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Der Bescheid der Beklagten vom 09.08.2021 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
2Der Kläger wendet sich gegen einen Beitragsbescheid betreffend den Kammerbeitrag 2021. Unter den Aktenzeichen 7 K 4818/20 sowie 7 K 104/23 hat der Kläger gegen die Beitragsbescheide betreffend den Kammerbeitrag 2020 und den Kammerbeitrag 2022 Klage erhoben.
3Der Kläger ist Pflichtmitglied bei der Beklagten.
4Mit Bescheid vom 09.08.2021 setzte die Beklagte den Jahreskammerbeitrag des Klägers auf 783,00 Euro fest. Zur Begründung führte sie aus: Die Festsetzung erfolge gemäß § 23 Abs. 1 HeilBerG NRW in Verbindung mit § 4 Abs. 4 der Beitragsordnung der Ärztekammer Nordrhein. Aufgrund seiner Einkünfte nach § 3 Abs. 1 der Beitragsordnung in Höhe von 149.151,00 Euro sei er in die Beitragsgruppe 29 einzuordnen.
5Am 16.08.2021 hat der Kläger Klage erhoben.
6Zur Begründung seine Klage trägt der Kläger unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im parallelen Klageverfahren 7 K 4818/20 im Kern vor:
7Aus den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015 (BVerwG 10 C 6.15) und vom 22.01.2020 (BVerwG 8 C 9.19; 8 C 10.19 und 8 C 11.19) betreffend die Beitragsveranlagung der Mitglieder durch die IHK folge, dass eine pauschale Festlegung von Rücklagen ohne konkrete jährliche Risikoabschätzung unzulässig sei. Rücklagen, die in dieser Form gebildet würden, seien als anderweitige Mittel vor einer Beitragsveranlagung dem Haushalt zuzuführen. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinen Entscheidungen als zwingende Voraussetzung für eine rechtskonforme Rücklagenbildung das Gebot der Schätzgenauigkeit genannt. Danach sei die Rücklagenbildung im Grundsatz zulässig, allerdings sei bei überhöhten Rücklagen eine Missachtung des Gebots der Schätzgenauigkeit anzunehmen, die zur Rechtswidrigkeit der Beitragsbescheide führe. Diese Rechtsprechung sei auf die Beklagte übertragbar. Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts stellten nicht auf Bestimmungen des IHKG ab, sondern auf den Verstoß gegen Bestimmungen des staatlichen Haushaltsrechts. § 3 Abs. 2 IHKG sei nichts anderes als die Verschriftlichung der Verpflichtung des Kostendeckungsprinzips. Dies finde sich auch in § 6 Abs. 4 HeilBerG, wonach die Kammern zur Erfüllung ihrer Aufgaben Beiträge erheben dürften. Wenn nur zur Erfüllung der Aufgaben Beiträge erhoben werden dürften, dann müssten die jährlichen Beiträge zwingend so bemessen werden, dass sie die ermittelten jährlichen Kosten deckten. Die Beklagte habe das Gebot der Schätzgenauigkeit verletzt. Die Beklagte habe das ihr im Rahmen der funktionalen Selbstverwaltung zustehende Ermessen nicht ausgeübt und die Schätzung ohne sachlich nachvollziehbare Kriterien vorgenommen. Sie verfüge über ausreichende Mittel, die im Sinne der Kostendeckung vorrangig zu verwenden seien.
8Die Beitragsveranlagung erweise sich auch aus formalen Gründen als rechtswidrig. Die Beklagte veranlage den Kläger gemäß der Beitragsordnung vom 19.11.2016, gültig ab dem 23.03.2017. Damit verstoße sie aber gegen § 107 der Landeshaushaltsordnung (LHO). Diese gelte nach § 105 LHO für die Beklagte als landesunmittelbare juristische Person (Körperschaft) des öffentlichen Rechts. Nach §107 LHO seien die Höhe der Beiträge für das neue Haushaltsjahr gleichzeitig mit der Feststellung des Haushaltsplans festzusetzen. Hiervon dürfe die Beklagte nicht durch Satzungsbestimmungen abweichen. Satzungen fänden ihre Grenzen in den gesetzlichen Bestimmungen. Im Übrigen würden weder durch die Bestimmungen des Heilberufsgesetzes noch durch die Satzungsbestimmungen die Regelungen der LHO verdrängt. Das Heilberufsgesetz enthalte keine Bestimmungen dazu, wie bei der Wirtschaftsprüfung und Beitragserhebung den Bestimmungen des staatlichen Haushaltsrechts zu folgen sei. Soweit sich die Beklagte auf die eigene Haushalts- und Kassenordnung berufe, enthalte diese keine Bestimmungen zur Beitragserhebung.
