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Der Zinsbescheid der Beklagten vom 21.09.2022 und der Abhilfebescheid vom 21.10.2022 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Dieses Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beklagte unterhält seit dem Jahr 2001 ein Programm für die Vergabe von Bildungskrediten, dem bis zum 01.04.2009 die nachfolgenden Förderbestimmungen zugrunde lagen:
3§ 1 Zweck der Förderung
4Zur Unterstützung von Auszubildenden in fortgeschrittenen Ausbildungsphasen werden nach Maßgabe dieses Programms verzinsliche Kredite gewährt. Die Kredite dienen bei nicht nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) geförderten Auszubildenden
5der Sicherung und Beschleunigung der Ausbildung, bei geförderten Auszubildenden
6der Finanzierung von außergewöhnlichem, nicht durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erfasstem Aufwand.
7§ 2 (Berechtigte)
8[…]
9§ 3 (Vergabekonditionen)
10(1) Der Kredit wird monatlich im Voraus in Raten von 300 Euro, während des Geltungszeitraums der Deutschen Mark in Raten von 587,75 DM, ausbezahlt. Innerhalb eines Ausbildungsabschnittes können bis zu 24 Monatsraten bewilligt werden. Die Zahl der Monatsraten kann auf Antrag auf eine geringere Anzahl, jedoch nicht auf weniger als drei beschränkt werden. In diesem Fall kann später, bis zur Höhe von insgesamt 24 Raten,
11ein weiterer Kredit beantragt werden. In mehr als zwei Teile kann der Gesamtkredit nicht geteilt werden. Soweit insgesamt die Grenze von 24 Raten gem. Satz 2 nicht überschritten wird, kann, ggf. neben dem monatlich auszuzahlenden Kredit, einmalig, bis zur Höhe von sechs Raten, ein Teil des Kredites als Abschlag im Voraus ausgezahlt werden, wenn der Kreditnehmer im Einzelfall glaubhaft macht, dass er den Betrag unmittelbar i.S.d. § 1 benötigt.
12[…]
13§ 4 (Beantragung)
14(1) Förderanträge sind unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen schriftlich oder per Internet an das Bundesverwaltungsamt zu richten. Der Umfang des im Rahmen der Förderbestimmungen gewünschten Kredites ist anzugeben. Das Bundesverwaltungsamt prüft die Anträge anhand der Förderbestimmungen. Im Falle eines positiven Bescheids übersendet das Bundesverwaltungsamt mit dem Bescheid im Auftrag der Deutschen Ausgleichsbank zugleich ein dem Bescheid entsprechendes Vertragsangebot. Bescheid und Vertragsangebot werden unwirksam, wenn der Kreditvertrag nicht bis zum im Bescheid angegebenen Datum, das einen Monat nach dem regelmäßigen Zugang des Bescheides liegen soll, bei der Deutschen Ausgleichsbank eingegangen ist. Es gilt das Datum des Posteingangs.
15(2) Der Bescheid ist zu ändern und ggf. aufzuheben, wenn
16- und soweit die Bewilligungsvoraussetzungen nicht oder nicht mehr gegeben sind,
17- das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren eingeleitet oder das Verbraucher-Insolvenzverfahren eröffnet wird oder
18- der Kreditnehmer schuldhaft in solchem Maße seine Verpflichtungen verletzt, insbesondere seinen Pflichten gem. § 8 nicht nachkommt, dass dem anderen Teil die Fortsetzung des Kreditvertrages nicht zugemutet werden kann.
19§ 5 (Vertrag)
20(1) Die Deutsche Ausgleichsbank schließt mit den Antragstellenden auf Grundlage des Bewilligungsbescheids einen privatrechtlichen Kreditvertrag ab und zahlt die Leistungen unbar aus.
21(2) In den zwischen der der Deutschen Ausgleichsbank und dem Kreditnehmer zu schließenden Vertrag ist aufzunehmen, dass die Deutschen Ausgleichsbank den Vertragsinhalt durch einseitige Erklärung an Änderungen des Bewilligungsbescheids anpassen wird. Einen Mustervertrag sowie mögliche spätere Änderungen stimmt die Deutsche Ausgleichsbank mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung ab.
22§ 6 (Verzinsung)
23(1) Der Kredit ist vom Tage der Auszahlung an zu verzinsen. Bis zum Beginn der Rückzahlung werden die Zinsen gestundet.
24(2) Als Zinssatz für den valutierenden Kredit gilt die European Interbank Offered Rate (EURIBOR) mit einer Laufzeit von 6 Monaten jeweils zum 1. April sowie zum 1. Oktober zuzüglich eines Aufschlags von 1 v.H. p.a.. Falls die in Satz 1 genannten Termine nicht auf einen Tag fallen, an dem ein EURIBOR-Satz ermittelt wird, gilt der nächste festgelegte
25EURIBOR-Satz.
26§ 7 (Rückzahlung)
27(1) Vor Beginn der Rückzahlung erhält der Kreditnehmer durch die DTA eine Mitteilung über die Höhe des gewährten Kredites sowie der gestundeten Zinsen, über die geltende Zinsregelung, die Höhe der monatlichen Zahlungsbeträge sowie den voraussichtlichen Rückzahlungszeitraum.
28(2) Der Kredit ist nach Ablauf einer mit dem Datum der Fälligkeit der ersten Auszahlung beginnenden Frist von vier Jahren in monatlichen Raten von 120 Euro zurückzuzahlen.
29(3) Der Kredit kann jederzeit ganz oder teilweise zurückgezahlt werden.
30(4) Erhält der Kreditnehmer während der Rückzahlungsphase für einen weiteren Ausbildungsabschnitt Förderung nach diesem Programm, so werden die Rückzahlungsraten für diesen Zeitraum ohne Antrag gem. § 11 gestundet.
31§ 8 (Mitteilungspflichten)
32[…]
33§ 9 Kündigung
34(1) Der Kreditvertrag wird von der Deutschen Ausgleichsbank durch (Teil-) Kündigung umgehend an Änderungen des Bewilligungsbescheides angepasst.
35(2) Die Deutsche Ausgleichsbank kündigt den Vertrag ferner unter den Voraussetzungen
36des § 14 Abs. 2.
37§ 10 (Abtretungsverbot)
38[…]
39§ 11 (Veränderung von Ansprüchen)
40(1) Der Abschluss von Vergleichen sowie die Stundung, Niederschlagung und der Erlass von Ansprüchen richten sich unter Maßgabe der Abs. 2, 3 und 4 nach den §§ 58 und 59 der Bundeshaushaltsordnung.
41(2) Kann der Kreditnehmer im Falle einer Teilkündigung den gekündigten Betrag nicht leisten, so wird er bis zum Beginn der Rückzahlung gestundet.
42(3) Verstirbt der Kreditnehmer, werden noch nicht fällig gestellte Leistungen erlassen.
43(4) Die Deutsche Ausgleichsbank ist befugt, in begründeten Fällen Stundungen über maximal vierundzwanzig Monate zu gewähren. Stundungen, denen eine mindestens einjährige Phase verzugsloser Zahlungen gefolgt ist, bleiben unberücksichtigt. Ebenso bleiben Vereinbarungen über eine Herabsetzung der Rückzahlungsraten unberücksichtigt.
