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1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
2Das einstweilige Rechtsschutzverfahren des Antragstellers (Einstellungsjahrgang 2021) hat keinen Erfolg. Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
3dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung– bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache – aufzugeben, den Antragsteller vorläufig zu einer Wiederholungsprüfung im Modul GS 6 (Verkehrssicherheitsarbeit) zuzulassen,
4ist unbegründet.
5Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Teilnahme an der nächstmöglichen Klausur gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch (ein subjektiv öffentliches Recht auf das begehrte Verwaltungshandeln) und einen Anordnungsgrund (die besondere Eilbedürftigkeit) glaubhaft macht. Die begehrte Entscheidung nähme die Hauptsache nicht vollständig irreversibel vorweg, weil dem Antragsteller lediglich eine vorläufige Rechtsposition eingeräumt würde, die ihm abhängig vom Ergebnis des Hauptsacheverfahrens wieder entzogen werden könnte. Denn hätte die negative Prüfungsentscheidung endgültig Bestand, weil sie sich im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erwiese, käme dem – infolge ihrer Vorläufigkeit unter den Vorbehalt der Hauptsacheentscheidung gestellten – Ergebnis der Wiederholungsprüfung in Bezug auf die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen der Laufbahnprüfung keine Rechtswirkung mehr zu.
6Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28.07.2022 – 6 B 456/22 –, juris, Rn. 5, und vom 08.09.2022 – 6 B 843/22 –, juris, Rn. 6.
7Gemessen hieran hat der Antragsteller zwar einen Anordnungsgrund, allerdings keinen Anordnungsanspruch hinreichend glaubhaft gemacht. Ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache ist nicht zu erwarten.
8Dem Anordnungsgrund steht vorliegend nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Prüfungsleistung im Rahmen der Laufbahnausbildung im Beamtenverhältnis auf Widerruf zu absolvieren ist und die Regelung des § 22 Abs. 4 des Beamtenstatusgesetzes i. V. m. § 8 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung über die Ausbildung und die II. Fachprüfung für den Laufbahnabschnitt II der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (VAPPol II) vorsieht, dass das Beamtenverhältnis auf Widerruf – unabhängig von der Rechtmäßigkeit und dem Bestand der Prüfungsentscheidung – kraft Gesetzes an dem Tag der Bekanntgabe des endgültigen Nichtbestehens der Bachelorprüfung endet. Insoweit fehlt es einem Antragsteller mit Blick auf diese zwingende Rechtsfolge des endgültigen Nichtbestehens nicht vornherein am Anordnungsgrund. Denn eine pauschale Versagung einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich der vorläufigen Fortsetzung der Ausbildung sowie der Wiederholung einer Prüfung unter Berufung auf die genannte Regelung würde dem Anspruch auf effektivem Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht gerecht.
9Vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.06.2020 – 2 BvR 469/20 –, juris, Rn. 28. Ferner OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 06.05.2021 – 2 MB 29/20 –, juris, Rn. 14 ff; OVG NRW, Beschlüsse vom 08.09.2022 – 6 B 834/22 –, und vom 08.09.2022 – 6 B 843/22 –, jeweils juris, Rn. 16.
10Der Antragsteller hat allerdings keinen Anspruch auf erneute Teilnahme an der Prüfung im Modul GS 6 (Verkehrssicherheitsarbeit).
11Gemäß § 13 Abs. 1 der Studienordnung Bachelor Teil A in der hier zur Anwendung gereichenden Fassung vom 30.08.2022, gültig ab 01.09.2022 (nachfolgend StudO BA Teil A) ist eine Studienleistung bestanden, wenn sie mindestens mit der Note ausreichend (4,0) bzw. mit „bestanden“ bewertet worden ist. Nach § 13 Abs. 2 StudO BA Teil A sind Studienleistungen in Modulen oder Teilmodulen, die schlechter als ausreichend (4,0) oder mit „nicht bestanden“ bewertet wurden, nicht bestanden und können einmal wiederholt werden, sofern nicht nachfolgend etwas anderes bestimmt ist. Eine Wiederholung bestandener Studienleistungen ist nicht zulässig. Wird in einer Studienleistung auch in der Wiederholung eine Bewertung von mindestens ausreichend (4,0) bzw. „bestanden“ nicht erreicht, ist die Studienleistung endgültig nicht bestanden. Die Fortsetzung des Studiums ist ausgeschlossen.
