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1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
2Der wörtliche Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2021 anzuordnen.
4hat keinen Erfolg.
5Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Bescheid, dessen sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet worden ist, wiederherstellen, wenn bei einer Interessenabwägung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides überwiegt. Maßgebliches Kriterium für die Abwägung sind grundsätzlich die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache, wie sie sich bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung zeigen.
6Daran gemessen hat der Antrag keinen Erfolg, da auf der Grundlage der dem Gericht derzeit zur Verfügung stehenden Erkenntnisse überwiegend wahrscheinlich ist, dass die gegen den Bescheid vom 21. Dezember 2021 gerichtete Klage des Antragstellers (Az. 8 K 6653/21) gegen die Ungültigkeitserklärung und Einziehung des Jagdscheins keinen Erfolg haben wird (hierzu unter 1.). Gleiches gilt für die in dem Bescheid ebenfalls angeordnete Sperrfrist für die Wiedererteilung des Jagdscheins (hierzu unter 2.) sowie die mit dem Bescheid verbundene Zwangsgeldandrohung (hierzu unter 3.).
71.
8Ermächtigungsgrundlage für die Ungültigkeitserklärung und Einziehung des Jagdscheins ist § 18 Satz 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG). Danach ist die Behörde verpflichtet, einen Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn nach Erteilung des Jagdscheins Tatsachen eintreten, welche die Versagung des Jagdscheins nach § 17 Abs. 1 BJagdG begründen. Eine Ungültigkeitserklärung und Einziehung des Jagdscheins hat hiernach insbesondere dann zu erfolgen, wenn gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 BJagdG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i. V. m § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Waffengesetz (WaffG) Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgegangen wird.
9Erforderlich ist eine Prognose der Behörde über das künftige Verhalten des Jagdscheininhabers. Diese Prognose muss auf einer Gesamtwürdigung festgestellter Tatsachen beruhen, die anhand anerkannter Erfahrungssätze mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss zulässt, bei dem Jagdscheininhaber bestehe auch in Zukunft die Besorgnis eines missbräuchlichen oder leichtfertigen Umgangs mit der Waffe oder der Munition. Die Prognose hat sich an dem Gesetzeszweck zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten uneingeschränktes Vertrauen verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen.
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. Mai 2013 – 16 A 2255/12 –, juris, Rn. 7; VG Köln, Beschluss vom 29. Oktober 2018 – 8 L 1889/18 –, S. 2 f. des amtlichen Umdrucks.
11Vorliegend begründen jedenfalls die nicht ordnungsgemäße Lagerung von Munition in einem Kraftfahrzeug und in einem unverschlossenen Alukoffer und einer Waffe in einem Kleiderschrank einen Versagungsgrund nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG (hierzu unter a.) und nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 BJagdG (hierzu unter b.).
12a.
13Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG muss sich ein Jagdscheinbewerber, der die waffenrechtliche Zuverlässigkeit gemäß § 5 WaffG nicht besitzt, im jagdrechtlichen Verfahren zur Erteilung eines Jahresjagdscheins – nicht im Verfahren zur Erteilung eines Falknerjagdscheins (§ 15 Abs. 7 BJagdG) – auch die fehlende waffenrechtliche Zuverlässigkeit entgegenhalten lassen.
14Vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 15. November 2007 – 1 A 425/07 –, juris, Rn. 6; Metzger, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 239. EL, Dezember 2021, § 17 BJagdG, Rn. 10.
15Der Antragsteller besitzt nicht die waffenrechtliche Zuverlässigkeit.
16Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG besitzen Personen die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren werden.
17Bei dem Begriff der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt.
18Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 21 BV 13.429 –, juris, Rn. 30; VG Köln, Beschluss vom 9. Februar 2022 – 20 L 1554/21 –, juris, Rn. 13.