44§ 12 (Verzug)
45(1) Mahn- und Beitreibungskosten trägt der Kreditnehmer. Zu seinen Lasten gehen darüber hinaus zusätzlich entstehende Kosten im Zahlungsverkehr, z.B. durch Bankspesen und Bankgebühren.
46(2) Im Verzugsfall hat der Kreditnehmer unbeschadet der Regelungen des § 11 Verbraucherkreditgesetz auf die fällige Forderung Zinsen in Höhe des jeweils geltenden, von der Bundesbank verkündeten Basiszinssatzes zzgl. 5 v.H. zu zahlen.
47§ 13 (Speicherung und Übermittlung von Daten)
48[…]
49§ 14 (Eintritt der Bundesgarantie,
50Übergang der Einziehung auf das Bundesverwaltungsamt)
51(1) Der Bund garantiert der Deutschen Ausgleichsbank die Rückzahlung der Kredit- und Zinsschuld der vom Bundesverwaltungsamt bewilligten Förderung nach Maßgabe des mit der Deutschen Ausgleichsbank geschlossenen Vertrags.
52(2) Die Deutsche Ausgleichsbank gibt die Einziehung der Kredite an das Bundesverwaltungsamt ab, wenn der Kreditnehmer mehr als sechs Monate in Verzug gerät und einen Stundungsantrag nicht gestellt haben oder die Deutsche Ausgleichsbank einem entsprechenden Stundungsantrag nicht stattgeben kann. Die Frist in Satz 1 braucht nicht eingehalten zu werden, wenn die Einziehung aussichtslos ist. Sowohl der Bescheid des Bundesverwaltungsamts als auch der mit der Deutschen Ausgleichsbank zu schließende Vertrag weisen auf diese Rechtsfolge hin.
53(3) Wird die Bundesgarantie in Anspruch genommen, übermittelt die Deutsche Ausgleichsbank dem Bundesverwaltungsamt die Stammdaten des Kreditnehmers, die Kapitalforderung, die zu diesem Zeitpunkt fälligen Zinsen und Kosten sowie den Grund für die Einlösung aus der Garantie.
54(4) Das Bundesverwaltungsamt fordert den Kreditnehmer durch Rückforderungsbescheid zur Erstattung des insgesamt an die Deutsche Ausgleichsbank verauslagten Garantiebetrags auf. Die Regelung der durch den Rückforderungsbescheid festgestellten Höhe des Betrags ist innerhalb eines Monats anfechtbar.
55(5) Der Erstattungsanspruch ist mit Bestandkraft des Rückforderungsbescheids fällig. § 12 gilt entsprechend. Der Kreditnehmer hat die Möglichkeit, Anträge nach § 11 zu stellen.
56§ 15 (Budgetkontrolle)
57[…]
58Die Deutsche Ausgleichsbank ist aufgrund des Gesetzes zur Übertragung des Vermögens der Deutschen Ausgleichsbank auf die Kreditanstalt für Wiederaufbau vom 15.08.2003 (DtA-Vermögensübertragungsgesetz) rückwirkend zum 01.01.2003 (§ 9 DtA-Vermögensübertragungsgesetz) in der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aufgegangen.
59In einem noch zwischen der Beklagten und der Deutschen Ausgleichsbank geschlossenen Vertrag vom 21.03.2003 garantierte die Beklagte der Deutschen Ausgleichsbank die Rückzahlung der Kredit- und Zinsverpflichtungen, wenn ein Kreditnehmer mehr als sechs Monate in Verzug gerät und einen Stundungsantrag nicht gestellt hat, oder einem entsprechenden Stundungsantrag gemäß § 11 des Programms für die Vergabe von Bildungskrediten nicht stattgegeben werden kann. Zudem war in dem Vertrag vorgesehen, dass die Deutsche Ausgleichsbank der Beklagten vierteljährlich die ihr voraussichtlich zu erstattenden Beträge mitteilt und diese von der Beklagten im Anschluss überwiesen werden.
60Am 24.03.2006 beantragte der Kläger beim Bundesverwaltungsamt die Bewilligung eines Bildungskredits in Höhe von 300,00 Euro monatlich für einen Zeitraum von zwölf Monaten sowie eine einmalige Abschlagszahlung in Höhe von 600,00 Euro.
61Das Bundesverwaltungsamt bewilligte dem Kläger den beantragten Bildungskredit mit Bescheid vom 30.03.2006. Im Bescheid führte sie hierzu wörtlich aus:
62[v]orbehaltlich der Bestimmungen lfd. Nr. 1-6, bewillige ich Ihnen für den Zeitraum vom 01.02.2006 bis zum 31.01.2007 die Inanspruchnahme eines verzinslichen Kredites der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Höhe von monatlich 300 EURO nebst einer Einmalzahlung zum 01.02.2006 in Höhe von 600 EURO (insgesamt 4200 EURO) und übernehme nach Maßgabe der folgenden Bedingungen lfd. Nr. 7 bis 10 bezüglich Ihrer Rückzahlungsverpflichtung gegenüber der Kreditanstalt für Wiederaufbau eine Bundesgarantie.
631. Die Bewilligung und die Bundesgarantie werden unwirksam, wenn Sie das beigefügte Vertragsangebot der Kreditanstalt für Wiederaufbau bis zum Ablauf des 08.05.2006 nicht angenommen haben. Gleichzeitig erlischt das Vertragsangebot.
642. Den Bewilligungsbescheid werde ich zurücknehmen, wenn die Vergabevoraussetzungen zum Zeitpunkt seines Erlasses nicht vorgelegen haben.
653. Ich behalte mir den Widerruf des Bewilligungsbescheides insoweit vor, als die Vergabevoraussetzungen während der Auszahlungsphase entfallen.
664. Ich behalte mir den Widerruf des Bewilligungsbescheides vor, wenn Sie meiner Aufforderung nicht nachkommen Nachweise vorzulegen, die für die Überprüfung erforderlich sind, ob die Voraussetzungen der Kreditgewährung weiterhin vorliegen.
675. Die Wirksamkeit des Bewilligungsbescheides endet, wenn das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren eingeleitet oder das Insolvenzverfahren eröffnet wird.
686. Ich behalte mir den Widerruf des Bewilligungsbescheides in den Fällen vor, in denen die Kreditanstalt für Wiederaufbau berechtigt wäre, den Kreditvertrag wegen Vertragspflichtverletzungen fristlos zu kündigen.
697. Falls die Kreditanstalt für Wiederaufbau die Bundesgarantie einlöst, sind Sie verpflichtet, der Bundesrepublik Deutschland den verauslagten Betrag zu erstatten. Dies ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 der Förderbestimmungen der Fall, wenn der Kreditnehmer mehr als sechs Monate in Verzug gerät und einen Stundungsantrag nicht gestellt hat oder die Kreditanstalt für Wiederaufbau einem entsprechenden Stundungsantrag nicht stattgeben kann. Diese Frist braucht nicht eingehalten zu werden, wenn die Einziehung aussichtslos ist (§ 14 Abs. 2 Satz 2 der Förderbestimmungen). Die Erstattung bemisst sich nach der Höhe des bezogenen Kredits, der aufgelaufenen Zinsen sowie der Kosten unter Abzug ggf. bereits erbrachter Tilgungsleistungen. Der zu erstattende Betrag wird der Höhe nach durch gesonderten Bescheid festgesetzt.