12Der Antragsteller hat die streitgegenständliche Prüfung im Modul GS 6 insgesamt zwei Mal nicht bestanden. Den Erstversuch im Modul GS 6 (Verkehrssicherheitsarbeit) bestand der Antragsteller ausweislich des Bescheidtenors des Bescheids vom 22.02.2023 nicht. Die hier in Rede stehende Prüfung vom 12.09.2022 wurde mit „nicht ausreichend“ (5,0) bewertet, nachdem der Antragsteller an der Prüfung nicht teilgenommen hat und ein Rücktritt nicht genehmigt worden ist.
13Dem Antragsteller steht darüber hinaus kein weiterer Prüfungsversuch zu. Er ist nicht unverzüglich vom Wiederholungsversuch am 12.09.2022 zurückgetreten.
14Der Antragsteller muss die Bewertung seines nicht angetretenen Prüfungsversuchs vom 12.09.2022 mit „nicht ausreichend“ (5,0) durch Bescheid vom 22.02.2023 gegen sich gelten lassen. Ein wirksamer Rücktritt von der Prüfung im Modul GS 6 (Verkehrssicherheitsarbeit) liegt entgegen seiner Auffassung nicht vor. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 StudO BA Teil A wird eine Studienleistung mit „nicht ausreichend“ (5,0) bewertet, wenn die Kandidatin oder der Kandidat ohne triftige Gründe von der Prüfung zurücktritt.
15Es ist allgemein anerkannt (und entsprechend auch in den "Hinweisen zum Rücktritt von Prüfungsleistungen" des Prüfungsausschusses Bachelor der HSPV NRW – Bl. 38 ff. d. Gerichtsakte des zugehörigen Klageverfahrens 6 K 1430/23 – niedergelegt), dass eine das Leistungsvermögen des Prüflings beeinträchtigende Erkrankung einen triftigen bzw. wichtigen Grund für einen Prüfungsrücktritt bilden kann.
16Vgl. OVG Saarland, Urteil vom 26.01.2012 – 2 A 331/11 –, juris, Rn. 54 ff.; Jeremias, in: Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Auflage 2022, Rn. 250 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 28.02.2022 – 26 L 2647/21 –, juris, Rn. 21 f.
17Im vorliegenden Verfahren bedarf es keiner weiteren gerichtlichen Auseinandersetzung damit, ob mit dem diagnostizierten „migräneartigen Kopfschmerz“ ein triftiger Grund im vorbezeichneten Sinne vorliegt. Ob es – wie der Antragsgegner meint – auch bei Nichterscheinen zur Prüfung in Anbetracht der Norm des § 19 Abs. 1 Satz 2 StudO BA Teil A einer ausdrücklichen Rücktrittserklärung bedarf, erscheint zweifelhaft, kann hier jedoch ebenfalls dahin stehen. Schließlich bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob in der Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eine hinreichende Glaubhaftmachung zu erblicken ist.
18Jedenfalls ist die Anzeige der Prüfungsunfähigkeit als Grund für den Rücktritt von der Klausur im Modul GS 6 (Verkehrssicherheitsarbeit) vom 12.09.2022 nicht unverzüglich gegenüber dem zuständigen Prüfungsamt erfolgt.
19Unverzüglich im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 1 StudO BA Teil A bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 BGB). Ein Rücktritt ist nicht mehr unverzüglich, wenn der Prüfling die Erklärung nicht zu dem frühestmöglichen Zeitpunkt abgegeben hat, zu dem sie von ihm in zumutbarer Weise hätte erwartet werden können. Diese Obliegenheit des Prüflings zur Mitwirkung findet ihren Rechtsgrund in dem auch im Prüfungsrechtsverhältnis geltenden Grundsatz von Treu und Glauben i. V. m. dem hier besonders zu beachtenden Gebot der Chancengleichheit.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.06.2015 – 6 A 154/15 –, juris, Rn. 7; Jeremias, in: Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 283.
