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1. Der Eilantrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
2Der sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 12 K 705/24 geführten Klage gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 8. Januar 2024 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Hinsichtlich der in dieser Ordnungsverfügung abgelehnten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen (nach §§ 24 Abs. 1 und 16b AufenthG) ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO trotz der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG entfallenden aufschiebenden Wirkung der Klage unstatthaft.
6Zwar ist hinsichtlich des Anfechtungsteils einer vom Antragsteller nach dem Wortlaut seines Klageantrags gestellten Verpflichtungsklage, wie für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erforderlich, dem Antragsteller ein unmittelbarer Rechtsverlust entstanden. Denn durch die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach §§ 24 Abs. 1 und 16b AufenthG entfiel die ihm bis dahin zugutegekommene Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Mit dieser ablehnenden Entscheidung der Antragsgegnerin entfiel für den Antragsteller nämlich das aus § 2 Abs. 1 der (gemäß § 4 Abs. 2 bis zum 2. Juni 2024 geltenden) Verordnung zur vorübergehenden Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels von anlässlich des Krieges in der Ukraine eingereisten Personen (Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung) folgende titellose Aufenthaltsrecht. Nach dieser Vorschrift sind Ausländer, die sich am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten haben und die bis zum 4. März 2024 in das Bundesgebiet eingereist sind, ohne den für einen langfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel zu besitzen, für einen Zeitraum von 90 Tagen ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Einreise in das Bundesgebiet vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit. Der Antragsteller reiste am 1. Mai 2023 Bundesrepublik ein und stellte konkludent am 2. Mai 2023 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 24 Abs. 1 und 16b AufenthG.
7Dennoch ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gestellte Eilantrag nicht statthaft, weil es keine Verpflichtungsklage – mit Anfechtungsteil – (mehr) gibt, mit der der Antragsteller die Ordnungsverfügung ursprünglich angegriffen hat. Diesen Klageantrag hat der Antragsteller konkludent zurückgenommen, indem er nunmehr allein noch (nach erfolgter Berichtigung seines Schreibfehlers) eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16a AufenthG (bzw. für die Zeit ab dem 1. März 2024 nach § 16g AufenthG) begehrt.
8Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 12 K 705/24 geführten Klage kann auch nicht angeordnet werden, wenn der Antragsteller nunmehr lediglich noch eine isolierte Anfechtungsklage stellen wollte. Denn eine solche Klage wäre offensichtlich unzulässig, weil ihm insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde. Dieses besteht insbesondere nicht darin, eine Anfechtungsklage allein zu dem Zweck zu stellen, um auf diese Weise ein Eilrechtsschutzverfahren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anstatt nach § 123 Abs. 1 VwGO mit entsprechenden Beglaubigungs-Obliegenheiten führen zu können. Das würde lediglich ein Interesse an der Führung eines bestimmten Eilrechtsschutzverfahrens darstellen, das materiellrechtlich von den Erfolgsaussichten einer isolierten Anfechtungsklage abhinge, an deren Ausgang der Antragsteller selbst kein materiellrechtliches Interesse (mehr) hätte. Ein solches rein taktisch-verfahrensbezogenes, ggf. auf Zeitgewinn gerichtetes Interesse ist mangels eines dem Antragsteller (jedenfalls auch) zur Durchsetzung gerade materieller Rechte dienenden Verfahrens rechtlich nicht schützenswert und deshalb auch von der Rechtsordnung nicht rechtlich geschützt.
9Hinsichtlich der vom Antragsteller (nach erfolgter Berichtigung seines Schreibfehlers) nunmehr begehrten Aufenthaltserlaubnis nach § 16a AufenthG (bzw. nach § 16g AufenthG) würde eine isolierte Anfechtungsklage von vornherein nicht vorliegen, weil die Antragsgegnerin mangels eines insoweit bei ihr zuvor vom Antragsteller gestellten Antrags die Erteilung solcher Aufenthaltserlaubnisse mit der angefochtenen Ordnungsverfügung nicht abgelehnt hat.
10Das Gericht merkt an, dass die (nunmehr wohl allein) auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16g AufenthG gerichtete Verpflichtungsklage mangels vorherigen Antrags bei der Antragstellerin und deshalb mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig ist.
11Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist indes gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. § 112 JustG NRW bzw. nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG statthaft, soweit der Antragsteller seine Anfechtungsklage gegen die in Ziffern 4 und 5 der Ordnungsverfügung vom 8. Januar 2024 verfügte Abschiebungsandrohung bzw. Anordnung eines abschiebungsbedingten befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots angreift.