19Die Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit erfordert eine zukunftsbezogene Entscheidung der Behörde, wobei der ordnungsrechtliche Zweck des Waffenrechts zu berücksichtigen ist. Dieser liegt darin, den privaten Erwerb und Besitz von Waffen und Munition sowie den hauptsächlichen Gebrauch davon zu regeln und die Allgemeinheit vor den Gefahren einer unachtsamen Aufbewahrung oder gar dem missbräuchlichen Gebrauch von Waffen zu schützen. Die Risiken, die mit dem Besitz von Waffen und Munition stets einhergehen, sind nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten uneingeschränktes Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition zu jedem Zeitpunkt pflichtgemäß umzugehen. Die Annahme einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit ist nicht erst dann gerechtfertigt, wenn Nachweise dafür vorliegen, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren oder nicht berechtigten Dritten überlassen wird. Es genügt vielmehr jede Sachlage, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung einen unzuverlässigen Umgang mit Waffen oder Munition befürchten lässt. Hat ein Waffenbesitzer bereits einmal versagt, ist dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Ein Restrisiko muss im Waffenrecht nicht hingenommen werden.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2015 – 6 C 1.14 –, juris, Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 2. Mai 2018 – 16 A 2255/12 –, juris, Rn. 7; Bay. VGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 21 BV 13.429 –, juris, Rn. 30 und 31.
21Der Antragsteller hat seine Pflichten zur sachgemäßen Aufbewahrung von Waffen und Munition aus § 36 Abs. 1, 4 und 5 WaffG i. V. m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 bis 5, Abs. 9 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) verletzt.
22Gemäß § 36 Abs. 1 WaffG hat, wer Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Welche Sicherheitsvorkehrungen im Einzelnen zu treffen sind, hat das Bundesministerium des Innern auf der Grundlage des § 36 Abs. 5 WaffG als Verordnungsgeber in § 13 AWaffV näher geregelt.
23Gemessen daran hat der Antragsteller sowohl Munition als auch Langwaffen jedenfalls zum Teil nicht ordnungsgemäß verwahrt, als er bei Eintreffen der Polizeibeamten am 29. Oktober 2021 zumindest zwei Pakete mit Schrotmunition im Fußraum hinter dem Fahrersitz seines Kraftfahrzeugs (hierzu unter aa.), Schrotmunition in einem unverschlossenen Alukoffer in einem Kellerraum (hierzu unter bb.) und eine Langwaffe in seinem Kleiderschrank (hierzu unter cc.) lagerte. In einer Gesamtschau dieser Vorfälle besitzt der Antragsteller nicht die waffenrechtliche Zuverlässigkeit (hierzu unter dd.). Ob der Antragsteller daneben einen mit einer Patrone geladenen Revolver in einem Kleintresor und weitere Munition unverschlossen aufbewahrt hat, wie die Antragsgegnerin vorträgt, kann vor diesem Hintergrund offen bleiben.
24aa.
25Gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 AWaffV ist Munition, deren Erwerb nicht von der Erlaubnispflicht freigestellt ist, mindestens in einem Stahlblechbehältnis ohne Klassifizierung mit Schwenkriegelschloss oder einer gleichwertigen Verschlussvorrichtung oder in einem gleichwertigen Behältnis aufzubewahren. Ist bei einer vorübergehenden Aufbewahrung außerhalb der Wohnung die Einhaltung der vorgenannten Anforderungen nicht möglich, genügt der Munitionsbesitzer seinen Aufbewahrungspflichten gemäß § 13 Abs. 9 AWaffV auch, wenn er die Munition unter angemessener Aufsicht aufbewahrt oder durch sonstige erforderliche Vorkehrungen gegen Abhandenkommen oder unbefugte Ansichnahme sichert.
26§ 13 Abs. 9 AWaffV entbindet dabei nicht von der Einhaltung der grundlegenden Vorsichts- bzw. Sorgfaltsmaßgaben. Vom Munitionsbesitzer wird vielmehr eine den Einzelfallumständen angepasste sichere Lagerung der Munition verlangt. Er darf die Munition nicht „aus den Augen“ lassen oder muss sie zumindest so aufbewahren, dass ein Abhandenkommen oder Zugriff Dritter ausgeschlossen ist.
27Vgl. VG Münster, Urteil vom 26. Oktober 2021 – 1 K 253/19 –, juris, Rn. 42; VG Mainz, Beschluss vom 22. Januar 2019 – 1 L 1194/18.MZ –, juris, Rn. 42.
28Der Antragsteller hat zumindest zwei Pakete mit Schrotmunition im Fußraum seines Pkw und damit außerhalb eines nach § 36 Abs. 1 WaffG, § 13 Abs. 2 Nr. 2 AWaffV vorgeschriebenen Sicherheitsbehältnisses gelagert.