9Der Kläger beantragt,
10den Bescheid der Beklagten vom 09.08.2021 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung trägt sie unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im parallelen Klageverfahren 7 K 4818/20 im Wesentlichen vor:
14Eine undifferenzierte Übertragung der durch das BVerwG entwickelten Grundsätze für die Beitragserhebung durch die IHKs auf andere öffentlich-rechtliche Körperschaften scheide aus. Das Rechtsverhältnis der anderen Kammern sei jeweils spezialgesetzlich geregelt. Auch gehörten die einschlägigen Vorschriften, anders als bei der IHK, nicht zum Bundes-, sondern zum Landesrecht. Unberührt blieben bundesrechtliche Grundsätze, die ihre Grundlage nicht in einfachem Gesetzesrecht hätten, sondern aus der Verfassung abgeleitet werden könnten, vor allem das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz. Die Übertragung der rechtlichen Regeln für die Beitragserhebung durch die IHK auf die nordrhein-westfälischen Ärztekammern führte zu einem Widerstreit zwischen bundesrechtlichen Vorschriften und davon abweichenden Gesetzesrecht des Landes. In diesem Fall müsse das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG über einen entsprechenden Vorlagebeschluss entscheiden. Aus § 6 Abs. 4 und § 23 Abs. 1 bis 3 HeilBerG NRW ergebe sich, dass die Beitragserhebung für die Kammeraufgaben nicht wie in § 3 Abs. 2 Satz 1 IHGK daran gebunden sei, dass deren Kosten nicht anderweitig gedeckt seien und anders als § 16 Abs. 1 Satz 1 HeilBerG Rheinland-Pfalz auch nicht davon abhängig seien, dass sonstige Einnahmen nicht zur Verfügung stünden. Es werde auch, anders als in § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG, nicht geregelt, dass die Kosten nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht werden müssten. Es sei also keine zweistufige Willensbildung vorgesehen. Auch gebe es keine mit § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG vergleichbare Bestimmung. Das Landesrecht enthalte auch keine Regelung, die die Kammer dazu verpflichten würde, die Beitragsordnung jährlich neu zu erlassen. Auch Wortlaut und Entstehungsgeschichte des Gesetzes sprächen gegen eine Übertragbarkeit. In der Ursprungsfassung habe es keine Regelung gegeben, die das Recht zur Erhebung von Mitgliedsbeiträgen geregelt habe. Eine jährliche Anpassung der Beitragsordnung sei nicht vorgesehen gewesen. § 6 Abs. 4 HeilBerG sei ausweislich des Gesetzesentwurfs nicht zur Einschränkung der Befugnisse der Heilberufskammern, sondern zur Klarstellung des Rechts zur Erhebung von Beiträgen eingefügt worden. Der Vorschlag, Beiträge seien zu erheben, „soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben nach Abs. 1 erforderlich“ sei, sei nicht übernommen worden. Es bestehe keine subjektive Rechtsposition eines Beitragsadressaten, die eine inzidente Überprüfung des Haushaltsplanes aus Art. 19 Abs. 4 GG gebiete. Die für die Mittelveranschlagungen maßgebenden Vorschriften begründeten keine subjektiven Rechte zu seinen Gunsten. Die (objektive) Rechtskontrolle obliege dann alleine den Aufsichtsbehörden und in Grenzen der Rechnungsprüfung. Für die Frage eines Adressaten eines Beitragsbescheides der IHK habe das BVerwG dies aus § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG hergeleitet. Bei den hier anzuwendenden Rechtsvorschriften in Bezug auf die Aufstellung des Haushaltsplanes durch die Ärztekammer gebe es, anders als im IHKG, keine Bestimmungen, die subjektive Rechte der einzelnen Kammermitglieder hinsichtlich der Ausgabenansätze und deren inhaltlicher Überprüfung begründen könnten. Insbesondere bestehe kein durch die gesetzlichen Vorschriften begründeter unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Planung ausgabenwirksamer Maßnahmen und der Schätzung des dadurch verursachten Finanzierungsbedarfs auf der einen Seite und einer darauf beruhenden Festlegung der Beitragssätze auf der andern Seite. Anders könnte dies nur sein, wenn die Ärztekammer dazu verpflichtet wäre, die Beitragsordnung auf der Grundlage und nach der Maßgabe des jeweiligen Haushaltsplanes Jahr für Jahr neu zu fassen oder anzupassen. Diese Pflicht bestehe indessen nicht.
