahr, dass Nachahmungstäter sich Informationen über ihre persönlichen Verhältnisse verschaffen wollten. Auch die Tochter eines Mitarbeiters der Familie, die irrtümlich der Familie zugeordnet worden sei, sei bereits Opfer einer Entführung gewesen. Es bestünden schon seit Jahren Auskunfts- und Übermittlungssperrvermerke für sämtliche Familienmitglieder bei den entsprechenden Einwohnermeldeämtern. Auch das Polizeipräsidium Essen stufe sie ausdrücklich und konkret als potenzielles Opfer herausragender Gewaltdelikte ein und gehe bei allen Familienmitgliedern von einer erhöhten Gefährdung aus. Kriminalpräventiv rate es dazu, Dritten nur so wenig persönliche Daten wie möglich zugänglich zu machen. Sie setze die Empfehlungen des Polizeipräsidiums um und lebe sehr diskret und anonym. Ihre Daten ergäben sich nicht bereits aus anderen öffentlichen Registern; so auch nicht aus dem Stiftungsverzeichnis des Landes Schleswig-Holstein.
15Ende Dezember 2017 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die auf § 23 Abs. 5 GwG a.F. gestützte TrEinV in Kraft getreten sei; es werde Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme gegeben. Entsprechend der Regelung in § 14 Abs. 1 TrEinV a.F. sei eine vorläufige Beschränkung der Einsichtnahme vorgenommen worden.
16Mit Bescheid vom 18. Februar 2019 gab die Beklagte dem Antrag der Klägerin teilweise dahingehend statt, als die Einsichtnahme hinsichtlich der Angaben zum Geburtstag, Geburtsmonat und Wohnort beschränkt werde, und befristete die Beschränkung bis zum 27. Dezember 2020. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen für eine teilweise Beschränkung der Einsichtnahme nach § 23 Abs. 2 GwG lägen vor. Es bestehe ein schutzwürdiges Interesse an der Beschränkung der Einsichtnahme, jedoch überwiege dieses Interesse nur teilweise das Interesse an der Einsichtnahme. Dabei begründe die Tatsache, dass die Klägerin sehr vermögend sei, für sich allein kein schutzwürdiges Interesse. Es stelle allerdings ein Indiz für das Vorliegen einer abstrakten Gefahr dar, Opfer einer der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 GwG genannten Straftaten zu werden. Aus den vorgetragenen Entführungsfällen folge ein weiteres entsprechendes Indiz. Jedenfalls sei nicht auszuschließen, dass die Gefahr durch die Einsichtnahme erhöht werde. Demgegenüber entfalte die Eintragung einer Auskunftssperre nach dem Bundesmeldegesetz (BMG) keine Bindungswirkung für die Entscheidung der registerführenden Stelle des Transparenzregisters. Dies folge bereits aus der europarechtlichen Prägung des Transparenzregisters im Vergleich zum Melderegister. Ebenfalls keine Bindungswirkung entfalte die Einschätzung des Polizeipräsidiums Essen, auch wenn das erstmalige Bekanntwerden persönlicher Daten gefahrerhöhend wirken könne. In einer Gesamtschau ergebe sich ein schwach ausgeprägtes schutzwürdiges Interesse der Klägerin, das allerdings nur im Hinblick auf Geburtstag, Geburtsmonat und den Wohnort das Interesse an der Einsichtnahme überwiege. Der Name der Klägerin, ihr Geburtsjahr und ihre Verbindung zur Stiftung seien seit dem Tod ihres Ehemannes und dem darauffolgenden Familienstreit medial bekannt; auf den Wohnort, den Geburtstag und den Geburtsmonat treffe das nicht zu. Zwar handele es sich bei dem Wohnort um eine größere Stadt. Allerdings seien die vorgetragenen Entführungsfälle im Familienumfeld zu beachten. Geburtstag und Geburtsmonat erleichterten die gezielte Suche nach der Klägerin. Der Bescheid wurde am 21. Februar 2019 zugestellt.
17Am 21. März 2019 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den vorgenannten Bescheid, soweit dieser die Einsichtnahme nicht vollständig, sondern lediglich teilweise beschränke, und führte zur Begründung aus, eine von der Beklagten dahingehend vorgenommene Abstufung, dass das schutzwürdige Interesse im vorliegenden Fall lediglich schwach ausgeprägt sei, sei vom Gesetz nicht vorgesehen. Auch sei die Abstufung inhaltlich unzutreffend, da kaum eine Fallkonstellation denkbar sei, in welcher das schutzwürdige Interesse stärker ausgeprägt sein könne als im vorliegenden Fall. Sowohl der große Bekanntheitsgrad als auch das außergewöhnlich große Vermögen der Familie stellten nicht nur Indizien, sondern Tatsachen dar. Allein aus diesem Grund lägen bereits die Voraussetzungen für eine vollständige Beschränkung der Einsichtnahme vor. Soweit die Beklagte im streitbefangenen Bescheid zu einem anderslautenden Ergebnis komme, lege sie übersteigerte Maßstäbe an, die sich weder im Gesetz noch in der Begründung zur TrEinV wiederfänden. Es bleibe zudem unberücksichtigt, dass mehrere der in der Begründung zur TrEinV aufgeführten Fallgruppen erfüllt seien. Gerade aufgrund der hohen Bekanntheit des erheblichen Vermögens der Familie sei eine Einsichtnahme für potenzielle Täter von Katalogstraftaten von besonderem Interesse; die Datengewinnung von Personen, deren Vermögensumfang ohne weitere Recherche nicht bekannt sei, sei hingegen weniger wahrscheinlich. Rechtsfehlerhaft sei, dass die Beklagte darauf abstelle, dass die abstrakte Gefahr vorliegend nicht erst durch die Einsichtnahme in das Transparenzregister entstehe, es aber nicht auszuschließen sei, dass sie durch die Einsichtnahme erhöht werde. Denn auf eine solche Gefahrerhöhung dürfe sie nicht abstellen. Entsprechendes folge aus dem Gesetzeswortlaut, der Gesetzesbegründung und der Begründung zur TrEinV nicht. Sie – die Klägerin – verfolge ihren Anspruch auf Anonymität mit Nachdruck und werde in keinen anderen Registern geführt. Hinsichtlich der weiteren Fallgruppe, bereits Opfer einer entsprechenden Straftat geworden zu sein, sei der deutschlandweit bekannte Entführungsfall in ihrer Familie nach der Antragstellung sogar verfilmt worden. Nicht nachvollziehbar sei die Annahme der Beklagten, dass eine abstrakte Gefahr im Sinne des § 23 Abs. 2 GwG durch die Einsichtnahme nur erhöht und nicht begründet werde, weil eine solche Gefahr schon vor Einführung des Transparenzregisters bestanden habe. Darüber hinaus sei unzutreffend, dass allein die Eintragung einer Auskunftssperre kein weiteres Indiz für die Annahme einer Gefahr darstelle. Die entsprechenden Vorschriften verfolgten insoweit denselben Zweck, nämlich den Schutz von Leib und Leben potenzieller Opfer. Die der Auskunftssperre zugrundeliegenden Tatsachen ergäben sich bereits offenkundig aus der gesamten Begründung des hiesigen Antrages. Zutreffend möge sein, dass aus der Auskunftssperre keine Bindungswirkung für die Beklagte folge. Jedoch sei eine Vergleichbarkeit zur Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister allein deswegen gegeben, weil die Begründung zur TrEinV Bezug auf Erwägungen der Rechtsprechung zu § 51 BMG nehme. Auch weise das Bundesverwaltungsamt darauf hin, dass Rechtsgrundlage für eine Beschränkung der Einsichtnahme neben § 23 Abs. 2 GwG auch eine entsprechende andere Vorschrift sein könne, wenn diese ausdrücklich und generell von der Offenlegung persönlicher Angaben befreie. Dass das GwG im Gegensatz zum BMG einer europarechtskonformen Auslegung zu unterwerfen sei, ändere hieran nichts, da die Tatbestandsvoraussetzungen vergleichbar und teilweise sogar identisch seien. Ferner sei unzutreffend, dass die kriminalpolizeiliche Einschätzung des Opferpotenzials keine Tatsache im Sinne des § 23 Abs. 2 GwG darstellen solle. Im Gegensatz zur Beklagten als Beliehene des Bundesministeriums der Finanzen sei die Kriminalpolizei zu entsprechenden Bewertungen berufen. Soweit es der Beklagten auf die dieser Einschätzung zugrundeliegenden Tatsachen ankomme, hätte sie diese anfordern können. Im Rahmen der durch die Beklagte durchzuführenden Abwägung nehme diese im Widerspruch zur Begründung der TrEinV nur eine teilweise Beschränkung an. Zudem habe sie nicht alle relevanten Belange in die Abwägung miteinbezogen, demgegenüber aber Belange gewichtet, die nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Keine Berücksichtigung hätten zunächst Sinn und Zweck einer Beschränkung nach § 23 Abs. 2 GwG – nämlich Schutz von Leib und Leben sowie der persönlichen Freiheit – gefunden, soweit die Beklagte lediglich auf die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und der damit zusammenhängenden Straftaten abstelle. Eine Beschränkung der Transparenz dürfe aber nicht als entgegenstehender Belang und als Argument gegen eine vollständige Beschränkung der Einsichtnahme in die Abwägung eingestellt werden, da eine solche Transparenzbeschränkung in den Fällen des § 23 Abs. 2 GwG gerade vorgesehen sei. Ohnehin sei die Beeinträchtigung von Sinn und Zweck des Transparenzregisters durch eine Beschränkung der Einsichtnahme minimal, da die Beschränkung der Einsichtnahme die für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Behörden nach § 23 Abs. 2 Satz 4 GwG nicht betreffe. Auf den Vortrag, dass im Transparenzregister enthaltene Daten wie Geburtsdatum und Wohnort in der Öffentlichkeit bisher nicht bekannt seien, gehe die Beklagte erst im Rahmen der Abwägung für eine vollständige oder teilweise Beschränkung ein und komme zu dem Ergebnis, dass ihr Nachname, das Geburtsjahr und die Verbindung zu einem großen Vermögen und der Stiftung bereits veröffentlicht seien. Hierbei stelle es jedoch einen erheblichen Unterschied dar, ob die bereits veröffentlichten Daten durch ein offizielles Register oder durch die „Klatschpresse“ publik gemacht würden. Für die Beurteilung der Gefahrenlage komme es darüber hinaus nicht darauf an, ob es sich bei dem Wohnort um eine große oder kleine Stadt handele. Auch sei es möglich, bei Kenntnis des Wohnortes auf die in Frage kommenden Wohnviertel zu schließen.
18Mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2019 wies das Bundesverwaltungsamt den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte es aus, dass die Voraussetzungen für eine vollständige Beschränkung der Einsichtnahme nicht vorlägen, jedoch eine teilweise Beschränkung hinsichtlich des Wohnortes sowie des Geburtstages und Geburtsmonats vorzunehmen sei. Es lägen keine hinreichend konkreten Tatsachen vor, welche die Annahme rechtfertigten, dass die Klägerin durch die Einsichtnahme in die übrigen Daten der Gefahr ausgesetzt würde, Opfer der in § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG genannten Straftaten zu werden. Ein großes Vermögen sei bei vielen in das Transparenzregister einzutragenden wirtschaftlich Berechtigten vorhanden. Sinn und Zweck des Transparenzregisters sei es jedoch gerade, die wirtschaftlich Berechtigten zu identifizieren. Zwar seien die vorgetragenen Entführungsfälle, die Auskunfts- und Übermittlungssperre beim Einwohnermeldeamt sowie die kriminalpolizeiliche Einschätzung als Indizien für schutzwürdige Interessen der Klägerin zu werten. Aber auch, wenn davon ausgegangen werde, dass damit Tatsachen vorlägen, die eine Gefahr nach § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG begründeten, läge – mit Ausnahme hinsichtlich des Wohnortes sowie des Geburtstages und Geburtsmonats – kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Klägerin vor. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass die Daten der Klägerin bezüglich des Vor- und Nachnamens, des Geburtsjahres sowie der Art und des Umfangs des wirtschaftlichen Interesses bereits aus mehreren Quellen (bspw. Wikipedia und Online-Artikel diverser Zeitschriften) öffentlich bekannt seien. Auch ohne die Veröffentlichung im Transparenzregister werde die Klägerin mit milliardenschweren Unternehmen und der Stiftung in Verbindung gebracht. Durch eine Einsichtnahme würden insoweit keine nicht bereits öffentlich bekannten Informationen preisgegeben. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 8. August 2019 zugestellt.
19Am 5. September 2019 hat die Klägerin Klage erhoben.
20Zur Begründung ihrer Klage führt sie ergänzend aus, dass zwischen dem Erlass des Widerspruchsbescheides und der Klageerhebung in ihr Wohnhaus eingebrochen worden sei. Hierbei sei Schmuck von erheblichem Wert (zweistelliger Millionenbereich) sowie Bargeld entwendet worden. Die Einbrecher – die Polizei gehe von mindestens zwei Tätern aus – seien am späten Abend gewaltsam in das Wohnhaus eingedrungen. Sie selbst sei zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend gewesen und habe die Täter bei ihrer Rückkehr auch nicht antreffen müssen. Auch wenn sie sich nicht öffentlich zu diesem Vorfall geäußert habe, sei der Fall den Medien bekannt und sodann zahlreich veröffentlicht worden. Da die Berichte wahre Tatsachen zum Gegenstand gehabt hätten, habe sie hiergegen keine rechtlichen Schritte einleiten können. Durch die entsprechende Berichterstattung sei ihr Vermögen wieder in der öffentlichen Wahrnehmung präsent, sodass der Vorfall von potenziellen Tätern zum Anlass für Nachahmungstaten genommen werden könne. Im Rahmen der anzustellenden Abwägung seien die Beklagte und das Bundesverwaltungsamt zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen von § 23 Abs. 2 Nr. 1 GwG vorlägen und somit hinreichende Tatsachen vorgetragen seien, die die Annahme rechtfertigten, dass sie Opfer einer der dort genannten Straftaten werden könne. Ausweislich der Begründung zur TrEinV sei damit im Regelfall davon auszugehen, dass ihre Interessen überwögen. Ein atypischer Sonderfall, der eine Abweichung von dieser Regel rechtfertigen würde, liege gerade nicht vor. Auch ergebe sich eine Abweichung nicht daraus, dass einige Angaben von ihr bereits medial bekannt seien. Jedenfalls sei zu berücksichtigen, dass sie gar nicht die Möglichkeit habe, alle Berichterstattungen über sich und ihre Tätigkeiten zu verhindern. Auch sei eine von der Beklagten vorgenommene Einteilung in „seriöse“ und „unseriöse“ Quellen nicht justiziabel. Unabhängig davon werde sie – die Klägerin – rechtlos gestellt, soweit die Beschränkung der Einsichtnahme von der medialen Berichterstattung abhängig sei. Der Gesetzgeber habe vielmehr durch § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG klargestellt, dass für die Entscheidung über die Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister ausschließlich relevant sei, dass sich die Daten bereits (vollständig) aus den in § 22 Abs. 1 GwG genannten Registern ergäben. Zudem dürfe dieser Umstand nur auf Tatbestandsebene hinsichtlich des schutzwürdigen Interesses und nicht erneut im Rahmen einer Abwägung berücksichtigt werden. Aber selbst bei einer Abweichung vom vorgenannten Regelfall überwöge ihr schutzwürdiges Interesse an einer vollständigen Beschränkung das Interesse an einer Einsichtnahme von Personen mit einem berechtigten Interesse. Insbesondere sei der Gesetzeszweck wegen der nicht vorhandenen Beschränkungsmöglichkeit gegenüber Behörden bei einer vollständigen Beschränkung gegenüber der Öffentlichkeit in keiner Weise tangiert. Vielmehr bestehe lediglich bei sonstigen Personen, die ein berechtigtes Interesse geltend machten, die Gefahr, dass sie die Einsichtnahmemöglichkeit missbrauchten. Das gelte umso mehr, wenn Mitglieder der Öffentlichkeit nach dem Gesetzeswortlaut kein berechtigtes Interesse mehr nachweisen müssten. Durch seine Formulierung in § 23 Abs. 1 Satz 2 GwG a.F. habe der Gesetzgeber gezeigt, dass es ihm maßgeblich auf Informationen in anderen öffentlichen Registern ankomme. So könne es auch für die Abwägung nur darauf ankommen, ob Informationen über sie bereits aus anderen öffentlichen Registern bekannt seien. Hier seien von der Beklagten jedoch offiziell nie bestätigte Vermutungen der Presse zugrunde gelegt worden. Insbesondere das Bundesverwaltungsamt habe darüber hinaus unberücksichtigt gelassen, dass nach seinen eigenen Hinweisen auch andere Vorschriften als § 23 Abs. 2 GwG zu einer Beschränkung der Einsichtnahme führen könnten. Aber auch ohne diesen Hinweis sei eine solche Auslegung zum Schutze der wirtschaftlich Berechtigten dringend geboten. Schon aus dem zu § 51 BMG vergleichbaren Gesetzeszweck – Schutz von Leib und Leben potenzieller Opfer – folge im Hinblick auf die bestehenden Sperrvermerke als bestandskräftige Verwaltungsentscheidungen – zuletzt bis zum 12. Oktober 2025 verlängert – ein Anspruch auf vollständige Beschränkung der Einsichtnahme. Dass die Einsichtnahme in das Transparenzregister zu einer Gefahrerhöhung führen müsse, sei nicht ersichtlich und führe zu einer Aushöhlung des Schutzes wirtschaftlich Berechtigter. Jedenfalls führe eine unbeschränkte Einsichtnahme vorliegend zu einer Gefahrerhöhung, da insbesondere keine ausschließliche Ursächlichkeit für die Gefahr durch eine unbeschränkte Einsichtnahme verlangt werden könne. Auch dass – wie von der Beklagten angenommen – jeder einzelne Bestandteil der Eintragung gesondert einer Abwägung zu unterziehen sei, ergebe sich schon nicht aus dem Gesetz, den Gesetzesbegründungen oder den EU-Richtlinien. Der vorliegende Fall unterscheide sich erheblich von dem Sachverhalt, der dem Urteil des erkennenden Gerichts vom 17. Juli 2024 – 13 K 5996/19 – zugrunde gelegen habe. Die persönlichen Daten des wirtschaftlich Berechtigten seien dort bereits aus dem Handelsregister und anderen Registern ersichtlich gewesen. Eine Verbindung der Klägerin zu R. M. und der X.-Stiftung lasse sich gerade nicht aus öffentlichen Registern ablesen.