708. Dieser Betrag ist von dem Zeitpunkt an, in dem seine Höhe wirksam festgesetzt ist, in Höhe des aktuellen Basiszinssatzes der Europäischen Zentralbank zuzüglich 5 v. H. zu verzinsen.
719. Nach dem Einlösen der Bundesgarantie haben Sie dem Bundesverwaltungsamt jeden Wechsel Ihres Wohnsitzes oder Ihres Namens unverzüglich mitzuteilen.
7210. Die Kosten für jede notwendige Ermittlung Ihres Aufenthaltsortes und Ihres neuen Namens werden auf 30 EURO festgesetzt.
73Dem Bescheid war ein Rahmenkreditvertrag der KfW beigefügt. Das Bundesverwaltungsamt wies den Kläger darauf hin, dass er – sofern er das Vertragsangebot der KfW annehmen wolle – den Vertrag unterschreiben und eine Legitimationsprüfung durchführen lassen müsse. Der vollständig unterschriebene und legitimierte Vertrag müsse im Anschluss daran durch die legitimierende Stelle direkt an die KfW gesendet werden.
74Der Rahmenkreditvertrag sah vor, dass die KfW dem Kläger nach Maßgabe der Förderbestimmungen des Programms für die Vergabe von Bildungskrediten des BMBF vom 22.01.2001 und auf Grund des Bewilligungsbescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 30.03.2006 einen Bildungskredit wie folgt zur Verfügung stellte:
751. Allgemeines
761.1. Angaben zum Kredit (Beträge in EURO)
77Kredit gemäß Bewilligungsbescheid. Es werden die nachfolgend genannten Beträge zur Verfügung gestellt.
78vom 01.02.2006 bis 31.01.2007: 300,00 Euro
79Einmalzahlung (Fälligkeit 01.02.2006): 600,00 Euro
801.2. Die Karenzzeit, d.h. die zinszahlungs- und tilgungsfreie Zeit, läuft vom 01.02.2006 bis 31.01.2010
811.3. Tilgungsbeginn ist am 01.02.2010
821.4. Der Zinssatz am Ausfertigungstag dieses Vertrages beträgt 3.22 % p.a. (Sollzins).
831.5. Der effektive Jahreszins beträgt 3.27 % p.a.
841.6. Der Abschluss dieses Rahmenvertrages kann bis zum 08.05.2006 verlangt werden. Dieses Vertragsangebot wird unwirksam, wenn der Kreditnehmer diesen Vertrag nicht innerhalb eines Monats nach seinem Zugang unterzeichnet an die KfW zurücksendet. Es gilt das Datum des Posteinganges bei der KfW.
851.7. Die o.a. Kreditbeträge werden überwiesen auf: BLZ: […]
861.8. Soweit dem Kreditnehmer für den genannten Zeitraum bzw. spätere Zeiträume weitere Ansprüche zuerkannt werden, wird die KfW die entsprechenden Beträge unter Geltung dieses Rahmenkreditvertrages zur Verfügung stellen. Hierüber erfolgt eine Ergänzungsmitteilung, die Bestandteil dieses Vertrages wird. Im Hinblick auf Nachzahlungen ist die KfW zur Zahlung von Zinsen nicht verpflichtet.
871.9. Die KfW ist bei Änderungen des Bewilligungsbescheides berechtigt, den Vertragsinhalt durch einseitige Erklärungen anzupassen.
882. Kreditkonditionen
892.1. Verzinsung
902.1.1. Der Kredit ist von der Auszahlung an zu verzinsen. Der Zinssatz ist variabel. Bis zum Beginn der Rückzahlung werden die Zinsen gestundet.
912.1.2. Als Zinssatz für den jeweiligen Kreditgesamtbetrag gilt für jeweils 6 Monate nach dem Stand vom 01. April und 01. Oktober die Euro Interbank Offered Rate für die Geldbeschaffung von ersten Adressen in den Teilnehmerstaaten der Europäischen Währungsunion (EURIBOR) mit einer Laufzeit von 6 Monaten zuzüglich eines Aufschlages von 1%-Punkt. Fallen die Stichtage nicht auf einen Tag, an dem ein EURIBOR-Satz ermittelt wird, gilt der nächste festgelegte EURIBOR-Satz.
922.2. Auszahlung
932.2.1. Die Auszahlung des Kredites erfolgt unbar und monatlich im Voraus auf das unter Ziffer 1.7 seitens des Kreditnehmers benannte Inlandskonto.
942.2.2. Dies gilt nicht, wenn der Kreditnehmer von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht, auf den Kredit ganz oder teilweise verzichtet oder der KfW ein Sachverhalt bekannt wird, der einer (weiteren) Kreditgewährung entgegensteht.
952.2.3. Mit Einleitung des Verbraucherinsolvenzverfahrens werden die Leistungen eingestellt. Es gilt das Datum der Antragstellung des vorgenannten Verfahrens.
962.3. Tilgung
972.3.1. Der Kredit ist nach Ablauf einer mit der ersten Fälligkeit beginnenden Frist von 4 Jahren (s. Ziffer 1.2 dieses Vertrages) in gleichbleibenden monatlichen Raten von 120 Euro nach Maßgabe eines von der KfW erstellten Tilgungsplanes zurückzuzahlen. Die Raten sind jeweils am Ende eines Monats fällig.
982.3.2. Rechtzeitig vor Beginn der Rückzahlung teilt die KfW dem Kreditnehmer die Höhe des valutierten Kredites, der gestundeten Zinsen, des geltenden Zinssatzes, die Höhe der monatlichen Raten sowie den voraussichtlichen Rückzahlungszeitraum mit.
992.3.3. Abweichend von Ziffer 2.3.2 kann die KfW die Zahlung der Raten für drei aufeinanderfolgende Monate am Ende des dritten Monats in einer Summe verlangen (vierteljährliche Zahlungsweise).
1002.3.4. Der Kreditnehmer ist verpflichtet, eine Einzugsermächtigung zu erteilen.
1012.3.5. Der Kredit kann jederzeit ganz oder teilweise zurückgezahlt werden.
1022.3.6. Die KfW ist berechtigt, den Tilgungsplan zu ändern; sie kann die Restlaufzeit bei einer Änderung des Zinsniveaus oder aufgrund von Stundungen anpassen.
1032.3.7. Die KfW berechnet die Zinsen auf der Grundlage taggenauer Verrechnung aller Zahlungseingänge. Sie werden mit den eingehenden Beträgen verrechnet.
1042.3.8. Erhält der Kreditnehmer während der Rückzahlungsphase für einen weiteren Teil einer Ausbildung Förderung nach diesem Programm/dieser Richtlinie, so werden die Rückzahlungsraten für diesen Zeitraum unter der Berechnung von Zinsen nach Ziffer 2.1.2 dieses Vertrages gestundet.
1053. Weitere Kreditbedingungen
1063.1. Die KfW teilt dem Kreditnehmer - unbeschadet von Fälligkeiten nach 2.3 dieses Vertrages – halbjährlich den Kontostand einschließlich des aktuellen Zinssatzes mit.