15Die Berufung auf § 107 LHO überzeuge nicht. Die Vorschrift sei auf die Ärztekammer nicht anwendbar, da nach § 105 LHO die Anwendbarkeit voraussetze, dass nicht durch oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt sei. Bereits durch das HeilBerG NRW, dort § 23 Abs. 2 HeilBerG NRW, sei mit dem Erfordernis einer Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde eine von § 108 Satz 2 LHO abweichende Regelung gefunden worden. Durch die Satzung sei „aufgrund eines Gesetzes“ etwas anderes bestimmt. Die Ärztekammer Nordrhein habe eine Haushalts- und Kassenordnung erlassen, die detaillierte Regelung über die Aufstellung und den Inhalt des Haushaltsplans enthalte. Diese Regelungen verdrängten §§ 106 ff. LHO NRW. Nach § 1 Abs. 1 HKO werde der Haushaltsplan jährlich vor Ablauf des Kalenderjahres aufgestellt. Für die Beitragsordnung werde keine jährliche Aufstellung vorgenommen. Sie werde nur im Bedarfsfall angepasst. Diese seit Jahrzehnten bestehende Praxis sei Ausdruck der Satzungsautonomie der Beklagten.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
17Entscheidungsgründe
18Die Klage hat Erfolg. Der Bescheid vom 09.08.2021 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
19Rechtsgrundlage für den Beitragsbescheid ist § 6 Abs. 4, § 23 Abs. 1 HeilBerG NRW i.V.m. § 1 Abs. 1, 3 und 4 sowie § 2 der Beitragsordnung der Beklagten vom 19.11.2016, gültig ab dem 23.03.2017.
20Nach § 6 Abs. 4 HeilBerG NRW erheben die Kammern zur Erfüllung ihrer Aufgaben Beiträge von ihren Kammerangehörigen. Nach § 23 Abs. 1 HeilBerG NRW beschließt die Kammerversammlung die Hauptsatzung, die Geschäftsordnung, die Gebührenordnung, die Beitragsordnung, den Haushaltsplan und die sonstigen Satzungen.
21Die auf dieser gesetzlichen Grundlage beschlossene Beitragsordnung der Beklagten vom 19.11.2016 ist wegen Verstoß gegen höherrangiges Recht nichtig. Sie verstößt gegen § 107 Landeshaushaltsordnung NRW (LHO NRW). Der auf dieser Grundlage ergangene Beitragsbescheid vom 09.08.2021 ist rechtswidrig.
22Nach § 107 LHO NRW ist, wenn landesunmittelbare Personen des öffentlichen Rechts berechtigt sind, von ihren Mitgliedern Umlagen oder Beiträge zu erheben, die Höhe der Umlagen oder der Beiträge für das neue Haushaltsjahr gleichzeitig mit der Feststellung des Haushaltsplanes festzusetzen.
23§ 107 LHO NRW gilt gemäß § 105 Abs. 1 LHO NRW auch für Beklagte. Entgegen ihrer Auffassung ist nicht durch oder auf Grund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt.
24Nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 LHO NRW gelten die §§ 106 bis 110 LHO NRW für landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist.
25Die Beklagte ist eine unmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts im Sinne des § 105 Abs. 1 Nr. 1 LHO NRW.