21Unter welchen Voraussetzungen ein schuldhaftes Zögern anzunehmen ist und welche Anforderungen insbesondere an die Zumutbarkeit einer Rücktrittserklärung zu stellen sind, ist nicht generell zu beantworten, sondern hängt weitgehend von den Umständen des Einzelfalls ab.
22Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.05.1987 – 7 B 107.87 –, juris, Rn. 8 f.; OVG NRW, Beschluss vom 15.06.2015 – 6 A 154/15 –, juris, Rn. 7; Jeremias, in: Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 285.
23Ein Rücktritt ist zur Wahrung des Unverzüglichkeitsgebots jedenfalls dann zu erklären, wenn sich der Prüfling der (krankheitsbedingten) Verminderung seiner Leistungsfähigkeit bewusst geworden ist.
24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 08.01.2020 – 14 B 1680/19 –, juris, Rn. 5 m. w. N.
25Das Gebot der Unverzüglichkeit rechtfertigt sich aus dem berechtigten Anliegen, einer missbräuchlichen Vorteilsnahme vorzubeugen. Ein weiterer Grund liegt darin, der Prüfungsbehörde zu ermöglichen, den wahren Sachverhalt zeitnah möglichst genau aufzuklären und – sofern dies in Betracht kommt – rechtzeitig Abhilfe zu schaffen. Ein Prüfling, der durch sein zögerliches Verhalten versucht, sich die Chance eines zusätzlichen Prüfungsversuchs zu verschaffen, oder der dadurch gar die Feststellung seiner Prüfungsunfähigkeit behindert, muss sich den Nachteil seiner möglichen gesundheitlichen Behinderung zurechnen lassen.
26Jeremias, in: Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 282 m. w. N.
27Gemessen hieran hat der Antragsteller die für den Rücktritt geltend gemachten Gründe nicht unverzüglich gegenüber dem Prüfungsamt des Antragsgegners schriftlich angezeigt.
28Der Antragsteller hat unstreitig erst am 02.11.2022 per E-Mail gegenüber dem Prüfungsamt angezeigt, bei der Prüfung am 12.09.2022 prüfungsunfähig erkrankt gewesen zu sein. Die Anzeige erfolgte am 51. Tag nach dem Prüfungstermin. Er gab in derselben E-Mail an, erst in der Vorwoche erfahren zu haben, dass er eine Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung benötige, wenn ihm die Prüfungsteilnahme unmöglich sei. Er legte zur Anzeige seiner Prüfungsunfähigkeit am 12.09.2022 ein ausgefülltes Formular zur Bescheinigung der Prüfungsunfähigkeit vom 02.11.2022 betreffend eine Untersuchung vom 12.09.2022 um 15:14 Uhr vor. Weiterhin schickte er dem Prüfungsamt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 12.09.2022. Diese hatte er eigenen Angaben zufolge schon am 12.09.2022 an die Ausbildungsleitung übermittelt.
29Bereits aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 12.09.2022 wird ersichtlich, dass dem Antragsteller nicht erst am 02.11.2022 bewusst war, am Prüfungstag in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen zu sein. Vielmehr hatte er hiervon in Bezug auf die konkret streitgegenständliche Klausur im Modul GS 6 (Verkehrssicherheitsarbeit) spätestens am Prüfungstag, dem 12.09.2022, Kenntnis. Insoweit reicht die Anzeige seiner Prüfungsunfähigkeit gegenüber dem Prüfungsamt am 51. Tag nach der Prüfung jedenfalls nicht, um das Unverzüglichkeitsgebot zu wahren.
30Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, seiner Ausbildungsleitung noch am Prüfungstag die entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung übersandt zu haben. Bei der Ausbildungsstelle des Antragstellers handelt es sich bereits nicht um die für die Entgegennahme der Rücktrittsgründe zuständige Stelle. § 19 Abs. 2 Satz 1 HS 1 der StudO BA Teil A verlangt unmissverständlich, dass die für den Rücktritt geltend gemachten Gründe gegenüber dem Prüfungsamt erklärt werden müssen.