29Die – eng auszulegende – Ausnahmevorschrift des § 13 Abs. 9 AWaffV rechtfertigt die lose Verwahrung der Munition im Fußraum des Fahrzeugs nicht. Mit der Vorschrift sollen ausschließlich die Fälle erfasst werden, bei denen die Einhaltung der grundsätzlich geltenden Aufbewahrungsvorgaben vorübergehend aus Gründen, die im direkten Zusammenhang mit einer Ausübung der waffenrechtlichen Befugnisse und Bedürfnisse stehen, nicht möglich ist, wie beispielsweise im Zusammenhang mit der Jagd oder dem sportlichen Schießen. Zwischen der Ausübung der waffenrechtlichen Befugnisse und Bedürfnisse und der weniger sicheren Aufbewahrungssituation muss ein direkter zeitlicher Zusammenhang bestehen.
30Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Mai 2013 – 22 K 7560/11 –, juris, Rn. 30; VG Karlsruhe, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 4 K 2472/14 –, juris, Rn. 28.
31Dem Antragsteller wäre es – auch auf der Grundlage seines Vorbringens – möglich gewesen, die Schrotmunition zum Einschießen der Waffen bis zur Abfahrt in einem nach § 36 Abs. 1 WaffG, § 13 Abs. 2 Nr. 2 AWaffV vorgeschriebenen Sicherheitsbehältnis zu lagern und sie gemeinsam mit den Langwaffen in sein Kraftfahrzeug zu legen.
32Überdies wurden durch den Antragsteller keinerlei Schutzvorkehrungen getroffen, die verhindern, dass die Munition bei einem Einbruch in das Kraftfahrzeug missbräuchlich verwendet wird. Vielmehr hat der Antragsteller die Pakete mit Schrotmunition in der Originalverpackung lose im Fußraum hinter dem Fahrersitz deponiert, sodass ein unberechtigter Dritter sofort und unmittelbar auf den Packungsinhalt hätte schließen können.
33Entgegen dem Vortrag des Antragstellers ist auch nicht zwischen Besitz und Aufbewahrung von Waffen und Munition zu unterscheiden. Eine solche Unterscheidung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 WaffG ist der Umgang mit einer Waffe als Erwerb, Besitz, Überlassung, Führen, Verbringen, Mitnahme, Schießen, Herstellen, Bearbeiten, Instandsetzen oder Handeltreiben mit Waffen und Munition einzuordnen. Der Begriff „Besitz“ wird durch den Gesetzgeber in der Anlage 1 Abschnitt 2 Ziff. 2 zum WaffG weit definiert und umfasst im Grundsatz die gesamte tatsächliche Gewaltausübung. Daran anschließend bestimmt § 36 Abs. 1 WaffG, dass bei der Besitzausübung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen sind, um zu verhindern, dass die Waffen oder die Munition abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Hantiert der Besitzer in Ausübung der waffenrechtlichen Befugnisse und Bedürfnisse mit seinen Waffen oder seiner Munition, sind besondere Schutzmaßnahmen nicht erforderlich, da der Besitzer selbst den Ausschluss von Zugriffsmöglichkeiten auf Waffen und Munition gewährleistet.
34Der Antragsteller hat die Pakete mit der Schrotmunition im Fußraum seines Fahrzeugs aufbewahrt, während er selbst sich in seiner Wohnung aufhielt. Eine ausreichende Gewähr dafür, dass die Munition nicht abhandenkommen oder von Dritten entwendet werden würde, bot die Anwesenheit des Antragstellers in der Wohnung nicht.
35Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus den von dem Antragsteller angeführten Verwaltungsvorschriften zum Waffengesetz. Bei den Verwaltungsvorschriften handelt es sich nicht um ein Gesetz, sondern um eine untergesetzliche Rechtsvorschrift, durch die das Verwaltungshandeln durch Auslegungsvorgaben gleichmäßig gesteuert werden soll. Da die Befugnis zur letztverbindlichen Auslegung des objektiven Rechts den Gerichten überantwortet ist, steht eine in Verwaltungsvorschriften enthaltene Rechtsauslegung unter dem Vorbehalt der Billigung durch die Rechtsprechung. Die Wirkung norminterpretierender Verwaltungsvorschriften ist auf den Innenbereich der Verwaltung beschränkt mit der Folge, dass die Beachtung oder Nichtbeachtung auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes ohne Einfluss ist.
36Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1969 – VIII C 104.69 –, juris, Rn. 14.
37Die in den von dem Antragsteller angeführten Verwaltungsvorschriften enthaltene Rechtsauslegung betrifft die Waffen- und Munitionsaufbewahrung in atypischen Sonderfällen und bietet keine weitergehenden Auslegungsansätze.