26Der Begriff der unmittelbaren juristischen Person des öffentlichen Rechts ist im Gesetz nicht definiert. Als berufsständische Körperschaft ist die Beklagte eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Sie ist auch „unmittelbar“ im Sinne des § 105 LHO NRW. Der Begriff der „Unmittelbarkeit“ bezieht sich dabei nicht auf die staatsorganisationsrechtliche Zuordnung zum Bereich der mittelbaren Verwaltung, sondern nach Sinn und Zweck des § 105 LHO NRW darauf, dass die der Aufsicht des Staates unterstehenden juristischen Personen, durch die der Staat mittelbar seine Verwaltungsaufgaben erfüllt, landesunmittelbar sind. Die in § 105 Abs. 1 LHO NRW angesprochenen juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind in der staatlichen Behördenorganisation nicht dem unmittelbaren, sondern dem mittelbaren Verwaltungsbereich zugeordnet. Der Staat erfüllt Verwaltungsaufgaben nicht durch eigene Behörden, sondern durch rechtlich und organisatorisch eigenständige Verwaltungsträger. Juristische Personen des öffentlichen Rechts, die staatliche Verwaltungsaufgaben erfüllen, leiten ihre Befugnisse aus der Staatsgewalt ab. Sie sind eigenständig, stehen gleichwohl nicht außerhalb des staatlichen Verantwortungsbereichs. Der Staat hat wegen seiner Verantwortung für eine ordnungsgemäße und effektive Erfüllung staatlicher Verwaltungsaufgaben ein berechtigtes Interesse daran, die Träger der mittelbaren Staatsverwaltung im Hinblick auf deren Aufgabenerfüllung zu beaufsichtigen. Dazu gehört auch die Aufsicht über die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Verwaltungsträger, da der Staat in aller Regel etwa wegen seiner Verantwortung und Haftung für den Verwaltungsträger oder auch wegen der Belastung der Mitglieder des Verwaltungsträgers mit Beiträgen, Gebühren u. a., ein finanzielles Interesse an dieser mittelbaren Staatsverwaltung haben wird.
27§ 105 Abs. 1 LHO NRW geht von diesem Interesse aus, wenn danach die wesentlichen Regelungen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung nicht nur für die unmittelbare, sondern auch für die mittelbare staatlichen Verwaltung gelten. Die in § 105 Abs. 1 SäHO angesprochenen landesunmittelbaren juristischen Personen, die der Aufsicht des Staates unterstehen, sind von diesem Zweck ausgehend, juristische Personen die als eigenständige Verwaltungsträger Verwaltungsaufgaben erfüllen und unmittelbar der Aufsicht des Landes unterstehen.
28Vgl. so zur wortgleichen Regelung des § 105 SäHO: Sächs. OVG, Urteil vom 17.05.2011 – 4 A 304/10 – juris Rn 15 f.
29Anders als von der Beklagten geltend gemacht, ist nicht durch oder aufgrund eines Gesetzes für die Beklagte etwas anderes bestimmt.
30Das Heilberufsgesetz NRW sieht in § 23 Abs. 1 HeilBerG NRW vor, dass die Hauptsatzung, die Geschäftsordnung, die Gebührenordnung, die Beitragsordnung, der Haushaltsplan und die sonstigen Satzungen von der Kammerversammlung beschlossen werden. Dabei bedürfen nach § 23 Abs. 2 HeilBerG NRW die genannten Satzungen bis auf den Haushaltsplan und die sonstigen Satzungen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
31Darin liegt keine Abweichung von § 105 LHO NRW durch ein Gesetz. § 23 Abs. 1 HeilBerG NRW ist allein eine Ermächtigung der Beklagten zur Abweichung von den genannten landeshaushaltsrechtlichen Vorschriften, stellt aber selbst keine abweichende Regelung dar. Nur die Befugnis zum Erlass einer Beitrags- und Haushaltsordnung bedeutet nicht, dass die Regelungen des §§ 106 ff LHO NRW nicht mehr gelten, solange in den entsprechenden Regelungen keine Abweichung enthalten ist.
32Die Beklagte ist auch nicht aufgrund eines Gesetzes von §§ 105, 107 LHO NRW abgewichen. Denn weder die angeführte Beitragsordnung der Beklagten, noch die Haushalts- und Kassenordnung der Beklagten enthalten eine von § 107 LHO NRW abweichende Bestimmung. Die Beitragsordnung regelt das Bestehen der Beitragspflicht und die Höhe des Beitrags in Abhängigkeit vom Einkommen des Mitglieds (§§ 1, 2 Beitragsordnung). Die Haushalts- und Kassenordnung regelt die jährliche Aufstellung des Haushaltsplanes. Aus keiner der Satzungen folgt, dass – abweichend von § 107 LHO NRW – die Festsetzung der Beitragshöhe unabhängig von der jährlichen Aufstellung des Haushaltsplanes zu erfolgen hat.
33Die von der Beklagten angeführte jahrelange Praxis begründet keine Abweichung, solange dafür keine rechtliche Grundlage besteht.