12Dieser auch im Übrigen zulässige Antrag ist jedoch unbegründet. Die vorrangig an den Erfolgsaussichten einer diesbezüglichen statthaften und auch im Übrigen zulässigen Anfechtungsklage ausgerichtete Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung überwiegt das Bleibeinteresse des Antragstellers. Denn die Anfechtungsklage ist insoweit offensichtlich unbegründet. Der Antragsteller ist gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG mangels Aufenthaltstitels und anderweitigen rechtmäßigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland ausreisepflichtig. Die Abschiebungsandrohung ist mit einer nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG angemessenen Frist zur freiwilligen Ausreise verknüpft und bezieht sich gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 AufenthG auf seinen Herkunftsstaat Marokko.
13Die gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zwingende Anordnung des abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbots weist auch keinen Fehler hinsichtlich der gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG zwingend zu bestimmenden und nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG im Ermessen der Ausländerbehörde stehenden Befristung auf. Die Erwägungen der Antragsgegnerin hinsichtlich der 30-monatigen Frist sind nicht zu beanstanden.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. September 2021 – 1 C 47.20 –, BVerwGE 173, 201-213 = juris Rn. 18 (zu einer im Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohung).
15Der Antragsteller hat – zu Recht – keinen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Erteilung einer Duldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG gestellt. Eine solche Duldung wäre insbesondere nicht deshalb aufgrund des in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verankerten Rechts auf effektiven Rechtsschutz erforderlich, weil sein nachträglich bei der Antragsgegnerin gestellter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16f AufenthG bzw. § 16a AufenthG durch den Antragsteller nur vom Inland her weiterbetrieben werden kann. Die Erteilung solcher Aufenthaltserlaubnisse erfordert nicht zwingend einen Aufenthalt im Bundesgebiet.
16Anders verhält es sich zwar bei der nunmehr vom Antragsteller für die Zeit ab dem 1. März 2024 wohl (ebenfalls oder allein) begehrten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 16g AufenthG, weil diese nur erteilt werden kann, solang ein Antragsteller sich in Deutschland aufhält. Denn nach § 16g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG (Nr. 1 dieser Vorschrift kommt mangels ersichtlicher Asylantragstellung des Antragstellers hier nicht in Betracht) setzt eine solche Aufenthaltserlaubnis eine bereits erteilte Duldung voraus (“im Besitz einer Duldung nach § 60a ist“), die indes gemäß § 60a Abs. 5 Satz 1 AufenthG (spätestens) mit Ausreise des Ausländers erlischt.
17Eine solche tatbestandsmäßig vorausgesetzte Duldung kann aber nicht durch eine hier im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes allenfalls aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes in Rede stehende reine Verfahrens-Duldung erreicht werden. Eine Verfahrens-Duldung soll allein einer – weiterhin – vom Inland her ermöglichten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis dienen, damit der Anspruch des Ausländers auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nicht allein dadurch ausgeschlossen ist, dass er sich (aufgrund Maßnahmen der Ausländerbehörde) nicht mehr im Bundesgebiet aufhält. Eine solche Verfahrens-Duldung setzt voraus, dass der betreffende Ausländer voraussichtlich eine Aufenthaltserlaubnis erhält, solang er sich im Bundesgebiet aufhält, und damit, dass er die Tatbestandsvoraussetzungen der betreffenden Aufenthaltserlaubnis erfüllt, die hier eine bereits erteilte Duldung voraussetzen. Nach allem kann die Erteilung einer aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes erforderlichen – und vorliegend allenfalls in Rede stehenden – Verfahrens-Duldung nicht die Tatbestandsvoraussetzung des § 16g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG ersetzen. Besitzt der Antragsteller keine danach erforderliche Duldung, müsste er eine solche zunächst bei der Antragsgegnerin beantragen. Deren Ersetzung durch eine im einstweiligen Rechtsschutz erstrittene Verfahrens-Duldung würde dagegen dieser eine doppelte Funktion zuweisen damit die eigenständige Tatbestandsvoraussetzung einer – bereits vorliegenden – Duldung gemäß § 16g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG unterlaufen.
18Andere Duldungsgründe sind weder vorgetragen, geschweige denn im Sinne des § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht, noch sonst ersichtlich.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.
20Rechtsmittelbelehrung
21Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
22Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
23Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
24Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
25Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
26Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
27Die Beschwerde ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
28Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
29Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.