38Nach der Verwaltungsvorschrift Ziff. 36.5.1 zu § 36 WaffG können erlaubnispflichtige Seenotsignalpistolen an Bord einer seegehenden Motor- oder Segelyacht in einem nicht zertifizierten Aufbewahrungsbehältnis gelagert werden, wenn das Behältnis näher bezeichnete Sicherheitsstandards erfüllt. Verlässt der Motor- oder Segelyachtinhaber diese länger und erkennbar, ist die erlaubnispflichtige Seenotsignalpistole den allgemeinen Sicherheitsvorschriften entsprechend zu verwahren, vgl. Ziff. 36.5.2 Satz 1 WaffVwV. Der Wortlaut zeigt deutlich, dass nur eine punktuelle Abstufung gegenüber den allgemein zu beachtenden Aufbewahrungspflichten erfolgen soll und, die Verwendungszeit ausgenommen, durchgehend ein besonderer Aufbewahrungsschutz sicherzustellen ist. Grund für den Erlass der Verwaltungsvorschrift ist es, den in Schiffsräumen beengten Verhältnissen Rechnung zu tragen.
39Die Schlussfolgerung aus der Verwaltungsvorschrift Ziff. 36.2.15 Satz 2 zu § 36 WaffG, dass die Aufbewahrung in einem Sicherheitsbehältnis ausschließlich in Abwesenheit des Waffen- und Munitionsbesitzers erforderlich sei, ist nicht zutreffend. Die Verwaltungsvorschrift sieht eine Erleichterung bei der Aufbewahrung von Waffen und Munition bei einem erforderlichen Waffen- oder Munitionstransport vor. Nach Ziff. 36.2.15 Satz 2 WaffVwV dürfen Waffen und Munition bei einer kurzzeitigen Abwesenheit des Besitzers (etwa zur Einnahme des Mittagessens, zum Tanken, zum Schüsseltreiben, zur Erledigung von Einkäufen) in dem Kraftfahrzeug dergestalt aufbewahrt werden, dass – anders als hier – keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Art des Inhaltes erkennbar sind. Dass besondere Sicherungsmaßnahmen während der Fahrt nicht vorgeschrieben sind, liegt daran, dass die Geschwindigkeiten während der Fahrt einen Zugriff Dritter verhindern und rechtfertigt nicht den Schluss, dass bei einer körperlichen Anwesenheit des Waffen- oder Munitionsbesitzers eine Aufbewahrung in einem Sicherheitsbehältnis entbehrlich ist.
40bb.
41Auch das Deponieren von Schrotpatronen in einem unverschlossenen Alukoffer in den Kellerräumen verstößt gegen die Sorgfaltspflichten bei der Aufbewahrung von Waffen nach § 36 Abs. 1 WaffG. Der Antragsteller, der sich zum Zeitpunkt des Eintreffens der Polizeibeamten in den Wohnräumen aufhielt, konnte eine ausreichende Gewähr dafür, dass die Munition nicht abhandenkommen oder von Dritten entwendet werden würde, nicht bieten.
42cc.
43Eine ordnungsgemäße Verwahrung erfolgte durch den Antragsteller auch nicht bezüglich der Lagerung einer Langwaffe in seinem Kleiderschrank.
44Nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 AWaffV sind Langwaffen, für deren Erwerb und Besitz es ihrer Art nach einer Erlaubnis bedarf, in einem Sicherheitsbehältnis, das der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 bzw. bei Überschreiten der in Nr. 3 und 4 genannten Höchstzahl der aufzubewahrenden Waffen in einem Sicherheitsbehältnis, das der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad I entspricht, zu verwahren. Sicherheitsbehältnisse, die bereits vor dem 6. Juli 2017 zur Waffenaufbewahrung genutzt worden sind und den Anforderungen des § 36 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 WaffG in der Fassung des Gesetzes vom 11. Oktober 2002 entsprechen, können gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1, 2 WaffG regelmäßig von dem bisherigen Besitzer weitergenutzt werden.