1073.2. Kündigung
1083.2.1. Die KfW ist berechtigt, den Kreditvertrag zur sofortigen Rückzahlung zu kündigen, wenn
109- der Kreditnehmer den Vertragabschluss vorsätzlich oder fahrlässig durch falsche oder unvollständige Angaben herbeigeführt hat
110- über das Vermögen des Kreditnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet wird
1113.2.2. Die KfW ist berechtigt, den Kredit zur sofortigen Rückzahlung zu kündigen, wenn der Kreditnehmer schuldhaft in einem solchen Maße seine Verpflichtungen verletzt, insbesondere seinen Mitteilungspflichten nach Ziffer 3.6. dieses Vertrages nicht nachkommt, dass der KfW eine Fortsetzung des Kreditvertrages nicht zugemutet werden kann.
1123.2.3. Die KfW ist berechtigt, den Kredit wegen Zahlungsverzuges des Kreditnehmers zur sofortigen Rückzahlung zu kündigen, wenn der Kreditnehmer bei vierteljährlicher Zahlungsweise mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen, bei monatlicher Zahlungsweise mit mindestens sechs aufeinanderfolgenden Teilzahlungen ganz oder teilweise und mindestens 10% des Nennbetrages des Kredites in Verzug ist und die KfW dem Kreditnehmer erfolglos eine zweiwöchige Frist zur Zahlung des rückständigen Betrages gesetzt hat, dass sie bei Nichtzahlung innerhalb der Frist die Zahlung der gesamten Restschuld verlangt.
1133.3. Im Verzugsfall wird gegenüber dem Darlehensnehmer auf Rückstände aller Art Schadensersatz in Höhe des jeweils geltenden, von der Deutschen Bundesbank bekannt gegebenen Basiszinssatzes gemäß § 247 Bürgerliches Gesetzbuch zuzüglich 5% Punkten berechnet.
1143.4. Wird der/werden die den Kreditanspruch begründende(n) Bewilligungsbescheid(e) ganz oder teilweise aufgehoben oder geändert, so dass sich der Anspruch des Kreditnehmers auf einen Kredit mindert oder wegfällt, ist die KfW zur Kündigung des Kredites in entsprechendem Umfang berechtigt. Kann der Kreditnehmer im Falle einer Teilkündigung den gekündigten Betrag nicht leisten, so wird dieser bis zum Beginn der Rückzahlung – verzinslich nach Ziffer 2.1.2 dieses Vertrages – gestundet.
1153.5. Mit dem Tod des Kreditnehmers endet das Vertragsverhältnis, ohne dass es weiterer Willenserklärungen der KfW bedarf. Auszahlungen nach Ziffer 2.2 erfolgen nicht mehr.
1163.6. Der Kreditnehmer ist verpflichtet, der KfW
117a) jeden Wohnsitzwechsel und jede Änderung des Familiennamens sowie
118b) jede Änderung der Kontoverbindung für Auszahlung und Einzug unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
119c) den Abschluss der Ausbildung, den Abbruch oder die Unterbrechung der Ausbildung, den Wechsel der Fachrichtung, den Wechsel der Ausbildungsstätte und die Durchführung eines Praktikums unverzüglich anzuzeigen. Die entsprechenden Mitteilungen werden zwecks Überprüfung der Bewilligungsvoraussetzungen an das Bundesverwaltungsamt weitergeleitet.
120Kommt der Kreditnehmer seinen Mitteilungspflichten gemäß Satz 1 a) nicht nach und muss seine Anschrift deshalb von der KfW ermittelt werden, so werden ihm für die Ermittlung pauschal 30 EURO in Rechnung gestellt, sofern nicht höhere Kosten nachgewiesen werden. Diese Kosten sind auf Anforderung zu erstatten. Im Falle des Übergangs des Krediteinzuges auf das Bundesverwaltungsamt gelten die Mitteilungspflichten gem. a) und c) gegenüber diesem.
1213.7. Das Bundesverwaltungsamt (BVA) ist berechtigt, vom Kreditnehmer jederzeit die Vorlage von Nachweisen zu verlangen, um zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Darlehensgewährung weiterhin vorliegen.
1223.8. Die KfW ist berechtigt, die Ansprüche und Verpflichtungen aus diesem Vertrag auf einen Dritten zu übertragen. Die KfW gibt die Einziehung des Kredits an das Bundesverwaltungsamt ab, wenn der Kreditnehmer mehr als als sechs Monate in Verzug gerät, einen Stundungsantrag nicht gestellt hat oder einem solchen nicht stattgegeben werden kann. Die vorgenannte Frist braucht nicht eingehalten zu werden, wenn die Einziehung des Kredits aussichtslos ist.
1233.9. Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch nicht berührt. Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.
124In der Folge zahlte die KfW dem Kläger die Darlehenssumme in Höhe von insgesamt 4.200,00 Euro wie in dem Darlehensvertrag vorgesehen aus.
125Am 19.01.2007 beantragte der Kläger bei dem Bundesverwaltungsamt die Bewilligung eines zweiten Teils des Bildungskredites für weitere zwei Monate à 300,00 Euro als einmalige Abschlagszahlung in Höhe von 600,00 Euro.
126Mit Bescheid vom 26.01.2007 bewilligte das Bundesverwaltungsamt dem Kläger in Ergänzung des Bescheides vom 30.03.2006 und vorbehaltlich der Bestimmungen 1 bis 5 im Bescheid für den Zeitraum vom 01.02.2007 bis zum 31.03.2007 die Inanspruchnahme eines verzinslichen Kredites der KfW in Höhe von monatlich 300,00 Euro – unter Ablehnung einer Auszahlung in Form einer einmaligen Abschlagszahlung in Höhe von 600,00 Euro – und übernahm nach Maßgabe der Bedingungen 6 bis 9 bezüglich der Rückzahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber der KfW erneut eine Bundesgarantie. Nummern 1 bis 9 des Bewilligungsbescheides waren gleichlautend mit Nummern 2 bis 10 des Bescheides vom 30.03.2006.
127Die KfW übersandte dem Kläger daraufhin unter dem 01.02.2007 eine „Ergänzung zum bestehenden Rahmendarlehensvertrag“.
128Darin teilte die KfW mit, dass der Anspruch auf einen Bildungskredit aufgrund des Bescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 30.03.2006 geändert worden sei. Die Karenzzeit laufe vom 01.02.2006 bis 31.01.2010 und Tilgungsbeginn sei am 01.02.2010. Diese Mitteilung sei gemäß Ziffer 1.8 des Rahmenkreditvertrages eine Ergänzung und gleichzeitig Bestandteil des Rahmenkreditvertrages.
129Die weitere Darlehenssumme in Höhe von insgesamt 600,00 Euro zahlte die KfW dem Kläger in der Folge aus.
130Mit Schreiben vom 05.01.2010 informierte die KfW den Kläger darüber, dass die Rückzahlungsphase für sein Darlehen am 01.02.2010 beginne und die Darlehensschuld 4.800,00 Euro, die gestundeten Zinsen 780,06 Euro und der derzeit gültige Zinssatz 2,03 % betrügen. Das Darlehen sei in monatlichen Annuitäten von 120,00 Euro zurückzuführen.
131Da der Kläger in der Folge die fälligen Rückzahlungsraten nicht beglich und eine Stundung seitens der KfW nicht bewilligt werden konnte, kündigte die KfW aufgrund des eingetretenen Zahlungsverzuges das Gesamtdarlehen mit Schreiben vom 18.11.2011 zum 22.11.2011 und forderte den Kläger zur Zahlung von 5.385,28 Euro bis zum 08.12.2011 auf. Eine Zahlung des Klägers ging innerhalb der Frist nicht ein.