21Die Klägerin beantragt,
22die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 3 des Bescheides der Beklagten vom 18. Februar 2019 sowie des Widerspruchsbescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 6. August 2019 zu verpflichten, dem Antrag der Klägerin vom 27. Oktober 2017 vollumfänglich durch eine vollständige Beschränkung der Einsichtnahme stattzugeben;
23hilfsweise,
24die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 18. Februar 2019 sowie des Widerspruchsbescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 6. August 2019 zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 27. Oktober 2017 auf vollständige Beschränkung der Einsichtnahme unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Sie trägt ergänzend vor, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine vollständige Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister. Der Anspruch auf eine Prüfung und Abwägung ihrer schutzwürdigen Interessen nach § 23 Abs. 2 GwG sei durch die teilweise Beschränkung vollumfänglich erfüllt worden. Sowohl sie – die Beklagte – als auch das Bundesverwaltungsamt hätten ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin bejaht. Dabei hätten sie zu Recht berücksichtigt, dass die Klägerin sehr vermögend sei und es Entführungsfälle im Familien- und Angestelltenkreis gegeben habe. Auch seien die Auskunftssperre sowie die Einschätzung des Polizeipräsidiums in die Gefahrenanalyse eingestellt worden. Letzteren Umständen komme wie dem Wohnungseinbruch nur eine bestätigende Wirkung zu. Hinsichtlich der Abwägungsentscheidung verkenne die Klägerin, dass allein das Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses im Sinne von § 23 Abs. 2 Nr. 1 GwG keinen Beschränkungsanspruch begründe. Es bestehe kein Automatismus dahingehend, dass das aus einer Gefahr resultierende schutzwürdige Interesse stets und in vollem Umfang das öffentliche Interesse an der Einsichtnahme überwiege. Vielmehr habe der Gesetzgeber ausdrücklich ein Überwiegen und die teilweise Beschränkung in § 23 Abs. 2 GwG normiert. Ein anderes Ergebnis folge auch nicht aus einer richtlinienkonformen Auslegung. Die Richtlinie (EU) 2015/849 sehe eine grundsätzliche Veröffentlichungs- oder Transparenzpflicht vor, zu der der nationale Gesetzgeber nur höchst ausnahmsweise Beschränkungen vornehmen dürfe. Die Begründung der TrEinV belege gerade nicht, dass die Darlegung einer bloß abstrakten Gefahr ohne Gefährdungspotenzial im Einzelfall ausreiche. Eine Bindung an die Beurteilungen durch andere Behörden hätte zudem gesetzlich festgelegt werden müssen; ein Hinweis einer Behörde reiche hierzu nicht. Auch seien die Gefahren, die nach § 51 BMG einen Sperrvermerk begründeten (insbesondere „ähnliche schutzwürdige Interessen“), weiter gefasst als die Gefahren im Sinne des § 23 Abs. 2 GwG. Sie müsse zudem – anders als die Meldebehörden – im Einzelfall prüfen, ob erst die Einsichtnahme die Gefahr erhöhe oder begründe. Darüber hinaus habe sie in rechtmäßiger Weise berücksichtigt, dass der Vor- und Nachname der Klägerin, ihr Geburtsjahr sowie die Art und der Umfang ihres wirtschaftlichen Interesses aus mehreren seriösen Quellen öffentlich bekannt seien. Insoweit verkenne die Klägerin, dass jeder Eintragsbestandteil darauf zu prüfen sei, ob das schutzwürdige Interesse seine Beschränkung erfordere. Der Zweck der Beschränkung könne schon nicht erreicht werden, wenn die Einsichtnahme für die Gefährdungslage nicht ursächlich sei. Eine Erhöhung der Gefährdungslage treffe bei öffentlich bekannten Tatsachen aber nicht zu. Etwas anderes ergebe sich nicht aus § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG, da Daten, die bereits in einem anderen öffentlichen Register veröffentlicht seien, schon von vornherein – im Sinne eines Ausschlussgrundes – kein schutzwürdiges Interesse im Sinne von § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG begründeten. Vielmehr folge die Notwendigkeit der Gefahrerhöhung aus Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849. Im Sinne des effet utile der Transparenzpflicht dürfe sie die Einsichtnahme nur vollständig beschränken, wenn die teilweise Einsichtnahme die Gefahr nicht beseitigen würde. Die Eignung zur Gefahrerhöhung sei damit nicht nur im Hinblick auf das „Ob“ der Beschränkung, sondern auch hinsichtlich des Umfangs der Beschränkung („Wie“) zu berücksichtigen. Lasse man das Gefährdungspotenzial außer Acht, müsse mangels anderer Kriterien stets der gesamte Eintrag beschränkt werden.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des Bundesverwaltungsamtes Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Das mit den vorliegenden Anträgen dargelegte Begehren der Klägerin (vgl. § 88 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO) und der daraus folgende Streitgegenstand werden vom Gericht dahingehend verstanden, dass sich ihr Verpflichtungsbegehren allein auf eine Beschränkung derjenigen Datenbestandteile ihres Transparenzregistereintrags (vgl. § 19 Abs. 1 des Geldwäschegesetzes - GwG) bezieht, die über die mit Bescheid vom 18. Februar 2019 bereits beschränkten Datenbestandteile (Geburtstag, Geburtsmonat, Wohnort) und die entsprechenden Feststellungen hinausgehen.
31Die zulässige Klage ist unbegründet.
32Der Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2019 – soweit angegriffen – sowie der Widerspruchsbescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 6. August 2019 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 VwGO. Es besteht weder ein Anspruch der Klägerin auf die vollständige bzw. eine weitergehende Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister hinsichtlich ihrer Person für die X.-Stiftung noch ein Anspruch auf Neubescheidung.
33Rechtsgrundlage für den Beschränkungsanspruch ist § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG: Auf Antrag des wirtschaftlich Berechtigten beschränkt die registerführende Stelle die Einsichtnahme in das Transparenzregister und die Übermittlung der Daten nach § 19 Abs. 1 GwG vollständig oder teilweise, wenn ihr der wirtschaftlich Berechtigte darlegt, dass der Einsichtnahme und der Übermittlung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls überwiegende schutzwürdige Interessen des wirtschaftlich Berechtigten entgegenstehen, § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG. Schutzwürdige Interessen liegen nach § 23 Abs. 2 Satz 2 GwG vor, wenn
341. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Einsichtnahme und Übermittlung den wirtschaftlich Berechtigten der Gefahr aussetzen würde, Opfer einer der folgenden Straftaten zu werden:
35a) eines Betrugs (§ 263 des Strafgesetzbuchs),
36b) eines erpresserischen Menschenraubs (§ 239a des Strafgesetzbuchs),
37c) einer Geiselnahme (§ 239b des Strafgesetzbuchs),
38d) einer Erpressung oder räuberischen Erpressung (§§ 253, 255 des Strafgesetzbuchs),
39e) einer strafbaren Handlung gegen Leib oder Leben (§§ 211, 212, 223, 224, 226, 227 des Strafgesetzbuchs),
40f) einer Nötigung (§ 240 des Strafgesetzbuchs),
41g) einer Bedrohung (§ 241 des Strafgesetzbuchs) oder
422. der wirtschaftlich Berechtigte minderjährig oder geschäftsunfähig ist.
43Schutzwürdige Interessen des wirtschaftlich Berechtigten liegen nach § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG nicht vor, wenn sich die Daten bereits aus den in § 22 Abs. 1 GwG genannten Registern ergeben. Die Beschränkung der Einsichtnahme und Übermittlung nach Satz 1 ist nicht möglich gegenüber den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 aufgeführten Behörden und gegenüber Verpflichteten nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 und 7 sowie gegenüber Notaren, § 23 Abs. 2 Satz 4 GwG.
44§ 23 Abs. 2 Satz 1 GwG setzt Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) um. Nach dieser Norm können die Mitgliedstaaten für außergewöhnliche, nach nationalem Recht festzulegende Umstände, unter denen der wirtschaftliche Eigentümer durch den Zugang einem unverhältnismäßigen Risiko von Betrug, Entführung, Erpressung, Schutzgelderpressung, Schikane, Gewalt oder Einschüchterung ausgesetzt würde, oder für den Fall, dass der wirtschaftliche Eigentümer minderjährig oder anderweitig geschäftsunfähig ist, im Einzelfall eine Ausnahme von dem vollständigen oder teilweisen Zugang zu den Informationen über den wirtschaftlichen Eigentümer vorsehen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass diese Ausnahmen nach eingehender Bewertung der außergewöhnlichen Natur der Umstände gewährt werden. Rechte auf eine verwaltungsrechtliche Prüfung des Beschlusses über die Ausnahme und auf einen wirksamen Rechtsbehelf werden gewahrt.
45Die von der Klägerin begehrte vollständige Beschränkung der Einsichtnahme verlangt zudem auf der Rechtsfolgenseite eine Ermessensreduzierung auf Null. § 23 Abs. 2 GwG ist hinsichtlich des „Ob“ der Beschränkung als gebundene Entscheidung ausgestaltet. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der nationalen Regelung („beschränkt, […] wenn“) und ist angesichts der europarechtlichen Prägung durch Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) auch gefordert: Wenn die hohen Anforderungen der „außergewöhnlichen Umstände“ vorliegen, muss eine Beschränkung erfolgen. Insoweit handelt es sich bei § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG um eine Koppelungsvorschrift, bei der die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen die Entscheidung (hier hinsichtlich des „Ob“) determiniert.
46Vgl. Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB), Beschluss vom 19. Oktober 1971 – GmS OGB 3/70 –, juris; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 17. Juli 1998 – 5 C 14.97 –, juris.
47Hingegen räumt § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG nach seinem Wortlaut („ganz oder teilweise“) der Beklagten Ermessen hinsichtlich des Umfangs der Beschränkung ein. Daher muss für die von der Klägerin begehrte vollständige Beschränkung der Einsichtnahme eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben sein.
48Auf der Tatbestandsseite sind die Interessen des europäischen Gesetzgebers an einer mit einer möglichst hohen Transparenz verbundenen Abschreckungswirkung (vgl. Erwägungsgrund 4 der Richtlinie (EU) 2018/843) neben den Belangen des wirtschaftlich Berechtigten, insbesondere dessen Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. Erwägungsgrund 5 der Richtlinie (EU) 2018/843) in den Blick zu nehmen. Für die Parameterbildung in beiderlei Hinsicht kommt es auf die Einsichtsmöglichkeiten in das Transparenzregister nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GwG an; unter anderem gegenüber den in Nr. 1 genannten Stellen – Behörden und Gerichten sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, die öffentliche Versteigerungen durchführen – kann die Einsichtnahme nicht beschränkt werden, § 23 Abs. 2 Satz 4 GwG.
49Die materiellen Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GwG in Verbindung mit § 13 TrEinV müssen in Bezug auf die Einsichtnahme von Mitgliedern der Öffentlichkeit im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG und in Bezug auf die Einsichtnahme von Verpflichteten im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GwG vorliegen. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 GwG ist die Einsichtnahme gestattet Kontrollbehörden, Gefahrenabwehrbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichten (Nr. 1), den Verpflichteten (Nr. 2) und allen Mitgliedern der Öffentlichkeit (Nr. 3). In der Ursprungsfassung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG hieß es noch, dass die Einsichtnahme „jedem, der der registerführenden Stelle darlegt, dass er ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme hat“ eröffnet sei. Auch im Folgenden ist hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung von der alten Fassung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG auszugehen, welche die Möglichkeit der Einsichtnahme nur bei berechtigtem Interesse eröffnet.