45Diesen Vorgaben hat der Antragsteller nicht genügt, wobei offen bleiben kann, ob hier die Voraussetzungen nach § 36 Abs. 4 Satz 1, 2 WaffG gegeben sind. Bei der Durchsuchung der Räume des Antragstellers wurde eine Langwaffe in dem Kleiderschrank des Antragstellers abgestellt aufgefunden. Das Gericht geht davon aus, dass die Langwaffe nicht nur ganz vorübergehend in dem Kleiderschrank deponiert worden ist. Das Vorbringen des Antragstellers, er habe die Waffe für den Transport zum Büchsenmacher vorbereiten wollen und deswegen kurz zuvor aus dem Waffenschrank genommen und sie – nachdem die Polizeibeamten an seiner Wohnungstür klingelten – in seinem Schlafzimmerschrank abgestellt, um einen unbefugten Zugriff Dritter auf die Waffe zu verhindern, wertet der Einzelrichter als Schutzbehauptung. Dieser Erklärungsversuch des Antragstellers stellt nicht plausibel dar, weshalb der Antragsteller die Langwaffe nicht in den – ebenfalls in seinem Schlafzimmer – befindlichen Waffenschrank zurückstellte. Hätte der Antragsteller, wie behauptet, die Langwaffe für den Transport zum Büchsenmacher vorbereiten wollen und deswegen nur kurz zuvor aus dem Waffenschrank genommen, müsste sich der Waffenschrankschlüssel noch in greifbarer Nähe befunden haben und ein sofortiges Zurückstellen der Waffe in den Waffenschrank möglich gewesen sein. Weiter lässt der Vortrag des Antragstellers völlig offen, warum er nicht auch die auf seinem Schlafzimmerbett platzierten Langwaffen zum besseren Schutz vor unberechtigtem Zugriff im Kleiderschrank verstaute.
46Soweit der Antragsteller meint, das Abstellen der Langwaffe in dem Kleiderschrank stelle eine ausreichende „Vorkehrung“ im Sinne von § 36 Abs. 1 WaffG dar, kann dem nicht gefolgt werden.
47Die in der von dem Antragsteller benannten Verwaltungsvorschrift niedergelegte Rechtsauslegung, käme nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Verwaltungsvorschrift Ziff. 36.2.15 Satz 3 zu § 36 WaffG, auf die der Antragsteller abzustellen versucht, enthält eine Bestimmung für die Verwahrung von Waffen und Munition während der Dauer eines notwendigen Hotelaufenthalts (etwa am Ort der Jagd oder am Ort der Sportausübung). Es sollen insofern aus Gründen der Praktikabilität Erleichterungen allein für die auswärtige Waffen- und Munitionsaufbewahrung geschaffen werden. Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass es einem Waffeninhaber nicht zugemutet werden soll, bei einem zeitlich begrenzten und zugleich mit der rechtmäßigen Ausübung der Waffen- bzw. Jagderlaubnis verbundenen auswärtigen Aufenthalt den strengen Anforderungen des WaffG und der AWaffV gerecht werden zu müssen. Eine Übertragung dieser strengen Ausnahmevorschrift auf den häuslichen Bereich, in dem die Einhaltung der Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen für den Waffeninhaber die Regel sein sollte, ist vor diesem Hintergrund ausgeschlossen.
48dd.
49In der Gesamtschau der vorgenannten Verstöße gegen die gesetzlichen Anforderungen zur Aufbewahrung von Langwaffen und Munition, die bereits jeweils selbstständig tragend die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers begründen, besitzt der Antragsteller nicht die waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Er hat die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten gleich mehrfach verletzt und das in ihn gesetzte Vertrauen nachhaltig enttäuscht.
50Das Verhalten des Antragstellers lässt die gebotene erhöhte Konzentration und Sorgfalt im Umgang mit Waffen und Munition nicht erkennen. Es muss daher befürchtet werden, dass der Antragsteller auch in Zukunft seine waffenrechtlichen Pflichten nicht verlässlich ausführen wird. Dass der Antragsteller bislang durch Pflichtverstöße nicht aufgefallen ist, rechtfertigt nicht die Annahme, dass Wiederholungen ausgeschlossen sind. Dem Umstand, dass der Antragsteller alleinlebend ist, kommt ebenso keine entscheidende Bedeutung zu. Die waffenrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften unterscheiden nicht danach, ob der Waffen- oder Munitionsbesitzer allein oder in einer Gemeinschaft lebt. Vielmehr soll das mit dem privaten Waffen- und Munitionsbesitz einhergehende Risiko möglichst gering gehalten und Restrisiken vermieden werden. Diesbezüglich fällt vor allem zu Lasten des Antragstellers ins Gewicht, dass sich die Aufbewahrungsverstöße nicht auf einen Ort in seinem Wohnhaus konzentriert haben, sondern vielmehr an verschiedenen Orten in- und außerhalb seines Wohnhauses festgestellt worden sind.