132Das Bundesverwaltungsamt teilte dem Kläger mit Schreiben vom 28.02.2012 Folgendes mit: „[D]er Bund ist aus der Bundesgarantie (Bürgschaft) für den Ihnen gewährten Bildungskredit nach § 14 Abs. 2 und 4 der Förderbestimmungen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Anspruch genommen worden. Dies bedeutet, dass die Forderung auf den Bund übergegangen ist. Für den Einzug des Ihnen bewilligten Bildungskredites ist deshalb ab sofort nicht mehr die KfW, sondern das Bundesverwaltungsamt zuständig.“
133Sodann forderte das Bundesverwaltungsamt den Kläger unter der Überschrift „Rückforderungsbescheid“ und unter Verweis auf § 14 Abs. 2 und 4 der Förderbestimmungen zur Erstattung des an die KfW verauslagten Garantiebetrags i. H. v. 5.359,97 Euro bis zum 07.04.2012 auf.
134Nachdem der Kläger den fälligen Betrag nicht rechtzeitig vollständig beglichen und erfolglos eine Stundung des fälligen Betrages beantragt hatte, erhob die Beklagte mit Bescheid vom 22.04.2015 Zinsen in Höhe von insgesamt 506,17 Euro für einen Zahlungsverzug im Zeitraum von 08.04.2012 bis zum 16.04.2012 auf Basis einer Kreditschuld in Höhe von 5.359,97 sowie im Zeitraum vom 17.04.2012 bis zum 22.04.2015 auf Basis einer verbleibenden Kreditschuld in Höhe von 3.572,97 Euro. Mit Bescheid vom 09.11.2018 erhob die Beklagte weitere Zinsen in Höhe von 786,55 Euro für einen Zahlungsverzug im Zeitraum vom 23.04.2015 bis zum 09.11.2018 auf Basis einer verbleibenden Kreditschuld in Höhe von 5.359,97 Euro.
135Mit Bescheid vom 21.09.2022 erhob die Beklagte weitere Zinsen in Höhe von 569,17 Euro für einen Zahlungsverzug im Zeitraum vom 10.11.2018 bis zum 21.09.2022 auf Basis einer verbleibenden Kreditschuld von 3.572,97 Euro und forderte den Kläger zu einer Zahlung von insgesamt 4.869,69 Euro bis zum 31.10.2022 auf. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass im Falle des Zahlungsverzuges auf die fällige Forderung bis zum Zahlungseingang bzw. Eingang eines Stundungsantrages Rückstandszinsen erhoben werden müssten. Diese seien gemäß § 12 Abs. 2 i. V. m. § 14 Abs. 5 der Förderbestimmungen in Höhe des jeweils geltenden, von der Bundesbank verkündeten Basiszinssatzes zuzüglich 5 Prozent zu zahlen.
136Am 18.10.2022 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 21.09.2022 Widerspruch und erhob hinsichtlich der im Rückforderungsbescheid vom 28.02.2012 genannten Summe die Einrede der Verjährung bzw. machte Verwirkung geltend.
137Mit Abhilfebescheid vom 21.10.2022 änderte die Beklagte den Zinsbescheid vom 21.09.2022 dahingehend ab, dass die Zinsen nur noch für den Zeitraum ab Januar 2019 berechnet und daher auf 548,32 Euro reduziert wurden. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Forderungen seien noch nicht verjährt, da die Verjährungsfrist für eine Forderung auf Grundlage eines unanfechtbaren Verwaltungsakts gemäß § 53 Abs. 2 VwVfG 30 Jahre betrage. Der Kläger sei mit Rückforderungsbescheid vom 28.02.2012 zur Rückzahlung des verauslagten Garantiebetrages aufgefordert worden. Dieser Bescheid sei zum 07.04.2012 bestandskräftig geworden. Auch habe die Beklagte die Geltendmachung der Forderung nicht verwirkt, da diese bereits mit Rückforderungsbescheid vom 28.02.2012 geltend gemacht worden sei. Der Kläger habe sich daher nicht darauf einstellen können, dass die Beklagte den Anspruch nicht mehr geltend machen werde.
138Der Kläger hat am 25.11.2022 Klage erhoben.
139Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die angegriffenen Bescheide seien rechtswidrig, da ein etwa bestehender Zinsanspruch der Beklagten nicht mit der Handlungsform des Verwaltungsakts geltend gemacht werden könne. Insoweit bedürfe es nach dem Parlamentsvorbehalt einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, wofür die Förderbestimmungen nicht in Betracht kämen. Im Übrigen sei der Kreditvertrag ein privatrechtlicher Vertrag, auf den das Bürgerliche Gesetzbuch Anwendung finde. Eine Rückabwicklung müsse daher ebenfalls auf privatrechtlicher Basis erfolgen (actus contrarius). Etwaige Ansprüche der Beklagten seien verjährt und verwirkt.
140Der Kläger beantragt,
141den Zinsbescheid der Beklagten vom 21.09.2022 und den Abhilfebescheid vom 21.10.2022 aufzuheben.
142Die Beklagte beantragt,
143die Klage abzuweisen.
144Zur Begründung führt sie aus, der Kläger sei im Rückforderungsbescheid vom 28.02.2012 darauf hingewiesen worden, dass Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank zu erheben seien, wenn der im Rückforderungsbescheid oder einem anderen Bescheid genannte Zahlungstermin überschritten werde (§ 12 Abs. 2 i.V.m. § 14 Abs. 5 der Förderbestimmungen). Der Zeitraum für die Berechnung der Zinsen beginne mit dem Tag der Fälligkeit und ende mit dem Tag der Verbuchung der Einzahlung bei der Bundeskasse Halle. Der Kläger habe den im Rückforderungsbescheid genannten Zahlungstermin überschritten und befinde sich mithin seit dem 08.04.2012 im Zahlungsrückstand, so dass Zinsen zu erheben gewesen seien.
145Soweit der Kläger in Bezug auf die Hauptforderung Verjährung bzw. Verwirkung geltend mache, sei auszuführen, dass die Verjährungsfrist für eine durch unanfechtbaren Verwaltungsakt geltend gemachten Anspruch gem. § 53 Abs. 2 VwVfG 30 Jahre betrage. Mit Rückforderungsbescheid vom 28.02.2012 sei der Kläger zur Rückzahlung des verauslagten Garantiebetrages aufgefordert worden. Die Unanfechtbarkeit des Bescheides sei am 07.04.2012 eingetreten. Eine Verjährung des Rückforderungsanspruchs sei daher nicht gegeben.
146Die Verwirkung eines Rechts setze voraus, dass der Berechtigte für einen längeren Zeitraum untätig geblieben sei und sich der Verpflichtete darauf habe einstellen dürfen, dass der Berechtigte sein Recht nicht mehr geltend mache. Eine Untätigkeit in diesem Sinne sei jedoch nicht gegeben, denn die Beklagte habe die (Haupt-)Forderung bereits mit Rückforderungsbescheid vom 28.02.2012 geltend gemacht.
147Eine Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Zinsbescheid finde sich in den Förderbestimmungen. Zwar könnten (ermessensleitende) Verwaltungsvorschriften im Grundsatz als Innenrecht keine dem Vorbehalt des Gesetzes genügende Ermächtigungsgrundlage für einen belastenden Verwaltungsakt darstellen. In der Rechtsprechung seien aber Ausnahmen anerkannt, die hier einschlägig seien.