50Denn diese Ursprungsfassung ist nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 22. November 2022 wieder maßgeblich: Der EuGH hat mit Urteil vom 22. November 2022 in den verbundenen Rechtssachen C‑37/20 und C‑601/20 entschieden, dass die Bestimmung in Art. 30 Abs. 5 Satz 1 lit. c) der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) mit Art. 7 und Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) mangels Erforderlichkeit und Angemessenheit unvereinbar ist, soweit allen Mitgliedern der Öffentlichkeit (wie in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG) voraussetzungslos die Einsichtnahme gestattet ist.
51Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2022 – C‑37/20 und C‑601/20 –, juris.
52Auch die deutsche Umsetzung des erweiterten Einsichtsrechts der Öffentlichkeit in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG ist europarechtswidrig, weil sie gegen Art. 7 und Art. 8 GRCh verstößt. Bei einer Vorlage nach Art. 267 AEUV käme der EuGH für die deutsche Regelung zu demselben Ergebnis wie für die luxemburgische, sodass von der Situation des acte éclairé auszugehen ist: Der EuGH hat bereits in einem identischen Fall entschieden, sodass eine Vorlage entbehrlich ist.
53Vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – C‑283/81 –, juris Rn. 13.
54Der nationale Gesetzgeber hat § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG bislang nicht an die EuGH-Entscheidung angepasst, obwohl er im Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz – FKBG) vom 6. Dezember 2023 (BTDrucks. 20/9648) in Art. 18 (dort S. 53) auch § 23 GwG geändert und dabei die Entscheidung des EuGH in den Blick genommen hat (a.a.O., S. 76). Die Regelung zum Zugang von Mitgliedern der Öffentlichkeit zum Transparenzregister bei Nachweis eines berechtigten Interesses wurde ausdrücklich nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen. Hintergrund hierfür ist, dass zunächst die Finalisierung und Verabschiedung des geplanten EU-Legislativpakets im Hinblick auf den Zugang der Öffentlichkeit zum Transparenzregister und im Hinblick auf die Definition eines berechtigten Interesses abgewartet werden soll. Bis dahin werde die geltende Regelung des GwG unionsrechtskonform, d.h. im Sinne EuGH-Urteils ausgelegt und eine Einsichtnahme für Mitglieder der Öffentlichkeit ermöglicht, die ein berechtigtes Interesse an einer Einsichtnahme darlegen.
55Demnach sollen nach Auffassung des federführenden Bundesministeriums der Finanzen (BMF) die Anforderungen des EuGH im „Rahmen einer unionsrechtskonformen Verwaltungspraxis umgesetzt“ werden.
56So das BMF, Begründung zur Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung n.F. vom 16. Mai 2023, BAnz. AT vom 31. Mai 2023 B1, S. 2.
57Die vor diesem Hintergrund zu bewertende Beschränkung der Einsichtnahme nach § 23 Abs. 2 GwG erfordert eine zweistufige Prüfung.
58Vgl. Korte, in: Brian/Pelz, BeckOK GwG, 18. Edition Stand: 1. Juni 2024, § 23 GwG Rn. 33.
59Zunächst müssen schutzwürdige Interessen des wirtschaftlich Berechtigten bestehen (Stufe 1). Weiterhin müssen diese schutzwürdigen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls gegenüber den Interessen an der Einsichtnahme in das Transparenzregister und der Übermittlung der Daten überwiegen (Stufe 2). Bei den überwiegenden schutzwürdigen Interessen im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die keinen Beurteilungsspielraum zulassen und gerichtlich unbeschränkt zu kontrollieren sind.
60Vgl. Lorenz, DStR 2020, 2258 (2259).
61Schutzwürdige Interessen der Klägerin gemäß § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG liegen nach den vorstehenden Maßstäben im Ergebnis nicht vor. Vom Bestehen solcher Interessen ist auszugehen, soweit tatsächliche Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Betroffenen vorliegen, durch die Einsichtnahme und Übermittlung der Daten Opfer einer Katalogstraftat zu werden. Erforderlich ist das Bestehen einer abstrakten Gefahr, die durch mögliche Einsichtnahmen und Datenübermittlungen begründet oder signifikant erhöht wird. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Klägerin ist zwar abstrakt gefährdet. Es mangelt indes an der nach § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG erforderlichen Kausalität.
62Der Gefahrenbegriff der Norm ist nicht im Sinne einer konkreten Gefahr im polizeirechtlichen Sinne zu verstehen. Forderte man nämlich eine hinreichend wahrscheinliche Straftatbegehung in absehbarer Zeit, käme der Antrag, die Einsichtnahme zu beschränken, stets zu spät. § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG könnte seinen Sinn und Zweck, den wirtschaftlich Berechtigten präventiv zu schützen, nicht erfüllen. Vielmehr reicht eine abstrakte Gefahr aus.
63Vgl. Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433 (2437); Lorenz, DStR 2020, 2258 (2260); Korte, a.a.O., § 23 GwG Rn. 31.
64Eine abstrakte Gefahr im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG ist dann gegeben, wenn der wirtschaftlich Berechtigte nach allgemeiner Lebenserfahrung typischerweise Opfer einer der Katalogstraftaten werden könnte. Erforderlich sind hinreichend dichte Tatsachenfeststellungen, aus denen sich das Vorliegen einer solchen abstrakten Gefahr ergibt. Das erforderliche Begründungsniveau kann nicht schematisch beurteilt werden. Pauschale Kriterien oder Grenzwerte bestehen nicht. Letztlich kommt es in einer Gesamtschau der Indizien darauf an, ob der Vortrag des wirtschaftlich Berechtigten außergewöhnliche Umstände zu belegen vermag.
65Diese hohen Anforderungen betreffend die tatsächliche Grundlage der Gefahrenprognose ergeben sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG. Eine Ausnahme von dem Zugang zum Transparenzregister setzt nach Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) voraus, dass außergewöhnliche Umstände bestehen; diese Umstände sind nach dem nationalen Recht festzulegen. Auch muss es sich um ein „unverhältnismäßiges Risiko“ handeln, Opfer der genannten Straftaten zu werden. Die Mitgliedstaaten haben sicherzustellen, dass die Ausnahmen nur nach eingehender Bewertung der außergewöhnlichen Natur der Umstände gewährt werden. Nach Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 müssen also im Einzelfall Tatsachen vorliegen, die sich aus objektiver Sicht deutlich von den durchschnittlichen Verhältnissen von wirtschaftlich Berechtigten unterscheiden. Die Tatsachen müssen dazu imstande sein, eine Gefahr des wirtschaftlich Berechtigten zu begründen, Opfer der einschlägigen Straftaten zu werden, die über das allgemeine Lebensrisiko signifikant hinausgeht. Der entsprechende Nachweis obliegt den wirtschaftlich Berechtigten; diese müssen die außergewöhnlichen Umstände konkret, präzise und substantiiert angeben.
66Vgl. im Einzelnen: Generalanwalt Pitruzzella, Schlussantrag vom 20. Januar 2022 – C‑37/20 –; siehe zudem Frey, CCZ 2018, 170 (172 f.).
67Diese Auslegung des Unionsrechts konkretisiert die Anforderungen an den Tatsachenvortrag in Bezug auf § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG. Ermöglicht wird dies durch den insoweit offenen Wortlaut des § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG. Eine solche Auslegung ist geboten, um den Ausnahmecharakter der Regelung sicherzustellen.
68Vgl. grundlegend zur richtlinienkonformen Auslegung nur EuGH, Urteil vom 10. April 1984 – C‑14/83 –, juris; Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Werkstand: 82. EL Mai 2024, Art. 288 AEUV Rn. 133 ff. m.w.N.
69Gemessen daran trägt die Klägerin zunächst hinreichend dichte Tatsachen im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG vor. In einer Gesamtschau der vorgebrachten Indizien liegen auf Seiten der Klägerin bereits außergewöhnliche Umstände vor. Die Klägerin ist als Witwe des Unternehmers P. F. und folglich Mitglied der Unternehmerfamilie F. medial und damit öffentlich bekannt. Auch ist bekannt, dass sie bereits aus ihrer Stellung als Destinatärin der milliardenschweren und an der Unternehmensgruppe R. M. beteiligten X.-Stiftung über ein erhebliches Privatvermögen verfügt. In der Familie hat sich in der Vergangenheit – wenn auch vor über 50 Jahren hinsichtlich ihres Schwiegervaters C. F. – ein Entführungsfall ereignet. Ferner ist es – ohne dass Anhaltspunkte bestehen, die hieran Zweifel begründen könnten – nach Angaben der Klägerin zu einem weiteren Entführungsfall im näheren Angestelltenkreis der Familie gekommen, der letztlich einem Familienmitglied gegolten habe. Bereits seit Jahren besteht für die Klägerin eine Auskunftssperre nach dem Bundesmeldegesetz. Zudem geht das Polizeipräsidium Essen in einer bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten kriminalpolizeilichen Einschätzung von einer Gefährdung der Familie aus. Zwischen dem Abschluss des Widerspruchsverfahrens und der Klageerhebung ist es zu einem Einbruch in das Wohnhaus der Klägerin in H. gekommen, bei dem Schmuck und Bargeld im Wert von mehreren Millionen Euro entwendet wurden (vgl. zu Letzterem nur Anlage K7 zur medialen Berichterstattung unter Nennung des Wohnortes und des Stadtteils).
