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Das in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärte Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Beklagte.
Gründe
2Das Verfahren war in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO einzustellen, nachdem die Beteiligten es übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
3Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Danach entscheidet das Gericht bei Erledigung der Hauptsache nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Hiervon ausgehend waren die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen. Denn das für die Beklagte handelnde Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Kläger damit klaglos gestellt.
4Eine andere Kostenentscheidung ist auch mit Blick auf die von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht geboten. Nach diesem Kammerbeschluss vom 10. Januar 2022 (2 BvR 679/21 – juris, Rn. 3 f.) kann bei der Entscheidung über die Auslagenerstattung insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, wesentliche Bedeutung zukommen. So sei es billig, einer Beschwerde führenden Person die Erstattung ihrer Auslagen zuzuerkennen, wenn die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt beseitigt oder der Beschwer auf andere Weise abhilft, weil in diesem Fall – falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind – davon ausgegangen werden kann, dass sie deren Begehren selbst für berechtigt erachtet hat. In den vom BVerfG entschiedenen Fall hat es anderweitige Gründe darin gesehen, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass die öffentliche Gewalt das Begehren selbst für berechtigt erachtet habe. Die Aufhebung des Bescheids sei wegen des Ablaufs der sechsmonatigen Überstellungsfrist im Dublin-Verfahren erfolgt. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Bundesamt den Bescheid deshalb aufgehoben habe, weil es die Auffassung der Beschwerdeführer hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 17. März 2021 teilt (juris, dort Rn. 4).
5So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger weist zunächst vollkommen zu Recht darauf hin, dass das prozessrechtlich relevante erledigende Ereignis entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der Ablauf der Überstellungsfrist, sondern die Aufhebung des angefochtenen Bescheids ist. Erst dadurch hat sich das vorliegende Klageverfahren erledigt. Wie die Beklagte im Schriftsatz vom 21. Juni 2023 selbst vorträgt, ist der angefochtene Dublin-Bescheid durch den Ablauf der Überstellungsfrist rechtswidrig geworden. Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz AsylG ist auch für die Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Davon ausgehend war die Klage auch nach der eigenen Rechtsauffassung der Beklagten im Zeitpunkt sowohl des erledigenden Ereignisses (Aufhebung des angefochtenen Bescheids durch das Bundesamt) als auch der gerichtlichen Entscheidung zulässig und begründet. Ob die Klage zu einem früheren Zeitpunkt möglicherweise unbegründet gewesen ist, ist im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO grundsätzlich nicht von Belang.
6Zudem ist nicht ersichtlich, dass der fruchtlose Ablauf der Überstellungsfrist der Sphäre der Kläger zuzurechnen wäre. Der Umstand, dass die zuständigen Ausländerbehörden sowie die Polizei die Kläger nicht innerhalb der Frist überstellen konnten, geht nicht zu ihren Lasten. Ebenfalls unerheblich ist, dass die Kläger ihrer Ausreiseverpflichtung nicht freiwillig nachgekommen sind; andernfalls wäre das Konzept einer Überstellungsfrist mit anschließendem Übergang der Zuständigkeit hinfällig. Es stand den Klägern im Übrigen auch frei, Rechtsschutz gegen den streitbefangenen Bescheid zu suchen.
7Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).