148So sei die Bewilligung des Bildungskredites mit Bedingungen und Auflagen verbunden worden und Nummer 7 des Bewilligungsbescheides regele die Modalitäten und Voraussetzungen der Rückforderung durch das Bundesverwaltungsamt unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 14 Abs. 2 der Förderbestimmungen und darauf, dass die Rückforderung und damit auch die in der Folge geltend zu machenden Zinsforderungen durch Bescheid erfolgten (§ 14 Abs. 2 der Förderbestimmungen). Bei dem Bescheid des Bundesverwaltungsamtes über die Bewilligung des Bildungskredites an den Kläger handele es sich um einen in erster Linie begünstigenden, teils aber auch belastenden Verwaltungsakt. Der Kläger habe aufgrund dessen den ihm bewilligten Bildungskredit nicht in Anspruch nehmen können, ohne auch die diesbezüglichen, unmittelbar damit verbundenen Verpflichtungen, insbesondere die Rückforderung und auch Zinsforderung per Bescheid durch das Bundesverwaltungsamt im Falle der Einlösung der Bundesgarantie durch die KfW, zu akzeptieren.
149Verwaltungsvorschriften stellten zudem dann eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für einen belastenden Verwaltungsakt dar, wenn sich der Betroffene ihrer Geltung unterworfen habe. Eine Verknüpfung zwischen einer Unterwerfung des Leistungsempfängers unter bestimmte Bedingungen der Leistungsgewährung und dem Leistungsbescheid sei zulässig; sie diene der Durchführung des Leistungszwecks. Der Kläger habe sich durch Antragstellung, Entgegennahme des Bewilligungsbescheides und Abschluss des Kreditvertrages mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt. Der Bewilligungsbescheid der Beklagten habe in diesen Zusammenhang insbesondere die spätere Rückforderung des Garantiebetrages durch die Beklagte im Wege des Verwaltungsaktes bei Einlösung der Bundesgarantie durch die KfW hinreichend deutlich gemacht. Es komme dabei nicht darauf an, ob der Kläger sich ausdrücklich mit der Anwendung der Richtlinien einverstanden erklärt oder diese nur entgegengenommen habe. Jedenfalls habe er den Bildungskredit nicht beanspruchen können, ohne damit auch die diesbezüglichen Richtlinien und das Verfahren der Rückforderung zu akzeptieren.
150Entscheidungsgründe
151Die zulässige Klage ist begründet.
152Der Zinsbescheid der Beklagten vom 21.09.2022 und der Abhilfebescheid vom 21.10.2022 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
153Die Beklagte durfte die Zinsforderung in Höhe von zuletzt 548,32 Euro gegenüber dem Kläger nicht durch Verwaltungsakt geltend machen.
154Es fehlt an der hierfür erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.
155Bei der Erhebung von Zinsen handelt es sich um einen Akt der Eingriffsverwaltung, der nach dem Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) grundsätzlich einer gesetzlichen Grundlage in Form eines formellen Gesetzes nicht nur für die getroffene Regelung selbst – hier die Erhebung von Zinsen –, sondern auch für die Befugnis der Behörde zur Handlung in der Form eines Verwaltungsakts bedarf. Denn die potentielle Bestandskraft des Verwaltungsakts legt dem Betroffenen die Anfechtungslast auf, so dass schon die Verwendung der Handlungsform als solche in dessen Rechte eingreift.
156BVerwG, Beschl. v. 05.06.2019 – 7 B 18/18, juris, Rn. 7; BVerwG, Urt. v. 07.12.2011 – 6 C 39/10, juris, Rn. 12 ff.
157Eine gesetzliche Grundlage für den Erlass des angefochtenen Zinsbescheides ist
158– anders als für einen Rückforderungsbescheid, vgl. VG Köln, Urt. v. 25.01.2023 – 26 K 6089/22, zur Veröffentlichung vorgesehen –
159nicht deshalb entbehrlich, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Zinsbescheid vom 21.09.2022 in Gestalt des Abhilfebescheides vom 21.10.2022 um eine nachträgliche Nebenbestimmung zu den bestandskräftigen Bewilligungsbescheiden vom 30.03.2006 und vom 26.01.2007 (im Folgenden Bewilligungsbescheide) handelte.
160Im Bereich der Gewährung staatlicher Subventionen an Private bedarf es nach ständiger Rechtsprechung allerdings zunächst für die Bewilligung der Subvention keiner gesetzlichen Grundlage, denn die Bewilligung der Leistung begünstigt den Betroffenen lediglich. Zu deren Legitimation genügt daher jede andere parlamentarische Willensäußerung, insbesondere die etatmäßige Bereitstellung der erforderlichen Mittel. In diesen Fällen kann die Subvention auf dieser Grundlage auch mittels eines Verwaltungsaktes gewährt werden.
161BVerwG, Urt. v. 17.03.1977 – VII C 59.75, juris, Rn. 13; Urt. v. 26.04.1979 – 3 C 111/79, juris, Rn. 16 ff.; Urt. v. 08.04.1997 – 3 C 6/95, Rn. 17; OVG NRW, Urt. v. 24.09.1981 – 8 A 1718/79, NVwZ 1982, 381; Beschl. v. 08.12.2008 – 13 A 2091/07, juris, Rn. 16; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2022, § 44 Rn. 70 m. w. N.
162Als Bestandteil der Bewilligung einer Subvention können der rein begünstigenden Hauptregelung gemäß § 36 VwVfG belastende Nebenbestimmungen beigefügt werden, die zum Teil selbst Verwaltungsakte sind,
163so für die Auflage Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2022, § 36 VwVfG Rn. 83 m. w. N.; Schröder, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 3. EL August 2022, § 36 VwVfG Rn. 79.
164Wird eine solche rein begünstigende Hauptregelung mit belastenden Nebenbestimmungen versehen, so bedarf es auch für deren Erlass keiner Ermächtigungsgrundlage,
165OVG Hamburg, Urt. v. 24.05.1995 – Bf V 35/94, juris, Rn. 38; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 23. Auflage 2022, § 36 Rn. 3; Tiedemann, in: BeckOK VwVfG, 57. Edition (Stand: 01.07.2022), § 36 Rn. 7; Störmer, in; Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Auflage 2021, § 36 Rn. 78. Zur Begründung dieses Ergebnisses werden im Einzelnen unterschiedliche Begründungsansätze herangezogen. Zum Verwaltungsakt auf Unterwerfung siehe BVerwG, Urt. v. 28.06.1968 – VII C 118.66, juris, Rn. 35; OVG NRW, Urt. v. 23.07.2003 – 1 A 2739/00, juris, Rn. 28-30; OVG Lüneburg, Urt. v. 25.10.1984 – 3 A 111/82, NVwZ 1985, 500, 501; Oldiges, NJW 1984, 1927 (1932); Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2022, § 44 Rn. 71 m. w. N. auch zur Kritik an dieser Rechtsfigur; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2022, § 36 Rn. 229-231 (mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt); zur Saldotheorie siehe Schleich, NJW 1988, 236 (238); zur Begründung der Zulässigkeit auf die Möglichkeit des Verzichts auf die begehrte Begünstigung verweisend etwa VG Köln, Urt. v. 16.12.2021 – 16 K 8582/18, juris, Rn. 25; Weiß, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Auflage 2019, § 36 Rn. 82; Schröder, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 3. EL August 2022, § 36 Rn. 91; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2022, § 36 Rn. 138.