70Die Klägerin gehört demnach einer Gruppe äußerst vermögender Individuen bzw. erheblich vermögender Familien an, bei denen bereits die Lebenserfahrung nahelegt, dass Angehörige dieser Gruppe stets der zumindest abstrakten Gefahr ausgesetzt sind, Opfer einer der in § 23 Abs. 2 Satz 2 GwG genannten Straftaten zu werden. So ist insbesondere die Gefahr, Opfer einer Straftat mit erpresserischem Charakter zu werden, umso höher, je größer das öffentlich bekannte Vermögen des Opfers resp. seiner Familie ist. Diese besondere Gefährdung im Hinblick auf Entführungen und/oder Erpressungen ist aus öffentlichen Quellen bekannt und hat sich in der Vergangenheit wiederholt durch gegen Angehörige der benannten Gruppe verübte Straftaten realisiert. Zudem sind in Anbetracht des hohen Ranges der insbesondere in § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 lit. e) GwG in Bezug genommenen Schutzgüter nach allgemeinen gefahrenabwehrrechtlichen Grundsätzen geringere Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts bzw. der Konkretisierung der Gefahr zu stellen. Für Leib und Leben einer Person mit öffentlich bekanntem Vermögen im genannten Ausmaß besteht danach zumindest abstrakt eine anhaltende Gefährdung als mögliches persönliches Ziel krimineller Handlungen.
71Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin ist auch schon nicht nach § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG ausgeschlossen, wonach schutzwürdige Interessen nicht vorliegen, wenn sich die Daten bereits aus den in § 22 Abs. 1 GwG genannten Registern ergeben. Ein solcher Ausschluss setzt voraus, dass Eintragungen in ein Register im Sinne des § 22 Abs. 1 GwG vorliegen, die Daten in den in § 22 Abs. 1 GwG genannte Registern dieselbe Rechtseinheit betreffen und sich die Daten aus der entsprechenden Eintragung im Transparenzregister vollständig schon aus einem anderen öffentlichen Register ergeben. Erforderlich ist eine Deckungsgleichheit der Eintragungen im Transparenzregister zu einer konkreten Rechtseinheit und Eintragungen zu dieser Einheit in einem der in § 22 Abs. 1 GwG genannten Register. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Weder ist vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich die in Rede stehenden Daten hinsichtlich der X.-Stiftung aus einem anderen Register – insbesondere aus dem Stiftungsverzeichnis des Landes Schleswig-Holstein – ergeben.
72Demgegenüber bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG als alleinigen Ausschlussgrund bezüglich öffentlich bekannter Informationen des wirtschaftlich Berechtigten normieren wollte. Insbesondere den Gesetzesmaterialien lässt sich eine entsprechende Intention nicht entnehmen, soweit sich die Begründung zum Gesetzentwurf hierzu überhaupt nicht,
73vgl. BTDrucks. 18/11555, S. 133,
74oder lediglich zu der Unterscheidung zwischen „anderen öffentlichen Registern“ (a.F.) und „den in § 22 Absatz 1 genannten Registern“ (n.F.) verhält.
75vgl. BTDrucks. 19/13827, S. 91.
76Angesichts des in § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG angelegten Erfordernisses, dass die Einsichtnahme und Übermittlung den wirtschaftlich Berechtigten der Gefahr aussetzen würde, und der bereits in Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) vorgesehenen Anbindung an den Einzelfall ergibt sich vielmehr, dass der Gesetzgeber durch § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG jedenfalls eine einzelne Kategorie öffentlich bekannter und staatlicherseits bereitgestellter Informationen abstrakt aus dem schutzwürdigen Interesse des wirtschaftlich Berechtigten herauslösen und einer Abwägung von vornherein entziehen wollte. Damit ist indes noch keine Aussage dahingehend getroffen, dass der einzelfallabhängigen Betrachtung und Abwägung nicht auch andere Umstände – wie etwa die öffentliche Bekanntheit einzelner Informationen aufgrund medialer Berichterstattung – zugrunde gelegt werden könnten, die einer Gefahrbegründung oder signifikanten Gefahrerhöhung letztlich entgegenstehen. Auch der Wortlaut von § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG gibt eine entsprechende Folge nicht zwingend vor.
77Allerdings besteht schon nicht die bereits nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 GwG erforderliche Kausalität zwischen der Möglichkeit zur Einsichtnahme resp. Übermittlung der Daten und der relevanten Gefahr. Insoweit ist zwar die plausible Darlegung hinreichend, dass die Gefahr des Schadenseintritts auf Seiten des wirtschaftlich Berechtigten durch die Einsichtnahme in das Transparenzregister signifikant erhöht wird. Unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm ist nicht erforderlich, dass die abstrakte Gefahr für den wirtschaftlich Berechtigten allein durch die Zugänglichkeit von Eintragungen in das Transparenzregister begründet wird. Im Falle einer gefahrbegründenden allgemeinen öffentlichen Informationslage besteht die nach § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 GwG erforderliche Kausalität vielmehr auch dann, wenn eine signifikante Gefahrerhöhung durch die Möglichkeit zur Einsichtnahme und Übermittlung der Eintragungen angenommen werden kann. Eine solche kann sich etwa daraus ergeben, dass Registereintragungen verwertbare Angaben zum Vermögensumfang oder zur Person und zu regelmäßigen Aufenthaltsorten des wirtschaftlich Berechtigten enthalten.
78Im Hinblick auf die wiederholte Berichterstattung über die Klägerin und ihre Verbindungen zur milliardenschweren X.-Stiftung in einer Vielzahl von auch überregional verbreiteten Medien liegt eine signifikante gefahrbegründende oder -erhöhende Wirkung der Eintragungen in das Transparenzregister über Namen, Geburtsjahr und Staatsangehörigkeit der Klägerin als entscheidende Identifizierungsdaten jedoch nicht vor. Soweit entsprechende Daten auf gesicherter Grundlage öffentlich bekannt sind, besteht keine durch etwaige Einsichtnahmen in das Transparenzregister signifikant erhöhte abstrakte Gefahr in Bezug auf Katalogstraftaten gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 GwG und damit kein schutzwürdiges Interesse. Dass hierbei eine nach den verschiedenen Angaben unter § 19 Abs. 1 GwG und auch innerhalb einzelner Angaben differenzierte Betrachtung – etwa nach Geburtstag, ‑monat und ‑jahr hinsichtlich des in § 19 Abs. 1 Nr. 2 GwG genannten „Geburtsdatums“ – erfolgt, ist der Systematik des § 23 GwG nicht fremd. So sieht etwa § 23 Abs. 1 Satz 4 GwG ausdrücklich eine Einsichtnahme und Übermittlung lediglich des Geburtsmonats und ‑jahres im Falle der Einsichtnahme durch Mitglieder der Öffentlichkeit vor.
79Name, Geburtsjahr und Staatsangehörigkeit der Klägerin sind öffentlich bekannt und durch einfachste Recherchen ermittel‑ bzw. eingrenzbar. Es besteht diesbezüglich auch eine hinreichend verdichtete und gesicherte Informationslage, die auf überregionale journalistische Berichterstattung gestützt werden kann, ohne dass es im vorliegenden Fall auf eine quantitative oder gar qualitative Abgrenzung verschiedener (Print‑)Medien ankäme. Insbesondere kann dahinstehen, inwieweit die auch von der Beklagten herangezogenen Medienberichte der sog. „Klatschpresse“ bzw. unseriösen Quellen zugeordnet werden könnten. Die Klägerin hat vielmehr im vorliegenden Verfahren bestätigt, dass auch diese Berichterstattungen im Kern wahre Tatsachenbehauptungen über ihre vom Transparenzregister erfassten Daten enthalten. Aber auch ohne Kenntnis dieses Umstandes erschließt sich für außenstehende Dritte, dass die Klägerin – wie bereits in der Vergangenheit geschehen – gegen entsprechende Berichterstattung vorgegangen wäre, sofern bei etwa unzutreffenden Tatsachenbehauptungen die Möglichkeit hierzu bestanden hätte.
80Auch wird die Klägerin – entgegen ihrer Auffassung – durch die Berichterstattung nicht rechtlos gestellt. Zum einen führt ein aufgrund öffentlich bekannter Daten erfolgender Ausschluss einer Beschränkung nicht zu einer (erheblichen) Schlechterstellung der Klägerin. Vielmehr sind potenziell sicherheitsrelevante Angaben zur Klägerin faktisch auffindbar, ohne dass eine nunmehr vorzunehmende (vollständige) Beschränkung an diesem Umstand etwas ändern könnte. Zum anderen unterliegt auch die insoweit nicht beschränkte Einsichtnahme bestimmten Sicherungsmaßnahmen und Voraussetzungen etwa gemäß § 23 Abs. 4 GwG, wonach Einsichtnahmen eine vorherige Registrierung benötigen und protokolliert werden.
81Die Kenntnis der – nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung: einzigen – Staatsangehörigkeit der Klägerin fällt angesichts der übrigen bekannten Daten im Hinblick auf eine signifikante Gefahrerhöhung ohnehin nicht ins Gewicht. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die erst ab dem 1. Januar 2020 – und somit nach Klageerhebung – in das Transparenzregister einzutragende Angabe zur Staatsangehörigkeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 5 GwG) von dem Beschränkungsantrag, den streitbefangenen Bescheiden und folglich dem hiesigen Streitgegenstand umfasst wird. Denn auch in diesem Fall käme der Staatsangehörigkeit vorliegend keine gefahrerhöhende Wirkung zu. Soweit die Staatsangehörigkeit insbesondere einen Hinweis auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort einer Person erbringen soll, lässt sich dies im Fall der Klägerin bereits aus der medialen Berichterstattung ableiten. Im Übrigen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, inwieweit die Kenntnis der Staatsangehörigkeit unter den gegebenen Umständen zu einer Gefahrerhöhung beitragen sollte.
82Eine gefahrbegründende oder -erhöhende Wirkung der Angaben ergibt sich auch nicht aus einer etwaigen besonderen Zuverlässigkeit angesichts des öffentlichen Charakters des Transparenzregisters. Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 GwG erfordern eine gefahrenspezifische Auslegung des Kausalitätskriteriums. Danach ist grundsätzlich nicht die Herkunft, sondern die angenommene Zuverlässigkeit einer Information ausschlaggebend für das nach § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 GwG relevante Gefahrenpotenzial. So können Eintragungen in öffentliche Register angesichts der erhöhten Glaubwürdigkeit, die mit dem öffentlichen Charakter des Registers einhergeht, durchaus im Einzelfall Gefahren für wirtschaftlich Berechtigte begründen oder erhöhen. Eine solche Wirkung ist indes in den Fällen auszuschließen, in denen auch ohne die Einsichtnahme in das Transparenzregister eine hinreichend zuverlässige und gesicherte Informationslage besteht. Entscheidend ist, inwieweit mögliche Einsichtnahmen zur Verwirklichung krimineller Zwecke nach § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG verwendbar sind und eine diesbezügliche Gefahr begründen oder signifikant erhöhen. Es ist bereits nicht plausibel dargelegt, dass entsprechende Tatplanungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von der Verfügbarkeit bestimmter Informationen im Transparenzregister abhängig gemacht werden, soweit zuverlässige Informationen über die Person des wirtschaftlich Berechtigten anderweitig hinlänglich und sogar verlässlich zugänglich sind.