31Vgl. hierzu auch: OVG NRW, Beschluss vom 08.01.2020 – 14 B 1680/19 –, juris, Rn. 7; VG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2012 – 2 K 4906/11 –, juris, Rn. 20; VG Köln, Urteil vom 13.10.2020 – 6 K 7246/18 –, UA S. 6.
32Der Antragsteller kann insoweit weder für sich geltend machen, dem Prüfungsamt müsse die Kenntnis der Ausbildungsstelle zugerechnet werden, noch dass die Ausbildungsstelle die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unverzüglich an das Prüfungsamt hätte weiterleiten müssen. Gegen eine Wissenszurechnung für das Prüfungsamt durch Entgegennahme der Erklärung durch die Ausbildungsstelle (im Sinne eines Empfangsvertreters) spricht die eindeutige Zuständigkeitsregelung in § 19 Abs. 2 Satz 1, 1. HS StudO BA Teil A, mit der die wirksame Erklärung der Rücktrittsgründe gegenüber einer Stelle außerhalb der Prüfungsbehörde nicht in Einklang zu bringen wäre. Hinzu kommt, dass sämtliche Prüfungsangelegenheiten grundsätzlich in die Zuständigkeit des Prüfungsausschusses fallen (vgl. § 7 Abs. 1 StudO BA Teil A), zu dessen Unterstützung und zur Bewältigung der nach § 7 Abs. 4 StudO BA Teil A übertragenen Aufgaben das Prüfungsamt tätig wird (vgl. § 8 StudO BA Teil A). Die Ausbildungsleitungen der jeweiligen Ausbildungsstellen sind von diesem Prüfungsgeschehen nicht nur organisatorisch, sondern auch thematisch getrennt. Als Ansprechpartner für das Prüfungsverfahren betreffende Fragen oder als Adressaten für das Prüfungsverfahren betreffende Erklärungen scheiden sie ersichtlich aus. Auch eine Einordnung der Ausbildungsstelle als Empfangsbote des Prüfungsamtes kommt nicht in Betracht. Unabhängig davon, dass – woran es hier fehlt – Empfangsbote nur ist, wer vom Empfänger zur Entgegennahme von Erklärungen bestellt worden ist oder (ohne besondere Vollmacht oder Ermächtigung) nach der Verkehrsanschauung als dazu bestellt und geeignet anzusehen ist, konnte die Ausbildungsstelle des Antragstellers schon nicht erkennen, dass die Übersendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Antragsteller eine für das Prüfungsamt bestimmte Erklärung der für einen Prüfungsrücktritt geltend gemachten Gründen darstellen sollte. Da der Ausbildungsleitung weder die Organisation noch die Durchführung des Prüfungsverfahrens obliegt, konnte sie schon von der Nichtteilnahme des Antragstellers an der fraglichen Prüfung keine Kenntnis haben. Auch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung enthält keinen diesbezüglichen Aussagegehalt. Da sich aus ihr weder genaue Angaben zur Erkrankung noch der sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Prüfungsfähigkeit entnehmen lassen, war für die Ausbildungsstelle des Antragstellers ein irgendwie gearteter Bezug zur Prüfungsteilnahme des Antragstellers nicht erkennbar,
33vgl. VG Köln, Urteil vom 13.10.2020 – 6 K 7246/18 –, UA S. 7 f. m w. N.,
34zumal im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Prüfung für die Glaubhaftmachung der Prüfungsunfähigkeit ein gesondertes Formular und nicht nur die bloße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu übermitteln war (vgl. hierzu die Ausführungen in den Hinweisen zum Rücktritt von Prüfungsleistungen, Bl. 39 d. Gerichtsakte des zugehörigen Klageverfahrens 6 K 1430/23).
35Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen war die Ausbildungsleitung nicht gehalten, dem Antragsteller einen Hinweis zu erteilen, dass eine gesonderte Eingabe an das Prüfungsamt zu erfolgen habe. Aus denselben Gründen schied auch eine Pflicht der Ausbildungsbehörde zur Weiterleitung der übersandten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an das Prüfungsamt aus.