166Nebenbestimmungen müssen grundsätzlich gleichzeitig mit dem Hauptverwaltungsakt ergehen, mit diesem also unmittelbar verbunden werden.
167Schröder, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 3. EL August 2022, § 36 Rn. 95.
168Nachträglich können sie nur dann erlassen werden, wenn ein Gesetz dies vorsieht oder die Behörde sich den Erlass einer Nebenbestimmung ausdrücklich vorbehalten hat. In diesem Sinne ermöglicht es § 36 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG der Behörde, einen begünstigenden Verwaltungsakt mit einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage zu verbinden. Ein solcher Auflagenvorbehalt ist insbesondere zulässig, wenn sich die Behörde Reaktionsmöglichkeiten auf spätere, zum Zeitpunkt des Erlasses der Hauptregelung noch ungewisse Veränderungen offen halten will.
169Vgl. Weiß, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Auflage 2019, § 36 Rn. 41; Schröder, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 3. EL August 2022, § 36 VwVfG Rn. 82; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2022, § 36 VwVfG Rn. 90.
170Ein solcher Fall ist jedoch vorliegend nicht gegeben.
171Allerdings handelt es sich bei den Bewilligungsbescheiden der Beklagten um rein begünstigende Verwaltungsakte, die keiner parlamentsgesetzlichen Grundlage bedurften und die – ebenfalls ohne Gesetzesgrundlage – mit belastenden Nebenbestimmungen versehen worden sind. Die Hauptregelungen der Subvention – die Bewilligung der Inanspruchnahme eines verzinslichen Kredites der KfW und die Übernahme einer Bundesgarantie gegenüber der KfW bezüglich der Rückzahlungsverpflichtungen des Klägers – haben den Rechtskreis des Klägers lediglich erweitert. Ihm wurde durch diese Regelungen erst die Möglichkeit eröffnet, eine konkrete Leistung – die Zurverfügungstellung des Kreditbetrags für einen gewissen Zeitraum ohne weitere Sicherheiten zu günstigen Konditionen – in Anspruch zu nehmen. Die Bewilligung der Bundesgarantie erfolgte auch auf ausreichender Grundlage, da die hierfür erforderlichen Mittel auf der Grundlage des Bundeshaushaltes bereitgestellt wurden (vgl. § 2 Abs. 4 der Förderbestimmungen vom 01.04.2009 und etwa Haushaltsrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2011, S. 62, 1408).
172Der hier streitgegenständliche Zinsbescheid ergänzt auch eine in Nr. 8 bzw. Nr. 7 der Bewilligungsbescheide enthaltene (öffentlich-rechtliche) Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG nachträglich.
173Im Unterschied zu dem privatrechtlichen Darlehensvertrag mit der KfW sind sowohl die Regelungen des Rückforderungsbescheides als auch bereits die Gewährung der Garantie einschließlich der hierzu erlassenen Nebenbestimmungen in den Bewilligungsbescheiden Maßnahmen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts i. S. d. § 35 Satz 1 VwVfG. Sie sind vor dem Hintergrund des – ebenfalls öffentlich-rechtlichen – Rahmenvertrags zwischen der Beklagten und der KfW vom 21.03.2001 zu sehen. Die Garantie wurde unmittelbar durch Verwaltungsakt (hier die Bewilligungsbescheide) begründet, ohne dass es einer weiteren Durchführungsmaßnahme bedurfte. Anders als es die Einleitung des Rückforderungsbescheides vom 28.02.2012 nahelegt, war vorliegend auch nicht von der Existenz eines privatrechtlichen Bürgschaftsvertrages auszugehen, der zur Folge hätte haben können, dass die privatrechtliche Darlehensrückzahlungsforderung der KfW etwa gemäß § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergeht, soweit die Beklagte die Forderung der KfW gegen den Kläger begleicht. Vielmehr hat die Beklagte in den Bewilligungsbescheiden ausdrücklich (nur) die Übernahme einer Garantie erklärt, ohne dass Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass ein akzessorischer Übergang der privatrechtlichen Forderung der KfW an die Beklagte intendiert war. Auch die in den Bewilligungsbescheiden in Bezug genommenen Förderbestimmungen enthalten keine entsprechenden Regelungen.
174Die Bewilligungsbescheide enthalten in Nr. 8 bzw. Nr. 7 eine Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG.
175Sie geben dem Kläger ein Tun auf, in dem sie ihn verpflichten, im Garantiefall den dem Bund zu erstattenden Betrag zu verzinsen. Bei dieser Verpflichtung, Zinsen auf den Erstattungsbetrag zu zahlen, handelt es sich gegenüber den begünstigenden Hauptregelungen um eine Nebenbestimmung, da diese ihrem Inhalt nach im Verhältnis zu den Hauptregelungen von untergeordnetem Charakter ist. Sinn und Zweck der Hauptregelungen war die Gewährung eines Kredits sowie die Absicherung der Rückzahlung des Kredits durch eine Garantie. Die grundsätzliche Verpflichtung des Klägers, die Darlehenssumme (nebst Zinsen) nach Ablauf eines gewissen Zeitraums wieder zurückzuzahlen, war mithin in der gewährten Begünstigung von vornherein angelegt. Die in Nr. 7 Satz 1 bzw. Nr. 6 Satz 1 geregelte Erstattungspflicht und die damit eng verbundene Verzinsungsverpflichtung in Nr. 8 bzw. Nr. 7 sind als besondere Rückzahlungsmodalität in dem Sonderfall der Garantieeinlösung durch die KfW nicht als derart wesensverändernd anzusehen, dass sie als unabhängige (Haupt-)Regelung neben die Gewährung der Möglichkeit des Abschlusses eines Darlehensvertrages und die Abgabe der Garantieerklärung treten würden.
176Jedoch hat sich die Beklagte – anders als in Nr. 7 Satz 5 bzw. Nr. 6 Satz 5 der Bewilligungsbescheide für die Ergänzung der durch Auflage in den Nr. 7 Satz 1 bzw. Nr. 6 Satz 1 begründeten Erstattungsverpflichtung –,
177vgl. hierzu VG Köln, Urt. v. 25.01.2023 – 26 K 6089/22, zur Veröffentlichung vorgesehen,
178die Befugnis zur nachträglichen Ergänzung der Auflage durch separaten Verwaltungsakt (hier den Zinsbescheid) nicht gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG vorbehalten. Während Nr. 7 Satz 5 bzw. Nr. 6 Satz 5 ausdrücklich regeln, dass der zu erstattende Betrag – gemeint ist der gemäß Nr. 7 Satz 1 bzw. Nr. 6 Satz 1 zu erstattende Betrag – noch „der Höhe nach durch gesonderten Bescheid festgesetzt“ wird, fehlt eine vergleichbare Regelung in Nr. 8 bzw. Nr. 7 im Hinblick auf die dort begründete Verzinsungspflicht. Zwar stand zum Zeitpunkt des Erlasses der Bewilligungsbescheide weder fest, ob der Garantiefall überhaupt eintreten würde, noch, ob der Kläger dann mit der Erstattung des verauslagten Betrages an das Bundesverwaltungsamtes in Zahlungsverzug geraten, die Erstattungsforderung der Beklagten von ihm mithin zu verzinsen sein würde. Dieser Ungewissheit ist die Beklagte jedoch im Hinblick auf die Verzinsungspflicht gerade nicht durch Erlass eines Auflagenvorbehaltes in den Bewilligungsbescheiden begegnet, auf dessen Grundlage sie befugt gewesen wäre, nach der Einlösung der Bundesgarantie durch die KfW den streitgegenständlichen Verwaltungsakt als weitere Nebenstimmung zu den Bewilligungsbescheiden noch nachträglich ohne gesetzliche Grundlage zu erlassen.