83Eine signifikante Risikoerhöhung ergibt sich darüber hinaus nicht aus den Angaben im Transparenzregister, die womöglich Schlüsse auf den Vermögensumfang der Klägerin zulassen. Auch insoweit ist erforderlich, dass die durch Einsichtnahme in das Transparenzregister zugänglichen Daten die abstrakte Gefahr für die Klägerin begründen oder signifikant erhöhen, Opfer einer Katalogstraftat zu werden. Dies kann der Fall sein, soweit das Transparenzregister eine natürliche Person als wirtschaftlich Berechtigten einer besonders werthaltigen Rechtseinheit ausweist. Ein solches Gefahrenpotenzial begründen indes solche Eintragungen nicht, die öffentlich bereits als äußerst vermögend bekannte Individuen als wirtschaftlich Berechtigte konkreter Rechtseinheiten ausweisen. So liegt der Fall jedoch hier. Soweit über die Klägerin als Destinatärin der X.-Stiftung berichtet wird und entsprechende Informationen sich unabhängig vom Inhalt des Transparenzregisters mit hinreichender Gewissheit durch öffentlich zugängliche und verlässliche Quellen bestätigen lassen, erscheint ausgeschlossen, dass eine Einsichtnahme in das Transparenzregister die für die Klägerin bestehende abstrakte Gefahr signifikant erhöht. Die in Bezug auf den angenommenen Vermögensumfang der Klägerin relevanten Eintragungen in das Transparenzregister können eine solche Wirkung hier bereits deshalb nicht entfalten, weil sie keine über den öffentlich weithin bekannten Informationsstand hinausreichenden Einsichten in die Vermögensumstände der Klägerin eröffnen, die nachvollziehbar zur Verwirklichung der in § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG genannten Straftaten motivieren könnten. Im Gegenteil ist aus dem Transparenzregister schon nicht ersichtlich, nach welchen Modalitäten und in welchem Umfang die Klägerin als Destinatärin der X.-Stiftung begünstigt wird. Vielmehr ergibt sich lediglich aus der bereits zitierten überregionalen Berichterstattung, dass es sich hierbei um Millionenbeträge handelt.
84Dies gilt gleichermaßen für die Daten, die nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GwG den nach dem GwG Verpflichteten sowie allen Mitgliedern der Öffentlichkeit zur Einsichtnahme offenstehen. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 Nr. 4 GwG zählen dazu für beide einsichtnahmeberechtigten Gruppen Angaben zu Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses an einer konkreten Rechtseinheit. Diese lassen etwa über die Angabe einer Beteiligung an der jeweils betroffenen Vereinigung oder über konkrete Angaben zum Kapitalanteil der Klägerin Rückschlüsse auf deren Vermögensumfang zu. Allerdings geht aus dem Eintrag betreffend die Klägerin nicht mehr als ihre Stellung als Destinatärin der Stiftung hervor. Eine signifikante Gefahrerhöhung in Bezug auf potenziell gegen die Klägerin und ihr Vermögen gerichtete Straftaten ergibt sich daraus insoweit nicht, als durch die genannten Eintragungen vermittelten Informationen die spezifische Gefahr nach § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG potenziellen Tätern kein Anreiz zur Tatverwirklichung vermittelt wird, der nicht bereits durch das öffentlich bekannte Vermögen der Klägerin und ihre ebenso bekannte Stellung als Destinatärin etabliert würde. Zudem erscheint die Annahme, dass ein potenzieller Täter im Zuge einer Recherche über ein seit Jahrzehnten als äußerst vermögend bekanntes potenzielles Tatopfer wie die Klägerin gerade die Angaben im Transparenzregister zum Ausgangspunkt einer etwaigen Tatplanung machte, nicht hinreichend lebensnah. Die bloß entfernt liegende Möglichkeit einer solchen Verwendung der Eintragungen erhöht die ohnehin bestehende abstrakte Gefahr für die Klägerin jedenfalls nicht signifikant. Dem steht nicht entgegen, dass § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG seiner Tatbestandsstruktur nach von der Möglichkeit der Begründung und Erhöhung derartiger Gefahren durch Angaben im Transparenzregister ausgeht. Ein gesetzgeberischer Wille, ohnehin bestehende abstrakte Gefahren für als vermögend bekannte Einzelpersonen weitgehend auch im Rahmen von Beschränkungsanträgen zu berücksichtigen, kommt in der Norm nicht zum Ausdruck. Vielmehr ist § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG als restriktiver Ausnahmetatbestand konzipiert.
85Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten kriminalpolizeilichen Einschätzung des Polizeipräsidiums Essen vom 7. Oktober 2015. Dabei kann dahinstehen, auf welchen dort nicht konkret genannten Tatsachen diese Einschätzung zur Gefahrerhöhung beruht, auch wenn nach den vorstehenden Ausführungen eine Substantiierungspflicht auf Seiten der Klägerin hinsichtlich der sie betreffenden Gefahren besteht. Denn aus der vorgenannten Einschätzung ergibt sich zum einen schon nicht hinreichend substantiiert, dass und inwiefern die Einsichtnahme in und Übermittlung von bereits öffentlich bekannten Daten aus dem Transparenzregister zu einer Gefahrerhöhung für die Klägerin führen könnte. Zum anderen folgt aus der auch im Ergebnis pauschal gehaltenen Einschätzung nicht, welche Datenbestandteile in welchem Maße für eine Gefahrerhöhung verantwortlich sein sollen.
86Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen besteht auf Seiten der Klägerin jedenfalls kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG. In der Sache sieht § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG eine Abwägung zwischen den schutzwürdigen Interessen des wirtschaftlich Berechtigten und den öffentlichen Interessen an der Einsichtnahme vor.
87Vgl. auch Krais, CCZ 2017, 98 (105 f.); Korte, a.a.O., § 23 GwG Rn. 32.
88Der Beklagten steht auch im Rahmen dieser Abwägung jeweils kein Beurteilungsspielraum zu.
89Vgl. Lorenz, DStR 2020, 2258 (2259).
90Das Merkmal des „Überwiegens“ der schutzwürdigen Interessen des wirtschaftlich Berechtigten befindet sich auf der Tatbestandsseite des § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG. Jedenfalls eröffnet es kein verwaltungsbehördliches Ermessen im Sinne des § 40 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Als unbestimmter Rechtsbegriff ist das Merkmal gemäß Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) der Garantie effektiven Rechtsschutzes unterworfen. Anhaltspunkte dafür, bei der Auslegung und Anwendung des Merkmals verwaltungsbehördliche Beurteilungsspielräume anerkennen zu können, bestehen nicht. Die Entscheidung erfordert weder eine spezifische Sachkunde noch eine subjektive Wertung. Soweit sie prognostischen Charakter hat, liegt diese Prognose im Kern im Sicherheitsrecht, das regelmäßig keine verwaltungsbehördlichen Beurteilungsspielräume vermittelt.
91Vgl. Riese, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Band VwGO, Werkstand: 45. EL Januar 2024, § 114 VwGO Rn. 155.
92Auch aus dem zugrundeliegenden Unionsrecht ergibt sich nichts anderes. Vielmehr fordert Art. 30 Abs. 9 Satz 3 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) explizit, dass die Rechte auf eine verwaltungsrechtliche Prüfung des Beschlusses über die Ausnahme und auf einen wirksamen Rechtsbehelf gewahrt werden müssen. Innerhalb dieses Rahmens richtet sich der gerichtliche Kontrollumfang nach dem nationalen Recht.
93Vgl. allgemein BVerwG, Urteile vom 25. September 2013 – 6 C 13.12 –, juris Rn. 33, sowie vom 17. September 2015 – 1 C 37.14 –, juris Rn. 21; Riese, a.a.O., § 114 VwGO Rn. 112.
94Die Verwaltungsgerichte dürfen und müssen die Abwägung demnach vollständig überprüfen. Hat die registerführende Stelle keine Abwägung getroffen, können die Verwaltungsgerichte die Abwägung selbst treffen.
95Überwiegen die schutzwürdigen Interessen, stehen sie der Möglichkeit der Einsichtnahme dem Grunde nach entgegen und führen zu einem Beschränkungsanspruch nach § 23 Abs. 2 Satz 2 GwG. Die Abwägung hat sowohl das abstrakte Gewicht der gegenüberstehenden Interessen wie auch alle konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Sie ist verfassungsrechtlich vorstrukturiert. Die Gestattungen der Einsichtnahme in das Transparenzregister nach § 23 Abs. 1 GwG greifen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der wirtschaftlich Berechtigten in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG bzw. gemäß Art. 7 und Art. 8 GRCh ein. Der gesetzmäßige Zugang zum Transparenzregister schmälert nämlich die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen,
96vgl. dazu Lorenz, DStR 2020, 2258 (2261 f.); Korte, a.a.O., § 23 GwG Rn. 8; Generalanwalt Pitruzzella, Schlussantrag vom 20. Januar 2022 – C‑37/20 –, Rn. 84 ff.,
97und stellt mit der Übermittlung der personenbezogenen Daten an Dritte einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar.
98Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2022 – C‑37/20 und C‑601/20 –, juris Rn. 40 ff. sowie Rn. 44.
99Dieser Eingriff ist gerechtfertigt. Aufgrund der vergleichbaren Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des EuGH an die Rechtfertigung kann in diesem Fall letztlich dahinstehen, ob das nationale oder europäische Grundrechtsregime anzuwenden ist,
100vgl. zur Abgrenzung hier nur BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 – 1 BvR 16/13 –, juris Rn. 40 ff.