36Der Antragsteller kann sich auch mit Blick auf die Hinweise in dem Informationsschreiben seiner Ausbildungsbehörde „Belehrung zur Anwesenheitspflicht und zum Verhalten im Krankheitsfall (Stand 13.07.2021)“ nicht darauf berufen, alles für den Prüfungsrücktritt Erforderliche getan zu haben. Denn die dortigen Hinweise auf das „Verhalten im Krankheitsfall“ informieren zwar generell darüber, gegenüber wem eine Erkrankung während der Ausbildungszeit anzuzeigen ist, wobei zwischen den verschiedenen Phasen der Ausbildung (fachtheoretische Studienzeit [Theorie], fachpraktische Ausbildungszeit [Training] und fachpraktische Ausbildungszeit [Praxis]) differenziert wird. Soweit demnach in jedem Ausbildungsabschnitt jedenfalls die Ausbildungsleitung ZA 25 über die Erkrankung informiert werden muss, hätte der Antragsteller dem mit seiner – nach seinen eigenen Angaben erfolgten – Übersendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 12.09.2022 genügt. Allerdings verhalten sich die Hinweise gerade nicht zu Prüfungen, die vom Prüfungsausschuss – unterstützt durch das Prüfungsamt – organisiert und durchgeführt werden. Insoweit werden diese Informationspflichten ergänzt durch die speziell für Prüfungsverfahren geregelten Mitteilungspflichten, die etwa im Falle des Prüfungsrücktritts nach § 19 Abs. 2 Satz 1 StudO BA Teil A – wie gezeigt – erfordern, das Prüfungsamt unverzüglich über die Gründe für den Rücktritt zu informieren.
37Auch das Prüfungsamt war nicht gehalten, den Antragsteller auf die fehlende Einreichung eines Nachweises zur Glaubhaftmachung seiner Prüfungsunfähigkeit hinzuweisen. Aus dem Prüfungsrechtsverhältnis können sich unter dem Gesichtspunkt des gebotenen Grundrechtsschutzes durch Verfahren für die Prüfungsbehörde dem Prüfling gegenüber Hinweispflichten ergeben. So hat sie den Prüfling dann, wenn sich dieser bei seinen Verfahrenshandlungen erkennbar in einem Irrtum befindet und ihm daraus Nachteile drohen, verpflichtet, ihn darauf hinzuweisen, um die ihm drohenden Nachteile abzuwenden.
38BVerwG, Beschluss vom 12.03.2004 – 6 B 2.04 –, juris, Rn. 26.
39Die Rechtsordnung geht dabei jedoch grundsätzlich davon aus, dass jedermann sich grundsätzlich sein eigenes Verhalten zurechnen lassen, also die Rechtsfolgen seines Verhaltens tragen muss.
40OVG NRW, Beschluss vom 20.10.2014 – 14 A 699/14 –, juris, Rn. 11.
41Für die Prüfungsbehörde war es hier in keiner Weise erkennbar, dass sich der Antragsteller in einem Irrtum über Mitwirkungspflichten im Rahmen des Prüfungsverhältnisses befand. Gegenüber dem Prüfungsamt unterließ der Antragsteller jedwede Handlung. Er kam seinen prüfungsrechtlichen Mitwirkungspflichten in keiner Weise nach. Es war demnach für das Prüfungsamt nicht erkennbar, dass er überhaupt einem Irrtum unterlag, der sie zum Erlass eines Hinweises hätte veranlassen können.
42Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller die frühere, also vor dem 02.11.2022 erfolgende, Anzeige und Glaubhaftmachung der Rücktrittsgründe nicht zumutbar gewesen wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dem Antragsteller war es durchaus zumutbar, sich unmittelbar nach seinem Arztbesuch an das Prüfungsamt zu wenden und dort den Rücktritt zu erklären. Soweit der Antragsteller geltend macht, es sei nicht erkennbar, wer der Ausbildungsleitung und wer der Hochschule zuzuordnen sei, ist er darauf zu verweisen, dass es einem Studierenden eines dualen Studiengangs zumutbar ist, nach den entsprechenden Zuständigkeiten zu differenzieren. Selbst wenn der Antragsteller nicht gewusst haben sollte, was im Falle des Prüfungsrücktritts von seiner Seite aus zu veranlassen ist, wäre dies unerheblich. Dass der Rücktrittsgrund gegenüber dem Prüfungsamt schriftlich anzuzeigen und glaubhaft zu machen ist, ergibt sich bereits unmissverständlich aus der genannten Prüfungsvorschrift. Es obliegt dem Prüfling, sich über die rechtlichen Vorgaben des Prüfungsablaufs zu informieren und von der einschlägigen Prüfungsordnung Kenntnis zu nehmen.
43Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21.12.2016 – 14 A 2329/16 –, juris, Rn. 12 f., vom 05.09.2012 – 14 E 848/12 –, juris, Rn. 2, und vom 08.01.2020 – 14 B 1680/19 –, juris, Rn. 11.
44Ein Anderes folgt auch nicht daraus, dass der Antragsteller geltend macht, zum verspäteten Beginn seines Studiums keine hinreichenden Informationen erlangt zu haben.
45Insbesondere dringt er mit seiner Behauptung, die vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen „Begrüßungsschreiben des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses“ vom 20.08.2021 und „Prüfungsanschreiben des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses“ vom 20.08.2021 (Bl. 30 ff. d. GA) nicht erhalten zu haben, nicht durch. Bereits die ausdrückliche Normierung des Unverzüglichkeitsgebots in der Prüfungsordnung eröffnete ihm die Möglichkeit, hiervon zuverlässig Kenntnis zu erlangen und seinen Mitwirkungspflichten nachzukommen. Zudem wird das Unverzüglichkeitsgebot auch in den Hinweisen zum Rücktritt von Prüfungsleistungen thematisiert. Dass er von diesen keine Kenntnis gehabt haben will, behauptet der Antragsteller schon nicht. Zudem widerspricht die Behauptung, die Anschreiben vom 20.08.2021 nie erhalten zu haben, seinem Empfangsbekenntnis (Bl. 29 d. GA). Sein Vortrag, er habe die Sachen nicht erhalten, weil er sie nicht in seinen Unterlagen finde und er keine Unterlagen vernichtet habe, erschüttert die Aussagekraft dieses Empfangsbekenntnisses nicht. Gleiches gilt für die Aussage, er habe das Empfangsbekenntnis als Nachzügler „mal eben“ unterzeichnen müssen.
46Der Antragsteller kann sich auch nicht darauf berufen, in anderen sachlichen Zusammenhängen genüge eine Eingabe an eine andere Stelle als das Prüfungsamt. Seiner pauschalen Behauptung, zum Teil würden Rücktritte von Hausarbeiten gegenüber dem eigentlich unzuständigen Dozenten als wirksam erachtet, hat der Antragsgegner widersprochen (Bl. 47 d. Gerichtsakte des zugehörigen Klageverfahrens 6 K 1430/23). Soweit der Antragsteller daraufhin vortragen lässt, Frau I. vom Prüfungsamt habe seinem Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, dass das Prüfungsamt in manchen Fällen „ein Auge zudrücke“ und etwa die Abgabe einer Hausarbeit an einen Dozenten als fristgerechte Abgabe erfasse, vermag dies dem Antragsteller nicht zum Vorteil zu gereichen. Hieraus kann der Antragsteller nicht ableiten, die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die Ausbildungsleitung sei ausreichend. Die aufgeworfenen Sachverhalte sind bereits nicht vergleichbar.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG. Die Kammer bemisst den Streitwert für die begehrte Zulassung zu einer weiteren Wiederholungsprüfung im Modul GS 2 gestützt auf § 52 Abs. 2 GKG auf 2.500,00 Euro. Sie nimmt eine Halbierung des in Anlehnung an Nr. 1.5 sowie 36.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit anzusetzenden Auffangwerts von 5.000,00 Euro vor, weil jedenfalls eine vollständige bzw. endgültige Vorwegnahme der Hauptsache nicht vorliegt, da die Prüfung nur unter dem Vorbehalt des Erfolgs in der Hauptsache abgelegt würde.
49Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28.07.2022 – 6 B 465/22 –, juris, Rn. 53.
50Rechtsmittelbelehrung
51Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
52Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
53Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
54Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
55Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
56Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
57Die Beschwerde ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
58Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
59Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.