34Dabei ist es nach der Auffassung des Gerichts der Beklagten grundsätzlich möglich, im Rahmen ihrer Satzungsautonomie eine abweichende Regelung zu erlassen. Gleichwohl ist sie dabei gehalten, die weiteren gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Solche ergeben sich maßgeblich aus dem Heilberufsgesetz selbst, insbesondere aus § 6 Abs. 4 HeilBerG NRW. Diese Norm verpflichtet die Beklagte dazu, die Beiträge „zur Erfüllung ihrer Aufgaben“ zu erheben. Anders als die Beklagte meint, sieht das Gericht die Beklagte auch zur Beachtung des durch das Bundesverwaltungsgericht formulierten Gebots der Schätzgenauigkeit verpflichtet an.
35Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 – 10 C 6.15 – juris Rn 16; Urteile vom 22.01.2020 – 8 C 9.19 - ; 8 C 10.19; 8 C 11.19.
36Dieses gilt, wie das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt hat, zum einen „unabhängig“ von den einfachgesetzlichen Vorschriften, die das Bundesverwaltungsgericht im konkreten Fall dem IHKG entnommen hat. Im Übrigen sieht das Gericht es auch einfachgesetzlich bereits als in § 6 Abs. 4 HeilBerG NRW angelegt an. Wenn die Beklagte „zur Erfüllung ihrer Aufgaben“ Beiträge erheben darf, müssen die konkreten Beiträge sich an der konkreten Aufgabenerfüllung orientieren. Diese konkreten Aufgaben ergeben sich regelmäßig aus dem Haushaltsplan. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sich der Kläger auch auf dieses Gebot berufen, da ihm § 6 Abs. 4 HeilBerG NRW eben diese subjektive Rechtsposition vermittelt.
37Vgl. zur Frage der Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BVerwG auf berufsständische Kammern: VG Trier, Urteil vom 18.06.2018 – 2 K 1089/18.TR; VG Bayreuth, Urteil vom 17.12.2017 – B 4 K 16.446; VG Würzburg, Urteil vom 11.12.2017 – W 7 K 17.295; VG Hamburg, Urteil vom 12.11.2018 – 17 K 1053/18 - ; VG Stade, Urteil vom 08.12.2021 – 6 A 393/17 – alle auf juris; VG Frankfurt, Urteil vom 22.05.2020 – 4 K 2161/17 – n.v.
38Dem Vortrag der Beklagten, das Gericht sei bei einer entsprechenden Auslegung zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gehalten, vermag das Gericht nicht zu folgen. Den von der Beklagten geltend gemachten Widerstreit zwischen bundesrechtlichen Vorschriften und davon abweichenden landesrechtlichen Vorschriften erkennt das Gericht nicht. Die Auslegung des § 6 Abs. 4 HeilBerG NRW und die Anwendung von vom IHKG unabhängigen haushaltsrechtlichen Grundsätzen begründen weder einen Widerspruch noch einen Konflikt zwischen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften.
39Aus dem demnach einschlägigen § 107 LHO NRW folgt, dass die Beiträge jährlich gleichzeitig mit der Feststellung des Haushaltsplanes festzusetzen sind. Dagegen verstößt die Beitragsordnung der Beklagten. Sie ist seit dem 23.03.2017 gültig und legt die Höhe der Beiträge unabhängig von der Aufstellung des Haushaltsplanes fest.
40Der auf der Beitragsordnung beruhende Bescheid vom Bescheid 09.08.2021 ist damit rechtswidrig und aufzuheben.
41Auf die konkrete Ausgestaltung des Haushaltsplanes und ob dieser die maßgeblichen Vorgaben eingehalten hat, kommt es danach nicht mehr an.
42Die Zulassung der Berufung folgt aus § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
43Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
45Rechtsmittelbelehrung
46Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
47Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
48Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
49Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 VwGO im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
50Die Berufungsschrift sollte einfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
51Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten wahlweise statt der Berufung auch die Revision an das Bundesverwaltungsgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Kläger und der Beklagte schriftlich zustimmen. Die Zustimmung zu der Einlegung der Sprungrevision ist der Revisionsschrift beizufügen.
52Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich einzulegen.
53Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist schriftlich bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, eingelegt wird. Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
54Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.
55Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
56Im Revisionsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Revision und für die Begründung. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 VwGO im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
57Die Revisionsschrift sollte einfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
58Beschluss
59Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
60783,00 €
61festgesetzt.
62Gründe
63Der festgesetzte Betrag entspricht der Höhe der streitigen Geldleistung (§ 52 Abs. 3 GKG).
64Rechtsmittelbelehrung
65Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
66Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
67Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
68Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
69Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.