101wobei mangels einer vollständigen unionsrechtlichen Determination der Regelung des § 23 Abs. 2 GwG eine Prüfung primär am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes naheliegt. Insoweit greift die Vermutung, dass das Schutzniveau der Charta der Grundrechte der Europäischen Union durch die Anwendung der Grundrechte des Grundgesetzes mitgewährleistet ist.
102Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 – 1 BvR 16/13 –, juris Rn. 42 f. sowie 55.
103Der Eingriff verletzt nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung darf nach dem BVerfG nur aufgrund eines Gesetzes im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingeschränkt werden; die Einschränkung darf nicht weitergehen, als es zum Schutz des öffentlichen Interesses unerlässlich ist.
104Vgl. BVerfG, 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 29. Juli 2022 – 2 BvR 54/22 –, juris; Di Fabio, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Werkstand: 103. EL Januar 2024, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 179 sowie 181.
105Die teilweise Ablehnung der Beschränkungsanträge der Klägerin verfolgt hier legitime Transparenzinteressen; sie ist dazu geeignet und erforderlich. Das Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung wird durch sie nicht in unangemessener Weise eingeschränkt. Das unionsrechtlich verankerte öffentliche Transparenzinteresse überwiegt das Interesse der Klägerin an einer (vollständigen) Beschränkung der Möglichkeit der Einsichtnahme und Übermittlung der hier streitigen Angaben im Transparenzregister.
106Auf Seiten der Klägerin besteht zwar ein gewichtiges Interesse am Schutz ihrer personenbezogenen Daten. Die öffentliche Abrufbarkeit von Informationen über ihre Person und den Umfang ihres Vermögens zieht eine abstrakte Dauergefahr der Begehung von Katalogstraftaten nach § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG nach sich. Zwar liegen keine eigenständigen Grundrechtseingriffe darin, dass wirtschaftlich Berechtigte durch Einsichtnahmen in das Transparenzregister der Gefahr ausgesetzt werden, Opfer einer Straftat im Sinne von § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 lit. a) bis lit. g) GwG zu werden. Die Begehung der Straftaten wird staatlicherseits weder imperativ vorgegeben, noch final oder unmittelbar herbeigeführt. Auch ist eine ungewollte Auslösung der Straftaten dem Staat nicht zuzurechnen.
107Vgl. Sachs, in: Sachs, Grundgesetz, 9. Auflage 2021, Vorbemerkungen zu Abschnitt I, Rn. 90; BVerfG, 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 15. März 2018 – 2 BvR 1371/13 –, juris Rn. 44.
108Dennoch begründet die Gefahr im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG – auch im Vorfeld des Schadenseintritts – grundrechtliche Beeinträchtigungen, je nach Strafnorm insbesondere von Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6, Art. 16, Art. 17 Abs. 1 GRCH. Diese Beeinträchtigungen lösen abstrakte staatliche Schutzpflichten aus, die konkret von Gesetzgeber und Verwaltung nicht verletzt werden dürfen. Diese Schutzpflichten verschärfen die Rechtfertigungsanforderungen an den Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
109Vgl. allgemein zu staatlichen Schutzpflichten bei Risiken und Gefahren BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 4. Mai 2011 – 1 BvR 1502/08 –, juris Rn. 37; BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 – 1 BvR 2656/18 u.a. –, juris Rn. 143 ff.; allgemein zu derartigen kumulierenden Belastungswirkungen Winkler, JA 2014, 881 ff.
110Es besteht im vorliegenden Fall indes keine herausgehobene Eingriffsintensität. Die nach § 19 Abs. 1 GwG im Transparenzregister zugänglichen Angaben betreffen sämtlich allein die Sozialsphäre der Klägerin. Damit ist ein Bereich umschrieben, der von der sozialen Umwelt nicht ohne Weiteres abgeschirmt werden kann. Der staatliche Zugriff auf diesen Bereich unterliegt nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keinen besonders qualifizierten Rechtfertigungsanforderungen.
111Vgl. Di Fabio, a.a.O., Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 160.
112So liegt der Fall auch hier. Allgemeine personenbezogene Daten wie Name, Geburtsjahr und Staatsangehörigkeit sowie Angaben zu wirtschaftlichen Interessen der Klägerin berühren im vorliegenden Fall zwar ihre Geheimhaltungsinteressen. Sie sind nach ihrer Art und ihrem Umfang indes nicht in besonderer Weise gefahrenträchtig und gehen insbesondere nicht oder jedenfalls nicht in wesentlichem Ausmaß über die zur Person und zum Vermögen der Klägerin öffentlich bekannten und jederzeit zugänglichen Informationen hinaus. Für die Mitglieder der Öffentlichkeit einsehbar sind ausschließlich Daten, die im Zusammenhang mit der Identität und der Geschäftstätigkeit der wirtschaftlich Berechtigten stehen. Sie geben keine nähere Auskunft über deren Privatleben. Sie ermöglichen für sich genommen auch keinen exakten Überblick über die Vermögensverhältnisse des Betroffenen. Weiterhin ist die Einsichtnahmemöglichkeit bei unionsrechtskonformer Auslegung ihrer rechtlichen Grundlage in § 23 Abs. 1 GwG mit dem Zweck verbunden, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern. Die Transparenzpflicht besteht überhaupt nur, weil der Betroffene wirtschaftlich Berechtigter einer Vereinigung ist. Zudem bestehen gesetzliche Schutzinstrumente, welche der Wahrung der Interessen der wirtschaftlich Berechtigten dienen. So müssen sich die Einsichtnehmenden nach § 23 Abs. 4 GwG vorab registrieren und können von den wirtschaftlich Berechtigten nach § 23 Abs. 8 GwG erfragt werden.
113Als Gegengewicht sind in der Rechtfertigungsprüfung die Interessen der Öffentlichkeit und der Gesellschaft an der Einsichtnahme in das Transparenzregister zu berücksichtigen. Einsichtnahmen in das Transparenzregister sollen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verhindern. Ziel des Registers ist es, das Vertrauen in die Integrität der Geschäftstätigkeit und des Finanzsystems zu stärken und den Missbrauch von Wirtschaftseinheiten zum Zweck der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen.
114Vgl. BTDrucks. 18/11555, S. 89; Art. 1 Abs. 1 der Vierten Geldwäscherichtlinie und Erwägungsgrund 30 der Fünften Geldwäscherichtlinie; Generalanwalt Pitruzzella, Schlussantrag vom 20. Januar 2022 – C‑37/20 –, Rn. 139 ff.
115Dabei soll nach Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) durch die Transparenz auch eine starke abschreckende Wirkung entfaltet werden. Speziell zu dem Ziel, das mit dem durch Art. 1 Nr. 15 lit. c) der Richtlinie 2018/843 eingeführten Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer verfolgt wird, heißt es im 30. Erwägungsgrund dieser Richtlinie, dass durch einen solchen Zugang zunächst „eine größere Kontrolle der Informationen durch die Zivilgesellschaft (einschließlich Presse und zivilgesellschaftlichen Organisationen) ermöglicht und das Vertrauen in die Integrität der Geschäftstätigkeit und des Finanzsystems gestärkt [wird]“. Des Weiteren „kann“ durch den fraglichen Zugang „insofern ein Beitrag zur Bekämpfung des Missbrauchs von Gesellschaften und anderen juristischen Personen und ähnlichen Rechtsvereinbarungen für die Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung geleistet werden, als Ermittlungen erleichtert und Reputationseffekte bewirkt werden können, da jedem, der Geschäfte abschließen könnte, die Identität der wirtschaftlichen Eigentümer bekannt ist“. Schließlich wird durch diesen Zugang „auch eine zeitnahe und effiziente Verfügbarkeit von Informationen für Finanzinstitute sowie Behörden, einschließlich Behörden von Drittländern, die an der Bekämpfung solcher Straftaten mitarbeiten, erleichtert“ und dieser Zugang „würde dazu beitragen, Ermittlungen in Bezug auf Geldwäsche, damit zusammenhängende Vortaten und Terrorismusfinanzierung durchzuführen“. Zudem erläutert der 31. Erwägungsgrund der Richtlinie 2018/843, dass „[d]ie mögliche Verbesserung des Vertrauens in die Finanzmärkte […] als positiver Nebeneffekt und nicht als Zweck erhöhter Transparenz angesehen werden [sollte], der darin besteht, ein Umfeld zu schaffen, das weniger leicht für die Zwecke von Geldwäschern und Geldgebern des Terrorismus genutzt werden kann“. Demnach will der Unionsgesetzgeber dadurch, dass er den Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer vorsieht, die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung verhindern, indem er mit erhöhter Transparenz ein Umfeld schafft, das weniger leicht für diese Zwecke genutzt werden kann. Dabei handelt es sich um eine dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung, die auch schwere Eingriffe in Persönlichkeitsrechte rechtfertigen kann.
116Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2022 – C‑37/20 und C‑601/20 –, juris Rn. 59 m.w.N.
117Zweck des Transparenzregisters ist es gerade, die hinter komplexen wirtschaftlichen und gesellschaftsrechtlichen Strukturen stehenden natürlichen Personen für bestimmte Einsichtnahmeberechtigte auszuweisen. Eine Einschränkung dieses unionsrechtlich als besonders gewichtig ausgewiesenen Gemeinwohlaspekts soll nur im Falle außergewöhnlicher Umstände in Betracht kommen. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass eine besonders tiefgreifende Einschränkung des Transparenzinteresses darin läge, Angaben zu äußerst vermögenden Individuen für bestimmte Einsichtsberechtigte unzugänglich zu machen.
118Kein anderes Ergebnis rechtfertigt die Erwägung, dass die unbeschränkte Zugänglichkeit der Angaben im Transparenzregister auch unbescholtenen wirtschaftlich Berechtigten eine Pflicht zur Duldung fremdbestimmter Verwendung und ggf. Verbreitung personenbezogener Daten auferlegt. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, der einen solchen Zugriff auf personenbezogene Daten ausschließlich für den Fall vorangegangenen deliktischen Verhaltens des Berechtigten erlaubt. Vielmehr ist der Zugriff auf personenbezogene Daten aus dem Bereich der Sozialsphäre unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch zur Verfolgung von Gemeinwohlzwecken von hinreichendem Gewicht statthaft.