51Der Antragsteller kann die Verstöße auch nicht damit entkräften, dass er nach seinem eigenen Vorbringen an dem Tag der Durchsuchung ein Fachgeschäft für den Handel mit Schusswaffen aufsuchen wollte. Insoweit hat er lediglich Unterlagen vorgelegt, aus denen eine mögliche Absicht zum Erwerb neuer Schusswaffen abgeleitet werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass gerade am Tag der Durchsuchung ein Aufsuchen des Fachgeschäfts konkret bevorstand und dabei die nicht ordnungsgemäß verwahrte Langwaffe bzw. Munition mitgenommen werden sollten, sind aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich. Im Übrigen kann auch eine etwaige Intention zum Besuch eines Fachgeschäfts am Tag der Durchsuchung nicht die einzelnen Verstöße rechtfertigen.
52b.
53Die vorgenannten Umstände der unsachgemäßen Aufbewahrung begründen auch die jagdrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 BJagdG. Dadurch, dass § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG wort- und inhaltsgleich ist, kommt es nicht darauf an, ob sich die Prüfung der Unzuverlässigkeit normativ aus § 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG oder aus § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG ergibt.
54Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 24. Januar 2019 – 10 K 335/18 –, juris, Rn. 41; sinngemäß OVG NRW, Beschluss vom 2. Mai 2013 – 16 A 2255/12 –, juris, Rn. 7.
552.
56Die gegen die Übergabeanordnung und die Verhängung der fünfjährigen Sperrfrist gerichteten, nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaften und zulässigen Anträge sind ebenfalls unbegründet.
57Die Anordnungen sind als Folgeentscheidungen zur Ungültigkeitserklärung und Einziehung des Jagdscheins voraussichtlich rechtmäßig. Insbesondere begegnet die Anordnung einer Sperrfrist von fünf Jahren für die Wiedererteilung des Jagdscheins bei der gebotenen summarischen Prüfung keinen Bedenken.
58Gemäß § 18 Satz 3 BJagdG kann die Untere Jagdbehörde eine Sperrfrist für die Wiedererteilung des Jagdscheins anordnen, wenn sie diesen gemäß § 18 Satz 1 BJagdG für ungültig erklärt oder einzieht. Die Festsetzung einer Sperrfrist und deren Dauer stehen im Ermessen der Unteren Jagdbehörde.
59Die von der Antragsgegnerin getroffene Ermessensentscheidung ist hinsichtlich der Dauer der Sperrfrist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt zutreffend ermittelt und die Verstöße gegen die Aufbewahrungspflicht gewichtet. Die Verhängung einer fünfjährigen Sperrfrist verstößt auch nicht offensichtlich gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Verhängung der fünfjährigen Sperrfrist erscheint geeignet und erforderlich, um auf den Antragsteller einzuwirken und zur Einhaltung der Vorschriften im Umgang mit Waffen anzuhalten. Sie ist angesichts der Schwere der Verstöße auch nicht unangemessen lang.
603.
61Das gegen die Zwangsgeldandrohung gerichtete Begehren ist dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller nicht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage, sondern die Anordnung der aufschiebenden Wirkung begehrt. Das Gericht ist an den abweichenden Wortlaut des Antrags gemäß §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO nicht gebunden. Der Suspensiveffekt der Anfechtungsklage entfällt vorliegend kraft Gesetzes gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 112 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (JustG NRW). Der Landesgesetzgeber hat insoweit mit § 112 JustG NRW eine von der Grundregel des § 80 Abs. 1 VwGO abweichende Regelung getroffen.
62Der danach gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag, ist unbegründet. Das Gericht verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffende Begründung der Antragsgegnerin zu Ziff. 4 des Bescheides in der Ordnungsverfügung vom 21. Dezember 2021.
63Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
64Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG und trägt der Bedeutung der Sache für den Antragsteller Rechnung. Danach ist in gegen die Entziehung des Jagdscheins gerichteten Klageverfahren ein Betrag von 8.000,00 Euro als angemessen anzusehen (vgl. Ziffer 20.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18. Juli 2013). Das Gericht hat diesen Wert wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens halbiert (vgl. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs).
65Rechtsmittelbelehrung
66Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
67Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
68Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
69Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
70Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
71Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
72Die Beschwerde ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
73Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
74Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.