179Eine Ermächtigungsgrundlage für den streitgegenständlichen Zinsbescheid vom 21.09.2022 in Gestalt des Abhilfebescheides vom 21.10.2022 ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich der Kläger mit der Beantragung des Kredits, der Entgegennahme der Bewilligungsbescheide und der Inanspruchnahme des Kredites der Geltung der Förderbestimmungen – hier konkret der §§ 14 Abs. 5 Satz 2, 12 Abs. 2 der Förderbestimmungen – unterworfen hätte. Denn mit der von der Beklagten insoweit bemühten Konstruktion des „Verwaltungsaktes auf Unterwerfung“ begründet die Rechtsprechung lediglich die durch die „Unterwerfung“ des Subventionsempfängers vermittelte Möglichkeit der Behörden, Subventionen auch ohne gesetzliche Grundlage zu gewähren, selbst wenn die Bewilligung der Subvention zur Sicherung des Subventionszwecks unmittelbar mit belastenden Nebenbestimmungen verbunden wird, wie das in der Praxis der Subventionsvergabe häufig durch Inbezugnahme der einschlägigen ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften im Bewilligungsbescheid geschieht.
180BVerwG, Urt. v. 28.06.1968 – VII C 118.66, juris, Rn. 35; OVG NRW, Urt. v. 23.07.2003 – 1 A 2739/00, juris, Rn. 28-30; OVG Lüneburg, Urt. v. 25.10.1984 – 3 A 111/82, NVwZ 1985, 500, 501; Oldiges, NJW 1984, 1927 (1932); Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2022, § 44 Rn. 71 m. w. N. auch zur Kritik an dieser Rechtsfigur.
181Der zeitlich spätere Erlass belastender Verwaltungsakte ist auch nach der einschlägigen Rechtsprechung jedenfalls nicht mehr von einer solchen „Unterwerfung“ des Adressaten eines begünstigenden mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsaktes gedeckt.
182Die mithin für den Erlass des streitgegenständlichen Zinsbescheides vom 21.09.2022 in Gestalt des Abhilfebescheides vom 21.10.22022 erforderliche Rechtsgrundlage ist nicht gegeben.
183Sie kann nicht in § 49a Abs. 3 Abs. 1 VwVfG gesehen werden.
184Nach § 49a Abs. 3 Satz 1 VwVfG ist – sofern ein Erstattungsanspruch im Sinne der § 49a Abs. 1, Abs. 2 VwVfG besteht – der zu erstattende Betrag vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen.
185Es fehlt an einem Erstattungsanspruch im Sinne des § 49a Abs. 1, Abs. 2 VwVfG.
186Nach § 49a Abs. 1 VwVfG sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist (Satz 1), wobei die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen ist (Satz 2). Zudem ist erforderlich, dass die zu erstattende Leistung auf der Grundlage eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, der ihren Rechtsgrund darstellt.
187BVerwG, Urt. v. 08.09.2005 – 3 C 50/04, juris, Rn. 22; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2022, § 49a Rn. 5; Schoch, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 3. EL August 2022, § 49a VwVfG Rn. 63, 23.
188Bereits die erstgenannte Voraussetzung des Erstattungsanspruchs aus § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG ist nicht erfüllt. Die Beklagte hat die Bewilligungsbescheide weder zurückgenommen noch widerrufen und diese sind auch nicht infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden. Für einen Rücknahme- oder Widerrufswillen der Beklagten finden sich insbesondere in dem bestandskräftigen Rückforderungsbescheid vom 28.02.2012 keine Anhaltspunkte. In dem Bescheid wird weder auf die Bewilligungsbescheide Bezug genommen noch findet sich eine Begründung für einen Widerruf oder eine Rücknahme oder eine dahingehende Ermessensausübung. Die Einlösung der Bundesgarantie durch die KfW ist – entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts NRW,
189Beschl. v. 03.11.2015 – 12 A 2062/15, juris, Rn. 5 f.,
190auch nicht als auflösende Bedingung zu werten, infolge deren Eintritts die Bewilligungsbescheide unwirksam wurden. Die Folgen der Einlösung der Bundesgarantie werden in den bereits dargelegten Nummern 7 bzw. 6 der Bewilligungsbescheide geregelt. Dass die Einlösung der Bundesgarantie eine Auswirkung auf den Bestand der Bewilligungsbescheide hat, ist dort nicht vorgesehen. Anders ist dies etwa bei den in Nummern 1 und 5 des Bewilligungsbescheides vom 30.03.2006 enthaltenen Nebenbestimmungen, deren Formulierung jeweils eindeutig auf eine auflösende Bedingung i. S. d. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 VwVfG schließen lässt („Die Bewilligung und die Bundesgarantie werden unwirksam, wenn…“ bzw. „Die Wirksamkeit des Bewilligungsbescheides endet, wenn…“). Entsprechende Formulierungen enthält Nummer 7 dieses Bescheides nicht. Vielmehr spricht bereits die Tatsache, dass die Beklagte sich innerhalb der vorgesehenen Garantieregelungen bewegt, indem sie den verauslagten Betrag auf Grundlage der Nummern 7 bzw. 6 der Bewilligungsbescheide erstattet verlangt, dafür, dass das durch die Bewilligungsbescheide begründete Rechtskonstrukt im Garantiefall bestehen bleiben soll.
191Als Rechtsgrundlage kann – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch nicht § 14 Abs. 2 und 4 der Förderbestimmungen vom 22.01.2001 (Förderbestimmungen) herangezogen werden. Wenngleich § 14 Abs. 4 Satz 1 der Förderbestimmungen, wonach das Bundesverwaltungsamt die Kreditnehmer/innen durch Rückforderungsbescheid zur Erstattung des Garantiebetrages auffordert, wie eine Ermächtigungsgrundlage formuliert ist, sind die Förderbestimmungen aufgrund ihres Charakters als (lediglich) ermessensleitende Verwaltungsvorschriften,
192OVG NRW, Beschl. v. 22.02.2015 – 12 B 312/15, juris, Rn. 9-12,
193keine dem Vorbehalt des Gesetzes genügende Ermächtigungsgrundlage für einen belastenden Verwaltungsakt.
194OVG NRW, Urt. v. 23.07.2003 – 1 A 2739/00, juris, Rn. 29; Urt. v. 25.07.1975 – V A 421/75, NJW 1976, 725; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2022, § 44 Rn. 75 m. w. N.
195Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 VwGO.
196Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 11 und § 711 i. V. m. § 709 Satz 2 ZPO.
197Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung.
198Rechtsmittelbelehrung
199Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
200Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
201Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
202Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 VwGO im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.