119Vgl. auch EuGH, Urteil vom 22. November 2022 – C‑37/20 und C‑601/20 –, juris Rn. 63 f.
120Insoweit stellt sich der Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung der Klägerin durch die Einsichtnahmemöglichkeit von Verpflichteten im Sinne § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GwG auch als angemessen dar. Die Beklagte verletzt nicht ihre Schutzpflichten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Geheimhaltungsinteressen der Klägerin bei näherer Betrachtung nicht besonders hoch ausfallen.
121Vgl. allgemein zur Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls in der Abwägung Korte, a.a.O., § 23 GwG Rn. 34.
122In Abwägung mit der Gefahr für die Klägerin sieht der Gesetzgeber für die Einsichtnahme durch Verpflichtete genügende Schutzvorkehrungen vor. Die Einsichtnahme der Verpflichteten bezweckt die Geldwäschebekämpfung in spezifischer Weise und dient der Erfüllung der Sorgfaltspflichten des § 10 Abs. 1 GwG. Personell berechtigt sind ausschließlich die Gewerbe und Berufe nach § 2 Abs. 1 GwG. Die Einsichtnahme ist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GwG nur gestattet, sofern die Verpflichteten der registerführenden Stelle darlegen, dass diese zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten in einem der in § 10 Abs. 3 und Abs. 3a GwG genannten Fälle erfolgt. Insofern müssen die Verpflichteten etwa glaubhaft machen können, dass sie mit dem wirtschaftlich Berechtigten eine Geschäftsbeziehung begründen. Die Einsichtnahme der Verpflichteten ist streng zweckgebunden; § 23 Abs. 6 Satz 2 GwG stellt klar, dass sie ausschließlich zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten des jeweiligen Verpflichteten erfolgt.
123Vgl. zum Ganzen BTDrucks. 18/11555, S. 88 sowie 132 f.; Korte, a.a.O., § 23 GwG Rn. 18.
124Diese gesetzlichen Schutzvorkehrungen reduzieren etwaige aus den Angaben im Transparenzregister resultierende Gefahren für die Klägerin auf ein zumutbares Maß.
125Nichts anderes gilt für im Hinblick auf einen Eingriff in das Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung bei einer Einsichtnahme durch den in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG umschriebenen Personenkreis. Dabei ist – wie dargelegt – von einer Eingrenzung abweichend von der positivgesetzlichen Formulierung „3. allen Mitgliedern der Öffentlichkeit“ auszugehen; mithin ist nunmehr aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 22. November 2022 von einer richtlinienkonformen Auslegung und Anwendung auszugehen und ein berechtigtes Interesse an einer Einsichtnahme zu fordern. Bei dieser höhere Anforderungen stellenden Praxis – so versteht das Gericht die Entscheidung des EuGH –,
126vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2022 – C‑37/20 und C‑601/20 –, juris Rn. 55, 58 f., 63 f., 67, 72 und insbesondere Rn. 74,
127ist davon auszugehen, dass bei der Forderung eines berechtigten Interesses der Mitglieder der Öffentlichkeit keine Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des so umschriebenen Einsichtsrechts mit Art. 7 in Verbindung mit Art. 8 GRCh bestehen. Dem schließt sich das erkennende Gericht an.
128Die Vermutung der Mitgewährleistung der Gewährleistungen der Grundrechtecharta der Europäischen Union ist nicht widerlegt. Die primärrechtlich gewährleisteten Grundsätze der Zweckbindung und der Datenminimierung bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (vgl. auch Art. 5 Abs. 1 lit. b) und lit. c) DS‑GVO) als Ausprägungen der Aspekte der Geeignetheit und Erforderlichkeit von Eingriffen in das Recht auf Schutz personenbezogener Daten gemäß Art. 7 in Verbindung mit Art. 8 GRCh entsprechen wertungsmäßig den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG.
129Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen sind auf Rechtsfolgenseite und damit im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO keine Ermessensfehler ersichtlich; insbesondere scheidet eine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich einer vollständigen Beschränkung der Einsichtnahme aus.
130Eine Ermessensreduzierung auf Null und damit eine Verdichtung der Rechtsfolgen auf eine vollständige Beschränkung der Einsichtnahme kommt vorliegend nicht in Betracht. Eine entsprechende Ermessensreduzierung folgt – anders als die Klägerin meint – schon nicht allein aus dem Umstand, dass die Beklagte teilweise ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse angenommen hat. Insoweit sieht bereits der Wortlaut von § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG – wie ausgeführt – vor, dass der Behörde gerade bei Vorliegen eines überwiegenden schutzwürdigen Interesses auf Rechtsfolgenseite hinsichtlich des „Wie“ der Beschränkung ein Ermessen verbleibt. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass bei dieser Sachlage nur eine vollständige Beschränkung der Einsichtnahme als einzig rechtmäßige Rechtsfolge in Betracht käme. Angesichts des europarechtlich geprägten Gesetzeszwecks, der gerade die Herstellung von Transparenz zum Gegenstand hat, bestehen weder Anlass noch Bedürfnis, die Einsichtnahme in Daten zu beschränken, die bereits öffentlich bekannt sind oder deren Kenntnis sich geradezu aufdrängt. Eine – wie hier erfolgte – teilweise Beschränkung der Einsichtnahme kommt jedenfalls als milderes Mittel im Vergleich zu einer somit nicht erforderlichen vollständigen Beschränkung in Betracht.
131Dass die Beklagte bei der teilweisen Beschränkung im Übrigen ermessensfehlerhaft gehandelt hätte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere sind weder sachfremde Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen noch hat die Beklagte entscheidungserhebliche Umstände nicht beachtet.
132Nicht ersichtlich ist etwa, dass sich die Beklagte mit dem Schutz von Leib und Leben der Beklagten näher hätte auseinandersetzen müssen. Zum einen hat die Beklagte bestimmte Belange zum Schutz von Leib und Leben jedenfalls im Ansatz und jedenfalls noch im Klageverfahren (§ 114 Satz 2 VwGO) in ihre Betrachtung einbezogen (vgl. etwa Bl. 162 d.A.). Zum anderen folgen etwaige Beeinträchtigungen entsprechender Rechtsgüter – wie im Rahmen der Abwägung dargelegt – nicht unmittelbar aus einer Einsichtnahme in das Transparenzregister; entsprechende Handlungen Dritter sind dem Staat nicht zurechenbar. Die dennoch vorhandenen grundrechtlichen Beeinträchtigungen werden bereits durch die im Gesetz angelegten Sicherungsvorkehrungen hinreichend abgemildert.
133Soweit die Angabe zur Staatsangehörigkeit überhaupt streitgegenständlich ist, hat die Beklagte zuletzt in der mündlichen Verhandlung nach Rücksprache mit dem Bundesverwaltungsamt hinreichend im Sinne des § 114 Satz 2 VwGO und ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Ablehnung der Beschränkung auch diese Angabe umfasse. Maßgeblich seien demnach dieselben Erwägungen wie für die Teilablehnung im Übrigen, nämlich die Bekanntheit der Klägerin, die geringe Kausalitätsrelevanz bezüglich der Angabe der Staatsangehörigkeit und die insoweit mangelnde Gefahrerhöhung.
134Soweit sich die Klägerin darüber hinaus auf den Umstand beruft, dass das Bundesverwaltungsamt auf seiner Website darauf hingewiesen hatte, es erscheine nicht ausgeschlossen, dass auch andere Rechtsgrundlagen neben § 23 Abs. 2 GwG für eine Beschränkung der Einsichtnahme in Betracht kämen, dringt sie hiermit ebenfalls nicht durch.
135Bereits aus der Systematik des § 23 GwG ist nicht erkennbar, dass neben dem dort integrierten § 23 Abs. 2 GwG eine anderweitige Rechtsgrundlage für eine Beschränkung der Einsichtnahme in Betracht kommen könnte. Vielmehr handelt es sich bei dieser Regelung schon angesichts ihrer europarechtlichen Prägung um eine speziell auf das Transparenzregister zugeschnittene Vorschrift, die in ihrem Regelungsgehalt nicht durch anderweitige Regelungen unterlaufen werden soll.
136Auch folgt aus der europarechtlichen Prägung des Transparenzregisters und dessen Beschränkungsmöglichkeiten, dass eine nationale Norm, die anstelle von § 23 Abs. 2 GwG eine Beschränkung der Einsichtnahme vorsehen könnte, in ihren Voraussetzungen jedenfalls nicht weitergehender als Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) und somit § 23 Abs. 2 GwG sein darf. Andernfalls würde durch die Anwendung dieser Norm die europarechtliche Grundlage des Transparenzregisters verletzt; die Norm müsste insoweit unangewendet bleiben. Dies gilt insbesondere für § 51 Abs. 1 BMG, wonach im Gegensatz zu einer Beschränkung nach § 23 Abs. 2 GwG „ähnlich schutzwürdige Interessen“ ausreichen und keine teilweise Auskunftssperre als mildere Beschränkungsmaßnahme vorgesehen ist.
137Dass die Beklagte in der Vergangenheit entsprechende Einschränkungen auf anderweitiger Rechtsgrundlage vorgenommen und sich damit ggfs. selbst gebunden hätte, ist im Übrigen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
138Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
139Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 709 Satz 2 und § 711 ZPO.
140Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen; die Fragen der Anforderungen an die Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister sind bislang in der Rechtsprechung nicht geklärt und für eine Vielzahl der bei dem erkennenden Gericht anhängigen Verfahren von Bedeutung.
141Rechtsmittelbelehrung
142Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
143Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
144Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
145Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
146Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
147Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter folgender
148Beschluss
149Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
1505.000,00 EUR
151festgesetzt.
152Gründe
153Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 GKG) hinsichtlich der Beschränkung der Einsichtnahme bezüglich einer einzelnen Rechtseinheit.
154Rechtsmittelbelehrung
155Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
156Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
157Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
158Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
159Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.